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Angola, Cocotaco-Mine 1971. Im Jahre 1971 wird der größte Rohdiamantenfund aller Zeiten für die Cocotaco-Mine verbucht. Wert: zweihundert Millionen US-Dollar! Teilhaber dieser Mine sind zwei skrupellose Diamantenhändler aus Antwerpen. Sie haben sich an der Börse verspekuliert und planen nun einen ganz besonders perfiden Coup: Sie heuern ein Söldnerteam an, das die Diamanten erbeuten soll. Dieser Raubzug gelingt mit Bravour. Auf der Flucht stürzt das Flugzeug über Südfrankreich ab. Nur drei der Söldner überleben, der Pilot und ein weiterer Söldner sterben bei dem Absturz. Die drei Überlebenden flüchten mit den Rohdiamanten nach Norddeutschland. Durch die Beziehungen des Team-Leader zum MI 6 können sie in Hamburg-Bergedorf ein sicheres Haus nutzen. Dort kommt eine Frau ins Spiel, die die feinen Herren auf ihrer Flucht kennengelernt haben. Allerdings können sie nicht ahnen, dass der Vater dieser jungen Frau als Hauptkommissar bei der Hamburger Polizei beschäftigt ist. Und dann beginnen die Dinge in Fluss zu geraten, und die Ereignisse überstürzen sich. Homepage des Autors: www.perlduekkers-seefahrt.de
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Seitenzahl: 294
Veröffentlichungsjahr: 2017
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Frau Magdalene Jensen, Lektorin
Prolog
Zeit der Vorbereitung
Clermont-Ferrand
Phase I, Start
Antwerpen, Diamantkwatier
Anflug Europa
Phase II, Spezial Team
Untertauchen in Europa
PK 42 Hamburg-Billstedt
Aufbruch
Weiter, gen Norden
Auf der Spur
Norddeutschland – Hamburg
Phase III, Kontakt
Entscheidende Schritte
Die Lage spitzt sich zu
Showdown
Endphase
Monolog
1971 erreichte die Produktion der Firma Cocotaco in Angola ein Rekordhoch beim Schürfen der Rohdiamanten.
In ihren Tresoren lagerten Diamanten in der Summe von zwei Millionen und vierhundertdreizehntausend Karat, Geldwert circa zweihundert Millionen US-Dollar.
Sie sollten zuerst in zwei Lieferungen nach Antwerpen geliefert werden, dann entschloss sich die Geschäftsleitung, doch alles in einer Lieferung zusammenzufassen und an die Hovenierstraat im Diamantkwatier in Antwerpen zu schicken.
Natürlich alles streng geheim.
In Antwerpen, dem größten Diamantenhandelsplatz, saß ein distinguierter, hoch aufgeschossener Mittsechziger mit schlohweißem Haar, bekleidet mit sehr hochwertiger Garderobe, in seinem Büro in der Hovenierstraat und unterhielt sich mit seinem Partner, einem etwas kleineren, kugelbauchigen Glatzkopf, dessen Besonderheit seine ewig von Schweißperlen benetzte Glatze war.
Die beiden hatten zurzeit ein ernstes Problem, ihr Unternehmen war so gut wie insolvent, sie hatten sich an der Börse verspekuliert.
Daher fassten sie nun einen kühnen Entschluss, sie wollten sich die Rohdiamanten der Firma Cocotaco, wo sie auch Anteilseigner waren, stehlen beziehungsweise stehlen lassen. Egal, ob bei dieser Aktion ihre letzten, illegalen Geldreserven draufgingen. Sie hatten absolut nichts mehr zu verlieren.
Nach dieser kurzen, aber intensiven privaten Unterhaltung führte der weißhaarige Mister X ein längeres Gespräch mit einem Herrn in Südengland.
Sein englischer Gesprächspartner war ihm persönlich total unbekannt. Die Telefonnummer hatte er durch seine guten Verbindungen erhalten. Bei seinem Telefonpartner handelte es sich um einen, sagen wir mal, Söldner der gehobenen Preisklasse.
Einer seiner Vertrauensleute hatte ihm vermeldet, ›Spider‹ übernähme Aufträge jeder Art und bringe sie auch immer zu einem guten Abschluss.
Clint Checkter saß am späten Abend eines herrlichen Sommertages in der Nähe von Falmouth im Wohnzimmer seines Landhauses und studierte sehr intensiv eine Landkarte, als sein Telefon, auf dem Kaminsims stehend, läutete.
Nachdenklich legte sich die Stirnpartie seines markanten, bartlosen, wettergegerbten Gesichts unter einem dunklen Haarschopf in Falten.
Wer mochte ihn um diese Zeit anrufen?
Checkter war ein schlanker, gut durchtrainierter Mittvierziger, der den größten Teil seines bisherigen Lebens beim englischen Militär in Spezialeinheiten und den damit verbundenen Einsätzen verbracht hatte.
Seine letzten aktiven fünf Jahre beim SAS und MI 6 hatte er vor längerer Zeit beendet und erledigte nun als freischaffender »Dienstleister« Spezialaufträge aller Art.
Er hatte vorzügliche Verbindungen, mittlerweile weltweit.
Er nahm das Telefon vom Sims, schaltete den Zerhacker ein, er liebte keine unbekannten Zuhörer, die seine Telefonate mithören konnten, und setzte sich in einen urgemütlichen Ohrensessel vor dem Kamin.
Er meldete sich mit seinem Nickname: ›Spider‹.
Dieser war allerdings nur Eingeweihten bekannt, nun auch Mister X. Gespannt lauschte er den Worten seines Gesprächspartners und war überaus erstaunt über das Ersuchen des Mannes.
Checkter erbat sich eine Bedenkzeit von zwei Tagen, und Mister X erklärte sich damit einverstanden.
Mister X hatte Checkter zwei Telefonnummern mitgeteilt, unter denen er zu erreichen war, welche er sich notiert hatte. Er brauchte gar nicht lange zu recherchieren, hatte bald herausgefunden, dass es sich um belgische Telefonnummern bzw. Nummern aus Antwerpen-Stadt handelte.
»Sollten wir ins Geschäft kommen, müssen Sie sich darüber im Klaren sein, einen Zuschlag zur noch zu benennenden Auftragssumme zu leisten. Im Osten Angolas treiben zurzeit die UNITA-Rebellen ihr Unwesen.«
Mister X meinte, er sehe kein Problem, man werde sich schon einig werden, geldtechnisch.
Nachdem das Gespräch beendet war, wählte er eine geheime Nummer, es war die Nummer von Abiel Hagos, einem ehemaligen Geheimdienstler aus Eritrea. Hagos war seit einiger Zeit einer der festen Partner von Checkter.
Schnell war der Kontakt hergestellt.
Der dunkelhäutige Hagos mit seinen krausen, schwarzen Locken war nur circa 1,65 Meter groß, aber seines Zeichens ein Allroundtalent mit vorzüglichen Beziehungen.
Ein drahtiger Typ, seine vielfältigen Kenntnisse und Fähigkeiten hatte er in seiner Zeit beim Geheimdienst in Eritrea erworben.
Als sein Telefon anschlug, war er gerade im Begriff, nach Kairo aufzubrechen. Er nahm den Hörer ab und lauschte, Checkter kam unumwunden zum Kern der Sache.
»Hallo, Abiel, egal was du in Kairo machen willst, du musst dort schnellstens deine Zelte abbrechen und mit der nächsten Maschine nach Luanda fliegen! Dort buchst du dir einen nationalen Flug nach Saurimo.
In Kairo gehst du vorher noch nach El Insha, in die Straße Sh. El Insha zu Abdul und lässt dir dort ein Visum für Angola ausstellen. Er ist einer der besten Fälscher und arbeitet immer sehr flott.«
»Ja, Clint, ich weiß, ich kenne ihn schon eine ganze Weile.«
»Okay, nun hör mir gut zu: Nördlich von Saurimo liegt die Diamantenmine Cocotaco, dort recherchierst du, wie wir am besten zu viert und möglichst unauffällig in den Minenbereich gelangen und ob wir dort erfolgreich einen Raub durchführen könnten! Außerdem erkunde eventuelle Fluchtwege sowie unbenutzte Feldflugplätze oder feste Schotterpisten, auf denen man mit einem normalen Flugzeug mittlerer Größe unbesorgt landen und starten kann. Hast du dazu noch irgendwelche Fragen? In maximal zwei Tagen benötige ich Ergebnisse!«
»Na, das wird sehr eng, aber ich versuche, das Unmögliche möglich zu machen. Ich melde mich schnellstmöglich wieder bei dir. Bis dann, bye!«
Damit war das Telefonat beendet.
Checkter griff erneut zum Telefonhörer.
Er wählte eine Nummer in Skandinavien, nach mehreren Minuten und nur dem Freizeichen wählte er noch einmal, dieses Mal aber eine andere Nummer, und der Kontakt wurde hergestellt, und nun meldete sich am anderen Ende der Leitung eine tiefe, aber nicht unsympathische Männerstimme.
»Sundström!«
»Hallo Mogens, hier ist Clint Checkter.«
»Mensch Clint, lange nichts von dir gehört.«
»Ja, das ist wohl wahr.« Ohne großartige Umschweife fuhr er unvermittelt fort: »Ich benötige für einen einträglichen Auslandsjob einen versierten Elektronikspezialisten. Bist du im Moment frei?«
»Na ja, im Augenblick mache ich Urlaub am Mälern See, aber wenn du mir einen lukrativen Job in Aussicht stellst, dann bin ich gern bereit, jederzeit bei dir anzuklappen, das weißt du doch.«
In kurzen Worten erklärte Checkter dem hünenhaften Schweden, worum es überhaupt ging.
»Na, mein lieber Clint, etwas außerhalb der Legalität scheint mir diese Angelegenheit doch schon zu sein«, murmelte Sundström, und auf seiner breiten Stirn unter seiner blonden Mähne zeigten sich einige Sorgenfalten. »Aber wenn du diesen Auftrag als Headman leitest, bin ich selbstverständlich dabei.«
»Okay, du bekommst in den nächsten Tagen detaillierte Informationen, dann kannst du dementsprechend verfahren.«
So endete das dritte Telefonat.
Zum wiederholten Male an diesem nun bereits fortgeschrittenen Abend griff er zum Telefonhörer und rief einen weiteren Partner, nunmehr in Portugal, an.
Ronaldo Ferreiro lebte in Porto, wenn er mal eine Auszeit von seinen diversen Jobs benötigte.
Ferreiro war seines Zeichens Kampfschwimmer und Spezialist für Sprengmittel jeglicher Art, zusätzlich war er im Besitz von so ziemlich allen Fluglizenzen.
Dieses sollte das letzte Telefonat des Tages sein, sofern er die Zustimmung von Ferreiro erhielt.
Der Wortlaut des Gesprächs war beinahe identisch mit dem von Sundström, und auch Ferreiro stellte sich sofort für den Job zur Verfügung.
Zwei Tage später hatte Checkter bereits alle Informationen aus Angola von Hagos erhalten, und daher setzte er sich unverzüglich mit seinem Auftraggeber, Mister X, in Antwerpen in Verbindung.
Er sprach ruhig und sachlich und legte seinem Gesprächspartner die Sachlage in allen Details der Recherche dar.
»Also, mein Fazit ist folgendermaßen: Die Miene ist top gesichert, was auch zum Teil der unsicheren Lage und den UNITA-Rebellen geschuldet ist. Sollten wir dort einen groß angelegten Diebstahl starten, würde es keinesfalls ohne Tote und Verletzte abgehen. Da ich dieses hohe Risiko für meine Leute und mich ablehne, möchte ich Ihnen von einer Aktion dieser Art abraten. Weiterhin hätten wir in dem Fall auch nicht die geringste Chance, die Ware außer Landes zu schaffen.«
Am anderen Ende war für einen kurzen Augenblick nur tiefes und unaufgeregtes Atmen zu hören, aber dann war die Stimme wieder präsent.
»Ich hätte da noch eine Idee zu einer alternativen Variante. Wie viele Leute benötigen Sie für eine saubere Durchführung?«
»Regulär? Vier!«
»Gut, ich habe eine ganz passable Connection zur Geschäftsführung von der Cocotaco Mine. Wenn ein Strohmann Sie und Ihre Leute dort einschleusen könnte, würden Sie dann noch einmal ein neues Konzept für die Aktion ausarbeiten?«
»Sobald wir uns auf dem Gelände einigermaßen frei bewegen können, würde ich die Sache noch einmal angehen. Aber mir entstehen im Augenblick natürlich auch dementsprechend Kosten. Vielleicht benötigen wir noch einen Piloten und einen Flieger. Keiner weiß, was im Augenblick mit diesen chaotischen UNITA-Rebellen im Osten Angolas, also in der Nähe der Minen, abläuft. Okay, Sie überweisen zwei Millionen US-Dollar auf mein Konto in Luxemburg und weitere zwei Millionen nach Erledigung des Jobs.«
Checkters Worte duldeten keine Widerrede, und so fügte sich Mister X im Moment und notierte sich Checkters Bankdaten, um dann augenblicklich die Überweisung zu veranlassen.
»Okay«, meldete sich nun wieder der Mann aus Antwerpen. »Ich rufe Sie in spätestens zwei Stunden zurück. Lassen Sie mich nur machen!«
Mit einem kurz angebundenem »Okay«, beendete Checkter vorerst das Gespräch.
Genau auf den Punkt. Zwei Stunden später läutete das Telefon.
»Also«, ließ nun der Mann aus Antwerpen verlauten, »der Transfer des Geldes ist schon erledigt.«
»Das stimmt, ich habe schon eine Bestätigung meiner Bank erhalten«, bemerkte Checkter eintönig.
»Die Minenleitung in der Cocotaco Mine hat meinem Mann auf Anfrage mitgeteilt, dass sie loyale, zuverlässige Leute, am besten weiß, einstellen würden. Er hat der Geschäftsleitung einen Geologen, einen Flugzeugtechniker für die Wartung des mineneigenen Fliegers, einen Werkstattleiter und einen Assistenten des Werkstattleiters auf ihr Ersuchen hin in Aussicht gestellt. Ich schicke Ihnen die Referenzen und Unterlagen zu, an Ihre Postfachadresse.«
»Das ist wunderbar«, meinte Checkter, »wenn es denn klappt.«
Er teilte der Stimme in Antwerpen noch sein Postfach mit, welches natürlich unter einer Deckadresse lief.
»Und hören Sie jetzt genau zu, ›Spider‹: Der Termin für den Abtransport der Ware ist geplant, und zwar in circa eineinhalb Wochen. Den genauen Termin teile ich Ihnen noch mit, aber wenn Sie direkt vor Ort sind, werden Sie ihn wahrscheinlich vor mir erfahren.«
»Es ist zwar ein verteufelt kurzer Zeitraum, aber wir werden bis dahin schon einen brauchbaren Plan erstellt haben.«
»Gut, Sie sollten mit Ihren Leuten schnellstmöglich nach Saurimo reisen.
Mein Mann hat Sie bereits für übermorgen in der Mine angekündigt.
Sie melden sich dort bei Herrn Caetano Aguilar, er wird Ihnen alles Weitere erzählen.«
»Okay, Sie können sich auf mich verlassen.«
Dann war auch dieses Gespräch beendet.
Kurze Zeit später hatte Checkter wieder Sundström am Telefon. Hagos und Ferreiro hatte er bereits verschlüsselte Telex-Mitteilungen geschickt.
»Hallo Mogens, wir treffen uns übermorgen alle in Saurimo, wir bekommen in der Cocotaco Mine eine Anstellung als Minenarbeiter. Das zu deiner Information. Weiter, erinnerst du dich noch an unseren Job in Thailand? Okay, wir benötigen ein identisches, vielleicht verbessertes Paket, du bist ab übermorgen ein Flugzeugtechniker auf Zeit. Ich habe da so eine Idee, und dazu brauchen wir unbedingt noch zusätzlich hochwirksame Gaspatronen, deren Inhalt wir direkt in die Klimaanlage des Werksflugzeuges einleiten können. Du besorgst alles und sendest es per Expressversand an die Mine, zu deinen Händen, persönliches Equipment.«
»Mein lieber Clint, das ist aber unterirdisch eng, da muss ich schon mit sehr viel Druck und einer Nachtschicht arbeiten.«
»Nur Mut, du kriegst das schon hin. Mach deinem Lieferanten mal richtig Dampf.«
»Alles in Ordnung, wir treffen uns übermorgen Nachmittag in Saurimo Airport.«
Nachdem die letzten Worte von Sundström verhallt waren, fiel Checkter siedend heiß ein, er hatte ja noch gar kein Transportmittel, um aus Angola wegzukommen, falls alles klappen sollte.
Das Transportmittel müsste sie in Windeseile außer Landes bringen, und idealerweise nach Belgien.
Checkter dachte an einen weiteren alten Bekannten, mit dem er seinerzeit beim englischen Militär war, ein Schotte Namens Colin McDermott, mit dem er immer in lockerem Kontakt geblieben war und der jetzt in Afrika seine Dienste als Pilot mit eigenen Transportflugzeugen anbot.
Und auch sehr gut im Geschäft war.
Er flog zurzeit, wenn Checkter sich richtig erinnern konnte, Kurierdienste im Kongo.
Er nahm sein Satellitentelefon, wählte eine nur ihm und einigen ausgewählten Menschen bekannte Nummer. Kurze Zeit darauf meldete sich eine raue, krächzende Stimme.
»Hallo, alter Bastard, wie geht es dir?«
Und Checkter hörte ein hässliches, hämisches Lachen vom anderen Ende der Leitung.
»Ja, danke, und bei dir, du alter Knochen, alles in Ordnung?«
»Natürlich, der Whisky schmeckt noch, aber deswegen rufst du mich doch nicht an, da ist doch irgendwas im Busch! Wo drückt der Schuh? Wie kann ich helfen?«
»Hast du noch die Grumman?«
»Ja, und sie fliegt immer noch sauber und leicht wie ein Vögelchen. Was natürlich mehr oder weniger an den Piloten liegt. Deshalb pflege ich sie auch ganz besonders und sehr sorgfältig. Aber nicht mehr so viel, du benötigst für das Baby zu viel Besatzung, und in Afrika … na, du weißt schon. Und, nun mal raus mit der Sprache, wo soll ich dich hinfliegen?«
»Also, wir sind zu viert, haben allerhand Gepäck und würden gern nach Belgien fliegen!«
»Waaas? Bist du zu heiß gebadet worden? Das sind über 10.000 Kilometer. Aber die alte Grumman habe ich noch, damit könnte es gehen, wenn wir alles rausreißen und dafür Zusatztanks einbauen, dann könnte es klappen, aber zwei, na, zumindest einer müsste mich im Cockpit unterstützen.«
»Kein Problem, ein Crashkurs in deiner Maschine, und alles läuft.«
»Na«, meinte McDermott leicht ironisch, »dann kann ja gar nichts mehr schiefgehen. Gott erhalte dir deinen Optimismus. Bekommst du das mit den Umbaukosten hin?«
»Ja, alles klar. Ich sende dir einen Vorschuss, mit dem du dann schon mal arbeiten kannst. Klappt das denn in dem Zeitrahmen von einer Woche? Vielleicht kann ich noch zwei Tage draufgeben, aber auf keinen Fall länger.«
»Etwas kurz, aber ich habe gute Leute, dann müssen sie eben mal ordentlich den Arsch in die Hose stemmen. Ich weiß auch schon, wo ich die Tanks herbekomme.«
»Alles bestens. Von wo aus arbeitest du jetzt? Wo ist die deine Basis?«
»Ich bin seit circa einem Jahr in Huambo, im Süden Angolas.«
»Das passt ja wunderbar, wir benötigen dich in der Nähe von Saurimo, genauer gesagt, östlich von Sacassongo liegt auf einer Ebene ein alter, verlassener Feldflugplatz, vielleicht ist es auch nur eine Piste. Egal, aber genau dort musst du in anderthalb Wochen am späten Nachmittag landen.«
»Das hört sich alles gut an, so wie ich dich kenne, werde ich doch wohl besser alle Vorbereitungen für einen Alarmstart treffen. Für den Fall der Fälle.«
»Das ist eine gute Idee, wir hören.«
Und damit war auch das wichtigste Gespräch dieses Tages beendet.
Zwei Tage später, die Nachmittagsmaschine war soeben in Saurimo gelandet, trafen sich die vier, Clint Checkter, Abiel Hagos, Fernando Ferreiro und Mogens Sundström, in der kleinen Wartehalle des Flughafens. Sie begrüßten sich beinahe distanziert, so als hätten sie sich erst im Flieger kennengelernt.
Ihr Gespräch führten sie leise, aber mit Nachdruck.
»Ich habe schon einen PKW geordert«, ließ Checkter als erstes vernehmen. »Er sollte bereits vor dem Gebäude stehen. Sobald wir unser Gepäck verladen haben, fahren wir geradenwegs zur Mine. Okay?«
»Warum werden wir nicht vom Minenpersonal abgeholt?«
»Habe ich abgelehnt, so haben wir schon mal ein Fahrzeug nur zu unserer Verfügung.«
Hagos, der blonde Sundström und Ferreiro nickten zustimmend, nahmen wortlos ihr Gepäck und begaben sich zum Ausgang.
Direkt vor dem Ausgang stand abfahrbereit ein Land Rover in einem anscheinend brauchbaren Zustand.
»Na, die 50 Kilometer bis zur Mine wird er ja wohl noch schaffen, oder?«, waren die abschätzigen Worte von Ferreiro.
»Nun unk hier man nicht rum«, antwortet Checkter kurz, klemmte sich hinters Steuer und startete den Motor, welcher auch wirklich ansprang und dann schnurrte wie ein Kätzchen.
»Also Leute, auf ein Neues!«
Und schon setzte sich das Fahrzeug in Bewegung.
Die heiße Sonne Angolas verblasste ein wenig hinter ihnen im aufwirbelnden Staub.
Die Hitze blieb aber gegenwärtig.
Clermont-Ferrand, im Süden Frankreichs gelegen, war das Urlaubsziel von zwei jungen Frauen aus Hamburg-Bergedorf.
Die beiden jungen Damen hatten noch nie gemeinsam Urlaub gemacht, obwohl sie schon etliche Jahre befreundet waren, aber in diesem Sommer ergab sich nun die Gelegenheit für die beiden Freundinnen.
Nicole Moldenhauer war 25 Jahre alt, zierlich, blond und sehr hübsch anzusehen. Ihre ältere Freundin, Ursula Mohns, Endzwanzigerin, dagegen eher etwas stämmiger, brünett und mit einem beinahe nichtssagendem Gesicht ausgestattet. Allerdings hatte sie einen kecken Leberfleck am linken unteren Mundwinkel.
Die erste Leidenschaft der beiden jungen Frauen war wandern, und deshalb hatten sie sich diese Gegend ausgewählt. Außerdem hatten sie ein Faible für Kathedralen. Stundenlang konnten sie diese betrachten, bestaunen und erforschen.
Die Faszination der mittelalterlichen Architektur zog sie immer wieder in ihren Bann. Und davon hatte ja Clermont-Ferrand und Umgebung einiges zu bieten.
Sie hatten sich in ein kleines Hotel eingemietet: Inter Hotel République, in der 97 Avenue de la République.
Und sie waren hier zu dem Zeitpunkt eingetroffen, als in Angola gerade die Vorbereitungen zu dem Raub getroffen wurden.
Nun waren die Freundinnen schon einige Touren gewandert und hatten in den ersten Tagen auch schon etliche Bauwerke bestaunt.
Abends fanden sie sich häufig in der »Bar la Gauthiére« in der 9 Rue de l´Aiguillade wieder, sie war nur zehn Gehminuten von ihrem Hotel entfernt und ein Treffpunkt für jedermann. Ein Multikultitreffpunkt und immer gute Stimmung.
Da Nicole noch Single war, hoffte sie insgeheim auf eine Urlaubsbekanntschaft mit ernsterem Hintergrund.
Sie weilten nun schon gut anderthalb Wochen in Südfrankreich und hatten mal wieder die Bar besucht.
Das Wetter war herrlich, ein wunderbarer Hochsommerabend, und sämtliche Tische auf der Straßenterrasse waren besetzt. Die Atmosphäre war einfach faszinierend, und von überall her schlugen ihnen Unterhaltungsfetzen entgegen, in allen Sprachen.
Und an diesem Sommerabend in der »Bar la Gauthiére« überkam sie zum ersten Mal dieses seltsame Kribbeln. Es war wie eine Vorahnung, und dann wusste sie warum, zuerst nur aus den Augenwinkeln, aber dann alles voll im Blick.
Ihre Gedanken überschlugen sich, als sie ihn am Nachbartisch, mit seinen Kollegen sitzen sah.
Was für ein Mann, das ist der Typ Traummann, von dem ich immer geträumt habe!
Nachdem die vier nun in der Diamantmine Cocotaco angekommen waren, wurden sie unverzüglich zu Herrn Aguilar gebracht, und dieser führte sie in ihre Ressorts ein. Danach geleitete er sie in das Schlaf- und Wohngebäude, wo jedem ein eigenes Zimmer zugewiesen wurde.
Am späteren Abend kamen alle im Zimmer von Checkter zusammen.
Checkter hatte seinen Raum bereits auf Wanzen inspiziert, konnte aber nirgends eines dieser kleinen Abhördinger entdecken.
Trotzdem verlief ihre Unterhaltung ruhig und vorsichtig.
Checkter blickte Sundström fragend an, er verstand sofort und begann mit gesenkter Stimme zu berichten: »Okay, meine Ausrüstung ist angekommen, lagert unter Verschluss in der Werkstatt des Hangars. Alle Kisten sind unversehrt, also hat sich auch niemand die Mühe gemacht, sie zu kontrollieren.«
»Prima, du musst sehen, dass du so schnell wie möglich die neuen Ersatzteile einbaust. Die Zeit drängt. Es muss alles bestens funktionieren, du hast keine Chance, etwas auszuprobieren!«
»Okay!«
Sundström nickte bejahend, ohne einen weiteren Kommentar abzugeben.
»Nun zu euch, Abiel und Ronaldo. Sobald ihr in der Werkstatt seid, der Werkstatt ist auch der Wagenpark unterstellt, seht ihr zu, dass ihr einen Land Rover präpariert. Er muss eine gute Ladefläche haben, stets vollgetankt und immer abfahrbereit sein. Und hört euch mal bei euren neuen ›Kollegen‹ um, was die sich so über die UNITA erzählen und wie aktiv die im Augenblick hier in dieser Gegend sind. Wir werden nach Möglichkeit, die Zeitspanne ist natürlich sehr kurz, alle zwei Tage einen Ausflug in die Umgebung machen. Abiel, kannst du schon mal Kontakt zu deinem Kumpel aufnehmen, damit wir so schnell wie möglich an unsere Waffen und das weitere Equipment herankommen?«
»Ja, habe schon vom Flughafen aus telefoniert und treffe ihn morgen Nachmittag am Ortsausgang von Saurimo nach Lucapa. Hast du Dollares?«
»Ja, alles klar, überhaupt kein Problem!«
Checkter reichte Hagos sofort ein kleines Bündel Dollarnoten.
»So, Jungs«, meinte Checkter nun mit einem breiten Grinsen im Gesicht, »unsere Papiere sind so weit okay und von der Geschäftsleitung für in Ordnung befunden worden, dann lasst uns morgen beginnen, damit alles so funktioniert, wie wir es uns vorgenommen haben. Und nun gute Nacht zusammen.«
Damit trennten sich die vier und verabschiedeten sich in ihre Schlafräume.
Früh am nächsten Morgen begann der erste Arbeitstag für die vier.
Checkter fuhr mit einem Kollegen in die Nähe der Mine, einem neu zugekauften Stück Land, um dort Boden- und Gesteinsproben zu nehmen.
Sundström begab sich in den Flugzeughangar, um in der werkseigenen Maschine die eingeflogenen Ersatzteile gewissenhaft einzubauen. Allerdings stets darauf bedacht, keinen unnötigen Verdacht bei seinen Kollegen zu erregen.
Hagos und Ferreiro hatten sich sehr schnell mit ihren neuen Kollegen bekannt gemacht, und alles lief problemlos, auch dass Hagos die Minenanlage am frühen Nachmittag verließ, war in Ordnung.
Am nächsten Nachmittag hatten sie allerdings keine Gelegenheit, die Minenanlage zu verlassen, weil es einfach zu viel Arbeit gab, und sie mussten alle erst einmal ihrem neuen Job nachkommen, denn sie wollten ja auch nicht unbedingt unnötig auffallen und somit ihre Tarnung gefährden.
Dafür ergab sich aber am Tag darauf die Chance, und sie konnten ungehindert die Minenanlage verlassen.
Gemeinsam fuhren sie auf die Hochebene in der Nähe von Sacassongo. Hier sollte der ehemalige Feldflugplatz liegen.
Die Koordinaten stimmten, aber es gab einfach nichts, was auf einen ehemaligen Flugplatz hindeutete, nur eine ewig lange, freie, brettharte Piste war vorhanden.
Und nun?
»Genial«, war das einzige Wort, das Checkters Mund entfuhr, nachdem er den Land Rover verlassen hatte.
Alle starrten ihn ungläubig an. War das sein Ernst?
Aber er ließ sich nicht beirren.
»Einfach genial, das ist die Platte, die wir brauchen, unser Platz. Hier kann man sehr gut starten und landen. Los, werft das Tarnnetz über das Auto, uns muss ja niemand sehen, wenn es hier in dieser Einsamkeit überhaupt jemanden gibt.«
Gesagt, getan. In kürzester Zeit war das Fahrzeug getarnt und die benötigten Ausrüstungsgegenstände entladen.
»Und was sollen wir nun mit dem Zeug anstellen?« Hagos sah Checkter mit großen braunen Augen an. Ferreiro und Sundström sahen sich nun auch fragend um.
»Jetzt bauen wir uns hier einen 1-A-Unterstand, aus dem heraus wir gegebenenfalls die Piste verteidigen können. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste, das wisst ihr doch oder?«
»Und warum genau hier, diese Piste oder besser gesagt Ebene?«, fragte Ferreiro und machte dabei einen absolut unwissenden Eindruck.
»Also, hör mal«, schaltete sich nun Sundström ein. »Genau hierüber verläuft der Kurs des Fliegers aus der Cocotaco Mine mit der Ware, und hier kaufen wir uns die Kiste, lassen sie landen, laden in Höchstgeschwindigkeit um und verschwinden, so als wären wir nie hier gewesen. Hier über der Ebene ist der Flieger noch nicht auf Reisehöhe und gut zu greifen.«
»Also wollt ihr ihn abstürzen lassen!«
»Nein, nein«, Sundström lachte nun lauthals. »Natürlich nicht. Wir regeln das etwas eleganter.« Um dann mit dem Brustton der Überzeugung fortzufahren: »Ihr kennt mich doch! Denkt doch mal an Thailand zurück. War doch galaktisch, oder nicht?«
»Das hättest du aber auch gleich sagen können, nun ist mir alles klar. Dann muss der Plan ja nur noch funktionieren!«
»Wird er, wird er.«
Sundström war sich absolut sicher, von seinem Tun und seiner Arbeit total überzeugt.
Ferreiro grinste nun zufrieden und griff sich eine der Schaufeln. »Okay, dann lasst uns jetzt den Unterstand bauen.«
Hagos, Sundström und Ferreiro machten sich an die Arbeit, während Checkter sich bemühte, mit dem Satellitentelefon eine Verbindung herzustellen.
Endlich stand seine Leitung, er hatte Antwerpen an der Strippe, ihren Auftraggeber, Mister X.
Checkter setzte seinen Gesprächspartner über den Fortgang der Dinge ins Bild.
»Wir haben hier alles im Griff, unsere Vorbereitungen sind jetzt schon so gut wie abgeschlossen. Und wir sind in der Lage, nun zum abgesprochenen vorläufigen Zeitpunkt die Ware zu übernehmen. Wie sieht es denn bei Ihnen aus? Wissen Sie nun schon etwas Genaueres über den Verschiffungstermin der Ware?«
»Ja«, antworte sein Gegenpart zügig. »Die Verschiffung beginnt am kommenden Dienstag um 14 Uhr Ortszeit. Also von nun an in drei Tagen. Es sollte genügend Zeit für Sie sein, um alles noch ein wenig zu optimieren, safer machen!«
»Ich sagte doch bereits, alle nötigen Vorbereitungen sind getroffen, von daher müssen Sie sich nicht meinen Kopf zerbrechen. Der jetzige konkrete Termin passt uns sehr gut. Der nächste Kontakt von mir kommt dann vom Festland in Europa. Alles okay soweit?«
Sein Auftraggeber in Europa war hochzufrieden und meinte dann nur noch abschließend: »Ja, alles okay. Kontaktieren Sie mich augenblicklich, wenn irgendwelche Probleme auftauchen sollten. Ansonsten, bis zur nächsten Woche.«
Damit war das kurze Gespräch vorüber.
Ein gewinnendes Lächeln umschmeichelte Checkters schmale Lippen, als er anschließend die nächste Nummer anwählte. Es war die Nummer von Colin McDermott.
Checkter hatte McDermott fast augenblicklich in der Leitung, und dann kam eine Frage, die ihm schon auf den Lippen brannte. »Hallo Colin, wie weit seid ihr?« Und er lauschte ins Telefon, gespannt abwartend.
»Na, Alter, bist du schon unruhig? Hier bei uns ist alles in Ordnung, alles läuft rund.«
Checkter konnte kaum an sich halten. Verdammter, alter Schotte!
Aber sich zur Ruhe zwingend, wiederholte er seine Frage noch einmal mit Nachdruck. Er wollte Konkretes.
Und mit seiner krächzenden Whiskystimme antwortete McDermott dann auch sachlich. »Die Zusatztanks sind installiert und angeschlossen, musste den neugierigen Menschen hier erst einmal beipulen, dass ich eine neue Kurier-Frachtlinie eröffne und dazu mehr Tankvolumen benötige. Tja, habe auch mein Cockpit noch etwas modifiziert, sodass wir die Grumman nun auch gut zu zweit fliegen beziehungsweise starten und landen können. Und wann soll die große Nummer nun laufen?«
»Du musst in drei Tagen, also am Dienstagnachmittag um 15 Uhr Ortszeit 50 Kilometer östlich von Sacassongo auf einer Hochebene landen. Dort ist die Piste, und auch in einem annehmbaren Zustand. Wir geben dir orangefarbene Rauchzeichen. Sobald du gelandet bist, musst du dich unverzüglich in Startposition begeben, wir kommen dann zu dir.«
»Das hört sich aber alles äußerst eng an. Außerdem musst du mir schnellstens einen deiner Leute nach Huambo schicken. Es geht schließlich nicht alles von ganz allein.«
»Okay, ich versuche, dass Ronaldo einen Tag vor dem Aufbruch bei dir aufschlägt. Okay?«
»In Ordnung, dann müssen wir zwar ordentlich ran robben, aber es ist zu schaffen. Da er ja schon ordentlich Flugerfahrung hat, sollte er sich schnell die wichtigsten Sachen aneignen können. Hast du sonst noch etwas?«
»Nein, wir sprechen Dienstagmorgen noch kurz und klären den Rest, sobald sich etwas verändern sollte, morse ich dich an.«
»Okay, bis dann, ich erwarte deinen Mann!«
Damit war wieder ein Telefonat beendet.
Checkter legte das Telefon beiseite, nahm sein Fernglas und suchte hoch konzentriert die Hochebene nach irgendwelchen Bewegungen ab. Allerdings konnte er nichts Verdächtiges ausmachen, keine Schergen der UNITA hier oben unterwegs.
Dann wandte er sich an die mittlerweile schon in einer fast ausgehobenen Grube stehenden Grabenden. »Also, wenn der Unterstand fertig ist, grabt ihr in der Mitte noch etwas tiefer, um dort eine Kiste mit einigen Waffen verstecken zu können. Die Uzis mit den Laufvorsätzen für die Gewehrgranaten packt ihr extra. Auf die Waffenkiste muss mindestens so viel Erde, ich würde mal sagen, anderthalb Spatenstiche hoch, denn sollte das hier jemand entdecken, wird er nur in der Erde herumbröckeln und nicht tief graben. So bleibt die Kiste unentdeckt. Alles klar soweit?«
»Jep, geht klar!«
Wortlos fuhren die drei fort, den Unterstand schnellstmöglich in Form zu bringen, während Checkter unablässig die Gegend beobachtete.
Irgendwann sprach er dann Hagos an.
»Sag mal, Abiel, welche Handfeuerwaffen hast du uns eigentlich besorgt?«
»Ich dachte, für unseren Zweck wären Walther PPK, 9 mm mit 10er Stangenmagazin von Vorteil. Mit Schulterhalfter kann man die fast unsichtbar am Körper tragen, ohne dass es große Beulen wirft.«
»Okay, jeder nimmt sein Halfter, seine Knarre und drei Reservemagazine. Ronaldo, du siehst zu, dass du morgen einen Streit vom Zaun brichst und sofort gefeuert wirst. Sobald du dann deine Klamotten beisammen hast, fährst du unverzüglich zum Flughafen und fliegst mit dem nächsten Flieger nach Huambo zu Colin. Dort bekommst du eine kurze, deftige Einweisung auf die Grumman. Du musst das so beherrschen wie die Amis damals, als sie mit den Kisten auf dem Flugzeugträger gestartet und gelandet sind, mit diesen fliegenden Ersatzteillieferanten. Und ansonsten sehen wir uns Dienstag, in alter Frische!«
Zügig wurden die letzten Arbeiten an dem Unterstand erledigt, und zu guter Letzt wurde das Tarnnetz, welches das Auto abgedeckt hatte, über den soeben neu entstandenen Unterstand gezogen.
Er wirkte nur noch unwirklich wie eine kleine Erhebung am Rande der Ebene, absolut unauffällig.
»Alles klar, Jungs. Nun ab ins Auto und zurück zur Cocotaco Mine. Hier sind wir für heute fertig. Wir werden vor Dienstag hier nicht wieder aufkreuzen. Ab dafür!«
In eine leichte Staubwolke gehüllt verließ der Rover mit seinen vier Insassen langsam die Hochebene in Richtung Saurimo.
Ein leichter Wind strich über die Hochebene, und im Nu hatte sich der Staub des sich immer weiter entfernenden Autos verflüchtigt.
Und nichts deutete mehr auf einen Besuch der vier hin, alles wirkte so wie immer, unberührt.
Dienstagmittag
Checkter, Hagos und Sundström hatten morgens sehr vorsichtig und unauffällig ihr kompletten Habseligkeiten und die restlichen Ausrüstungsgegenstände in dem Land Rover verstaut.
Ferreiro weilte bereits seit gut anderthalb Tagen bei McDermott in Huambo und war zwischenzeitlich mit den Instrumenten und ihrem Umgang im Cockpit der Grumman vertraut gemacht worden.
Bisher lief alles nach Plan, der einzige wirkliche Wermutstropfen bei der ganzen Geschichte war aber folgender: Vor einem Tag waren in der Nähe von Saurimo UNITA-Rebellen gesichtet worden, die komplette Gegend befand sich in äußerster Alarmbereitschaft.
Trotz alledem trafen die drei um 12:30 Uhr auf der Hochebene ein, außer ihnen im Augenblick kein Mensch weit und breit.
Sie waren aufs Höchste angespannt, alle wirkten konzentriert.
In Windeseile war das Auto getarnt, die Blechkiste ausgegraben, und für den Fall der Fälle lagen die Schnellfeuerwaffen schussbereit.
Hagos stand ganz dicht bei ihrem Fahrzeug und beobachtete angespannt durch sein Fernglas die komplette Gegend um sie herum.
Allmählich bewegten sich die Uhrzeiger auf 14 Uhr zu.
Sundström hatte zwischenzeitlich alle Vorbereitungen absolviert und war noch einmal all seine Systeme durchgegangen, alle Testläufe positiv.
Er hatte das Pult mit der Fernsteuerung, den diversen Knöpfen und Hebeln bereits scharf geschaltet.
Alle Leuchtdioden zeigten grün, alles okay.
Plötzlich ertönte ein leises Zirpen aus dem Lautsprecher an Sundströms Anlage.
»Macht euch bereit, die Maschine ist soeben gestartet!«
Das Wetter war gut, wenig Wind, aber sehr schwül und einige dünne Wolken am Firmament.
Dafür floss der Schweiß in Strömen, denn nun trugen sie alle Kampfanzüge, ihre Handfeuerwaffen lagerten im Schulterholster, und sie hatten sich ihre Uzis umgehängt.
Nun nahmen sich Checkter und Hagos die Gasmasken, streiften die Halteriemen über den Kopf. Die Masken hingen nun locker vor der Brust.
Zwei Minuten später legte Sundström den ersten Hebel an seinem Pult um, und in dem soeben gestarteten Flieger erlosch sofort sämtlicher Funkverkehr, auch der mit dem Tower.
Er legte einen zweiten Hebel um, und im kompletten Flieger verbreitete sich über die Klimaanlage eine Gaswolke, die augenblicklich die Besatzung sowie die Wachmannschaft in Tiefschlaf versetzte.
Von Weitem hörte man das tiefe Brummen einer anfliegenden Maschine.
»Okay, ich habe sie im Griff«, meinte Sundström relaxt, er bediente einige Hebel an seinem Pult, und in diesem Augenblick konnte man die Maschine im Dunst über der Ebene erkennen.
Hagos blickte Checkter an, voller seltsamer Gedanken.
»Das wird nie was, das gibt einen Haufen Schrott!«
»Passt auf, ich nehme jetzt den Dampf raus und setzte zum Landen an!«
Wieder arbeitete er mit Hebeln und Rädern an seinem Pult, die Maschine näherte sich, wie es schien, viel zu schnell.
Aber Sundström blieb ganz cool, vertraute auf seine Technik und arbeitete mit ihr, unbeirrbar.
Die Maschine war in Sinkflug, das Fahrwerk war ausgefahren sowie die Landeklappen.
»Los, ihr beiden, macht euch fertig, rein ins Auto!«, rief er ihnen zu.
Ohne sich großartig zu besinnen, sprangen Checkter und Hagos aus dem Unterstand, das Tarnnetz flog vom Auto.
In diesem Augenblick donnerte die Werksmaschine der Cocotaco Mine mit ausgefahrenem Fahrwerk, hochgestellten Bremsklappen und nun schon mit wesentlich weniger Geschwindigkeit sehr dicht über ihre Köpfe hinweg.
Sundström drückte die Maschine auf die Ebene und leitete den Gegenschub ein, während Checkter und Hagos in ihrem Rover bereits gestartet waren und in wilder Fahrt neben dem bereits gelandeten Flieger herjagten.
Sie merkten nicht, wie die aufspritzenden Steine das Auto malträtierten, sie merkten gar nichts. Sie mussten nur den Flieger auf Abstand und im Auge behalten.
Nun betätigte Sundström die Bremsen, alles funktionierte ausgezeichnet, nur stimmten vielleicht seine Berechnungen nicht ganz, die Piste war kürzer, als er gedacht hatte, und plötzlich war sie zu Ende. Aber der Flieger hatte nicht mehr allzu viel Vortrieb, allerdings sackte das Bugrad weg, die Maschine drohte sich aufzustellen, aber das Bugrad brach unter der Belastung weg, und die Maschine schlitterte, schlingerte weiterhin vorwärts, aber nach wenigen weiteren Metern stand die Maschine.
Im gleichen Augenblick erreichten die beiden Verfolger mit ihrem Land Rover den waidwunden Flieger, ein einziger Schuss, und die Gewehrgranate hatte die Steuerbordtür aus der Verankerung gerissen, und sie stürzte zu Boden. Sofort klinkten sie ihre Hakenleiter in den Türrahmen und erklommen behände den Flieger. Ohne Zeit zu verlieren, fesselten sie die immer noch betäubten Besatzungsmitglieder und die Wachmannschaft.
Mit der nächsten Gewehrgranate sprengten sie die Tür zum Frachtraum.
Und dann sahen sie ihre Beute, sechs wunderbare, glänzende Aluminiumkisten.
Einen kurzen Augenblick war ihnen, als hörten sie bereits den tiefen Ton der Turbinen der anfliegenden Grumman.
»Ich glaube, Colin ist schon da!«, rief Checkter durch die Gasmaske.
Die Hitze auf der Hochebene war im Moment beinahe unerträglich, und der Schweiß floss in Strömen.
Unter den Gasmasken, die Checkter und Hagos immer noch trugen, war es schier nicht zum Aushalten, aber im Inneren des Wracks waberten immer noch vereinzelte Gaswolken. Trotzdem hatten sie es geschafft innerhalb kürzester Zeit die Behälter mit den Rohdiamanten umzuladen.
Kurzerhand eine der Kisten geöffnet und ein kontrollierender Blick – es war die heiße Ware, alles gut.
Hagos war auf der Ladefläche des Rovers geblieben, während Checkter versuchte, so schnell wie möglich die Ebene zu überqueren, um zu der nun bereits gelandeten Grumman zu gelangen.
Die Grumman stand mit laut dröhnenden Motoren schon wieder in Startposition auf der Höhe des Unterstandes, und so wie Checkter erkennen konnte, luden Sundström und Ferreiro gerade die Ausrüstung und ihre Klamotten in den Flieger, Colin hatte das Cockpit nicht verlassen.
Mit blockierenden Rädern stoppte Checkter in einer dichten Staubwolke direkt neben der Einstiegsluke der Grumman, sprang aus dem Fahrzeug, während Hagos schon die ersten Kisten in den Flieger hievte.
In höchster Eile wurde alles verladen.
Checkter und Hagos zogen sich gewandt in den Flieger, er rollte bereits, als urplötzlich Gewehrschüsse zu hören waren.
Verdammter Mist, sie tauchten auf wie die Buschaffen, Rebellen der UNITA. Wo kamen die denn auf einmal her?
Und Checkter schrie aus voller Brust, um den Motorenlärm zu übertönen.
»Los Colin, gib voll Stoff, wir müssen hier weg. Wenn die Bastarde uns treffen, machen wir mit dem ganzen Sprit im Bauch einen brandheißen Abgang!«
Die beiden Triebwerke brüllten unter voller Last, und die Grumman schoss über die Ebene, während Checkter in der offenen Luke lag, von Hagos gehalten.
Er zielte auf die nicht enden wollenden Mündungsfeuer und schoss eine Gewehrgranate nach der anderen genau dorthin. Er sah noch in den feurigen Explosionen Körper durcheinanderwirbeln, da zogen McDermott und Ferreiro die Maschine anscheinend mühelos hoch.
Doch dann: plopp, plopp und nochmals zweifach plopp. EINSCHLÄGE. Sehr schnell gewannen sie nun an Höhe.
Hagos, Checkter und Sundström hatten es endlich geschafft, die Einstiegsluke zu verriegeln.
Der Flieger, im Steigflug, stabilisierte sich.