Die Apfelprinzessin - Maya Shepherd - E-Book
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Die Apfelprinzessin E-Book

Maya Shepherd

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Beschreibung

Dieses Buch beginnt nicht mit Es war einmal, denn auf diese Weise fangen all die Lügen an, die Wilhelm und Jacob in die Welt gesetzt haben. Dies ist kein Märchen, sondern eine wahre Geschichte. Es heißt, die Bösen werden bestraft und die Guten leben glücklich bis ans Ende ihrer Tage. Das Leben ist aber nicht schwarz-weiß und gewiss nicht glücklich. Rot ist die Farbe, die über das Schicksal bestimmen wird. Die Lüge ist oft nicht von der Wahrheit zu unterscheiden, am wenigsten, wenn die Wahrheit zu schrecklich ist, um sie glauben zu wollen.

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Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhaltsverzeichnis

Prolog

Die Späher der Königin

Mein Name ist Rumpelstein

Die Apfelprinzessin

Der Weg der Entscheidung

Das Lebkuchenhaus

Der Apfelhändler

Schlussworte der Autorin

Copyright

Danksagung

Maya Shepherd

Die Grimm Chroniken 1

„Die Apfelprinzessin“

Copyright © 2018 Maya Shepherd

Marion Schäfer, c/o SP-Day.de Impressum-Service, Dr. Lutz Kreutzer, Hauptstraße 8, 83395 Freilassing

[email protected]

Coverdesign: Jaqueline Kropmanns

Lektorat: Sternensand Verlag /Martina König

Korrektorat: Jennifer Papendick

Alle Rechte, einschließlich dem des vollständigen oder teilweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

Facebook: www.facebook.de/MayaShepherdAutor

E-Mail: [email protected]

Für Sabrina Stocker

Wie könnte ich dieses Buch jemand anderem als dir widmen?

Danke, dass du meinen Wahnsinn teilst.

Prolog

Dieses Buch beginnt nicht mit Es war einmal, denn auf diese Weise fangen all die Lügen an, die Jacob und Wilhelm in die Welt gesetzt haben. Dies ist kein Märchen, sondern eine wahre Geschichte.

Es ist meine Geschichte.

Ich bin namenlos und trotzdem jedem bekannt. Man gab mir viele Bezeichnungen:

Ich war die grausame Zauberin, die das unglückliche Rapunzel zur Einsamkeit verdammte.

Ich war die herzlose Stiefmutter, die das arme Aschenputtel immer wieder quälte.

Ich war die dreizehnte Fee, die dem unschuldigen Dornröschen den Tod wünschte.

Ich war die böse Königin, die nach dem Herz des schönen Schneewittchens verlangte.

Das alles war ich. Es waren nicht verschiedene Erzählungen, die sich alle irgendwo auf der Welt unabhängig voneinander ereignet hatten und von den Brüdern Grimm gesammelt wurden. Es war immer nur eine Geschichte und die Brüder waren ein Teil davon. Sie sind es immer noch.

Märchen sind wie alle Sagen und Legenden: Es steckt ein Funke Wahrheit in ihnen, verwoben mit viel Fantasie. Jacob kennt die ganze Wahrheit und trotzdem entschloss er sich, sie zu vertuschen. Das, was wirklich geschehen ist, ist nichts, was man Kindern als Gutenachtgeschichte vorlesen sollte. Es ist eine Geschichte, die einen bis in die Träume verfolgt und das Blut in den Adern gefrieren lässt.

Es heißt, die Bösen werden bestraft und die Guten leben glücklich bis ans Ende ihrer Tage. Das Leben ist aber nicht schwarz-weiß und gewiss nicht glücklich. Rot ist die Farbe, die über das Schicksal entscheiden wird.

Doch egal wie die Geschichte endet, ich kann nur verlieren. Mein Untergang ist gewiss, doch was wird aus dem Rest der Welt? Was wird aus all den unschuldigen Seelen, die nichts mit alledem zu tun haben? Haben sie es nicht verdient, wenigstens die Wahrheit zu erfahren?

Jacob Grimm und ich kannten einander nicht nur – wir waren Freunde. Er war mein Berater und mein Vertrauter. Er wusste, dass ich alles in meiner Macht Stehende tat, um das Unheil aufzuhalten, auch wenn es mir das Herz brach. Ich musste nicht gegen den bösen Unbekannten ankämpfen, sondern gegen das, was ich am meisten auf der Welt liebte. Gegen mein eigenes Fleisch und Blut. Gegen meine Tochter. Gegen Schneewittchen.

Sie hatte nie eine Stiefmutter, so steht es auch in dem Originalmanuskript der Brüder von 1812. Ich weiß nicht, was Jacob dazu bewogen hat, es fünfzig Jahre später zu verändern. Warum hat er mich zu dieser egoistischen, grausamen und herzlosen Person gemacht, die vor lauter Neid auf ihre Tochter so blind war, dass sie diese töten wollte?

Ich war lange Zeit blind, aber nicht aus Neid, sondern aus Liebe. Wie jede Mutter liebte ich mein Kind so sehr, dass es wehtat. Nur dass es in meinem Fall wortwörtlich zu nehmen ist.

Schneewittchen ist nicht die naive und hilflose Prinzessin, die sie vorgibt, zu sein. Es ist leicht, an ihre Unschuld zu glauben, wenn sich ihre großen Augen mit Tränen füllen und ihre unermessliche Schönheit einem den Atem raubt. Sie täuschte nicht nur mich, sondern auch den Jäger, den Prinzen und die Vergessenen Sieben. Keine Zwerge. Das ist nur eine der vielen Lügen, die erschaffen wurden, um die Geheimnisse zu wahren.

Sie ist die eine, die über das Schicksal der Welt entscheiden wird. Ausgerechnet mir, ihrer eigenen Mutter, wird es zur Aufgabe, sie aufzuhalten. Aber ich muss mich beeilen, denn schon bald wird sie von dem Fluch des Schlafenden Todes erwachen, der sie all die Jahre in einem Glassarg gefangen gehalten hat. Sie ist nun stärker denn je. Immer wenn ein Kind ihren Namen nennt oder auch nur an sie denkt, wird ihre Kraft umso mächtiger.

Ich kann es nicht allein schaffen, sie zu besiegen. Ich brauche die Hilfe derer, die ihr einst das Leben retteten: die Vergessenen Sieben.

Niemand kennt ihre Namen.

Niemand weiß, wer sie sind.

Niemand bis auf Jacob Grimm.

Wer immer dies liest, wird sich vielleicht fragen, was aus Wilhelm wurde.

Er starb vor vielen Jahren. Ich habe ihn getötet, als ich erfolglos versuchte, die Wahrheit aus ihm herauszubekommen. Er nahm seine Geheimnisse mit ins Grab.

Das mag den meisten als grausam erscheinen und vielleicht hegen sie deshalb Zweifel daran, ob ich nicht doch dieses herzlose Monster bin, als das die Brüder Grimm versucht haben, mich darzustellen. Die Lüge ist oft nicht von der Wahrheit zu unterscheiden, am wenigsten dann, wenn die Wahrheit zu schrecklich ist, um sie glauben zu wollen.

Um mich verstehen zu können, müsst ihr meine Geschichte kennen. Sie begann im Jahr 1575 …

Die Späher der Königin

Berlin, Charité – Klinik für Psychiatrie, Oktober 2012

Es war ein Freitag.

Will Zimmer war vermutlich der einzige junge Mann, der keinen Wochentag mehr verabscheute als den Freitag. Während andere Schüler diesen Tag als den Beginn des Wochenendes feierten, bedeutete er für Will eine Bürde. Denn seit seiner Kindheit besuchte er an jedem Freitagnachmittag seinen Vater in der Berliner Charité-Klinik für Psychiatrie.

Der Anblick des großen Gebäudekomplexes mit seinen spitzen Schieferdächern verursachte ihm eine Gänsehaut. Efeu rankte sich an den alten Backsteinen empor. Es hatte sich zu dieser Jahreszeit rot gefärbt und stand in farbenfrohem Kontrast zu dem tristen Grau des Herbsthimmels.

Jedes Mal, wenn er vor der tannengrünen Eingangstür stand, überkam ihn der Drang, der Klinik den Rücken zu kehren und etwas anderes mit seiner Zeit anzufangen – ganz egal, was. Er wusste jedoch, dass es zur Gewohnheit werden würde, wenn er sich auch nur ein Mal dazu durchringen würde. Die Verlockung wäre zu groß und auf einen freien Nachmittag würden ein zweiter, ein dritter und ein vierter folgen, bis er nicht mehr in der Lage wäre, wiederzukommen. Das konnte er seinem Vater nicht antun.

Will war das Einzige, was seinen Vater noch mit der Realität verband. Er war der rote Faden, der ihn in dieser Welt hielt und verhinderte, dass er völlig in seinen Wahnsinn abdriftete.

Die schwere Holztür gab ein lautes Knarren von sich, als Will sie aufzog. Das künstliche Licht der Deckenbeleuchtung flackerte beim Eintreten. Der Geruch von Desinfektions- und Reinigungsmitteln stieg ihm in die Nase, gemischt mit dem von altem Holz und feuchten Wänden. Eine ungewöhnliche Mischung, die ihm jedoch vertrauter war als jeder andere Duft.

Als er hörte, wie die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, zuckte er unwillkürlich zusammen, erfasst von der Angst, dass eines Tages der Zeitpunkt kommen würde, an dem sie sich für immer schloss und er an diesem Ort genauso gefangen wäre wie sein Vater.

Eine Hand berührte ihn sanft an der Schulter und Will richtete seinen Blick auf die Person, zu der sie gehörte: Maggy. Sie lächelte ihm ermutigend zu. »Komm, dein Vater freut sich bestimmt schon auf dich.«

Obwohl sie leise sprach, hallte ihre Stimme von den hohen Wänden wider. In der Charité herrschte stets eine bedrohliche Stille. Vermutlich war sie nicht einmal wirklich beunruhigend, sondern Will empfand sie nur so. Im Hintergrund hörte er ein Hämmern, Bohren und Sägen. Das Gebäude war alt und marode, sodass ständig irgendwo etwas repariert werden musste. War das eine Loch gestopft, brach es an einer anderen Stelle wieder auf.

Maggy hatte Will auch früher schon manchmal begleitet, aber seit etwa einem Jahr war es zu einer Regelmäßigkeit geworden. Die meisten Menschen empfanden Furcht, Neugier oder sogar Abscheu für eine Psychiatrie. Maggy hingegen betrat diesen Ort nicht anders, als würde sie in die Wohnung eines alten Freundes eintreten.

»Dafür müsste er erst einmal wissen, welchen Tag wir heute haben«, murrte Will weniger begeistert.

Die Besuche bei seinem Vater waren mit den Jahren immer mehr zu einer Verpflichtung geworden, als dass er irgendeinen Sinn in ihnen hätte erkennen können. Als Kind hatte er sich manchmal der Hoffnung hingegeben, dass der verwirrte Geist seines Vaters irgendwann geheilt werden könnte und er die Klinik verlassen würde, um mit seinem Sohn wie eine gewöhnliche Familie zusammenzuleben. Mit siebzehn Jahren war Will alt genug, um zu wissen, dass dies nicht mehr passieren würde.

»Für ihn ist jeder Tag gleich, da ist es schwer, die Übersicht zu behalten«, verteidigte Maggy seinen Vater.

Sie war nicht nur in Bezug auf Wills Vater einfühlsam, sondern fand für die meisten Menschen ein gutes Wort. Es war Will ein Rätsel, woher sie ihren Optimismus nahm, wo sie doch genau wie er in einem Heim aufgewachsen war und die meiste Zeit nur die Schattenseiten des Lebens kennengelernt hatte. Oft pflegte sie zu sagen: Immerhin hast du einen Vater, wenn er sich über die Besuche bei ihm beschwerte. Das holte ihn tatsächlich auf den Boden der Tatsachen zurück und erinnerte ihn daran, dass er dankbar für das sein sollte, was er hatte, selbst wenn es erschreckend wenig war.

Schlimmer als die Verpflichtung der Besuche war jedoch das Gerede der anderen Schüler.

Will war es gelungen, die Grundschulzeit rumzubringen, ohne dass irgendjemand von seinem Vater erfahren hatte. Er war nur ein Junge aus dem Heim gewesen.

Auf der weiterführenden Schule hatte es jedoch genau eine Woche gedauert, bis es seinem Vater auf wundersame Weise gelungen war, die Klinik zu verlassen. Anstatt ziellos durch die Stadt zu irren, war er barfuß und im Schlafanzug zu Wills Schule gelaufen und hatte ihn in seinem Klassenzimmer aufgesucht.

Bis heute fragte sich Will, woher er gewusst hatte, auf welche Schule er ging und vor allem wo sich sein Klassenzimmer befand. Er hatte es ihm sicher nicht erzählt, denn sein Vater konnte sich sonst nicht einmal merken, in welchem Jahrhundert er lebte. Vielleicht hätte es ihn sogar beeindruckt, wenn sein Besuch nicht der Grund dafür gewesen wäre, dass sein Leben seitdem noch trostloser war als zuvor.

Sein Vater hatte ihm, samt versammelter Schülerschar und Lehrerin, erklärt, dass er auf sein Herz achtgeben müsse, weil die böse Königin hinter ihm her wäre. Seitdem tuschelten die anderen hinter seinem Rücken und mieden ihn, als wäre eine Geisteskrankheit ansteckend.

Will war ein Einzelgänger, wie er im Buche stand. Er war so daran gewöhnt, dass man sich über ihn lustig machte, dass er von den Menschen im Allgemeinen nichts Gutes erwartete. Sprach ihn jemand an, reagierte er abweisend, aus Angst, dass es nur ein schlechter Scherz war. Manchmal tat er den Menschen damit unrecht, aber es war ihm lieber, als auf ihre Gemeinheiten hereinzufallen. Kinder waren ehrlich, aber auch äußerst grausam.

Ohne Maggy und ihren Bruder Joe wäre er wohl ganz allein gewesen. Es war jedoch weniger ihre gemeinsame Kindheit im Heim, die sie zusammenhielt, als mehr die Tatsache, dass sie alle drei aus dem einen oder anderen Grund von der Allgemeinheit ausgestoßen wurden.

Sie meldeten sich formhalber am Empfang der Charité an, wo sie jedoch beide bereits bekannt waren.

»Hallo, ihr zwei«, grüßte die alte Frau Friedrich, als sie ihnen die Besucherliste über den Tresen zuschob, in die sie sich eintragen mussten. Durch ihre dicken Brillengläser wirkten ihre Augen geradezu riesig. Sie rief auf der Station an, damit jemand vom Pflegepersonal kam und sie abholte.

Ludwig Zimmer befand sich in der geschlossenen Abteilung. Besuche waren nur in Absprache mit dem zuständigen Arzt gestattet.

»Gab es diese Woche besondere Vorkommnisse?«, wollte Will ohne großes Interesse wissen. Der Zustand seines Vaters war gleichbleibend. Jahr ein, Jahr aus erzählte er dieselben wirren Geschichten, ohne dass sich je etwas daran änderte.

»Es ist ein schweres Jahr für ihn«, seufzte Frau Friedrich, die schon in der Charité arbeitete, seitdem Will denken konnte. Während sie ihn hatte aufwachsen sehen, hatte er dabei zuschauen können, wie ihr blondes Haar grau und die Falten in ihrem Gesicht immer zahlreicher wurden. Er hatte sie nie anders gesehen als mit einem Dutt, einer dicken Brille und selbst gestrickten Wolljacken. Sie kannte seinen Vater und seine Krankengeschichte besser als die meisten Ärzte.

Will hob fragend die Augenbrauen. »Wie meinen Sie das?«

Maggy kam ihr jedoch zuvor. »2012«, flüsterte sie andächtig.

Die Friedrich nickte zustimmend. Will blickte jedoch nur verständnislos zwischen ihnen hin und her. Er hatte aufgehört, seinem Vater zuzuhören und irgendetwas, was er sagte, für bare Münze zu nehmen.

»Das ist das Jahr, von dem Ludwig immer wieder gesprochen hat«, erklärte ihm die Krankenschwerster. »Das Jahr, in dem das Schicksal der Welt entschieden wird.«

Wills Vater sprach häufig von Dingen wie Schicksal, Flüchen, Dornenhecken, verzauberten Gegenständen und vor allem dem Bösen. Der Teufel war für ihn so real wie die alte Frau Friedrich, der Will gegenüberstand.

»Warum ausgerechnet 2012?«

»Wer kann das schon so genau sagen?«, meinte sie. »Wollen wir hoffen, dass es im nächsten Jahr besser wird.«

Eine Besserung wäre es, wenn er aufhören würde, sein eigenes Spiegelbild anzuschreien und jedes Buch, das ihm in die Hände geriet, in winzig kleine Stücke zu zerreißen.

Wenigstens hatte er in der Klinik keinen Zugang zu Streichhölzern oder Feuerzeugen. Sie waren der Grund, warum er eingewiesen worden war. Er hatte mit einem Streichholz ein Buch in Brand gesteckt. Nicht irgendein Buch, sondern eine Ausgabe der Märchen von den Brüdern Grimm.

Als die Feuerwehr angerückt war, um den Brand zu löschen, hatte Ludwig mit Will auf dem Arm seelenruhig im Treppenhaus gesessen und behauptet, dass die Lügen vernichtet werden müssten. Damals war Will noch zu klein gewesen, um irgendeine Erinnerung daran zu haben. Er wusste nicht, ob sein Vater jemals anders gewesen war. Vielleicht hatte der Tod von Wills Mutter kurz nach seiner Geburt dazu geführt, dass er den Verstand verloren hatte.

---ENDE DER LESEPROBE---