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Es ist eine Geschichte von Brüdern, die durch Loyalität verbunden, aber durch Entscheidungen zerrissen werden; von einem Mädchen, das ihren Ängsten entkommt, nur um neue Schrecken zu begegnen; und von einem Feind, dessen Wahnsinn eine zerstörerische Kaskade auslöst, die alles zu verschlingen droht. Doch was geschieht, wenn die Zerstörung nicht nur von außen, sondern auch von innen kommt? Wenn die Magie, die Hoffnung bringen könnte, zu einem Fluch wird? Dieses Buch führt die Leser an die Grenzen von Freundschaft, Vertrauen und der Frage, wie weit man gehen kann, bevor man sich selbst verliert. Willkommen zu einer Geschichte, die mitreißt, erschüttert und keine einfachen Antworten bietet. Tauchen Sie ein, und seien Sie bereit, jede Gewissheit zu hinterfragen.
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Veröffentlichungsjahr: 2024
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Alaric
Edrik
Livia
Roland
Kapitel 1 - Die Brüder
Kapitel 2 - Die Nacht
Kapitel 3 - 6 Jahre später
Kapitel 4 – Wahrheiten
Kapitel 5 – Wissen
Kapitel 6 - Dunkelheit und Licht
Kapitel 7 - Getroffen
Kapitel 8 - Frei, aber …
Kapitel 9 - Auf Messers Schneide
Kapitel 10 - Nur eine Sekunde
Kapitel 11 – Endspiel
Impressum
Es ist eine Geschichte von Brüdern, die durch Loyalität verbunden, aber durch Entscheidungen zerrissen werden; von einem Mädchen, das ihren Ängsten entkommt, nur um neue Schrecken zu begegnen; und von einem Feind, dessen Wahnsinn eine zerstörerische Kaskade auslöst, die alles zu verschlingen droht.
Doch was geschieht, wenn die Zerstörung nicht nur von außen, sondern auch von innen kommt? Wenn die Magie, die Hoffnung bringen könnte, zu einem Fluch wird? Dieses Buch führt die Leser an die Grenzen von Freundschaft, Vertrauen und der Frage, wie weit man gehen kann, bevor man sich selbst verliert.
Willkommen zu einer Geschichte, die mitreißt, erschüttert und keine einfachen Antworten bietet. Tauchen Sie ein, und seien Sie bereit, jede Gewissheit zu hinterfragen.
„Ist es wirklich richtig, was wir tun?“
Ich bin Alaric, der Bruder von Edrik. Schon immer habe ich die Welt mit neugierigen Augen betrachtet. Es gibt kaum etwas, das mich nicht interessiert oder in Erstaunen versetzt. Als Kind habe ich nie gezögert, Fragen zu stellen oder neue Dinge auszuprobieren, egal wie gefährlich oder unkonventionell sie waren. Meine Neugier hat mich oft in Schwierigkeiten gebracht, aber sie hat mir auch viele Türen geöffnet. Für mich ist das Leben eine unaufhörliche Entdeckungsreise, voller Möglichkeiten und Geheimnisse, die es zu ergründen gilt.
Die Beziehung zu meinem Bruder Edrik ist eine der Konstanten in meinem Leben. Wir ergänzen uns perfekt: Während er vorsichtig und nachdenklich ist, bin ich derjenige, der den ersten Schritt wagt. Edrik sorgt dafür, dass ich geerdet bleibe, wenn ich vor Eifer fast abhebe. Ich schätze seine Umsicht, auch wenn ich manchmal das Gefühl habe, dass er mich ausbremst. Zusammen haben wir schon viele Abenteuer erlebt und gelernt, uns aufeinander zu verlassen, egal welche Herausforderung vor uns liegt.
Und jetzt stehen wir vor einer großen Aufgabe. Wir müssen quasi das Licht, also die Magie, retten. Doch um ehrlich zu sein, bin ich mir darin nicht mehr sicher. Wir wissen jetzt so viel darüber ... Ist es wirklich richtig, was wir tun?
„Ich sorge mich um meinen Bruder“
Ich bin Edrik, der Bruder von Alaric. Schon als Kinder waren wir unzertrennlich, auch wenn wir unterschiedlicher nicht sein könnten. Ich habe immer versucht, die Welt mit klarem Verstand und Umsicht zu betrachten. Wo Alaric vorwärtsstürmt, bin ich derjenige, der innehält und die Konsequenzen abwägt. Meine Vorsicht hat uns oft aus brenzligen Situationen gerettet, aber sie hat mir auch gezeigt, dass Mut und Neugier ihre eigene Bedeutung haben. Ich glaube fest daran, dass man seine Schritte mit Bedacht wählen muss, denn jeder Schritt hinterlässt Spuren.
Meine Beziehung zu Alaric ist tief und unerschütterlich. Wir ergänzen uns wie Tag und Nacht. Während ich die Dinge gern durchdenke, ist Alaric ungeduldig und immer auf der Suche nach dem nächsten Abenteuer. Seine ungestüme Art hat uns in viele aufregende, aber auch gefährliche Situationen geführt. Ich bewundere seine Fähigkeit, sich von seinen Instinkten leiten zu lassen, auch wenn ich manchmal das Gefühl habe, dass er die Gefahren nicht vollständig erkennt. Trotz unserer Unterschiede sind wir ein starkes Team und finden gemeinsam Lösungen, die keiner von uns alleine hätte sehen können.
In letzter Zeit mache ich mir jedoch Sorgen um Alaric. Die Dinge, die wir gesehen haben – die Magie, die Wunder, die Gefahren – scheinen ihn mehr zu beeinflussen, als ich zunächst dachte. Seine Faszination für das Unbekannte ist stärker denn je, und ich frage mich, ob er die Konsequenzen versteht, die sein Streben nach Wissen mit sich bringt. Ich spüre, dass etwas in ihm sich verändert, und ich habe Angst, dass er sich in dieser neuen Welt verliert. Ich sorge mich um meinen Bruder.
„Zerbrich mich bitte nicht“
Ich bin Livia, und ich habe mich immer in der Stille wohlgefühlt. Schon als Kind war ich eher zurückhaltend und beobachtend, zog es vor, die Welt aus einer gewissen Distanz zu betrachten. Während andere Kinder lärmten und tobten, war ich glücklich damit, Bücher zu lesen und zu träumen. Ich habe gelernt, dass es in der Stille oft die tiefsten Einsichten gibt. Meine Ruhe und Zurückhaltung geben mir die Fähigkeit, Dinge zu sehen, die andere übersehen. Es ist nicht so, dass ich die Gesellschaft meide – ich schätze sie nur auf eine andere Weise.
Meine Freundschaft mit Alaric war von Anfang an etwas Besonderes. Er ist das Gegenteil von mir: laut, ungestüm und voller Energie. Dennoch finde ich seine Abenteuerlust anziehend. Seine Begeisterung für die Magie hat auch mein Interesse geweckt, obwohl ich es nie laut ausgesprochen habe. Ich bewundere seinen Mut und seine Neugier, auch wenn sie mich manchmal einschüchtern. Es ist, als würde seine Leidenschaft ein Licht auf eine Welt werfen, die ich nur aus Büchern kenne.
In letzter Zeit habe ich mich jedoch gefragt, wohin uns diese Faszination für Magie führen wird. Ich mag Alaric sehr und verbringe gerne Zeit mit ihm, doch seine ungezügelte Art macht mir auch ein wenig Angst. Ich möchte, dass er versteht, dass nicht alles mit Kraft und Eile erreicht werden kann. Während ich hoffe, dass wir weiterhin diese Abenteuer zusammen erleben können, bitte ich ihn im Stillen: Zerbrich mich bitte nicht.
„Wie ein Fels in der Brandung“
Ich bin Roland, und ich habe mich immer als den Fels in der Brandung gesehen. Schon als Kind war ich stämmiger als die anderen Kinder, und ich habe es genossen, wenn man mir sagte, ich sei stark. Diese Stärke habe ich immer genutzt, um die Menschen um mich herum zu beschützen, besonders Livia. Wir sind zusammen aufgewachsen, und ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, ihr Beschützer zu sein. Es ist ein gutes Gefühl zu wissen, dass jemand auf mich zählen kann, und ich habe nie gezögert, für sie da zu sein, wenn sie mich brauchte.
Livia ist wie eine Schwester für mich. Ich schätze ihre stille, nachdenkliche Art, die so anders ist als meine. Sie hat eine innere Stärke, die ich bewundere, auch wenn sie das selbst vielleicht nicht immer sieht. Ich habe nie einen Zweifel daran gelassen, dass ich an ihrer Seite stehe, wenn sie mich braucht. Manchmal habe ich bemerkt, wie sie Alaric ansieht, und ich weiß, dass da etwas zwischen ihnen ist, auch wenn sie es nie offen gesagt hat. Aber das ist in Ordnung für mich. Ich bin glücklich, sie als Freundin zu haben und für sie da zu sein.
Manchmal fragen die Leute, ob da mehr zwischen uns ist, aber nein. Das war nie auch nur Thema zwischen uns. Ich weiß genau, auf wen sie steht. Und das bin nicht ich. Aber ich bin immer gern für sie da. Ich beschütze halt gerne. Wie ein Fels in der Brandung.
Die Morgensonne warf ihre goldenen Strahlen über das kleine Dorf am Rande eines üppig grünen Waldes. Die sanften Hügel waren mit Wildblumen übersät, die in der sanften Brise tanzten, während in der Ferne der ruhige Fluss in der Sonne glitzerte. Vögel zwitscherten fröhlich in den Bäumen, und das Geräusch der plätschernden Bäche erfüllte die Luft mit einer Melodie der Ruhe.
Plötzlich durchbrach das Lachen von zwei Jungen die friedliche Stille, als sie aus dem Unterholz stürmten. Ihre Gesichter strahlten vor Freude, während sie über die Wiesen tollten, ihre Schritte von unbändiger Energie angetrieben. Der eine stürmte ungestüm voran, während der andere mit einem Lächeln auf den Lippen folgte, stets bereit, seinen Bruder im Auge zu behalten.
"Was sollen wir heute spielen, Edrik?" fragte der ungestüme Junge und blieb abrupt stehen, seine Augen funkelten vor Aufregung.
"Vielleicht könnten wir eine Festung bauen," schlug Edrik vor, immer darauf bedacht, seinen Bruder zu beschäftigen, während er die Umgebung im Auge behielt. "Wir könnten uns vorstellen, dass wir Ritter sind, die das Dorf beschützen."
"Ja, und ich werde der tapferste Ritter von allen sein!" rief der andere Junge begeistert und hob einen Stock auf, den er wie ein Schwert schwang. "Kein Drache wird gegen uns eine Chance haben, Alaric!"
Die Brüder waren beide schlank und mit recht einfachen Kleidern ausgestattet, welche sie sich selbst zu stolz wirkenden Abenteurer-Uniformen gezupft und mit Kreide und Kohle etwas angemalt hatten. Alaric trug seine blonden Locken wild und ungezähmt, seine braunen Augen funkelten voller Abenteuerlust und er hatte stets einen aufrechten und energiegeladenen Gang an sich. Edrik hingegen hatte dunkleres Haar, das ihm ordentlich in die Stirn fiel und dabei seine fast schon hellblauen Augen blickten unter der einen Strähne, die er immer zur Seite streifte, hin und her, wobei sein Lächeln die leichte Unsicherheit einfach übermalte, die im Kontrast zu seinem Bruder stand.
Als die Sonne langsam den Horizont küsste und die Schatten länger wurden, entdeckten die Jungen einen Fuchs, der geduckt und mit lauerndem Blick am Rande der Wiese schlich. Sie warfen sich sofort in die Deckung eines nahen Gebüschs, ihre Augen groß vor Aufregung.
"Ich werde ihn vertreiben!" flüsterte Alaric und hob seinen Stock, der in seiner Vorstellung ein mächtiges Schwert war.
"Nein, das ist zu gefährlich," widersprach Edrik leise, während er seine Hand auf Alaric's Arm legte, um ihn zurückzuhalten. "Wir sollten wirklich vorsichtig sein. Das ist immerhin ein Fuchs."
Doch bevor sie ihre Diskussion beenden konnten, sahen sie, wie der Fuchs sich blitzschnell auf einen Hasen stürzte. Der Hase versuchte zu fliehen, doch der Fuchs erwischte ihn mit einem schnellen Sprung.
"Oh nein, das können wir nicht zulassen!" rief Alaric und sprang aus dem Gebüsch hervor, bevor Edrik ihn davon abhalten konnte. Mit dem Stock wie ein Schwert in der Hand erhoben rannte Alaric mit einem Kampfschrei auf den Fuchs zu.
Der Fuchs, überrascht von dem plötzlichen Angriff, biss Alaric in das Bein, bevor dieser ihm einen kräftigen Schlag auf den Kopf verpassen konnte. Der Fuchs jaulte auf und floh ins Dickicht, während Alaric, das Gesicht vor Schmerzen verzogen, dann rücklinks auf den Boden fiel.
"Alles okay?" fragte Edrik besorgt und eilte zu seinem Bruder.
"Ja. Alles okay. Tut nur etwas weh," antwortete Alaric tapfer, während er seinen Fuß hob, um den schmerzenden Knöchel zu betrachten.
Doch ihre Gesichter erhellten sich schnell, als sie den Hasen sahen, der nun aus dem Griff des Fuchses befreit, schnell über die Wiese hoppelte. Die Brüder lächelten einander an, stolz auf ihre mutige Rettungsaktion, und die Schmerzen waren für einen Moment vergessen, während sie den triumphalen Anblick des entkommenen Hasen genossen.
Edrik reichte Alaric die Hand und half ihm behutsam auf die Füße. Vor der untergehenden Sonne ergab sich ein wundervolles Bild: Die Silhouetten der beiden Brüder standen eng beieinander, ihre Hände fest ineinander verschlungen. Gemeinsam blickten sie in Richtung des Sonnenuntergangs, die Farben des Himmels in warmen Rot- und Orangetönen getaucht. Ohne ein Wort zu sagen, spiegelte sich in diesem Moment ihre unerschütterliche Verbindung und die Stärke ihrer brüderlichen Liebe wider. Hand in Hand machten sie sich auf den Heimweg, begleitet von der friedlichen Stille des nahenden Abends und dem Wissen, dass sie sich immer aufeinander verlassen konnten.
Als die Brüder auf dem Weg zurück ins Dorf humpelten, wurden sie plötzlich von vertrauten Stimmen aufgehalten. Roland und Livia, zwei ihrer Spielkameraden aus der Schule, waren auf einem Feldweg, der sich durch die Wiesen schlängelte. Roland, immer mit einem fröhlichen Lächeln und einem abenteuerlustigen Funkeln in den Augen, winkte ihnen zu, als er näher kam.
„Hey, was ist mit deinem Bein passiert, Alaric?“ fragte Roland besorgt, als er die Blutung an Alaric's Bein bemerkte.
„Ein Fuchs hat ihn erwischt, aber wir haben den Hasen gerettet,“ erklärte Edrik stolz, während er seinem Bruder unter die Arme griff, um ihm beim Gehen zu helfen.
Livia, deren Augen vor Sorge groß wurden, eilte sofort zu Alaric's Seite. „Lass mich mal sehen,“ sagte sie, ihre Stimme voller Besorgnis, während sie sich vorsichtig über die Wunde beugte. Sie berührte sanft sein Bein und bemerkte den Schmerz in seinem Gesicht.
„Es ist nicht so schlimm,“ versuchte Alaric mit einem schwachen Lächeln zu beruhigen, doch Livia schüttelte den Kopf. „Du sollst doch vorsichtig sein,“ flüsterte sie, ihre Stimme zärtlich und fast nur für Alaric bestimmt.
Einen Moment lang konnte man fast eine Träne an ihrem Augenwinkel erkennen, welche sie schnell wegwischte und sofort wieder hinter einem freundlichen Lächeln ihren besorgten Blick verbarg. „Na komm. Helfen wir ihm mal nach hause,“ sagte sie mit Tatendrang in ihrer Stimme.
„Na los, wir bringen dich erst einmal nach Hause,“ stimmte Roland zu, während er Alaric ebenfalls stützte. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zurück zum Dorf, Livia immer an Alaric's Seite und darauf bedacht, dass er nicht Stolpert oder irgendetwas. Als sie schließlich das Haus erreichten, öffnete Clara die Tür, ihre Augen voller Sorge und Liebe, als sie ihren verletzten Sohn sah.
Ihr blick direkt ernst zu Edrik gerichtet sagt sie: „Solltest du nicht auf ihn aufpassen?“ und sofort wollte Edrik diskutieren. Doch Clara beugte sich zu Alaric und sagte „Kommt erstmal herein, meine Lieben. Dann gibt’s erstmal einen kleinen Verband für den Raufbold.“ sagte sie und half Alaric sofort, sich hinzusetzen, um sich um seine Wunde zu kümmern. Während sie die Verletzung versorgte, tauschten die Kinder Geschichten über den Tag aus, ihre Freundschaft und Verbundenheit unübersehbar.
Nachdem Clara Alaric's Verletzung sorgfältig verbunden hatte, richtete sie sich auf und lächelte die beiden Freunde ihrer Söhne an. „Bleibt doch zum Abendessen, ihr zwei,“ schlug sie vor, während der Duft von frisch gebackenem Brot und dampfendem Eintopf die Küche erfüllte.
Roland schüttelte den Kopf und lächelte entschuldigend. „Vielen Dank, Frau Clara, aber wir müssen nach Hause. Weißt du noch, Livia, als wir den Kohl von Mama nicht essen wollten? Da war sie richtig böse...“
Livia kicherte und nickte zustimmend. „Oh ja. Wir können es uns also nicht erlauben, bei jemand anderem zu essen. Sonst wird Mama böse und denkt, wir würden ihr Essen nicht mögen.“
Clara lachte und tätschelte Roland die Schulter. „In Ordnung, ich verstehe. Grüßt eure Eltern von mir und kommt bald wieder vorbei!“
Die beiden Kinder winkten fröhlich zum Abschied und verschwanden hüpfend aus der Tür, während Alaric und Edrik sich an den Tisch setzten.
Beim Abendessen erzählte Clara, wie sie es jeden Abend tat, eine Geschichte. Heute handelte es sich um zwei tapfere Helden, die in einem fernen Land lebten.
„Es waren einmal zwei Brüder,“ begann Clara, während sie den Jungen großzügige Portionen auf die Teller lud. „Der eine war mutig und ungestüm, immer bereit, sich in das nächste Abenteuer zu stürzen, während der andere besonnen und vorsichtig war, stets darauf bedacht, seinen Bruder aus Schwierigkeiten herauszuhalten.“
Die Jungen lauschten gespannt, während Clara die Geschichte lebendig werden ließ, ihre Worte mit Gesten untermalend. „Diese beiden Brüder ergänzten sich perfekt. Sie kämpften zusammen gegen einen mächtigen Drachen, der das Land bedrohte. Der ungestüme Bruder lenkte die Aufmerksamkeit des Drachen auf sich, während der besonnene Bruder einen Plan ausheckte, um ihn zu besiegen. Gemeinsam triumphierten sie und retteten das Königreich.“
Clara lächelte liebevoll und beugte sich zu ihren Söhnen. „Und wisst ihr, wie diese sagenhaften Helden hießen?“ Sie wartete einen Moment, bevor sie fortfuhr: „Alaric und Edrik, genau wie ihr. Alaric bedeutet ‚herrscherischer Anführer‘, und Edrik bedeutet ‚reicher Beschützer‘.“
Die Jungen strahlten vor Stolz, als sie die Bedeutung ihrer Namen erfuhren. Clara strich ihnen sanft über die Köpfe und fügte hinzu: „Ihr seid meine kleinen Helden, und ihr müsst immer zusammenhalten, genau wie die Helden in der Geschichte.“
Nach dem Abendessen brachte Clara die Jungen liebevoll zu Bett, die Geschichte hallte noch immer in ihren Köpfen wider, als sie in den Schlaf glitten. Die Sicherheit und Geborgenheit ihrer kleinen Welt waren unerschütterlich, und die Verbindung zwischen den Brüdern und ihrer Mutter wurde an diesem Abend noch stärker.
Am nächsten Morgen, als die ersten Sonnenstrahlen das Dorf in ein warmes Licht tauchten, machten sich Alaric und Edrik auf den Weg nach draußen, bereit für neue Abenteuer. Der Morgen war kühl und klar, und der Duft von frischem Tau lag in der Luft.
Gerade als sie die Haustür hinter sich schlossen und fröhlich losliefen, stolperte Alaric fast über einen Mann, der die Straße entlangging und das Dorf gerade betrat. Der Fremde trug bunte, fast zerlumpte Kleider, die in der Morgenbrise leicht flatterten. Seine Anwesenheit war auffällig und zog sofort die Aufmerksamkeit der beiden Brüder auf sich.
„Entschuldigung!“ rief Alaric, als er sich wieder aufrichtete und den Mann neugierig musterte. Edrik, der dicht hinter ihm folgte, betrachtete den Fremden mit einer Mischung aus Neugier und Vorsicht.
„Wer sind Sie denn, und was sind das für komische Kleider?“ platzte Alaric heraus, ohne lange zu überlegen, während er an den farbenfrohen Stoffen des Mannes zupfte.
Der Mann, der gerade in das Dorf gekommen war und sich mit seinen Ausgaben schon einen guten Ruf erarbeitet hatte, hielt inne und schaute Alaric mit einem seltsamen, aber nicht unfreundlichen Ausdruck an. „Omber,“ antwortete er mit einer brummenden, doch irgendwie melodischen Stimme, die Alaric kurz innehalten ließ.
Edrik, immer der besonnene Bruder, griff schnell ein. „Alaric, du kannst nicht einfach Fremde so ansprechen,“ ermahnte er seinen Bruder leise, während er ihn am Arm packte und sanft, aber bestimmt zurückzog.
„Aber ich wollte den Mann noch mehr fragen,“ murrte Alaric, während Edrik ihn weiter wegführte. Doch das Wort des Fremden hallte in ihren Köpfen wider, und Edrik spürte, dass dieser Mann, Omber, mehr Geheimnisse verbarg, als man auf den ersten Blick erkennen konnte.
Während die Brüder ihren Weg fortsetzten, blieb Omber noch einen Moment stehen, seine Augen auf die beiden gerichtet, bevor er mit einem leichten, nachdenklichen Lächeln weiterging. Der Morgen im Dorf schien friedlich, doch Edrik hatte das Gefühl, dass die Ankunft dieses Fremden eine Veränderung mit sich bringen könnte, die sie alle noch nicht erahnen konnten.
Omber hatte sich im Dorf inzwischen gut eingelebt und war ein vertrauter Anblick geworden, wenn auch ein rätselhafter. Mit seinem großzügigen Geldbeutel kaufte er Dinge, die die Dorfbewohner in Erstaunen versetzten. Er bezahlte mit glänzenden Münzen, die selbst die erfahrensten Händler selten gesehen hatten, und schien keine Kosten zu scheuen, um seine Bedürfnisse zu decken.
Eines Morgens, als die Brüder Alaric und Edrik durch das Dorf liefen, lauschten sie den Gesprächen, die um sie herum stattfanden. An der Ecke der Bäckerei stand Herr Frone, der Bäcker, mit Frau Linna, einer Nachbarin, die für ihren Hang zum Tratschen bekannt war.
„Hast du gehört, dass dieser Fremde nach seltsamen Glasflaschen gefragt hat?“ sagte Frau Linna mit einem verschwörerischen Flüstern. „Ganz eigenartige Formen, die niemand zuvor gesehen hat.“
„Und die Holz- und Stein-Utensilien, die er wollte,“ fügte Herr Frone hinzu und schüttelte den Kopf. „Ich frage mich, was er damit vorhat. Manchmal glaube ich, er braut etwas zusammen.“
„Vielleicht ist er ein Alchemist,“ meinte Frau Linna und blickte sich um, um sicherzugehen, dass niemand anderes zuhört. „Ich habe gehört, dass Alchemisten allerlei seltsame Dinge benötigen.“
Die Gerüchte über Omber breiteten sich wie ein Lauffeuer aus, und die Neugier der Dorfbewohner wuchs mit jedem Tag. Herr Frone und Frau Linna waren nur zwei von vielen, die ihre Theorien über den Fremden austauschten. Einige spekulierten, dass er ein reicher Reisender auf der Suche nach Schätzen sei, während andere ihn für einen geheimnisvollen Gelehrten hielten, der Wissen aus fernen Ländern mitbrachte.
Doch hinter verschlossenen Türen experimentierte Omber mit Dingen, die selbst er kaum verstand. Er war nicht darauf aus, Unheil zu stiften, sondern suchte nach Antworten auf Fragen, die ihn seit Jahren plagten. Seine Absichten waren nicht böse, doch die Gefahren seiner Experimente waren ihm nur allzu bewusst.
Alaric und Edrik beobachteten all dies mit der unschuldigen Neugier von Kindern, die noch nicht ahnten, welche Schatten sich über ihrem friedlichen Dorf zusammenbrauten. Für sie war Omber ein faszinierendes Rätsel, ein Mann, der vielleicht Geheimnisse lüftete, die das Dorf noch nicht kannte.
Die Sonne stand hoch am Himmel, und Alaric und Edrik tollten ausgelassen auf der Wiese hinter ihrem Haus. Das Gras war saftig und grün, durchsetzt mit unzähligen bunten Blumen, die im Sommerwind schwankten. Die beiden Brüder lachten und jagten einander, ihre Sorgen so flüchtig wie die Wolken am Himmel.
Plötzlich stoppte Edrik abrupt und rief: „Alaric, schau mal hier!“ Vor ihnen, zwischen den vielen Blumen, stand eine besonders schöne Blume, deren Blütenblätter in einem leuchtenden Blau schimmerten, wie sie es noch nie gesehen hatten.
„Oh wow, die ist wirklich einzigartig!“ rief Alaric begeistert und eilte zu seinem Bruder, seine Schritte allerdings etwas ungestüm. Ohne es zu merken, trat er mit einem Fuß direkt auf die schöne Blume, die unter seinem Gewicht zerdrückt wurde.
„Alaric!“ rief Edrik vorwurfsvoll, seine Stimme voller Enttäuschung.
„Tut mir leid, ich hab’s nicht gesehen,“ verteidigte sich Alaric, die Schultern leicht hochgezogen. Ein kleiner, nicht böser Streit entbrannte zwischen ihnen, doch bevor er richtig in Fahrt kam, verstummten beide, als Omber plötzlich vor ihnen stand.
Der Fremde, der ihnen schon so oft Fragen aufgegeben hatte, schaute mit einem leisen Lächeln und leicht traurigem Blick auf die zertretene Blume hinab. Alaric und Edrik standen wie erstarrt da und starrten zu Omber hoch, ihre Streitigkeit sofort vergessen.
Omber hockte sich langsam vor die Blume und betrachtete sie einen Moment schweigend. Dann hob er seine Hand, streckte die Handfläche in Richtung der zerstörten Pflanze, und ein sanftes Leuchten begann von seiner Hand auszugehen.
Edrik trat einen Schritt zurück und nahm instinktiv eine leicht verteidigende Haltung ein, während sein Blick zwischen Omber und seiner leuchtenden Hand hin- und herwanderte. Alaric stand einfach nur da, den Mund offen vor Staunen, und fixierte die Blume.
„Schau! Wie ist das möglich?“ flüsterte Alaric ungläubig, als er beobachtete, wie die Blume sich langsam aufrichtete und die Blütenblätter in der Synchronisation mit dem sanften Leuchten entfalteten.
„Wow,“ entfuhr es auch Edrik, seine Augen groß vor Erstaunen, während die Blume wieder ihre volle Schönheit erlangte, als wäre nichts geschehen.
Nachdem die Blume vollständig wiederhergestellt war, richtete sich Omber auf und lächelte den Jungen freundlich zu, bevor er sich wieder auf den Weg zurück ins Dorf machte.
Den Rest des Tages verbrachten Alaric und Edrik damit, die Blume mit der hingebungsvollen Wachsamkeit echter Beschützer zu bewachen. Sie bauten aus kleinen Steinen und Ästen eine schützende Barriere um die Blume herum und passten auf, dass niemand sie berührte. Vorbeigehende Dorfbewohner lächelten und schüttelten den Kopf, überzeugt davon, dass die Jungen einfach nur ein neues Spiel erfunden hatten.
Für Alaric und Edrik jedoch war es mehr als nur ein Spiel. Es war ein Wunder, das sie fasziniert hatte, auch wenn sie noch nicht wussten, dass sie Zeugen von Magie geworden waren.
Am nächsten Morgen wurden Alaric und Edrik von einem erschrockenen Schrei ihrer Mutter aus dem Schlaf gerissen. Die beiden Brüder sahen sich verwirrt an, bevor sie ohne Zögern aus ihren Betten sprangen und in die Küche stürmten.