Der tote Radscha - Walther Kabel - E-Book

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Walther Kabel

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Beschreibung

Ich selbst war mit dieser überstürzten Abreise durchaus nicht einverstanden, denn wir hatten der feierlichen Verbrennung des Fürsten beiwohnen wollen, um wieder einmal ein echt indisches Schauspiel mitzuerleben.
Daraus wurde nun nichts …
Und das ärgerte mich …
Der Ärger verflüchtigte sich jedoch schnell, als der Frachtkutter kaum eine halbe Stunde unterwegs war, denn da … sagte Harst ganz unvermittelt zu dem Käpten und zu mir:
»Jetzt sind wir endlich die Aufpasser los … Das Boot ist umgekehrt …«

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Der Detektiv

Kriminalerzählungen

von

Walther Kabel.

Der tote Radscha

Band 170

© 2023 Librorium Editions

ISBN : 9782383838487

 

 

Inhalt

Der tote Radscha

1. Kapitel.

2. Kapitel.

3. Kapitel.

4. Kapitel.

5. Kapitel.

Das Mädchen ohne Namen.

1. Kapitel.

2. Kapitel.

3. Kapitel.

4. Kapitel.

5. Kapitel.

 

 

 

 

 

1. Kapitel.

Das war wirklich ein freudiges und unerwartetes Wiedersehen gewesen, als wir am Abend vor der feierlichen Verbrennung des Radschas von Pudukattai im Kanal, der den großen See mit dem Pudu-Flusse verbindet, einen großen Frachtkutter ankern sahen und dort an Deck einen kleinen o-beinigen, rothaarigen, blaunasigen Mann bemerkten.

Und der Mann war Allan O’Kelling, Besitzer und Kapitän der »Lady Hamilton« …

O’Kelling hatte mit seinem Kutter vierzig Fässer Benzin nach der kleinen Residenz gebracht, hatte die Ladung auch bereits gelöscht und wollte noch an diesem Tage wieder flußabwärts gehen, weil er von einer Plantage Fracht nach Madras zu erwarten hatte.

Zu meinem Erstaunen erklärte Harald da, daß wir O’Kelling begleiten würden …

Die Familie Jallahay wollte uns natürlich nicht ziehen lassen und versuchte alles Mögliche, diese plötzliche Abreise zu hintertreiben. Die braven Menschen waren geradezu untröstlich, als Harald bei seinem Entschluß beharrte.

Um halb zehn gab es einen rührenden Abschied, und dann brachte uns ein Boot samt unseren Koffern an Bord der »Lady Hamilton«, wo O’Kelling in der Heckkajüte zu unserem Empfang bereits eine neue Flasche Whisky entkorkt hatte. —

Ich selbst war mit dieser überstürzten Abreise durchaus nicht einverstanden, denn wir hatten der feierlichen Verbrennung des Fürsten beiwohnen wollen, um wieder einmal ein echt indisches Schauspiel mitzuerleben.

Daraus wurde nun nichts …

Und das ärgerte mich …

Der Ärger verflüchtigte sich jedoch schnell, als der Frachtkutter kaum eine halbe Stunde unterwegs war, denn da … sagte Harst ganz unvermittelt zu dem Käpten und zu mir:

»Jetzt sind wir endlich die Aufpasser los … Das Boot ist umgekehrt …«

Wir standen am Heck, und hinter uns dehnte sich der Pudu-Fluß als heller Strich in die Ferne aus …

»Ein Boot?!« fragte der Käpten … »Also Spione? Nicht wahr?«

»Allerdings … Spione, die seit der Todesnacht des Fürsten dauernd hinter uns her waren, dauernd wechselten und jeden unserer Schritte bewachten …«

Mir war dies genau so neu wie O’Kelling. Ich hatte nie etwas von Spionen bemerkt. Fragte daher mit Recht:

»Irrst du dich auch nicht, Harald?! Wer sollte denn ein Interesse daran gehabt haben, uns …«

»Das weiß ich nicht, mein Alter … Möchte es aber gern wissen … Die Spione waren allzeit da, — Tatsache! Und jetzt folgten sie dem Kutter mit einem Motorboot … Vor ein paar Minuten machte das Boot kehrt — auch Tatsache! Die Leute glauben nun, wir werden nicht mehr nach Pudukattai etwa heimlich zurückkommen … Auch ein Irrtum …«

Da ging mir denn nun endlich ein Licht auf, weshalb wir Pudukattai scheinbar so Hals über Kopf verlassen hatten!! Harald wußte, daß wir O’Kelling und seinen Leuten unbedingt trauen durften und daß sie niemals verraten würden, wenn wir uns sehr bald wieder an einsamer Uferstelle verabschiedeten!

Und — so war’s auch …

Denn Harald fügte hinzu: »Es muß wohl einen sehr triftigen Grund haben, wenn man uns beide, mein Alter, sechs Tage lang unausgesetzt unter strengster Aufsicht hält … Dieser Aufsicht konnten wir nur entgehen wenn wir unsere Abreise so einrichteten, daß die Spione auch daran glaubten. Jetzt glauben sie’s, denn sie haben natürlich gemerkt, daß O’Kelling und wir alte Bekannte sind, und da nehmen sie eben an, wir wollen diese günstige Gelegenheit zur Rückkehr zur Küste nicht verabsäumen — wie gesagt, ein kleiner Irrtum!«

Der Käpten brummte wütend:

»Der Satan hole diese Kerle! Nun hat unsereiner sich darauf gefreut, mit Ihnen wieder mal einige Tage beisammen zu sein, und — — wieder ist’s nichts damit! — Bester Harst, ich verstehe nur nicht, daß dieses braune Lumpenpack Ihnen so wichtig erscheint, daß Sie …«

»Wichtig?! — Ich bitte Sie, lieber O’Kelling … Es muß wohl schon etwas Besonderes dahinterstecken, wenn man uns eine ganze Garde von Aufpassern an die Fersen heftet! Und ich bin nun mal etwas neugierig von Natur, möchte gern herausbekommen, wer als treibende Kraft hinter dieser Spitzelgarde steht und weshalb dieser Jemand sich diese redliche Mühe gegeben hat, uns derart zu »beschatten«, wie der Fachausdruck lautet … — Also, Freund Käpten, — nach weiteren zehn Minuten werden Sie mit Ihrer »Lady Hamilton« umkehren, am Ufer sich bis zur Kanalmündung entlang pirschen und uns in der Nähe der Ruinen der früheren Radschaburg absetzen … Es gibt dort einen Nebenarm des Pudu, der im Bogen um das Ruinenfeld sich herumzieht … Wir, Schraut und ich, haben die ehemalige Radschaburg, die ja aus dem 14. Jahrhundert stammen soll und dann im Kriege zerstört wurde, vorgestern besucht und dabei festgestellt, daß es dort zahllose Verstecke gibt …«

Der brave O’Kelling lamentierte noch eine Weile, ergab sich dann aber in sein Schicksal und brachte uns so gegen zwölf Uhr in aller Stille in den Flußarm hinein, legte den Kutter neben die völlig verfallene Wasserterrasse der einstigen Burg und half uns, mit unseren Koffern in dieser Wildnis von Mauerresten, Dornen und Gestrüpp zu verschwinden.

Um ein Uhr morgens hatten wir beide dann in einem Winkel der ausgedehnten Kellergewölbe Quartier bezogen, hatten von dem Käpten beinahe tränenreichen Abschied genommen und streckten uns nun neben unseren Koffern zu kurzem Schlafe hin.

Um sechs Uhr weckte Harald mich. Wir frühstückten schnell, und dann begannen wir mit der Toilette, verbargen die Koffer nachher und verließen in der Verkleidung von indischen Bauern die Ruinenstadt.

Der Kanal bis Pudukattai ist etwa eine Meile lang. An der Westseite des Kanals zieht sich eine Fahrstraße hin, und als wir diese erst erreicht hatten, fanden wir bald einen Wagen, der uns mitnahm. Der Besitzer dieses mit zwei Dromedaren bespannten Gefährts war ein Parse, der weiter südlich eine kleine Plantage besaß, wie er uns harmlos erzählte. Da die Parsen sich überall von den Hindus fernhalten und lieber die englische als die Landessprache benutzen, konnten wir uns nicht durch unsere mangelhafte Beherrschung des Eingeborenenidioms verraten. Der Parse schöpfte denn auch keinerlei Verdacht. Im übrigen war auch die Landstraße so belebt, daß wir schon vorher durch die Staubmengen völlig bepudert worden waren und unsere gefärbten Gesichter und falschen Bärte mehr grau in grau schimmerten …

All diese Fußgänger und Wagen hier strebten der Stadt zu …

All diese Hunderte, ja Tausende von Menschen wollten der feierlichen Verbrennung des Radschas beiwohnen. Nur der Parse erklärte kühl, er habe Geschäfte in der Stadt. Ihm als Andersgläubigem war dieses Schauspiel lediglich ein Greuel, wie er uns zu verstehen gab.

So gelangten wir denn gegen halb acht nach Pudukattai hinein, bedankten uns bei dem Parsen und wanderten durch die heute mehr denn je belebten Straßen dem See zu, in dessen Mitte sich auf einer Insel der neue Radschapalast erhebt.

Leider erlebte ich dann eine bittere Enttäuschung, denn Harald wandte sich mit einem Male dem ärmeren Viertel der Stadt zu und betrat hier in einer schmutzigen Basarstraße den Laden eines Messerschmiedes, den wir bei Jallahay kennengelernt hatten.

Der Messerschmied, ein alter, wunderlicher Junggeselle, war daheim, saß in seinem nach der Straße zu offenen Laden und schnitzte aus Horn Messergriffe, schaute von seiner Arbeit auf, musterte uns flüchtig und fragte nach unseren Wünschen …

Harald flüsterte gedämpft:

»Ramar, du bist ein Freund Jallahays, der dich sehr schätzt … Du wirst uns helfen …«

Der Alte starrte uns an …

»Sahib Harst …?!« rief er dann leise. »Ich denke, ihr seid abgereist …«