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Axel ist Retro-Videospiel-Liebhaber und Sammler von klassischen Videospielen. Zusammen mit ein paar Kumpels kommt er einer, wie er es nennt, Retro-Videospiel-Mafia auf die Schliche. Er ist sicher, dass diese dubiose Organisation der Grund dafür ist, dass seit einiger Zeit die Preise für Retro-Videospiele sowie Retro-Konsolen, auf ein irrwitziges Niveau gestiegen sind. Ein altes Haus und eine programmierte eBay Software verstärken seine Meinung. Zusammen mit seinen Kumpels kann er nach und nach immer mehr Puzzle-Teile sammeln, die seine Befürchtungen in fast schon unvorstellbarer Art und Weise bestätigen.
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Seitenzahl: 444
Veröffentlichungsjahr: 2017
ANDY BRENNER
***
Ein Retro-Abenteuer
© 2017 Andy Brenner
Verlag und Druck: tredition GmbH, Grindelallee 188, 20144 Hamburg
ISBN
Paperback:
978-3-7439-4949-2
Hardcover:
978-3-7439-4950-8
e-Book:
978-3-7439-4951-5
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Liebe Leserinnen und Leser. Herzlich willkommen bei ‚der Ursprung‘, einer rein fiktiven Geschichte, angesiedelt im Bereich der Retro-Video-Games. Ähnlichkeiten der Protagonisten mit lebenden Personen sind, teilweise zumindest, durchaus erwünscht. Es wird die nächsten Stunden etwas technisch. Damit auch Leserinnen oder Leser ohne Retro-Videogames-Background Spaß an der Lektüre haben, gibt es ein frei verfügbares Buch zum Thema, kostenlos zum Online-Lesen. Unter nachfolgendem QR-Code können Sie jederzeit auf ein interessantes, kostenloses Werk zurückgreifen.
Aber jetzt lassen Sie uns gemeinsam das Abenteuer von Axel und seinen Kumpels starten.
Viel Spaß!
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Die Neonleuchte flackert leicht. Axel sitzt wie so oft vor seinen liebsten Heimcomputer Systemen der 80er Jahre. Vorsichtig zieht er eine alte Diskette aus der leicht verstaubten Diskettenbox und legt sie in das Floppy-Laufwerk. Nach einigen, für außenstehende Personen kryptischen Eingaben, startet das Laufwerk gemächlich die Diskette zu laden. Das Rattern signalisiert, dass das Diskettenlaufwerk ordnungsgemäß den Dienst verrichtet.
Nach einer gefühlten Ewigkeit stellt die Floppy die Ladefunktion ein. Jetzt noch schnell RUN getippt, gefolgt vom Drücken der Taste RETURN und das Demo startet. Der gute Commodore 64 gibt alles. Zum wunderschön gestalteten, wachsweichen Scrolling der großen Lettern, schallt knackiger, dreistimmiger Sound aus den Lautsprechern. Die hängen übrigens an einer alten JVC Stereoanlage. Sie hat einen viel wärmeren Sound als der von neuen Mini Anlagen, die es heute immer wieder bei den bekannten Discountern zu kaufen gibt. Die Anlage ist aus den frühen 90er Jahren. Der Klang des Demos hat den typischen, unvergleichlichen C64 Sound der 80er Jahre. Schier unglaubliche Musikstücke wurden zu dieser Zeit aus diesem Heimcomputer gekitzelt. Das waren noch echte Genies. Hier musste ein ganzes Musikstück in 7 oder 8 Kilobyte passen, damit die Grafik noch genügend Platz hatte. Das war nicht viel bei 64 Kilobyte Hauptspeicher.
Axel ist ein Kind der späten 70er und Jugendlicher der 80er Jahre. Er wuchs mit dem Commodore 64 und später dem Amiga auf. Nichts wurde öfter auf den alten Heimcomputern abgespielt als Demos. Die Spiele interessierten Axel ebenfalls. Zumindest ab und zu. Meistens wurde hier aber nicht die Originalversion genutzt, sondern irgendein Crack. Ein guter Freund versorgte ihn zu dieser Zeit immer mit aktueller Ware. Das ist schon viele Jahre her. Über 30 an der Zahl.
Er schaltet den Commodore 64 durch kurzes drücken auf den Netzschalter, rechts am Gehäuse, aus und gleich wieder ein. Somit ist der Computer bereit die nächste Software zu laden. Er denkt an diese Zeit vor über 30 Jahren zurück. Es war eine so schöne Zeit. Sein Blick schweift über seine extra eingerichtete Retro-Ecke im Keller. Hier stehen schön aneinandergereiht seine persönlichen Lieblingsgeräte. Links der Commodore 64, rechts davon ein Amiga 2000. Ein wenig weiter rechts der Amiga 1000, den er erst vor kurzer Zeit gekauft hat. Daneben, auf dem Tisch verteilt, stehen viele Diskettenboxen. Einige mit den 5 ¼ Zoll Disketten vom C64, andere mit den kleinen 3 ½ Zoll Versionen vom Amiga. Noch einen Tisch weiter, hat er für die typischen Konsolen dieser Zeit reserviert.
Den Amiga 2000 bekam er 1987 zu Weihnachten geschenkt. Axel streicht fast liebevoll über den 2000er Amiga und versetzt sich zurück in die Zeit, als er diesen Computer unter dem Weihnachtsbaum das erste Mal auspacken durfte. Ja es ist noch dieses Gerät, das vor langer Zeit für so viel Spaß und Freude sorgte. Sogar den original Highscreen Monitor von damals hat er aufgebaut. Er liefert, in nach wie vor erstklassiger Qualität, genau das Bild, das er vor vielen Jahren schon auf die Mattscheibe zauberte. Genauso farbstark und kontrastreich. Das war noch Hardware. Hier können sich viele der heutigen Hersteller eine Scheibe abschneiden. Heute hat doch Alles irgendwie ein eingebautes Verfallsdatum.
Nach einer weiteren Demo, die er dieses Mal auf dem Amiga startet, beendet er für diesen Tag seine Reise in die Vergangenheit. Er lässt seinen Blick noch mal über die schönen alten Geräte schweifen, bevor er den Strom am Schalter der Mehrfachsteckdose ausschaltet. Es ist schon wieder 1.30 Uhr in der Nacht. Morgen muss er wieder früh aus den Federn. Dann hat ihn die Gegenwart wieder.
Die Gegenwart ist für Axel ein Job im gestalterischen Gewerbe, den er schon seit vielen Jahren ausübt. Er fährt jeden Tag in der Früh rund 20 Kilometer zur Arbeit. Er wohnt im ländlichen Raum. Sein Arbeitsplatz ist in der nächstgrößeren Stadt. Der Arbeitsweg führt über Landstraßen, durch Waldgebiete und vorbei an kleinen Fischteichen. Wenn er die ersten Vororte der Stadt passiert, dauert es nicht mehr lange, bis eine kurze, unbebaute Fläche befahren wird. Danach ist er in der Stadt angekommen.
Bei genauerem Hinsehen, bemerkt Axel aber, dass dieser letzte unbebaute Abschnitt gar nicht so leer ist. Ziemlich weit hinten am Waldrand, von der Straße aus gesehen, steht ein Haus. Es erscheint ziemlich alt und brüchig. Umgeben von einer hohen Hecke, kann er nicht wirklich viel erkennen. Nur der erste Stock und das Dach sind zu sehen. Die Fensterläden scheinen immer geschlossen zu sein. Er fährt diese Strecke jeden Tag und das ist ihm bei seinen letzten Fahrten immer wieder aufgefallen. Soweit er die Mauern erkennen kann, wirkt das Haus sehr feucht. Es steht in einem hochwassergefährdeten Bereich. War doch gerade dort vor ein paar Jahren alles unter Wasser gestanden. Vielleicht auch dieses alte Haus? Er konzentriert sich wieder auf die Straße und ist ein paar Minuten später bereits am Arbeitsplatz angekommen.
Sein Tag in der Werbeagentur läuft wie die vielen anderen der letzten Jahre. Sehr zufriedene Kunden, zufriedene Kunden, unzufriedene Kunden, extrem unzufriedene Kunden, gefühlte tausend Telefonate und so weiter. Also im Großen und Ganzen nichts Neues. Da ist es gut, dass aufgrund der vielen Arbeit die Zeit doch fix vergeht. So ist auch die Mittagspause schnell erreicht. Axel fährt in die Stadt und hat wie immer die Wahl. Vielleicht asiatisch essen? Oder doch lieber Pizza? Oder soll es heute der gute Italiener sein? Zumindest einmal in der Woche der gute Italiener? Er entschließt sich für den guten Italiener. Nicht nur das Essen, sondern auch die Mobilfunkversorgung dort ist erstklassig. Vollen Ausschlag bei mobilem Internet hat er in der Stadt bei Weitem nicht überall.
Er geht in das Lokal, sucht einen netten Platz und zieht das Handy aus der Tasche. Die gute Verbindung muss ausgenutzt werden. Nachdem er das Mittagessen bestellt hat, startet er sofort mit dem mobilen Surfen. Private Mails checken, der ein oder anderen Facebookgruppe einen kurzen Besuch abstatten und schlussendlich natürlich noch die aktuellsten Themen aus der Retro-Welt abgreifen. Hier fällt Axel dann wieder die Zeit von früher ein. Die Heimcomputer, die Spiele, die Demos. Das schöne Gefühl in den 80er Jahren einer gewissen Elite anzugehören, die einen Computer besitzt.
Die Erinnerung fällt ebenfalls zurück auf seinen alten Freund Franky. Er war gut verdrahtet in der Szene. Kannte jede Menge wichtige Gruppen und hatte immer die neueste Software parat. Ganz entfernt erinnert sich Axel an Frankys Äußerung damals, an irgendeinem Wochenende an einer Cracker-Party teilgenommen zu haben. Alle mit Rang und Namen aus der deutschen Szene waren angeblich vor Ort mit dabei. Axels Neid war gewaltig zu dieser Zeit. Er konnte leider nicht dabei sein. Soweit er sich erinnert war das irgendwann zwischen 1985 und 1987. War das nicht sogar in dieser Stadt? Die genaue Erinnerung ist Axel entfallen. Es ist schon so viele Jahre her. Er trinkt einen Schluck.
Das Essen ist noch nicht serviert. So greift Axel erneut zum Handy. Jetzt fällt ihm wieder das einzelne Haus auf seinem Arbeitsweg ein. Er öffnet Google Maps und arbeitete sich zur Position vor, an der er das Haus vermutet. Tatsächlich. Da steht es. Einzeln und verlassen. Direkt neben einem kleinen Bach, dahinter Wald. Es könnte gut sein, dass bei dem großen Hochwasser vor ein paar Jahren dieses Haus ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen wurde. Er zoomt weiter in die Ansicht. Nichts Besonderes zu sehen. Es gibt einen Garten und einen kleinen Anbau der so ähnlich aussieht wie eine Garage. Sonst nichts. Es sind keine Parkplätze erkennbar.
Die am Morgen auf der Fahrt in die Arbeit bemerkte große Hecke, sieht Axel ebenfalls. Na ja. Ein alleinstehendes Haus eben. Er will gerade wieder aus der Zoomansicht zurück in die Normalansicht, als er eine seltsame dunkle Fläche entdeckt. Also dunkler als der normale Rasen rund ums Haus. Er zoomt wieder in die Karte. Jetzt noch ein wenig weiter als zuvor. Größer geht es nicht mehr. Er ist bei der maximal vergrößerten Ansicht angelangt. Was könnte diese Fläche sein? Nur ein Fehler in der Kartenansicht? Die Bilder auf Google Maps haben ja oft so seltsame Färbungen. Er denkt nicht weiter darüber nach und beginnt sein endlich serviertes Essen zu sich zu nehmen. Es ist wieder besonders gut heute.
Einige Zeit später fährt er zurück ins Büro. Das dauerte heute ein wenig länger. Na ja, am Abend holt er die Zeit sowieso leicht rein. In der Firma angekommen sitzen seine Kollegen bereits an der zweiten Hälfte des Tagesgeschäfts. Ein kurzes “Mahlzeit” und weiter geht es.
Der Nachmittag vergeht, wie der Vormittag sehr zügig. Gegen 19.30 Uhr verlässt er die Agentur und setzt sich in sein vorgeheiztes Fahrzeug. Neben den unterschiedlichen alten Heimcomputern und Konsolen, die er in den letzten Monaten und Jahren angeschafft hat, war eine der besten Investitionen diese Standheizung. Es geht doch nichts über ein warmes Auto. Sein Weg führt Axel wieder vorbei an der Stelle wo er am Morgen, linker Hand, das Haus weit hinten sehen konnte. Jetzt liegt es zur rechten Seite. Alles dunkel. Es muss leer stehen. Das war doch die letzten sechs oder sieben Monate das Gleiche. Keine Spur von irgendwelchen Bewohnern. Immer alle Fensterläden geschlossen, kein Licht und keine Autos, die irgendwo davor gestanden sind. Warum so ein Haus wohl schon so lange leer steht? Kurz denkt er noch an ein verfluchtes Haus, muss dann aber für sich selber lachen. Wahrscheinlich hat er in letzter Zeit einfach zu viele krasse Filme gesehen.
Nach weiteren zehn Minuten fährt er zu Hause in die Einfahrt. Axel steigt aus, schlendert gemütlich zum Haus und öffnet die Tür. Er zieht seine Schuhe aus und legt die Freizeitkleidung an. Danach geht es erneut in seinen ganz speziellen Keller. Hier wo all die schönen alten Computer stehen, gibt es natürlich auch neue Technik. Im Moment herrscht gerade das Chaos. Viele Retro Konsolen und die dazu passenden Spiele hat er zum Verschicken vorbereitet. Er trennt sich von einigen Geräten und Spielen, die er so gut wie nie verwendet und sowieso doppelt hat. Das sind nur Staubfänger. Lieber beschäftigt er sich verstärkt mit ein paar Systemen, die ihm wirklich viel bedeuten. Alles Überflüssige darf ruhig raus. Der so zusätzlich entstandene freie Platz ist ein weiterer Pluspunkt. Ebenfalls trennt er sich im Moment von einem alten Apple Röhrenmonitor. Es ist ein 14 Zoll Gerät der späten 80er Jahre. Schwer wie Harry, vergilbt und sogar schon einen leichten Sprung im Gehäuse. Funktioniert aber noch tadellos. Er hebt den Monitor vom Boden auf und will ihn gerade in den dafür vorgesehenen Karton packen, als er den darunter liegenden Teppich bemerkt. Der Monitor stand hier schon drei oder vier Monate und hat einen dicken Abdruck am Teppich hinterlassen.
Als Axel so auf den Teppich starrt sieht er, dass die Fläche auf welcher der Monitor stand, dunkler war als der Teppich rundherum. Es fällt ihm sofort wieder sein am Mittag getätigter Besuch von Google Maps ein. Da war doch bei diesem alleinstehenden, alten Haus ebenfalls eine Fläche zu sehen, die ein wenig dunkler war als der restliche Rasen? Ob da vielleicht längere Zeit ein schwerer Gegenstand platziert war? Jetzt interessiert es Axel doch genauer. Er setzt sich an seinen PC und ruft erneut Google Maps auf. Die Desktop Version liefert seiner Meinung nach noch bessere Bilder als die Handy Kartenansicht. Die Stelle mit dem Haus ist schnell gefunden. Plus, plus, plus, plus. Jetzt ist er wieder ganz nah dran am alten Haus. Wenn er die Maßstäbe der Maps Ansicht richtig deutet, muss die Fläche rund 6 x 2,50 m groß sein. Nach kurzer Google Suche findet er ein Objekt, das zum einen schwer ist und zum anderen auch ungefähr die Maße hat. Es könnte ein Container sein. Diese Transportbehälter gibt es ja in unterschiedlichen Größen. Eine davon ist ein 20 Feet Container. In Meter umgerechnet ergibt das genau die Größe, die Axel anhand des Maßstabes errechnet hat. Aber warum sollte da ein Container gestanden haben? Wenn so ein Ungetüm auf dem Grundstück stand, war es sicher nicht ohne Grund dort? Er überlegt noch kurz und just in diesem Moment hört er das Kassengeräusch aus seinem Handy. Jeder der eBay nutzt, kennt dieses Geräusch. Es erklingt immer dann, wenn ein Artikel verkauft wurde. Was ist es denn? Axel checkt sofort den eBay Account. Ach schön, das alte Mega Drive von Sega hat jetzt auch einen neuen Besitzer gefunden. Der erzielte Erlös ist besser als erwartet. Da sind leicht drei oder vier Besuche seines Lieblingsitalieners drin.
Axel geht in den linken Teil des Kellers. Dort wo Commodore 64 und Amiga fein säuberlich nebeneinander aufgebaut sind. Er sucht eine spezielle Amiga Diskette, die er aber auf die Schnelle im Disketten Durcheinander nicht finden kann. Egal, morgen ist auch noch ein Tag. Er verlässt den Keller, schaltet das Licht aus und setzt sich gemütlich ins Wohnzimmer. Dort checkt Axel die alten Filmklassiker in der digitalen Bibliothek. Beim Durchscrollen der Filmsammlung auf dem Netzwerkspeicher stößt er auf Total Recall von 1990. An diesen Film hat er eine schöne Erinnerung. Als der Film im Kino lief, war er leider krank und konnte ihn nicht live erleben. Allerdings brachte Franky den Film auf VHS Kassette vorbei, sobald dieser verfügbar war. Zu dieser Zeit war ein guter Kontakt zum Videothek-Besitzer schon die halbe Miete, und natürlich hatte genau diesen Kontakt Franky. Somit konnte Axel den Film doch noch sehen, wenn auch nicht im Kino.
Er überlegt kurz, was Franky wohl heute macht? Axel hat ihn schon viele Jahre nicht mehr gesehen oder gehört. Er muss wohl die nächsten Tage Facebook checken, wäre doch gelacht, wenn Franky dort nicht zu finden ist.
Axel startet den Film der Wahl. Die Filme aus den späten 80er und frühen 90er Jahren sind seine erklärten Lieblingsfilme. Das war noch richtige Actionkost mit echten Männern in den Hauptrollen. Nicht die weichgespülten Superstars heutiger Blockbuster. Diese Meinung vertritt Axel ebenfalls gern in seinem Bekanntenkreis. Viele seiner Freunde sehen das ähnlich. Ist auch nicht weiter verwunderlich, da sich hier die gleichen Generationen begegnen.
Nach zwei Stunden bester Unterhaltung ist der Action Hit aus den 90er Jahren vorbei. Kurz überlegt Axel, ob er sich noch einen zweiten Kracher aus dieser Zeit ansehen soll? Er schaut auf die Uhr. Die Zeiger stehen schon wieder deutlich im neuen Tag. Für heute reicht es dann auch. Gut dass morgen Wochenende ist. Endlich mal wieder richtig ausschlafen. Schnell noch das Handy auf die Ladestation gelegt und ab in die Falle. Morgen will er auf jeden Fall einen Blick auf Facebook werfen. Da wird er Franky schon finden.
10 Uhr, der Wecker klingelt. Obwohl klingeln ist wohl der falsche Ausdruck. Der Radiowecker schaltet sich deutlich hörbar, schon fast aggressiv ein. Axel wird förmlich aus dem Schlaf gerissen. Da hätte er wohl gestern Abend besser die Lautstärke ein wenig nach unten gedreht, als er die Weckzeit eingestellt hat. Egal, wach ist wach. Er geht ins Bad. Das Handy mit dabei, wirft er kurz einen Blick auf eBay. Er beobachtet schon lange ein paar Sachen aus dem Retro-Videogames Lager. Doch auch dieses Mal sind die Preise jenseits dessen, was er dafür bereit ist zu zahlen. Total überteuert mittlerweile. Das schöne Hobby ist schon lange zu einer finanziellen Herausforderung geworden. Vorbei die Zeiten als es noch möglich war für ein paar Euro das ein oder andere Wunschobjekt zu ersteigern. Die Preise sind nur noch völlig überzogen. Er löscht die beobachteten Artikel aus der Beobachtungsliste und legt das Handy zur Seite.
Nachdem er im Bad fertig ist, geht es in die Küche, Frühstück machen. Heute gibt es ein schönes Spiegelei mit Speck. Damit beginnt der Tag trotz des eBay Ärgers zumindest noch halbwegs positiv. Während er genüsslich sein frisch zubereitetes Spiegelei mit Speck zu sich nimmt, erklingt im Radio “Forever Young” von Alphaville. Ein leichtes Lächeln zeichnet sein Gesicht. Dieser Song ist eines seiner Lieblingslieder und spricht ihm aus der Seele. So schlecht kann der Tag gar nicht werden mit diesem Lied beim Frühstück. Kurz blättert er noch in der Samstagsausgabe seiner regionalen Tageszeitung bevor er im Briefkasten nach neuer Post sieht. Nichts Wichtiges dabei. Überwiegend Werbung wie jeden Samstag. Er klappt sein Laptop auf, öffnet den Browser und besucht Facebook. Er will unbedingt nach Franky suchen. Das hat er sich gestern Abend vor dem Einschlafen fest vorgenommen.
Er tippt in der Facebook Suche den Namen ein. Frank, wie heißt er gleich wieder, ach ja, der Nachname fällt ihm schnell wieder ein. Da ist er ja. Schmunzelnd erblickt er das Profilbild und öffnet sogleich die Nachrichtenfunktion. Ein paar Zeilen sind schnell getippt. Wie geht‘s? Was machst Du immer so? Wo wohnst Du jetzt? Die typischen Fragen eben, die gestellt werden, wenn nach vielen Jahren wieder Kontakt aufgenommen wird. Axel ist schon ein wenig gespannt, ob Franky denn zurückschreiben wird? Nach so vielen Jahren? Er klappt den Laptop zu und räumt den Frühstückstisch ab. Kurze Zeit später geht er in den Keller um noch einige Pakete fertig zu machen, die er die letzten Tage auf eBay verkauft hat. Gerade als er in das rechte Eck zu den leeren Kartons gehen will, fällt er über die Drohne, die er vor ungefähr einem Jahr unbedingt haben musste. Auch so ein Staubfänger. Er räumt sie mit all dem teuer gekauften Zubehör in den Schrank, damit er nicht noch mal darüber stolpert. Vielleicht soll er auch dieses Spielzeug verkaufen? Mit dem Erlös wäre locker ein schönes verlängertes Wochenende in einer interessanten Stadt drin. Er entschließt sich aber vorerst das Fluggerät zu behalten.
Gerade im Schrank verstaut, ertönt ein ‚Ding‘ aus dem Computer Lautsprecher. Es wird doch nicht etwa Franky schon geantwortet haben? Axel wirft einen Blick in den Facebook Posteingang. Tatsächlich. Die Nachricht von Franky ist schon angekommen. Sogar richtig viel Text hat er geschrieben. Axel liest die gesamte Nachricht in Ruhe durch. Es geht ihm gut, er ist viel beruflich im Ausland unterwegs, seine eigene Firma für Steuerungselektronik läuft ebenfalls gut, seit einiger Zeit beschäftigt er sich zudem mit alten Heimcomputer Systemen und noch ein paar Infos mehr. Schön dass sich Franky mittlerweile auch mit den klassischen Systemen beschäftigt. Das trifft sich gut. Axel schreibt ihm einige Zeilen zurück. Nach mehreren Mails hin und her vereinbaren sie, dass sie sich doch einmal treffen können, sobald Franky wieder im Lande ist. Es gibt sicher vieles zu besprechen nach dieser langen Zeit. Er freut sich, dass er wieder Kontakt zu seinem alten Freund aufgenommen hat. Er hat sich in der letzten Zeit schon oft vorgenommen, dass er wieder alte Freunde kontaktiert. Richtig durchgezogen hat er es bisher aber nicht.
Gerade als er diesen Gedanken abschließt, fällt ihm noch Gerry ein. Gerry war ein langjähriger Freund und Geschäfts-Companion von Axel, bis der sich wieder in die alte Heimat Österreich begab. Mit ihm zusammen hat Axel vor einigen Jahren spezielle Arcade Automaten gebaut. Es waren Geräte für den Heimgebrauch, die es ermöglichten Spielhallen Platinen am heimischen Fernsehgerät zu spielen. Gerry war Techniker. Und Das mit Herz und Seele. Es gab keine Aufgabe, die ihm zu kompliziert war. Alle technischen Anforderungen konnte er mit seinem Sachverstand schnell und zuverlässig erledigen. Irgendwie war er schon ein Genie, resümierte Axel die vergangenen Jahre und gibt noch schnell Gerry in die Suchmaske bei Facebook ein. Doch da ist nichts. Kein Eintrag. Kein Account. Er probiert noch verschiedene Namen und Spitznamen aus. Ohne Erfolg. Hat er Das mit der Facebook Verweigerung wirklich so krass durchgezogen? Erwähnt hat Gerry diese Tatsache vor einigen Jahren. Facebook braucht er nicht, war seine Aussage damals. Nicht so schlimm, es gibt ja sicher noch eine alte E-Mail von ihm. Er macht sich direkt auf die Suche im Mail Archiv. Die Suchfunktion im Webmail Programm ist schon eine erstklassige Sache. Nach kurzer Recherche findet er gleich mehrere E-Mails von Gerry. Die letzte Nachricht ist schon über ein Jahr her. So lange hatten sie schon keinen Kontakt mehr? Die Zeit vergeht wie im Flug, sieht sich Axel erneut bestätigt. Schnell schreibt er ein paar nette Zeilen an seinen ehemaligen Companion.
Ein kurzer Blick auf die Uhr. Was, schon wieder 13 Uhr? Axel schaltet den PC im Keller in den Standby-Modus und geht eine Etage höher. Er sucht saubere Klamotten. Er will sich später mit seinem ehemaligen Arbeitskollegen Matze treffen. Axel und Matze arbeiteten rund 10 Jahre im gleichen Unternehmen. Matze ist Anwendungsentwickler und kennt sich ebenfalls sehr gut mit allen Themen rund um die Internetprogrammierung aus. Sie treffen sich öfter auf eine Pizza, um aktuelle Technik Trends zu diskutieren. Von Matze hat Axel auch die Idee zu seinem Filmarchiv erhalten. Er zieht die Klamotten an, holt einen Schluck Orangensaft aus dem Kühlschrank und heizt das Fahrzeug, mit einem Klick auf die Handy-App vor. Es ist März und die Temperaturen sind noch relativ frisch. Ein Hoch auf den Erfinder der Standheizung.
Ein paar Minuten wartet er, bevor er die Tür hinter sich abschließt und in sein Auto steigt. Anschnallen, einmal im Hof rangiert und raus geht’s aus der Einfahrt. Nicht viel los heute auf der Straße. Er fährt den gleichen Weg wie täglich zur Arbeit.
Als er am alleinstehenden Haus vorbeikommt, schweift sein Blick schnell wieder nach links. Wieder alles zu. Er nimmt sich vor, nach dem Treffen mit Matze, will er einen leicht anderen Weg zurück aus der Stadt nehmen. Wenn er den anderen Weg fährt, kommt er näher an diesem Haus vorbei. Er will nur einen etwas genaueren Blick auf den Garten werfen und checken, ob da wirklich ein Container gestanden haben könnte. Das muss ja ziemlich einfach festzustellen sein, ist Axels Gedanke, als er Richtung Stadtmitte abbiegt. Waren es auf der Landstraße überraschend wenig Fahrzeuge, sind es in der Stadt wieder verdammt viele heute. Alle last minute unterwegs zum Einkaufen. Aber Axel mag die Action in der Stadt. Er fährt den schnellsten Weg zum Parkhaus. Direkt zentral gelegen, gibt es hier auch am Samstag fast immer einen Parkplatz. Schnell tippt er noch eine WhatsApp Nachricht an Matze. Er ist nämlich schon ein paar Minuten über der Zeit.
“Geh ruhig schon mal rein und schau nach einem Platz”, tippt er mit mehr oder weniger vielen Tippfehlern. Während des Fahrens in der Parkgarage fehlerfrei tippen ist nicht ganz so einfach. Den ersten Parkplatz kann er leider nicht nutzen. Wenn er hier mit seinem SUV der etwas größeren Kategorie einparkt, kommt er nicht mehr aus dem Auto. Zwei Etagen weiter oben findet er dann einen großen freien Platz. Die Freude ist groß, als er den Parkplatz erspäht. Ist ja genau für ihn gemacht. Er parkt ein und steigt aus.
Er geht die Treppe ins Erdgeschoss. Nachdem er das Parkhaus verlässt, ist Axel schon direkt in der Nähe der Fußgängerzone. Die Sonne lässt sich ein bisschen blicken. Wie immer bei den ersten Sonnenstrahlen im Frühling, sitzen die Menschen bereits wieder auf der Terrasse der Eisdiele. Als er gerade an der Eisdiele vorbei, über die Fußgängerzone Richtung Pizzeria geht, kommt die WhatsApp Antwort von Matze.
“Bin schon drin. Platz hab‘ ich auch bekommen. Gleich wenn Du zum Eingang reingehst, links hinten”, schreibt er.
TOP. Samstag ist das dort nicht immer so leicht mit dem Platz. Er und Matze treffen sich nämlich in der stadtbekannten Pizzeria mit den größten Pizzen. Nachdem dieser Geheimtipp mittlerweile auch in jedem Stadtführer steht, ist diese Location leider nicht mehr so geheim und oft überfüllt. Zumindest die Pizzen schmecken aber noch so gut wie früher. In der Pizzeria angekommen sieht er Matze schon sitzen. Wie immer ist er mit seinem Handy beschäftigt.
Ein klein wenig reißt es ihn sogar als Axel “servus!” sagt.
“Tut mir leid dass es etwas später geworden ist.”
“Kein Problem ich war sowieso gerade noch an einem eBay Schnäppchen dran. War aber leider wieder nichts.”
Hier geht es Matze ähnlich wie Axel. Die Sachen die er gerne möchte, sind preislich so was von überzogen, dass einem die Freude am Hobby still und leise vergehen will.
“Es kommt mir vor, als wie, wenn irgendwer immer alle interessanten Sachen wegkauft. Die Preise scheinen hier absolut nebensächlich zu sein.”
Während Axel und Matze noch so drauf losschimpfen kommt die Bedienung zu ihnen an den Tisch.
“Was darf’s denn sein?”
Axel bestellt als Erster.
“Für mich die Pizza Tonno und ein dunkles Weißbier.”
Jetzt kommt auch Matze zum Zug.
“Ich nehme die Hawaii, und einen Spezi.” Nachdem die Bedienung die Bestellung aufgenommen hat, widmen sich die Beiden wieder ihrem Gespräch bezüglich der Retro Preise.
“Mich würde echt mal interessieren, wer diese ganzen interessanten Artikel immer in letzter Sekunde kauft.”
Matze sagt kurz nichts, überlegt und erklärt Axel, dass er gerade an einem Tool arbeitet, mit dem er vielleicht eBay Auktionen etwas durchleuchten kann. Ein webbasiertes Tool. Eine Art Crawler der vorher festgelegte eBay Auktionen genau auf Gebote, Bieter und final dann auch den Käufer unter die Lupe nimmt.
“Das kann ich doch manuell auch nachschauen. Da braucht man doch kein Tool.”
“Schon klar, aber mach das mal bei zum Beispiel allen Nintendo Konsolen, die europaweit in einer bestimmten Kalenderwoche den Besitzer gewechselt haben. Da sitzt Du ewig dran.”
Axel lacht und gibt Matze recht. Da war er wieder der Freak, dem so leicht niemand etwas vormacht, im Bereich nützliche, selbst erstellte Webtools.
“Läuft das Tool schon?”
“Nein noch nicht ganz, sind noch ein paar Hürden zu nehmen.”
Axel hakt interessiert nach.
“Bis wann denkst Du denn, dass es fertig ist?”
“Ein paar Wochen wird es schon noch dauern.”
Nach ein paar Minuten kommt auch schon die heiße Blondine, ihres Zeichens Bedienung von Axel und Matze und bringt das Weißbier sowie den Spezi. Die beiden prosten sich zu und nehmen erst einmal einen schönen Schluck aus den frischen Getränken. Nachdem der erste Durst gestillt ist, zieht Axel das Handy raus und öffnet Google Maps. Er zeigt Matze das Haus, das ihn schon einige Zeit beschäftigt.
“Kennst Du diesen Bau?”
Matze wirft einen Blick auf den Bildschirm, checkt die Position und hält kurz inne.
“Ja, ich fahr da öfter vorbei, wenn ich auf die Autobahn will. Die ehemaligen Besitzer müssen wohl umgezogen sein. Ich sah da irgendwann vor längerer Zeit einen großen Container stehen.”
Axel wird hellhörig. “Weißt Du noch, wann das ungefähr gewesen sein könnte?”
“Ne, keine Ahnung. Aber es ist sicher schon mindestens vier oder fünf Monate her. Warum interessiert Dich das Haus?”
“Ach nur so. Es sieht aus, als wenn das Haus seit dieser Zeit leer steht.”
“Wie viele andere Häuser auch.”
Axel lacht. “Da hast jetzt Du wieder recht.”
“Vorsicht!” tönt es aus dem Hintergrund. Die Bedienung versucht sich ihren Weg durch die Gänge der Pizzeria zu bahnen. Ist schon wieder übel voll jetzt. Nachdem sie sich zwischen all den Leuten, die auf einen Platz warten durchgekämpft hat, stellt sie Axel und Matze die beiden Pizzen auf den Tisch. Die beiden schmunzeln. Schön und groß wie immer ist die einhellige Meinung. Ein kurzes gegenseitiges “Mahlzeit!” und sie beginnen zu essen. Zwischendurch wechseln sie immer wieder ein paar Worte.
“Wie funktioniert eigentlich die Software genau, die Du da gerade programmierst?”
Matze schluckt den Bissen runter und antwortet.
“Eigentlich musst Du nur eine Artikelgruppe, die Du gerne beobachten möchtest, in das Frontend eingeben.”
“Cool.”
“Im Hintergrund fängt der Crawler dann sofort an zu arbeiten. Die Software durchforstet europaweit alle eBay Seiten nach genau der eingegebenen Artikelgruppe.”
“Das kann ich dann genau einschränken?”
“Klar, wenn Du zum Beispiel wissen möchtest wie oft Super Nintendo Konsolen im Januar dieses Jahres verkauft wurden, welche Preise sie erzielten und wer die Konsolen gekauft hat, zeigt Dir mein System die passenden Ergebnisse.”
Axel strahlt. “Voll cool!”
“Für den letzten Punkt muss ich aber noch ein wenig die Datenströme hacken” zwinkert Matze Axel zu. “Eigentlich zeigt eBay bei abgelaufenen Auktionen den Gewinner nämlich nur verschlüsselt.”
“Klingt echt super. Bin schon sehr gespannt. Lass es mich wissen, wenn das Tool funktioniert.”
“Klar, dann werden wir mal sehen, wer uns die interessanten Angebote immer vor der Nase wegschnappt.”
Die beiden plaudern noch das ein oder andere Retro Thema durch. Das mag Axel immer so an den Treffen mit Matze. Es ist nie langweilig und immer interessant.
Zahlen, signalisierte er der hübschen blonden Bedienung. Kurze Zeit später kommt sie an den Tisch der beiden.
Nach ungefähr einer Stunde verlassen sie die Pizzeria und verabschieden sich. Matze muss zu seiner Freundin und Axel hat sich vorgenommen den anderen Weg nach Hause zu fahren. Den Weg der näher am Grundstück mit dem alleinstehenden Haus liegt. Axel geht zurück durch die Fußgängerzone, wieder vorbei an der Eisdiele. Jetzt sitzen nicht mehr so viele Leute auf der Terrasse. Na ja, es ist ja auch schon merklich kühler geworden. Am Parkhaus angekommen zieht er den Parkschein aus seinem Geldbeutel, schiebt ihn in den Parkautomaten und bezahlt. Er geht zum Auto und fährt aus dem Parkhaus.
Nach knapp zehn Minuten Fahrt kommt er von der anderen Seite an dem Haus vorbei, das er schon so lange beobachtet. Er parkt sein Auto am Straßenrand. Kurz überlegt er, ob er jetzt wirklich aussteigen soll. Klar, warum denn nicht. Er steigt aus, geht hinter seinem Fahrzeug vorbei und die rund 20 Meter bis dahin, wo ein Loch in der Hecke wohl den Zugang zum Grundstück zeigt. Dort angekommen wird er in seinem Tatendrang gebremst. Es ist zwar der Zugang zum Grundstück, allerdings ist ein großes Stück Bauzaun in den Zugang gestellt. So kommt er also schon mal nicht in die Nähe des Hauses.
Er sieht sich um, wo denn eventuell eine Möglichkeit besteht zum Haus vorzudringen. Bleibt wohl nur der Weg ganz außen. Da hinten hört die Hecke auf und es ist sicher möglich auf das Grundstück zu kommen. Er sperrt mit der Fernbedienung das Auto ab und geht die rund 50 Meter bis zum Ende der Hecke. Tatsächlich, hier kann er ohne Probleme auf das Grundstück. Er betritt den Rasen und geht innen an der Hecke entlang, Richtung Haus. Je näher er dem Haus kommt, desto kleiner und vorsichtiger werden seine Schritte. Es ist ihm schon ein wenig mulmig zumute. Die Hecke sieht von der Innenseite auch irgendwie bedrohlicher aus. Er geht weiter.
Der Rasen ist bereits leicht feucht. Es ist ja auch noch nicht besonders warm zu dieser Jahreszeit. Da passiert es oft, dass sich eine leichte Feuchtigkeit auf die Wiesen legt. Weit hat er nicht mehr. Auf einmal rutscht Axel aus. Zack, auf den Hosenboden. Ganz tolle Sache. Er stützt sich ab, um wieder aufzustehen. Was er fühlt, ist aber kein Rasen. Er sieht etwas genauer auf den Boden. Eine Metallplatte. Eine große Metallplatte ist das. Sieht aber eher aus wie hochwertiger Edelstahl und nicht wie irgendein verrostetes Etwas. Der hohe Rasen verdeckt einen Großteil der Platte. Am Rand scheint ein Scharnier zu sein. Axel sieht sich die Platte genauer an. Ist ja schon fast ähnlich einer riesigen Türe. Nur fehlt das Schloss. Ein Griff ist auch keiner dran. Er überlegt. Na ja, die könnte man alleine sowieso nicht öffnen. War das vielleicht der Grund für die seltsame Fläche, die er am Tag zuvor bei Google Maps gesehen hat? Er zückt sein Handy und macht ein paar Fotos. Das muss er unbedingt Matze zeigen. Der hat ihn ja vorher in der Pizzeria gefragt, warum er solches Interesse an dem Haus zeigt. Genau deswegen freut sich Axel. Das ist kein normales Grundstück.
Er macht noch einige Bilder. Irgendwas ist da komisch. Er steigert sich weiter in die Situation, geht ein paar Schritte in die Wiese, bricht einen kleinen Stock von einem der Bäume und beginnt den Boden genauer zu untersuchen. Er gräbt mit dem Stock rund zehn Zentimeter weit. Dann war Schluss. Ob er vielleicht einen Stein erwischt hat? Axel blickt in das soeben gegrabene kleine Loch. Nein, Stein ist da keiner. Aber was ist das? Sieht aus wie Beton. Und das unter dem Rasen? Leicht verwundert gräbt er ein paar Meter weiter erneut. Hier das Gleiche. Um sich ein noch genaueres Bild zu machen, geht er rund 20 Meter weiter nach hinten, vom Haus weg. Er setzt den kleinen Stock erneut an und gräbt. Das exakt gleiche Material ist hier unter dem Grün der Wiese zu finden. Beton. Warum ist hier überall Beton? Das Haus sieht eigentlich aus wie ein ganz normales Wohnhaus. Wenn auch schon älteren Datums. Beton hat in einem Garten überhaupt nichts zu suchen. Es sei denn… Axel hält kurz inne. Es sei denn das gesamte Grundstück ist unterkellert? Warum soll das jemand machen? So ganz schlau wird Axel nicht aus der Situation und geht wieder Richtung Haus zurück.
Dort wo er die Edelstahlplatte vorher entdeckt hat, bleibt er kurz stehen und wirft nochmal einen genaueren Blick darauf. Er geht weiter in Richtung des Hauses. Kurz vor dem Haus sieht er tiefe Furchen im sandigen Boden. Das hier schaut aus, als wie wenn es früher eine Art Parkplatz war. Bei genauerem Betrachten der Furchen fällt ihm auf, dass diese an den langen Seiten einige Meter auseinander sind. Er schreitet die Furchen ab. Sechs Schritte, dann ist er am anderen Ende. Da fällt ihm wieder seine Google Maps Beobachtung ein. Hier stand wohl der Container, den Matze vor längerer Zeit vor dem Haus sah. In der Verlängerung des vermeintlichen Standorts des Containers ist der Zugang zum Grundstück zu sehen, der mit dem großen Stück Bauzaun verschlossen ist. Hierdurch wird Matze wahrscheinlich den Container bemerkt haben. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Nur hier konnte Matze einen kleinen Teil vom Grundstück einsehen. Axel ist jetzt direkt am Haus angekommen. Er geht entlang der Mauern rundherum. Kleine Fenster im Keller sind von außen zu sehen, aber bei allen sind Holzverschläge angebracht. Da kommt sicher kein Licht durch. Oben sieht er noch eine sehr kleine Solaranlage. In dieser Größe kann die aber nichts Großes betreiben.
Er geht weiter entlang der Mauern bis er direkt an der Haustür ankommt. Ein Schild an der Klingel fehlt. Es ist kein Hinweis auf Bewohner der Vergangenheit zu sehen. Alle Fensterläden sind geschlossen. Axel erkennt bei einem der Fensterläden eine kleine Lücke. Hier kann er vielleicht einen Blick in das Innere ergattern. Er holt eine kleine LED Lampe aus der Tasche, die mit am Autoschlüssel hängt und leuchtet durch die Lücke in das Innere des Hauses. Er kann nicht erkennen, welchen Raum er gerade sieht. Der Raum erscheint leer. Viel sieht Axel nicht. Zu klein ist die Lücke und der Einblickwinkel. Er geht wieder zurück zur Haustüre. Da ist noch ein Briefkasten, den er sich genauer ansieht. Kurz die Klappe lüften, Blick reinwerfen, leer. Was auch sonst. Als er mit der Hand in den Briefkasten greift, fühlt er doch etwas. Könnte eine Visitenkarte oder etwas Ähnliches sein. Mit jeder Menge Fingerakrobatik kann er das Papier aus dem Briefkasten fischen. Viel ist darauf nicht zu sehen. Irgendein angeschnittener Orts- und Straßenname sowie irgendwelche Wortfetzen. .a.. ...ch. ...ly sind noch zu erkennen. Das Papier er-
scheint schon sehr alt und ausgebleicht. Trotzdem steckt es Axel in die Tasche. Vielleicht fällt ihm ja dazu, zu einem späteren Zeitpunkt noch was ein.
Seine Schuhe sind mittlerweile vom Umherlaufen in der feuchten Wiese ziemlich nass und die Füße fangen langsam an zu frieren. Zeit das Grundstück zu verlassen. Er geht den Weg zurück, den er vorher gekommen war. Als er an der seltsamen Edelstahlklappe vorbeikommt, hält er noch mal kurz an. Wenn diese Klappe keinen Griff hat, wird sie wahrscheinlich nur von innen zu öffnen sein sinniert er kurz und geht weiter. Ein paar Minuten später ist er wieder beim Auto angekommen. Öffnet die Tür, steigt ein und fährt los.
Der erste Griff geht zum Radio. Er startet den Mediaplayer, lauscht den erst kürzlich zusammengestellten 80er Jahre Songs und fährt direkt nach Hause.
Zuhause angekommen zieht er frische und vor allem trockene Socken an. Nach kurzem Check seines Smartphones geht er die Stufen hinab in den Keller. Hier verbringt er viel Zeit. Alles an Technik, alt und auch neu, hat er dort gebunkert. Er setzt sich an den PC. Die vorher auf dem fremden Grundstück fotografierten Bilder sind dank automatischer Synchronisierung schon lange auf seinem Computer abrufbar. Er ist ein ziemlicher Technikfreak. Alles an praktischen Möglichkeiten der modernen Datenverarbeitung nutzt er so gut, wie es nur irgendwie geht.
Die vorher gemachten Bilder will er kurzer Hand per E-Mail zu Matze schicken.
“Du hast doch vorher in der Pizzeria noch darüber gelacht, dass mich das alleinstehende Haus so interessiert. Schau Dir die Bilder an. Als Standard würde ich das jetzt nicht direkt sehen, oder was meinst Du?” schreibt Axel als keinen Begleittext zu den Bildern und schickt die Mail ab. Gleich wird er wohl keine Antwort bekommen. Matze besucht im Moment seine Freundin. Da bleibt zumindest zur Zeit des Besuches nicht so viel Zeit für wirre E-Mails und deren Beantwortung. Axel ist aber sicher, dass er am späteren Abend mit einer Nachricht rechnen kann. Dann ist auch bei Matze wieder die Auseinandersetzung mit all den schönen und teilweise nutzlosen Sachen Programm.
Wenn er sowieso gerade am PC zu Gange ist, kann er auch gleich den eBay Versandaufkleber fertigmachen. Den Aufkleber für das kürzlich verkaufte Mega Drive. Wo geht das Teil gleich wieder hin? Er schaut sich noch mal den Käufer an. Oh schon wieder eine alte Konsole nach Italien verkauft. Er wundert sich. Das häuft sich aber in letzter Zeit. Von seinen in den letzten ein bis zwei Jahren verkauften alten Konsolen, gingen wohl mindestens dreiviertel dorthin. Er sieht sich interessehalber fünf oder sechs der abgelaufenen Auktionen an. Sein Fokus liegt auf den Verkäufen nach Italien. Bis auf eine Auktion wurden alle von italienischen Usern gekauft. Die erzielten Preise lagen gut über dem Durchschnitt. Einen der verkauften Artikel vergleicht er mit den sonst bezahlten Preisen. Da wurde ja ziemlich drüber geboten, stellt er fest. Würde wohl kein normaler User für diesen großen Betrag ersteigern. Er freut sich. Ihm kann es ja nur recht sein. Er klebt den Paketaufkleber auf die bereits verpackte Mega Drive Konsole und nimmt das Paket ein Stockwerk mit nach oben. Hier legt er das vorbereitete Paket wie immer in den Hausgang, dass er am nächsten Werktag nicht vergisst die Ware zur Post zu bringen.
Er macht es sich auf der Couch gemütlich. Ein geübter Griff zur Fernbedienung und schon hat er den Sportsender vor Augen. Kurz will er checken, wie sein Fußballverein heute spielt. Die letzten Spiele waren ja eher suboptimal. Es läuft die zweite Halbzeit. Na ja, so wie es aussieht, kann es heute mal wieder drei Punkte geben. Wird auch Zeit. War ja die letzten Spiele nicht mehr anzuschauen.
Während er dem Spiel folgt, vibriert plötzlich seine Smartwatch. So sieht Axel sofort, was an wichtigen Infos ankommt, ohne immer den Bildschirm vom Handy einschalten zu müssen. Schön, Gerry hat auf die Mail von vorhin geantwortet. Das freut Axel sehr. Gespannt öffnet er das Mail Programm. Es ist eine verhältnismäßig lange Mail, die er da auf seinem Handy Bildschirm sieht. Er hat sich schon so lange nicht mehr gemeldet, da er umgezogen ist. Ein Haus hat er gekauft und im Moment ist er gerade daran, Hausrat ins neue Heim zu transportieren. Arbeitsstelle hat er ebenfalls eine Neue. Jetzt wieder in seinem Spezialbereich Montage von elektronischen Heim Equipment.
Die Eltern seiner Freundin wohnen ganz in der Nähe von Axel. Gerry wird in ein paar Wochen dort einen Besuch machen. Da können sie sich ja einmal treffen, schlägt Gerry vor. Natürlich denkt Axel. Dann können wir endlich wieder über die guten alten Zeiten plaudern und teilt ihm noch mit, dass er sich einfach kurz melden soll, wenn er genau weiß, wann er vor Ort ist.
Mittlerweile ist es Abend geworden. Axel zappt gelangweilt durch die verschiedenen Sender. Nur Mist. Und das zur Primetime. Schöner Verfall was unser Fernsehprogramm die letzten Jahre so erfahren durfte. Nach längerem Suchen findet er dann doch noch einen typischen TV Krimi, den er sich gezwungenermaßen ansieht. Der Film war just zu ende, als Axel die Antwort von Matze per Mail erhält. Wie Axel sich gedacht hat, ist er am Abend, nachdem er seine Freundin besucht hat, wieder aufnahmefähig für die wildesten Geschichten.
“Diese Edelstahlklappe ist schon interessant, sieht ja schon fast Hightech mäßig aus. Die wird wohl nur von innen zu öffnen sein” bestätigte Matze den Gedanken von Axel.
“Aber so eine riesen Tür. Da passt ja ein kleiner LKW rein, wenn ich mir die Maße so ansehe.”
“Ja das stimmt. Ist schon sehr groß. Schon eine seltsame Geschichte.”
“Und stell Dir vor, als ich mich im Garten weiter umgesehen habe, bin ich überall unter dem Gras auf Beton gestoßen”.
Mittlerweile sind Axel und Matze auf WhatsApp geswitcht. Geht einfach smoother von der Hand beim schnellen Gedankenaustausch.
“Dieses Grundstück muss fast unterkellert sein. Und nicht nur ein kleines Stück.”
Matze kann den Gedankengang von Axel nachvollziehen.
“Aber warum unterkellert man ein ganzes Grundstück?”
Als Axel noch mal über die gesamte Fläche dort nachdenkt, kommt er zu dem Schluss, dass es leicht mehr als 2000 Quadratmeter sein müssen. Eher schon nahezu 3000. Das ist verdammt viel Kellerfläche. Komisch ist das schon.
“Hattest Du nicht mal einen guten Freund, der bei der Post gearbeitet hat? Oder war das irgendein anderer Paketdienst? Hast Du da noch Kontakt?”
Die Fragen sprudeln gerade so aus Axel raus.
“Ja, immer noch” antwortet Matze. “Beides. Einer ist bei der Post, der Andere bei UPS glaube ich. Warum?”
“Meinst Du nicht, dass Du die mal fragen kannst, ob sie uns Auskunft über Sendungen geben können? Also alles was an Paketen vor rund fünf oder sechs Jahren, bis vor circa einem halben Jahr dort angeliefert wurde?”
Axel wird unruhig. Es kribbelt in ihm.
“Fragen kann ich die beiden schon. Allerdings denke ich, dass das aus Datenschutzgründen nicht ganz so einfach sein wird. Müsste dann wahrscheinlich schon leicht inoffiziell erfolgen.”
“Na ja, wir tun doch Niemandem was Böses. Wäre nur rein interessehalber :-)”
“OK ich werde die Beiden fragen. Interessiert mich jetzt auch.”
“TOP” antwortete Axel mit einem abschließenden „Thumbs Up“.
Er ist sich relativ sicher, dass Matze jetzt auch ein wenig Lunte gerochen hat. Er kennt ihn schon so lange.
“Bis bald” verabschiedet sich Matze.
“Dito” schreibt Axel und widmet sich wieder seinem drittklassigen TV Programm. Nach ein paar Minuten reicht es ihm. Er switcht auf die Filmdatenbank und macht sich auf die Suche nach vernünftiger Unterhaltung. Nach kurzer Zeit wird er fündig. Ein schöner Star Wars Film geht immer. Episode 4, also der erste Teil der alten Trilogie. Nach mehr als zwei Stunden bester Unterhaltung ist der Film zu Ende. Axel trinkt noch den letzten Schluck aus seinem Glas und wandert danach direkt ins Bett.
Um 9 Uhr am nächsten Tag wacht Axel auf. Was wird der Sonntag bringen, überlegt er, als er sich ins Bad begibt. Heute lässt er mal fünf gerade sein. Ein bisschen Ruhe schadet nicht. Die kommende Woche wird eh wieder stressig genug. Zum Frühstück beschränkt er sich auf den Standard. Zwei Scheiben Toast. Eines Sonntags eigentlich nicht würdig. Nachdem Axel sein eher unspektakuläres Frühstück beendet hat, klappt er sein Laptop auf, um die Bilder von gestern auf den Screen zu holen. Er wirft noch mal einen genauen Blick darauf. Er hat nahezu 30 Bilder von seiner Erkundung gemacht. Diese Edelstahltüre, -klappe, was auch immer, lässt Axel keine Ruhe. Da fällt ihm eine komfortable Möglichkeit ein, die Google bietet. Die Suche nach Bildern anhand eines Musters. Also Rechtsklick auf das Bild und im Kontextmenü ‘mit Google nach Bild suchen’ ausgewählt. Eine der wohl besten Funktionen, die Google entwickelt hat. OK, das gleiche Bild hat Google nicht gefunden. Ist ja auch nachzuvollziehen. Allerdings bietet Google die Möglichkeit ‘ähnliche Bilder anzeigen’. Das ist genau die Funktion, die Axel jetzt benötigt. Nach einem Klick werden viele vergleichbare Bilder angezeigt.
Eines davon, das dem Bild von Axel sehr nahe kommt, nimmt er genauer unter die Lupe. Es handelt sich um eine hydraulisch zu bedienende Klappe in Ausführung Edelstahl. Diese Klappe gibt es in vielen unterschiedlichen Größen. Die von Axel fotografierte, ist eine der größten verfügbaren Versionen. So eine Vorrichtung ist sicher nicht zufällig dort installiert. Axel ist fast sicher, dass unter dem Grundstück eine Art großer Lagerraum sein muss. Durch diese Klappe wurden vielleicht früher Waren in die Räumlichkeiten transportiert? Er wollte heute eigentlich entschleunigen. Aber mit derartigen Fakten in der Hinterhand kann er die Situation nicht auf sich beruhen lassen.
Er muss das Herausgefundene sofort Matze mitteilen. Schnell das E-Mail-Programm geöffnet und ein paar Zeilen geschrieben. Mal sehen, was Matze darüber denkt. Zu gerne würde er ebenfalls wissen, wie weit das von seinem Kumpel programmierte Tool für eBay bereits fertiggestellt ist. Beim letzten Treffen erwähnte Matze ja, dass noch einige Kleinigkeiten zu optimieren sind. Axel will jetzt nicht mit der Tür ins Haus fallen und wartet lieber ein wenig mit der Frage nach dem Grad der Fertigstellung. Er ist sicher, dass Matze, wenn er diese Software bereits im Gespräch erwähnt hat, mit Hochdruck daran arbeitet. Wenn er etwas anfängt, zieht er das auch durch. Kann also nur eine Frage von vielleicht zwei oder drei Tagen sein. Vielleicht noch eine Woche. Mehr nicht. Das würde nicht zu Matze passen.
Wie er das aber genau bewerkstelligen will, mit der ganzen Options- und Funktionsvielfalt, kann sich Axel, zumindest bisher, nicht genau vorstellen. Allerdings geht ihm dieses Tool, seit er davon erfahren hat, nicht mehr richtig aus dem Kopf. Wäre schon super interessant hiermit die ein oder andere Auktion einmal näher zu durchleuchten.
Umso mehr er über diese Software nachdenkt, ertappt er sich dabei wie seine Gedanken erneut um die total überhöhten Preise kreisen. Diese völlig gestörten Preise, die seit wenigen Jahren, gegen alle Regeln der Vernunft, sich immer weiter ausbreiten. Fast wie eine ansteckende Krankheit. Eine Ausübung des Hobbys alte Videospiele, ist teilweise nur noch durch enormen finanziellen Aufwand zu meistern. Vorbei ist die Zeit, als es noch möglich war gemütlich über den Flohmarkt zu gehen und dort mit wenig Geld ein Schnäppchen zu machen.
Viele Plätze zum Meinungsaustausch im Internet sind voll mit Usern, die sich als eine Art Elite sehen. Die klassischen Spiele und Konsolen erscheinen mittlerweile so, wie früher die typische Rolex am Handgelenk. Schaut her, was ich mir leisten kann. Ich spiele dieses Spiel zwar nicht, aber ich habe es im Regal stehen. Neben anderen Spielen, die ich nie spielen werde. Aber auch diese Spiele sind so selten, dass ich sie haben muss um sie in den unterschiedlichen Foren der breiten Allgemeinheit preiszugeben. Diese Spiele sind natürlich alle in Originalverpackung. Nur Spiele in Originalverpackung sind es wert gesammelt und nie gespielt zu werden. Axel merkt bei all diesen Gedanken, dass sein Puls leicht aber stetig ansteigt. Dass er schon wieder dabei ist, sich über dieses elitäre Gehabe vieler selbst ernannter Spezialisten aufzuregen. Reg’ Dich wieder ab Axel, denkt er für sich selbst. Bringt ja eh nichts. Ach ja, um noch mal auf die Rolex zurückzukommen. Die wurde wenigstens zur Feststellung der Uhrzeit genutzt, setzt er noch einen Gedanken oben drauf.
Nach zehn Minuten ist Axel wieder auf Normalmodus heruntergefahren. Ruhig wie meistens. Er geht in den Vorratskeller und holt sich eine Dose Energy Drink. Er braucht zwar keine Energie im Moment, aber dieses süße Zeug schmeckt doch so gut. Vorausgesetzt die Dose wurde im Kühlschrank gelagert. In Raumtemperatur ist es eher kein Genuss das chemisch schmeckende Etwas durch die Kehle rinnen zu lassen.
Was ist jetzt mit Matze? Sonst schreibt er ja auch innerhalb kürzester Zeit zurück. Egal, er schaltet, um ein wenig Abstand zu den Retrospielen zu bekommen, die Xbox One ein. Das hat so gar nichts von Retro und ist eine nette Abwechslung. Nach einer Runde Autorennen auf der Xbox reicht es ihm. Ein Blick auf seine E-Mails zeigt, dass Matze endlich geschrieben hat.
“Das ist ja echt cool.”
Axel merkt an den beantworteten Zeilen, dass sein Kumpel jetzt echtes Interessen an der geschilderten Entdeckung zeigt. Alles andere hätte ihn auch gewundert.
“Und jetzt?” fragt Matze.
“Keine Ahnung. Es würde mich schon brennend interessieren, was dort genau Sache ist. Ich möchte zu gerne einmal einen Blick in das Haus werfen.”
Matze schickt einen Smiley.
“Willst Du vielleicht in der Nacht einsteigen?”
“Wäre zumindest sehr interessant.”
“Ne, das ist jetzt nicht Dein Ernst.”
“Na ja, manifestiert ist das nicht. Wäre aber die einzige Möglichkeit ein bisschen mehr zu erfahren. Deine Bekannten bei Post und UPS hast noch nicht erreichen können, dass die mal nachsehen, was da so geliefert wurde in den letzten Jahren?”
“Nein noch nicht. Mach ich kommende Woche.”
Axel freut sich. “Das klingt gut.”
Er schreibt noch ein paar weitere Zeilen und verabschiedet sich.
Für heute hat er genug von Entdeckungen. Er will zumindest für den Rest des Tages einen ruhigen Sonntag verbringen. Die Idee, das Haus einmal von innen zu sehen, beschäftigt ihn doch ziemlich. Wie soll er das anstellen? Gut, es scheint ja echt schon lange leer zu stehen. Wohnen wird dort zur Zeit, wahrscheinlich niemand. Aber trotzdem möchte er gerne die Aktivitäten rund um das Haus im Vorfeld genauer beobachten. Wie das genau funktionieren soll, weiß er im Moment noch nicht. Hier benötigt er zuerst eine zündende Idee.
Die nächsten Tage verlaufen ruhig für Axel. Matze hat die Infos zu den gelieferten Paketen der letzten Jahre noch nicht parat. Er selbst muss sich wieder durch eine Menge nerviger Themen im Job wühlen. Er ist der Meinung, dass es echt mal Zeit für einen Urlaub wäre und schiebt weiterhin die verschiedenen Texte und Grafiken im Layout-Programm umher. Zuviel Schlaf war es die letzten Tage auch nicht.
“Gibt’s eigentlich frischen Kaffee?”
“Ja, hab gerade einen aufgestellt!” tönt es aus der Azubi-Ecke.
“Na dann ist‘s ja gut. Hoffentlich einen für Erwachsene!” scherzt Axel.
“Klar, 6 Löffel für 6 Tassen. Hast Du mir ja gelernt!”
Er lacht. “Wenigstens etwas, was ich Dir vernünftig gelernt habe.”
Während er noch belanglos mit dem Azubi plaudert, macht sich seine Smartwatch bemerkbar. Matze hat geschrieben. Axel tippt sofort den Screen an, damit er die Nachricht direkt auf der Uhr lesen kann.
“Servus Axel! Hab meine zwei Kumpanen erreicht. Der von DHL schaut im Laufe der Woche noch, was er alles rausfindet. Er kann irgendwie an die Daten der letzten Jahre ran, hat er gemeint. Der andere schaut auch nach. Da ist es aber etwas schwerer. Aber bisschen was findet er schon, hat er gesagt. Kannst mich ja morgen oder übermorgen am Abend mal kurz anmailen, wenn Du von der Arbeit Zuhause bist. Dann habe ich vielleicht schon ein paar Infos ;-) CU”
Das sind coole News für Axel. Er klickt die Nachricht auf der Uhr weg.
“Kannst Du mit Deiner Uhr auch Dein Auto herrufen?” fragt auf einmal einer seiner Kollegen und lacht.
Axel grinst. “Nein, aber telefonieren und die Heizung im Auto starten. Und wenn ich ganz nett zur Uhr bin, redet sie sogar mit mir.”
“Jaja, der Axel und sein technisches Spielzeug!” mischt sich noch ein weiterer Kollege mit ins Thema.
Axel freut sich, dass er in dieser kleinen Firma arbeitet. Alle Kollegen sind nett. Nur Männer! Da darf auch einmal ein total sinnloser Dialog stattfinden, ohne dass einen böse Blicke, am liebsten direkt in die Hölle befördern möchten.
Dieser Tag geht ebenso schnell vorbei wie viele der letzten Tage. Kaum beginnt Axel in der Früh zu arbeiten, ist auch schon die Mittagszeit erreicht. Heute will er zum Asiaten. Wenig Kalorien und doch lecker. Das geht nur mit Sushi. Und das gibt’s eben nur dort. Er geht zum Auto, steigt ein und startet den Motor. Nach rund 10 Minuten Fahrt ist er von seinem Arbeitsplatz, leicht außerhalb der Stadt, direkt im Zentrum angekommen. Parkplatz ist unter der Woche kein Problem. Er stellt sein Auto ab. Zwei Minuten später betritt er das asiatische Restaurant. Das Personal kennt ihn bereits seit längerer Zeit und freut sich immer, wenn er seine Mittagszeit dort verbringt. Kaum an seinem Tisch angekommen bewegt sich seine Hand direkt in die Jackentasche zum Handy.
Noch bevor die Bedienung die Bestellung aufnehmen kann, checkt Axel bereits seine Mails. Prompt erscheint eine Meldung vom Google Kalender. Kommenden Samstag ist der große Flohmarkt in seinem Heimatort. Das hätte er jetzt fast vergessen. Axel muss ja seine Kisten noch herrichten, schießt es ihm in den Kopf. Er geht öfter auf Flohmärkte. Meistens nur zum Schauen. Irgendwo gibt es ja vielleicht doch noch das EINE spezielle Schnäppchen.
Der Flohmarkt bei ihm im Dorf ist sehr angesagt. Er findet in einer leicht außerhalb gelegenen, großen Mehrzweckhalle statt. Als einheimischer Aussteller klappt es aber immer sehr gut mit einem Platz für die eigenen Tische. Dieser Markt ist einer der wenigen Märkte auf dem Axel selbst Sachen verkauft. Bis jetzt hat es dort immer gut geklappt mit den Geschäften. Während er noch überlegt, was genau er alles einpacken wird, steht die kleine Asiatin bereits bei ihm am Tisch. “Bestellung bitte.” sagt sie freundlich. Axel zeigt in der Speisekarte auf die entsprechenden Positionen. Es hat sich gezeigt, dass es so keine bösen Überraschungen gibt, wenn das Essen später zum Tisch gebracht wird.