Die drei !!!, Verdacht auf dem Reiterhof (drei Ausrufezeichen) - Julie Bender - E-Book

Die drei !!!, Verdacht auf dem Reiterhof (drei Ausrufezeichen) E-Book

Julie Bender

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Beschreibung

Franzis Freude ist groß, als ganz in der Nähe ein neuer Reiterhof die Tore öffnet. Doch bald stellt sich heraus, dass dort etwas nicht stimmt. Die drei Detektivinnen starten ihre Ermittlungen zwischen Heu und Hufen. Und damit nicht genug, denn dieser spannende Krimi enthält ein tolles Extra: jede Menge Infos zum Thema Pferde und Reiten! In jedem der 15 Kapitel gibt es eine Doppelseite mit Sachwissen, z.B. über Pferdepflege und Füttern, Ausrüstung, Pferdesprache oder Berufe rund ums Pferd, dazu interessante Fun-Facts und super Profi-Tipps von Pferdeexpertin Franzi – alles illustriert mit vielen farbigen Zeichnungen und Fotos.

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Seitenzahl: 209

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Verdacht auf dem Reiterhof

Julie Bender

Mit Illustrationen von Andrea Jansen

KOSMOS

Haftungsausschluss: Alle Angaben in diesem Buch erfolgen nach bestem Wissen und Gewissen. Sorgfalt bei der Umsetzung ist indes dennoch geboten. Der Verlag und die Autorin übernehmen keinerlei Haftung für Personen-, Sach- oder Vermögensschäden, die aus der Anwendung der vorgestellten Materialien und Methoden entstehen können.

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Umschlagsabbildung: © Andrea Jansen

© 2023, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG

Pfizerstraße 5–7, 70184 Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-440-50709-4

E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

EINE MUTIGE ENTSCHEIDUNG

»Hallo, Kim, hallo, Marie! Ich bin mit Tinka hier hinten!« Franzi hob eine Hand, während sie mit der Bürste in der anderen weiter das Fell ihres Ponys bearbeitete. Sie war mit ihren Freundinnen zu einem ihrer regelmäßigen Detektivclubtreffen verabredet. Für diese Zusammenkünfte benutzten die drei !!! normalerweise einen ausgedienten alten Pferdeschuppen auf dem Hof von Franzis Eltern. An diesem Frühsommertag, einen knappen Monat vor Beginn der Sommerferien, war es aber so warm, dass Kim Jülich, Franzi Winkler und Marie Grevenbroich beschlossen hatten, ihr Treffen nicht im geheimen Hauptquartier abzuhalten. Stattdessen wollten sie lieber baden gehen. Die drei Detektivinnen hatten zurzeit ohnehin keinen Fall und daher nicht besonders viel zu besprechen.

Franzi wischte sich mit ihrer vom Striegeln und Bürsten staubigen Hand über die verschwitzte Stirn, was dort einen grauen Streifen hinterließ.

»Hi, Franzi!« Kim und Marie lehnten ihre Fahrräder an den Weidezaun.

»Bist du heute schon mit Tinka ausgeritten?«, fragte Kim und hielt Franzis Pferd zur Begrüßung ihren Handrücken hin.

Das schwarze New-Forest-Pony erwiderte den Gruß, indem es kurz Kims Hand berührte und daran schnupperte.

Dass sich Pferde untereinander Nase an Nase begrüßen, hatte Kim von Franzi gelernt. Die ritt schon seit einigen Jahren und kannte sich deswegen ziemlich gut mit Pferden aus.

»Ja, wir sind vor einer halben Stunde zurückgekommen, und seitdem bearbeite ich Tinkas Fell«, erklärte Franzi. »Paul repariert gerade den Zaun ihrer Weide. Währenddessen kann Tinka dort sowieso nicht herumlaufen, sonst reißt sie in ihrem Übermut vielleicht noch aus.« Franzi zeigte auf den hinteren Teil der umzäunten Koppel. Dort war Paul, ein ehemaliger Praktikant der Tierarztpraxis von Franzis Vater, damit beschäftigt, neue Zaunlatten anzubringen. Die alten, verrotteten hatte er vorher abgenommen. Paul machte in diesem Jahr sein Abitur und half gelegentlich auf dem Winklerhof aus, um sich ein wenig Geld zu verdienen. Wenn er mit der Schule fertig war, wollte er studieren, um später ebenfalls Tierarzt zu werden.

»Hey, Kim, hey, Marie!«, rief er fröhlich herüber und konzentrierte sich dann wieder auf seine Arbeit.

»Weil es so trocken ist, sind die Wege alle total staubig«, sagte Franzi und strich mit der Bürste noch zweimal kurz über Tinkas Flanke. »Deshalb war das Fell viel dreckiger als sonst.«

»Allein schon deshalb wäre der Reitsport nichts für mich!«, verkündete Marie, ließ Tinka aber ebenfalls zur Begrüßung an ihrer Hand schnuppern.

Franzi zuckte mit den Schultern. »Bei der Pferdepflege wird man nun einmal häufig schmutzig«, meinte sie. »Dafür ist Reiten aber auch die tollste Sache der Welt!« Strahlend sah sie ihre beiden Freundinnen an. »Und außerdem können Pferd und Reiter es auch beim Putzen genießen, zusammen zu sein.«

Als ob das Pony jedes ihrer Worte verstanden hätte, drehte Tinka den Kopf herum und legte ihn als Beweis ihrer Zuneigung kurz auf Franzis Schulter. Im Gegenzug rubbelte Franzi liebevoll Tinkas Stirn. Dann schubberte sie sich selbst mit dem Handgelenk über ihre verschwitzte Wange und hinterließ dort einen weiteren staubigen grauen Fleck.

»Man sieht, dass du dir total viel Mühe gegeben hast«, sagte Marie, »dein Pferd sieht toll aus!« Ihr Blick glitt bewundernd über Tinkas Fell, das nach Franzis ausgiebiger Pflege schwarz glänzend schimmerte. Dann blickte Marie ihre Freundin an und musterte sie ebenfalls. »Von dir kann man das allerdings nicht gerade behaupten.«

Franzi legte ihr Werkzeug in die Putzkiste und sah grinsend an sich hinunter. Von den Flecken auf ihrer Stirn und der Wange hatte sie zwar noch nichts mitbekommen, wusste aber wegen ihrer total verstaubten, ehemals schwarzen Stiefel, der abgewetzten Reithose und dem verwaschenen T-Shirt auch so, was Marie meinte.

»Falls ich auch mal etwas dazu sagen darf …«, meldete sich Kim nun zu Wort und nahm den benutzten Striegel aus der Putzkiste. »Ich finde, ein bisschen Schmutz würde dir zur Abwechslung auch ganz gut stehen!« Bei diesen Worten fuhr Kim mit ihrem Zeigefinger über die Rückseite des Striegels und malte dann zügig einen kleinen staubig-schwarzen Strich auf Maries Nase.

»Das ist nicht witzig!«, schimpfte Marie, musste aber viel zu sehr lachen, als dass sie ihre gespielte Entrüstung lange durchgehalten hätte.

Kim und Franzi kicherten ebenfalls, während Marie ein Taschentuch aus ihrer Umhängetasche zog und sich die Nase sauber wischte.

»Ich brauche tatsächlich eine neue Reithose«, erklärte Franzi. »Meine alte ist nämlich schon ziemlich hinüber.«

»Oh ja, lasst uns gleich mal im Internet nach einer gucken!« Marie zückte bereits ihr Smartphone.

Kim seufzte und verdrehte dabei die Augen. »Da weder Pferde noch Klamotten meine Welt sind, werde ich lieber dem armen Paul etwas helfen.« Sie nickte in Richtung Weide, wo Paul gerade einen Schluck aus seiner Wasserflasche nahm. Dabei betrachtete er den Haufen Zaunlatten, den er noch anbringen musste.

»Tu das«, meinte Marie. »Je eher Tinka wieder auf ihre Weide kann, umso eher können wir drei zum Baden fahren!«

»Lass dir aber von Marie keine rosa Reitkappe oder Handschuhe mit irgendeinem Glitzer-Design andrehen!«, sagte Kim grinsend zu Franzi. Dann schlenderte sie zu Paul hinüber.

»Ich glaube, das kriege ich hin«, rief Franzi ihr lachend hinterher. Zärtlich strich sie Tinka über den Hals. »Du musst hier noch eine Weile angebunden stehen bleiben, meine Süße. Sobald Paul den Zaun fertig repariert hat, kannst du wieder auf deine Koppel. In der Zwischenzeit darfst du ein bisschen von deinem Lieblingssnack knabbern!« Franzi legte ihrem Pony eine Handvoll Karotten hin. Während Tinka damit begann, friedlich, aber geräuschvoll die Karotten zu verputzen, holte Franzi eine alte Wolldecke aus dem Hauptquartier der drei !!!. »Hier, die kannst du ja schon mal ausbreiten«, sagte sie zu Marie und reichte ihr die Decke. »Ich räume noch schnell auf und hole Tinka einen Eimer frisches Wasser. Bei dieser Hitze brauchen Pferde viel mehr zu trinken als sonst.«

»Genauso wie ich!« Marie nahm die Decke entgegen und platzierte sie auf dem Grasstreifen neben dem Weidezaun, im Schatten der großen Eiche. »Haben wir noch etwas zu trinken im Hauptquartier?«

»Nein, aber meine Mutter hat vorhin frische Johannisbeerschorle gemacht«, meinte Franzi. »Ich gehe uns mal welche davon holen.«

Wenige Minuten später kam Franzi mit der Fruchtschorle zurück. Marie hatte sich bereits einige Internetseiten mit Reitklamotten angesehen. »Brauchst du wirklich nur eine Hose?«, fragte sie. »Es gibt auch noch jede Menge andere schicke Sachen. Die hier zum Beispiel!« Sie zeigte Franzi eine cremefarbene, gesteppte Reiterweste.

»Die ist viel zu hell«, meinte Franzi und schenkte ihnen beiden ein Glas Johannisbeerschorle ein. »Auf der sieht man ja jeden Schmutzfleck.« Franzi setzte sich neben Marie auf die Decke. »Bei Reitkleidung geht es ja außer um Sicherheit hauptsächlich darum, dass sie beim Reiten und beim Umgang mit dem Pferd praktisch ist«, erklärte sie.

»Heißt das etwa, diese Stiefel hier sind auch nichts?«, fragte Marie enttäuscht. Die Westernstiefel, auf die sie deutete, waren aufwendig mit roten und braunen Nähten verziert und sollten ein halbes Vermögen kosten.

»Doch, die eignen sich prima zum Reiten«, räumte Franzi ein. »Aber guck mal, was die kosten. Die sind viel zu teuer!«

»Schade.« Marie zog das Bild größer. »Dieser Cowgirl-Look sähe an dir bestimmt klasse aus!«

»Jetzt lass uns lieber mal nach Reithosen gucken«, drängte Franzi. »Und dann muss ich mich wieder um Tinka kümmern. Die wird schon unruhig, weil sie nicht daran gewöhnt ist, so lange irgendwo angebunden zu sein.«

Bei den Hosen hatten sich die beiden Mädchen schnell geeinigt und ein paar zur Auswahl gefunden.

Tinka dagegen hatte an Modefragen offenbar ähnlich wenig Interesse wie Kim. Sie trat wiederholt einen Schritt vor und wieder zurück und zerrte an dem Strick, mit dem sie an einer Zaunlatte angebunden war.

Franzi erhob sich und sprach beruhigend auf ihr Pony ein. Sie streichelte Tinka über die Brust und kraulte sie auf der Stirn, wo sie es besonders gerne mochte. Bereitwillig gab Tinka ihr die Schmuseeinheit zurück, indem sie Franzi ausgiebig an der Schulter beknabberte.

Marie bemerkte Franzis von den Pferdelippen durchgefeuchtetes T-Shirt und seufzte ergeben. Dann schenkte sie sich noch ein Glas von der Johannisbeerschorle ein und sagte: »Wollen wir unsere beiden fleißigen Zaunbauer nicht fragen, ob sie auch etwas von der Schorle möchten? Die Eiswürfel, die du vorhin hineingetan hast, sind zwar schon geschmolzen, aber sie ist trotzdem immer noch schön kalt.«

»Gute Idee!« Franzi kraulte Tinka noch einmal kurz an der Stirn, dann kletterte sie zwischen zwei Zaunlatten hindurch und lief auf Kim und Paul zu.

»Das meiste haben wir schon geschafft«, erklärte Paul und richtete sich auf.

Kim drehte sich ebenfalls zu Franzi um. »Es fehlen nur noch fünf der oberen Zaunlatten«, ergänzte sie.

»Ich würde Tinka gerne so bald wie möglich wieder auf die Koppel lassen«, sagte Franzi und sah hinüber zu ihrem Pony, das mit traurigem Blick unter der Eiche stand. »Wollt ihr die letzten Latten schnell noch anbringen, bevor ihr zu uns in den Schatten kommt?«

Paul legte seinen Hammer auf einen der Zaunpfosten. »Die zu befestigen wird noch eine Weile dauern«, erwiderte er. »Ich würde mich, ehrlich gesagt, lieber erst einmal ein bisschen ausruhen.«

»Ich auch«, meinte Kim. »Die Latten sind ganz schön schwer.«

»Na gut.« Jetzt stand Franzi fast genauso bekümmert da wie Tinka.

»Hm … ich hätte da eine Idee.« Paul wies auf das Stück Zaun, bei dem bisher nur die unteren Latten angebracht waren. »Wir könnten die noch fehlenden Latten erst einmal lose oben auf die Pfosten legen«, meinte er. »Da sie recht schwer sind, fallen sie von allein nicht herunter.«

»Und wenn Tinka dagegenkommt?«, fragte Kim.

»Falls sie sich mit ihrem Körper richtig dagegenstemmen würde, könnte sie die Latten von den Pfosten schieben.« Paul kratzte sich am Kopf. »Dann wäre es theoretisch ein Leichtes für sie, über die unteren drüberzuspringen. Die Frage ist, ob sie das machen würde.«

»Ich denke, dass Tinka aus lauter Freude darüber, dass sie sich wieder bewegen darf, erst einmal über die Weide toben wird«, sagte Franzi. »Und wenn sie genug davon hat, wird sie sich wahrscheinlich in unsere Nähe stellen und grasen. Schließlich mag Tinka gerne Gesellschaft. Aber sicher bin ich mir nicht.«

»So lange dauert unsere Pause ja nicht«, ermunterte Paul Franzi. »Während der kurzen Zeit wird schon nichts passieren. Ich kenne Tinka doch auch, sie ist ein braves Pony.«

Franzi zögerte immer noch. Aber schließlich gab der Anblick ihres traurigen Lieblings den Ausschlag. »Okay, so machen wir’s«, verkündete sie. Dann lief sie lächelnd zu Tinka hinüber, um sie auf die Weide zu holen. 

PFERDESPRACHE

Sprechen ohne Worte

© Andrea Jansen/Kosmos

Ein Pferd kann zwar nicht reden, zeigt dir aber durch seine Körpersprache, was es denkt und fühlt. Diese »Pferdesprache« kannst du üben und auf diese Weise eine noch bessere Freundschaft zu deinem Pferd aufbauen.

Bei der Arbeit mit einem Pferd ist es wichtig, dass du Ruhe ausstrahlst und ihm dadurch vermittelst, dass es sich in Sicherheit befindet (Fluchttiere denken nämlich meistens, sie seien nicht in Sicherheit). Nur, wenn dein Pferd nicht ständig die Umgebung sichern muss, kann es sich ganz auf dich konzentrieren. So lernt es am besten.

Ohrenzeichen

© Horst Streitferdt/Kosmos

Auch mit ihren Ohren zeigen Pferde an, in welcher Stimmung sie sind. Gespitzte Ohren zeigen Interesse. Legen sie die Ohren sehr weit nach hinten, deutet dies auf eine große Anspannung und Abwehr hin. Nur leicht nach hinten gestellte Ohren dagegen sind ein Zeichen dafür, dass sich dein Pferd gerade auf etwas besonders stark konzentriert.

Fun Fact

»Ich kann deinen Namen wiehern!«

Grundsätzlich sind Pferde eher schweigsame Zeitgenossen. Wenn sie wiehern, dann zumeist, weil sie nach Gesellschaft rufen oder ein Herdenmitglied begrüßen. Dabei erhält jeder Begrüßte sein ganz eigenes Wiehern. Es unterscheidet sich in Ausdruck und Tonlage von dem Wiehern, mit dem andere begrüßt werden. Wenn dein Pferd also nach dir wiehert, bedeutet dies nicht nur, dass es dich genau kennt und mag, sondern auch, dass es dir einen eigenen »Wieher-Namen« gegeben hat.

Franzis Profi-Tipp

Zur Begrüßung berühren oder beschnuppern Pferde einander kurz an der Nase. Damit auch du deinem Pferd »Hallo« sagen kannst, hältst du ihm mit nur leicht angewinkeltem Arm deine nach unten halb geschlossene Hand hin. In dieser Stellung ähnelt sie einer Pferdenase und animiert das Pferd, sich ihr für eine kurze Begrüßung zu nähern.

EIN UNBEKANNTES FLUGOBJEKT

»Sehr lecker, die Schorle!« Paul fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Nach der Plackerei mit den Zaunlatten tut eine kleine Pause im Schatten echt gut.«

Zu viert hockten sie auf der Decke und ließen sich sowohl das Getränk als auch die Kekse schmecken, die Franzi noch schnell aus dem Hofcafé ihrer Mutter geholt hatte. Tinka war tatsächlich eine Weile fröhlich kreuz und quer über die Weide getobt und stand jetzt, wie von Franzi vermutet, nicht weit von ihnen entfernt und graste.

Kim nahm sich noch von dem Gebäck. »Die Keksche schind aber auch megaklasche«, nuschelte sie mit vollem Mund.

Marie zeigte auf das ein paar Meter entfernte Weidegatter. »Das Hufeisen da am Gatter hing sonst noch nicht da, oder?«, wollte sie von Franzi wissen. »Es ist mir erst vorhin aufgefallen, als ihr alle hinten auf der Koppel wart.«

»Gestern war der Hufschmied hier und hat bei Tinka die Eisen ausgetauscht«, berichtete Franzi. »Viele Pferdehalter hängen gebrauchte Hufeisen auf, weil sie Glück bringen sollen. Wenn man ein Hufeisen irgendwo mit der Öffnung nach oben anbringt, fällt das Glück direkt hinein!«

»Du und Tinka, ihr seid doch schon glücklich miteinander«, meinte Kim. »Das erkenne sogar ich, obwohl ich von Pferden keine Ahnung habe.«

Franzi lächelte. »Stimmt«, bestätigte sie. »Aber ein bisschen zusätzliches Glück kann ja nicht schaden, dachte ich.«

»Ich find’s gut«, erklärte Marie, die eine besondere Vorliebe für Glücksbringer aller Art hatte.

Paul blickte in den Himmel über dem Feld, das hinter Tinkas Weide lag. »Glaubt ihr eigentlich an Ufos?«, fragte er. »Oder was ist das dahinten?«

Die drei !!! sahen überrascht nach oben und suchten den strahlend blauen Himmel ab.

Marie kniff ihre Augen zusammen. »Ich seh nichts«, sagte sie.

»Ich auch nicht.« Franzi lauschte. »Aber dafür höre ich etwas. Irgendein eigenartiges Surren.«

»Da spielen zwei Jungs mit einer Drohne«, klärte Kim die anderen auf. »Die habe ich vorhin schon bemerkt.«

»Also doch kein Ufo!«, sagte Paul lachend.

»Jetzt sehe ich die Jungen auch.« Marie war aufgestanden. »Sie stehen dahinten am Wald. Sieht so aus, als wären sie ein bisschen jünger als wir.«

»Vielleicht gehören die zu unseren neuen Nachbarn«, meinte Franzi. »Ich habe sie schon ein paar Mal am Waldrand herumstreunen sehen.«

»Hat sich die Familie denn noch gar nicht vorgestellt?«, fragte Kim. »Das tut man auf dem Land als neue Nachbarn doch eigentlich, oder?«

»Normalerweise schon«, erwiderte Franzi. »Aber bei denen hier bin ich nicht sicher, ob die das machen werden.«

»Warum denn nicht?«, fragte Marie erstaunt.

»Sie scheinen keinen Wert auf Kontakt zu legen.« Franzi hatte sich nun ebenfalls erhoben. »Ihr Garten grenzt direkt an den Wald. Dort gibt es einen Weg, den ich manchmal entlangreite. An den Bäumen, die auf ihrem Grundstück nah am Zaun stehen, sind überall Kameras installiert. Und vorne auf der Straße habe ich schon gesehen, dass manchmal riesige Autos mit abgedunkelten Scheiben aufs Grundstück fahren oder von dort kommen.«

»Das hört sich ja ziemlich geheimnisvoll an«, meinte Paul.

»Vielleicht wollen die beiden Jungen mit der Drohne die Umgebung ausspionieren!«, mutmaßte Kim.

»Ich glaube, jetzt geht deine Detektivinnen-Fantasie mit dir durch!« Marie lachte. »Das sind doch nur harmlose Jungs.«

»Auf jeden Fall sind sie näher gekommen«, erklärte Kim. »Nun stehen sie mitten auf dem Feld.«

»Und da ist ihre Drohne!« Marie wies auf einen dunklen Fleck am Himmel.

Das Fluggerät bewegte sich mal hierhin und mal dorthin, je nachdem, in welche Richtung es über die Fernbedienung gelenkt wurde. Als es näher an den Winklerhof herankam, wurde das Surren lauter.

»Das klingt ja richtig bedrohlich«, meinte Kim.

»Ja, die Dinger haben eine unangenehme Frequenz«, bestätigte Paul, der erneut zu den Keksen griff. »Aber ansonsten sind solche Drohnen ziemlich sicher. Eigentlich kann sie fast jeder bedienen.«

»Tinka macht die Drohne jedenfalls nervös.« Franzi blickte besorgt zu ihrer Ponystute hinüber. »Seht mal, wie sie ihre Ohren aufgestellt hat und suchend hin und her dreht. Das Geräusch scheint sie zu verunsichern. Und vielleicht auch die ungewohnten Bewegungen am Himmel. Ich gehe mal zu ihr, um sie zu beruhigen.«

Als Franzi zurückkam – die Drohne schwirrte jetzt wieder am Waldrand herum – erzählte Paul gerade davon, was seinem Freund Finn und dessen Pferd einmal passiert war. Tinka graste mittlerweile wieder gelassen ein paar Meter von ihnen entfernt.

»Bei Pferden muss man aufpassen, dass man mit ihnen nicht in Situationen gerät, in denen sie plötzlich große Angst bekommen und deshalb scheuen«, sagte er. »Finn und sein Trakehner Dolomit, zum Beispiel, sind normalerweise ein super Team. Gemeinsam haben sie sogar schon zahlreiche Preise auf Turnieren gewonnen. Aber dann gab es einen Zwischenfall auf einer Straße, an der Finn mit Dolomit entlangritt.«

»Was ist denn passiert?«, wollte Franzi besorgt wissen.

»Die Straße war nur wenig befahren«, erzählte Paul weiter. »Und eigentlich gab es genügend Platz, sowohl für die Autos als auch für Reiter und Pferd. Aber ein Wagen ist trotzdem ganz nah an Finn und Dolomit vorbeigerast. Dabei hat sich der Trakehner dermaßen erschrocken, dass er durchgegangen ist. Das Schlimmste aber war, dass er nach dem Vorfall noch Monate später bei jedem Motorengeräusch, das er hörte, zu zittern anfing. Sogar dann, wenn er im Reitstall in seiner Box stand und ein Auto nur im Schritttempo auf den Hof getuckert kam.«

»Wie entsetzlich!« Franzi legte erschrocken die Hände an den Mund.

»Und was hat Finn dagegen unternommen?«, fragte Marie.

»Er und Dolomit waren zusammen bei einem Pferdeflüsterer.« Paul lehnte sich zurück und schob sich noch einen Keks in den Mund. Offensichtlich genoss er die Aufmerksamkeit, die er mit dieser Information von den Mädchen erhielt.

»Bei einem Pferdeflüsterer?«, hauchte Franzi ehrfurchtsvoll.

»Ist dieses Pferdegeflüstere nicht alles nur Blödsinn?« Kim, die ein Fan von Fakten und Beweisen war, runzelte ihre Brauen. »Tiere mit Worten zu berieseln oder irgendwelche magischen Zauberformeln zu sprechen, hat doch mit echter Heilkunst eher wenig zu tun, oder?«

»So ähnlich habe ich zuerst auch gedacht.« Paul spülte den letzten Keks mit einem großen Schluck Johannisbeerschorle hinunter. »Aber seitdem sie dort waren, ist Dolomit wieder ganz der Alte.«

»Vielleicht wäre das ohne den Besuch bei diesem Pferde-Guru auch so gekommen.« Kim war immer noch skeptisch.

»Eher nicht«, erwiderte Paul. »Wenn ein Pferd einen schlimmen Vorfall erlebt, schüttelt es das nicht einfach so wieder ab. Es muss gezielt behandelt werden, ansonsten bleibt das Problem für immer. Das hat dein Vater mir mal erklärt, Franzi.«

»Wie schön, dass Tinka ein total ausgelassenes und fröhliches Pony ist!«, meinte Marie.

»Stimmt, daher brauchen sie und Franzi so etwas wie einen Pferdeflüsterer zum Glück nicht«, ergänzte Kim.

»Momentan wirkt Tinka aber gar nicht gelassen«, bemerkte Franzi beunruhigt.

Das Pony stand jetzt mit angespannten Muskeln und aufmerksam gespitzten Ohren am anderen Ende der Weide.

»Kein Wunder, die Drohne ist jetzt viel näher als vorhin.« Paul setzte sich aufrecht hin.

Das Fluggerät surrte zwar immer noch über dem Feld hin und her, mittlerweile allerdings ziemlich nahe am Weidezaun. Außerdem flog es nun erheblich niedriger. Auch das unangenehme Geräusch war deutlich lauter geworden. Es glich nun eher einem zornigen Kreischen.

»Klingt, als sei mit dem Ding etwas nicht in Ordnung«, meinte Kim und richtete sich ebenfalls auf.

»Was soll denn das jetzt?« Franzi war aufgesprungen und folgte der Drohne mit ihrem Blick. Das Gerät hatte nämlich plötzlich angefangen, in einem wilden Zickzack über Tinkas Weide zu düsen.

»Guckt mal!« Kim deutete auf die beiden Jungen. »Die sehen so aus, als hätten sie Schwierigkeiten.«

Die drei !!! konnten erkennen, dass der eine Junge wie verrückt an den Hebeln der Fernbedienung herumschaltete. Der andere redete auf ihn ein und versuchte, ihm die Steuerung aus der Hand zu nehmen.

In geringer Höhe vollführte die Drohne weitere unkontrollierte Hüpfer über der Weide.

Tinka lief verschreckt am hinteren Koppelzaun hin und her, genau dort, wo die fünf restlichen Zaunlatten lose auf den Holzpfosten lagen. Sie wieherte ängstlich.

Paul war ebenfalls aufgesprungen. »Ich laufe rüber zu den Jungs, vielleicht kann ich ihnen helfen!«, rief er und rannte bereits los in Richtung Feld.

Franzi dagegen war schon auf der Weide und lief auf Tinka zu. Kim und Marie folgten ihr. Als sie noch etwa zwanzig Meter von ihrem Pony entfernt war, bremste Franzi ab und zwang sich dazu, langsam zu gehen. »Ich muss gemächlich auf Tinka zukommen und Ruhe ausstrahlen!«, rief sie ihren Freundinnen zu. »Sonst merkt Tinka, dass ich auch Angst habe, und dann wird es für sie noch schlimmer. Ihr beide bleibt am besten hier stehen.«

Nach fünf weiteren Schritten musste sich Franzi plötzlich ducken. Mit einem heiseren Kreischen sauste die Drohne direkt über ihren Kopf hinweg.

Franzi hatte Tinka jetzt fast erreicht. Das Pony stand zitternd und mit angstvoll aufgerissenen Augen direkt am Zaun. »Gaaanz ruhig, Tinka«, sagte Franzi, merkte aber selbst, dass ihre Stimme dabei leicht wackelte. »Ich bringe dich gleich in Sicherheit!«

Bedächtig hob Franzi ihren Handrücken, um ihr Pferd daran schnuppern zu lassen, so, wie sie es immer tat. Ihr fiel ein, dass sie kein Halfter dabeihatte, welches sie Tinka hätte anlegen können, um sie aus der Gefahrenzone zu bringen. Aber Tinka, die Franzi als ranghöheres Herdenmitglied akzeptierte, folgte ihr normalerweise auch so.

Doch in diesem Moment war nichts normal und Franzi viel aufgeregter als sonst.

Entgegen ihrem üblichen Verhalten Franzi gegenüber wich Tinka zurück. Dabei drückte sie mit ihrem Hinterteil gegen eine der lose aufgelegten Zaunlatten. Die Latte krachte polternd herunter.

Aus dem Augenwinkel sah Franzi, dass sich ihre beiden Freundinnen von der Seite her vorsichtig dem Zaun näherten. Vermutlich wollten sie verhindern, dass weitere Latten herunterfielen und die Lücke im Zaun dadurch noch größer würde. Dann hätte Tinka nämlich die Möglichkeit, einfach über die unteren Zaunlatten zu springen und vor der Drohne wegzulaufen.

Erneut sauste die Drohne vorüber. Dieses Mal direkt an Tinkas Gesicht vorbei. Das Pony zuckte erschrocken zusammen und preschte ein paar Meter quer über die Weide. Als sich die Drohne abermals Tinkas Kopf näherte, stoppte das Pony abrupt, drehte sich um und rannte wieder zurück in Richtung Zaun. Und zwar direkt auf das Stück mit der heruntergefallenen Latte zu. Franzi wollte sich Tinka in den Weg stellen, aber die stob einfach an ihr vorbei, sprang über den Zaun und galoppierte davon.

»Hey, Tinka, komm zurück!« Franzi lief Tinka hinterher, die über das Feld in Richtung Wald stürmte.

In dem sahen die drei !!! auch gerade hastig die beiden Jungen verschwinden. Paul war ihnen auf den Fersen, machte jetzt aber eine Kehrtwende, wahrscheinlich, weil er Tinka bemerkt hatte.

Franzi rannte, so schnell sie konnte, was auf dem unebenen Feld allerdings etwas schwierig war. Paul lief von schräg vorne auf Tinka zu. Er hatte die Arme ausgebreitet, um Tinka zum Anhalten zu bewegen. Die aber drehte sich von ihm weg und galoppierte weiter. Wenige Augenblicke später war sie im Wald verschwunden.

Vollkommen aus der Puste blieb Franzi stehen. Sie war den Tränen nahe. Paul kam herüber und legte den Arm um sie.

»Tinka ist einfach durchgegangen!«, brachte Franzi stockend hervor. »Das macht sie sonst nie.«

»Daran sind nur die beiden Jungen mit ihrer blöden Drohne schuld!« Paul spähte zum Waldrand. »Leider habe ich sie nicht erwischt.«

Kim und Marie kamen nun ebenfalls angesprintet. Marie erreichte Franzi und Paul als Erste. Kim, die nicht unbedingt eine Sportskanone war, brauchte ein paar Sekunden länger.

»Wir müssen Tinka hinterher!« Franzi hatte sich ein wenig erholt und wollte sofort weiterlaufen.

»Halt, warte!« Kim stützte ihre Hände auf den Oberschenkeln ab, um besser Luft zu kriegen.

»Kim hat recht.« Marie strich eine blonde Haarsträhne zur Seite, die ihr ins Gesicht gefallen war. »Lasst uns kurz überlegen, wohin Tinka gelaufen sein könnte.«

»Wenn du mit ihr ausreitest, Franzi«, fragte Paul, »welchen Weg nehmt ihr dann am häufigsten?«

»Keinen bestimmten.« Jetzt stiegen Franzi erneut Tränen in die Augen. »Es gibt mehrere, die wir oft reiten.« Sie schniefte.

»Vielleicht kommt Tinka ja von allein zurück«, meinte Kim.

»Ja, vielleicht.« Paul kratzte sich am Kinn. »Aber ein Pony, das dermaßen in Panik ist wie Tinka, könnte auch ziemlich weit weglaufen. Wenn es dann wieder klar denken kann, weiß es möglicherweise nicht, wo es ist und wie es wieder nach Hause zurückfindet.«

»Dann müssen wir uns aufteilen.« Dieser Vorschlag kam von Kim und war für sie ziemlich mutig. Kim hatte nämlich einen Höllenrespekt vor Tieren, besonders, wenn sie so groß waren wie Tinka.

»Wer sie findet, gibt den anderen übers Handy Bescheid«, entschied Marie. »Mist, meins steckt in meiner Tasche, und die liegt auf der Picknickdecke!«

»Meins habe ich zu meinen Badesachen in die Gepäcktasche am Fahrrad getan«, erklärte Kim.

»Ich habe meins dabei.« Paul zog sein Handy aus der Hosentasche. »Ich laufe schon mal los!«