Die Festung - Siegfried Lenz - E-Book

Die Festung E-Book

Siegfried Lenz

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Beschreibung

"Ich gestehe, ich brauche Geschichten, um die Welt zu verstehen." Die Vielfalt der Themen und die Entwicklung eines unvergleichlichen Stils treten in den Erzählungen von Siegfried Lenz deutlich hervor. Brillant verdichtet er auf engstem Raum und mit außerordentlicher Intensität Situationen und die Gefühlswelten seiner Figuren. In der Tradition der deutschen Novelle, der russischen Erzählung und der angelsächsischen Kurzgeschichte stehend, hat Siegfried Lenz die kurze Form zu einer in der Gegenwartsliteratur beispielhaften Meisterschaft geführt. "Lenz schreibt unglaubliche und letztlich, da mit künstlerischen Mitteln beglaubigt, doch glaubhafte Erzählungen; sie mögen einem bisweilen unwahrscheinlich vorkommen, aber sie sind immer wahr." Marcel Reich-Ranicki Diese eBook-Ausgabe wird durch zusätzliches Material zu Leben und Werk Siegfried Lenz ergänzt.

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Seitenzahl: 19

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Siegfried Lenz

Die Festung

Erzählung

Hoffmann und Campe Verlag

Die Festung

Das war im Juni, vor einem der vielen Gewitter. Mein Alter stand unten am Fluß und mähte die Uferböschung, mähte, während eins der heftigen Gewitter heraufzog und der Fluß schwarz wurde und die Krähen von den Pappeln aufflogen. Er sah sich nicht um, er schaute nicht auf den Fluß und auf den Himmel; er stand barfuß im Wasser und mähte mit scharfem Zug die Böschung hinauf, riß mit der Spitze der Sense nach, arbeitete sich weiter vor gegen das Schilf, Schritt für Schritt. Wenn mein Alter arbeitete, dann arbeitete er, und es gab nichts in der Welt, das ihn abhalten oder unterbrechen konnte.

Er war schon alt, und er war nicht besonders groß und imponierend: sein Gang war schleppend, der Kopf immer schräg gelegt, ein runder, kurzgeschorener Kopf, und sein Rücken war schon ein wenig gekrümmt. Er arbeitete ohne das Fauchen und Zischen, das bei Noah Tisch unablässig zu hören war, bei seinem großen, schwachsinnigen Knecht, der jedesmal noch stöhnte und ächzte, als ob er unter Dampf stünde. Wenn mein Alter arbeitete, dann bemerkte er nichts anderes auf der Welt. Er bemerkte auch den Mann nicht, der in jenem Juni vor dem Gewitter den kleinen Weg heraufkam, den weichen Weg, der von selbst neben dem Fluß entstanden war, erlaufen von Füßen, die geduldig nach einem Übergang gesucht, jede Biegung sorgfältig ausgeschritten hatten, lange bevor die Holzbrücke gebaut worden war. Diesen Weg kam der Mann herauf; er war klein und mager und steckte in einem schwarzen Tuchanzug, ich hatte ihn nie vorher gesehen. Er sah sich einmal nach dem Gewitter um, aber er beschleunigte nicht seine Schritte, er ging weiter auf dem schwarzen Torfweg entlang bis zur Uferböschung, wo mein Alter mähte. Genau über ihm blieb er stehen, und es sah aus, als warte er darauf, daß mein Alter seine Arbeit unterbräche, aber mein Alter stammte aus Sunowo, und die Leute in Sunowo unterbrachen ihre Arbeit nur, wenn sie essen mußten oder schlafen oder überhaupt Schluß machen.