Die Ahnen - Horst H. Geerken - E-Book

Die Ahnen E-Book

Horst H. Geerken

0,0

Beschreibung

Briefe, Tagebücher und Dokumente aus den vergangenen Jahrhunderten lieferten die Details für diese packende Lektüre. Dies ist kein übliches Buch mit trockenen Daten. Es ist eine Zeitgeschichte vom Mittelalter bis heute, die Geschichte einer interessanten, einflussreichen und weitverzweigten Familie mit abenteuerlichen Lebensläufen. Der Großvater des Autors war der Kunstmaler Johann Hinrich Geerken und die Tante Haushälterin bei Albert Einstein. Von Bauern und Erfindern, Künstlern und Handwerkern, aber auch von mutigen Frauen, die in schwierigen Zeiten ihre Familien allein durchbringen mussten, erzählt dieser reich bebilderte Band. Unter den Vorfahren findet sich der berühmte Uhrmachermeister für Turmuhren Johann Michael Mannhardt, dessen Turmuhren noch immer in der ganzen Welt die genaue Zeit anzeigen, ebenso wie Wilhelm Emmanuel Johann Mannhardt, ein Wissenschaftler und Mennonit, dessen Werke bis heute verlegt werden. Das Buch führt uns bis ins Japan der Meiji-Periode, wo Carl August Schenk als Wissenschaftler an der Universität von Tokio lehrte und bis heute als Vater der japanischen Mineralogie verehrt wird, nach Indonesien, wo der Autor viele Jahre lebte und arbeitete, und nach Australien, Amerika und Griechenland, wo große Teile der Familie heute leben. Viele interessante historische Anekdoten und Abbildungen machen das Buch lesenswert, nicht nur für die Verwandtschaft. Es ist ein Dokument der Zeitgeschichte.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 679

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Nur wer weiß woher er kommt, weiß, wohin er geht!

Dieses Buch ist gewidmet:

meiner liebenswerten Tochter Regina Permata in Australien, die nun selbst eine bewundernswerte Mutter ist und die mich bat, die vorliegende Familiengeschichte für die Nachkommen aufzuschreiben, sowie

meinen Enkelkindern Thomas, Oskar und Skyla Blue, die vielversprechend in die Fußstapfen ihrer Ahnen treten,

posthum meinem Großvater mütterlicherseits, Karl Martin Mannhardt, den ich als einzigen meiner Großeltern noch erleben durfte,

posthum meinen fürsorglichen und lieben Eltern, die mich entscheidend geprägt haben,

posthum meiner Schwester Gudrun, die während meiner Kindheit mein Kindermädchen war,

sowie den noch lebenden direkten Familienmitgliedern, wie

meinem Bruder Hartmut, der mich bei der Ahnenforschung immer wieder unterstützte, und seinen Nachkommen, und

meiner Cousine Cynthia Zipf in den USA, die mir viele Unterlagen ihrer Großmutter, meiner Tante Athene, zur Verfügung stellte.

Dieses Buch widme ich auch allen mir nachfolgenden Generationen, in der Hoffnung, dass die Aufzeichnungen über unsere Familie viele Generationen lang weitergeführt werden. Dieses Buch soll dazu den Grundstein legen.

Der Ahnenforscher

Ein Mensch geht auf die 60 zu, da lässt ihm eines keine Ruh’: er muss in alten Schriften kramen, wo komm’ ich her, wer war’n die Ahnen?

Er findet kaum des nachts ins Bett, denn er sucht meist im Internet.

Auch tags geht weiter diese Hatz, er surft sogar am Arbeitsplatz.

Dort geht man ihm sehr auf die Nerven, dauernd stört man ihn beim Surfen.

Da sagt er sich: Das hat ein Ende, ich geh einfach jetzt in Rente.

Nun hat er Zeit und kommt rasch weiter, und der Erfolg, der stimmt ihn heiter.

Er stößt auf viele Hugenotten, und das war’n keine Hottentotten, er stößt auf viele Denker und auf Dichter, auf viele noble Gesichter, darunter auch auf adlige Gestalten, er stößt sogar auf Fritz, den Alten!

Da fragt er sich: Ist das ein Witz? Ich stamme ab vom alten Fritz?

Oder war’s ein andrer Friederich? Er hängt das erstmal niederich.

Fritz, Friedrich, Frieder? Alles Asche! War’s Friedel mit der leeren Tasche?

Er klopft aufs Portemonnaie sogleich – nein, dafür bin ich doch zu reich!

Doch viele Fragen bleiben offen, er muss auf neue Fakten hoffen.

Er sucht in Potsdam, Polen, Leipzig – das kostet Geld, er ist nicht geizig.

Schon öffnet sich ein neues Tor: sehr häufig kommt ein Karl jetzt vor.

Das macht ihn nun doch sehr betroffen, auf welchen Karl kann er denn hoffen?

Er fragt zum wiederholten Male: War’s Karl der Kühne, Karl der Kahle?

Vorm Spiegel prüft er die Erscheinung und kommt ganz schnell zu dieser Meinung: Karl der Kahle? Nein, bewahre! Dafür hab ich zu viele Haare.

Vom kühnen Karl bin ich ein Sohn, denn mutig war ich immer schon!

Der Spiegel bringt auch Ungemach, und kritisch denkt er drüber nach: bei grad einssiebzig könnt man meinen, man stammt von Pippin dem Kleinen.

Doch dann ist er darauf gestoßen, nach diesem kam’s zu Karl dem Großen.

Noch ein Karl, und was für einer! So einen Vorfahrn hat wohl keiner.

Das ist ein Ahne, will er meinen. Jetzt ist er voll mit sich im Reinen, ihn freun die Ehre und der Ruhm, und weiter geht’s ins Altertum.

Er landet bald bei den Germanen, da gab es schon mal seinen Namen, fast klang es wie bei diesem „Thor“, das kommt dem Forscher komisch vor.

Drum sucht er Römer, Griechen, Kreter, gibt es vielleicht auch dort noch Väter?

Und er vereinnahmt frisch und froh, Demosthenes und Cicero.

Die sind als meine Ahnen recht, denn reden kann ich auch nicht schlecht.

Bei den Hebräern gibt es Lücken, kein neuer Fund will ihm mehr glücken!

Die ganze Forschung kommt ins Stocken, nichts ist den Qumran-Urnen1 zu entlocken.

Doch, lieber Forscher, bei dem Drang ist mir um Folgendes nicht bang: Ruhe wirst Du einst erst haben, wenn Du den Noah ausgegraben, den mit der Arche und den Tieren. Willst Du mit dem Dich nachmals zieren als Deinem allerletzten, höchsten Ahnen, dann lieber Freund, muss ich Dich mahnen:

Ich sage Dir als Dein Berater: der ist nicht nur von Dir der Vater!

Auf den kannst Du allein nicht hoffen, die andern sind ja abgesoffen.

Von dem stammst Du und ich, wir alle, was gilt darum in diesem Falle?

Sind wir auch noch so viele Leute, klar ist der Anfang, auch das Heute, nur in der ziemlich breiten Mitte, da fehlen viele Zwischenschritte.

Nach denen forsche tapfer weiter und bleibe dabei immer heiter und bleib trotz Aktenstaub gesund, dann glückt Dir auch noch mancher Fund.

Bis wir den Noah einst begießen, magst Du noch manche Lücke schließen.

(Herdzigo)

1 Schriftrollen vom Toten Meer

Wenn deine Ahnen erzählen könnten...

Wenn du deine Ahnen sehen könntest, wenn sie alle vor dir stünden, wüsstest du mehr als ihre Daten, wann sie geboren, wann sie gingen?

Das alleine wär’ zu wenig, bitte sei zu mehr bereit, sie alle hatten vor dir ihr Leben, durchlebten Freud und Leid.

Wenn du deine Ahnen sehen könntest, wärst du auf sie stolz?

Wär’n Grafen, Ritter, Edelleut’ und Bauern aus einem Holz?

Erfreut dich nur der eine, der im Licht der Helden steht, oder grüßt du auch den armen Schlucker, der sein Brot umdreht?

Wenn du deine Ahnen erleben dürftest, in ihrer eigenen Welt, dann wüsstest du, was in ihrem Leben wirklich war von Wert.

Ein Dach, das die Familie schützt, ein Feuer, etwas Brot, wenn Friede herrscht, kein Kind ist krank, dann ist auch keine Not.

Wenn du deine Ahnen treffen könntest, was sagen sie zu dir?

Das du bald selbst ein Ahne bist, ein Name auf Papier.

Nun überleg dir, was man später sich von dir erzählen wird und behandle jeden Ahnen mit dem Respekt, der ihm gebührt.

(unbekannt)2

2 Beide Gedichte aus dem Internet: Wiki-de.genealogy.net/Sprueche/Der_Ahnenforscher

Inhaltsverzeichnis

Dank

Vorwort

Geerken/Gerken, meine Vorfahren väterlicherseits

3.1 Johann Hinrich Geerken (1855–1925)

3.2 Ausstellung der Bilder von Johann Hinrich Geerken (1855–1925) im Heimatmuseum in Wiefelstede

3.3 Die Kinder von Johann Hinrich Geerken (1855–1925) und Marie Christiane, geborene Thiel (1859–1923)

3.3.1 Marie Luise Dörr, geborene Geerken (1886–1949)

3.3.2 Helene Margarete Lorch, geborene Geerken (1889–1966)

3.3.3 Else Geerken (1893–1983)

3.3.4 Lydia Bauder, geborene Geerken (1894–1973)

3.3.5 Athene Vetterlein, geborene Geerken (1896–1980)

3.3.6 Heinrich August Geerken (1898–1990)

3.4 Die Kinder, Enkel und Urenkel von Heinrich August Geerken (1898–1990) und Lina Klara, geborene Mannhardt (1896–1986)

3.4.1 Erste Ehe: Gudrun Leonhardt (geschieden) geborene Geerken, zweite Ehe: Gudrun Grell, geborene Geerken (1928–2002)

3.4.2 Horst Heinrich Geerken (geboren 1933)

3.4.2.1 Die Tochter Regina Permata Tothill, geborene Geerken (geboren 1964), von Hannelore Frick (geboren 1936) und Horst Heinrich Geerken

3.4.3 Hartmut Geerken (geboren 1939)

Thiel, die Vorfahren meiner Großmutter Marie Christiane Geerken, geborene Thiel (1859–1923)

4.1 Die Kinder von Heinrich Christian Thiel (1806–1872) und Sibille Dorothea Thiel, geborene Häbig (1818–1891)

4.1.1 Marie Christiane Geerken, geborene Thiel (1859–1923)

4.1.2 Heinrich Thiel (1849–1915)

4.1.3 August Thiel (1961–1920)

Mannhardt, meine Vorfahren mütterlicherseits

5.1 Johann Michael Mannhardt (1798–1878)

5.2 Jacob Mannhardt (1801–1855) und Wilhelm Emmanuel Johann Mannhardt (1831–1880)

5.3 Karl Martin Mannhardt (1864–1941), mein Großvater

5.4 Die Ehefrauen meines Großvaters Karl Martin Mannhardt: Meine Großmutter Emma Barbara, geborene Oechsler (1868–1905) und ihre Cousine Martha, geborene Oechsler (1880–1912)

5.5 Die Kinder meines Großvaters Karl Martin Mannhardt

5.5.1 Karl Martin Mannhardt (1892–1979)

5.5.2 Emma Fanny Büchler, geborene Mannhardt (1894–?)

5.5.3 Lina Klara Geerken, geborene Mannhardt (1896–1986)

5.5.4 Hedwig Mannhardt (1898–1940)

5.5.5 Otto Mannhardt (1906–1940)

Schenk, die Vorfahren meiner Urgroßmutter Sophie Christine Schenk (1838–1903)

6.1 Carl August Schenk (1838–1904). Ein vergessener Pionier während der Meiji-Periode in Japan

Weitere Linien der Verwandtschaft

7.1 Die Linie Geerken/Gerken, Bäke I

7.2 Die Linie Geerken/Gerken/Franneck/Fournarakis, Bäke II

Nachwort

Anlagen

zu 3.0: Die Doppelringwallanlage Bokeler Burg – das älteste Kulturdenkmal des Ammerlandes

zu 3.3.5: Athene Vetterlein, geborene Geerken: Für meine Geschwister in Deutschland, niedergeschrieben am 3. Dezember 1941

zu 3.4.3: Hartmut Geerken: Tagebucheintrag von Karl Kompe

zu 5.1: Johann Michael Mannhardt (1798–1878)

zu 5.6.3: Lina Klara Geerken, geborene Mannhardt: Der letzte Brief an meine Mutter

zu 6.1: Carl August Schenk (1838–1904)

zu 7.2: Aus Wikipedia: Joachim Ger(c)ken (gestorben 1544)

Ahnentafeln

Ahnentafel I (zu Kapitel 3.0 und 3.1)

Ahnentafel II (zu Kapitel 3.3)

Ahnentafel III (zu Kapitel 3.4)

Ahnentafel IV (zu Kapitel 4.0)

Ahnentafel V (zu Kapitel 5.0, 5.1 und 5.2)

Ahnentafel VI (zu Kapitel 5.3, 5.4 und 5.5)

Ahnentafel VII (zu Kapitel 6.0 und 6.1)

Ahnentafel VIII (zu Kapitel 7.2)

Ahnentafel IX (zu Kapitel 7.2)

1.0 Dank

Zuallererst danke ich meinem Bruder Hartmut für unzählige Unterhaltungen über unsere Vorfahren, bei denen wir uns immer wieder an manche vergessene Anekdote erinnerten. Alle Dokumente und Fotos, die in diesem Buch verwendet wurden, befinden sich – wenn nicht anders genannt – im Familienbesitz von meinem Bruder und mir.

Die Originale der in Öl gemalten Bilder und die Portraits, die mein Großvater Johann Hinrich Geerken gestaltet hat, wie auch alle seine Glasmalereien, werden als Dauerleihgabe im Heimatmuseum in Wiefelstede bei Oldenburg aufbewahrt. Nach Fertigstellung dieses Buches werde ich noch weitere Gegenstände meines Großvaters, wie die Hochzeitsbibel oder das Poesiealbum seiner Ehefrau, dem Heimatmuseum übergeben.

Für die gute Zusammenarbeit mit dem Heimatmuseum in Wiefelstede bedanke ich mich posthum ganz besonders bei Herrn Wolfgang Hase, der 2001 die Ausstellung im Heimatmuseum mit Gemälden meines Großvaters Johann Hinrich Geerken organisiert hat, ebenso bei dessen Nachfolger Herrn Herbert Heinen und dessen Nachfolger Herrn Eckard Klages. Alle waren ausgesprochen hilfsbereit bei Recherchen zu dem Zweig der Vorfahren aus dem hohen Norden Deutschlands, und bei Nachfragen stand man mir immer hilfreich zur Seite. Da die anlässlich der Ausstellung von 2001 von einem professionellen Fotografen gemachten Aufnahmen der Ölgemälde meines Großvaters durch den plötzlichen Tod von Herrn Hase nicht mehr auffindbar waren, hat sich freundlicherweise Herr Klages bereiterklärt, für dieses Buch nochmals Aufnahmen zu machen. Dafür danke ich ihm ganz besonders.

Wenn ich den Durchblick in den verschachtelten Familienverbindungen des Zweiges der Mannhardts verlor, konnte mir meine Cousine Martha Ladenburger, geborene Mannhardt, oft weiterhelfen. Dafür danke ich ihr ganz herzlich.

Ganz besonders danke ich Cynthia Jones-Zipf, der Tochter meiner bereits verstorbenen Cousine Jean Zipf aus den Vereinigten Staaten von Amerika. Jean Zipf ist die Tochter von Athene Vetterlein, geborene Geerken, die mit ihrem Ehemann Ernst in die Vereinigten Staaten von Amerika ausgewandert ist. Jean Zipf und ihre Tochter Cynthia haben mir viele Fotos und Unterlagen zur Familiengeschichte der Geerken übergeben. Viele dieser Informationen sind in dieses Ahnenbuch mit eingeflossen. Cynthia kenne ich seit sie noch ein Baby war, und wir haben bis heute ein sehr enges familiäres Verhältnis und besuchen uns regelmäßig.

Ich bedanke mich besonders herzlich bei Herrn Dr. Takeshi Ozawa aus Japan, der ein unbeirrbares Interesse an der Geschichte von Professor Carl August Schenk zeigte und mir interessante Hinweise über dessen beruflichen Aufenthalt an der Universität Tokyo3 in Japan gab. Herr Takeshi Ozawa studierte acht Semester an einer japanischen Universität und zwei Semester Physik an der Universität in München. Zu Recherchen über deutsche Wissenschaftler in Japan während der Meiji-Periode besuchte er wiederholt Deutschland. Als Mitglied der ‚Japanischen Gesellschaft für die Geschichte der Wissenschaft‘ forscht und schreibt er über die Geschichte der Naturwissenschaft in Japan.

Außerdem danke ich sehr meinem Großcousin Wolfgang Menz. Von ihm erhielt ich Fotos aus Japan, die Carl August Schenk 1892 seiner Schwester Sophie Christine, also meiner Urgroßmutter, in San Francisco übergab. Vielleicht erhielt meine Urgroßmutter diese Unterlagen auch schon früher, während Carl Augusts Zeit in Japan, per Post oder Kurier. Diese Fotos und Drucke stammen aus den 1870er Jahren und wurden mir von Wolfgang Menz für dieses Werk zur Verfügung gestellt. Seine Mutter Hilde Menz und Großmutter Lina Friedel konnten mir noch viel über unsere gemeinsame Urgroßmutter Sophie Christine erzählen.

Bei Anne Schlichtiger-Mason bedanke ich mich für das Redigieren handgeschriebener Notizen meines Vaters.

Außerdem bedanke ich mich bei den immer freundlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Stadtarchivs in Heilbronn am Neckar, dem Kulturdezernat in Schwäbisch Gmünd, dem Bürgermeister/Kulturdezernat in Strasen/Neustrelitz in Mecklenburg, dem Stadtarchiv in Wesenberg, dem Stadtarchiv in Friedrichstadt, dem Institut für deutsche Adelsforschung, der Oldenburgischen Gesellschaft für Familienkunde e.V. in Oldenburg, der Mennonitischen Forschungsstelle/Mennonitischer Geschichtsverein e.V. in Bolanden-Weierhof, der Evangelischen Kirchengemeinde in Aalen, dem Ahnenforscher Dr. Arthur Mez in Oberkochen und dem Staatsarchiv in Schwerin. Alle haben mir immer geduldig Auskunft gegeben und ich konnte in den dort vorhandenen Dokumenten forschen.

Außerdem bedanke ich mich bei Herrn Wilfried Harms, der sich intensiv mit der Heimatgeschichte in Wiefelstede und Bokel beschäftigt und das Buch ‚Wiefelstede gestern und heute‘ verfasst hat. Er hat wertvolle Informationen über die Geschichte der Region beigesteuert.

Die Oldenburgische Gesellschaft für Familienkunde4 in Oldenburg war besonders hilfreich. Von ihr erhielt ich wichtige Informationen über Auswanderer mit den Namen Geerken und Gerken, sowie über die Ahnen in Wiefelstede und den Gemeinden Rastede und Varel.

Dem Leiter des Kölner Domarchivs Herrn Klaus Hardering danke ich sehr. Er hat mir freundlicherweise Unterlagen zu der Turmuhr im Kölner Dom zur Verfügung gestellt, die bei dem Bruder meines Ururgroßvaters, dem Turmuhrfabrikanten Johann Mannhardt, 1876 in Auftrag gegebenen wurde. Mit Herrn Hardering durfte ich den sonst nicht zugänglichen sogenannten Uhrenboden im Kölner Dom besuchen, in dem die Turmuhr bis heute voll funktionsfähig ihren Dienst tut.

Herrn Gerd Gerken und seiner Frau Annegret aus Wiefelstede danke ich sehr für Informationen zu der Linie Bäke I, die Johann Friedrich Geerken, dem Bruder meines Großvaters, nachfolgt. Johann Friedrich Geerken war der Urgroßvater von Gerd Gerken. Während meiner Aufenthalte zu Recherchen in Wiefelstede durfte ich immer ihre große Gastfreundschaft genießen und Hilfsbereitschaft erfahren. Sie knüpften Kontakte zu Personen, die für meine Nachforschungen von Wichtigkeit waren und machten meine Aufenthalte in Wiefelstede so angenehm wie möglich. Gerd Gerken und ich haben denselben Ahnen Friedrich Geerken (1817–1894).

Carmen Fournarakis danke ich für Informationen, die sie zu dem Buch beisteuern konnte. Erst im Laufe der Recherchen erfuhr ich, dass wir mit ihr noch eine weitläufige Verwandte in Athen in Griechenland mit einem weiteren Zweig Bäke II haben. Ihr Großvater, Bankier in Bremen, war derjenige, der meinen Großvater Johann Hinrich Geerken im Osten Deutschlands, im Freigut Strasen bei Neustrelitz, aufnahm und während seines Studiums an der Kunstakademie München und seines Schaffens in der Region finanziell unterstützte.

Nicht zuletzt möchte ich noch Michaela Mattern für das Lektorat und Barbara Bode für ein weiteres Lektorat und die Erstellung des Buchblocks danken. Beide haben mich bei diesem umfangreichen und arbeitsintensiven Buchprojekt hervorragend unterstützt.

Horst H. Geerken Bonn, im Sommer 2018

3 Tokyo wurde damals Yedo genannt

4www.auswanderer-oldenburg.de

2.0 Vorwort

Für die Betrachtung der Familiengeschichte der Geerkens ist der Familien-Roman ‚Die Hartjes‘ des Heimatdichters August Hinrichs von großer Bedeutung. In dem Roman wird die Geschichte der Vorfahren der Geerkens im hohen Norden Deutschlands, rund um Wiefelstede, Gristede und Bäke, in dichterischer Freiheit nacherzählt.

Der Autor des Buches, der 1956 verstorbene August Hinrichs, hatte sich als führender Heimatschriftsteller im Nordwesten Deutschlands etabliert. Die Erlebnisse in seinem großelterlichen, fast 400 Jahre alten Stammhaus ganz in der Nähe des Geerken-Hofs blieben ihm immer lebendig. Wie ich von Frieda Gerken und anderen älteren Bewohnern von Wiefelstede erfahren habe, soll er in seiner Jugend regelmäßig auf dem Geerken-Hof verkehrt haben. Daher waren ihm die dortigen Familienverhältnisse bestens bekannt. Die Verbindung von ihm und seiner Familie5 zu den Geerkens/Gerkens soll in den 1920er Jahren besonders eng gewesen sein, weshalb August Hinrich deren Geschichte zum Vorbild seines Romans ‚Die Hartjes‘ machte.6 Auch der Name ‚Hartje‘ sollte die Nähe zu ‚Junker Geertje‘, der Hauptperson des Romans, zeigen.

Das erlebte Heimatgefühl bildete die Grundlage des Romans, der die Personen und die Umgebung dort beschreibt, wo sie lebten und geboren wurden. Über seinen Roman ‚Die Hartjes‘ sagte Hinrichs: „An keinem meiner Bücher habe ich mit solch großer Freude gearbeitet und keines ist mir lieber geworden.“

Abb. 2.0-1: Buch ‚Die Hartjes‘, Nachdruck 19497

Abb. 2.0-2: Signatur von Frieda Gerken und Heinrich Geerken im Juli 1986 in Wiefelstede in der Ausgabe von 1929

Abb. 2.0-3: Buch ‚Die Hartjes‘, Nachdruck 1956

Abb. 2.0-4: Klappentext zu Nachdruck 1956

Hinrichs hat für Geerken in seinem Roman – wie bereits gesagt – den Namen Hartje verwendet. In meiner kurzen Nacherzählung in Kapitel 3 habe ich dafür wieder den ursprünglichen Namen Geerken eingesetzt.

Vor einigen Jahren eröffnete ich zusammen mit meinem Bruder Hartmut eine Ausstellung mit Gemälden und Glasmalereien meines Großvaters, Johann Hinrich Geerken, einem Kunstmaler, im Heimatmuseum in Wiefelstede. Dabei hatte ich große Schwierigkeiten, Einzelheiten über sein Leben in Erfahrung zu bringen. Johann Hinrich Geerken war bereits verstorben, als ich geboren wurde, und zu seiner Ehefrau und seinen Kindern hatte er schon lange vor seinem Tod den Kontakt abgebrochen. Im Ersten und Zweiten Weltkrieg wurden außerdem viele Dokumente, Briefe und Unterlagen aus dem Familienbesitz zerstört oder gingen verloren. Sein Leben kann ich daher nur aus den Bruchstücken, die ich bisher gefunden habe, und aus Erzählungen meines Vaters und naher Verwandter nacherzählen.

Durch einen glücklichen Zufall kam ich mit Herrn Dr. Takeshi Ozawa aus Tokyo in Kontakt, der Informationen deutscher Wissenschaftler, die während der Mitte des 19. Jahrhunderts in Japan im Auftrag der japanischen Regierung tätig waren, sammelte. Gleichzeitig beschäftigte ich mich mit Professor Carl August Schenk, dem Bruder meiner Urgroßmutter mütterlicherseits8, der genau zu dieser Zeit in Japan als Wissenschaftler an der Universität in Tokyo9 wirkte. Schicksal oder Zufall?

Herr Dr. Takeshi Ozawa fragte mich, ob ich ihm für eine Ausarbeitung für die Kaiserliche Universität von Tokyo mit Informationen über Carl August Schenk behilflich sein könnte. Mit großer Freude war ich das! Unsere Informationen ergänzten sich hervorragend, da er nur wenig über Carl August Schenks Zeit und Familienverhältnisse in Deutschland, und ich nur wenig über seine Zeit in Japan und sein Leben danach wusste.

Bisher gab es wohl Stammbäume der Familien Geerken/Gerken und Mannhardt, die aber unvollständig, teilweise sogar falsch waren und auch nicht weit genug zurückgingen. Leider gab es auch kaum Informationen über das interessante Leben und die oft bis heute in der Fachwelt bekannten Erfinder und Geistesgrößen unter unseren Vorfahren. Auch Dokumente wurden nur sehr spärlich überliefert. Sicherlich ist einiges in den vielen Kriegen der vergangenen Jahrhunderte verloren gegangen. Da ich noch viele mündlich überlieferte und auch dokumentierte Familiengeschichten von meinen Eltern und allen meinen Tanten und Onkeln sowie von weitläufigen Verwandten erhielt, habe ich alle diese Bruchstücke zusammengetragen und zusammengefasst. Es waren Stimmen der Vergangenheit, die mir viele neue und bisher unbekannte Dinge ins Ohr flüsterten.

Durchgehend erscheinen bei unseren männlichen Ahnen der Linie Geerken/Gerken die Vornamen Friedrich, Heinrich/Hinrich und Johann/Johannes. Nach alter europäischer Tradition sollte bei den männlichen Nachkommen im Vornamen wieder ein Vorname des Vaters oder Großvaters erscheinen. Es war Ehrensache, wenigstens den zweiten Vornamen an einen männlichen Nachkommen weiterzugeben. Aber die Geerkens/Gerkens waren vielleicht zu sehr traditionsbewusst. Bei ihnen wurden dieselben Vornamen von Generation zu Generation immer wieder in abwechselnder Reihenfolge weitergegeben! Bei diesem Durcheinander war es daher ziemlich aufwendig und schwierig, den Durchblick zu behalten. Aus diesem Grunde habe ich der Klarheit und Eindeutigkeit wegen neben dem Namen oft noch die Geburts- und Todesdaten genannt. Darüber hinaus wurden die Namen einmal als Geerken, dann wieder als Gerken geschrieben. Damals nahmen es die Schriftführer auf den Standesämtern und in den Kirchen nicht so genau.

Es ist mir, auch mit Hilfe von Carmen Fournarakis, gelungen, auch den dritten Zweig, Bäke II, der Familie Geerken zu rekonstruieren. Dieser Zweig führt nach Griechenland und war mir bisher nicht bekannt. Bei den Recherchen wurde entdeckt, dass mein Großvater Johann Hinrich neben seinem Bruder Johann Friedrich einen weiteren Bruder Gerhard hatte. Selbst mein Vater und Frieda Gerken – die es eigentlich hätten wissen müssen – haben ihn nie erwähnt. Da ich den Umfang dieses Buches nicht sprengen möchte, werde ich über diesen Familienzweig Bäke II nur wenig berichten, und überlasse es den Nachkommen dieses Zweiges, eine Ergänzung zu diesem Buch in Erwägung zu ziehen.

Auch zum Zweig Bäke I habe ich nicht alle Informationen zu den Enkelkindern von Hans-Friedrich, Heinz und Gerd Gerken, sodass aus demselben Grund auch den Nachkommen dieses Zweiges eine spätere Ergänzung überlassen bleibt. Mein Plan ist nämlich, zu versuchen, dieses Buch anlässlich meines 85. Geburtstages am 13. August 2018 fertiggestellt in Händen halten zu können. Und da drängt die Zeit!

Aufgrund der neuen Erkenntnisse musste ich die bei der Gemäldeausstellung meines Großvaters Johann Hinrich Geerken im Jahr 2006 erstellte Ahnentafel teilweise revidieren und ergänzen. Darüber hinaus wurde die Ahnentafel nun durch die Linie Bäke II, die nach Griechenland führt ergänzt. Der Nachname Geerken/Gerken verliert sich in der Linie Bäke II, und auch in meiner Hauptlinie Geerken wird dieser Nachname in Australien verschwinden, da es nach mir keine männlichen Nachkommen mit dem Namen Geerken gibt. Der Enkel Jonas meines Bruders hat den Geburtsnamen seiner Mutter angenommen, sodass auch in dieser Linie der Nachname Geerken nicht an die nachfolgende Generation weitergegeben wird. Lediglich Djamila und Ramon, die Kinder von Anita Geerken, der Tochter meines Bruders Hartmut, können den Namen Geerken weitervererben. Damit die nun komplette Ahnentafel in diesem Buch gezeigt werden kann, musste ich sie entsprechend der verschiedenen Ahnenlinien aufteilen. Da im Text – soweit vorhanden – genaue Angaben über Geburtsdatum, Geburtsort oder Beruf gemacht wurden, habe ich in den Ahnentafeln darauf verzichtet und nur das Geburts- und Todesjahr genannt.

Kinder, die tot geboren wurden oder kurz nach der Geburt gestorben sind, habe ich nicht in der Ahnentafel mit aufgeführt, da die Zusammenstellung sonst zu umfangreich geworden wäre. Nach der Aussage meiner Großmutter väterlicherseits gegenüber meinem Vater wurden totgeborene Kinder von Hausgeburten ohnehin oft ohne eine Registrierung in Kirchenbüchern oder Standesämtern im Garten vergraben. Somit fehlen darüber auch offizielle Dokumente.

Meine Enkel und Urenkel sollen es einmal etwas einfacher haben, wenn sie aus irgendwelchen Gründen etwas über ihre Ahnen erfahren wollen. Ich versuche daher, meinen Ahnen so gut es geht ihre Geschichte zurückzugeben. Zu wissen, wer meine Ahnen und deren Familien waren, war für mich schon immer ein großes Anliegen. Leider kam bei mir der Impuls, dieses Buch zu schreiben, erst jetzt, aber nun sind die Eltern, Tanten und Onkel, die ich zu weiteren Einzelheiten hätte befragen können, leider bereits verstorben.

Den Text über sich und seine Familie10 hat mein Bruder Hartmut für dieses Buch selbst verfasst. Er arbeitet zur Zeit an seiner ausführlichen Autobiographie. Nach deren Veröffentlichung können daraus sicherlich weitere Informationen entnommen werden.

Die in diesem Buch gemachten Aussagen habe ich nun aus unzähligen verschiedenen Quellen, aus Archiven, Kirchenbüchern, Standesämtern, von Gesellschaften für Völkerkunde und aus dem Heimatmuseum in Wiefelstede und anderen Institutionen zusammengestellt. Es war wie ein großes Puzzle, in dem auch mein eigenes Leben ein kleines Teilchen ist. In diesem Buch sind Daten lückenlos aufgeführt, die bis Mitte des 17. Jahrhunderts zurückreichen. Das sind heute fast 400 Jahre! Ich dachte, das muss nun reichen! Davor gibt es Lücken, die sicherlich durch weitere Recherchen geschlossen werden könnten. Aber um noch eine oder mehrere Generationen weiter zurückzukommen, müsste man weiterhin viel Zeit für intensive Forschungen investieren. Daher besteht auch eine große Lücke zwischen dem 12. Jahrhundert mit dem Großbauer Johann Gerhard Geerken und dem

17. Jahrhundert. Allerdings sind immer noch einzelne schriftliche Urkunden aus dem 15. Jahrhundert, in denen der Name Geerken vorkommt, in Wiefelstede erhalten geblieben.

Bei den Recherchen habe ich viele Male die Pfade meiner Vorfahren gekreuzt, in Norddeutschland, in Süddeutschland, im Osten Deutschlands, in der Schweiz, in den Vereinigten Staaten und in Japan.

Meine Eltern, wie zum Teil auch meine Vorfahren mütterlicher- und väterlicherseits, waren sehr reisefreudig. Von ihnen habe ich eine internationale Prägung mitbekommen. Da die Großfamilien der Geerken/Gerken, Mannhardt, Thiel und Schenk im Rahmen der Globalisierung und durch Heirat immer weiter auf alle Kontinente auseinanderdrifteten, bestand die Gefahr, dass diese Informationen für die nachfolgenden Generationen für immer verloren gehen. Vielleicht ist dies die letzte Chance, dass alle bis heute noch bekannten Informationen gesammelt in einem Buch veröffentlicht werden. Von Generation zu Generation wird es schwieriger werden, an die entsprechenden Urkunden, Berichte und Hinweise zu kommen.

Die Enkelkinder von Heinrich August Geerken und Lina Klara, geborene Mannhardt, also von meinen Eltern, sind bereits heute in alle Welt zerstreut. Sie kennen kaum mehr ihre Cousinen und Cousins, ganz zu schweigen von den Cousinen und Cousins ihrer Eltern. Die Familienbande, die bisher – bis zu meiner Generation – sehr eng waren, sind leider bereits gerissen. Umso wichtiger wurde es für mich, die Geschichte unserer Ahnen – soweit sie bekannt ist – aufzuschreiben.

Mir nachfolgende Generationen sollen wissen, dass in ihnen das Erbe guter und interessanter Vorfahren steckt. Sie sollen wissen, dass sie wunderbare, erfolgreiche und starke Menschen waren. In unseren Familien liegen viele kämpferische Gene, deren positive Eigenschaften bis heute weitergegeben werden. Die Werke mancher leben bis heute fort.

Manche Fotos konnten aufgrund ihres hohen Alters nicht besser abgebildet werden. Ich bitte daher, deren teilweise schlechte Wiedergabe zu entschuldigen. Ich lasse einfach die Macht der Bilder sprechen, auch wenn viele alte Fotos schon sehr verblasst sind und in wenigen Jahren vermutlich unbrauchbar sein werden.

Zum Beispiel ist die Aufnahme von meinem Großvater Johann Hinrich Geerken als Kind bereits um 1855 auf einer mit Fotoemulsion beschichteten lichtempfindlichen Glasplatte11 von etwa 12x16 Zentimetern als Negativ entstanden. Sie ist erstaunlich gut erhalten. Wie mein Urgroßvater, ein einfacher Landwirt aus dem hohen Norden Deutschlands, dazu kam, eines der ersten Fotos von seinem Sohn machen zu lassen, ist mir allerdings schleierhaft. Dieses Glasplatten-Foto ist vermutlich die älteste Aufnahme, die in Wiefelstede gemacht wurde und die bis heute erhalten geblieben ist. Sie wird nach Fertigstellung des Buches dem Heimatmuseum in Wiefelstede zur Aufbewahrung übergeben werden.

Auch den Zweiten Weltkriegs haben nur wenige Fotos überstanden. Erstens musste man mit dem Überleben kämpfen, und zweitens wurden durch den Bombenangriff und die Zerstörung unseres Hauses in Stuttgart viele Fotos und Fotoalben zerstört. Zum Glück konnte ich im Bestand meiner Tante Athene in den Vereinigten Staaten von Amerika noch Fotos entdecken, die in Deutschland bereits vernichtet waren.

Viele Daten konnte ich aufgrund von Vermerken auf der Rückseite von Fotos rekonstruieren. Alle in diesem Buch vermerkten Daten wurden nach bestem Wissen und dem heutigen Stand der Erkenntnisse in das Buch aufgenommen.

Es war nicht zu vermeiden, dass es an manchen Stellen zu Überschneidungen im Text kommt. Auch wurden einige wenige Fotos doppelt abgebildet, damit langwieriges Suchen und zurückblättern vermieden wird.

Durch das künstlerische Talent meines Großvaters Johann Hinrich Geerken sind Gemälde und Portraits unserer Ahnen erhalten geblieben, sodass wir auch heute noch wissen, wie diese ausgesehen haben. Auch aus deren Gesichtsausdruck können wir immer noch Rückschlüsse auf ihr Wesen ziehen.

Dieses Buch der Ahnen enthält Informationen, die ich bereits über mehrere Jahrzehnte gesammelt und zusammengetragen habe, ohne mir zuvor bewusst gewesen zu sein, ein Buch darüber zu veröffentlichen. Es wird lediglich einen kleinen Personenkreis interessieren, obwohl auch über bis heute verehrte Künstler, Wissenschaftler und Erfinder berichtet wird. Aufgrund der daher zu erwartenden nur kleinen Auflage und der vielen im Buch enthaltenen Abbildungen ist der Preis leider auch entsprechend hoch. Ich hoffe, dass der interessierte Leser dafür Verständnis aufbringt. Mein Beitrag dazu ist die jahrelange intensive Recherche und Arbeit für diese Familiengeschichte. Damit jeder Interessent dieses Buch beschaffen kann, habe ich es über den Verlag BoD in Norderstedt veröffentlicht und es kann jederzeit weltweit über Buchläden und unzählige Online-Shops bezogen werden. Für die Verwandten in den USA und Australien plane ich eine Übersetzung ins Englische.

Abb. 2.0-5: Foto von Johann Hinrich Geerken auf lichtempfindlicher Glasplatte, um 1855

Über meine Jugend und meine Evakuierung im Zweiten Weltkrieg habe ich ausführlich in meinem Buch ‚Missbrauchte Kindheit – Geboren im Jahr von Hitlers Machtergreifung‘12 geschrieben. Meine berufliche Laufbahn, besonders meine Zeit in Indonesien, kann man meinem Buch ‚Der Ruf des Geckos – 18 erlebnisreiche Jahre in Indonesien‘13 entnehmen. Ich werde daher über diese Zeiten nur kurz berichten.

Wie in jedem Jahr reiste ich auch über die Winterzeit 2016/2017 sowie 2017/2018 in meine zweite Heimat, auf die Insel Bali in Indonesien14, wo ich von 1963 an beruflich fast zwei Jahrzehnte tätig war und anschließend privat jedes Jahr mehrere Monate verbrachte. Bei meinen beiden letzten Aufenthalten auf Bali war ich beladen mit dicken Mappen mit der Aufschrift Geerken/Gerken, Thiel, Mannhardt und Schenk. Ich saß in dem tropischen Bali, wertete die zahlreichen Informationen aus und versuchte, sie in Buchform zu bringen. Dabei war ich bestrebt, nicht nur eine trockene Zusammenstellung der Lebensdaten unserer Vorfahren zu verfassen, sondern ich versuchte – soweit möglich und bekannt – auch ihre Lebensgeschichte mit ihren Höhen und Tiefen zu Papier zu bringen und ihnen wieder eine Stimme zu geben.

Wer von meinen Vorfahren – Bauern, Gerichtsdiener, Kutscher, Bierbrauer, Weißgerber, Kunstmaler, Uhrmacher, Wissenschaftler, Erfinder, Künstler, Schriftsteller und Architekten – hätte gedacht, dass einmal einer ihrer Nachfahren auf einer tropischen Insel in Südostasien, nur wenige Grade südlich des Äquators, unter Palmen sitzt und versucht, ihre ereignisreiche Geschichte aufzuschreiben? Ich denke keiner.

Praktisch in letzter Minute vor der Fertigstellung des Buches erhielt ich von der Enkelin Cynthia Athene Jones-Zipf meiner Tante Athene Vetterlein, geborene Geerken, Nachricht, dass sie auf dem Dachboden des Hauses ihrer Mutter in den Vereinigten Staaten von Amerika zufällig mehrere Kartons mit Unterlagen ihrer Großmutter Athene Vetterlein entdeckt hat. Ich flog sofort nach New York und sichtete mit ihr die Kartons, die seit über 50 Jahren nicht mehr geöffnet worden waren. Meine Tante Athene, die Schwester meines Vaters, hatte Dokumente, Briefe und Fotos akribisch genau aufbewahrt und wir fanden bisher nicht bekannte Daten und andere Schätze, die ich noch unbedingt in dieses Buch mit aufnehmen wollte. Da ich die Abbildungen in jedem Kapitel meines Entwurfes bereits durchnummeriert hatte, ergab sich ein Problem. Da ich wegen der Einfügung von neuen Fotos und Dokumenten die Reihenfolge der Abbildungen nicht mehr ändern wollte, werde ich die vorhergehende Abbildung mit a und die neu eingefügten mit derselben Abbildungsnummer und dem Zusatz b, c, d und so weiter bezeichnen. Hier werde ich jedoch nur die wichtigsten der neu gefundenen Unterlagen einfügen.

Mit diesem Buch möchte ich den nachfolgenden Generationen einen Grundstock über unsere Vorfahren in die Hände geben, in der Hoffnung, dass die Aufzeichnungen von den Nachfahren über Hunderte von Jahren weitergeführt werden.

5 August Hinrichs Eltern: Hermann Dietrich Hinrichs und Margarethe (genannt Meta), geborene Siemen

6 Information von Frieda Geerken, Wiefelstede. Interview Juli 1986

7 Auflagen von Buch ‚Die Hartjes‘: 1924, 1926, 1929, 1949 u. 1956

8 Sophie Schenk (1839–1903)

9 Damals Yedo

10 Kapitel 3.4.3

11 Nach dem Verfahren von Daguerre. Begutachtung durch Dr. Bodo von Dewitz, Museum Ludwig, Bonn. Ein anderer Experte der ‚Deutschen Gesellschaft für Photographie‘, Prof. Dr. h.c. Leo Fritz Gruber (verstorben 2005 in Köln), war allerdings der Meinung, dass dies eines der ersten Fotos mit der ganz neuen Glastechnik von Niepce de St. Victor sei. Die seltene und wertvolle Glasfotografie wird im Heimatmuseum Wiefelstede aufbewahrt.

12 ISBN 978-3-8423-4909-4, BoD Norderstedt 2011

13 ISBN 978-3-8391-1040-9, BoD Norderstedt 2009

14 Siehe meine Bücher ‚Der Ruf des Geckos‘, ‚Hitlers Griff nach Asien‘ oder ‚Indonesien Gestern und Heute‘.

3.0 Geerken/Gerken, meine Vorfahren väterlicherseits

Ganz oben in Friesland, im Norden Deutschlands, an der ‚Waterkant‘, liegt die Wiege der Familie Geerken. Waterkant wird der Küstenstreifen an der Nordsee bezeichnet, in dem auch Plattdeutsch gesprochen wird. Jahrhundertelang liebten und lebten die Ahnen in dem flachen Land aus dunklem Moor und wildem Wald aus kümmerlichen Kiefern, Birken und den Riesenstämmen der uralten Eichen. Dazwischen stauten sich Tümpel und Seen mit schwarzem, morastigem Wasser. Hier gab es heimliche Wege durchs Moor, schmale Pfade durch den Busch und stille, von Weiden gesäumte Feldwege. Das war das Reich der Bären, der Wölfe und Raubvögel – und die raue und salzige Nordsee mit ihrer donnernden Flut war auch nicht weit, nur 40 Kilometer entfernt. Dieses unwegsame Gebiet im Nordwesten Deutschlands, das heute an eine Parklandschaft erinnert, heißt Ammerland.15 Dies ist das Stammesgebiet der Vorfahren der Geerkens/Gerkens.

Wölfe waren im Mittelalter eine weitverbreitete Plage in dem Gebiet. Das Wappen von Wiefelstede zeigt in der Mitte eine doppelte Wolfsangel. Bis heute ist dieses Zeichen an einem Bauernhaus aus dem Jahr 158716 zu sehen. Die Wolfsangel wurde früher zum Fang der Wölfe eingesetzt. Die Widerhaken wurden – nachdem sie mit einem Köder bestückt wurden – so hoch aufgehängt, dass der Wolf danach springen musste, um zuschnappen zu können. Der Wolf blieb mit seinem Maul am Widerhaken hängen und verendete qualvoll. Nach einer Sage soll der Wolfsjäger Wibilo dem Ort Wiefelstede den Namen gegeben haben.

Abb. 3.0-1: Wappen von Wiefelstede mit der doppelten Wolfsangel

Abb. 3.0-2: Landkarte Großherzogtum Oldenburg aus dem 16. Jahrhundert17

Die dunkle Magie des moorigen Waldes machte den dort lebenden Menschen Angst. Hier in diesen unheimlichen Wäldern hörte man das Raunen und Flüstern der Geister, und sie sahen in ihrer Angst kleine Kobolde und Nebelweiber mit Schleier über die schmalen Moorpfade schleichen.

Die feuchten und schlüpfrigen Moorpfade durfte man nicht verlassen, um nicht für immer in den glucksenden Sumpflöchern und tiefen gärenden Tümpeln des Moors zu versinken. Man musste genau prüfen, wo man hintrat, und immer wieder bei jedem Schritt den Boden mit einem Stock prüfen. Es ist unheimlich in dieser dunklen Landschaft, in der ungeheuren Einsamkeit. Das Moor mit seinem federnden sumpfigen Grund ist der Ort, an dem der Aberglaube auf fruchtbaren Boden fällt! Man wollte eine nicht erfassbare Welt in den Griff bekommen. Man glaubte an Rituale, die vor Unglück und dem Bösen schützen sollten. Es ging im Mittelalter bei diesen Menschen nicht nur um die schwarze Katze18, oder das Hufeisen19, oder das umgefallene Salzfass20, nein, das tägliche Leben war vom Morgen bis in die Nacht beeinflusst von abergläubischen Ritualen. Der Aberglaube war eine Art Lebenshilfe.

Die Winter waren dunkel und trübe. Die Nebel waren dicht und die Sonne ließ sich nur selten sehen. Wenn bei dunkler Nacht und unergründlicher Stille der magere und flackernde Lichtschein der Kerzen und der Petroleumfunzeln in den Fenstern spiegelte, legte sich eine dunkle Angst über die Herzen der Menschen. Der Aberglaube war im Mittelalter noch tief verwurzelt. Jetzt, in der Nacht, trieben die Hexen ihr Unwesen mit ihren Haustieren, den schwarzen Katzen und Krähen. Auf den schmalen federnden Moorwegen neben den tückischen tiefschwarzen Wasserlöchern tobten die kleinen Kobolde. Überall lauerte Gefahr!

Die Tiere der Bauern waren ein wertvolles Gut und mussten beschützt werden. Mit dem Wasser, in dem an Ostern die Eier gekocht wurden, hat man die Wände der Stallungen besprengt, um das Vieh vor Krankheiten zu beschützen. Gegen Krankheiten der Tiere holte man auch eine Handvoll Erde vom Grab eines ganz frisch bestatteten Menschen und verstreute diese auf dem Lehmboden des Stalls. War eine Tierseuche ausgebrochen, wurde in jedem Hof das erste gefallene Stück Vieh vor dem Stall vergraben, und zwar in Richtung der Längswand des Stalls und mit dem Kopf vom Haus abgekehrt. Das Stroh, auf dem bei einer Beerdigung der Sarg stand, durfte auf keinen Fall zurück ins Haus oder den Stall gebracht werden. Es gab Tausende Dinge zu beachten!

Wollte ein Junker ein bestimmtes Mädchen ehelichen, musste er versuchen, drei Haare von sich heimlich in ein Hemd nähen zu lassen, das das Mädchen auf dem nackten Körper trug. Half das nicht, musste man an einem bestimmten Tag einen Frosch in einer durchlöcherten Schachtel auf einen Ameisenhaufen an einem Kreuzweg legen. Schon nach nur einem Tag blieben von dem Frosch nur die Knochen übrig. Mit einem bestimmten Knöchelchen musste man danach die Angebetete berühren, um sie gefügig zu machen.

Wenn das alles nicht half, griff man zu Zaubereien, dem Besprechen durch weise Frauen und Gebräuchen von Hexen mit bitteren Tränken und allerlei anderen Heilmitteln. Wenn Krähen um ein Haus kreisten, wurde dort eine Hexe vermutet. Krähen und Katzen – sagte man – waren die Haustiere der Hexen. War eine Frau von der Arbeit krumm und gebückt, dann war es im Glauben der einfachen Bauern mit Sicherheit ein Satansweib. Im Mittelalter waren diese Personen meist dem Tode geweiht.

Es gab viele Dinge, finstere Mächte, die dunkel und unheimlich waren. Der Pastor eines Dorfes hatte eine schwierige Aufgabe, bei den Bauern gegen diesen Aberglauben und dieses ‚Teufelszeug‘ anzukämpfen. Mit der ganzen Kraft seines Geistes verfluchte er, meist ohne dauerhaften Erfolg, den weit verbreiteten Aberglauben.

Die Friesen waren sehnige, kühne und starke Gesellen, ein zähes, fleißiges und ein wenig grobschlächtiges Volk, das aber voll von einer derben Lebenslust war. Das Leben war hart und die Winter waren lang. Oft wollte der April nicht gehen, um dem Sommer endlich Platz zu machen. Wenn aber die Wiesen ihren würzigen Duft verströmten und das Korn auf den Feldern reifte, war das Dasein nur Arbeit.

So wuchs in dem wilden Waldlande mit den Geerkens ein eigenwilliges und besonnenes Geschlecht heran, das den Pflug genauso gut zu führen verstand wie das blanke Eisenschwert. Die Geerkens hatten sich nicht wie andere Familien weit übers Land hin mit vielen Söhnen und Töchtern verbreitet. Zum größten Teil blieben sie ihrer Scholle in Wiefelstede und den umliegenden Dörfern treu.

Sie lebten in ihren dunklen Häusern mit den fast bis auf den Erdboden hinabgezogenen Strohdächern unter den hohen knorrigen Eichen. Durch die tief herabgezogenen, weit auskragenden Dachränder wurde den Bewohnern dieser Häuser ein Gefühl von Geborgenheit und Schutz vermittelt. Hinter den kleinen Fenstern, oft nur so groß wie Schießscharten, saßen die Frauen im düsteren Licht der Kerzen an ihren Spinnrädern und die Männer trafen sich nach getaner Arbeit im Wirtshaus zu Würfel- und Kartenspiel. Nach der Legende gab es bei den Ur-Geerkens alles: Liebe und Eifersucht, Glück und Unglück, Verleumdung, Brandstiftung und Intrigen. Sie hatten alle ein aufregendes Leben!

Deutschland war damals im Vergleich zu heute menschenleer. Über 90 Prozent der Einwohner lebten auf dem Lande. Auf den lehmigen Straßen in den Dörfern sah man nur dann und wann ein Fuhrwerk. Meist wurden die Strecken zu Fuß bewältigt. Man maß die Entfernung in Stunden, die man zum Feld oder dem nächsten Dorf zu Fuß benötigte.

Bis um 1930 bestand Wiefelstede wie im Mittelalter nur aus der alten Kirche und ein paar wenigen darum herumliegenden Bauernhöfen. Damals lebten in Wiefelstede nur rund 250 Personen. Heute hat Wiefelstede rund 4 500 Einwohner, und mit den eingemeindeten Dörfern wie Gristede, Bokel, Neuenkruge und Spohle rund 15 000.

Ein früher Vorfahre der Geerkens war ein lustiger und attraktiver Junker mit dem Namen Geertje. Die hübschesten Mädchen der umliegenden Gehöfte konnten ihm nur mit Herzklopfen in die Augen schauen und es gab die wunderlichsten Gerüchte über ihn. Man traute ihm einfach alles zu, und trotz aller Chancen bei den Frauen blieb er bis an sein Lebensende ohne Weib. Man dachte schon, dieser ruhmreiche Stamm wäre ausgestorben. Aber erst nach seinem Tode erfuhr man, dass er viele heimliche Liebschaften mit jungen Damen seiner Umgebung hatte. Man fand ein Schriftstück, in dem Geertje in sieben umliegenden Dörfern je einen stattlichen jungen Mann als seinen unehelichen Sohn bezeichnete und jedem zu gleichen Teilen ein Siebentel seines gewaltigen Besitzes vererbte. Allerdings wurde das Erbe an eine Bedingung geknüpft: Jeder der sieben jungen Männer musste die Hälfte seines Namens aufgeben und dafür eine Hälfte von Geertjes Namen verwenden, entweder das ‚Geer‘ oder das ‚tje‘.

Einer der jungen Männer hieß Heinken. Um das großzügige Erbe nicht zu verlieren, übernahm er das ‚Geer‘ von seinem Vater Geertje und nannte sich von nun an Geerken. Der Name Geerken war geboren! In der ganzen Umgegend wurde er nun als der Geerkenbur, der Geerkenbauer, bekannt und sein Hof hieß von nun an Geerken-Hof. Sein Sohn Goy, der Geerkengoy, heiratete nach vielen Irrgängen eine junge Maid mit dem Vornamen Hille. Die altdeutschen Vornamen der Geerken-Ahnen Hille, Gebke, Almke, Gesche, Gerd oder Goy leben zum Teil bis heute in dem norddeutschen Zweig der Familien Geerken und Gerken weiter.

Die jungen Männer der anderen sechs großen Bauernhöfe nahmen die zweite Hälfte von Geertjes Namen an, weshalb alle diese Nachkommen und Höfe bis heute die Endsilbe ‚tje‘ in ihren Namen tragen. Zum Beispiel kaufte Friedrich Geerken (1721–1799) den uralten Femtje-Hof in Gristede. Auch dieser Zweig der Familien mit der Endsilbe ‚tje‘ ist mit dem Zweig der Geerken blutsverwandt, aber es würde zu weit führen, auch diese anderen weit verzweigten Stämme zu erforschen.

Das Familienwappen21 der Geerken wurde von meinem Cousin Walter Dürr, einem Graphiker, der 1942 im Zweiten Weltkrieg in Stalingrad gefallen ist, erstellt. Aufgrund welcher Unterlagen und Quellen der Heraldik dieses Wappen gemacht wurde, ist mir nicht bekannt. Beim deutschen Adel kann man bis heute die Existenz eines Wappens voraussetzen. Bei bürgerlichen Geschlechtern hing der Besitz eines Wappens – das bis heute nach mittelalterlichem Gewohnheitsrecht im Mannesstamm vererbt wird – vom früheren sozialen Stand ab. Da – wie wir noch erfahren werden – die Geerken schon im 13. Jahrhundert bei Gerichtsverhandlungen eine herausragende und honorige Rolle spielten, kann es durchaus möglich sein, dass das Familienwappen seinen Ursprung bereits in grauer Vorzeit hat.

Abb. 3.0-3: Familienwappen Geerken

Das Wappen zeigt in der Mitte einen Schild mit einem Speer, im Altdeutschen ‚Geer‘ genannt. Da es sich um einen kleinen, kurzen Speer handelt, wird dieser Speer in der Verkleinerungsform ‚Geerchen‘ oder im Altdeutschen ‚Geerken‘ genannt. Es gibt also auch eine eindeutige Verbindung zwischen dem Familiennamen Geerken und dem Familienwappen. Der Topfhelm im Wappen bot gleichzeitig Kopf- und Nackenschutz bei einem Kampf. Es ist die älteste heraldische Helmform.

Es gibt viele dunkle Geschichten um die Geerkens. So soll zum Beispiel der erste Geerken in dem Wirtshaus neben der alten, aus rohbehauenen Felsbrocken erbauten und 1057 von Erzbischof Adalbert von Bremen eingeweihten klobigen Kirche von Wiefelstede beim Würfelspiel einen Teil seines Hofes verspielt haben. Man kann sich gut vorstellen, wie die Bauern mit ihren schweren Holzschuhen im langen dunklen Winter in der von beizendem blauen Rauch gefüllten Diele bei geräuchertem Aal und warmem Bier aus zinnernen Deckelkrügen beim Glücksspiel saßen. Manch einer verlor nach einer guten Ernte beim Trank die Verantwortung für Haus, Hof und Familie und musste trunken hinausgeschleift werden.

Abb. 3.0-4: Kirche von Wiefelstede22

Die St. Johannes Kirche von Wiefelstede mit den schmalen Fenstern ist nun fast eintausend Jahre alt. Es ist ein achtunggebietendes Gefühl, wenn man den Boden dieser Kirche betritt, den auch schon mein Großvater, meine Urgroßeltern, meine Ururgroßeltern und viele weitere Ahnen davor betreten haben. In diesen Räumen fanden sie Trost und Vergebung.

Abb. 3.0-5: Gemäuer

Abb. 3.0-6: Grabstein

Abb. 3.0-7: Grabstein

Das im unteren Teil drei Meter und darüber 1,4 Meter dicke alte Gemäuer aus rechteckig rohbehauenen Quadern ist unverwüstlich und wird – ohne Einflüsse von außen – noch weitere tausend Jahre überleben. Was haben diese von Moos und Flechten bewachsenen Steine schon alles erlebt und gesehen! Was könnten diese Steine alles erzählen!

Entlang der Mauer des Kirchturms findet man noch alte Grabsteine aus dem 17. Jahrhundert mit altdeutschen Inschriften. Einen alten Grabstein der Ahnen Geerken habe ich auf dem Friedhof rund um die St. Johannes Kirche nicht mehr entdecken können.

Abb. 3.0-8: Die uralte St. Johannes Kirche mit Altar und Kanzel aus dem Jahr 1057

Wenn man die Kirche betritt, fällt der Blick gleich auf den wunderbar geschnitzten Altar aus einem Jahr um 1520, dessen 12 aus Holz geschnitzte Seitenfelder Bilder aus der Passion und die Auferstehung Christi zeigen. Darüber steht das 120 Zentimeter hohe Kruzifix aus dem 14. Jahrhundert. Ins Auge fallen auch ein Abendmahlsbild aus dem 17. Jahrhundert und das Taufbecken, dessen Fuß aus fein geschnitztem Eichenholz die Jahreszahl 1637 aufweist. Die ebenfalls aus Eichenholz geschnitzte Kanzel wurde 1644 angefertigt. Ein Schatz der Kirche ist die 1731 von Christian Vaters23 fertiggestellte Orgel, die noch bis heute zum größten Teil im Original erhalten geblieben ist.

Nur wenige Meter getrennt von der Kirche steht der erst im 15. Jahrhundert aus Backsteinen gebaute Glockenturm. Die alten, in den Jahren 1503 und 1507 von Meister Johann Frese gegossenen Glocken haben glücklicherweise den Zweiten Weltkrieg unbeschadet überstanden und schlagen bis heute – über 500 Jahre alt – immer noch zum Gebet. Den reinen vibrierenden Ton der Glocken konnte ich noch mehrmals selbst bewundern.

Abb. 3.0-9: Der von der Kirche getrennt stehende Glockenturm

Abb. 3.0–10: Glockenturm mit Turmuhr

Im Glockenturm befindet sich eine alte Kirchturmuhr. Die ursprüngliche, heute über 300 Jahre alte Schlaguhr mit nur einem Stundenzeiger wurde 1903 gegen eine neue, modernere ausgetauscht, deren 50 Kilogramm schweres Gewicht mit einer Kurbel bis heute von Hand aufgezogen werden muss.

Durch meine Recherchen zu Turmuhren24 interessierte mich dieses Thema natürlich besonders. Die neue Turmuhr wurde in einer Werkstatt in Bremen angefertigt, und die alte aus dem Jahr 1716 wurde von dem Uhrmachermeister Johann Middelstorff aus Bremen hergestellt. Dazu nachfolgender Text aus dem Wiefelstedener Kirchenarchiv. Es wäre schon mehr als ein Zufall gewesen, wenn ich hier eine Turmuhr unseres Ahnen Johann Mannhardt entdeckt hätte.

Abb. 3.0-11: Uhrwerk aus dem Jahr 1716, Heimatmuseum Wiefelstede25

Abb. 3.0-12: Abschrift der Schautafel zur St. Johannes-Kirchturmuhr im Heimatmuseum Wiefelstede

Heimatmuseum Wiefelstede

Kirchturm-Uhrwerk

Aus der Kirche zu Wiefelstede

Hersteller: Uhrmachermeister Johann Middelstorff, Bremen Herstellungsjahr: 1716

Nach den Unterlagen des Wiefelsteder Kirchenarchivs hat der ‚Junker von Westerholt der Kirche 1702 eine große Schlaguhr verehrt, die dann zum Nutzen der Eingesessenen im Kirchdorfe fordersamts an den Ort, wo es sich am besten schickt, zu befestigen und in Gang zu bringen sei‘.

Der Kaufpreis betrug 74 Reichsthaler, was damals dem Gegenwert von 3 gemästeten Ochsen entsprach. Im Jahre 1841 wurde sie für 60 Goldthaler repariert und tat ihren Dienst bis zum Jahre 1903. In diesem Jahr wurde eine neue Uhr angeschafft, die bis heute im Glockenturm der Wiefelstedener Kirche die Uhrzeit anzeigt und für den Glockenschlag sorgt.

Vermutlich handelt es sich bei dieser 1716 eingebauten Uhr mit dem geschmiedeten Gestell und dem eisernen Räderwerk um die erste Wiefelstedener Kirchturmuhr. Wenige Jahre später, im Jahre 1727, kam die Gemeinde in den Genuss einer weiteren Modernisierung jener Zeit. Ebenfalls ein Adeliger, der Junker Wolf von Böselager aus Lehe, vermachte der Kirche 300 Reichsthaler zur Anschaffung einer Orgel. Dieses Instrument befindet sich bis zum heutigen Tag in der Kirche zu Wiefelstede.

Dieses Uhrwerk ist eine freundliche Leihgabe der Ev. Kirchengemeinde zu Wiefelstede. Es wurde 2002/2003 in uneigennütziger Arbeit restauriert und konserviert von Harm Schmidt aus Wiefelstede sowie Ihno Fleßner aus Rastede.

Solange sich die Männer nach getaner Arbeit im Wirtshaus neben der Kirche vergnügten, versorgten die Frauen und die Mägde derweilen das Vieh. Waren sie damit fertig, saßen sie mit gebücktem Rücken und fleißigen Händen neben dem glimmenden Torffeuer an ihren Spinnrädern. Wenn sie den dünnen Faden durch ihre Finger gleiten ließen, hörte man nur noch das leise Schnurren der Spinnräder. Die Knechte, die sich einen Besuch des Wirtshauses nicht leisten konnten, saßen im Hintergrund und flochten Saatkörbe aus biegsamen jungen Weiden.

Die Nähe zur Nordsee, der Waterkant, ergab natürlich auch eine Hinwendung zur Seefahrt. Neben der jahrhundertealten bodenständigen Tradition als Bauer gab es auch die unstete der Seefahrer. So soll auch nach den in unserer Familie erzählten Geschichten Klaus Störtebeker, der von 1360 bis 1401 lebte, zu unseren Vorfahren gehören. Er war der bekannteste Seeräuber aus den Reihen der Freibeuterkapitäne26, der die Handelsrouten auf der Ost- und Nordsee unsicher machte. Zu seinen Verbündeten gehörten die Grafen von Oldenburg. Durch zur Schau gestellte Pilgerabzeichen und Kruzifixe wollten sie den Eindruck einer religiös angehauchten Organisation vermitteln.

Carmen Fournarakis hat intensiv recherchiert, um eine Verbindung zwischen den Namen Geerken/Gerken und Störtebeker zu finden. Sie schreibt:

Als Geburtsorte von Klaus Störtebeker werden das Dorf Ruschvitz auf der Insel Rügen, die Stadt Wismar, aber auch Rotenburg an der Wümme genannt. Hier ist von Interesse, dass nach einer Karte der Namensverteilung des Namens Gerken die meisten Personen in Rotenburg an der Wümme leben, einem der vermuteten Geburtsorte Störtebekers. Die meisten Personen mit dem Namen Geerken leben in Oldenburg.

Der Name ‚Gerken‘ kommt in diesen Landkreisen am häufigsten vor27:

Rotenburg (Wümme) (291)

Cuxhaven (140)

Bremen (133)

Osterholz (128)

Stade (126)

Hamburg (126)

Verden (104)

Paderborn (87)

Stormarn (79)

Ammerland (69))

Der Name ‚Geerken‘ kommt in diesen Landkreisen am häufigsten vor28:

Oldenburg (54)

Bremen (17)

Emden (12)

Oldenburg (in Oldenburg) (12)

Vechta (11)

Wesermarsch (8)

Steinburg (8)

Osterholz (7)

Hamburg (7)

Stormarn (7)

In den ersten Jahren war Störtebeker im Ostseeraum tätig. 1396 ist er in die Nordsee geflüchtet und fand dort im friesischen Handelshafen Marienhafe Unterstützung durch die Friesen, die mit der Hanse im Ostseeraum auf Kriegsfuß standen. Marienhafe lag damals, bedingt durch eine große Sturmflut, direkt an der Nordsee. Heute liegt Marienhafe im Binnenland, einige Kilometer von der Nordseeküste entfernt.

Abb. 3.0-13: Das mittelalterliche Marienhafe mit Hafen und Marienkirche29

In Marienhafe heiratete Störtebeker die Tochter des Friesenhäuptlings Keno then Broke. Er und seine Gesellen begannen, den alten Turm der Kirche aus dem 13. Jahrhundert zu bauen. Mit einer Höhe von knapp 80 Metern war der Turm ein markantes Seezeichen. Als im Laufe der Jahre der Kirchturm seine Funktion als Seezeichen verloren hatte, wurde er 1829 aus Sicherheitsgründen auf seine heutige Höhe abgetragen.

Das heutige Wahrzeichen von Marienhafe ist immer noch der Störtebekerturm, wenn er auch nicht mehr die damalige Höhe erreicht. Im ersten Stock des Turms befindet sich noch die sogenannte Störtebekerkammer. Störtebeker soll dort gewohnt haben. Noch heute heißt ein Kanal in Marienhafe Störtebekertief.

Abb. 3.0-14: Störtebeker-Relief30 am angeblichen Geburtshaus in Wismar

Als Hamburg 1400 militärisch gegen Ostfriesland vorging, flüchtete Störtebeker und führte von Holland aus Raubzüge gegen Hanse-Handelsschiffe.

Wenn man diese Informationen kennt und bedenkt, dass die Entfernung von Wiefelstede nach Marienhafe lediglich 75 Kilometer31 beträgt und die Besiedelung damals sehr dünn war, wird es ein wenig plausibel, dass Störtebeker und seine Nachkommen sich unter unseren Vorfahren befunden haben könnten.

Andere mündlich überlieferte Geschichten der Familien Geerken behaupten allerdings, dass unser Vorfahre Klaus Störtebekers Gegenspieler, der Hamburger Schiffshauptmann Herman Nyen-Kerken32, war. Dafür spricht auch die Nachsilbe ‚ken‘ und die Ähnlichkeit des Namens zu Gerken. Auch ein Anagramm des Namens Geerken, Neekerg, zeigt große Ähnlichkeiten mit Nyen-Kerken.

Nyen-Kerken wird in alten Überlieferungen meist zusammen mit Simon von Utrecht genannt. Dieser befehligte im Auftrag der Stadt Hamburg um 1400 die Flotte, die den Handel Hamburgs mit England vor Übergriffen der Kaperfahrer in der Nordsee33 schützen sollte. Beide arbeiteten eng zusammen. Eine dokumentarisch belegte Verbindung zwischen Klaus Störtebeker oder Nyen-Kerken und Geerken/Gerken habe ich jedoch bis heute nicht gefunden.

Oft erzählte mir mein Großvater34 mütterlicherseits die Geschichte von Klaus Störtebeker, der in Hamburg mit seinen Genossen im Jahre 1401 hingerichtet wurde. Bei der Gerichtsverhandlung erhielt der zum Tode verurteilte Störtebeker noch das Zugeständnis, dass diejenigen seiner ebenfalls zum Tode verurteilten Vitalienbrüder freikommen würden, an denen der bereits hingerichtete Störtebeker noch vorbeimarschieren könne. So soll der enthauptete Störtebeker noch an elf Männern seiner Mannschaft vorbeimarschiert sein. Erst als ihm der Scharfrichter ein Bein stellte und ihn so zu Fall brachte, soll er aufgehalten worden sein. Alle Köpfe der Hingerichteten wurden zur Abschreckung von Nachahmern längs der Elbe auf Pfählen aufgespießt. Es war jedes Mal eine gruselige Gute-Nacht-Geschichte, die mich so aufregte, dass ich meist lange nicht einschlafen konnte.

In der Hafen City von Hamburg steht bis heute ein Störtebeker-Denkmal. Überall in Norddeutschland – auch in Marienhafe – findet man weitere Denkmale, Reliefs oder Brunnen, aber auch Straßennamen, die an Klaus Störtebeker erinnern. Weiterhin gibt es in Norddeutschland das Störtebeker-Bier und Störtebeker-Festspiele. Mehrere Filme erinnern an das Leben Störtebekers. Viele Bücher und Balladen und sogar eine zweiteilige Oper beschreiben sein aufregendes Leben. Auch viele Schiffe, die auf allen Weltmeeren unterwegs sind, sind nach ihm benannt.

Abb. 3.0-15: Hinrichtung der Vitalienbrüder auf dem Grasbrook in Hamburg. Flugblatt aus dem Jahre 170135

Soweit die Legenden, die sich um den Familiennamen Geerken ranken. Die ersten Spuren der Geerkens gehen mit Großbauer Johann Gerhardt (auch Gerd genannt) Geerken bis ins 12. Jahrhundert zurück. Er besaß den uralten Geerken-Hof in Bokel bei Wiefelstede, und – wie in der Verwandtschaft mündlich überliefert wurde – soll er sehr vermögend gewesen sein. Dieser Hof ist der Urhof36 der Geerken. Nach dem Ableben von Johann Gerhardt Geerken übernahm dessen Sohn Berndt den Hof.

Aus dem Jahr 1498 ist eine Vertragsurkunde, in der der Name ‚Geerken zu Bokel‘ genannt wird, erhalten geblieben.37 Das ist rund 50 Jahre vor der Verkündung der These von Kopernikus, dass sich die Erde dreht und sich um die Sonne bewegt, und Australien war noch lange nicht entdeckt! Erst 272 Jahre später38 landete James Cook an der Ostküste Australiens.

Abb. 3.0-16: Geerken-Hof in Bokel, laut Inschrift von 1746, Aufnahme aus dem Jahr 1911

Abb. 3.0-17: Geerken-Hof, altes Foto mit Urgroßvater Friedrich Geerken (1817–1894)

Abb. 3.0-18: Geerken-Hof in Wiefelstede-Bäke, von Hans Gerken, Öl, o.J., ca. 192339

Abb. 3.0-19: Geerken-Hof in Wiefelstede-Bäke, signiert von Heinz Gzikew (?), 1923

Abb. 3.0-20: Gerkenstorsweg mit Heinrich August Geerken40 und seiner Ehefrau Lina, im Juli 1986

Der heutige Nutteler Weg in Wiefelstede entspricht dem alten Kirchweg, der am Gerkentorsweg vorbeiführt, wo das ‚Gerken Huus‘, das Gerken Haus, stand. Diesen Weg gibt es bis heute.

Bereits 1277 waren die Grafen von Oldenburg die Gerichtsherren im Ammerland. In Urkunden aus den Jahren 1498 und 1531 wird erwähnt, dass in dem ‚Gerken Huus‘, dem Gerken-Haus, Gerichtssitzungen nach dem ‚Landrecht tho der Bokelerborch‘41 stattfanden. Wenn der Graf eine Gerichtssitzung persönlich wahrnahm, bezog er im Geerken/Gerken Haus Quartier.42 Es liegt somit nahe, dass der Geerken/Gerken damals eine honorige und einflussreiche Persönlichkeit gewesen sein muss.43 Der erste namentlich erwähnte Graf von Oldenburg war Eglimar I. Er lebte von etwa 1040 bis 1108.

Die etwa um 850 entstandene Bokeler Burg war die Gerichtsstätte für Wiefelstede und die Umgebung. Es war eine Doppelringwallanlage, auf die nur noch Erdwälle und bei Ausgrabungen gewonnene archäologische Erkenntnisse hinweisen. Bis heute bleibt die Burg eine sagenumwobene Stätte. Einige bis heute erhaltene Legenden der Geerkens/Gerkens ranken sich bis heute um diese Stätte, auf der ein Schatz vergraben sein soll. Dazu ist in dem Heimatbuch ‚Wiefelstede‘ von Wilfried Harms44 über die Geschichte des Ortes folgendes zu lesen:

In einem Jahr in der Johannisnacht kam der Hausmann45 Johann Gerken aus Bokel an der Bokeler Burg vorbei und bemerkte zu seiner großen Überraschung, dass der Schatz an der Oberfläche lag. Gerken hatte ein Beil dabei, das er von seinem Vater geerbt hatte und das seines Vaters Namen trug. Rasch legte er das Eisen auf den Schatz und beides in seinen Hut. Als er damit fortging, entstand hinter ihm viel Lärm und Gebraus, aber Gerken sah sich nicht um. Er erreichte den damals noch mit Wald bedeckten Bokeler Esch. Da der Lärm hinter ihm aufgehört hatte, glaubte er sich sicher und blickte zurück. Aber in demselben Augenblick begann der Lärm von neuem. Der Schatz und das Beil flogen aus seinem Hut heraus. Das Beil zischte dicht an Gerkens Kopf vorbei in einen Baumstamm hinein, der Schatz aber, wie man am Klingen hören konnte, kehrte wieder zurück zur Bokeler Burg.

Und an anderer Stelle findet man eine weitere Legende:Einst, auch in der Johannisnacht, kam der Knecht des Hausmanns Gerken zu Bokel den Fußweg gegangen, der über die Bokeler Burg führte. Es war dunkel, aber der Knecht dachte nicht an das Geheimnis dieser Nacht. Er ging arglos seines Weges. Als er auf der Burg ankam, fand er den ganzen Wall mit harten blanken Talern belegt, ein Stück neben den andern, und keine Menschenseele war in der Nähe. Erfreut scharrte er mit dem Fuß eine Menge zusammen, füllte Hut und Taschen damit und eilte nach Hause. Als er aber am anderen Morgen in der Frühe seine Schätze besehen wollte, hatten sie sich in lauter Kieselsteine verwandelt. Da beschloss er, die Steine wegzuschaffen, bevor es jemand merkte. Er zog sich Strümpfe und Schuhe an und ging hinaus. Aber der eine Schuh drückte ihn, und als er hineinsah, lag ein blanker Taler darin, der ihm beim Zusammenscharren der Taler in den Schuh hineingekommen war. Aber die Kieselsteine wollten nicht wieder zu blanken Talern werden.46

Die Sagen um die Bokeler Burg spielen sich meist in der Johannisnacht ab, dem 24. Juni. Dies ist der Tag von Johannes dem Täufer und zugleich der Tag der Sommersonnwende. An diesem Tag werden alle geheimen Mächte lebendig, und dieser Tag und die Nacht waren im Mittelalter zur Heilung von Krankheiten wichtig. Hexen gingen in dieser Nacht um und den in der Johannisnacht Geborenen wurden Zauberkräfte zugeschrieben. Diese alten Geschichten wurden von Generation zu Generation weitererzählt. Hierzu schreibt Wilfried Harms in seinem Heimatbuch47 ‚Wiefelstede‘: Der Name Geerken von der alten Hofstelle in Bokel ist sogar in einem ‚geflügelten Wort‘ im Volksmund erhalten geblieben. Der Satz in Plattdeutsch: ‚Wi sünd noch nich bi Geerken Door vörbi‘ (Wir sind noch nicht am Geerken-Tor vorbei) war in früheren Zeiten ein Stoßseufzer der Menschen, die auf dem langen und beschwerlichen Kirchweg nach Wiefelstede ihrem Ziel zwar langsam näherkamen, aber erst nach dem Passieren des Tores zum Gerken Hof zum ersten Mal die Kirchturmspitze von Wiefelstede erblicken konnten. Der Ausspruch ‚Wi sünd noch nich bi Geerken Door vörbi‘48 wurde bis in die jüngste Vergangenheit noch von älteren Menschen der Region im übertragenen Sinne benutzt, um eine schwierige Situation zu kennzeichnen, die noch überwunden werden musste.49

Über die Doppelringanlage Bokeler Burg, das alte Kulturdenkmal des Ammerlandes, hat Egon Strauß eine Broschüre verfasst, die vom Ortsbürgerverein in Bokel herausgegeben wurde. Teile daraus mit dem Hinweis auf den Namen Geerken findet man in der Anlage, Kapitel 9, zu 3.0.

Um 1950 gab es auf dem Gebiet der Gemeinde Wiefelstede noch über 30 bronzezeitliche Hügelgräber aus der Zeit von etwa 1500 bis 500 vor Christus. Diese Hügelgräber, die wie Perlen an einer Schnur aufgereiht sind, markieren den Jahrtausende alten Handelsweg ‚Friesische Heerstraße‘. Die Grabbeigaben zeigen, dass bereits in der Bronzezeit ein enger Kontakt mit fernen Kulturgruppen bestand, der die sozialen, religiösen und kulturellen Verhältnisse im Ammerland beeinflusste.50

Es ist erstaunlich, dass die Familiengeschichte der Geerken/Gerken doch so weit zurückverfolgt werden kann, da doch zwei Jahrhunderte später in dem schlimmen 30-jährigen Religionskrieg von 1618 bis 1648 viele Kirchenbücher zerstört wurden. Die Ahnenforschung kann daher in den meisten Fällen erst im 17. Jahrhundert beginnen. Ich führe den Erhalt der alten Dokumente darauf zurück, dass gerade im Mittelalter Wiefelstede sehr abgelegen war, mit wenig Kontakt zur Außenwelt. Der Sturm der Verwüstungen scheint an Wiefelstede vorbei gegangen zu sein.

Im Großraum Oldenburg muss es sehr viele Geerken/Gerken gegeben haben. Interessant ist, dass bei einer Auswanderungswelle zu Beginn der Neuzeit im 18. und 19. Jahrhundert alleine 97 Personen mit dem Namen Geerken und 88 Personen mit dem Namen Gerken aus dem Großraum Oldenburg ausgewandert sind, meist nach Nord- und Südamerika. Lediglich vier Personen kamen jedoch dabei aus Wiefelstede und der Umgebung. Das sind:

Anna Gerken, geb. 1749 in Nuttel

Gebke Marie Gerken, geboren am 27. Dezember 1824 in Bokel

Helene Margarethe Gerken, geboren am 23. Juni 1800 in Wiefelstede

Talke Margarethe Gerken, geboren am 26 Juni 1793 in Gristede.

51

Hier bin ich mir nicht sicher, wo und ob diese Personen in den Stammbaum unserer Ahnen eingeordnet werden können. Überraschend ist, dass ein Großteil der ausgewanderten Frauen alleinstehend war. In das damalige Niederländisch-Indien52 ist nach den Unterlagen nur ein Geerken im 19. Jahrhundert über Holland ausgewandert, nach Australien keiner. Allerdings sind ab 1836 mindestens 10 weitere der 97 Geerken über Amsterdam ausgewandert. Ein Ziel wird leider nicht genannt. Es ist jedoch zu vermuten, dass die meisten davon auch in die größte holländische Kolonie jener Zeit, nach Niederländisch-Indien53, ausgewandert sind. Damals waren dort europäische Frauen sehr gefragt.

Sicherlich sind viele der nach Niederländisch-Indien ausgewanderten Geerken wieder in ihre holländische oder deutsche Heimat zurückgekehrt. In Holland findet man den Namen Geerken noch häufig. Alleine im Raum Amsterdam findet man im ‚Geanet Niederlande‘54 16 Einträge mit dem Namen Geerken ab 1758 bis heute. Um dort noch Nachforschungen anzustrengen fehlt die Zeit. Außerdem würde es den Rahmen dieses Buches sprengen.

Günter Oltmann hat die Ortsfamilienbücher der Zentralstelle für Personen- und Familiengeschichte für Gemeinden in Oldenburg bearbeitet und digitalisiert. Darunter ist auch die Gemeinde Wiefelstede mit seiner Umgebung vom Jahr 1057 bis 2007 erfasst worden. Hier findet man in dem Ortsfamilienbuch bereits 41 000 Personen.55 Diese Namensliste gilt es erst zu durchforsten. Nachfolgende Generationen haben somit ein weitgefächertes Aufgabenfeld, um noch weitergehende Recherchen nicht nur in Deutschland, sondern auch in den USA und den Niederlanden durchzuführen.

Um zu realisieren, wie weit die Ahnen der Geerken/Gerken eindeutig zurückverfolgt werden können, muss man deren Lebzeiten mit Daten der Weltgeschichte vergleichen:

Als im Jahre 1770 die britische Krone ‚Terra Australis‘56 in Besitz nahm, war mein Ururururgroßvater Friedrich Geerken (1721–1799) aus Gristede bereits 49 Jahre alt und mein Urururururgroßvater Gerd Tebbie Geerken (1682–1735) bereits seit 35 Jahren verstorben!