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Dieses Buch versucht, uns mit uns selbst, unserer Umfeld und unserer Umwelt zu versöhnen. Neben fundierten Kenntnissen unseres Körpersystems, der Anatomie, der Bewegungsanalyse und der soma-somatischen, psychosomatischen und bio-psychosozialen Wirkungsketten beinhaltet es ein hypothetisches Modell, das die Zelle mit dem Menschen und mit der Welt vergleicht. Darüber hinaus besteht das Buch aus erlebten Geschichten, die dazu dienen, unser Wissen zu erweitern, uns zu erheitern oder uns neue Perspektiven zu vermitteln. Als Gesamtkunstwerk begleitet das Buch den Leser vom eigenen Körper zur Selbstreflexion und darüber hinaus - in eine harmonische Welt.
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Seitenzahl: 230
Veröffentlichungsjahr: 2020
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Besonderer Dank...
an Michael, der mich dabei unterstützt hat, meinen Traum
vondiesem Kunstwerk zu verwirklichen;
an alle meine Freunde, die mich durch die Dunkelheit begleitet
haben und weiterhin an mein Geschichtenerzählen glauben;
an alle meine Klienten, die auf sich selbst und unsere
Zusammenarbeit vertrauen und die die Schönheit in sich selbst
erkennen;
an jede magische Kreatur und jeden Drachen, der zusammen
mit mir fliegt und tanzt;
an mein inneres Team, auf das ich mich in jedem Moment
meines Lebens verlassen kann;
an Michaela, weil sie in ihrer Freizeit so wunderschön
gezeichnet hat und
an meine Eltern, die eine Menge Leid mit mir durchgemacht
haben und mich doch nie aufgegeben haben;
an Gaia.
Mit Liebe. Julia
Für meinen Sohn.
Notiz von Julia Hayden
(auch bekannt als Prinzessin Gaia)
Der Unterschied zwischen Kunst und Schönheit besteht darin, dass die Kunst das ist, was der Schöpfer erschafft, während Schönheit das ist, was der Betrachter wahrnimmt.
Künstler nutzen all die Vorstellungskraft, Inspiration, Kreativität und das Wissen, das sie haben, um ein anderes Weltbild zu schaffen, um ein Gefühl, einen Glauben oder eine Meinung zum Ausdruck zu bringen. Künstler laden die anderen ein, das Kunstwerk zu spüren, zu hören, zu berühren oder anzuschauen. Die Schönheit kommt mit den Eingeladenen.
Ich lade Sie, meine Leser ein, die Schönheit des Lebens, die Schönheit des Menschseins und die Schönheit, ein Körper in der Welt zu sein, zu erleben.
Sie können die Schönheit jedes Wortes, jedes Satzes und jeder Geschichte selbst bestimmen, je nachdem, was Ihre eigene Wahrnehmung von Schönheit ist. Und Sie sind eingeladen, auch Künstler zu werden, sich zu entfalten, auszudrücken, zu gestalten.
ALLES IST EINS
GAIA – ODER DIE FRAGEN DER WELT
„HOMO SENSORIUM“ - ODER DIE ANTWORT DES KÖRPERS
NEUE GESCHICHTEN
DIE SPRACHE UNSERES KÖRPERS – MEHR ALS NUR BEWEGUNG
DIE SYNTAX – DAS SKELETT
DIE SEMANTIK - MUSKELN
DIE LINGUISTIK – ORGANE
AUS WORTEN WERDEN SÄTZE – UNSER FASZIENSYSTEM
VON DER KÖRPER-SPRACHE ZUR KÖRPER-KOMMUNIKATION
WIE UNSER KÖRPER UNS SEIN UNWOHLSEIN KUNDTUT
BEWEGUNG ERZÄHLT UNS GESCHICHTEN
KÖRPER-SPRACHE LERNEN
KÖRPER-SPRACHE VERSTEHEN
BINSENWEISHEITEN UND MISSVERSTÄNDNISSE
DIE BOTSCHAFT DES KÖRPERS
ZWISCHEN DEN ZEILEN LESEN
POSITIVES KÖRPER-SOZIALVERHALTEN – BEWEGUNG MACHT GLÜCKLICH UND GESUND
Glück
STECKBRIEFE
WENN DER KÖRPER UNS WARNT – PSYCHOSOMATIK
AKTIVES ZUHÖREN – DER ACHTSAME UMGANG MIT KÖRPER-SPRACHE
MEHR ALS KOMMUNIKATION – DIMENSIONEN DES LEBENS
OFFEN FÜR NEUE PERSPEKTIVEN
PSYCHOSOZIALE ZUSAMMENHÄNGE
DAS BIO-PSYCHOSOZIALE MODELL
ERKENNTNISSE
EINE WELT
EINE GESUNDHEIT
DIE ANTWORT DES KÖRPERS AUF DIE FRAGEN DER WELT – ODER EIN GEDANKEN-EXPERIMENT
Karl-Heinz, 67 Jahre alt, Schlaganfallpatient, Erlebnisbericht Teil 1:
Ich wachte auf, bemerkte ein grelles Licht, schloss schnell wieder die Augen. Was war passiert? Wo war ich? Ich erinnerte mich vage an die Radtour mit meiner Familie, an einen Sturz. Ein paar Bilder fuhren wie im Film durch mein Gedächtnis. Dann spürte ich in mich hinein, hatte den Impuls, mir den Schweiß von der Stirn zu wischen, die rechte Hand wollte sich nicht bewegen lassen. Ich öffnete die Augen und fand mich – ganz klar – in einem Bett im Krankenhaus wieder. Hier will ich weg, dachte ich noch, aber mein rechtes Bein bewegte sich keinen Zentimeter Richtung Bettkante. Schnell fühlte ich mich einmal komplett durch meinen restlichen Körper. Ja, die linken Zehen ließen sich bewegen, auch das linke Knie, die Hüfte, der Arm, die Hand. Links alles gut, dachte ich und bewegte den Kopf. Auch das funktionierte prima. Mein Blick traf eine Gestalt in einem grünlichen Kittel. Der Mann schien schon eine Weile dort gestanden zu haben, ein Arzt vielleicht. Er lächelte sanft und sagte mit dem Blick auf meine gefühllose Seite: „Na, da hat sauber der Blitz eingeschlagen. Das Bein wird nichts mehr!“
Ich bin Therapeutin und Geschichtenerzählerin. Und ich versuche, diese Rollen dankbar und in Demut anzunehmen und miteinander zu verbinden. Denn das Zusammenspiel dieser zwei Rollen ist die meines Erachtens nach die großartigste Kombination, die man sich wünschen kann, vor allem wenn es darum geht, Menschen zurück in ihre eigene Kraft, Gesundheit und Zufriedenheit zu bringen sowie unseren Planeten dabei zu unterstützen, uns ein gedeihlicher, ausgeglichener Partner zu sein.
Mein Weg, der zu diesem Buch führte, war nicht immer einfach. Er war eher ein erlebnisreiches Abenteuer, ließ mich teilweise durch unbewohntes, gefährliches Gebiet gehen und manchmal begleitete er mich sanft auf dem Rücken eines Fabelwesens durch die Lüfte. Zu meinem Glück hatte ich bei all den unterschiedlichen Gegebenheiten immer einen stabilen Antrieb. Die Liebe. Die Liebe zum Menschen und zum Leben.
Heute lade ich Sie mit diesem Buch herzlich dazu ein, diese Liebe zum Leben mit mir zu teilen.
Jeder einzelne Moment meines Lebens und jede Begegnung mit den Menschen um mich herum, haben einen Teil zu meiner Entwicklung beigetragen. Und auch heute, in der Zusammenarbeit mit meinen Patienten, höre ich nicht auf zu lernen. Patienten sind nicht einfach Patienten für mich, sondern sie sind viel mehr als das. Ich nenne sie gerne liebevoll „menschliche Systeme“. Denn jeder Bestandteil von uns Menschen vermag es zu kommunizieren, sei es mit anderen Bestandteilen oder eben auch mit ihren Menschen und anderen Wesen. In der Behandlung interagiere ich mit den Strukturen und inneren Bestandteilen meiner Patienten, sofern sie mit mir in Kontakt treten wollen.
Vielleicht fragen Sie sich jetzt, was ich mit System Mensch und seinen Bestandteilen genau meine. Ich versuche es im Folgenden zu beantworten.
Stellen Sie sich vor, Sie sind ein Land dieser Welt, ein Königreich. Und gleichzeitig sind Sie Königin oder König dieses Landes und Sie tragen die Verantwortung für Ihre Untertanen. Unsere Untertanen, das sind die Bestandteile, die uns als Mensch ausmachen. Als Königin oder König tragen wir die Verantwortung dafür, dass sie ein gedeihliches Leben in Gemeinschaft verbringen können.
Jene Untertanen können all die Dinge sein, die in Ihrer eigenen Vorstellung zur Verfügung stehen. Innere Stimmen zum Beispiel wie Wut, Angst, Mut, Vorfreude. Körperteile zum Beispiel wie der musculus piriformis, das Herz, der nervus fascialis, das Wadenbein. Oder Teile der Teile, wie zum Beispiel die Amygdala oder eine einzelne Zelle in der Niere. Unsere Bürger können auch andere Dinge sein, Tränen zum Beispiel oder Myome, das sind Mitbürger, die besonderer Fürsorge bedürfen. Manche Einrichtungen unseres eigenen Königreichs entstehen aus der Fantasie wie mein eigener Ältestenrat, der aus mir lieben verstorbenen Menschen besteht und deren Platz eine lange Tafel ist, die neben meinem Solar Plexus liegt.
Mein Königreich heißt Julia Hayden und ist Mutter, Therapeutin, Autorin, Künstlerin. Es dient der Vermittlung einer Botschaft an all jene Menschen, die diese Botschaft hören können, verstehen wollen und danach zu handeln versuchen.
So sind auch Sie, meine Leserinnen und Leser, jede und jeder für sich, ein Land dieser Welt, ein eigenes Königreich. Vielleicht heißen Sie Klaus Müller, sind Großvater, Chirurg und Briefmarkensammler. Oder Sie heißen Claudia Kunze und sind Tochter einer schwerkranken Mutter, Geschäftsführerin eines Unternehmens, auf der Suche nach einem Partner und in einer Beach-Volleyball-Mannschaft. Ihr Königreich mag heute einen anderen Dienst erfüllen als morgen und ich kenne ihn nicht. Noch nicht. Sollten Sie sich jedoch eines Tages auf meiner Behandlungsliege einfinden, dann kann es sein, dass Ihre Untertanen, also Ihre Bestandteile, mir verraten, worum es Ihnen wirklich geht.
Ich will Ihnen nicht weiter vorgreifen. Starten Sie einfach den Selbstversuch mit mir.
Stellen Sie sich also vor, Sie sind ein solches Königreich, von dem ich gerade sprach. Das eigene Königreich. Sie selbst sind als Mensch die Königin oder der König des eigenen Landes. Alle Ihre Untertanen sind einst, bei der Entstehung Ihres Königreichs, bei Ihrer eigenen Geburt, in das schöne Land gezogen, um Ihnen zu dienen und gleichzeitig gut versorgt und angstfrei in Ihrem Schutz leben zu können. Es ist Ihre Aufgabe als Königin oder König, Ihren Untertanen nun die Möglichkeit zu geben, ihre Leben im Königreich, welches Sie selbst sind, so zu gestalten, dass sie zum Teil davon werden, ihren Beitrag leisten können, damit Ihr Land wächst und gedeiht und auch in der größeren Ländergemeinschaft seine eigene Funktion erfüllen kann.
Sie sind die- oder derjenige, der den Raum schaffen und halten kann, sodass alle Ihre Bestandteile sich entfalten können und dabei lernen und Spaß haben. Jeder für sich selbst und alle zusammen. Damit Sie als Königreich Ihren Dienst erfüllen können, den Sie heute erfüllen wollen.
Und nun tauchen Sie ein in Ihren Körper, in Ihr System. Sie sind der König und Sie gehen hinein, um zu erfahren, wie es Ihren Untertanen geht, wie die Stimmung in den einzelnen Teilen Ihres Landes ist, wie es für jeden Einzelnen.
Manche von Ihnen kennen das als Big Mind Meditation, andere nennen es vielleicht Bodyscan und wieder andere nehmen den Begriff Inner Voice Dialog dafür. Aber das ist gerade nicht wichtig. Viel wichtiger ist, was Ihnen widerfährt, als Königin oder König, die oder der eine Erkundungsreise durch ihr oder sein Königreich macht.
Gibt es Untertanen, die dringend mit Ihnen sprechen wollen, die Aufmerksamkeit einfordern? Sind es viele verschiedene oder nur ein einzelner? Gibt es ganze Regionen, in denen problematische Zustände herrschen oder erscheint Ihnen alles gut zu sein?
Vielleicht entsteht gerade ein großes Durcheinander in Ihnen, in Ihrem eigenen Königreich, Stimmen über Stimmen überrennen Sie förmlich. Deshalb schlage ich vor, mit nur einer einzelnen Region zu starten. Wie wäre es, wenn wir nun einfach zusammen unser Herz besuchen? Allen anderen versprechen wir, zu einer anderen Zeit zurückzukehren.
Lassen Sie sich also ein auf Ihr Herz und trauen Sie sich ruhig ihm Fragen zu stellen. Vielleicht bekommen Sie Antworten. Treten Sie also in eine respektvolle Kommunikation und fragen Sie vorsichtig all das, was Ihnen so einfällt. Wie geht es Dir zum Beispiel. Bist Du zufrieden oder belastet Dich etwas? Oder: was kann ich tun, damit Du ein glücklicheres Leben führen kannst? Fragen Sie. Was Ihnen so einfällt.
An dieser Stelle höre ich für einen Moment auf zu schreiben, denn das gibt Ihnen den Raum, auch für einen Moment Ihr Lesen zu unterbrechen. Und diese Lesepause, dieser Raum, gehört Ihnen, und dauert genau den Moment, den Sie für sich benötigen, um sich auf das Gespräch mit Ihrem Herzen einzulassen.
Nun lege ich also die Tastatur beiseite…
FÜR EINEN MOMENT
… und nun nehme ich sie wieder auf.
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Wenn jeder Bürger Ihres Königreichs, jeder Bestandteil Ihres Körper-Geist-Seele-Systems, gesund ist, dann sind auch Sie, das große Ganze, ein ausgeglichenes Wesen voll von Lebensfreude.
Und ebenso wie den eigenen Bestandteilen unseres Systems, so geht es auch uns Menschen als Bewohner des Planeten Erde, des Königreichs Welt, in unseren Jobs, unseren Familien, unserem Umfeld. Sind also wir Menschen fröhlich, gesund und ausgeglichen, so kann sich auch unsere Mutter Erde gedeihlich vor sich hin entfalten. Vielleicht kommt dieser Vergleich Ihnen jetzt gerade noch Spanisch vor.
Vielleicht auch nicht. In beiden Fällen sind die nun folgenden Geschichten, die gefüllt sind mit Körper, Mensch und Leben und gleichzeitig mit unserem Planeten Erde, eine schöne Bereicherung.
Meine Geschichten, das gebe ich offen zu, entsprechen meiner eigenen Wahrheit, meiner persönlichen Sicht auf die Welt. Sie spiegeln meine eigenen Erlebnisse, Wünsche und Glaubenssätze wider. Und jeder von Ihnen, meinen Leserinnen und Lesern, darf sie so für sich nutzen, wie es Ihnen gerade gefällt. Das ist das Schöne an Geschichten.
Jedes geschriebene Wort bleibt dasselbe, doch je nach Lebenssituation, Stimmlage oder Werteempfinden verstehen wir die Botschaft, die wir verstehen wollen und nehmen nur das mit, was wir gerade benötigen. Gute Geschichten sind wirkungsvoller als Fakten. Wenn die Geschichten noch dazu schön sind, dann können sie Großes entstehen lassen. Sie selbst, als Leserinnen und Leser meiner Geschichten, dürfen für sich entscheiden, wie viele Anteile von Fantasie, Wahrheit, Intuition oder Wissen in ihnen steckt. Sie werden hier und jetzt zu einem Buch, das eine Verbindung herstellt zwischen Körper, Mensch, Leben und unserem Planeten Erde. Denn letztlich ist alles eins: Unsere Welt, wir Lebewesen und der Aufbau unseres Körpers bis hin zur kleinsten Einheit.
Ich wünsche Ihnen ein magisches Lese-Erlebnis.
Karl-Heinz, 67 Jahre alt, Schlaganfallpatient, Erlebnisbericht Teil 2:
Zwei Jahre waren vergangen seit dem Schlaganfall. Ich war durch viele Therapien gegangen. Dreimal pro Woche mindestens ging ich in Trainings. Ergotherapie, Logopädie, Physiotherapie.
Funktionelles Bewegungstraining, Kochkurse, Gedächtnistraining.
Ich hatte meine Ernährung umgestellt, eine neue Sprache gelernt und meine rechte Hand konnte wahrscheinlich feinmotorischer arbeiten als je zuvor. Nur mein rechtes Bein. Es hatte sich kaum verändert, seit ich es beim ersten Aufwachen als ein bewegungsloses Etwas an meiner rechten Hüfte hängend erkannt hatte und der Arzt im grünlichen Kittel „Na, da hat sauber der Blitz eingeschlagen. Das Bein wird nichts mehr!“ gesagt hatte.
Einen Versuch würde ich noch wagen, einen letzten Versuch, dieses Bein wieder in Gang zu bringen. Ich fühlte mich zu jung zum Aufgeben und hatte von einer Therapeutin gehört, die mit Körperteilen sprach. Vielleicht war sie eine Verrückte. Und vielleicht eine Chance. Ja, die grausamen Fakten lagen offen auf dem Tisch, der Schlaganfall hatte stattgefunden, zwei Jahre waren vergangen, das Bein hatte kaum Fortschritte gemacht.
…
Die Therapeutin lächelte mein Bein an und legte den Kopf schief: „Wie möchtest Du, dass Deine Geschichte weitergeht?“ fragte sie es. Kurz darauf blickte sie zu mir und sagte: „Es läuft. In seiner eigenen Geschichte läuft es schnell wie der Wind. Helfen Sie mir, die neue Geschichte Ihres Beines wahrwerden zu lassen.“ Dann sagte sie: „Die Fakten sind mächtig, in der Tat. Aber Geschichten, gute Geschichten, sind mächtiger.“ Ich verstand nicht sofort, aber ich vertraute. Aus irgendeinem Grund vertraute ich ihr, meinem Bein, und mir selbst.
…
Heute laufe ich wieder. Der Wind ist zwar noch schneller als ich, aber mein Bein und ich, wir sind beste Freunde geworden. Abends im Bett erzählen wir uns Geschichten. Geschichten, die wir erlebt haben seit wir und kennen. Und Geschichten, die wir noch zusammen erleben wollen.
Gedanken
Nie zuvor war die Welt reicher an Möglichkeiten und friedvoller als heute. Es gibt weniger Verbrechen, Kriege und Tote als je zuvor.
Wenn wir jedoch hineinspüren in diese Welt, in unser Umfeld und unser eigenes Dasein, ist es irgendwie anders. Unserem Planeten geht es schlecht, das Klima verändert sich, die Biodiversität schwindet, die Atmosphäre wird wärmer, der pH-Wert der Ozeane sinkt und sie werden sauer.
Das bedroht nicht die Existenz unseres Planeten, sondern es bedroht uns. Wir Menschen versuchen dafür Erklärungen zu finden, die wir rational verstehen können und zeigen mit Fingern auf andere. Wir versuchen uns die Antwort zu denken, können sie aber nicht spüren.
Nie zuvor war die Welt ärmer an Herz- und Bauchgefühl, war sie kopflastiger als heute. Es gibt weniger Liebe, Vertrauen und Gemeinschaft als in der gesamten Menschheitsgeschichte.
Wenn das Königreich, dem wir Menschen angehören, unsere lebendige Welt ein Tagebuch schreiben würde, wie sähe es aus? Wie würde sie ihren Schmerz ausdrücken? Ihre Freude? Und wie ihre Bedürfnisse? Ihre Hoffnungen? Würde sie auch das Gespräch mit uns suchen, so wie wir es zu Beginn mit unseren eigenen Bestandteilen taten? Welche Fragen würde sie uns stellen? Und wer ist dieses Königreich eigentlich, unser Planet Erde, den wir Gaia nennen?
Gaia ist der griechischen Mythologie nach die große Mutter Erde, unsere Welt. Sie wird darin als aus Chaos entstanden beschrieben.
Aus ihr selbst wurden Ozean, Erdoberfläche und der Himmel. Ihre Darstellung als Göttin in der Mythologie ist würdevoll, drall und gesetzt, zur Hälfte aus der Erde entspringend, untrennbar mit ihr verbunden. Gaia zu Ehren wurden in ganz Griechenland Tempel errichtet, die dazu dienten, sie als Naturgottheit zu verehren. Sie wurde segenspendende Ernährerin, Gebärerin allen Lebens als auch rächende, wahrsagende Todesgöttin genannt. Sie ist die allmächtige Göttin, die Leben schenkt und Tote in ihren Schoß aufnimmt.
In Teilen der Wissenschaft bekommt unser Planet Erde auch heutzutage einen besonderen Stellenwert zugesprochen. Einzelne betrachten die Welt sogar als lebendes Geschöpf. Einige Wissenschaftler entwickelten deshalb die Gaia-Hypothese.
Die Gaia-Hypothese entstand in den 70er Jahren. Der englische Chemiker James Lovelock und die amerikanische Mikrobiologin Lynn Margulis nannten sie nach der griechischen Göttin Gaia, der mythologischen Personifizierung der Erde.
Die Gaia Hypothese folgt der Vorstellung, dass die Erde ein Lebewesen ist, so wie wir auch und dass wir mit der Welt gemeinsam leben oder sterben. Die Erde wäre infolgedessen ein sich selbst regulierendes lebendes System, das zur eigenen Erhaltung Leben auf sich entstehen lassen hat.
Temperatur, Nährstoff-Gehalt der Ozeane und der Erdoberfläche sowie die Zusammensetzung der Atmosphäre und andere beobachtbare und messbare Phänomene wie die Beschaffenheit der Erdkruste verhalten sich so, dass sie mit ihrer Fähigkeit das Fließgleichgewicht der Welt stabil halten können. Gleichzeitig sind wir – und auch alle anderen Lebensformen, auch die kleinsten wie unsere Zellen – an der Regulation unserer Umwelt und des Planeten Erde beteiligt.
Im Gegensatz zu Planeten, die keine Lebensformen beherbergen, befinden sich die Erdatmosphäre und Erdkruste nicht in einem toten, statischen Zustand, sondern in einem lebendigen Fließgleichgewicht, das bedeutet, sich langsam verändern kann um der Erhaltung und Weiterentwicklung des Lebens zu dienen.
Die Welt ist für mich wahrhaftig unsere Mutter. Sie beschützt und versorgt uns sowie die gesamte Pflanzen- und Tierwelt in jedem Moment unseres Lebens mit allem, was wir benötigen. Mit Luft, Wasser, Nahrung, mit heilsamen Kräutern, mit Wärme, Licht und Energie und magischen Vorgängen wie Photosynthese, Geburten von neuen Lebewesen oder dem Fließgleichgewicht der Atmosphäre, erhält sie uns unser gedeihliches Miteinander, das wir Leben nennen. Die Welt ist demnach nicht mehr nur unsere Umgebung oder etwas, das außerhalb von uns stattfindet, sondern sie ist vielmehr ein Teil von uns, in uns und um uns herum. Welcher Kultur, welcher Gruppe, welcher Religion wir auch immer angehören, wir sind dadurch nicht besser, schlechter oder wertvoller als die anderen, vielmehr drücken wir alle dasselbe auf unsere individuelle Weise aus. Denn wir alle sind Weltbürger. Und als diese sind wir dazu verpflichtet, für den Erhalt eben dieser Welt zu sorgen. Die Personifizierung der Welt gibt uns die Möglichkeit, eine Beziehung mit ihr einzugehen und empathisch sowie achtsam mit ihr umzugehen.
Die Gaia-Hypothese legt besonderen Wert auf die Bewusstheit über die enge Vernetzung und Verbindung zwischen allen Lebewesen untereinander und auch mit ihrer Umwelt. Die Erde dient als adaptives Kontrollsystem mit der Fähigkeit zur Selbstregulation und hängt hierbei unmittelbar mit dem kollektiven Verantwortungsgefühl der auf ihr lebenden Menschen zusammen. Die Wichtigkeit von Kooperation und Symbiose als Evolutionsfaktoren ist nicht mehr zu übersehen.
Alles hängt mit allem zusammen.
“Life did not take over the world by combat, but by networking.”
Lynn Margulis
“One general law, leading to the advancement of all organic beings, namely, multiply, vary, let the strongest live and the weakest die.”
Charles Darwin
Evolution kann infolgedessen mehr bedeuten als es Darwin herkömmlich mit „survival of the fittest“ beschrieb. Und es wäre sicher zu langweilig, wenn wir Evolution nur als ein Prozess der Symbiose mehrerer Bakterienarten der Urzeit verstehen würden. Deshalb biete ich an, mit Evolution die Zusammenarbeit mehrerer Partner zu meinen, nämlich die Wechselbeziehung zwischen Lebewesen zweier Arten, aus der alle beteiligten Partner ihren Nutzen ziehen sowie einander dienen.
Diese Wechselbeziehung nennen wir Mutualismus und sie steht entgegen der Konkurrenz zwischen einzelnen Partnern oder gar oder Räuber-Beute-Beziehung. Sie bedeutet aber genauso wenig, dass alles still und friedlich, geradezu statisch miteinander zusammenfließt. Denn selbst im Zellsystem gehören Entstehung, Selektion und der Tod dazu, werden neue Zellen geboren, die kranken und schwachen Zellen vernichtet und abtransportiert. Die Starken überleben und bilden Kooperationen. Jeden Tag sind wir in der Zusammensetzung ein anderer Mensch als gestern.
Zellen entstanden aus der Symbiose von Bakterien. Komplexeres Leben entwickelte sich einerseits aus Konkurrenz und andererseits aus den Verbünden von Zellen. Wir, die Menschen, so wollte ich meinen, können uns vor allem weiterentwickeln, wenn wir uns genauer mit Mutualismus beschäftigen, der – wie ich es gerne für mich beschreibe – Reinform von Evolution. Inzwischen sind wir eine Anhäufung oder eher ein Kunstwerk von 1,5 – 2 kg Bakterien in und auf uns, von mehr als 50 Billionen Zellen, über 1,5 Quadratmetern Haut, mindestens 20 Kilogramm Faszien und allen anderen Teilen, die unser Körpersystem zu bieten hat. Sie alle leben mit sich selbst und miteinander in Einklang und erhalten uns durch ihr feinfühliges Miteinander, durch Mutualismus, am Leben. Diese gesunde Form der Symbiose in Kombination mit der Abgrenzung individueller Aufgaben spielt eine wichtige Rolle für die Weiterentwicklung unseres Zellsystems.
Weiter gedacht besteht auch das Körper-Geist-Seele System – unser Königreich – aus Kooperation. Ein Gleichgewicht beeinflusst das andere. Wie Yin und Yang.
Oder anders gesagt, eine aus der Balance geratene Gegebenheit zieht die nächste nach sich. Haben die Informationen auf unseren Zellkernen Stress, so leidet unser Organgewebe. Steht das Organ unter Druck, haben wir Schwierigkeiten in der Verdauung. Wenn unser Stoffwechselsystem unter chronischem Stress leidet, ist unser Immunsystem davon beeinflusst. Wenn wir dadurch ständig krank sind, ist unser Lebensgefühl beeinträchtigt. Fühlen wir uns dauerhaft schlecht, blicken wir pessimistisch auf die Welt um uns herum. Wenn wir negativ denken, können wir nicht positiv kommunizieren.
Wenn wir Stress spüren, sind es Unterschiede, die wir wahrnehmen. Unterschiede erkennen, bedeutet Informationen zu erhalten und daraus Möglichkeiten abzuleiten. Möglichkeiten, um wieder ein Gleichgewicht herzustellen.
Gleichgewicht ist ein Wort, das ich nicht nur mit dem Bild einer Waage verbinde, die auf jeder Seite eine gleichschwere Menge von etwas erhält, um in Balance zu sein. Es ist nicht nur die gerechte Aufteilung von Ressourcen oder das Zusammenspiel von Yin und Yang oder die Mitte zwischen Hell und Dunkel. Gleichgewicht ist für mich kein fester Zustand, sondern vielmehr etwas Dynamisches. Kommunikation, Interaktion, Interdependenz. All das hat für mich mit Gleichgewicht zu tun. Und zudem geht es immer sowohl um uns persönlich und unsere eigenen Werte und Erinnerungen als Individuen als auch um die Werte der Kultur und der Struktur des Systems, in dem wir uns gerade befinden.
Wie schaffen wir es, eine Balance herzustellen zwischen unseren eigenen Bedürfnissen und denen unserer Nachbarn, zwischen Arbeit und Freizeit, zwischen dem System, in dem wir uns befinden und der Welt um dieses System herum? Wie schaffen wir es, ein Gleichgewicht zu kreieren zwischen kollektiven und persönlichen Bedürfnissen, zwischen individuellen Freiheiten und Regeln für die Gesellschaft, zwischen Krankheit und Gesundheit? Wie schafft es unsere Mutter Erde, ihr Gleichgewicht zu erhalten?
Wenn die Welt Tagebuch schreiben könnte, vielleicht würde sie die Entstehung des Lebens auf sich selbst so beschreiben wie hier in einem Auszug aus meinem eigenen Blog, dem „Tagebuch der Welt“:
Oh. Wie schön bin ich. Die Welt. Es war die richtige Entscheidung, Leben auf mir entstehen zu lassen. Jetzt, da die Atmosphäre über genügend Sauerstoff verfügt und die Wassertiere an Land kommen. Jetzt, da jede Pflanze und jedes Tier zu gemeinsam kooperierenden Verbänden werden, beginnt etwas Großes. Ich merke es. Pflanzen fangen an, bunt zu werden und produzieren auf wunderbare Weise Gerüche und Geschmäcker, die Tiere anlocken, um sie zu befruchten. Gleichzeitig werden Tiere von der Vielfalt dazu animiert, mitzumachen und sich fortzupflanzen. Es entstehen Möglichkeiten, die nicht von mir gesteuert werden, sondern die sich die Natur ganz von selbst ausdenkt. Leben kommt und geht. Jeder bietet sein Dasein für das eines anderen an. Es ist ein Kreislauf von Freunden, die sich zwar auch gegenseitig fressen, um zu überleben, sich aber respektvoll begegnen und immer dafür sorgen, dass ein Gleichgewicht herrscht. Kein Lebewesen nimmt mehr als nur das, was es zum Überleben braucht. Und ich werde immer bunter. Immer mehr Vielfalt entsteht. Platz für mehr ist genug da auf mir. Oh. Wunderschön bin ich. Die Welt.
Dunkelheit, ein lauter Knall. Mein Herz rast. Ende der Erinnerung. Es war Nacht. Wir fuhren in den Urlaub. Dann passierte der Unfall.
Die Erinnerung der Dunkelheit, des Knalls, des rasenden Herzens hat sich in meinem Gedächtnis eingebrannt, wahrscheinlich aufgrund der traumatischen Situation in meiner Kindheit. Dem Autounfall inmitten der Nacht.
Wenn wir uns selbst in einem Kontext wiederfinden, der uns aufgrund unserer Erinnerungen irgendwie bekannt vorkommt, beobachten wir uns selbst und die anderen, die in einer Interaktion mit uns stehen, ganz automatisch. Dunkelheit und Lärm. Das sind meine Erinnerungen, die mir sagen „Gefahr im Verzug“.
Wir haben also unsere Erinnerungen, unsere Gedanken, unsere Psyche, die uns wie von selbst eine Welt wahrnehmen lassen, die uns gut und richtig erscheint. Und wenn wir darin ein Ungleichgewicht wahrnehmen, dann weniger in uns selbst, sondern eher um uns herum. Wir spüren vielleicht körperliche Probleme, die von chronischen Schmerzen bis zu Burnout reichen oder auch psychische Dysbalancen, die sich auf unser zwischenmenschliches Verhalten auswirken. In meinem beschriebenen Fall ist es ein Herz, das rast und ein Körper, der für einen kurzen Moment wie versteinert ist, immer dann, wenn es im Dunkeln knallt. Als unmittelbare Folge gehe ich selbst heutzutage weder gerne ins Kino, noch habe ich riesigen Spaß am Silvesterfeuerwerk.
Unser Körper ist auch ohne die Benutzung des Bewusstseins ein sehr selbstbewusstes System. Er erinnert sich an das, was ihm passiert ist. Wenn es Situationen und Traumata sind, die sich spürbar und sichtbar im Körper manifestiert haben, dann sprechen wir vom Felt Sense. Wenn es solche sind, die sich auf den Informationen auf unseren Zellen bemerkbar machen über Veränderungen in der DNA, so sprechen wir von Epigenetik. Wenn es Erinnerungen aus einem anderen Leben sind, dann nennen wir es Karma.
Wir sind also spürende Wesen, Homo Sensorium, wie ich uns gern nenne.
Felt Sense ist keine kognitive, sondern eine physische Erfahrung, also das körperliche Wahrnehmen einer Situation, einer Sache oder einer Person. Es ist ein Gefühl, das alles umfasst, was man in dem Moment des Ereignisses wahrnimmt. Der Felt Sense wirkt im Unterbewusstsein wie ein Medium für die Gesamtheit aller Sinneserfahrungen, integriert alle Informationen des Erlebens, macht jede Erfahrung intensiver.
Der Felt Sense ist die Erfahrung, in einem lebendigen Körper zu sein, der seine Umgebung begreift, indem er seine feinsten Reaktionen auf diese spürt. Unsere Emotionen spielen für den Felt Sense keine große Rolle, wenngleich sie meistens damit zusammenhängen, vielmehr setzt er sich aus allen Sinnen zusammen, dem Hören, Sehen, Riechen, Schmecken, dem Temperatursinn, der Oberflächen- und Tiefensensibilität. Ein Felt Sense unterscheidet sich von der Emotion, weil er im Körper lokalisiert werden und als Körpergefühl erlebt werden kann. So hat jedes Trauma, jede Situation und jede Empfindung ein Körpergefühl. Sie kann eine Form haben, groß oder klein sein oder sich in der Qualität und im Ort des Körpers, wo sie auftritt, unterscheiden. Felt Sense ist komplex und verändert sich ständig. Deshalb versetzt er uns in die Lage, Wahrnehmungen zu verändern, voranzukommen, neue Informationen auf alte Situationen zu setzen, uns über den Körper aus seelischen Traumata herauszubewegen.
In meiner Arbeit als Physiotherapeutin begegne ich Felt Sense immer wieder aufs Neue. So auch bei Martina. Sie war eine Patientin mit starken Schmerzen in der linken Schulter. Die Schmerzen gingen einher mit Herzrasen, sodass sie erst an einen Herzinfarkt dachte. Mit sechsunddreißig Jahren etwas verfrüht, wie ich bemerkte.
Also begaben wir uns auf Spurensuche. Wir kamen uns vor wie Sherlock Holmes und Watson, während wir die Schmerzlinie nachzeichneten. Am Ende ergab sich ein phantastisches Ergebnis: Jahre zuvor war Martina als Fahrerin in einen schweren Auffahrunfall verwickelt gewesen. Sie hatte danach ein ganzes Jahr lang psychische Probleme gehabt und konnte erst nach zehn Monaten wieder mit einem normalen Gefühl in ein Auto steigen und fahren. Körperlich waren damals, abgesehen von der klassischen Gehirnerschütterung, keine Folgen entstanden.