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Ausnahmsweise darf die Detektei Anton eine Woche früher in die Weihnachtsferien starten: Gemeinsam mit Familie Schmickler fliegen Ronny und Sophia in die USA, um Tabeas Verlobung und das Weihnachtsfest zu feiern. Doch von Frieden auf Erden keine Spur! Jemand scheint der Detektei auf Schritt und Tritt zu folgen. Wie gut, dass sie den vierzehnjährigen Chico mit auf ihren Roadtrip genommen haben. Er rettet Rahel und Sophia aus einer brenzligen Situation. Aber kann der Südamerikaner auch den Anschlag auf Herrn Schmickler verhindern?
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Seitenzahl: 239
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Petra Schwarzkopf
Detektei Anton – Unbegrenzte Möglichkeiten
Band 7
Best.-Nr. 275513 (E-Book)
ISBN 978-3-98963-513-5 (E-Book)
Alle Bibelverse wurden zitiert nach:
Schlachter-Übersetzung – Version 2000
© 2000 Genfer Bibelgesellschaft
1. Auflage (E-Book)
© 2025 Christliche Verlagsgesellschaft mbH
Am Güterbahnhof 26 | 35683 Dillenburg
Satz und Umschlaggestaltung:
Christliche Verlagsgesellschaft mbH
Bildquellen: © iStock/bluejayphoto (Covermotiv)
© freepik.com (Holzschild, Bilderrahmen, Kalender),
freepik/macrovector (Fingerabdruck, Kopf, Tasche),
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freepik/rocketpixel (Linien), freepik/kstudio (Schleife)
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1. Letzte Vorbereitungen
2. Abfahrt
3. Abflug
4. Chicago
5. Wichita
6. Welcome to Hutch!
7. Lazy Days
8. On the road
9. Albuquerque
10. Schnee in Santa Fe
11. Route 66
12. Flagstaff
13. Grand Canyon
14. Hollywood
15. Los Angeles
16. Land der unbegrenzten Möglichkeiten
17. Santa Clarita
18. Mitternacht in Bakersfield
19. In die Falle getappt
20. Friedliche Weihnachten
… ist der Onkel von Silas und Rahel und speziell begabt. Er hat ein partiell fotografisches Gedächtnis, kennt sich mit Pflanzen und Pilzen aus und ist brutal ehrlich. Außerdem besitzt Anton einen Schwerbehindertenausweis, aber eigentlich ist er nur schwer in Ordnung.
Alter:
Das kommt darauf an: 40 Jahre von außen, 8 Jahre von innen
Haarfarbe:
dunkelbraun
Beruf:
Gärtnergehilfe bei den Caritas-Werkstätten
Hobbys:
Borussia Dortmund, Holz hacken, sägen und verkaufen und sein Mini-Auto, den Ellenator, fahren
Beste Freunde:
Hund Caruso und ein paar Kumpels aus der Werkstatt
… ist die kleine Schwester von Silas und hat einen feinen Sinn für Details. Obwohl sie ihre Umwelt besonders aufmerksam wahrnimmt, bekommt sie vom Unterricht in der Schule manchmal nichts mit. Sie fürchtet sich vor Langeweile und möchte niemals so verrückt werden wie die anderen Mitglieder ihrer Familie.
Alter:
14 Jahre
Haarfarbe:
braun
Berufswunsch:
Polizistin
Hobbys:
Schwimmen, Nervenkitzel
Beste Freundin:
Sophia Mombauer
… ist der große Bruder von Rahel und nur etwas zu klein für sein Gewicht. Er hat Angst, dass er für immer ein paar Zentimeter kleiner bleibt als seine Schwester. Seine Haarfarbe nennt er erdbeerblond, und er trägt seine Sommersprossen mit Stolz.
Alter:
15 Jahre
Haarfarbe:
blond mit rötlichem Schimmer
Berufswunsch:
Dolmetscher oder Krankenpfleger, Rahel behauptet: Pastor oder Lehrer
Hobbys:
Fremdsprachen, Erste Hilfe, Fast Food und möglichst wenig Sport, außerdem Klarinette spielen
Bester Freund:
Ronny Till
… ist der Freund und Klassenkamerad von Silas. Er lebt allein mit seiner Mutter, trägt seine Haare lang und hält ein Leben ohne Computer für sinnlos. Ronny ernährt sich gerne von Fast Food und liebt T-Shirts mit coolen Sprüchen. Er versucht ständig, Geld zu verdienen, vielleicht, weil er nicht gerade viel davon hat.
Alter:
15 Jahre
Haarfarbe:
schwarz
Berufswunsch:
reicher Informatiker
Hobbys:
Computer und Sport
Bester Freund:
Silas Schmickler
… ist die beste Freundin von Rahel Schmickler, aber im Gegensatz zu ihr schafft sie es, auch im größten Dreck immer sauber zu bleiben. Sophia nennt ihre Mutter Maman, denn sie stammt aus Burundi, und da spricht man Französisch.
Alter:
14 Jahre
Haarfarbe:
so dunkelbraun, dass man es für schwarz halten könnte, wenn man kein Friseur ist
Berufswunsch:
keine Ahnung, aber auf keinen Fall Chemikerin!
Hobbys:
Zeit mit den anderen Detektiven verbringen, Ballett, afrikanisch kochen und bunte Kleider nähen
Beste Freundin:
Rahel Schmickler
… ist Onkel Antons Riesenschnauzer und kann wunderschön jaulen, wenn er jemanden singen hört. Leider klingt er nicht ganz so gut wie sein Namensvetter, der italienische Tenor Enrico Caruso (der ziemlich genau vor 100 Jahren starb).
Alter:
4 Jahre
Fellfarbe:
schwarz
Beruf:
Schutz- und Führhund, Suchtmittelspürhund
Hobbys:
nach Fressbarem suchen, im Wald herumstromern und Fangen spielen
Beste Freunde:
Onkel Anton und Opa Peter
Lieblingsfeinde:
Katzen, egal, welche
Die Schulklingel ertönte. Rahel Schmickler blieb sitzen, während die meisten anderen Schüler der 9b schon lautstark ihre Stühle zurückschoben. Wie auf Kommando schwatzte alles durcheinander; der Lärmpegel schwoll auf ohrenbetäubende Lautstärke an. Frau Wendtland, die Englischlehrerin, rauschte aus dem Raum ins Wochenende, ohne ihren Schülern „Auf Wiedersehen“ zu sagen. Es sah aus, als würde sie die Flucht ergreifen. Rahel schlug ihr Englischbuch zu und strich sich die langen braunen Haare aus dem Gesicht.
„Ferien“, sagte sie zufrieden. „Endlich zahlt es sich mal aus, dass man einen Rechtsanwalt zum Vater hat.“
„Das hat nichts mit deinem Vater zu tun“, sagte das Mädchen neben ihr. Zur Bekräftigung schüttelte Sophia ihre Lockenmähne. Kokosduft wehte in Rahels Nase, und die dunkelbraunen Haare kitzelten ihr Ohr. „Die Schulordnung Rheinland-Pfalz erlaubt Beurlaubungen ausnahmsweise auch vor den Ferien“, dozierte Sophia mit erhobenem Zeigefinger.
„Aber nur aus guten Gründen, und niemand schreibt so prima schriftliche Begründungen wie Papa“, sagte Rahel.
Übermütig zog sie an einer der langen Locken ihrer Freundin. Sophia quiekte empört.
„Lass das! Die brauche ich noch.“
„Wofür? Oder soll ich besser sagen: für wen?“, zog Rahel ihre Freundin auf.
„Auf so eine Frage antworte ich nicht“, gab Sophia lachend zurück.
„Ihr Glücklichen“, stöhnte Johanna, ein schwarzhaariges, etwas dickeres Mädchen. „Ihr habt Spaß, und wir gewöhnlichen, einfachen Menschen müssen noch eine ganze Woche zur Schule gehen. Die Welt ist ungerecht.“
„So schlimm ist das eine Woche vor Weihnachten ja auch nicht“, meinte Alina. Sie war Klassenbeste und hielt Ferien für unnötig. „Ist doch kaum noch etwas los. Tschüss, ihr beiden. Ich freue mich schon auf eure Berichtsmappe“, sagte sie und meinte das nicht böse. Sie war nur wie immer ehrlich. Trotzdem dämpfte die Erinnerung an die Bedingungen für ihren Sonderurlaub Rahels Übermut.
„Mann, das hatte ich gerade erfolgreich verdrängt. Ausgerechnet auf Englisch müssen wir das machen. Eine Seite verfassen über jede Stadt, die wir besichtigen. Erdkunde hätte doch viel besser gepasst“, beschwerte sie sich und stand auf. „Und dann auch noch alles mündlich vortragen. Ich werde mir schön etwas zurechtstammeln.“
„Das wird schon“, sagte Sophia und hob ihren Rucksack vom Boden hoch. „Du wirst sehen, wenn wir zurück sind, you will speak English fluently.“
„Hä?“, machte Rahel. „Was spreche ich?“
„Fließend Englisch.“
„Na klar.“ Rahel schmiss sich den Schulrucksack auf den Rücken und eilte auf die Klassenzimmertür zu. „Hoffen wir, dass du recht behältst. Wenigstens holt Papa uns heute von der Schule ab. Dann sind wir schneller zu Hause.“
„Musst du etwa noch packen?“, fragte Sophia, als sie zusammen über den Flur gingen.
„Ich nicht.“
„Das heißt: Silas schon, oder?“, riet Sophia.
Rahel lachte.
„Ja. Mama wird ihn ganz schön scheuchen heute“, war sie sich sicher. „Sie kommt nicht gern zu spät. Und ein Flieger über den Atlantik wartet nicht auf Familie Schmickler.“
„Haben deine Eltern euch immer noch nicht verraten, wo genau uns der Roadtrip hinführt?“
Rahel schüttelte den Kopf.
„Nein. Papa ist stur, und Mama mit ihm einer Meinung. Da macht man nix. Ich hätte schon gerne einen Blick in ihre Pläne geworfen. Aber sie haben ihr Notebook so eifersüchtig bewacht wie Caruso seine Lieblingsleckerli.“
Vor Sophias innerem Auge erschien der Riesenschnauzer, Onkel Antons Hund, wie er misstrauisch zur Seite schielend seinen Napf leerschlang, damit ihm bloß niemand etwas wegfraß. Dann sah sie Frau Schmickler mit demselben Ausdruck in den Augen auf ihr Notebook starren. Sie musste grinsen.
„Papa hat die Reise sehr genau geplant, alle Hotels im Voraus gebucht, den Mietwagen klargemacht und so. Frau Blühdorn hat ihn ein wenig beraten“, erzählte Rahel weiter.
„Frau Blühdorn? Das ist seine Sekretärin bei den Chemischen Werken Leverkusen, oder? Ich glaube, ich kann mich noch vom Girls’ Day an sie erinnern. Die hatte doch so eine dicke Brille und einen Dutt.“
Sophia ließ die Hand um ihren Hinterkopf kreisen.
„Ja, genau. Die hat das richtig gern gemacht, sagt Papa. Sie war schon öfter in den USA und Mexiko unterwegs. Spricht auch prima Spanisch. Silas ist ein wenig sauer deswegen.“
„Warum? Weil es noch andere Menschen gibt, die gerne Fremdsprachen lernen?“
Sophia lachte und hielt Rahel die Tür zum Schulhof auf.
„Nein. Weil er sich nicht wie gewohnt auf all die Sehenswürdigkeiten vorbereiten kann, wenn er nicht weiß, durch welche Städte oder Nationalparks wir genau kommen. Trotzdem sitzt er seit Wochen stundenlang vor seinem PC und wälzt digitale Reiseführer.“
Rahel verdrehte die Augen.
„Das kann ich mir vorstellen“, sagte Sophia, während sie über den Schulhof gingen. Links und rechts drängten sich andere Schüler an ihnen vorbei. Sie schienen es alle eiliger zu haben. „Ich habe mich bei meiner Vorbereitung auf Hutchinson und San Francisco beschränkt. Die beiden Städte, die feststehen. Auch wenn wir nicht wissen, wohin es zuerst geht.“
„Richtig. Die sind Pflichtprogramm. In Hutchinson ist Tabea ein Jahr zur Schule gegangen. Jetzt macht sie gerade ein Praktikum in der Chirurgie der Hutchinson Clinic“, erklärte Rahel. „Das geht noch bis kurz vor Weihnachten. Und in der Zeit wohnt sie wieder bei ihren ehemaligen Gasteltern.“
„Die bald ihre Schwiegereltern werden.“ Sophia kicherte. „Bist du nicht auch gespannt auf ihren Freund?“
„Doch. Schon“, antwortete Rahel etwas wortkarg.
Sie mochte Josh Unruh, den Sohn von Tabeas Gasteltern. Ein paar Mal hatte sie mit ihm telefoniert, so gut das mit ihrem schlechten Englisch ging. Doch wenn ihre große Schwester tatsächlich einen Amerikaner heiratete, dann war es sehr wahrscheinlich, dass Tabea dort auch wohnen blieb, mehrere tausend Kilometer entfernt. Bei diesem Gedanken wurde Rahel ein bisschen traurig.
„Und in San Francisco studiert Tabea Medizin. Die Stadt soll megacool sein“, schwärmte Sophia. „Ich freue mich schon auf die Golden Gate Bridge. Die ist fast drei Kilometer lang und auf der ganzen Welt bekannt.“
Langsam leerte sich der Schulhof, und auch Rahel und ihre Freundin hatten das Ende des städtischen Grundstücks erreicht.
„Golden Gate Bridge?“, fragte eine Stimme hinter ihnen. „San Francisco?“ Dann fing die Stimme an zu singen: „If you are going to San Francisco, be sure to wear some flowers in your hair.“
Rahel hatte sich zu der Sängerin umgedreht. Sie hatte ein ebenmäßiges Gesicht, in dem sich ein wenig zu viel Schminke befand, und war nach der neusten Mode gekleidet.
„Hi Nora“, grüßte Rahel. „Klingt schön.“ Wie immer, wenn du singst, dachte sie.
„Aber warum soll man sich in San Francisco Blumen in die Haare stecken?“, fragte Sophia lächelnd.
Nora zuckte die Schultern.
„Weiß nicht.“
Dann zeigte sie auf einen dunkelblauen Audi am Straßenrand. Er parkte zwei Autos hinter Papa Schmicklers Familienkutsche.
„Kennt ihr den Typen?“
Rahel drehte sich wieder nach vorn. In diesem Moment gab der Fahrer Gas und fädelte sich zügig in den fließenden Verkehr ein. Nur für den Bruchteil einer Sekunde sah Rahel seinen Hinterkopf. Er war mit dichtem blondem Haar bedeckt. „Keine Ahnung. Wie kommst du darauf?“, fragte sie Nora.
„Ach, hat sich wohl erledigt. Ich dachte, der wartet auf euch. Es sah so aus, als hätte er euch angestarrt. Hab mich wohl getäuscht. Sonst wäre er jetzt wohl kaum losgefahren. Schicke Karre übrigens.“
Bewundernd guckte sie dem Audi hinterher.
„Wie sah er denn aus?“, fragte Rahel misstrauisch.
„Puh“, machte Nora. „Blond. Dreitagebart. Ganz normal halt. So Typ mitteljunger Lehrer.“ Sie errötete. „Sorry, aber mehr weiß ich nicht. Ah, wart mal, seine Ohren sahen irgendwie komisch aus.“
Nora nahm ihr Ohrläppchen zwischen Daumen und Zeigefinger und dachte nach. Dann zuckte sie mit den Schultern. „Ich glaub, die waren seltsam angewachsen oder so.“ Nora gab ihr Ohrläppchen wieder frei. „Aber eigentlich wollte ich euch nur einen guten Flug wünschen und eine tolle Reise.“
Ihre Stimme wackelte etwas.
„Danke“, sagte Rahel überrascht, und Sophia nickte sprachlos.
Nora war bis vor Kurzem nicht besonders freundlich zu ihr und ihrer Freundin gewesen, aber seit sie nicht mehr mit Nick zusammen war, hatte sie zumindest aufgehört, sich über Sophias Hautfarbe und ihre nach Kokosöl duftenden Haare lustig zu machen. Doch ehe sie noch etwas zu Nora sagen konnten, hatte die sich schon verabschiedet und lief in Richtung Bahnhof.
Am Nachmittag saß Silas auf seinem Hartschalen-Koffer und versuchte vergeblich, den Reißverschluss zu schließen.
„Mist“, sagte er mit Schweißperlen auf der Stirn. „Zu voll.“
Sein Onkel, ein großer, einundvierzig Jahre alter Mann mit Schnäuzer, grinste und setzte sich hilfsbereit neben ihn. Der Koffer knackte gefährlich. Erschrocken rutschte Silas auf den Boden. Onkel Anton blieb sitzen.
„J… Jetzt zumachen“, befahl er. Gehorsam zog Silas an dem Reißverschluss. Tatsächlich ruckelte die kleine Metalllasche knirschend vorwärts. Es funktionierte, auch wenn Silas schon wieder der Schweiß ausbrach. Da flog die Tür zu seinem Zimmer auf.
„Silas! Mama fragt, wann du endlich fertig bist mit Packen. Papa will die Koffer schon ins Auto bringen, damit …“
Abrupt blieb Rahel auf der Schwelle stehen, als hätte sie ein Gespenst gesehen.
„Was hast du denn da alles drin?“, fragte sie ungläubig.
„Z… Ziegelsteine“, antwortete Onkel Anton trocken.
Sein Neffe lachte gutmütig und schloss die letzte Lücke, die noch zwischen den Kofferhälften zu sehen gewesen war. Onkel Anton erhob sich, und das Reisegepäck seufzte erleichtert auf. Allerdings zog sich die Einfassung des Reißverschlusses jetzt bedenklich in die Breite. Der Stoff überlegte wohl, ob er nachgeben sollte.
„So etwas Ähnliches wie Ziegelsteine“, sagte Silas. „Geschenke und Bücher für Tabea und ihren Verlobten.“
„Bücher?“, fragte Rahel kopfschüttelnd. „Dein Ernst?“ Sie hielt ein kleines Metallteil in die Höhe. „Mama sagt, du sollst das Ungetüm wiegen. Jeder Koffer ist auf dreiundzwanzig Kilogramm beschränkt. Und denk dran, dein Taschenmesser nicht ins Handgepäck zu stecken.“
Silas griff nach der Federwaage.
„Keine Sorge. Ich habe dazugelernt. So ein Missgeschick wie damals im Oberlandesgericht passiert mir nicht noch mal.“
Gekonnt hängte er den Griff seines Koffers an den Haken der Waage und zog ihn in die Höhe. Das heißt, er versuchte es. Onkel Anton musste noch einmal mit anpacken. Der Haken mit der Messskala wurde recht weit nach unten gezogen.
„Aha“, sagte Rahel, „I see. Fünfundzwanzig Kilogramm.“
Silas stöhnte auf.
„Zu schwer“, stellte er verzweifelt fest.
Dann entdeckte er seine dicke Winterjacke, die noch auf dem Bügel außen am Schrank hing. Schultern und Mundwinkel sackten nach unten. Rahel war dem Blick ihres Bruders gefolgt.
„Die wirst du wohl anziehen müssen“, stellte sie unbarmherzig fest. Doch dann siegte ihr Mitleid. Sie schloss die Tür. „Komm, ich helfe dir beim Aussortieren, ehe Mama die Nerven verliert. Vielleicht passt noch etwas bei mir mit rein.“
Sie bückte sich und zog entschlossen am Reißverschluss des randvoll gefüllten Ungetüms. Nichts tat sich.
„D… Da musse dich draufsetzen, haste gehört, Rahel?“, riet Onkel Anton grinsend.
„Moment.“
Silas nahm wieder auf seinem Koffer Platz. Jetzt konnte Rahel den Verschluss tatsächlich bewegen. Als ihr Bruder aufstand, sprangen die Kofferhälften auseinander. Erschrocken wich Rahel zur Seite und starrte auf den aufgeklappten Koffer. Es sah aus, als hätte Silas seinen gesamten Kleiderschrank hineingestopft, allerdings ohne auch nur ein Teil davon zu falten. Dann bemerkte sie das große Buch, das obenauf lag. Auf dem Cover war das Innenleben eines menschlichen Körpers abgebildet. Eine ziemlich detaillierte Zeichnung. Rahel verzog den Mund.
„Einen Anatomie-Atlas? Den will Tabea haben?“, fragte sie ein wenig angeekelt.
Silas nickte unglücklich.
„Das hat ihr jemand für ihr Studium geschenkt, und es ist viel zu teuer, den zu schicken. Der wiegt mindestens drei Kilo.“
„Dann nehme ich den mit.“
Entschlossen griff Rahel nach dem dicken Buch. Dann ging sie zum Fenster und öffnete es naserümpfend.
„Und hier muss definitiv der Mief raus. Und wehe, du duschst nicht, Brüderchen, ehe wir losfahren. Ich habe keine Lust, auf dem Weg nach Frankfurt neben einem Stinktier zu sitzen.“
Silas wagte nicht zu protestieren, sonst überlegte Rahel es sich womöglich noch einmal mit dem Atlas. Vielleicht wog der sogar vier Kilo. Seine Schwester stieß den Fensterflügel weit auf und lehnte sich hinaus, um frische Luft zu schnappen.
„Ah!“, machte sie, sah zur Hauptstraße, die an dem alten Schmicklerhof vorbeiführte, und stutzte.
„Was ist?“, fragte Silas und trat neben sie.
„Ach, nichts“, meinte Rahel. „Ich dachte nur gerade, ich hätte den dunkelblauen Audi von heute Mittag hinten auf der Straße gesehen. Aber es gibt wohl mehr als einen in dieser Farbe.“
„Hä?“, machte Silas. „Ich weiß gerade nicht, worum es geht.“
„Nicht so wichtig“, sagte seine Schwester und drehte sich wieder um. Sie ging zurück zur Zimmertür, öffnete sie und trat auf den Flur. „Ich habe mich wohl geirrt. Bye!“, meinte sie und winkte lässig.
„Danke, dass du das Buch einsteckst!“, rief Silas ihr hinterher.
„Boah, Hammer! Guck mal, Alter!“
Ronny Till, ein großer, schlanker Fünfzehnjähriger mit langen schwarzen Haaren, stieß Silas seinen linken Ellbogen in die Rippen. Rahels Bruder starrte auf die Buchstaben auf dem weitgeschnittenen Hoodie, den Ronny trug. Ich bin dann mal weg!, stand in weißer Schrift darauf.
„Na und?“, nuschelte Silas.
„Nicht auf mich“, korrigierte Ronny genervt. „Dahin.“
Sein rechter Arm zeigte auf den kleinen Bildschirm, der unter der Decke ihres ICE-Wagens hing. Silas rieb sich die Rippen und folgte mit seinem Blick Ronnys Arm.
„Dreihundertfünf Stundenkilometer“, las er vor. „Wusste gar nicht, dass die Dinger so abgehen.“ Dann sah er wieder aus dem Fenster und gähnte die Landschaft an, die draußen am Fenster vorbeiflog.
„Gleich sind wir in Frankfurt“, sagte Ronny und band sich zum fünften Mal seinen Zopf neu zusammen.
Dann strich er sich mit feuchten Händen über die Jeans. Seine Knie wippten auf und ab. Die langen Beine waren in ständiger Bewegung, seit sie den ICE-Bahnhof in Siegburg verlassen hatten.
„Kannst du nicht mal still sitzen?“, beschwerte sich sein Freund. „Die ganze Sitzbank wackelt. Wie soll ich da in Ruhe dösen?“
Ronny presste die Hände auf seine vibrierenden Oberschenkel. Sein Blick fiel auf den abgewetzten, schmuddeligen Reiserucksack zu seinen Füßen. Das Teil begleitete ihn schon ein paar Jahre auf den Zugfahrten zu seinem Vater nach Dresden und zurück. Per Bummelbahn natürlich, ICE war nie drin gewesen, und geflogen war er auch noch nie.
Daneben stand Sophias Handgepäck. Eine wie neu aussehende Lederhandtasche riesigen Ausmaßes, in der sie alles zu transportieren schien, was sie in den nächsten drei Wochen griffbereit haben wollte. Sie war ganz klar Profi im Fliegen und konnte sogar die Sicherheitsbelehrungen der Stewardessen täuschend echt nachmachen. Ronny schmunzelte, als er an Sophias Showeinlage gestern Abend im Teenkreis zurückdachte.
Dann stöhnte er leise und versuchte erneut, seine Nervosität in den Griff zu kriegen. Ärgerlich stellte er fest, dass er sich für den alten Rucksack schämte. Na ja, wenigstens war sein Koffer fast neu, und das Flugticket hatte er sich selbst erarbeitet. Nicht nur mit Köpfchen, indem er anderen bei ihren Computerproblemen half, sondern auch mit Muskelkraft. Opa Schmickler hatte ihn und auch Silas im familieneigenen Wald ganz schön schuften lassen. Er wusste nicht, wie viele Stämme sie eigentlich zersägt und weggezerrt hatten. Irgendwann hatte er aufgehört zu zählen. Ein Wunder, dass überhaupt noch Bäume übrig geblieben waren!
Die halbe Zimmermiete in den Motels, die sie auf ihrem Roadtrip besuchen würden, hatte Mama beigesteuert. Er freute sich darauf, mit Silas im selben Raum zu schlafen. Aber dass sich die Schmicklers die Benzinkosten für die Reise weder mit Mombauers noch mit ihnen teilen wollten, nagte schon ein bisschen an seinem Stolz. Sie vertraten die Ansicht, dass sie die Strecke ja auch ohne ihn gefahren wären. Ronny warf einen Seitenblick auf seinen Freund, der sich gerade wieder seufzend in das Polster sinken ließ. Eben hatte Silas die Augen geschlossen, da traf ihn ein Fuß am Schienbein. Er gehörte Rahel.
„He! Schlafen kannst du im Flieger noch genug, Brudi“, meinte sie und klappte die Mappe zu, die bis eben geöffnet auf ihrem Schoß gelegen hatte.
„Carusos Vergiftung“ stand mit rotem Edding quer auf dem Deckblatt. „Du hast dich nicht gerade angestrengt, ein paar sinnvolle Gedanken zu unserem aktuellen Fall beizutragen.“
„Da gibt es so früh am Morgen nichts Sinnvolles in meinem Kopf zu finden“, grunzte Silas und weigerte sich, die Augen zu öffnen. „Der ist noch mit Schlafen beschäftigt.“
„Ich weiß, und ansonsten nur mit Essen“, antwortete Rahel unbarmherzig und guckte vorwurfsvoll auf das kleine Bäuchlein ihres Bruders.
„Lass gut sein, Rahel“, bat Sophia ihre Freundin. „Wir müssen eh gleich aussteigen. Und ehrlich gesagt kommen wir ja im Moment wohl auch nicht weiter. Es läuft alles immer wieder darauf hinaus, dass uns niemand einfällt, der ein Motiv hätte, Caruso mit diesem Pflanzengift fast umzubringen. Ich weiß gar nicht, warum du das mitgeschleppt hast.“
Ihre kleine Hand zeigte auf Rahels Kladde. „Die letzten Neuigkeiten dazu gab es vor zwei Monaten.“
„Man kann nie wissen“, sagte Rahel weise und stopfte die Kladde in ihren Rucksack. „Immerhin haben nur wenige Firmen in Deutschland dieses Teufelszeug Gluxiphat produziert. Ein Herbizid.“
„Eine Zutat für das Herbizid PlantEX“, korrigierte Sophia automatisch.
„Unter anderem die Firma, in der Herr Schmickler arbeitet“, bemerkte Ronny nachdenklich und beobachtete die Geschwindigkeitsanzeige, die nur noch zweihundert Stundenkilometer verkündete. Der ICE wurde langsamer.
„Genau. Die Chemischen Werke Leverkusen. CWL. Und Papa ist schließlich auf Geschäftsreise“, stellte Rahel fest. „Wenn es da einen Zusammenhang gibt …“
„Nur die ersten drei Tage“, unterbrach Silas seine Schwester gähnend. „Nur bis Montag ist er auf Geschäftsreise. Dann kommt er nach.“ Er hatte sich jetzt doch wieder aufgesetzt und wuschelte sich durch die erdbeerblonden, kurzen Haare. Dann bearbeitete er mit beiden Händen sein Gesicht, als wollte er die Sommersprossen darin wegrubbeln. Sie blieben natürlich, aber seine Augen waren jetzt dauerhaft geöffnet. Silas stand auf und griff nach seiner Winterjacke, die im Gepäcknetz über ihnen lag. „Bloß nichts liegenlassen, Leute“, empfahl er.
Auch die anderen Mitglieder der Detektei Anton erhoben sich steif. Eine kleine blonde Frau mit gemütlicher Figur näherte sich den Jugendlichen durch den Gang. Sie hatte die letzten Worte von Silas gehört und trug die gleiche Stupsnase wie er im Gesicht.
„Sehr richtig, mein Sohn“, lobte Hannah Schmickler. „Seht euch alle noch mal gründlich um, bevor ihr aussteigt.“
Rahel guckte empört.
„Schon passiert, Mama. Wir sind doch keine kleinen Kinder mehr“, protestierte sie.
„Auch große Kinder brauchen manchmal ein paar Tipps“, sagte Frau Schmickler unbeeindruckt von Rahels Protest. Dann lief sie weiter den Gang entlang, bis sie wieder bei ihrem Mann angekommen war. Rahel sah ihr nach, bis sie saß. Dann beugte sie sich flüsternd zu Sophia.
„Und vergiss nicht den komischen Mann, der in Papas Firma arbeitet: Herrn Matthäus, den stellvertretenden Abteilungsleiter für den spanischen und italienischen Markt. Den haben Silas und ich an der Ampel in Brehl gesehen. Und er fuhr das gleiche Auto wie der südländische Typ, der in den Caritas-Werkstätten herumgeschnüffelt hat, kurz bevor der Anschlag auf Onkel Anton verübt wurde.“
Sophia seufzte und hängte sich ihre Handtasche um.
„Der vielleicht nur ein Versehen war“, gab sie zu bedenken.
„Aber nur sehr vielleicht“, schnaubte Rahel.
„Das hast du mal anders gesehen“, sagte Sophia.
„Stimmt“, räumte Rahel ein. „Aber jetzt sag ich dir: Zwischen dem und Matthäus gibt es eine Verbindung.“
„Kann sein. Leider wissen wir ziemlich wenig über diesen zweiten Mann. Ronny hat sein Gesicht gesehen, das ist auch schon alles“, seufzte Sophia.
„Aber wenn es eine gefährliche Verbindung zu Papas Firma gibt, dann erklärt das, warum Papa die genaue Route unserer USA-Reise so geheim hält.“
„Weil er sich verfolgt fühlt?“, fragte Sophia.
Rahel nickte, und ihr fiel der Audi ein, der vor der Schule auf sie gewartet hatte. Vielleicht wurde nicht nur Papa verfolgt …
Der ICE 913 erreichte den Frankfurter Flughafen pünktlich auf die Minute. Keine Stunde hatte die Fahrt gedauert. Als Silas mit Familie und Freunden die riesige Halle von Terminal 1 betrat, war er endgültig wach. Monotoner Lärm schlug ihm entgegen. Die Mischung aus Gesprächen und Durchsagen, Kindergeschrei, eiligen Schritten und dem nicht abreißendem Geräusch von Rollkoffern und Trollis, die über die sauberen Fliesen gezerrt wurden, verschmolz in seinen Ohren zu einem breiartigen Soundtrack. Der Klang löste auch bei ihm endgültig Reisefieber aus. Aufgeregt beugte er den Kopf in den Nacken. Die hohe gläserne Decke des Reisetempels, die von Hunderten Metallarmen getragen über ihm schwebte, war so weit entfernt wie das Dach des Kölner Doms von den Touristen, die dort dem Schrein der Heiligen Drei Könige huldigten. Vielleicht sogar noch weiter. Doch in der Eingangshalle des Terminals blieb niemand andächtig stehen und bewunderte eine zweifelhafte Reliquie.
Die wenigen Menschen, die hier wie festgeklebt an ihrem Platz blieben, sahen eher verwirrt aus, als wüssten sie nicht, wo sie sich hinwenden sollten. Die meisten anderen aber in der unzählbaren Menge, in die sie eintauchten, waren in ständiger Bewegung. Sie schoben und drängten, wichen einander aus und hasteten aneinander vorbei, um an ihr Ziel zu kommen: den Check-in-Schalter, eins der vielen Restaurants oder Geschäfte im Sicherheitsbereich, die Toilette oder ihr Gate. Rahel sah sich staunend um. Es wimmelte durcheinander wie auf einem Ameisenhaufen. Sie guckte hoch zu einer der vielen Anzeigentafeln, die in fast so schwindelerregender Höhe hingen wie die Orgel in der eben schon erwähnten Kölner Kathedrale. Ronny war dicht an Silas herangerückt, als hätte er Angst, sich zu verlaufen.
„Ja, so ist es richtig, junger Mann“, sagte Papa und sah sich aufmerksam um. „Wir bleiben alle schön beisammen. Immer hinter mir her. Ich weiß, wo wir hinmüssen.“
Zielstrebig steuerte er auf den Check-in-Schalter der Lufthansa zu. Die Detektei und seine Frau folgten dem einen Meter neunzig großen Mann, der Jürgen Klopp, dem berühmten Fußballtrainer, ähnelte, im Gänsemarsch.
„Ich dachte, du hättest online eingecheckt, Liebling“, sagte Mama.
Papa nickte.
„Ja, aber unser Gepäck aufgeben müssen wir trotzdem. Es wird direkt durchgecheckt. Ihr müsst es in Chicago nicht abholen und neu aufgeben.“
Mit Schwung rollte er seinen kleinen Reisekoffer auf das Ende der Schlange zu, die sich hinter dem schwarzen Absperrgurt formiert hatte. Der Letzte, der sich hier angestellt hatte, sprang erschrocken zur Seite. Doch Paul Schmickler nahm es nicht wahr. Er blickte zurück, aber an seiner Familie vorbei, als würde er jemanden suchen.
„Es geht also erst mal nach Chicago?“, fragte Rahel. Plötzlich kam ihr wieder der Gedanke, dass es noch einen anderen Grund für Mamas und Papas Geheimnistuerei geben könnte. Hatte Papa wirklich Angst, verfolgt zu werden? Für einen kurzen Moment sah er so aus …
Ihr Vater nickte abwesend und zeigte auf die Anzeigentafel in der Nähe. Schnell überflog Rahel die angeschlagene Nummer. Da! Um zehn Uhr zehn ging ein Flug nach Chicago O’Hare. Jetzt war es acht Uhr zehn. Sie waren genau wie geplant zwei Stunden früher da.
„Alles perfekt“, sagte Silas nach einem Blick auf die Uhr. „Lufthansaflug 433 ist on time.“
„Pünktlich“, übersetzte Sophia, als Paul Schmickler plötzlich panisch um sich sah.
„Liebling, hast du meine Kameratasche?“, fragte er mit schriller Stimme, die man einem so großen Mann gar nicht zutrauen würde.
Frau Schmickler guckte entgeistert.
„Jetzt sag nicht, du hast sie im Zug liegen gelassen?“
Papa klopfte unsinnigerweise seine Anzugtaschen ab und nickte unglücklich. Seine Frau schüttelte den Kopf.
„Liebling! Das darf doch wohl nicht wahr sein“, stöhnte sie und sah ihren Mann mitleidig an. „Und jetzt?“
„Jetzt gebt ihr das Gepäck auf, und ich gehe zum Zoll.“
Papa war gut im Verlieren, aber auch gut im Wiederfinden. Entschlossen marschierte er auf eine Dame in Uniform zu, die eine Glastür bewachte.
Nur etwa einhundert Meter entfernt stand ein kleiner Mann mit glänzend schwarzen Haaren und presste sich in eine Nische, während er telefonierte. Er lehnte an der Wand, als müsste sie ihm Halt geben. Genau gegenüber befand sich eine kleine Glastür. Sie war abgeschlossen. Den Gang dahinter konnte nur das Flughafenpersonal mit dem richtigen Schlüssel nutzen. Kritisch betrachtete der Schwarzhaarige sein Spiegelbild. Sein maßgeschneidertes Hemd war feucht vom Schweiß, obwohl die Anzugjacke ordentlich gefaltet über seinem rechten Arm hing. Der Mann kniff die Augen zusammen und presste sich das Telefon fester ans Ohr. Niemand außer ihm konnte die Stimme hören, die fast beschwörend ihr Urteil verkündete:
„Nein! Und ich sage es noch einmal: Er wird nicht aus dem Weg geräumt! Egal, wie günstig die Gelegenheit ist, und egal, was Matthäus, dieser angstgestörte Stümper, befürchtet.“
„Und was ist mit seiner Nachricht, die er an mich geschickt hat? Was auch immer Sie tun, es wird ans Licht kommen. Lässt dich das kalt?“, zischte der Mann in das Mikrofon seines Handys und wandte den Blick von seinem Spiegelbild. Er klang aber nicht wütend, sondern eher unsicher.
„Völlig“, wehte die Antwort eisig in sein Ohr. „Und das habe ich auch schon tausendmal gesagt. Madre mia! Ihr geht mir jetzt seit zwei Monaten auf die Nerven. Und was ist passiert? Nichts. Schmickler hält still, weil er gar nicht genau weiß, was bei uns läuft. Darüber waren wir uns doch einig, José: Wir beobachten ihn weiter und lassen erkennen, dass wir immer noch zu einem Deal bereit sind, falls das nötig ist. Klar?“
Der Angesprochene zögerte kurz, dann nickte er, obwohl sein Gesprächspartner das nicht sehen konnte.
„Mach im Flieger einfach, was ich dir gesagt habe“, kamen neue Anweisungen.
„Sí“, hauchte er in das Handy und vermied jedes weitere Wort, das seine Unsicherheit verraten hätte. Die Stimme versuchte trotzdem, ihn weiter zu beruhigen.
„Wenn Schmickler mehr wüsste oder einen konkreteren Verdacht hätte, wäre er längst zur Polizei gegangen“, sagte sie.
„Woher weißt du, dass er das nicht getan hat?“, fragte der Mann.