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»Wer vegan lebt, dem fehlen doch viele Nährstoffe!« Das oder ähnliches müssen sich Veganer:innen regelmäßig anhören. Noch dazu, wenn sie sich im Wachstum befinden, für einen Halbmarathon trainieren oder schwanger sind. Für alle, die wirklich wissen wollen, wie eine pflanzenbasierte Ernährung sie optimal mit Nährstoffen versorgt, für den wird »Der Vegan-Doc« der neue Kompass. Dr. Markus Kolm stützt sich dabei auf die aktuellen wissenschaftlichen Studien zu den Themen Nährstoffbedarfsdeckung und gesundheitliche Vorteile durch pflanzliche Ernährung. Gemeinsam mit Bestsellerautor Dr. Ronny Tekal bringt er nun ein Buch heraus, das alle wesentlichen Fragen rund um eine gesunde vegane Ernährung in allen Lebenslagen beantwortet. Ohne moralische Bewertung. Evidenzbasiert. Auf dem neuesten wissenschaftlichen Stand. Eben ein Arzt für alle Fälle!
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Seitenzahl: 151
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Dr. Markus Kolm mit Dr. Ronny Tekal
DERVEGAN-DOC
FÜR ALLE FÄLLE
Persönliches Vorwort
Kein Fleisch – viele Fragen
TEIL 1: VEGAN! WAS STECKT DAHINTER?
Eins, zwei, drei, vier – ohne Tier
Vegan ist das neue Vegetarisch
Was heißt eigentlich „vegan“?
Vegane Ernährung mit vollem Wert
Was ist eigentlich die Nährstoffdichte?
Wertvolle Kost
Warum ausgerechnet Veggie?
Ist das so ein Spleen? Motive für Veganismus
Auch ein Grund: Vegan fürs Klima
Vegan – das ist mir zu teuer
Kosten im Vergleich
TEIL 2: REISE DURCH DIE WELT DER NÄHRSTOFFE
Wie gesund ist vegane Ernährung wirklich?
Clever planen – Gesundheit fördern
Vegan leben ist heute einfacher
Was sind „kritische“ Nährstoffe?
Makronährstoffe
Nährstoffe im Blick
Fette
Unterschiedlich wertvoll
Besonders beachtenswert: Omega-3-Fettsäuren
Protein
Top 4 der pfanzlichen Proteinquellen
Kohlenhydrate
Ballaststoffe
Beachtlich: Was Ballaststoffe alles können
Mikronährstoffe
Mineralstoffe
Vitamine
Sinnvolle Laborwerte bei veganer Ernährung
Welche Laborwerte brauche ich?
Spezielle Laborwerte, die bei veganer Lebensweise sinnvoll sind
TEIL 3: PFLANZENPOWER: NAHRUNG UND MEDIZIN
Veganismus: Schutzschild für bessere Gesundheit
Mehr Wohlbefinden durch Pflanzenpower
Vegane gesundheitliche Vorteile auf einen Blick
Pflanzenbasierte Kost als Schutzschild gegen Übergewicht
Pflanzenbasierte Kost als Schutzschild gegen Bluthochdruck
Pflanzenbasierte Kost als Schutzschild gegen Fettstoffwechselstörungen
Pflanzenbasierte Kost als Schutzschild gegen Diabetes mellitus
Pflanzenbasierte Ernährung als Medizin
„Lass Nahrung deine Medizin sein“
Top 10 der Medikamente aus dem pflanzlichen Arzneischrank
TEIL 4: VEGAN IN ALLEN LEBENSPHASEN
Vegan für alle?
Das sagen die Fachgesellschaften
Vegane Schwangerschaft
Vegan besser schwanger
Ernährung in der Schwangerschaft: vollwertig und kaloriendeckend
Das richtige Maß
Die kritischen Nährstoffe in der Schwangerschaft
Vegane Stillzeit
Besonderheiten in der Stillzeit
Vegane Beikost
Mehr Nährstoffe – weiter Stillen
Nährstoffbedarf für vegane Babys
Vegane Kindheit
Wichtig: Genug Kalorien für Kinder
Kritische Nährstoffe im Wachstum
Der optimale Ernährungsteller für Kinder
Vegan Trainieren
Pflanzliche Power
Ernährung im Leistungssport
TEIL 5: VEGAN ESSEN
Einkaufen mit dem Vegan-Doc
Fertigprodukt ist nicht gleich Fertigprodukt
Der vegane Einkaufskorb
Ein Lebensmittelkorb voller Zutaten für eine ausgewogene vegane Ernährung
Wie empfehlenswert sind pflanzliche Alternativprodukte?
Tierisch gut versteckt!
Veganes Superfood
Kochen mit dem Vegan-Doc
Schneiden, Garen, Kombinieren – für bessere Nährstoffaufnahme
Vorsicht – Abwehrstoffe der Nährstoffaufnahme
Essen gehen mit dem Vegan-Doc
Vegan im Restaurant
Quellen
Dank
Impressum
Gesunde, vegane Ernährung bedeutet nicht nur, beim Schinken-Käse-Toast Schinken und Käse einfach wegzulassen. Das mag zwar dem Tier nützen, nicht jedoch dem Menschen. Wer auf tierische Produkte verzichten will, sollte eine ausgewogene, vollwertige, pflanzenbasierte Kost anstreben. Und auch ein Auge auf potentiell kritische Nährstoffe haben. Klingt kompliziert? Ist es aber nicht. Und in diesem Buch erfährst du, wie es funktioniert – in allen Lebensphasen.
Eine besondere Ehre ist es uns, dass Ernährungsexperte Markus Keller noch ein paar einleitende Worte beisteuert. Ein Pionier in der Forschung zur veganen Ernährung, der in Deutschland zahlreiche Studien durchgeführt und veröffentlicht hat, die sich mit den gesundheitlichen Auswirkungen und den ernährungswissenschaftlichen Aspekten einer veganen Ernährung befassen. Er ist also nicht bloß ein Ernährungswissenschaftler, der die vegane Kost so ganz nebenbei in seinen Untersuchungen mal mitnimmt, sondern gilt als einer der führenden Experten auf diesem Gebiet und war der weltweit erste Professor für vegane Ernährung. Um dir zu zeigen, dass die Empfehlungen in diesem Buch nicht nur Hand und Fuß, sondern auch einen Kopf haben, hier ein kleines Vorwort von ihm.
Markus Kolm und Ronny Tekal
Vorwort von Dr. Markus Keller, Ernährungswissenschaftler und Leiter des Forschungsinstituts für pflanzenbasierte Ernährung (IFPE), Gießen, Deutschland
Vegane Ernährung ist alles andere als nur der Verzicht auf tierische Produkte. Es geht vielmehr darum, bewusster zu essen, sich mit den Lebensmitteln, die man zu sich nimmt, auseinanderzusetzen und darüber hinaus auch die vielen Vorteile einer pflanzenbasierten Kost schätzen zu lernen. Denn neben dem Potential, die eigene Gesundheit zu erhalten und zu verbessern bergen diese Ernährungsformen auch die große Chance, mit den Ressourcen unserer Erde achtsam umzugehen, ganz ungeachtet dessen, dass wir damit Tierleid vermeiden können. In der derzeitigen Diskussion um Nachhaltigkeit und Klimawandel und der Bedeutung lokaler, regionaler und globaler Lösungsansätze ist die vegane Lebensweise eine passende Antwort. Denn eine pflanzliche Ernährung verbraucht erheblich weniger Ressourcen als eine übliche fleischbasierte Ernährung. Das Meiden von tierischen Lebensmitteln trägt zur Verringerung unseres ökologischen Fußabdrucks erheblich bei, sei es beim Thema Landnutzung, Wasserverbrauch oder Treibhausgase. Alleine das ist für viele Menschen schon ein guter Grund, sich für eine pflanzenbasierte Kost zu entscheiden.
Ist vegane Ernährung aber tatsächlich auch gesünder? Nun, das ist als Ernährungswissenschaftler nicht eindeutig zu beantworten. Denn wie bei vielem im Leben gilt auch hier: Es kommt darauf an. Eine rein pflanzliche Ernährung kann sehr gesundheitsfördernd sein, wenn sie vollwertig und abwechslungsreich zusammengestellt wird. Besonders die ausreichende Versorgung mit kritischen Nährstoffen wie Vitamin B12, Kalzium, Eisen, Zink oder langkettigen Omega-3-Fettsäuren muss sichergestellt sein, um keine gesundheitlichen Schäden davonzutragen. Einige dieser Nährstoffe kommen in Pflanzen nicht, in geringeren Mengen oder in niedrigerer Bioverfügbarkeit vor. Dennoch kann die Zufuhr durch eine gut geplante und geschickte Lebensmittelauswahl sowie eine sinnvolle und notwendige Nahrungsergänzung sichergestellt werden. Zusätzlich kann der Status besonders relevanter Nährstoffe regelmäßig durch Blutuntersuchungen überprüft werden. Derartige Kontrollen können helfen, potentielle Mängel frühzeitig zu erkennen und gezielt zu beheben.
Das oftmals genannte Argument, dass eine pflanzliche Kost unvermeidlich zu Mangelerscheinungen führt, lässt sich aus wissenschaftlicher Sicht nicht halten. Im Gegenteil: Zahlreiche Studien zeigen, dass vegane Ernährung viele gesundheitsfördernde Wirkungen haben kann. So sind Veganerinnen und Veganer beispielsweise meist schlanker, haben einen niedrigeren Blutdruck und günstigere Blutfettwerte und weisen ein verringertes Risiko für Typ-2-Diabetes, Herzerkrankungen und Krebs auf. Und zwar ganz unabhängig von der Tatsache, dass sie generell eher einen gesünderen Lebensstil pflegen, sich mehr bewegen oder den Zigaretten abschwören. Richtig durchgeführt, hat eine vegane Ernährung also einige gesundheitliche Vorteile. Probleme können dann entstehen, wenn es an der Umsetzung hapert. Denn schließlich gibt es auch veganes Junk-Food und man wäre schlecht beraten, sich ausschließlich auf diese Weise pflanzlich zu ernähren. Umgekehrt können bei einer omnivoren Ernährung, die unter anderem durch ein Zuviel an tierischen Produkten gekennzeichnet ist, ebenfalls Nährstoffmängel auftreten. Und hier gibt es einige Nähr- und Inhaltsstoffe, mit denen die Durchschnittsbevölkerung schlechter als die Pflanzenfreunde versorgt ist, beispielsweise bei Folat, Vitamin C, Magnesium oder den Ballaststoffen. Zudem ist gut belegt, dass die heute üblicherweise praktizierte Mischkost mit viel Fleisch, Wurst, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz das Risiko für zahlreiche ernährungsmitbedingte Krankheiten erhöht.
Auch die Vorstellung, dass eine pflanzliche Ernährungsweise nicht die nötige Energie oder ausreichend Proteine liefern kann, ist längst widerlegt. Aus den vorliegen Untersuchungen – einschließlich unserer eigenen Studien – wissen wir, dass Veganerinnen und Veganer hier sogar am ehesten den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft zur Ernährung (DGE) gerecht werden. Vor allem Hülsenfrüchte, aber auch Getreide, Soja, Nüsse und Samen stellen ausreichend Eiweiß zur Verfügung. Die Kenntnis um die geschickte Kombination dieser Lebensmittel hilft, die biologische Wertigkeit, also die Nutzbarkeit des Proteins im eigenen Körper, zu verbessern.
Ärztinnen und Ärzte, die sich mit veganer Ernährung unvoreingenommen auseinandersetzen und auch eine entsprechende Expertise haben, sind leider rar gesät. Dabei wäre es für vegan lebende Menschen von großem Wert, auch von dieser Seite entsprechende Unterstützung zu erfahren. Vor allem, wenn es um sensible Lebensphasen geht, etwa Schwangerschaft, Stillzeit und Kindheit, ist es wenig hilfreich, in der ärztlichen Beratung ein „sicherheitshalber sollten Sie jetzt Milch und Eier ergänzen“ zu hören. Denn die meisten Veganerinnen und Veganer haben sich aus ethischer Sicht für ihre Ernährungsweise entschieden – und wechseln dann lieber den Arzt als die Ernährung. Umso erfreulicher ist es, dass Markus Kolm mit seinem Kollegen Ronny Tekal nun ein Buch dazu verfasst hat. Durch ihre Erfahrungen bei der medizinischen Beratung von vegan lebenden Menschen kennen sie die häufigsten Fragen und die klassischen Irrtümer rund um das Thema und beantworten sie leicht verständlich und mit einer Prise Humor – ein „Spurenelement“, das auch bei der veganen Ernährung nicht fehlen sollte!
Es zahlt sich aus, sich mit den Grundlagen und besonderen Herausforderungen der Nährstoffversorgung bei pflanzlicher Kost auszukennen. Das vorliegende Buch zeigt sehr schön, worauf es dabei, aus ärztlicher Sicht, ankommt. Besonders wichtig sind in dieser Hinsicht auch die speziellen Anforderungen in bestimmten Lebensphasen, von der Kindheit bis ins hohe Alter, von der Schwangerschaft bis zur Stillzeit, vom Hobbytraining bis zum Spitzensport. Dabei haben die Autoren stets die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse im Blick, damit Sie sich hier gut aufgehoben fühlen können.
So wünsche ich allen Leserinnen und Lesern mit dem Buch viel Vergnügen und zahlreiche neue Erkenntnisse, welche Nährstoffe wir im Blick haben sollten, welche Lebensmittel auf den veganen Teller gehören und wie wir den optimalen Gesundheitsnutzen aus einer pflanzlichen Kost herausholen können.
Markus Keller
Damit wäre schon vieles zum Thema angeteasert. Nun geht es an die Umsetzung. Und wir werden euch nun Stück für Stück all jene Fragen beantworten, die wir in der Praxis, in Bezug auf vegane Ernährung, gestellt bekommen.
Zuvor wollen wir die noch kurz die privaten Türen der Ordination öffnen und in einem kleinen Word-Rap zeigen, welcher Vegan-Mensch hinter dem Vegan-Doc steht.
Warum lebst du vegan?
MK: Ganz klar: aus ethischen Gründen. Mein Ziel ist es, vermeidbares Tierleid zu reduzieren.
Hat dein Beruf als Arzt auch etwas damit zu tun?
MK: Das ist für mich der zweite Grund. Veganer:innen leben in der Regel auch gesünder. Das geht klar aus großen Studien hervor.
Ist „vegetarisch“ zu wenig?
MK: Für mich ist auch die Herstellung von Milch und Milchprodukten mit enormem Tierleid verbunden. Man kann es ausblenden und sich denken, dass der Kuh nicht geschadet wird, bei näherer Betrachtung ist es aus meiner Sicht jedoch unethisch. Kühe sind Säugetiere. Da liegt es in der Natur der Sache, dass sie nur Milch nach der Geburt eines Kalbes geben. Die Kälber werden dann von der Mutterkuh getrennt. Wenn es sich um ein männliches Tier handelt, wird es nach sechs Monaten geschlachtet und als Kalbfleisch verkauft. Weibliche Tiere landen ebenfalls in der Milchindustrie. Nimmt die Milchleistung nach etwa fünf Jahren ab, wird auch eine Milchkuh geschlachtet.
Länder wie Österreich produzieren ein Übermaß an Kälbern, so kommt es zum Kälberexport bis in weit entfernte Länder wie der Türkei oder dem Libanon.
Wie stehst du zu veganen Fertigprodukten?
MK: Ich kaufe bewusst alternative Fleischprodukte und andere tierfreie Artikel, auch um zu zeigen, dass dafür eine Nachfrage besteht. Ich sehe den Einkaufszettel als Stimmzettel. Der Markt reagiert auf Nachfrage. Und der Blick auf die Zutatenliste zeigt: Es gibt Produkte mit einem geringen ernährungsphysiologischen Wert. Aber es gibt auch eine Reihe durchaus empfehlenswerter Waren. Bitte nicht alle in einen Topf werfen.
Warum müssen die Alternativprodukte unbedingt so aussehen und so schmecken wie ein Schnitzel oder eine Wurst?
MK: Auch ich bin ernährungsmäßig kulturell und sozial geprägt. Ohne einer ordentlichen Portion Gewürze würden übrigens auch viele Fleischprodukte kaum Abnehmer finden. Mir schmecken die Dinge, die hierzulande als „Hausmannskost“ bekannt sind. Nur weil ich aus ethischen Gründen auf tierische Produkte verzichten will, muss ich nicht auch auf Geschmack verzichten.
Gibt es einen Geschmack, den du vermisst?
MK: Sushi und Fisch. Das habe ich geliebt. Allerdings gibt es mittlerweile gute pflanzliche Alternativen, etwa veganen Thunfisch. Gemeinsam mit Sojasauce und den Nori-Blättern für die Maki kommt man da geschmacklich gut hin.
Lebst du auch abseits der Ernährung vegan?
MK: Veganismus beschränkt sich bei mir nicht nur auf meine Ernährung. Ich bin da sehr achtsam. Seit Langem vermeide ich Produkte aus Leder oder Wolle, weil auch dahinter oft großes Tierleid steckt. Selbst beim Kauf eines neuen Autos schaue ich, was im Innenraum verwendet wird. Man sitzt auch auf nicht-tierischen Materialien gut.
Wie militant ist der Vegan-Doc?
MK: Ich betrachte mich nicht als militant. Ich kläre auf, wenn ich gefragt werde. Aber ich dränge niemandem meine Lebensweise auf. Das führt oft zu Widerstand und könnte dem Veganismus schaden. Wenn mir tierische Produkte angeboten werden, lehne ich höflich ab, ohne ungefragt Erklärungen zu leisten.
Dein Tipp: Wie bringt man die Botschaft am besten rüber?
MK: Jede Veränderung erfordert Kraft und die Bereitschaft, sich mit neuen Gewohnheiten auseinanderzusetzen. Wenn ich Ratschläge zum Veganismus gebe, bevorzuge ich einen gemäßigten Ansatz. Ich lade Freunde zum Essen ein und überrasche sie oft mit der Qualität veganer Speisen. Ich glaube, das ist eine gute Methode, um als Vorbild zu wirken und zu zeigen, dass Veränderung möglich ist, ohne radikal zu sein.
Ich beobachte, dass Veganer gerne angefeindet werden. Woran liegt das deiner Meinung nach?
MK: Das Thema Veganismus führt oft zu Ablehnung, weil es Menschen mit ihrem eigenen moralischen Dilemma konfrontiert. Viele bezeichnen sich als tierlieb, konsumieren aber weiterhin tierische Produkte, was ein innerer Widerspruch ist. Ich sehe das eher entspannt, es muss nicht jeder mit meiner Art zu leben einverstanden sein. Aber vielleicht denkt sich jemand: Sieh an, ein Arzt, der selbst vegan lebt – das kann dann so ungesund nicht sein.
Ist es schwer, vegan zu leben?
MK: Jede Veränderung kostet Kraft. Die bis dato erlernte und gewohnte Ernährung abzuändern, bedeutet anfangs einen gewissen Aufwand. Wenn man sich jedoch dazu entschieden hat, keine tierischen Produkte mehr zu konsumieren und man seinen Alltag durch diesen Filter zu sehen beginnt, bieten sich zahlreiche Möglichkeiten. Mit der Zeit kennt man im Supermarkt die Produkte und weiß, wohin man greifen kann.
Warum braucht es einen Vegan-Doc?
MK: Ich zeige, dass eine vegane Ernährungsweise nicht nur möglich, sondern auch gesund ist – wenn man es richtig angeht und weiß, worauf man achten muss. Wie das geht, verrate ich in diesem Buch.
Was wünscht man einem veganen Arzt zum Essen?
MK: Mahlzeit!
TEIL 1
Eins, zwei, drei, vier – ohne Tier
Vegane Ernährung mit vollem Wert
Warum ausgerechnet Veggie?
Vegan – das ist mir zu teuer
Jede zehnte Person in Deutschland verzichtet mittlerweile auf Fleisch, rund zwei Prozent der hiesigen Bevölkerung ernährt sich gänzlich ohne tierische Produkte. Gerade die Vertreter der Generation Z können sich eine vegetarische oder vegane Lebensweise sehr gut vorstellen und ziehen das – zum Leidwesen besorgter Eltern – auch durch. Zudem greifen immer mehr Flexitarier im Supermarkt zu Fleischalternativprodukten und werfen statt dem Steak aus der Hüfte den Burger aus Erbsen auf den Grill.
An die Existenz von Vegetarier:innen hat sich die Gesellschaft bereits gewöhnt: Weder beim Bestellen im Gasthaus noch beim Vorstellen bei Hausarzt oder Hausärztin wird man mit vorwurfsvollen Blicken bedacht. Derweil sieht die Situation für vegan lebende Menschen anders aus. Vor allem, wenn es sich um Personen in sensiblen Lebensphasen wie beispielsweise Schwangerschaft, Kindheit oder Jugend (Adoleszenz) handelt. Haben die kritischen Stimmen recht, die behaupten, eine vegane Lebensweise wäre ohne angeschlossene Intensivstation nicht möglich?
Wer sich entschließt, nicht nur den fleischlichen, sondern auch den anderen tierischen Genüssen abzuschwören, ist mit einer ganzen Reihe unterschiedlichster Fragen konfrontiert: Ist die Versorgung mit potenziell kritischen Nährstoffen, so ganz ohne Fleisch, Eier oder Milch, gewährleistet? Woran erkenne ich mögliche Mangelzustände? Wie kommt man an das lebensnotwendige Vitamin B12? Und sind industriell gefertigte Fleischalternativprodukte tatsächlich die bessere Alternative?
Im Folgenden sollen nun all jene Fragen beantwortet werden, die für vegan lebende Personen – oder solche, die es noch werden wollen – relevant sind. Evidenzbasiert und umfassend, für ein gutes Gewissen nicht nur den Tieren, sondern auch dem eigenen Körper gegenüber.
Veganismus beschreibt eine Ernährungsweise, die rein auf pflanzlichen Lebensmitteln basiert. Damit weicht sie von der üblichen westlichen Mischkost ab. Für viele ist Veganismus sogar ein Lebenskonzept, das darauf abzielt, vermeidbares Tierleid zu reduzieren. Die Gruppe der Menschen mit einer veganen Lebensweise ist dabei keineswegs homogen.
Veganismus wird den „alternativen Ernährungsformen“ zugeordnet und unterscheidet sich deutlich von der „Hauptsachees-schmeckt-Kost“.
Einige beschränken sich auf eine Kost, die auf tierische Produkte verzichtet, haben jedoch kein Problem mit edlen Weinen, die womöglich mit der Hilfe von Gelatine geklärt wurden. Hauptbestandteil von Gelatine ist Kollagen – ein Stoff, der in Haut, Knochen oder Bindegeweben von Tieren vorkommt. Hier ist das tierische Lebensmittel nicht im Endprodukt (Wein) zu finden, sondern kommt im Rahmen der Produktion als Hilfsstoff zum Einsatz.
Andere wiederum achten selbst beim Olivenöl darauf, dass es handverlesen hergestellt wurde, und keine Erntemaschinen den Vögeln nachts die Hölle heiß gemacht haben. Es soll jedoch kein Wettbewerb ausgerufen werden, wer nun der „bessere“ Veganer ist.
Die Grundlinie der veganen Ernährung heißt: Vermeidung aller tierischen Produkte, einschließlich Milch, Eier und Honig.
Zum Veganismus gehört auch, generell zu Produkten zu greifen, die schonend mit Lebewesen umgehen. Viele Veganer und Veganerinnen lehnen daher nicht nur Lebensmittel tierischen Ursprungs ab, sondern verzichten auch auf Erzeugnisse wie Leder, Pelz oder Daunen.
Wolle: Das sogenannte „Mulesing“ bei der Gewinnung von Wolle ist eine schmerzhafte Praxis, bei der Schafen Hautstreifen um den Schwanz entfernt werden, um Fliegenbefall zu verhindern. Diese Methode verursacht erhebliche Schmerzen und Stress für die Tiere.
Seide: Die Herstellung des edlen Stoffes erfordert das Töten von Seidenraupen. Die meisten Seidenarten, insbesondere die weitverbreitete Maulbeerseide, werden produziert, indem die Seidenkokons in kochendes Wasser gelegt werden, um die Raupen zu töten und den Faden unbeschädigt zu entwirren. Pro Kilogramm Seide werden etwa 3000 bis 5000 Raupen getötet.
Kerzen: Herkömmliche Kerzen enthalten Bienenwachs oder Stearin, das oft aus tierischen Fetten gewonnen wird.
Kosmetika & Körperpflegeprodukte: Sie werden teilweise an Tieren getestet oder enthalten tierische Stoffe wie etwa Lanolin (aus Schafwolle, auch genannt Wollwachs), Keratin (aus Federn, Hörnern und Wolle), Kollagen (aus Tierknochen und -häuten) oder Karmin (ein Farbstoff aus Cochenilleläusen).
Medikamente: Im medizinischen Bereich ist die Sache schon schwieriger. Zum einen enthalten viele Präparate Gelatine, Laktose (Milchzucker) oder andere Produkte tierischen Ursprungs, zum anderen sind die Substanzen im Tierversuch getestet worden – und hier geht man mitunter nicht sonderlich zimperlich mit den Lebewesen um. Es ist für Veganer und Veganerinnen eine ethische Zwickmühle. Da jedoch zurzeit in vielen Fällen keine Alternativen zur Verfügung stehen, wäre es medizinisch nicht vertretbar, deshalb auf lebensnotwendige Medikamente zu verzichten.
Es gibt mittlerweile viele Unternehmen und Marken, die sich auf vegane und tierversuchsfreie Produkte spezialisiert haben. Das macht es einfacher, tierfreundliche Entscheidungen zu treffen.
DU BIST, WAS DU ISST: KLEINE VORSTELLUNGSRUNDE
Omnivore (Mischköstler:innen): Essen nicht nur alles quer durch den Gemüsegarten, sondern auch alles quer durch den Tiergarten.
Flexitarier:innen: Essen hauptsächlich vegetarisch, konsumieren aber gelegentlich Fleisch oder Fisch.
Vegetarier:innen: Vermeiden Fleisch und Fisch, konsumieren aber tierische Produkte wie Milch- und Milchprodukte, Eier und Honig. Sie heißen auch Lacto-Ovo-Vegetarier:innen.
Ovo-Vegetarier:innen: Essen Eier, aber keine Milchprodukte.
Lacto-Vegetarier:innen: Essen Milchprodukte, aber keine Eier.