Die drei !!!, 36, SOS per GPS (drei Ausrufezeichen) - Mira Sol - E-Book

Die drei !!!, 36, SOS per GPS (drei Ausrufezeichen) E-Book

Mira Sol

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Beschreibung

Seltsame Vorkomnisse häufen sich, als Franzi, Kim und Marie an einer Geocaching-Tour teilnehmen: GPS-Daten wurden manipuliert und außerdem sind die Caches verschwunden! Als beim Nacht-Cache auch noch das GPS-Gerät und die Handys ausfallen, ist den drei !!! klar: Hier will jemand mit aller Macht die Schnitzeljagd in freier Natur verhindern! Aber warum? Die drei !!! sind beste Freundinnen und erfolgreiche Detektivinnen. Mutig und clever lösen sie jeden noch so kniffligen Fall und sind zusammen ein unschlagbares Team.

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Seitenzahl: 157

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Mira Sol

SOS per GPS

Kosmos

Umschlagillustration von Ina Biber, Gilching

Umschlaggestaltung von Friedhelm Steinen-Broo, eSTUDIO CALAMAR

Unser gesamtes lieferbares Programm und viele weitere Informationen zu unseren Büchern, Spielen, Experimentierkästen, DVDs, Autoren und Aktivitäten findest du unter kosmos.de

© 2013 Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

ISBN: 978-3-440-13833-5

Satz: DOPPELPUNKT, Stuttgart

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Neuer Zombie-Alarm

»Mistvieh«, flüsterte Kim. »Ich krieg dich!« Sie ließ das Schwert von rechts nach links und wieder zurückschwingen und nahm die Verfolgung auf. Im Schatten einer Säule drehte sich der Zombie plötzlich um. Stechend gelbe Augen blickten Kim herausfordernd an. Die grässliche Fratze mit den messerscharfen Zähnen schien sie auszulachen. Die Kreatur hob ihre gekrümmten Klauen. Kim zögerte keine Sekunde. Das Schwert durchschnitt surrend die Luft. Grünes Blut spritzte auf. Der Zombiekopf landete im Sand. Kim zuckte kurz zusammen. »Weiter geht’s«, ermutigte sie sich selbst. Sie stopfte sich das Kissen im Rücken zurecht und hämmerte auf der Tastatur herum. »Ist gleich erledigt«, murmelte sie.

Franzi räusperte sich. »Kim?«

»Hm?«

»Wie lange geht das noch?«

»Sag ich doch. Ist gleich fertig.«

Franzi seufzte. »Ich nehme mir das letzte Stück Schokolade. Okay?«

»Hmm.« Kim nickte abwesend.

Marie sah ihre Freundin ungläubig an. »Es wird ernst. Kim interessiert sich nicht mehr für Süßigkeiten.«

Kim warf einen verärgerten Blick über den Rand des Bildschirms. Sie hatte es langsam satt, ständig damit aufgezogen zu werden, dass sie eine Vorliebe für Schokolade und Gummibärchen hegte. Meist brauchte sie die verstärkte Zuckerzufuhr sowieso nur, wenn sie in einem kniffligen Fall steckten. Das kam allerdings ziemlich oft vor: Ihr Detektivclub Die drei !!!, den sie vor einiger Zeit zusammen mit Franzi und Marie gegründet hatte, war nämlich ausgesprochen erfolgreich. Gerade erst hatten sie in Venedig, der wunderschönen italienischen Lagunenstadt, ermittelt und dreisten Schmuckdieben das Handwerk gelegt. Marie war in diesem Fall besonders gefordert gewesen: Zuerst war ihr wertvoller Opalring gestohlen worden. Und dann hatte sich auch noch der süße Luca mit den lakritzschwarzen Haaren in ihr Herz geschlichen – nur um sie kurz darauf bitter zu enttäuschen.

Kim sah ihre Freundin an. Ob Marie wohl noch an Luca dachte? Anmerken ließ sie sich jedenfalls nichts.

Franzi unterbrach Kims Gedanken. »Wir wollten doch aufräumen und die Detektivtagebücher endlich in unsere Zentrale im Pferdeschuppen schaffen.« Sie deutete auf das Bücherregal, in dem sich neben unzähligen Drei-???-Bänden und vielen weiteren Kriminalromanen dutzende von Heften stapelten. Kim hatte darin akribisch die Details von all ihren Fällen eingetragen.

»Richtig«, murmelte Kim. »Unter dem Bett sind auch noch einige Kisten mit Zeitungsartikeln, Fotos und Beweismaterial. Das müssen wir alles sortieren und ordentlich archivieren.«

Marie nickte ungeduldig. »Deshalb haben wir uns heute zu diesem außerordentlichen Clubtreffen verabredet.« Sie klatschte in die Hände. »Franzi und ich wären bereit. Aber du hast offensichtlich keine Zeit.«

Kim schüttelte den Kopf. »Nein, nein. Ich bin gleich so weit. Aber zuerst muss ich das hier erledigen. Es ist wirklich sehr wichtig. Ich muss fertig sein, bevor die nervigen Zwillinge vom Fußballtraining nach Hause kommen.«

Franzi und Marie sahen ihre Freundin fragend an.

Kim rückte das Notebook auf ihren Knien zurecht. »Hier, guckt mal!« Sie drehte den Bildschirm so, dass die anderen daraufschauen konnten: Ein gigantisches, schwarz behaartes Monster starrte sie an. Es stieß ein ohrenbetäubendes Brüllen aus und ließ seinen Fuß auf etwas Zappelndes am Boden niedersausen. Es knirschte hässlich.

Franzis Hand mit dem Schokostück blieb auf halbem Weg zu ihrem Mund stehen. Sie schüttelte den Kopf. »Kim, das ist …«

»… total ekelhaft!«, vollendete Marie den Satz. Sie fuhr sich durch ihre langen Haare und ließ sie wie einen goldschimmernden Vorhang vor ihr Gesicht fallen. »Das kann ich nicht mit ansehen.«

»Schon vorbei.« Ein zufriedenes Lächeln umspielte Kims Lippen. Sie deutete auf die Schrift, die über den Monitor flimmerte: Ben-Luke-Zombiefighter has been eliminated.

»Der Avatar ist platt. Meine geliebten kleinen Brüder werden Augen machen, wenn sie sich das nächste Mal in dieses Onlinespiel einloggen. Ihr Punktestand ist ein für alle Male ruiniert.«

Franzi betrachtete die geschmolzene Schokolade in ihrer Hand. Dann wandte sie sich Kim zu. »Du hast dich unter dem Namen deiner Brüder angemeldet und absichtlich verloren?«

»Richtig.« Kim sah ihre Freundin aus schmalen Augenschlitzen an. »Das ist meine Rache für alles, was ich in der letzten Zeit ertragen musste. Dieses Zombiespiel bedeutet den Zwillingen total viel. Sie sind fast jeden Tag online. Ich glaube, sie versuchen damit den Schock zu überwinden, der ihnen seit ihrer Begegnung mit dem vermeintlichen Zombie immer noch in den Knochen steckt.«

»Du meinst den Vorfall an Halloween?« Marie strich sich die Haare aus dem Gesicht. »Die Ereignisse damals waren wirklich ganz schön gruselig. Wir haben ja selbst beinahe daran geglaubt, dass wir es mit böser Magie zu tun haben.«

»Klar, der Fall war mehr als gespenstisch. Aber wir konnten ihn lösen. Ich finde es total kindisch von Ben und Lukas, dass sie immer noch Angst vor Zombies haben.«

»Sie sind eben noch klein und …«

Kim unterbrach Marie mit einer wütenden Handbewegung. »Für ihr zartes Alter haben sie ganz schön fiese Ideen, wenn es darum geht, mich zu ärgern. Mir reicht es! Ich werde sie vor eine Entscheidung stellen: Nie wieder dürfen sie das Wort ›fette Plantschkuh‹ in den Mund nehmen, oder –«, Kim sog scharf die Luft ein, »sie werden bei keinem Computerspiel der Welt mehr glücklich. Ich hacke mit Leichtigkeit jedes Passwort dieser kleinen Nervensägen.«

Franzi beförderte den Schokoklumpen aus ihrer Hand in den Mund und kaute nachdenklich. Nachdem sie sich die Finger abgeleckt hatte, sagte sie: »Deine Brüder haben dich schon oft zur Weißglut gebracht. Aber so wütend habe ich dich noch nie erlebt. Was ist passiert?«

Kim biss sich auf die Unterlippe. Sie zögerte. Dann brach es aus ihr hervor: »Eigentlich nur das Übliche. Sie ärgern mich hier, sie ärgern mich dort. Aber jetzt haben sie von Mama und Papa auch noch zwei nagelneue, extrem teure Rennräder zum Geburtstag bekommen. Das ist total ungerecht. Die sind eh zu zweit und bekommen immer alles doppelt. Und jetzt noch diese schweineteuren Räder. Ich warte seit einem Jahr darauf, dass ich Mamas altes Tourenrad loswerde und ein eigenes Rad bekomme.« Kims Wangen röteten sich zusehends. »Immer kriegen sie alles, was sie wollen, und ich gehe leer aus!« In Kims Augen glitzerten Wuttränen. Sie schniefte. »Ich war noch nie so sauer auf Ben und Lukas wie jetzt.«

»Du bist eifersüchtig«, sagte Marie leise.

Kim kramte ein zerfusseltes Papiertaschentuch aus ihrer Hosentasche. Sie schnäuzte sich. »Stimmt.«

Marie nickte. »Ich kann dich gut verstehen. Geschwister können total nerven.« Sie zögerte. »Sogar, wenn sie gar keine echten Geschwister sind.«

Kim zog die Nachttischschublade auf und angelte eine neue Tafel Vollmilch-Nuss-Schokolade heraus. »Du sprichst von Lina, oder?«

Marie nickte. Sie ballte ihre Hände zu Fäusten. Lina war die Tochter von Tessa, der Lebensgefährtin von Maries Vater. Erst vor Kurzem waren sie alle zusammen in eine große Villa gezogen, weil die Penthousewohnung von Herrn Grevenbroich und Marie nicht mehr genug Platz für die vierköpfige Patchworkfamilie geboten hatte. Marie stand nun ein riesiges Zimmer mit eigenem Bad und Balkon zur Verfügung – aber am Grundproblem hatte sich nichts geändert: Sie musste ihren Vater mit Tessa und Lina teilen. Und daran wollte sie sich einfach nicht gewöhnen. Nach dem frühen Tod ihrer Mutter war sie alleine bei ihrem Vater aufgewachsen. Als bekannter Schauspieler in der TV-Vorabendserie Vorstadtwache hatte er immer sehr gut verdient und seine Tochter nach Strich und Faden verwöhnt. Das tat er zwar immer noch, aber Marie hatte einfach nicht mehr den Exklusivstatus der früheren Jahre. Sie sehnte sich sehr in die alten Zeiten zurück.

Das Silberpapier knisterte, als Kim einen Riegel abbrach und ihn sich in den Mund schob. Sie kaute langsam und schluckte. »Aber Tessa ist doch ganz in Ordnung, oder?«, fragte sie schließlich.

»Ja, schon. Abgesehen davon, dass sie ein totaler Ökofreak ist, hat sie eine ziemlich coole Art an sich.« Marie schüttelte den Kopf. »Was man von ihrer Tochter Lina nicht behaupten kann. Ich verstehe nicht, wie ein Kind so aus der Art schlagen kann. Neulich hat sie meinen Vater gefragt, wie die Leute früher ohne Computer ins Internet gekommen sind.« Marie schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn. »So bescheuert kann doch kein Mensch sein.«

Kim und Franzi kicherten.

»Und wie habt ihr euch in der neuen Villa eingelebt?«, wollte Franzi wissen.

»Frag lieber nicht«, murmelte Marie. »Kaum sind wir halbwegs eingerichtet, da fallen ständig die Elektroleitungen aus. Seit gestern haben wir ein Rudel Handwerker im Haus. Die stellen alles auf den Kopf, machen einen Riesenlärm und einen unglaublichen Dreck.«

»Ätzend«, stellte Franzi fest.

»Aber das Schlimmste wisst ihr noch gar nicht.« Marie ließ die Schultern hängen. »Tessa will vor der Baustelle in der Villa fliehen und ein paar Tage bei einer alten Freundin von der Uni verbringen.«

»Und was ist daran so schlimm?«, fragte Kim.

»Sie nimmt Lina und mich mit.«

»Oh!«, machte Kim.

Marie griff sich gedankenverloren die Schokoladentafel und brach ein Stück ab. »Diese Freundin wohnt in der totalen Pampa, mitten im Wald. Sie ist Geschäftsführerin von einem Naturkundemuseum. So einem alten, baufälligen Kasten aus dem letzten Jahrhundert mit lauter Tierskeletten, aufgespießten Insekten, eingelegten Fröschen und anderem widerlichen Zeugs darin. Und drum herum nichts als Wald!« Marie beförderte das Schokostück schwungvoll in ihren Mund. »Es ist schlimm genug, dass ich meine Pfingstferien in einem Gruselkabinett in der Einöde verbringen soll«, nuschelte sie. »Aber das Schlimmste ist, dass Lina Tag und Nacht dabei sein wird.« Marie kaute energisch und schluckte. »Und das Allerschlimmste ist, dass Papa nicht mitkommt. Er hat für zwei Wochen ein Theaterengagement in Frankfurt.«

Franzi sah ihre Freundin mitfühlend an. »Du wirst ihn sicherlich sehr vermissen.«

»Ich hatte so gehofft, dass er mich nach Frankfurt mitnimmt.« Marie seufzte. »Aber er meint, dass es besser für mich wäre, ein paar Tage in der freien Natur an der frischen Luft zu verbringen.«

Franzi setzte sich neben Marie auf das Bett und legte einen Arm um sie.

»Ich brauche keine frische Luft!«, rief Marie.

»Sondern deinen Vater«, sagte Franzi verständnisvoll.

»Ja.« Marie nickte zögerlich. »Und ganz dringend ein Paar neue Pumps und Kleider. Frankfurt ist ideal zum Shoppen!«

Franzi grinste. »Schon klar.« Sie betrachtete ihre Freundin: Marie trug nagelneue, sündhaft teuer aussehende Ballerinas aus kobaltblauem Wildleder. Dazu hatte sie weiße Röhrenjeans und ein wasserblaues Oberteil aus weich fließendem Stoff im Zweilagen-Look kombiniert. Ein schmaler Gürtel betonte ihre schlanke Taille. Sie sah, wie immer, perfekt gestylt aus.

Franzi zwinkerte Marie zu. »Ich wette, du hast im neuen Haus ein extra Zimmer nur für Klamotten und Schuhe, das du uns bisher vorenthalten hast.«

Marie seufzte. »Das wäre nicht schlecht. Es müsste aber eine Sicherheitsschleuse haben, damit Lina nicht reinkommen und sich meine Sachen ›ausleihen‹ kann.« Maries Augen verdunkelten sich. »Mal im Ernst: Ich weiß nicht, wie ich die Ferien mit dieser grausamen Nervensäge überleben soll.«

Kim und Franzi wechselten einen kurzen Blick. Sie nickten sich unmerklich zu. Dann sagte Kim feierlich: »Vielleicht gibt es in diesem Fall eine ganz naheliegende Lösung.«

Marie sah ihre Freundinnen verzweifelt an. »Da fällt mir leider nichts ein. Wenn unser Familienrat einmal etwas beschlossen hat, dann ist daran nichts mehr zu ändern. Ich kann eigentlich nur noch mein Testament machen: Für den Fall, dass ich an abgequasselten Ohren qualvoll zugrunde gehe, halte ich fest, dass Lina Beckmann kein einziges Stück aus meinem Kleiderschrank erhalten soll!«

Kim musste grinsen. Marie hatte wirklich viel vom großen Schauspieltalent ihres Vaters geerbt.

»Nun«, sagte Franzi, »du musst es ja nicht so weit kommen lassen.«

»Du meinst, ich soll Lina vorher erwürgen?«

»Wir denken eher an eine nicht strafbare Handlung«, antwortete Kim. »Franzi und ich könnten mit ins Gruselkabinett in der Pampa kommen, um dich im Fall der grausamen Nervensäge zu unterstützen. Wie fändest du das?«

Marie machte große Augen. »Das würdet ihr für mich tun?«

»Klar!«, riefen Kim und Franzi wie aus einem Mund.

Marie strahlte. »Ihr seid meine Rettung!« Sie umarmte ihre beiden Freundinnen gleichzeitig.

»Ihr habt mich auch schon mal gerettet«, sagte Kim und lächelte. »Erinnert ihr euch? Ihr seid damals mit auf den Ausflug zur alten Mühle am See zum Geburtstag meiner Brüder gekommen. Das werde ich euch nie vergessen!«

»Die Autofahrt mit den beiden Quälgeistern werde ich auch nie vergessen«, murmelte Franzi. »So viel Blödsinn kann Lina gar nicht machen.«

»Warten wir es ab«, gab Marie zu bedenken.

Kim nahm den Laptop erneut auf ihre Knie. »Lasst uns mal ansehen, wohin es uns verschlagen wird.« Sie klickte das Troll-Game weg und übersah gelassen die belustigten Blicke ihrer Freundinnen. »Wie heißt das Museum denn?«

»Keine Ahnung. Ich habe nicht richtig zugehört, als Tessa davon erzählt hat.« Marie zuckte mit den Schultern. »Irgendetwas mit ›Wald erleben‹. Der Name von Tessas Freundin ist jedenfalls Ina. Ina Westphal, glaube ich.«

Kim tippte die Stichworte in die Suchmaschine ein. »Da ist es: Projekt NaturAbenteuerWald«, las sie vor. »Und hier ist ein Interview mit Ina. Genau genommen mit ›Prof. Dr. Ina Westphal‹, Paläontologin und Leiterin des Naturkundemuseums mit angeschlossenem Natur-Projekt.« Sie pfiff anerkennend. »Das Museum ist vor fast 50 Jahren von dem privaten Sammler Hugo Westphal gegründet worden. Nach seinem Tod hat der Sohn Benedikt die Leitung übernommen. Und nach dessen frühem Tod vor fünf Jahren die Ehefrau – Ina Westphal.«

Marie sah über Kims Schulter. »Das scheint ja eine ziemlich große Sache zu sein, ein richtiges touristisches Highlight«, staunte sie. »Guckt mal, der alte, verstaubte Kasten wird seit letztem Jahr richtig chic renoviert! Da sind Bilder.«

Sie quetschten sich zu dritt vor den Bildschirm. Kim scrollte durch die Fotoshow.

»Das sieht nicht schlecht aus«, fand Franzi. »Es gibt einen Baumwipfelpfad mit Klettermöglichkeiten in vier Schwierigkeitsgraden. Und sie bieten Geocaching-Touren an. Das wollte ich schon lange mal ausprobieren.«

»Klingt gut«, stimmte ihr Kim zu. »Die Fossilienausstellung sieht aber auch interessant aus.«

»Wirklich sehr interessant!« Marie deutete auf ein Foto, auf dem ein junger Mann eine faustgroße versteinerte Muschel hochhielt. »Süß!«

»Du findest die süß?« Kim las die Bildunterschrift vor: »›Myophoria orbicularis. Zumeist in den oberen Schichten des Wellenkalkes zu finden.‹« Sie zuckte mit den Schultern. »Wenn du meinst.«

Marie verdrehte die Augen. »Ich meine den Jungen! Er sieht ein bisschen so aus wie … dieser hübsche Luca aus Venedig.« Sie stockte kurz und ihre Augen verdunkelten sich. Dann seufzte sie. »Oder vielmehr: wie Holger!« Maries Wangen nahmen eine zartrosa Tönung an. »Ja! Er hat seine dunkelbraunen Augen mit diesem samtenen Glanz, und die Grübchen, hach …« Sie ließ sich mit verträumtem Blick auf Kims Bett zurücksinken. »Nachher rufe ich gleich Holger an!«

»Seid ihr jetzt wieder zusammen?«, fragte Kim neugierig. Marie und Holger waren sehr lange ein Paar gewesen, bevor die Beziehung, zermürbt durch die vielen Kilometer, die zwischen ihren Wohnorten lagen, auseinandergebrochen war. Seit einiger Zeit schien es jedoch wieder eine Annäherung zu geben. Gerade nach dem Venedigfall war Marie auffallend oft mit Holger unterwegs gewesen …

»Ich weiß nicht, ob man das so sagen kann. Wir haben einfach festgestellt, dass uns etwas ganz Besonderes verbindet. Wenn wir zusammen sind, ist alles so leicht und unbeschwert. Wir haben beschlossen, nicht darüber zu sprechen, ob wir jetzt wieder ein Paar sind oder nicht. Wir genießen es einfach, wenn wir Zeit miteinander verbringen können. Fertig.«

»Wow.« Kim fehlten die Worte. Ihre Freundin schien das perfekte Rezept für eine gelungene, entspannte Beziehung mit dem Exfreund gefunden zu haben. Vielleicht konnte sie sich davon eine Scheibe abschneiden. Kim hatte sich von ihrer großen Liebe Michi getrennt, weil sie sich ihrer Meinung nach zu weit auseinanderentwickelt hatten. Die härteste Phase des Getrenntseins hatte sie mittlerweile überstanden. Dennoch spürte sie immer wieder Sehnsucht. Hatte sie eine falsche Entscheidung gefällt? Nein. Sie hatte sicher alles richtig gemacht. Vielleicht würde auch sie sich eines Tages ganz entspannt mit ihrem Exfreund treffen …

»Hast du Michi eigentlich mal wieder gesehen?«, wollte Marie prompt wissen.

»Ähm«, machte Kim. Sie biss sich kurz auf die Unterlippe. »Das ist kein so gutes Thema.«

Marie sah sie erschrocken an. »Sorry!«

»Ist schon o. k.«, murmelte Kim.

»Wenn du jemanden zum Reden brauchst, bin ich jederzeit für dich da, das weißt du, Kim?«

Auch Franzi nickte heftig. »Das Gleiche gilt für mich.«

»Danke.« Kim lächelte jetzt wieder. »Ihr seid echt lieb!« Sie fuhr das Notebook herunter. »Aber jetzt freue ich mich erst mal darauf, mit euch ein paar Tage im NaturAbenteuerWald zu verbringen. Wann geht es los?«

Bevor Marie antworten konnte, erklang die Melodie der Vorabendserie Vorstadtwache. Franzi eilte zu ihrem Rucksack, den sie neben der Tür abgelegt hatte. Sie zog ihr Handy aus der Seitentasche. »Das ist Felipe«, hauchte sie nach einem Blick auf das Display. Franzi hatte den Jungen vor einiger Zeit bei einem Fall kennengelernt. Zwischen dem süßen Halbmexikaner und ihr hatte es mächtig gefunkt und sie waren schnell ein Paar geworden. Jetzt waren sie eine gefühlte Ewigkeit zusammen – und immer noch hatte Franzi Schmetterlinge im Bauch, wenn sie auch nur an Felipe dachte.

»¡Hola, querido!«, flötete sie ins Handy. Marie stupste Kim in die Seite. »Das heißt bestimmt Hallo, Schnubbibärchen!« Augenblicklich prusteten die beiden Mädchen los. Franzi wandte ihnen den Rücken zu. Sie presste das Handy fester ans Ohr. »Felipe, was sagst du? Entschuldige, aber ich bin hier gerade mit zwei Hühnern eingesperrt, die erst mal erwachsen werden müssen. Was –« Franzi bedeutete ihren Freundinnen leiser zu sein. »Wie bitte?« Franzis Stimme zitterte. Kim und Marie verstummten.

»Das klingt ja furchtbar! Wie ist das passiert? Wie geht es dir und Michi?«

Kim riss entsetzt die Augen auf. »Was ist mit Michi?«, flüsterte sie.

Feuerwerk der Gefühle

Kaum hatte Franzi das Gespräch beendet und ihr Handy in der Hosentasche verstaut, hing Kim an ihrem Arm. »Was ist los?«, fragte sie hektisch. »Was ist mit Michi?«

Franzi seufzte. »Felipe und Michi hatten einen kleinen, dummen Brandunfall. Glücklicherweise ist nichts Ernsthaftes passiert. Es klang zunächst viel schlimmer, als es ist. Sie waren gerade beim Arzt. Felipe hat angerufen, weil wir heute Abend zum Schwimmen verabredet waren. Er hat jetzt einen Verband an der Hand und kann nicht ins Wasser. Deshalb wollte er mich fragen, ob ich Lust hätte, ins Kino zu gehen. Michi geht es übrigens auch gut.«

»Brandunfall?«, rief Kim. »Wieso hatten die beiden einen Brandunfall?« Sie atmete stoßweise. »Wie geht es Michi?«

»Beruhige dich.« Franzi fasste Kim am Arm. »Felipe hat ein paar Brandblasen an den Fingern und Michi ein leicht angesengtes Ohrläppchen. Dank Schutzkleidung ist nichts Schlimmeres passiert.«

»Schutzkleidung? Was um Himmels willen haben die beiden gemacht?«, stieß Kim hervor.

»Sie haben an pyrotechnischen Spezialeffekten für Magos Zaubershow gefeilt.«

»Pyrowas?!« Kims Gesichtsfarbe wechselte von Kalkweiß zu Tomatenrot. »Verdammt noch mal, Franzi, lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen! Was war los?«

»Pyrotechnik. Feuerwerk eben.« Franzi holte tief Luft. »Sag bloß, du weißt nichts davon? Felipe und Michi haben sich