Die Blaue Grotte - Sergio Bambaren - E-Book

Die Blaue Grotte E-Book

Sergio Bambaren

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Beschreibung

Die entscheidenden Einsichten gewinnen wir, wenn wir sie am wenigsten erwarten. Bei Bestsellerautor Sergio Bambaren war es eine Reise ins Herz Europas, die ihm dabei half, den Blick für die Schönheit der Natur und seinen inneren Frieden wiederzufinden, und von der er voll tiefer Zuversicht und Poesie erzählt: Auf den Spuren Franz von Assisis besuchte er Umbrien und die Mittelmeerküste. Bei Capri schließlich, im Golf von Neapel, erlebte er den Höhepunkt dieser Reise, als sich ihm die ganze Vielfalt der Schöpfung in der Blauen Grotte offenbarte.

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Übersetzung aus dem Englischen von Gaby Wurster

Vollständige E-Book-Ausgabe der im Piper Verlag erschienenen Taschenbuchausgabe

2. Auflage 2011

ISBN 978-3-492-95746-5

© Sergio Bambaren 2006 Titel des Originalmanuskripts: »Franceso« Deutschsprachige Ausgabe: © Piper Verlag GmbH, München, 2007 Umschlaggestaltung: semper smile, München Umschlagabbildung: Cheryl Koralik / Getty Images (Ruderboot) und Rainer Hackenberg / zefa / Corbis (Blaue Grotte) Datenkonvertierung: CPI – Clausen & Bosse, Leck

O Herr, mach mich zum Werkzeug Deines Friedens –

Dass ich Liebe bringe, wo man hasst;

Dass ich Versöhnung bringe, wo man sich kränkt;

Dass ich Einigkeit bringe, wo Zwietracht ist;

Dass ich den Glauben bringe, wo Zweifel quält;

Dass ich die Wahrheit bringe, wo Irrtum herrscht;

Dass ich Hoffnung bringe, wo Verzweiflung droht;

Dass ich Freude bringe, wo Traurigkeit wohnt;

Dass ich Licht bringe, wo Finsternis waltet.

O Herr, hilf mir, dass ich nicht danach trachte,

Getröstet zu werden, sondern zu trösten,

Verstanden zu werden, sondern zu verstehen,

Geliebt zu werden, sondern zu lieben.

Denn wer gibt, der empfängt;

Wer verzeiht, dem wird verziehen.

Wer stirbt, der erwacht zu ewigem Leben.

Vorwort

Das Leben ist eine Frage der Wahrnehmung.

Wenn ich meine Erwartungen auf ein Minimum reduziere, verwandelt sich das Leben in eine Reihe schöner Überraschungen. Wenn ich nichts erwarte, bin ich dankbar und fühle mich gesegnet von all dem Wunderbaren, das das Leben für mich bereithält.

Bei meinen Reisen rund um die Welt habe ich gelernt, dass ich immer einen Umweg machen muss, um die verborgenen Schätze dieser Erde zu finden. Erscheint die Zukunft, oder in diesem Fall der Weg, zu gefährlich, um weiterzugehen, so fordert mich eine innere Stimme auf, umzukehren und auf die sichere Seite zurückzukehren. Warum ein Risiko auf sich nehmen?

An diesem Punkt muss ich auf mein Herz hören und einen Weg einschlagen, den ich noch nie gegangen bin. Und dann zeigt mir das Leben etwas noch Tolleres, als ich erwartet, einen Schatz, den ich nie gesucht hätte.

Dieses Buch soll eine Hommage an einen Menschen sein, der vor vielen Jahrhunderten lebte und mich schon immer faszinierte: der heilige Franziskus von Assisi.

Es dauerte einige Zeit, bis ich begriff, warum er für mich so wichtig ist: wegen seiner Liebe zur Natur und zur Kreatur, sei sie groß oder klein, und seiner Liebe zum Leben. Er machte aus seinem Leben einen Freudengesang und stellte sich gegen alle herrschenden Regeln und Gebote – nicht, weil er gegen das System an sich war, nein, er folgte seinem Herzen. Nun teile ich zwar nicht in allen Punkten seinen Glauben, doch ich werde den heiligen Franziskus immer bewundern und will versuchen, ihm in seinem uneigennützigen Tun nachzueifern: zu geben, ohne etwas zurückzuverlangen.

Vor einiger Zeit sagte man mir, meine Abenteuer seien vorbei und ich hätte die besten Jahre meines Lebens hinter mir. Warum also verabschiedete ich mich nicht von den verrückten Ideen, die mir immer in den Sinn kommen? Warum setzte ich mich nicht zur Ruhe und genoss meine materielle Sicherheit?

Nun sitze ich hier auf der Veranda einer kleinen Wohnung mit einem grandiosen Blick über den Pazifik, halte ein Buch über den heiligen Franziskus in der Hand und denke, nein, es ist für mich noch nicht vorbei.

Das Buch schenkte mir meine Mutter kurz vor ihrem Tod. Sie schrieb:

Mein geliebter Sohn,

ich wollte Dir schon lange ein ganz besonderes Buch schenken. Könnte es denn einen besseren Zeitpunkt geben als jetzt, bevor es zu spät ist?

Ich weiß, dass wir im Geiste immer miteinander verbunden sein werden, wenn auch nicht unbedingt auf körperliche Weise.

Wenn Du um jene trauerst, die diese Welt nun verlassen müssen, so lies in diesem Buch. Diese Seiten werden Dir die Kraft geben, das Leben zu leben, das Du gewählt hast, und sie werden Dir das Gefühl geben, dass ich immer bei Dir bin, egal, wo Du bist, und egal, wo ich nun bald sein werde.

Geh Deinen Weg weiter und freue Dich an den einfachen, schönen Dingen, die diese Welt ausmachen und auf die Du Dich so gut verstehst.

Komme nie von Deinem Weg ab – niemals.

Mit all meiner Liebe, Deine Mom

Januar 1990

Wieder auf Reisen

Nach einem herrlichen Jahr, das ich mit Schreiben, Surfen, Arbeiten und der Besinnung verbracht hatte, hatten einige meiner europäischen Verlage eine zweimonatige Lesereise für mich organisiert: Spanien, Italien, Deutschland, Österreich, Schweiz.

Ich sollte viele Städte sehen, viele Leute treffen. Ich habe das Glück, dass die Menschen, mit denen ich dort zu tun habe, hochprofessionell sind und mir die Arbeit so angenehm wie nur möglich machen. Hinzu kommt, dass manche Lektoren inzwischen zu meinen besten Freunden überhaupt zählen und dass die finanzielle Seite der Arbeit, Vorschüsse und Tantiemen, zweitrangig geworden ist. Was ich erreicht habe, verdanke ich zum Großteil ihnen, den stillen »Machern« hinter den Kulissen, die meine Worte auf dem Papier Millionen Lesern zugänglich machen. Dafür danke ich ihnen.

Es war nun also wieder an der Zeit, die Koffer zu packen. Ich reise mit leichtem Gepäck, ich brauche nicht viel: Laptop, ein paar Hemden und Hosen und zwei Paar Schuhe, schwarze und braune, damit ich meine Kleidung für Lesungen und Fototermine immer wieder ein wenig anders kombinieren kann. Ich finde, ein leichter Koffer und ein Herz, das offen ist für Abenteuer, sind die Schlüssel zu einer erfolgreichen Reise – und auch zu einem erfolgreichen Leben. Es macht mich manchmal traurig, wenn ich sehe, dass der Schein heutzutage wichtiger ist als das Sein. Zum Glück zerbreche ich mir über solche Dinge nicht mehr allzu sehr den Kopf. Zu viel denken ist wie billiger Fusel – es tötet die Gehirnzellen. Daher: leben und leben lassen. Und seinen eigenen Weg gehen.

Meine Reise begann in Nordspanien und im französischen Teil des Baskenlands, wo ich zwei Wochen lang an einer herrlichen Küste surfen durfte. Zum ersten Mal war ich dort zu einer Zeit gewesen, als ich mich ganz verloren gefühlt hatte. Ich hatte einen äußerst lukrativen Job in Australien aufgegeben und mich entschlossen, ein Sabbatjahr einzulegen, ein Wohnmobil zu kaufen und durch Europa zu reisen, um mich wiederzufinden.

Damals hätte ich mir nie vorstellen können, Schriftsteller zu werden. Ich verwendete all meine Energie darauf, die Seele des Kindes wieder freizulegen, das ich einst gewesen war, bevor ich mich im Labyrinth falscher Entscheidungen und trügerischer Hoffnungen verirrt hatte.

Nun war ich also wieder hier, zehn Jahre nachdem ich die schwierigste Entscheidung meines Lebens getroffen hatte: eine Stelle zu kündigen, die mir – wovon viele Menschen träumen – alle materiellen Wünsche erfüllte, und den Schritt in eine Richtung zu tun, wo alles gegen mich zu sein schien, Nein zu den Erwartungen zu sagen, die die Gesellschaft an mich hatte, und mich auf die Suche nach meinen Träumen zu machen. Daran erinnerte ich mich nun mit einem Lächeln. Doch glauben Sie mir, es war nicht leicht, diesen Entschluss zu fassen – alles sprach dagegen, keiner verstand mich. Nur einen Freund hatte ich immer an meiner Seite: das Meer. Und nachdem ich jetzt wieder vor diesen wundervollen Wellen aus fernen Landen stand, begriff ich, dass sie kein Alter haben. Wellen richten sich nicht nach Zeitplänen und Terminen, sie kommen und gehen, wie es ihnen gefällt. Diese Freiheit ist es wohl, die ich am Meer am meisten liebe und die mich mit ihm verbindet.

Vor vielen Jahren schrieb ich in Guincho, unweit von Lissabon, an einem schönen Strand voller Pinien, gesäumt von üppig grünen Hügeln und einem prächtigen Meer, meine Fabel Der träumende Delphin, ohne zu wissen, was aus meinem Leben werden würde. Damals flüsterte das Meer mir zu:

»Solange einer wie du weiter träumt und schreibt, werden die Menschen morgens mit einem Lächeln erwachen. Denn sie wissen, es gibt etwas, das wichtiger ist als alles andere: ihre Träume.«

Wer mit Sorge und Hetze durchs Leben geht, behandelt es wie ein Geschenk, das er unausgepackt in eine Ecke geworfen hat. Das Leben ist kein Wettrennen. Gehen Sie es langsamer an, und lauschen Sie der Musik, bevor das Lied zu Ende ist.

1  Das Leben des Franziskus

In Assisi, am Fuße des majestätischen Monte Subasio, wurde dem wohlhabenden Tuchhändler Pietro Bernardone und seiner Frau Pica, die einem provenzalischen Adelsgeschlecht entstammte, vor etwas mehr als achthundert Jahren ein Sohn geboren.

Er wurde auf den Namen Giovanni getauft, doch sein Vater, der geschäftlich viel in Frankreich unterwegs war und sich diesem Land sehr zugetan fühlte, nannte ihn Francesco.

Francesco wuchs unbeschwert auf. Er besuchte die Pfarrschule von San Giorgio, aber bei den Troubadouren lernte er wesentlich mehr, und da er alles andere als ein Kopfmensch war, schloss er seine Schulbildung nicht ab. Er war gutaussehend, wohlerzogen und höflich, für eine Kaufmannslaufbahn in den Fußstapfen seines Vaters hatte er sich allerdings nie interessiert. Dafür tat er sich bald unter den Patriziern von Assisi hervor – er führte jeden Waffengang an, er kämpfte an vorderster Front im Krieg gegen Perugia und ließ kein Fest aus. Doch schon damals zeigte er eine Hinwendung zu den Armen. Trotz seines ausschweifenden und verschwenderischen Lebens bedachte er immer auch die Mittellosen und bewies seine Großmut.

Assisi

Wenn ich Italien bereise, nehme ich mir immer Zeit, einen ganz besonderen Ort aufzusuchen, egal, wie beschäftigt ich bin: Assisi in Umbrien.

Die Stadt selbst, mit ihrer schönen, gut erhaltenen Stadtmauer, ist jedoch nicht der Grund, warum ich Assisi immer wieder besuche, sondern weil dort der heilige Franziskus geboren wurde und viele Jahre lebte. Er war zwar ein Heiliger, doch ich möchte ihn einfach Franziskus nennen, denn tief in meinem Inneren weiß ich, dass er genau das Leben führte, das er gewählt hat – er wollte kein Heiliger werden, er wollte die Mission erfüllen, die er auf Erden hatte. Ich bewundere seine Liebe für die Schönheit der Schöpfung, sein Streben nach Frieden und Besinnung, die er draußen in der Welt wie auch in seinem Herzen suchte.

Es gibt sicherlich viele Menschen, die wie Heilige leben, doch man kennt sie nicht und wird sie nie heiligsprechen. Deswegen nenne ich sie lieber »außergewöhnliche« Menschen, besondere Menschen, die wie Franziskus aus ihrem Leben ein erhebendes Abenteuer machen und damit vielen anderen Menschen helfen. Als »Franziskus« erscheint er mir familiärer, menschlicher und sein Lebensweg noch viel wunderbarer.

Er wählte eine Stelle hoch oben am Berg, weit weg von der geschäftigen Stadt, und baute dort aus umbrischem Stein eine bescheidene Kartause, L’Eremo delle Carceri, mit einem atemberaubenden Blick übers Land, das in Pastellfarben schimmert. Dorthin zog er sich zurück, um in sich zu gehen und dem Gott, an den er glaubte und dem er diente, näher zu sein.

An diesem magischen Ort kann man sich in der Stille dieser unsichtbaren Kraft, genannt Schöpfung, ergehen. Bäume in allen Grüntönen, der Geruch feuchter Erde, Insekten und Vögel, die unbeirrt herumschwirren, ein leichter, frischer Morgenwind, die Melodie des Regens an manch einem Nachmittag. Schließt man die Augen und blickt nach innen, ist plötzlich jede Faser des Körpers von süßem Frieden erfüllt. Vor allem aber hat mich der Himmel über diesem idyllischen Ort fasziniert – von einem Blau, wie ich es noch nie zuvor gesehen hatte, einem so leuchtenden Blau, dass man es mit Worten gar nicht beschreiben kann.

Ich hatte diese Einsiedelei vor einigen Jahren entdeckt und immer wieder aufgesucht, weil ich nachempfinden wollte, was Franziskus gefühlt hatte, und weil ich hoffte, auf diese Weise eines Tages aus meinem Leben – wenn auch nur zu einem verschwindend geringen Teil – das zu machen, was Franziskus aus seinem Leben gemacht hatte.

Zuletzt war ich vor acht Jahren in Assisi und im Eremo gewesen. Ich konnte es also kaum erwarten, zurückzukehren und meine Seele mit dem tiefen Frieden zu füllen, den dieser großartige Mann in die Berge über Assisi gebracht hatte. Doch leider erkannte ich die Stadt kaum wieder – überall Souvenirstände, es wimmelte von Menschen, Dutzende Busse luden Touristen ab. Assisi ist berühmt geworden: ein Touristenmekka nicht nur für Pilger, die Frieden und innere Einkehr suchen, sondern für jeden, der eine Kamera hat und sich vor dieser schönen mittelalterlichen Kulisse fotografieren lassen will. Natürlich ist das gut für die lokale Wirtschaft, ich will es auch gar nicht verdammen – Assisi hatte sich einfach verändert, so wie sich alles mit der Zeit ändert, doch ich hatte es eben anders in Erinnerung gehabt.

Ende der Leseprobe