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Jahrtausende lagen die vorzeitlichen Gräber von Liggingstone unberührt in einem abgeschiedenen englischen Moor. Dann entschließt sich die Regierung, auf dem Gräberfeld eine Laser-Versuchsanlage zu errichten.
Beim Bau der Anlage kommt es zu unerklärlichen Zwischenfällen. Aber keiner der beteiligten Wissenschaftler ahnt, dass ihre Maschine zu einer Brücke ins Jenseits geworden ist.
Bis sich schließlich die Gräber öffnen...
Der Roman Die Auferstehungsmaschine aus der Feder des britischen Autors Phil Smith erschien erstmals im Jahre 1978. Der Apex-Verlag veröffentlicht diesen Roman als durchgesehene Neuausgabe in der Reihe APEX HORROR.
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Veröffentlichungsjahr: 2019
PHIL SMITH
DIE AUFERSTEHUNGS-
MASCHINE
Roman
Apex Horror, Band 26
Apex-Verlag
Inhaltsverzeichnis
Das Buch
DIE AUFERSTEHUNGSMASCHINE
Erstes Kapitel
Zweites Kapitel
Drittes Kapitel
Viertes Kapitel
Fünftes Kapitel
Sechstes Kapitel
Siebtes Kapitel
Achtes Kapitel
Neuntes Kapitel
Zehntes Kapitel
Elftes Kapitel
Zwölftes Kapitel
Dreizehntes Kapitel
Vierzehntes Kapitel
Fünfzehntes Kapitel
Sechzehntes Kapitel
Siebzehntes Kapitel
Achtzehntes Kapitel
Neunzehntes Kapitel
Zwanzigstes Kapitel
Jahrtausende lagen die vorzeitlichen Gräber von Liggingstone unberührt in einem abgeschiedenen englischen Moor. Dann entschließt sich die Regierung, auf dem Gräberfeld eine Laser-Versuchsanlage zu errichten.
Beim Bau der Anlage kommt es zu unerklärlichen Zwischenfällen. Aber keiner der beteiligten Wissenschaftler ahnt, dass ihre Maschine zu einer Brücke ins Jenseits geworden ist.
Bis sich schließlich die Gräber öffnen...
Der Roman Die Auferstehungsmaschine aus der Feder des britischen Autors Phil Smith erschien erstmals im Jahre 1978. Der Apex-Verlag veröffentlicht diesen Roman als durchgesehene Neuausgabe in der Reihe APEX HORROR.
»Genau wie ich es mir dachte, das Skelett ist verstümmelt. Seht euch an, wie der Schädel und der Brustkorb zerschmettert wurden. Von den großen Knochen sind nur wenige unversehrt. Hier dieser Beinknochen, er ist an drei Stellen zerbrochen. Der Beckenknochen ganz deutlich in zwei Teile. Sie haben ganze Arbeit geleistet.«
Der ältere Mann stand auf, klopfte sich die lockere Erde von den Händen und lächelte über die besorgten Gesichter der anderen beiden.
»Es ist ganz normal, sie so vorzufinden«, erklärte er. »Entweder verstümmelt oder in einer zusammengekauerten Stellung, als ob sie schliefen.«
»Ich hätte sie lieber schlafend gesehen«, meinte das Mädchen schaudernd. »Es ist schrecklich!«
»Ein paar kräftige Schläge mit der Steinzeitaxt«, sagte der alte Mann beiläufig und fügte dann begeistert hinzu: »Wenn das Glück uns hold ist, werden wir die Axt auch freilegen. Sie liegt normalerweise ganz nahe bei der Leiche.«
Der alte Mann bückte sich erneut und befreite die Knochen vorsichtig von der Erde.
»Aber warum wurden sie derart zerhackt?«, fragte der junge Mann. »Hatten sie nicht genug Platz, sie vernünftig zu beerdigen?«
»Nein. Es gibt nur dieses eine Gräberfeld hier. Wir sind auch schon unten angelangt; sie mochten nämlich nicht tief graben. So legten sie die Körper einfach auf den Boden und bedeckten sie mit Steinen und Torf. Wahrscheinlich warteten sie bis das Fleisch verwest war und zerbrachen dann die Knochen, bevor sie das Grab richtig abdeckten.«
»So ließen sie sie Seele des Toten frei«, ergänzte er und zögerte kurz.
»Natürlich ist das nur eine Annahme«, fuhr er fort, »denn es ist praktisch unmöglich, sich ein genaues Bild über die Religion der Menschen vor über viertausend Jahren zu machen. Ihr seht ja selbst, abgesehen von den wenigen Überbleibsel, gibt es nichtviele Anhaltspunkte.« Während er sprach, fuhr er fort, die Erde und die lockeren Steine beiseite zu schieben. Plötzlich untersuchte er einen Knochen genauer. »Seltsam«, verkündete er. »Sieh dir das an, Steven. Der Knochen ist verbrannt, hier ist noch einer. Das ist wirklich interessant.« Er übergab Steven den geschwärzten Knochen.
»Sagten Sie nicht, dass dieses eine geeignete Stelle für Signalfeuer gewesen sein könnte«, sagte Steven. »Wäre das vielleicht eine Erklärung für die verbrannten Knochen?«
Der Ältere schüttelte energisch den Kopf. »Nein, nein. Wir sind dafür zu weit unten. Zweifellos hat man hier Signalfeuer entfacht, als Frühwarnsystem zur Zeit der Invasion. Es ist weit und breit der höchste Punkt hier. Diese Feuer waren aber erst vor relativ kurzer Zeit üblich; bei den Sachsen, Dänen und noch später.« Er deutete auf das zusammengekauerte und zerstörte Skelett.
»Der hier stammt aus der frühen Bronzezeit, oder ich will nicht länger Arthur Hindle heißen. Er gehört etwa in die Zeit 2000 v. Chr., und damals war es nicht üblich, auf der geheiligten Begräbnisstätte Feuer dieser Art anzuzünden.«
»Vielleicht war es ein Bestandteil des Beerdigungsrituals«, schlug Steven vor.
»Vielleicht!«, wiederholte Arthur nachdenklich. »Aber wenn Feuer ein Teil ihrer religiösen Zeremonie war, warum haben sie dann ihre Toten nicht verbrannt? Erst in der späten Bronzezeit tauchen Feuerbestattungen auf; das wäre tausend Jahre später.« Er blickte den zerschmetterten Schädel düster an, als könne er ihm die Antwort entlocken. »Nein, die Sache mit dem Feuer gefällt mir nicht.«
»Ohne mich in eure archäologischen Spekulationen mischen zu wollen«, unterbrach sie das Mädchen, »der ganze- Ort hier gefällt mir nicht. Er hat etwas Bedrückendes an sich.«
Sie stand ein bisschen abseits an der Seite der Grabstätte und die Männer wandten sich ihr nun zu.
»Kath, warum, um Himmelswillen, sagst du so etwas?«, fragte ihr Mann und ging zu ihr hinüber. »Das hier soll bedrückend sein?«, fragte er lächelnd und wies mit der Hand auf das Tal und die dahinter liegenden Hügel.
Die Sonne ließ die Landschaft Ein diesem Spätnachmittag in den wunderbarsten Farben schimmern. Rundherum lagen Felder und Weiden. Der Purpur der Heide wetteiferte mit dem Silber des Wollgrases. Die scharfen Konturen der weißen Kalksteinhügel erstrahlten im Hintergrund. Weit entfernt im Südwesten überdeckte ein grauer Dunstschleier die Industriegebiete von Lancashire und Yorkshire.
»Da muss man sich doch fragen, weshalb wir in London leben, nicht wahr?«, meinte Steven. »Vielleicht gab es auch dort einmal Täler wie dieses, bevor die Städte unseren Freund mit den zerbrochenen Knochen verdrängten.«
Das Mädchen fröstelte und schmiegte sich an ihn.
»Du frierst doch nicht etwa?«, fragte er sie.
»Nein. Es ist alles in Ordnung.«
»Du hast dich doch nicht etwa von dieser Ausgrabung beeindrucken lassen? So etwas sieht dir doch sonst nicht ähnlich.«
Sie sah erneut auf die Knochen; sie waren so lange Zeit in der Erde verborgen gewesen und lagen nun gelb und fleckig vor ihr. Die Luft war erfüllt vom Lerchengesang. Der durchdringende Schrei eines Kiebitz zog durch das Tal und nahm ihre Gedanken mit sich fort. Wohin? fragte sie sich. Wohin nach all dem?
»Nein«, antwortete sie. »Er stört mich nicht. Wie Arthur ganz richtig sagte, ist seine Seele längst freigelassen worden. Er ist harmlos.«
Ihre eigenartige Betrachtungsweise irritierte Steven.
»Dennoch«, fuhr sie fort, ihre Gedanken in Worte zu fassen, »irgendetwas an diesem Ort gefällt mir nicht. Ich habe das Gefühl, als sei ich schon einmal hier gewesen, als etwas Schreckliches passierte. Ich werde nicht schlau daraus!«
»Seht euch das an!« Arthurs Ausruf unterbrach sie. Er kniete in der Ausgrabungsstätte und begutachtete seine Entdeckung.
Nachdem er die Erde entfernt hatte, zeigte sich ein dunkler runder Gegenstand. Arthur säuberte ihn ganz behutsam und sorgfältig. Es handelte sich um einen Tonkrug primitiver Fertigung mit etwa 15 cm Durchmesser.
»Ich glaube, er ist unversehrt«, flüsterte Arthur aufgeregt. »Ich bewege ihn lieber noch nicht, aber ich werde eine Probe vom Inhalt entnehmen.«
»Hast du eine Ahnung, was da drin sein könnte?«, fragte Steven.
»Im Augenblick schwer zu sagen«, antwortete Arthur. »Ich werde es analysieren lassen müssen. Es könnten Essensreste sein; Proviant für das Leben im Jenseits. Das macht die Sache interessant - vielleicht können wir dadurch etwas über ihre Ernährungsweise herausfinden. Handelte es sich um Jäger, Nomaden oder - was ich annehme - um eine der ersten Siedlergruppen, die unten im Tal Landwirtschaft betrieben.«
»Du meinst also, dass sie nicht hier oben gelebt haben«, erkundigte sich Steven.
Arthur schüttelte den Kopf. »Aber nein! Hier handelt es sich nur um eine Grabstätte. Sie hätten sich ganz sicher nicht an einem so ungeschützten Ort angesiedelt. Ich weiß nicht, ob ihr es bemerkt habt«, fuhr er fort, »aber diese Stelle ist von allen Seiten des Tales gut einzusehen. Gewöhnlich war es so, dass sie ihre Grabstätten auf einer Anhöhe in der Nähe der Ansiedlungen einrichteten. In diesem Falle wäre die Ansiedlung ungefähr eine Meile entfernt.«
Inzwischen hatte er die Erde vom Topfdeckel abgekratzt und eine Probe des Inhalts in einen Plastikbeutel gefüllt. Es sah aus wie leuchtend roter Sand.
Keiner von beiden hatte bemerkt, dass Kath gegangen war. Sie fühlte sich unbehaglich. Irgendwie war es entwürdigend, Dinge, die so viele Jahre verborgen und in Frieden geruht hatten, Ems Tageslicht zu zerren. Darüber hinaus hatte sie das Gefühl, dass dem rein wissenschaftlichen Interesse der anderen beiden etwas sehr Wichtiges entgangen war. Sie wusste nur noch nicht was. Seit ihrer Ankunft am Grabhügel beschlich sie ein Gefühl seltsamer Vorahnungen. Deshalb hatte sie sich jetzt auch zurückgezogen.
Der Weg durch die dichte Heide war mühevoll. Um sie herum war die Luft mit dem Summen der Insekten erfüllt.
Ihre Lebensgeister erwachten erneut, und das ungute Gefühl verschwand mehr und mehr, je weiter sie sich dem Tal näherte. Steve hatte Recht. Wie konnte sie sich an einem Tag wie diesem und an einen solchen Ort mit trüben Gedanken herumschlagen? Alles wirkte so warm und freundlich.
Ein plötzlich auftretendes Geräusch in der Luft riss sie aus ihren Gedanken. Eine Schnepfe flog auf sie zu, drehte mit unglaublicher Geschwindigkeit ab und verschwand. Als Kath ihren Flug verfolgte, bemerkte sie die Maschine.
Arthur hatte es so genannt, als sie sich das erste Mal danach erkundigte. Typisch für seine wissenschaftliche Präzision. Für jeden im Tal war es die Radarstation. Da es sich Arthurs Meinung nach um nichts dergleichen handelte, bestand er darauf, es Maschine zu nennen, bis er den wahren Verwendungszweck erfuhr.
Es handelte sich um eine riesige Kugel die von einem Metallgitter umhüllt war. Sie lag im Osten des Hügels und war nach Kaths Schätzung etwa fünfzig Fuß hoch. Daneben befand sich ein kleines, unscheinbares Gebäude aus rotem Ziegel.
Die Anlage war im Vorjahr gebaut worden, und obwohl um die Konstruktion und um die Aufgabe kein Geheimnis gemacht wurde, bestand Arthur darauf, dass das Ganze irgendwelchen geheimen Zwecken diente. Seit sechs Monaten wurde daran gebaut, Maschinen wurden im roten Ziegelbau installiert, und zum Schluss wurde ein hoher Drahtzaun mit einem Schild Privat. Eigentum Ihrer Majestät der Königin errichtet.
Das war alles. Das erste Projekt von Menschenhand, das die natürliche Unberührtheit des Hügels störte. Von der Grabstätte abgesehen.
Sie hatten den Eindruck gewonnen, dass Arthur sich über die Maschine ärgerte. Sie wussten nicht aus welchem Grunde; vielleicht weil er den wahren Verwendungszweck nicht wusste, oder weil er sie in dieser Umgebung als störend empfand.
Anfangs wusste Kath nicht so recht, ob der Bau hier oben auf dem Hügel nun unpassend war oder nicht. Er war sehr auffällig in dieser natürlichen Landschaft, trotzdem aber auf eine furchterregende Weise eindrucksvoll-er ähnelte einer riesigen Stahlspinne.
Jetzt, bei genauer Betrachtung, sah er wirklich aus wie eine Radarstation. Ganz sicher sollte es irgendwelche von der Ostküste kommende Signale empfangen - wahrscheinlich als Bestandteil des Frühwarnsystems der Verteidigung. Wenn es stimmte, wäre es wirklich komisch, dass der Standort so nah der Stelle gewählt wurde, die - laut Arthur - früher ebenfalls für Signalfeuer genutzt wurde. Als sie sich den technischen Fortschritt von flackerndem Feuer zum elektronischen Warnsystem vorstellte, musste Kath grinsen. Die Technik schreitet voraus, der Zerstörungstrieb der Menschen hat sich nicht verändert. Ist es ein Fortschritt, wenn man die Steinzeitäxte durch Atembomben ersetzt?
Die Männer waren furchtbar aufgeregt, als Kath zu ihnen zurückkam. Sie hatten sechs weitere Gefäße entdeckt, alle sieben fast unversehrt. Steven fotografierte eifrig.
»Sie müssen eine rituelle Bedeutung gehabt haben«, erklärte Arthur. »Er hob einen Beutel mit Proben. »Aber was sie außer dem roten Sand enthielten, wird die Analyse ergeben.« Er lächelte Kath zu. »Zweifellos ein erfolgreicher Tag«, fuhr er fort. »Ich habe hiermit genug Material, um die Zweifler der örtlichen historischen Gesellschaft zu beeindrucken. Bislang war ich nicht imstande, sie von der Bedeutung dieser Grabstätte der früheren Bronzezeit zu überzeugen. Wartet ab, bis die Fotos entwickelt sind. Stanley Whitaker wird grün vor Neid.«
Kath musste grinsen, als die schon ewig bestehende Rivalität zwischen ihrem Onkel und seinen archäologischen Freunden erwähnt wurde. Einer war neidisch auf den Erfolg des anderen. Sie erinnerte sich an einen Brief, den sie vor kurzem von ihrem Onkel erhalten hatte. Darin beschwerte er sich bitter, dass das örtliche Fernsehen ihn übergangen hatte, und statt seiner Stanley Whitaker einen Vortrag über neu entdeckte Funde aus der Römerzeit halten durfte. Auch in der Lokalzeitung lief seit Jahren ein erbitterter Kampf. Zusammenarbeit war ein Ding der Unmöglichkeit.
»Wenn du es ihnen erzählst, werden sie hier wie die Heuschrecken einfallen«, warnte Kath.
»Wenn ich es ihnen erzähle!«, antwortete ihr Onkel.
»Aber könnte nicht jemand von der Gesellschaft den Ort entdecken, bevor du fertig bist?«, fragte Kath.
»Ich bezweifle das. Nach Whitakers Lieblingstheorie spielten sich alle wichtigen prähistorischen Aktivitäten weiter im Süden in der Nähe von Hardcastle ab. Er käme nie auf Ligginstones. Aber warten wir, bis er es herausfindet!«
»Was bestimmt bald passiert«, beharrte Kath, »wenn ein Einheimischer per Zufall dahinter kommt. Meiner Meinung nach, kannst du es nicht einfach so liegen lassen.«
Ihr Onkel hielt einen Moment inne. Das erste Mal an diesem Nachmittag konzentrierte er sich auf etwas anderes als seine Ausgrabungen. Er sah auf das Dorf unten im Tal. »Sie werden es nicht wagen, sich weiter als eine Meile diesem Ort zu nähern«, antwortete er ruhig.
»Nicht wagen?« Steven hatte aufgehört zu fotografieren und hörte ihrer Unterhaltung zu.
»Sie haben Angst«, erklärte Arthur. »Es kursieren eine Menge Geschichten über diese Stätte, die jemand in die Welt gesetzt hat.« Er zündete sich seine Pfeife an.
»Ich habe es euch bislang nicht erzählt«, fuhr er fort, »aber da ihr euch heute entschlossen habt, mich zu begleiten, solltet ihr es wissen. Mein Interesse an diesem Ort hat mich ziemlich unbeliebt gemacht. Viele Leute sind der Meinung, dass ich hier oben nicht buddeln sollte. Sie haben es mir deutlich zu verstehen gegeben. Ebenso habe ich ihnen klar gemacht, dass ich mich durch ihren abergläubischen Unsinn nicht von einer wichtigen archäologischen Arbeit fernhalten lasse.«
»Was meinst du mit abergläubischem Unsinn?«, wollte Kath wissen.
Arthur sah nachdenklich auf seine Pfeife. »Erscheinungen«, gab er trocken von sich. »Ich glaube, das ist das richtige Wort dafür. Lichter. Meistens nachts.«
»Welcher Art?«, bohrte Steven.
»Flammen«, antwortete Arthur. »Flammen, die abergläubische Gemüter einem Dämon zuordnen, der angeblich hier auf dem Hügel herumspaziert.« Er schnaufte verächtlich. »Alles Unsinn!«
»Wie soll das denn aussehen?«, wollte Kath wissen.
»Wie sehen Lagerfeuer aus? Oder Irrlichter?«
»Irr- was?«, rief Steven aus.
»Irrlichter. Es gibt bestimmt eine Menge vernünftiger Erklärungen für das, was die Leute gesehen haben könnten. Aber es ist leichter einen Bullen zu melken, als diesen primitiven Aberglauben aus der Welt zu schaffen.«
»Glauben viele im Tal daran?«, fragte Kath.
»Es reicht aus, um meine Unternehmung höchst unbeliebt zu machen«, antwortete ihr Onkel säuerlich.
»Ich weiß schon, was du jetzt sagen willst«, fuhr er fort. »Wo ist der Zusammenhang?« Er zuckte mit den Schultern und starrte auf das primitive Grab zu seinen Füßen. »Wo ist der Zusammenhang zwischen diesem armen Lumpen, dem es gelang Krankheit und Hungersnot ein paar elende Jahre lang zu entrinnen, und der fixen Idee von Monstern und Kobolden?«
»Das unbekannte Land, aus dem kein Wanderer je zurückkehrte...«, murmelte Kath vor sich hin.
Ihr Onkel sah sie fragend an. »Was sagst du da?«, wollte er wissen.
»Ach nichts«, entgegnete sie. »Ich dachte nur, dass du vielleicht doch ein bisschen ungerecht zu den Leuten unten im Tal bist. Schließlich machst du deine Ausgrabungen ja auf einem Friedhof!«
Ihr Onkel runzelte die Stirn. »Ja«, bestätigte er, »aber es ist nicht pietätlos im christlichen Sinne. Du hörst dich schon fast an wie einer von ihnen, Kath. Hätte man solche Argumente immer berücksichtigt, wäre die Archäologie noch weit zurück.«
Kath sah hinüber zur Maschine weiter hinten auf dem Hügelkamm. »Die Wissenschaft wäre vielleicht besser beraten gewesen«, gab sie zu bedenken. »Vielleicht hätten wir mehr über «, sie zögerte und suchte nach Worten, »...über andere Dinge erfahren.«
Ihr Onkel hörte aber schon gar nicht mehr zu. Es gab Themen, bei denen er einfach abschaltete, und Attacken auf die geheiligte Wissenschaft war eines davon. Kath kapitulierte und erkundigte sich nach dem Aufbruch.
»Wie spät ist es denn?«, wollte ihr Onkel wissen.
»Viertel vor sieben«, verkündete sie.
»Lieber Himmel, wirklich? Wie schnell der Nachmittag verflogen ist! Wir waren heute wirklich sehr erfolgreich. Ich packe nur noch die Proben ein, dann komme ich. Hast du alles Wichtige fotografiert, Steven?«
»Es wird ausreichen, um Stanley Whitaker zur Verzweiflung zu treiben«, antwortete Steven grinsend.
Sie machten sich auf den Weg hinunter zur Straße.
»Es könnte ein Sturm aufkommen«, sagte Arthur in die nachdenkliche Stille hinein.
»Vielleicht ist es dann weniger schwül«, ging Kath darauf ein.
»Vielleicht«, wiederholte Arthur. »Andererseits wird es meine Arbeit behindern. Starker Regen könnte die Erde wegschwemmen. Ich hätte eine Plane darüber decken sollen.«
»Es sieht aus, als wenn für uns jetzt ein ganz besonderer Sturm losbricht«, verkündete Steven und wies auf eine Gestalt, die auf sie zukam »Ist das nicht der Farmer, mit dem du dich kürzlich gestritten hast?«
Die Gestalt näherte sich ihnen unglaublich schnell. Der Mann stellte sich ihnen drohend in den Weg. Seine gebeugte Haltung täuschte über seine Größe hinweg. Die Arme mit den riesigen Händen hingen locker herunter, und seine Füße schienen eins mit dem Erdboden.
Wie alt könnte er sein, fragte sich Kath. Ihr Blick fiel auf seine eindrucksvolle Stirn und die vor Wut blitzenden Augen. Er hatte, dichtes schwarzes Haar, ohne eine graue Strähne darunter, sein Gesicht jedoch sah wie verwitterter Felsen aus:
»Hallo, Dick«, sagte Arthur ruhig. »Das Wetter scheint sich zu ändern.«
»Ich hoffe, Sie sind zufrieden mit Ihrem Werk. Hören Sie nun endlich auf, und lassen sie die Toten in Frieden ruhen?«
Seine Stimme klang trotz des Zorns überraschend sanft.
»Wir haben doch nichts Schlimmes getan, Dick«, entgegnete Arthur. »Alles kommt wieder an Ort und Stelle, wenn wir fertig sind. Sie werden überhaupt nicht merken, dass wir dort waren.«
Mit mehr besorgtem als ärgerlichem Blick sah der Mann hinüber zum Bergkamm, von dem sie kamen. »Wer weiß, was Sie angerichtet haben«, murmelte er.
»Und die anderen da oben haben auch keine Ahnung«, fuhr er mit erneut aufkommendem Ärger fort und wies auf die Maschine. »Glauben Sie, die wüssten, was sie mit ihrem verfluchten Ungetüm anrichten?«
»Nun, das betrifft Sie doch nicht, oder?«, erkundigte sich Arthur. Der Gedankensprung irritierte ihn. »Im Übrigen arbeitet die Anlage noch nicht.«
»Sie haben vor drei Nächten die Arbeit aufgenommen, und ich habe bereits ein Schaf verloren.« Seine Stimme hob sich. »Irgendjemand wird dafür zahlen müssen.«
Arthur sah den Farmer ernst an. »Wollen Sie sagen, dass die Maschine Schuld an dem Verlust des Schafes war? Wie das?«
»Ich fand es tot hinten am großen Zaun. Es war ein kräftiges Einjähriges; hätte einen guten Preis gebracht.« Er sah finster zum Bergkamm.
»Nun ja«, wandte Arthur ein. »Warum glauben Sie dann denn gleich, dass es mit der Maschine zu tun hat?«
»Es war verbrannt!«
Arthur sah den Mann scharf an. »Verbrannt?«, wiederholte er.
»Jawohl, verbrannt!« bestätigte der Mann. »Als ob jemand es bei lebendigem Leibe braten wollte. Die Wolle war schwarz Versengt. So was habe ich noch nie gesehen. Mir kann keiner erzählen, dass das mit rechten Dingen zugegangen ist. Das war die Maschine. Ich habe es denen da oben erzählt, aber sie hören ja nicht zu! Die wollen einfach nichts hören! Ich habe ihnen auch gesagt, dass sie es niemals auf den Hügel bauen durften. Aber die wissen ja alles besser. Und nun passieren solche Sachen, und das ist nur der Anfang. Merken Sie sich meine Worte!«
Er sah Arthur finster an. »Und dann fingen Sie an zu buddeln. Wühlten sich in Dinge, die man ruhen lassen sollte. Ein Mann mit ihrer Bildung sollte anderes zu tun haben, als die Toten zu stören.«
Arthur tat die letzte Bemerkung mit einem unwilligen Schulterzucken ab. »Mit wem haben Sie sich in der Angelegenheit in Verbindung gesetzt?«, fragte er.
»Mit einem Typ von der Farmers Union in Marston«, antwortete der Mann mit gerunzelter Stirn. »Er schickte einen Tierarzt, der sich das Schaf ansah. Dann schickten sie einen Bericht an die Beamten, die mit der Maschine - wie Sie sie nennen - zu tun haben. Ich bekomme eine Entschädigung. Aber ich werde aufpassen. Sollte das noch einmal passieren, gehe ich auf die Barrikaden!«
»Und nun habe ich noch eine Menge zu tun, bevor die Sonne untergeht.« Er drehte sich spontan um und machte sich davon.
»Was haben Sie mit dem Schaf gemacht?«, rief Arthur hinter ihm her.
»Beerdigt«, gab der hochgewachsene Farmer über die Schulter von sich. »Da, wo es vor Ihnen sicher ist!« Er verschwand so schnell, wie er gekommen war.
»Ein hilfreicher Bursche«, stellte Steven fest, als sie ihm hinterher sahen. »Er scheint dich nicht besonders zu mögen, Arthur.«
»Hm«, gab Arthur nachdenklich von sich, als sie zum Wagen zurückgingen. »Ich möchte wissen, was all der Unsinn zu bedeuten hat. Verbranntes Schaft Ob da wirklich was dran ist?«
»Warum sollte es nicht stimmen?«, wollte Kath wissen. »Es klang sehr aufrichtig, und besorgt genug war er auch.«
»Ja«, antwortete ihr Onkel. »Und ich glaube, die Tatsache, dass ich - wie er es nennt - die Toten störe, interessiert ihn weniger, als er vorgibt. Wie ich schon sagte, gibt es Leute, die sich damit wichtigmachen, eine Menge abergläubischen Unsinn zu verbreiten. Dick Berrisford ist einer davon.«
Er steckte seine Pfeife erneut an und sah besorgt zu der Ausgrabung zurück, die sie gerade verlassen hatten.
»Ihr müsst wissen, die Vorfahren von Dick Berrisford haben seit Generationen hier als Farmer gelebt. Es ist eine von den Familien, die man bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgen kann. Wieviel weiter zurück sie wirklich gehen, kann man nur annehmen. Als dieses Hochmoor in Privatbesitz überging, gehörte es den Berrisfords, und so hat Dick es übernommen. Als junger Mann war er ein wilder Typ - betrank sich dauern und kümmerte sich nicht um die Farm. So kam es, dass er das Land verkaufen musste, um seine Schulden zu bezahlen. Die Leute vom Gutshof kauften es zur Schneehuhn-Jagd, und Dick konnte das Farmland pachten. Den Verkauf hat er seither oft bedauert, aber bei den heutigen Landpreisen könnte er - selbst wenn der Gutshof verkaufen würde - sich den Rückkauf niemals leisten. So kam es also, dass die Maschine gegen Dicks Willen hierhin gebaut werden konnte, da die Leute vom Gutshof keine Einwände hatten. Genauso ist es mit meinen Ausgrabungen. Dick ist strikt dagegen, aber ich habe die Einwilligung von den Besitzern.«
»Warum stellt er sich so an, wenn ihm das Land gar nicht mehr gehört?«, fragte Steven.
Arthur zuckte mit den Schultern. »Vielleicht meint er, es sei noch immer sein Grund und Boden.«
»Eine Art geistiges Erbe«, sagte Kath mehr zu sich selbst. »Ich glaube, ich kann ihn verstehen.«
Arthur hatte sie gehört. »Geistiges Nichts«, spottete er. »Dieser Dick ist ein lästiger Kerl, sonst nichts. Ein Neidhammel, weil er sein Land nicht zurück bekommen kann.«
»Ich glaube, du bist zu hart«, wiederholte Kath. »Er macht einen harmlosen Eindruck auf mich.«
Arthur schüttelte den Kopf. »Er ist ein Störenfried. Es würde mich nicht wundern, wenn er die Ausgrabungen vor ihrer Fertigstellung sabotierte. Wie viele der Ortsansässigen ist er stur und eigensinnig. Wenn sie sich einmal entschlossen haben, etwas zu glauben oder zu tun, kann nichts auf der Welt sie davon abbringen.«
»Trotzdem«, beharrte Kath, »würde ich mich gern mit einigen von ihnen unterhalten, insbesondere mit Dick Berrisford. Er fasziniert mich.«
»Ich merke schon, dass bei dir das Wort eines Amateur-Wissenschaftlers nicht mehr gilt, wenn es sich um die menschliche Natur handelt.«, sagte Arthur versöhnlich. »Steven und du brauchst nur an einem der nächsten Abende eine Stunde in »The Plough« zu sitzen, und ihr könnt euch euer eigenes Urteil bilden. Ihr werdet dort fast das ganze Dorf finden. Dick wird ebenfalls dabei sein,«
»Hast du nicht gesagt, er trinkt nicht mehr?«, wunderte sich Kath.
»Nicht mehr viel, aber man kann in der Kneipe die Uhr nach ihm stellen. Alles in allem hat er sich gegenüber früheren Jahren sehr verändert.«
Sie hatten ihren Wagen erreicht. Arthur deponierte den Beutel mit den Proben vorsichtig auf dem Rücksitz und hütete ihn sorgsam, als sie die Straße hinunter fuhren.
Kath beobachtete den Hügel. Alles sah so friedlich aus. Inzwischen erschien es ihr unvorstellbar, dass ein solcher Ort Gefühle einer dunklen Vorahnung hatte aufkommen lassen.
In Gedanken versunken fiel ihr Blick plötzlich auf die Maschine. Die Kuppel reflektierte die letzten Sonnenstrahlen. »Sie bewegt sich«, rief Kath überrascht. »Er hatte Recht. Die Maschine ist in Betrieb!«
Steven hielt an, und alle stürzten hinaus, um besser sehen zu können.
»Du hast recht«, pflichtete Arthur bei. »Sie hat sich um volle 180 Grad gedreht. Jetzt möchte ich wirklich gerne wissen, was die machen«, fügte er nachdenklich hinzu.
Sie beobachteten, wie sich die Scheibe langsam drehte und sich dann himmelwärts aufrichtete.
»Wie ein riesiges Auge, das den Himmel nach etwas absucht«, flüsterte Kath. »Es ist unheimlich!«
Arthur runzelte zwar die Stirn, sagte aber nichts, als sie zum Wagen zurückgingen. Dann fuhren sie davon.
Im Dorf setzten sie Arthur vor seinem Hause ab. Er wollte seine Notizen überarbeiten. Die Aufzeichnungen von der Ausgrabung an diesem Nachmittag wollte er fertigstellen, solange ihm noch alles frisch im Gedächtnis war. Steven würde ihn am nächsten Morgen wieder abholen.
Kath und Steven fuhren die Straße zum Moor zurück. Auf halber Strecke zwischen dem Dorf und der Ausgrabungsstätte hatten sie sich ein Ferienhaus gemietet. Dick Berrisfords Farm lag ganz in der Nähe.
Für sie war es genau der richtige Ort, ihre Ferien zu verbringen. Sie hatten sich in London auf der Universität kennengelernt und zwei Jahre nach dem Examen geheiratet. Kath hatte danach einen Lehrerposten übernommen, während Steven an der Universität blieb und sich der Forschung widmete. Die Aussicht, den Monat August in London zu verbringen, hatte ihnen beiden nicht geschmeckt. Als ihnen dann Onkel Arthur von dem Ferienhaus schrieb, griffen sie sofort zu. Arthur freute sich über ihre Anwesenheit, zumal sie für ihn eine Hilfe bei seinen Ausgrabungen waren.
Kath war fast zuhause in der Gegend. Nur etwa dreißig Meilen weiter südlich war sie geboren und aufgewachsen. Sie hatte ihren Onkel selten besucht, trotzdem fühlte sie sich hier wieder schnell daheim. Sie liebte die Hügel und die Hochmoore. Die Erinnerung daran begleitete sie, als sie mit achtzehn Jahren nach London ging, um dort zu studieren.
Es war nicht leicht für Kath, sich in London einzuleben. Die Tatsache, dass sie Steven kennenlernte, half ihr sehr. Sie hatte ihn anfänglich völlig falsch eingeschätzt und hielt ihn für oberflächlich und fad. Steven hatte sie schnell vom Gegenteil überzeugt. Er war intelligent und einfühlsam, stand mit beiden Beinen im Leben.
Wenn immer Kath von ihren melancholischen Stimmungen heimgesucht wurde, brachte er es fertig, sie in die Wirklichkeit zurückzuholen.
»Du bist so still, mein Schatz«, sagte er, als sie die enge, kurvenreiche Straße entlangfuhren. »Hat dich etwa Dick Berrisford so beeindruckt?«
»Nein, er hat mich nicht beeindruckt«, antwortete sie nachdenklich. »Ich sagte es ja schon zu Arthur, er beunruhigt mich. Ich glaube, Arthur unterschätzt ihn. Er ist nicht so einfach als Querulant abzutun.« Sie machte eine kleine Pause und schlug dann spontan vor: »Steven, lass uns nicht zum Ferienhaus fahren, lass uns ins Plough gehen. Vielleicht können wir dort Abendbrot essen und ein bisschen über die Einheimischen erfahren.«
»Warum nicht?«, erklärte sich Steven einverstanden. »Vielleichtkannst du dem Mann mit deinem Charme ein paar seiner dunklen Geheimnisse entlocken. Mir fiel auf, dass er dich heute Abend sehr genau ansah. Ich glaube, du hast ihm gefallen.«
»Unsinn«, schnaubte Kath ärgerlich. »Er könnte mein Großvater sein. Nun ja - beinahe.«
»Es scheint ein gefährliches Alter zu sein«, frotzelte Steven. »Ich werde euch beide nicht aus den Augen lassen!«
Die Kneipe lag an einer Straßenkreuzung, das einzige Haus weit und breit. Es war ein umgebautes Farmhaus. Zwei Wagen parkten bereits auf dem kleinen Vorplatz. Steven stellte seinen daneben, und sie stiegen aus.
Der Schankraum war kahl und schäbig. Alles sehr zweckmäßig, dachte Kath. Sie hatte es sich anders vorgestellt. Die Wände und Decke waren mit einer verblichenen Blümchen-Tapete beklebt, die in ein Schlafzimmer gepasst hätte. In einer Ecke hing das unvermeidliche Wurfspiel. Der Linoleum-Belag auf dem Fußboden war schrecklich verschlissen. Ein halbes Dutzend Tische und etliche Stühle standen im Raum verstreut.
Zwei Männer saßen an einem Fenstertisch, ein weiterer lehnte am Tresen.
»Er ist gerade in den Keller gegangen. Kommt sofort zurück«, informierte sie der Mann am Tresen. »Wollen Sie noch weiter?«
»Nein. Wir haben uns hier in einem Ferienhaus einquartiert«, antwortete Steven. »Lower Liggins Cottage!«
»Lower Liggins«, wiederholte der Mann nachdenklich. »Und diese junge Dame ist Ihre Frau?«, wollte er wissen.
Steven warf ihm einen misstrauischen Blick zu. Soviel Direktheit war er nicht gewöhnt.
»So ist es«, bejahte Kath lächelnd. »Ich heiße Kath, und mein Mann Steven. Steven Tennant.«
»Angenehm«, nickte der Mann. Er lächelte Kath zu, bevor er sich erneut an Steven wandte. »Stören Sie sich nicht an unseren Eigenarten, junger Mann. Es kommen nicht viele Fremde in unsere Gegend, und wir wissen gerne was so läuft.« Er zwinkerte Kath listig zu. »Wer uns nicht kennt, hält uns für neugierig - jeder kann schließlich denken, was er will. So sind wir nun mal.« Er nahm einen großen Schluck, ohne sie aus den Augen zu lassen.
»Gestehen Sie Auswärtigen dasselbe Recht zu?«, erkundigte sich Kath lächelnd.
Der alte Mann ließ sich mit der Antwort Zeit. Inzwischen kam der Wirt und erkundigte sich nach ihren Wünschen. Steven fragte den Mann am Tresen, ob er etwas mit ihnen trinken wollte.
»Da sage ich nicht nein. Wenn Sie wollen, können Sie mir einen spendieren.« Er wandte sich an den Wirt. »Diese jungen Leute wohnen im Lower Liggins Cottage, Jack.«
Der Wirt nickte beiläufig und ließ sich beim Bierzapfen nicht stören. Die Kneipe begann sich plötzlich zu füllen. Kath und
Steven waren umgeben von einer bunt gewürfelten Schar Einheimischer.
»So, so, Sie wohnen im Lower Liggins Cottage, stimmt's?« griff der alte Mann das Thema wieder auf. »Und was sagt Dick Berrisford dazu?«, fragte er plötzlich. Er beobachtete die beiden sehr genau.
»Wir haben nicht gewusst, dass das etwas mit Berrisford zu tun hat?« gab Kath vor.
Der alte Mann setzte sein Glas ab. »Was immer in diesem Hochmoor passiert, hat zwangsläufig mit Dick Berrisford zu tun«, stellte er fest. »Dick mischt sich immer ein. Aber ich glaube, Sie kennen ihn schon, was?«
»Ja«, bestätigte Kath. »Wir trafen ihn heute Nachmittag. Er scheint ziemlich aufgebracht über diese... diese Radar- Station, oder was immer es ist, zu sein.« Kath hatte dem alten Mann eigentlich gar nicht soviel sagen wollen. Seine Offenheit diente ihm nur als Vorwand, um seine blanke Neugier zu befriedigen. Von ihm bekam Kath sicher nichts heraus.
Seine nächste Frage bestätigte ihre Empfindungen.
»Und von wo kommen Sie?«, bohrte er unverfroren weiter und fixierte Kath dabei.
Kath nahm es gutmütig in Kauf. Instinktiv spürte sie, dass Steven sich allmählich über die Neugier dieses Mannes ärgerte. Er war auf der Suche nach einem Fluchtweg. Kath würde sich nicht abschrecken lassen.
Sie erwähnte, dass sie in der Gegend aufgewachsen war und sich immer zu dieser Gegend hingezogen fühlte. Ihren Onkel und seine Unternehmungen ließ sie allerdings unerwähnt.
Der alte Mann hörte ihr aufmerksam zu. Als sie geendet hatte, bestellte er sich noch ein Bier und lud auch Kath fein. Sie lehnte zwar ab, er aber bestand darauf, und so wurden die Gläser erneut gefüllt. Ein hochgewachsener, rothaariger Mann mit Schäferhund stand in der Nähe und hatte sie beobachtet.
»Lass man, Mädchen«, sagte der Fremde, »’s is 'ne große Ehre, wenn Ben Tattersall einen ausgibt. Hat’s noch nie gegeben!« Er grinste den alten Mann frech an. »Haste deine Erbschaft gemacht, Ben?« Wiederholtes Zwinkern sollte Kath auf den Scherz aufmerksam machen.
»Kümmer dich um deinen eigenen Kram«, brummte Ben. »Bist ja nur eifersüchtig.«
Steven schien nun irgendwie erleichtert und unterhielt sich mit dem rothaarigen Mann. Kath blieb bei Ben, der nun allmählich auftaute.
»So, so, Sie kommen aus Darnley?«, begann er. »Zwei meiner Brüder landeten dort nach dem ersten Krieg. Auf der Farm war kein Platz mehr für sie, so versuchten sie es in der Weberei. Sie haben es nicht lange ausgehalten. Kerle, die gewohnt sind draußen zu sein, kann man nicht einfach in eine Fabrik stecken. Sind beide nach Kanada ausgewandert.« Dann fügte er hinzu: »Uns kann man nicht so einfach verpflanzen. Irgendetwas tief drinnen stirbt dann ab. Deshalb halten hier auch so viele die Stellung.« ,
»Ist es schwer für Sie hier?«, fragte Kath.