Die Festung des Ali Azzim - Walther Kabel - E-Book

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Beschreibung

»Sie wissen also Bescheid, bester Mezzan: die Reitkamele hierher, unser Gepäck nach Alexandria, als ob wir abreisen wollten. Und: seien Sie vorsichtig! Sie kennen Warbatty jetzt zur Genüge! Er darf meine Spur nicht finden! Ich wäre meines Lebens jetzt nicht eine Stunde sicher, nachdem ich ihm den Raub wieder abgejagt habe!«
Jussuf Mezzan, Kriminalinspektor aus Kairo nickte eifrig, aber mit einem Gesicht, dessen Ausdruck deutlich erkennen ließ, wie sehr ihn Warbattys Flucht aus dem Polizeigefängnis in Kairo bedrückte. — »Keine Sorge Herr Harst. Ich werde Ihre Wünsche aufs genaueste befolgen. Ich reite sofort nach Heluan zurück und gebe im Hotel dem Direktor Ihren Zettel als Ausweis für mich ab.«

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Der Detektiv

Kriminalerzählungen

von

Walther Kabel.

 

Band 12

Die Festung des Ali Azzim

1920

© 2023 Librorium Editions

ISBN : 9782383837879

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Inhalt

Die Festung des Ali Azzim.

In der Arabischen Wüste.

Im Kino in Suez.

Suleimah.

In der Klemme.

Ein Riesenbetrug.

Der Einsiedler vom Dschebel Schamschan.

Hilde Helds Abenteuer.

Der Dolch des Arabers.

Der Schuß unter den Tisch.

Der Großkaufmann Ali ben Barka.

Im Dschebel Schamschan.

 

 

 

 

Die Festung des Ali Azzim.

1. Kapitel.

In der Arabischen Wüste.

»Sie wissen also Bescheid, bester Mezzan: die Reitkamele hierher, unser Gepäck nach Alexandria, als ob wir abreisen wollten. Und: seien Sie vorsichtig! Sie kennen Warbatty jetzt zur Genüge! Er darf meine Spur nicht finden! Ich wäre meines Lebens jetzt nicht eine Stunde sicher, nachdem ich ihm den Raub wieder abgejagt habe!«

Jussuf Mezzan, Kriminalinspektor aus Kairo nickte eifrig, aber mit einem Gesicht, dessen Ausdruck deutlich erkennen ließ, wie sehr ihn Warbattys Flucht aus dem Polizeigefängnis in Kairo bedrückte. — »Keine Sorge Herr Harst. Ich werde Ihre Wünsche aufs genaueste befolgen. Ich reite sofort nach Heluan zurück und gebe im Hotel dem Direktor Ihren Zettel als Ausweis für mich ab.«

Noch ein Händedruck, dann verließ er uns.

Wir schauten ihm nach wie er gewandt die hohen Stufen der Pyramide von Sakkara hinabkletterte, wie er sein Pferd bestieg und bald in der Abenddämmerung nach Osten zu, nach der Gräberstadt von Memphis und dem Nil hin, verschwand.

Harst setzte sich auf einen der Steinblöcke des Pyramidengipfels und rauchte schweigend eine Zigarette.

Dann meinte er: »Ich bin gespannt, was wir in Suez erleben werden und ob Warbatty wirklich dort auftauchen wird. Fraglos ahnt er noch immer nicht, daß ich damals bei seinem Genossen Orkney jene Aufzeichnungen fand, die mir verrieten, daß er insgesamt siebzehn neue Verbrechen vorbereitet hatte, von denen das nächste ja nun der Liste nach in Suez verübt werden müßte.«

Er gähnte »Lieber Schraut, ich bin hundemüde. Diese Tage in Kairo waren reichlich anstrengend. Nun — wenn wir erst unterwegs sind, können wir getrost einmal eine längere Rast machen und uns ordentlich ausschlafen. Ich möchte nur erst von hier weg, möchte meine Fährte — unsere Fährte im Sande der Arabischen Wüste verwischen. Eigentlich ein Unsinn, die Wüste zwischen Nil und Golf von Suez »Arabische« zu nennen —« Er spann diesen Gedanken weiter aus.

Ich hörte nicht recht hin. Ich hatte mich so sehr auf ein paar Erholungstage gefreut. Und statt dessen nahm der Kampf gegen Warbatty nun seinen Fortgang, ein Kampf, bei dem man täglich mit einem Fuße im Grabe stand. Es gehörten wirklich Harsts Nerven dazu, einen solchen Gegner immer aufs neue zu suchen. Ich hätte Cecil Warbatty einfach laufen lassen. — Davon sagte ich Harst jedoch nichts. Er hätte nur gutmütig gelächelt und gemeint: »Aber Schraut! Die Langeweile ohne Warbatty!«

Das Abendrot im Westen verschwand immer mehr. Einzelne Sterne tauchten auf. Ringsum die feierlichste Stille, ringsum nur die kolossalen Zeugen der phantastischen Baukunst der alten Aegypter: Pyramiden, Ruinenstädte! — Und dort in der Ferne der breite lehmige geheimnisvolle Nil.

Harst gähnte wieder. »Wir haben noch drei Stunden mindestens Zeit,« meinte er. »Früher können die Leute mit den Reitkamelen nicht hier sein. Du wirst übrigens Deine Freude an einem Kamelritt haben. Nur wer zur Seekrankheit neigt, sollte ein sogenanntes Schiff der Wüste nie besteigen. Also noch drei Stunden. — Klettern wir hinab und legen mir uns zu einem Nickerchen nieder.«

Jussuf Mezzan hatte die Kamelverleiher nach einem kleinen verfallenen Tempel östlich der Stufenpyramide schicken sollen. Nachdem wir in einem Winkel zwischen den Steintrümmern dieses Tempels den Boden nach Schlangen und Skorpionen abgeleuchtet hatten, legten wir uns unsere zusammengerollten Jacken unter den Kopf und streckten uns behaglich im Sande aus.

Die Nacht war warm und windstill. Die Ruhe ringsum hatte hier jedoch eher etwas Bedrückendes an sich, nichts Feierliches wie oben auf der Pyramide. — Harst schlief im Nu ein. Ich jedoch versuchte umsonst den Schlaf herbeizuzwingen.

So verging eine gute Stunde. Dann glaubte ich allerlei Geräusche zu hören, Stampfen von Hufen, leise Stimmen. Ich hatte mich aufgerichtet. Ich horchte angestrengt. Nichts mehr — nichts! — Sollte ich doch nur geträumt haben?

Ich wollte aufstehen und einmal aus unserem Mauerwinkel hervorlugen. Doch ich war zu abgespannt, auch zu gleichgültig. Was scherte es mich, ob vielleicht Touristen von dem Luftkurort Heluan herübergekommen waren, um den Mondaufgang von der Höhe der Stufenpyramide aus zu beobachten?!

Ich legte mich wieder nieder. Da — Harsts leise Stimme (er hatte ja einen Schlaf wie ein guter Wachhund!): »Hm — man sollte doch mal sehen, wer sich jetzt um zehn Uhr abends hier herumdrückt.«

Er erhob sich, reckte sich. Und ich tat das gleiche.

Harst schritt lautlos um die Trümmer nach links herum. Zwischen dieser Ruine und der nahen Pyramide hatte der Wind wellige Sandhügel aufgehäuft. Mein Freund und Brotherr watete einem dieser Hügel zu. Bald standen wir auf der flachen Kuppe.

Nichts Lebendes ringsum.

»Hm,« meinte Harst wieder. Und dieses einleitende Hm bedeutete stets: »Die Sache gefällt mir nicht — daher Achtung!« — »Hm — es waren fraglos Menschen hier und zwar mindestens zwei und hoch zu Kamel.«

Er schaute nochmals in die Runde.

Das Sternenheer des südlichen Firmaments hatte sich nun vollzählig eingefunden. Der helle Wüstensand wirft das Glitzern der nächtlichen Himmelsglocke zurück und verwandelt das Dunkel in eine geheimnisvolle Dämmerung.

»Ah!« machte Harst. »Eine Frauengestalt! Dort halb rechts sitzt sie neben der Tempelruine auf ein paar Steinblöcken. Natürlich eine Amerikanerin, die hier in der Einsamkeit ihre Schulerinnerungen an Ramses, Pharao, den keuschen Josef und anderes auffrischen will. — Stören wir sie nicht.«

Und doch blieb er stehen, blickte scharf nach der hellen Gestalt hinüber. Plötzlich packte er meinen Arm:

»Du, — ich — ahne Furchtbares! Warbatty!«

»Warbatty?«

»Komm! Aber im Bogen auf die Blöcke zu.«

Bald kroch er auf allen Vieren. Erst nachdem wir uns überzeugt hatten, daß sonst niemand in der Nähe, richtete Harst sich auf und ging mit gespanntem Revolver auf die regungslos Dasitzende zu.

Nun waren wir dicht vor ihr. Nun sah ich, daß sie mit dem Rücken an ein paar Stangen lehnte, — nein — nicht lehnte, — daß sie daran fest gebunden war. Ihr Kopf hing wie kraftlos vornüber. Ihr dunkles Haar war in einem vollen Knoten aufgesteckt. Ein Hut war nirgends zu sehen.

Harst trat noch näher, faßte die Sitzende unter das Kinn, hob den Kopf. Und — es war ein leichenfahles Mädchenanlitz mit großen, dunklen, gebrochenen Augen.

Es war eine Tote, die man hier in dieser Stellung angebunden hatte.

»Minette Lavagaux!« murmelte Harst. »Ich — ahnte es. Für eine Lebende saß diese Frau zu still.«

Minette — die kleine Französin! Sie hatte Harst in Kairo befreit, obwohl sie bis dahin Warbattys Verbündete gewesen. Und Harst hatte ihr Geld gegeben, damit sie sofort von Alexandria aus Aegypten verlassen konnte.

»Abermals ein Beweis, daß Warbatty mächtiger ist, als man denkt — als ich gedacht habe. Und auch ein Beweis dafür, das er hier gewesen, daß er genau wußte wo wir zu finden waren, wo wir diese Tote bemerken müßten!« Er sprach langsam und grübelnd. »Ein rätselhafter Mensch! Wozu wohl diese schreckliche Ueberraschung für uns? — Nur um uns Angst einzujagen? Nein — wohl mehr, um mir zu zeigen, was er alles vermag! Dieses Bild hier entspricht so recht seinem eitlen Charakter. Er liebt die starken Effekte, dieser Massenmörder, will mir durch seine Einfälle imponieren. — Arme Minette! Da — sieh, — ein Dolchstoß im Herzen!« Er schlug die helle Leinenjacke ihres Kostüms auseinander. Auf der weißen Batistbluse links ein großer dunkler Fleck: Blut!

Harst reckte wieder den Arm hoch, zog der Toten den Haarpfeil aus dem Geflecht. Und an diesen Schildpattpfeil, der mit kleinen Brillantsplittern besetzt war, war ein eng gefalteter Zettel mit einem Seidenfaden angebunden.

Harst las ihn halblaut:

»Harald Harst! Ich habe Ihnen schon einmal erklärt, daß ich die Intelligenz in jeder Form liebe und sogar verehre. Sie haben mir jetzt bewiesen, daß Sie als Amateurdetektiv wirklich weit über dem Durchschnitt stehen. Ich möchte Sie nicht töten. Ich bitte Sie: kreuzen Sie nicht nochmals meinen Weg! Bleiben Sie meinetwegen aus Liebhaberei ein begabter Verfolger aller Gesetzesverächter. Nur — an mich wagen Sie sich nicht mehr heran, — ich bitte Sie sehr darum! Sie sind bei diesem Kampf zwischen uns schließlich doch der Besiegte. Glauben Sie mir das! — Ich erwarte daß Sie binnen acht Tagen Aegypten verlassen und daß Sie während dieser Zeit nichts unternehmen, was ich als Beginn eines neuen Feldzuges gegen mich deuten könnte. — Gehorchen Sie! Andernfalls teilen Sie und Ihr Anhängsel Schraut Minettes Schicksal. — Ich grüße Sie mit aller Ihnen tatsächlich gebührenden Wertschätzung — Cecil Warbatty!«

»Ein merkwürdiger Mensch!« sagte Harst nun kopfschüttelnd. »Aber — hinter diesen Schmeicheleien lauert die Angst vor mir. Immerhin, — da, bewahre diese Zeilen auf, lieber Schraut. Vielleicht kannst Du sie mal bei den schriftstellerischen Versuchen brauchen. — Arme Minette, — am besten ist, wir begraben Dich gleich hier. — Vorwärts — tragen wir sie dort nach der Ruine. Es wird sich schon irgendein Kellerloch finden, wo sie eine stille Ruhestätte erhalten kann.«

Wir haben das Mädchen beerdigt, haben ein Kreuz aus Steinen auf ihr Grab gelegt, und Harst sprach ein Vaterunser. So ruht jetzt die kleine, zierliche Minette, die internationale Taschendiebin, in der Tempelruine von Sakkara. —

Eine halbe Stunde später nahten von Osten, vom Nil her zwei Kamelreiter, die jeder noch ein lediges gesatteltes Tier mit sich führten.

Es waren halbzivilisierte Beduinen vom Stamme der Genge. Sie radebrechten ein wenig Englisch. Sie zeigten uns eine Visitenkarte Jussuf Mezzans vor. Darauf stand: Letzte Grüße! — Der Inspektor hatte alles mitgeschickt, was aus unseren Koffern herausgenommen werden sollte.

Harst forschte die Leute aus, ob sie nicht unterwegs Kamelreitern begegnet seien. — »Ja — zwei Europäern,« war die Antwort — Das war Warbatty und einer von seiner Bande gewesen.