Die Gedankenpolizei - Thomas Dobrokovsky - E-Book

Die Gedankenpolizei E-Book

Thomas Dobrokovsky

4,9

Beschreibung

Als Zack Logan auf der Geburtstagsfeier seines besten Freundes Timothy die Journalistin Melissa Lockwood kennenlernt, erfährt sein Leben eine ungeahnte Wendung. Sie berichtet von einer geheimen Organisation, der Gedankenpolizei. High-Tech-Insekten werden zu Spionagezwecken eingesetzt und unerwünschte Erinnerungen aus den Gedächtnissen gelöscht. Zacks Erinnerungen an ähnliche Erlebnisse wecken sein Gespür für Ungereimtheiten. Er beschließt, sich mit seinem besten Freund auf die Lauer zu legen und Beweise für deren Existenz zu finden. Zeitgleich entdeckt einer der Videoanalysten der Gedankenpolizei seine Frau auf einem Überwachungsvideo. Vor dem inneren Konflikt stehend, seine Frau der Gedankenmanipulation auszusetzen oder die nationale Sicherheit zu gefährden, gerät er selbst ins Visier seiner Vorgesetzten. Kann er seine Frau vor der Gedankenpolizei bewahren?

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Seitenzahl: 555

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Danksagung

Eine kurze Information vorweg. Soweit ich weiß, gibt es in Colorado Springs keine U-Bahn. Doch diese hat in die Geschichte einfach gut hineingepasst.

Die Geschichte selbst ist das Ergebnis eines wilden Traumes. Ich träumte davon, mitten im Kugelhagel einer kriegsähnlichen Schießerei zu sein, genau im Zentrum einer Großstadt. Ich weiß nicht mehr warum geschossen wurde oder woher die Stimme kam, welche die ganze Zeit nur die eine Frage schrie: „Was ist mit dem Datenschutz?“ Jetzt fragen Sie mich bitte nicht, wie ich dadurch auf die nachfolgende Geschichte gekommen bin. Der ursprüngliche Entwurf schlummerte knappe sechs Jahre in einer Schublade, bevor Heike mich dazu ermutigte und drängte sie fertigzustellen. Seitdem sollte es dann noch einmal fast zwei weitere Jahre dauern. Vielen Dank für deinen Glauben an mich. Ohne dich würden diese Seiten immer noch in einem Schuhkarton schlummern. Ich danke dir für die ehrliche Kritik, dem Aufzeigen meiner Denkfehler und für das Korrektorat.

Gleichwohl gilt mein Dank allen Probelesern, inklusive Heike und Sabrina, sowie ihrem Feedback mit teilweise sehr lustigen Kommentaren, die als Outtakes gesammelt wurden.

Ein großes Dankeschön gilt auch meinen Eltern für die Erstellung des Covers und sämtlicher grafischer Unterstützungen, sowie Ihrem Feedback zu den einzelnen Variationen der Geschichte.

Autor

Thomas Dobrokovsky, geboren 1978, arbeitete nach seinem Studium an der Berufsakademie Dresden in mehreren Berufen. Seine Schwerpunkte lagen im Bereich des Output- und Dokumentenmanagements. Schon als Kind schrieb er Gedichte, Verse und Kurzgeschichten, von denen heute fast keine mehr erhalten sind.

Der Sportpilot und freiwillige Feuerwehrmann ist ledig und Vater von zwei Kindern, welche zeitweise bei ihm in der Nähe von Stuttgart leben.

Mehr Informationen zum Autor und seinen Büchern unter

www.dobrokovsky.de

Vorbemerkungen

Die Figuren, Ereignisse, Namen und Handlungen sind in diesem Roman frei erfunden. Übereinstimmungen und Ähnlichkeiten jeglicher Art sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Lediglich öffentliche Schauplätze sind authentisch.

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Kapitel 54

Kapitel 55

Kapitel 56

Kapitel 57

Kapitel 58

Prolog

»Ja Mum, mir geht es gut!«

Zum wiederholten Male versicherte Carolyn, dass sie in Sicherheit war. Ein Hurrikan tobte mit zweihundert Stundenkilometern vor der Küste Massachusetts. Die National Oceanic and Atmospheric Administration, kurz NOAA, hatte akute Unwetterwarnungen für den Bereich von New Bedford bis Boston herausgegeben. Auch wenn sich das Wetter nicht von den restlichen Tagen unterschied, lag eine spürbare Anspannung in der Luft. Die Menschen hatten Angst. Angst vor dem Sturm. Angst, ihren Besitz zu verlieren und Angst um ihre Familien. Carolyn konnte es ihrer Mutter nicht verdenken, dass sie sich Sorgen machte.

»Ich melde mich später wieder, versprochen.«

Sie drückte die rote Taste auf ihrem Handy und bog in ihre Straße ein. Links und rechts säumten sich schmale Reihenhäuser, erleuchtet von den Straßenlaternen im dunklen Mondlicht. Carolyn parkte ihren Buick, lief die Stufen zu ihrer Haustür hinauf und stutzte. Etwas war anders als sonst. Automatisch, einem Instinkt folgend, glitt ihre rechte Hand in ihre Jackentasche und umklammerte das Pfefferspray. Sie vergewisserte sich, dass es einsatzbereit war und drehte sich um. Die Straße hinter ihr war leer. Das stimmte nicht ganz. Sie war fast leer. Ein weißes Bündel lag abseits am Bordstein und es bewegte sich.

Für einen Moment wollte sie es ignorieren, sich umdrehen, ihre Wohnung betreten und den Abend vorbeiziehen lassen. Doch sie wusste, was dieses Bündel im Schatten war. Zu oft hatte sie ähnliches gesehen und zu oft gab es selten eine Chance. Ihr Beruf war ihre Berufung und so schritt sie die wenigen Meter hinüber und hockte sich neben die zuckenden Beine.

»Sir, können Sie mich hören?«

Der Mann sah sie mit großen Augen an und nickte.

»Gut. Mein Name ist Carolyn Peters, ich bin Ärztin.«

Wieder nickte der Mann. Seine Augen zuckten nach links und rechts und seine Lippen bewegten sich.

»...was...für...eine...Ärztin?«

Der Patient ist schätzungsweise vierzig Jahre alt, groß, abgemagert, hat einen Schock erlitten und ist durch die klirrende Kälte stark unterkühlt. Seine Kleidung unterstützt die Vermutung. Auf den ersten Blick sind keine Verletzungen erkennbar, doch es geht ihm nicht gut. Er benötigt dringend Wärme.

Sie führte gedanklich Protokoll, doch statt ihn daran teilhaben zu lassen, beantwortete sie seine Frage.

»Unfallchirurgie.«

Der Mann entspannte sich. Seine Beine zuckten weiterhin.

»Können Sie laufen? Ich wohne hier gleich um die Ecke, dort können Sie sich aufwärmen.«

Erneutes Nicken.

»...ich...versuch's...«

Mit Mühe richtete er sich auf, bekleidet mit einer weißen, dünnen Hose und einem gleichfarbigen, langärmeligen Shirt. An vielen Stellen war der Stoff durchnässt und ließ die weiße Haut des Mannes hindurch schimmern.

»Kommen Sie, ich helfe Ihnen auf.«

Er stützte sich auf sie und schien fast nichts zu wiegen. Sie hatte keine Probleme, ihn zu ihrer Wohnung zu stützen und setzte ihn auf einen Stuhl in ihrer Küche.

»Sie sind ja ganz verfroren. Ich hole Ihnen eine Decke und rufe gleich den Notarzt.«

Kaum hatte sie diese Worte gesprochen, schnellte seine Hand hervor und krallte sich um ihren Unterarm. Er wirkte zwar extrem schwach und konnte sich kaum auf den Beinen halten, doch drückten seine Finger mit enormer Kraft. Carolyn spürte die ersten Schmerzen oberhalb ihres Handgelenks.

»Keinen. Arzt!«

Sie sah ihn mit großen Augen an und nickte langsam.

»Wie Sie wollen... Keinen Arzt... Aber lassen Sie mich jetzt gefälligst los!«

Er tat wie ihm geheißen und sah beschämt zu Boden.

»Ich bitte um Verzeihung. Ich tue alles, was Sie wollen, aber bitte: Keinen Arzt!«

Carolyn rieb ihr rotes Handgelenk und nickte erneut.

»Ich kann das nicht gut heißen. Haben Sie etwas angestellt? Sind Sie auf der Flucht vor der Polizei?«

Der Mann schüttelte langsam seinen Kopf. Was hatte sie auch anderes erwartet?

»Also gut, ich hole Ihnen eine Decke und ein paar trockene Sachen. Wie heißen Sie?«

Wieder bemerkte sie das nervöse Zucken in seinen Augen und für einen Moment fürchtete sie, er würde aufspringen und davon laufen. Nach ein paar Sekunden beruhigte er sich wieder und schlug die Hände vor sein Gesicht. Carolyn seufzte.

Na das kann ja heiter werden. Partielle Amnesie, Schockzustand, Unterkühlung und auf der Flucht vor der Polizei. In was bin ich da nur wieder hinein geraten?

Sie verließ die Küche und spürte seinen Blick in ihrem Rücken. Aus dem Schlafzimmer holte sie ein großes T-Shirt, eine alte Hose von Jeff und eine Decke. Sie kehrte in die Küche zurück. Der Mann saß immer noch an ihrem Küchentisch, alle Muskeln schienen angespannt, doch das Zittern hatte aufgehört.

»Keine Angst, ich habe niemanden angerufen und es scheint Ihnen bereits auch schon besser zu gehen. Sie zittern nicht mehr.«

Der Mann entspannte sich und beobachtete sie weiterhin aufmerksam.

»Ich habe leider nicht viel, das Ihnen passen könnte, doch wenn Sie kein Problem mit der Hose meines Ex-Mannes und seinem T-Shirt haben, können Sie die Sachen gerne haben.«

Sein Blick huschte zu den Kleidern in ihren Händen und er nickte. Carolyn ging auf ihn zu, gab ihm die Kleidung und deutete auf das Badezimmer hinter ihr.

»Sie können sich dort...«

Umziehen, wollte sie sagen, doch dafür war es zu spät.

»Was...?«

Ohne ein Wort zu sagen, hatte er seine Hose und Shirt abgestreift und schlüpfte in seine neuen Sachen. Carolyn war irritiert und drehte sich anstandshalber um.

»Sagen Sie Bescheid, wenn Sie fertig sind.«

»Bin ich.«

Sie seufzte, hob seine nassen Kleider vom Boden auf und suchte eine Tüte.

»Möchten Sie die mitnehmen oder können die weg?«

Bevor er antworten konnte, fiel ihr Blick auf ein kleines Schild, das auf dem Shirt aufgenäht war.

Bridge to Recovery

Sie kannte diesen Namen und auf einmal war ihr klar, warum ihr dieses weiße Bündel auf der Straße so vertraut vorgekommen war. Der Mann hatte Krankenhauskleidung getragen. Die Art von Kleidung, die stationäre Patienten bekommen, wenn sie einen längeren Aufenthalt vor sich haben.

Langsam drehte sie sich um und sah ihn an.

»Das Bridge to Recovery liegt auf Long Island!«

Sie erwähnte nicht, dass es sich dabei um eine Entzugsklinik handelte, doch wusste sie nun, warum er keinen Arzt wollte. Er war auf der Flucht. Allerdings nicht vor der Polizei, sondern vor sich selbst.

»Sagen Sie nur, Sie sind von dort abgehauen? Sie hätten sich doch einfach nur entlassen müssen!«

Der Mann schüttelte den Kopf.

»Nein, die hätten mich nie gehen lassen. Dafür weiß ich zu viel.«

Als ihm bewusst wurde, was er sagte, hielt er die Hände vor den Mund. Carolyn war zum Bersten gespannt.

Was zum Teufel geht hier vor?

Sie warf seine Sachen auf den Tisch und setzte sich zu ihm.

»Also... fangen wir noch einmal von vorne an.«

Er seufzte und senkte den Kopf.

»Das glauben Sie mir sowieso nicht.«

»Versuchen Sie es doch? Ich koche uns schnell einen Tee und Sie erzählen mir Ihre Geschichte. Ich verspreche Ihnen, dass ich weder beim Bridge noch bei der Polizei anrufen werde. Es ist eine freiwillige Entzugsklinik und wenn Sie Ihren Entzug nicht fortsetzen wollen, was ich nicht gutheiße, dann ist es letzten Endes trotzdem Ihre Entscheidung.«

Carolyn stand erneut auf, schaltete den Wasserkocher ein und bereitete zwei Tassen vor.

»Es ist keine Entzugsklinik.«

Sie drehte sich zu ihm um und wartete.

»Zumindest nicht der Teil, den ich gesehen habe.«

Die Ärztin war nicht nur irritiert, sondern auch verwundert. Sie kannte das Bridge to Recovery mehr vom Namen her und hatte bisher nichts Negatives darüber gehört.

»Ich weiß nicht mehr, warum ich dort hingekommen bin, geschweige denn wie. Eines Tages wachte ich in einem kleinen Zimmer mit einem vergitterten Fenster und einer dicken Tür auf.«

»Sie wissen also nicht, warum Sie dort waren?«

Es bestätigte ihre Vermutung der Amnesie, doch der Mann lachte.

»Über das was ich weiß, und was ich nicht weiß oder nicht mehr wissen sollte, lässt sich streiten. Doch ich weiß, was sie mir angetan haben!«

Carolyn goss den Tee auf, schob ihm eine Tasse hin und setzte sich wieder an den Tisch.

»Erzählen Sie!«

Er nahm seine Tasse in die Hände und wärmte sich daran.

»Sie haben an mir experimentiert.«

Sie starrte ihn an. Er erzählte und sie fragte sich, wie viel Wahrheit darin stecken konnte. Seine Geschichte klang wie aus einem Film.

»...und ich wusste es immer noch! Immer und immer wieder haben sie mir die gleichen Fragen gestellt: Wo waren sie gestern? Was haben sie dort gemacht? Wer war noch dort?«

Vorsichtig pustete er über den Rand seiner Tasse, setzte sie an seine Lippen und stellte sie wieder ab.

»Nach jeder Behandlung die gleichen Fragen und ich konnte sie meistens beantworten. Dafür weiß ich nicht mehr, wie ich heiße oder wo ich herkomme. Ich kenne meine Eltern nicht mehr oder ob ich Kinder habe.«

Er überlegte einen Moment, in dem er trank.

»Ich war dort nicht allein. Der Sabberheini wurde auch behandelt, danach saß er nur noch in einem Rollstuhl und ließ den Rotz aus seiner Fresse laufen.«

Ein Schauer überfiel ihn und er zitterte. Carolyn befürchtete einen Rückfall, doch nach ein paar Sekunden war alles wieder vorbei.

»Kurz darauf war er fort.«

»Wie fort?«

»Entlassen, weg, keine Ahnung. Er war einfach nicht mehr da. Genauso wie Paul.«

»Paul?«

»Ich kann nicht sagen, dass ich ihn gut kannte, er war in dem Zimmer neben mir. Er hat mir erzählt, dass sie ihn wegen Terrorismus verhaftet haben. Dabei hatte er lediglich im Internet über Anthrax recherchiert, war wohl Chemiker oder Biologe oder so. Naja, eines Tages nach seiner Behandlung, begann er sich komisch zu benehmen. Machte erst seltsame Geräusche, dann gab es Tumult in seinem Zimmer und am Ende schrie er wie am Spieß! Am nächsten Tag konnte ich zufällig einen Blick durch die sich schließende Tür werfen und das ganze Zimmer war dunkelrot, als wäre er explodiert oder so was.«

Seine Augen huschten nervös zum Fenster und Carolyn war sich nicht sicher, wie viel sie ihm glauben konnte. Musste sie auch nicht, denn im nächsten Augenblick passierte etwas, womit sie überhaupt nicht gerechnet hatte.

Es war nicht der Stromausfall, der sie überraschte. Seit dem Hurrikan war sie auf solche Momente gefasst. Es war das Splittern von Glas, das sie aufschreckte. Zwei Sekunden später strömte dichter Nebel durch ihre Küche. Sie hustete und bekam keine Luft mehr. Carolyn keuchte, rang nach Atem und als der frische Sauerstoff in ihren Lungen ausblieb, kippte sie ohnmächtig vom Stuhl. Kurz vorher hörte sie ihn noch etwas sagen.

»Die manipulieren unser Gedächtnis!«

Als sie die Augen wieder öffnete, spürte sie reinen Sauerstoff durch ihre Lungen strömen. Zwei Augen studierten die ihren und nahmen ihr dann die Maske vom Gesicht.

»Ms. Peters, es ist alles in Ordnung. Sie sind in einem Krankenwagen.«

Sie sah sich um und bemerkte, dass die rückwärtigen Türen noch geöffnet waren.

»Ich bin noch in meiner Straße.«

Der andere nickte.

»Ja, und Sie müssen auch nicht ins Krankenhaus. Sie benötigten nur etwas Sauerstoff nach der Rauchgranate. Es wird keine bleibenden Schäden geben.«

»Rauchgranate?«

»Das klären Sie lieber mit Agent Smith dort draußen.«

Er deutete auf einen Mann in einem schwarzen Anzug, der gerade eine Zigarette rauchend vor dem Krankenwagen stand. Carolyn setzte sich auf.

»Kann ich gehen?«

Wieder nickte der Sanitäter.

»Natürlich. Reden Sie mit Mr. Smith!«

Sie stand auf und stieg aus dem Krankenwagen. Der Mann im Anzug drehte sich zu ihr um.

»Sind Sie Mr. Smith?«

»Das bin ich. Miss Peters, ich muss mich für die Unannehmlichkeiten entschuldigen. Wir danken Ihnen sehr für Ihre Mithilfe.«

»Mithilfe?«

»Warren Colt ist ein lang gesuchter Verbrecher, der Frauen mit einer Art Mitleidsmasche einwickelt, um sie dann zu verschleppen, zu missbrauchen und zu töten. Er ist seit mehreren Jahren in psychiatrischer Behandlung und während des Hurrikans auf bisher ungeklärte Weise aus dem Hochsicherheitsbereich entflohen.«

Ihr gefror das Blut in ihren Adern.

»Wie haben Sie ihn gefunden?«

Agent Smith lächelte.

»Er hatte sich bereit erklärt, an einem Test-Projekt teilzunehmen. Alle Probanden wurden mit einem subkutanen GPS-Sender markiert, für genau solch bedauerliche Fälle.«

Sie nickte.

»Ich verstehe. Dann hatte ich also riesiges Glück?«

»Das hatten Sie. Selbstverständlich bekommen Sie einen Rechtsbeistand gestellt, für die Schäden und Kosten, die Ihnen verursacht wurden. Noch einmal vielen Dank für Ihre Hilfe und entschuldigen Sie die Unannehmlichkeiten!«

Er hielt ihr seine rechte Hand hin.

Das ist alles? Ein Dankeschön und ein Händedruck? Na warte mal ab, bis mein Anwalt davon erfährt!

Sie ergriff seine Hand und schüttelte sie. Er hatte einen extrem festen Händedruck, dass es schmerzte. Hitze stieg von ihrer Hand durch ihre Adern nach oben und für einen Moment verschwamm die Welt um sie herum. Sie blinzelte und alles war wieder in Ordnung. Nachdem sie ihre Hand zurückgezogen hatte, sah sie sich um. Ein Krankenwagen fuhr gerade die Straße herunter und der Mann vor ihr wandte sich ab und ging.

Am nächsten Morgen saß Carolyn wieder an ihrem Küchentisch bei einer Tasse Kaffee und hatte die neueste Ausgabe des Boston Globe vor sich liegen. Auf der Titelseite war in großen Lettern zu lesen: Serienmörder in Boston auf der Flucht erschossen. Das Bild zeigte sowohl die Front, als auch die Profilansicht eines hageren Mannes. Irgendwie kam er ihr bekannt vor, doch wahrscheinlich war es einfach nur ein Allerweltsgesicht, wie die vielen, die sie täglich auf Arbeit zu sehen bekam. Sie dachte an den Krankenwagen, der gestern ihre Straße herunter gefahren war und an den Mann im schwarzen Anzug.

»Was es nicht alles gibt! Und das bei mir in der Nähe!«

Sie warf einen Blick auf das mit Folie beklebte Fenster und seufzte. Der Hurrikan hatte seine ersten Ausläufer bereits schon vorausgeschickt und sowohl Äste als auch Steine durch die Straße wirbeln lassen. Sie hoffte, dass die Versicherung die Kosten für Fenster und Tür übernahm, doch darum würde sie sich kümmern, wenn der Hurrikan sich aufgelöst hatte.

- 1 -

Punkt sechs Uhr fünfundvierzig riss Ray der schrille Alarm seines Weckers aus dem Schlaf. Langsam öffnete er seine Augen, zwinkerte und wischte sich den Schlafsand heraus. Er überlegte einen Moment, was er letzte Nacht geträumt hatte und konnte sich nicht mehr daran erinnern.

»Möchtest du das Ding nicht endlich mal ausstellen?«

Kacey hatte sich zu ihm umgedreht und stöhnte leise.

»Jetzt bin ich auch wach und habe noch zwei Stunden Zeit.«

Ray drückte auf die Taste des Weckers und das schrille Fiepen verstummte.

»Wie hast du geschlafen?«, fragte er seine Frau.

»Bis jetzt ganz gut, aber wenn ich jetzt schon mal wach bin, was hältst du von Frühstück im Bett?«

Er hatte zwar keinen Hunger, doch kaum hatte sie ihren Satz beendet, glitt ihre Hand unter seine Bettdecke und streichelte sanft über seine Brustwarzen, so dass sie hart wurden. Er schloss die Augen.

»Ich muss zur Arbeit, Schatz!«

Sie ignorierte ihn. Stattdessen rutschte ihre Hand über seinen Bauch zwischen seine Beine und begann seinen Hodensack zu massieren. Er stöhnte. Sein Penis wuchs und wurde hart.

»Sicher, dass du nicht noch etwas Zeit hast?«

Mit einem frechen Lächeln und dem gewissen Funkeln in ihren Augen, wartete sie seine Antwort nicht ab, setzte ihre Massage fort und rutschte zu ihm herüber. Sie knabberte an seiner Brust, rutschte tiefer und küsste seinen Bauch. Ray genoss es, wie sich ihre Zunge weiter hinab schlängelte, nur um an seiner Eichel zu verweilen. Kacey küsste sie erst sanft und ließ dann ihre heißen Lippen darüber gleiten. Ray stöhnte auf. Er wusste, dass sie es laut mochte und hielt sich nicht zurück.

Kacey schlang sich um ihn und glitt langsam hinauf, bis sie seinen Penis mit ihren Schamlippen massierte. Seine Erregung steigerte sich, als er spürte, wie feucht sie war. Sie setzte sich auf ihn und ließ ihn in sich eindringen. Da schrillte der Wecker erneut.

»Oh verdammt, das war der Snooze Knopf.«

Mit seiner rechten Hand schlug er nach dem Wecker, erwischte ihn und riss ihn vom Nachttisch herunter. Er schlug auf dem Boden auf und verstummte. Sie sah ihm begierig in die Augen und ließ ihr Becken langsam rhythmisch vor und zurück kreisen. Jede ihrer Bewegungen übertrug sich auf seine Erregung und ihr Stöhnen ließ ihn die Zeit vergessen. Er krallte seine Finger in ihren Po. Kaceys Finger kratzen über seine Brust und hinterließen rote Striemen. Sie explodierte laut stöhnend auf ihm. Er spürte den Schmerz ihrer Fingernägel kaum. Dafür fühlte er den Tanz seines Orgasmus in ihr.

Kacey drückte ihm einen verschwitzten Kuss auf die Lippen.

»Du darfst zuerst unter die Dusche.«, hauchte sie ihm ins Ohr.

Ray nickte und seufzte. Er kniff noch einmal in ihren Po, stand auf und lief nackt ins Bad.

»Welch süßer Anblick!«, rief sie ihm lachend hinterher.

Eine halbe Stunde später tranken sie gemeinsam eine Tasse Kaffee. Seine Frau saß neben ihm und lächelte ihn verschmitzt an.

»Ich wünsche dir einen schönen Arbeitstag.«

Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange. Ray sah auf die Uhr. »Danke, dir auch. Ich muss los, bin heute schon spät dran.«

Bis ins Büro brauchte Ray eine knappe dreiviertel Stunde. Es war kurz nach acht, als er die Sicherheitsschleuse passiert hatte. Ihm war der Blick von Megan Perry nicht entgangen, der ihn wissen ließ, dass er zu spät war. Sie sagte nichts, doch er wusste, dass seine Vorgesetzte seine Stunden kontrollierte. Immerhin ging es bei seinem Job um die nationale Sicherheit, da durften keine Fehler gemacht werden und Megan war in dieser Hinsicht äußerst penibel. Sie würde ihn sicherlich später darauf hinweisen. Doch Ray war unbesorgt. Jeder kam gelegentlich zu spät, das war kein Weltuntergang.

Er zupfte seine Krawatte zurecht und hing sein Jackett über die Lehne seines Stuhles. Sein Büro teilte er sich mit drei weiteren Kollegen, deren Dienst um halb neun begann. Paula war die Jüngste von ihnen, noch keine dreißig Jahre alt und frisch von der Universität. Sie hatte Medientechnik studiert und war nach dem Bootcamp erst seit ein paar Monaten im Team. Lara dagegen war schon hier gewesen, als Ray angefangen hatte. Sie war etwas älter als er und immer äußerst gewissenhaft. Der Dritte war Benjamin, kurz B.J. genannt. B.J. war so wie man sich einen typischen Computerfreak vorstellte. Er trug lange Haare, hatte einen großen Bauch und eine Vorliebe für Pizza und Cola und er war ein Meister in seinem Fach. Jeder von ihnen hatte einen eigenen Schreibtisch mit zwei Monitoren. Zusätzlich füllte ein ganzes Monitor-Raster eine gesamte Wand des Büros aus. Auf jedem der Monitore liefen unterschiedliche, kurze Videosequenzen, allesamt stumm geschaltet. Doch das Raster konnte auch genutzt werden, um ein einzelnes Video im Großformat auf der gesamten Wand anzusehen. Sie hatten die Möglichkeit, nach Belieben hinein und hinaus zu zoomen oder die Bilder anzuhalten, vorwärts, rückwärts oder gar bildweise laufen zu lassen. Dies machte einen Großteil ihrer täglichen Arbeit aus.

Ray startete seinen PC, lief in die Küche und holte sich eine Flasche Wasser und ein Glas, in das er eine Vitamin-Tablette fallen ließ, bevor er sich einschenkte. Zurück an seinem Schreibtisch loggte er sich an seinem Computer ein und wurde augenblicklich mit einer Liste von Emails und diversen Warnhinweisen überflutet. Das hieß jede Menge Arbeit. Sein Job als Teamleiter der Videoanalyse-Abteilung bedeutete, dass er nicht nur die Videos auswertete und klassifizierte. Zusätzlich hatte er Zugriff auf eine Reihe von Agenten im Außendienst, die er steuern und koordinieren musste. Jeder Fehler seinerseits kostete nicht nur Zeit und Geld, sondern konnte auch verheerende Auswirkungen auf die Sicherheit des Landes haben. Diese Verantwortung war ihm durchaus bewusst und er war stolz darauf, einen so großen Beitrag leisten zu dürfen.

Er seufzte, holte Luft und flog über die Emails in seinem Posteingang. Ihn erwarteten keine schlimmen Nachrichten und es wurden auch keine Sondermaßnahmen gefordert. Die Welt schien soweit in Ordnung zu sein. Dann wechselte er zum Analyseprogramm. Der Eingangskanal war in drei Haupt-Kategorien unterteilt: Archiv, Risiko und Kritisch. Ein ausgeklügeltes System wertete automatisch jeden Dateneingang nach einem hochkomplexen Algorithmus aus. Über 99% der Daten landeten so im Archiv, ohne je von einem Menschen gesehen zu werden. In den beiden anderen Bereichen blieben immer noch genug Daten übrig, um die achtundzwanzig Beamten der Analyse-Einheit von Colorado Springs zu beschäftigen. Neben ihrem Gemeinschaftsbüro gab es noch vier weitere mit jeweils sechs Analysten, die ihre Berichte ebenfalls an Ray schickten. Sie bekamen permanent kleine Videosequenzen zugestellt, Aufnahmen aus dem gesamten Stadtgebiet, teilweise von Überwachungskameras, Satellitenbildern und gelegentlich auch Handyaufnahmen. Einen Großteil der Videos nahmen ihre eigenen Überwachungsdrohnen auf. Dessen Steuerung übernahm eine andere Abteilung, welche ebenfalls Aufträge von Ray entgegennahm.

»Morgen Boss!«

B.J. schlurfte zu seinem Arbeitsplatz und ließ sich in seinen Bürostuhl fallen. Zwei Sekunden später rutschte er so tief in ihn hinein, dass Ray seinen Kopf hinter der Lehne verschwinden sah. Wenige Minuten später betraten auch die beiden Frauen das Büro und begannen ihre Arbeit.

Ray ignorierte das Archiv und verschaffte sich einen Überblick über die beiden anderen Bereiche. Der Risiko-Eingang enthielt eine fünfstellige Zahl von Video- und Audioschnipseln, welche von einigen Sekunden bis hin zu mehreren Minuten lang waren. Diese wurden von den anderen Analysten geprüft und klassifiziert. Wenn einer seiner Kollegen sein Material als kritisch einstufte, wanderte das betroffene Fragment in Rays Arbeitsgebiet. Doch auch der Kritische Ordner enthielt mehrere Hundert Datenschnipsel.

Na das wird wohl ein langer Tag werden.

Er wusste nicht, wie recht er damit haben würde und machte sich an die Arbeit. Bei jedem einzelnen Datenfragment hörte er sich die Audiospuren genau an und prüfte die Videospuren im Detail. Viele Fragmente stufte das System fehlerhaft ein und nach kurzer Verifizierung schob er eines nach dem anderen ins Archiv.

Nach der Mittagspause öffnete er eine Videodatei, die einen schlanken, sportlichen Mann zeigte, der eine Jeans und ein Baumwollhemd trug. In seiner linken Hand hielt er ein Mobiltelefon an sein Ohr gepresst. An die gedehnte Weitwinkel-Perspektive der Kamera einer Überwachungsdrohne hatte Ray sich mittlerweile so sehr gewöhnt, dass er sie schon gar nicht mehr registrierte. Das Video war belanglos, doch die zugehörige Tonaufnahme ließ ihn aufhorchen.

»Ja Ma'am, ich habe es selbst gesehen. Meinen Kumpel Dean hat es auch erwischt. Das war vor etwa drei Tagen. Wir hatten uns verabredet und nun weiß er nichts mehr. Doch mehr möchte ich am Telefon nicht sagen, es ist mir zu gefährlich. Wann und wo können wir uns treffen?«

Das war eindeutig ein Problem und vor allem ein Risiko. Wenn der Baumwoll-Typ Informationen hatte, die er nicht wissen sollte, dann musste Ray eingreifen. Er schnitt das Gesicht aus dem Video aus und ließ es durch die Personen-Erkennungs-Datenbank laufen. Parallel dazu öffnete er das Protokoll von vor drei Tagen und suchte nach einem gewissen Dean. Nach mehreren Minuten fand er die zugehörige Akte und verknüpfte sie mit dem Video-Schnipsel. Mittlerweile hatte die Personen-Erkennung das Gesicht gefunden. Ein gewisser Peter Stinton. Er glich den Namen mit dem Einwohnermeldeamt ab und erhielt über seine Sozialversicherungsnummer zusätzliche Informationen. Peter war kurz vor seinem vierzigsten Geburtstag und bis vor wenigen Wochen als Bauarbeiter tätig. Hier gab es auch die Verbindung zu seinem Kumpel Dean, der bei der gleichen Firma angestellt gewesen war, bis sie beide entlassen wurden. Einen Grund dafür konnte Ray nicht finden, doch der Firma, welche die beiden bis vor kurzem noch beschäftigt hatte, schien es finanziell nicht gut zu gehen. Das Risiko von Peter Stinton war eindeutig und bedurfte keiner weiteren Freigabe durch seiner Vorgesetzten Megan. Er verknüpfte alle gesammelten Daten und stufte den Fall hoch. Er enthielt jetzt den Status Im Auftrag und wurde in einer Unterkategorie des Kritischen Bereiches abgelegt.

Ray hatte, wie alle anderen Agenten, die Basisschulung absolviert. Er wusste, dass sich nun einer der Agenten so lange in das Privatleben von Peter Stinton einmischte, bis der Fall abgeschlossen war. Dann würde er ein weiteres Video im Posteingang finden, zusammen mit dem Protokoll des erfolgreichen Abschlusses.

Er füllte sein Glas auf, trank einen Schluck und ging in die Kaffeeküche, quer über den Gang. Am Automaten brühte er sich eine frische Tasse heißen Kaffee und entspannte für einen Moment seine Augen. Berichte wie dieser waren keine Seltenheit. Tatsächlich bestanden die meisten Aufträge in der Sicherstellung der Geheimhaltung. Er kannte nicht alle Details, doch er wusste, dass alle Aufträge stets eine sehr heikle Angelegenheit waren. Nicht nur für die Firma, sondern auch für die Betroffenen. Immer wieder gab es Berichte über fehlgeschlagene Aufträge und nicht selten gab es Inkompatibilitäten, wie diese dann später kategorisiert wurden. Diese Fehler zu minimieren, lag nicht in seinem Aufgabenbereich, damit beschäftigte sich eine weitere Abteilung in einem anderen Stockwerk.

Zurück an seinem Arbeitsplatz fuhr er mit der Sichtung fort. Der große Bildschirm an der Wand des Raumes zeigte aktuell ein Dashboard über die noch offenen Fälle und wie viel Zeit im Durchschnitt für jeden zur Verfügung stand. Die Zahl war zu groß und die dafür nötige Zeit zu klein. Trotzdem hatte er an diesem Tag nicht viele Aufträge zu vergeben. Er prüfte die wenigen Risiko-Einträge seiner Kollegen und forderte mehr Daten an, leitete spezielle Fälle an Megan weiter oder legte weitere dazugehörige Fallakten an.

Es war kurz nach fünfzehn Uhr, als er das nächste Risiko-Fragment öffnete. Noch bevor er die Audioaufzeichnung hörte, wusste er, wen er dort vor sich hatte. Ray unterdrückte ein Stöhnen und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass er in dieser Hinsicht persönlich befangen war.

Er schloss die Augen, schluckte und verharrte einen Moment mit seiner Maus über dem Abspiel-Knopf. Doch er wusste, er musste es sich anhören. Er musste wissen, was dieses Fragment enthielt.

Vielleicht fällt es ja auch durch das Raster, wie viele andere ebenfalls?

Klick.

Das Video begann sich zu bewegen und in seinen Kopfhörern hörte er Kacey sprechen. Ihm war, als stehe sie direkt neben ihm, verzerrt durch das Weitwinkel-Objektiv. Sie ging mit ihrer Freundin Trish spazieren. Das Bild schwankte und wackelte und drehte sich ständig um die beiden Frauen. Das war nicht ungewöhnlich, die meisten Video-Fragmente waren ähnlich aufgenommen. Er lauschte ihrem Gespräch und spulte langsam stückweise weiter.

»Er hat im Schlaf gesprochen.«, sagte Kacey.

Trish lief neben ihr und sagte kein Wort. Sie wartete drauf, dass seine Frau fortfuhr.

»›Noch ein fehlgeschlagener Auftrag‹, hat er gesagt. Ich weiß, dass er etwas mit Videos macht und es hat wohl etwas mit der nationalen Sicherheit zu tun.«

»Mhmm«, registrierte Trish.

»›Körperliche Inkompatibilität‹, hat er gemurmelt. Doch was ich nicht verstehe, sind die Zusammenhänge. Vor allem, was bedeutet körperliche Inkompatibilität?«

»Ich kenne solche Begriffe aus der Medizin.«, antwortete ihre Freundin.

»Du weißt schon, wenn die Blutgruppen nicht zueinander passen, oder bei Organspenden irgendwelche der fünf Milliarden Werte eine Transplantation unmöglich machen. Scheint so, als ob er was mit Genetik zu tun hat. Kann das sein?«

»Ray und Genetik? Nein, ich glaube nicht.«

»Aber irgendetwas medizinisches oder etwas, was damit zu tun hat?«

Wieder verneinte seine Frau.

»Aber irgend so etwas muss es sein.«, beharrte Trish.

Ray hatte genug gehört und stoppte die Wiedergabe. Dieses Video war eindeutig ein Risikofall. Doch es handelte sich dabei nicht nur um Trish, sondern auch um Kacey. Sie war seine Frau! Wenn er jetzt für sie eine Akte anlegte, wurde automatisch ein Agent auf sie angesetzt. Ray dachte an die fehlgeschlagenen Aufträge und erinnerte sich an einige Abschlussprotokolle aus der Vergangenheit. Sie reichten von kleineren Unverträglichkeiten und allergischen Reaktionen bis hin zu ernsthaften Notfällen wie Schlaganfall und Herzversagen. Bei schlechten Proben oder Fehlern im System waren die Auswirkungen sogar noch drastischer und ließen sich nur noch schlecht medizinisch erklären. In diesen Fällen wurden die Notrufe direkt von ihnen abgefangen, abgearbeitet und ein weiteres Außenteam, mit besonderer medizinischer Ausbildung, sowie ein eigener Notarzt an die Einsatzstelle geschickt. Die Patienten kamen nicht in ein öffentliches Krankenhaus, sondern in ein eigens für sie präpariertes, mit besonderer Überwachung und erweiterten Sicherheitsmaßnahmen.

Selten verstarben die Zielpersonen. Dies konnte in den letzten Jahren deutlich reduziert werden, doch es gab auch heute immer noch Fälle von ›Körperlichen Inkompatibilitäten‹. Sollte er seine eigene Frau diesem Risiko aussetzen?

Ray schloss die Augen, öffnete sie wieder und wusste, was er tun musste. Er verschob das Fragment in den Ordner Archiv.

- 2 -

»Oh Mann, ist die scharf!«

Auf dem Bildschirm der Videokamera waren die langen, gebräunten Beine einer hübschen, jungen Frau zu sehen, die mit Interesse die Auslage der aktuellen Handy-Modelle studierte, nur wenige Meter von Zack Logan entfernt.

Zack schwenkte die Kamera nach oben und folgte den Beinen über ihren Rockansatz bis zu ihrem knackigen Po, um dort einen Moment zu verweilen. Er merkte wie er grinste, doch es störte ihn nicht. Im Gegenteil. Er zoomte so weit heran, bis ihr Hintern den ganzen Bildschirm ausfüllte.

Die junge Frau drehte sich von der Auslage weg und Zack schwenkte die Kamera einmal quer durch den Raum, zurück auf einen Verkäufer, der direkt neben ihm stand.

Er lächelte ihn mit einem breiten Grinsen an.

»Ich sehe, sie gefällt Ihnen.«

»Und wie.«

Zack war hellauf begeistert. Seine Entscheidung war gefallen.

»Die nehme ich.«

Die junge Frau sah auf und lächelte ihn an. Zack grinste über beide Ohren und als sie näher kam, zwinkerte er ihr zu. Sie quittierte es mit einem Augenaufschlag, nur um kurz darauf an ihm vorbei zu gehen und dem Gang zu einem weiteren Regal mit Musik-CDs zu folgen. Sein Blick folgte ihrem provokanten Hüftschwung, bis der Verkäufer ihn erneut aus seinen Gedanken riss.

»Wunderbar, Sie können sie dann am Eingang mitnehmen. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«

Zack schüttelte den Kopf, verneinte die Frage und bedankte sich. Er sah sich nach der jungen Frau um. Der Platz, an dem sie vor einem Moment noch gestanden hatte, war leer. Seine Augen suchten nach ihren langen, blonden Haaren, doch sie waren wie vom Erdboden verschluckt. Nach kurzer Zeit gab er die Suche mit einem Seufzer auf, reihte sich in die Schlange an der Kasse ein und nachdem er bezahlt hatte, hielt er endlich seine neu erstandene Videokamera in den Händen. Genau sein Ding!

Er verließ gerade das Geschäft, als sich sein Handy bemerkbar machte. Zack warf einen Blick auf das Display, schmunzelte und drückte die grüne Taste, um den Anruf entgegenzunehmen.

»Ja, hallo Timmy, altes Haus? Na, alles klar bei dir?«

Sein bester Freund grunzte am anderen Ende der Leitung.

»Alles bestens Logan, wie sieht's aus, kommst du?«

Zack erinnerte sich, dass er vor ein paar Tagen eine Einladung zum dreißigsten Geburtstag seines besten Freundes Timothy bekommen hatte. Ihm war die stilvolle, elegante Karte aufgefallen. Etwas ausgefallen, doch typisch Timothys Art und wenn sein Freund etwas plante, wurde daraus immer ein Erfolg.

»Natürlich komme ich oder meinst du, ich lasse mir das Spektakel etwa entgehen? Immerhin wirst du in den Kreis der alten Säcke aufgenommen!«

Zack machte eine kurze Pause.

»Doch ich muss gestehen, ich habe keine Ahnung, was ich dir schenken kann. Eine Flasche Schnaps für deinen Runden ist etwas zu profan und einen Ferrari kann ich mir mit meinem zarten Gehalt nicht leisten.«

Das war nicht gelogen. Er suchte nach einem Geschenk, das sowohl zu ihm, als auch zu Timothy passte.

»Ach Logan, du weißt, dass du mir nichts schenken musst. Ich freue mich schon, wenn wir uns überhaupt endlich mal wieder sehen.«

Es war ein Jammer, dass die beiden Freunde so weit auseinander wohnten. Doch trotz der Entfernung hielt ihre Freundschaft nun schon seit Jahren. Wie viele andere vor ihnen auch, hatten sie sich in der Schule geschworen, den Kontakt zueinander nicht abreißen zu lassen.

»Ja, Colorado ist halt nicht in Kalifornien.«

»Ja, leider, doch dafür telefonieren wir ja immer mal wieder.«

Nicht gerade wöchentlich und manchmal lagen auch Monate dazwischen, doch sie hielten den Kontakt und zu erzählen gab es immer etwas.

Wenige Minuten später beendeten sie ihr Gespräch und Zack erinnerte sich an ihre gemeinsame Kindergartenzeit. Anfangs hatten sie so ihre Schwierigkeiten, doch es dauerte nicht lange, da gingen sie zusammen durch dick und dünn, durchlebten gemeinsam die Pubertät und trösteten sich gegenseitig, als sie von ihren ersten Freundinnen verlassen wurden. Gemeinsam feierten sie ihren Schulabschluss, bevor Timothy an der Universität von Colorado in Boulder studierte und es Zack in die Sonne zur UCLA nach Los Angeles zog.

Er dachte an die zwischen ihnen liegende Entfernung mit Grauem. Zack konnte das Fliegen nicht ausstehen. Die unnatürliche Enge der Aluminiumröhre ließ ihn an zusammengepresstes Fleisch in einer Wurstpelle denken. Jedes Mal war er überglücklich, endlich wieder aus der Sardinenbüchse aussteigen zu können. Wenn es sich vermeiden ließ, und das tat es in diesem Fall, fuhr er lieber mit dem Zug. Dass er dafür einen ganzen Tag für die Anreise einrechnen musste, störte ihn nicht im Geringsten. Im Gegenteil. So hatte er endlich mal wieder Zeit, um ein Buch zu lesen. Bei diesem Gedanken fiel ihm ein weiterer wichtiger Punkt ein. Er zückte erneut sein Handy und tippte eine Nummer ein. Es klingelte zwei Mal, ehe am anderen Ende abgenommen wurde.

»Hallo Mama.«

Nach einer kurzen Begrüßung kam er gleich zum Kern seines Anliegens.

»Sag mal, Timmy hat in ein paar Tagen Geburtstag. Könnt ihr mich da vom Bahnhof in Colorado Springs abholen?«

Natürlich konnten sie das und sie freute sich schon riesig, ihn zu sehen. Er hatte mit keiner anderen Antwort gerechnet. Vor allem war es äußerst praktisch, dass Timothy in ihrer Heimatstadt feierte. Es gab also ein kleines Freunde-Reunion.

»Klasse! Ich freu mich auch schon auf euch. Hab euch lieb! Und Gruß an Papa!«

Das war erledigt. Alles was ihm jetzt noch fehlte, war ein Geschenk.

Zack schlenderte durch das Beverly Center, ein Einkaufszentrum auf dem Beverly Boulevard, das sich über acht Stockwerke erstreckte. Hier gab es alles, was das Herz begehrte und wo sonst sollte er fündig werden, wenn nicht hier?

Trotz der geräumigen Gänge drängten sich die Menschen. Es schien, als wollte ganz L.A. einkaufen. Dennoch war die Mitte für fliegende Händler reserviert. Zumindest nannte er sie so. Die Aussteller dort wechselten immer wieder und boten Haushaltsgegenstände, Autozubehör und andere überflüssige aber interessante Dinge an. Obwohl es die Leute besser wissen mussten, standen sie in Trauben um die Stände herum. Die Menge zog ihn an und er gesellte sich für einen Moment zu ihnen. Nicht weil ihn die Produkte interessierten, sondern um die Verkäufer zu beobachten, die sich alle Mühe gaben und viele Tricks anwandten, um ihre Ware an den Mann zu bringen. Oder in diesem Fall eher an die Frau.

Nur ein paar Schritte vor ihm stand eine langhaarige Brünette in hautengen, weißen Hosen. Ihr Top war etwas zu kurz, so dass er ihr Arschgeweih, ein Tattoo auf dem Rücken direkt über ihrem Gesäß, aus ihrer Hose herausragen sah. Neben ihr stand ein älterer Mann, der gebannt der Vorführung folgte und Zack war sich sicher, dass er unbedingt einen neuen, vollkommen überteuerten Staubsauger benötigte. Er trug einen grauen Anzug und schütteres Haar bedeckte seinen Kopf.

Zacks Blick glitt zurück zur jungen Dame und dem Tattoo, das ihn immer wieder magisch anzog. Aus dem Augenwinkel bemerkte er, wie der neben ihr stehende Mann angesprochen wurde. Ein junger, adrett gekleideter Snob deutete auf seinen Anzug. Nach wenigen Sätzen schüttelten die beiden kurz die Hände und er verließ den älteren Mann wieder. Es war zu laut, um ihre Unterhaltung mitzuhören, doch für einen Augenblick wirkte der ältere Mann verwirrt. Zack sah wieder zurück zu dem Tattoo und dem darunter sitzenden Knackarsch, einer weitaus angenehmeren Ansicht.

- 3 -

Die letzten drei Tage verbrachte David James damit, sein Ziel ausfindig zu machen und zu observieren. Es war ein Standardauftrag, wie jeder andere auch.

Vor einer Woche bekam er eine verschlüsselte Nachricht auf seinem Handy. Bevor er sich das angehängte Bild einprägte, besah er sich die Details: Bob Burke, Alter 66 Jahre, Rentner, wohnhaft in Los Angeles. Er öffnete seinen Laptop und verband sich über einen mehrfach gesicherten Tunnel mit der Firma. Im dortigen Netzwerk hatte er Zugriff auf ein kurzes Video, das ihm die aktuelle Sachlage präsentierte. David verdrehte die Augen. Es war wieder nur eine Lappalie. Ein Versprecher, der zu viel Kritik andeutete, höchstwahrscheinlich basiert auf dem Frust an der aktuellen Lage und den immer schlechter werdenden Lebensumständen. Trotzdem hatte seine Aussage bewirkt, dass man auf ihn aufmerksam wurde. Er buchte ein Ticket zum Los Angeles International Airport und bestellte ein Cleankit, dass er innerhalb eines Tages an ein Postfach seiner Wahl geliefert bekam.

Am Flughafen von Los Angeles stieg er in ein Taxi und fuhr in die Nähe der Adresse von Bob Burke. Die restlichen Blöcke lief er zu Fuß und beobachtete die Gegend. Am Haus von Burke strich er seinen schicken dunklen Anzug noch einmal glatt und drückte auf den Klingelknopf. Nichts passierte. Burke war nicht zu Hause. David sah sich noch nicht einmal um, zückte ein Dietrichset aus seiner Jacketttasche und knackte innerhalb von Sekunden das Türschloss. Er war so geschickt, dass er nicht einmal einen sichtbaren Kratzer hinterließ. Er schlüpfte ins Haus und zog die Haustür hinter sich zu.

In aller Seelenruhe betrachtete er die altertümliche Einrichtung, fasste nichts an und veränderte auch nichts in der Wohnung seines Opfers. Mit einer beängstigenden Zielstrebigkeit fand er das Bad und trat vor den Spiegel. Bob Burke schien nicht alleine zu leben. Ein Umstand der in seiner Akte nicht vermerkt war, David jedoch nicht weiter störte. Er ignorierte einfach die weiblichen Hygieneartikel und fand nach kurzer Zeit die Rasierutensilien von Burke. Sie waren für ihn nutzlos, ganz anders der Kamm, der nur unweit daneben lag. Vorsichtig säuberte er ihn und sammelte alle Haare und Hautschuppen in einem kleinen, durchsichtigen Hygienebeutel. Danach platzierte er alles wieder dort, wo er es gefunden hatte und verließ die fremde Wohnung. Er war sich sicher, keine einzige Spur hinterlassen zu haben. Mr. Burke würde den Einbruch nicht einmal registrieren.

Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen, nahm er ein Taxi zu seinem Hotel. Auf dem Weg hielt er an einem Postfach und entnahm das bestellte Cleankit. Den ersten Schritt hatte er geschafft. Im Hotel angekommen, gab er den Inhalt des Hygienebeutels in das Analysemodul seines Cleankits und ließ ihn untersuchen. Dieser Prozess dauerte nun mindestens eine Stunde. Er hatte auch schon Fälle, in denen die Analyse länger als einen Tag in Anspruch genommen hatte. Die Zeit nutzte er, um sich ausgiebig auszuruhen. Eigentlich war diese Phase seines Jobs sogar die angenehmste. Er wurde dafür bezahlt, zu warten und nichts zu tun. Ob er nun im Hotelpool ein paar Bahnen schwamm, in der Sauna schwitzte oder auf dem Golfplatz seine Konzentration stärkte, die Arbeit wurde auch ohne ihn erledigt. Er musste lediglich sicherstellen, dass der Analyseprozess nicht verunreinigt wurde. Diesmal zog er es vor, die Massagefunktion seines Bettes zu nutzen und sich ordentlich durchschütteln zu lassen. Er genoss die Vibrationen im Rücken und die Lockerung seiner Muskeln, doch leider war der Dollar, den er in den Automaten neben dem Bett steckte, viel zu schnell verbraucht.

Das Analysemodul hatte seine Arbeit erledigt und eine kleine Kontrolllampe leuchtete in einem matten Blau. David entnahm das Ergebnis, eine etwa handflächengroße Scheibe, ähnlich einem Anstecker, und verstaute sie in seinem Jackett. Er hatte keine Ahnung, was genau das Cleankit machte, wie es funktionierte oder was das für ein Zeug war, dass er jetzt bei sich trug. Alles was er wusste, und alles was ihn interessierte, war, dass es funktionierte. Der zweite Schritt war ebenfalls erledigt und er stand kurz vor dem Abschluss seines Auftrages.

Bevor er sein Zimmer verließ, vergewisserte er sich, dass sein Anzug korrekt saß und sich seine Frisur in einem tadellosen Zustand befand. Er befühlte noch einmal das kleine Päckchen in der Tasche seines Jacketts und korrigierte die Position des kleinen Knopfs an seinem Kragen, den er später noch benötigte. Dann öffnete er die Tür und verließ das Hotel.

Wieder fuhr er mit einem Taxi in die Nähe der Wohnung von Bob Burke und lief die restlichen Blocks zu Fuß. Diesmal verließ sein Ziel gerade das Haus und lief zügig die Straße herunter.

Ganz schön flott unterwegs für einen alten Mann!

David folgte ihm in gebührendem Abstand. Bob kam zu einer Bushaltestelle und stieg in den bereits wartenden Bus.

Verdammt, nicht, dass er mir jetzt schon entwischt!

Der Agent eilte die Straße herunter und winkte dem Busfahrer zu. Der Fahrer nickte und wartete, bis auch David den Bus erreicht hatte. Er trat ein, zahlte und der Fahrer setzte seine Tour fort. David sah sich um. Natürlich saß Burke am anderen Ende. Die Menschen um ihn herum störten den Agenten nicht. Sie waren seine Tarnung und Bob Burke würde ihn nicht sehen. Dabei lag sein größter Vorteil im Überraschungsmoment. Sein Ziel würde nicht wissen, was passiert, bevor es auch schon zu spät war.

Und selbst dann nicht, schoss es ihm in den Kopf. Selbst dann nicht!

Der Bus hielt, Burke stand auf und drängelte sich zum Ausgang. David folgte der Menschentraube und registrierte, wo er war: Beverly Boulevard. Burke lief nun langsamer als vorher, doch immer noch äußerst zielstrebig. David schloss langsam auf. Sie trennten noch zwanzig bis dreißig Meter und er überlegte sich einen Plan. Natürlich würde er hauptsächlich instinktiv und der Situation angemessen handeln, doch David war gern vorbereitet. Je nachdem wie viele Menschen um sie herum waren oder in welcher Umgebung sie sich befanden, legte er sich verschiedenste Szenarien zurecht, um sein Ziel zu erreichen.

Das große mehrgeschossige Einkaufszentrum vor ihnen war nicht zu übersehen. Burke wollte einkaufen gehen. David legte den Kopf leicht schief. Das würde die Sache auf der einen Seite erschweren, auf der anderen Seite vereinfachen. Der größte Unsicherheitsfaktor waren die Menschen. Im Bus war das Gedränge seine Tarnung. Hier waren sie verstreut und es gab viele von ihnen. Burke betrat das Beverly Center und David folgte ihm in kürzerem Abstand. Stets hatte er den Kopf des Mannes fixiert, der ihn immer noch nicht bemerkt hatte. Das sollte ihm nur recht sein.

Plötzlich mischte sich Burke unter eine Menschenmenge, die gebannt einer Staubsauger-Vorführung lauschte. Damit hatte David nicht gerechnet.

Staubsauger! Ernsthaft?

Ohne sich aufzudrängen, folgte er ihm. Sein Ziel stand neben einer langhaarigen, brünetten Schlampe in hautengen weißen Hosen, die ihr nur knapp über den Arsch reichten. Gern hätte er diesen in Natur gesehen.

Vielleicht ein anderes Mal, zu einer anderen Zeit.

Dann hatte er sein Ziel erreicht und stand neben Burke. Wie alle anderen wandte er sich ebenfalls der Vorführung zu, doch am Rande seines Blickfeldes registrierte er die Bewegungen um sich herum. Er schätzte, dass sich dreißig Menschen hier auf engstem Raum befanden und strich die ersten beiden Pläne, die er sich zurecht gelegt hatte. Keiner schien von Burke oder ihm Notiz zu nehmen. Er griff mit seiner rechten Hand in die Tasche seines Jacketts und aktivierte das Cleankit, das er bei sich trug. Es war nicht sehr groß, etwas kleiner als seine Handfläche. Auf einer der beiden flachen Seiten gab es eine Klebefläche, die für ihn gedacht war. Die andere Seite berührte er nicht.

Auf seinem Handy öffnete er eine App und gab einen Bestätigungscode ein. Ein grüner Haken erschien auf dem Display. Die Bombe war scharf. Nur das es eben keine Bombe war, sondern eine Blackbox. Burke folgte immer noch der Vorstellung. David griff an seinen Knopf am Hemdkragen und aktivierte die darin enthaltene kleine Kamera.

Er nahm seinen Arm wieder herunter und stieß absichtlich gegen sein Ziel. Burke drehte sich zu ihm um und sah ihn an. David liebte diesen Moment, Auge in Auge. Es war wie ein unausgeglichener Kampf in einer Arena und er war der sichere Sieger.

»Entschuldigung«, sagte er zu Burke.

»Schon gut«, murmelte sein Opfer.

»Oh, ich glaube, ich habe Sie dort dreckig gemacht.«

David zeigte auf den Ärmel von Burke und begann sofort, einen unsichtbaren Krümel wegzustreichen.

»Ist ja schon gut, es ist nichts passiert.«

Burke zog sich einen Schritt zurück. Anscheinend war es ihm unangenehm. David zog eine kleine Karte aus seiner Tasche und hielt sie Bob entgegen.

»Hier meine Karte. Falls Sie noch etwas finden sollten, melden Sie sich. Ich übernehme natürlich die Kosten für die Reinigung.«

Der alte Mann sah erst ihn an, dann auf die Visitenkarte in seiner Hand. Die flache Scheibe in der Handfläche konnte er nicht sehen.

Als er die Karte entgegen nahm, ergriff David seine Hand und drückte sie kräftig. Burke sah ihn leicht irritiert an, ein Blick, den David nur zu gut kannte. Er nickte noch einmal seinem Ziel zu und schob sich dann an ihm und der Schlampe vorbei in Richtung Ausgang. Er beendete die Aufnahme der Kamera in seinem Kragen, verstaute das Cleankit wieder in seinem Jackett und fuhr mit einem Taxi zurück zu seinem Hotel.

Die verbrauchte Scheibe steckte er wieder in das nun unbrauchbare Analysemodul des Cleankits und überspielte die Videoaufnahme auf seinen Laptop. Nachdem er sich über einen sicheren Tunnel mit seiner Firma verbunden hatte, bestätigte er den erfolgreichen Abschluss seines Auftrages. An die Akte hängte er eine Kopie des Videos an und änderte ihren Status auf Abgeschlossen. Jetzt musste er nur noch das Cleankit zurückschicken, damit es geprüft, entsorgt oder neu bestückt werden konnte.

David wollte gerade die Verbindung trennen, als ihn eine neue Email erreichte. Er runzelte die Stirn. Normalerweise kamen die Aufträge in größeren Abständen und er hatte vorgehabt, noch ein paar Tage in L.A. zu verbringen. Er öffnete die Mail und studierte den Inhalt. Ein weiterer Standard-Auftrag. Sein neues Ziel war ein Schaffner, auf der Zugstrecke zwischen Los Angeles und Colorado Springs. Es wurde Zeit, ein Zugticket zu buchen und ein neues Cleankit zu bestellen.

- 4 -

Ray hatte ursprünglich nicht vor, seine Frau an diesem Abend darauf anzusprechen, was sie ihrer Freundin Trish erzählt hatte. Wie sollte er ihr sein Wissen erklären? Stattdessen unternahm er alles, damit ihr gemeinsamer Abend so verlief, wie an jedem anderen Tag auch. Kacey hatte das Abendessen vorbereitet, als er von der Arbeit zurückkam. Der Tisch in der Küche war gedeckt, sie öffnete den Backofen und holte gegrillte Chicken Wings und gebackene Kartoffeln heraus, die sie auf den Tisch stellte. Aus dem Kühlschrank holte sie eine gekühlte Flasche Weißwein. Ray begutachtete das Etikett, ein kalifornischer Chardonnay, entkorkte sie und schenkte jedem ein Glas ein. Er sprach das gemeinsame Tischgebet bevor sie begannen und während des Essens passierte es dann doch.

»Wann hast du eigentlich Trish das letzte Mal gesehen?«

Kacey sah von ihrem Teller auf.

»Lustig, dass du das ansprichst. Wir waren heute gemeinsam zusammen im Park spazieren.«

Er nickte und knabberte an einem Hähnchenflügel.

»Wie geht es ihr?«

»Gut. Sie hat eine neue Stelle bei Dr. Meyer bekommen, du weißt schon, der Kieferorthopäde in der Nähe vom Pring Ranch Park.«

Ray nickte erneut.

»Das ist schön für sie.«

»Warum fragst du?«

Das war eine gute Frage.

Weil ihr beide zu viel wisst und nicht nur euch, sondern auch mich damit in große Gefahr bringt? Weil euch im schlimmsten Fall körperliche Inkompatibilitäten drohen und mir ein Disziplinarverfahren wegen Insubordination? Weil ihr die nationale Sicherheit gefährdet?

Diese Antworten konnte er ihr nicht geben.

»Nur so, ich dachte nur, ihr könntet ja vielleicht mal wieder etwas gemeinsam unternehmen?«

Doch das braucht ihr ja jetzt nicht mehr, wenn ihr euch heute schon getroffen habt.

Kacey strahlte.

»Ray, das ist eine gute Idee! Was hältst du davon, wenn wir am Wochenende ein Barbecue machen? Wir laden Trish und Marcus zu uns ein, grillen Hamburger, trinken Bier und Wein und haben einfach eine gute Zeit?«

Bevor er antworten konnte, fuhr sie fort.

»Ich werde sie gleich morgen anrufen und fragen, ob sie am Samstag Zeit haben.«

Ray sorgte sich weniger um seine Frau, als um Trish. Sie war eine Klatschbase, die kein Geheimnis für sich behalten konnte. Und genau das machte die ganze Sache so kompliziert.

»Das klingt hervorragend. Ich werde morgen nach der Arbeit gleich alles einkaufen, was wir zum Grillen benötigen. Zur Sicherheit bringe ich auch noch etwas Holzkohle mit. Davon kann man nie genug haben.«

»Du bist echt ein Schatz, Ray. Genau deshalb liebe ich dich so.«

Sie beendeten ihr Abendessen. Ray deckte den Tisch ab und Kacey räumte die Spülmaschine ein.

»Ich bin nächste Woche ein paar Tage in Denver auf einer Konferenz.«, erklärte ihm Kacey.

»Oh. Worum geht es denn da?«

Kacey schloss die Spülmaschine und schaltete sie ein.

»Willst du das wirklich wissen?«

»Nun ja, nicht im Detail, aber grundlegend schon.«

»Also gut, aber sage nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.«

Sie setzten sich aufs Sofa und dann begann sie ihm verschiedenste Projektmanagement-Strategien mit ihren Vor- und Nachteilen zu erläutern. Es dauerte nicht lange, da gab Ray auf, verstehen zu wollen, wovon seine Frau eigentlich sprach.

»Ray, hörst du mir überhaupt noch zu?«

Er sah zu ihr hoch.

»Ähm, natürlich, aber irgendwie kann ich dir nicht folgen.«

Sie lachte.

»Habe ich mir doch schon fast gedacht. In Ordnung Ray, lass es mich kurz zusammenfassen.«

Die nachfolgende Erklärung verstand er, ohne dabei einzuschlafen.

»Und was machen wir jetzt?«

»Im Fernsehen kommt ein neuer Film, den ich gerne sehen möchte.«, antwortete Kacey und schaltete den Fernseher ein.

»Dann lass mich nur noch schnell zwei Kerzen anzünden.«

Ray nahm das Feuerzeug vom Couch-Tisch und entzündete beide darauf befindlichen Kerzen. Dann ging er in die Küche und holte eine weitere Flasche Weißwein aus dem Kühlschrank.

»Und dazu ein Gläschen Wein.«

Er schenkte beiden ein.

»Hier für dich, mein Engel.«

»Ray, das ist jetzt schon die zweite Flasche. Willst du mich etwa betrunken machen? Was hast du denn vor?«

Er grinste sie nur an. Sie stießen an und tranken einen Schluck. Der Film war zwar gut, aber nicht sonderlich spannend. Für Rays Geschmack gab es zu viel Gefühlsduselei, doch Kacey mochte es. Sie kuschelte sich an ihren Mann, was wiederum Ray mochte. Er streichelte ihren Arm und trank seinen Wein. Er genoss ihre Nähe, ihren Duft und wie ihre langen, lockigen Haare seinen Nacken kitzelten.

»Ach war das wieder herrlich romantisch.«

Kacey küsste ihn auf seinen Hals. Während des Films hatten sie die zweite Flasche komplett geleert. Ray spürte ihre Lippen auf seiner Haut, wie sich immer wieder ihre Zunge dazwischen schob und langsam über sein Kinn zu seinem Mund hinauf wanderte. Er drückte Kacey fester an sich und küsste sie lang und innig auf den Mund. Sie sank tiefer in seinen Arm und zog ihn mit sich. Er ließ sie auf das Sofa sinken und beugte sich über sie. Ihre Hände schoben ihm sein Shirt über den Kopf. Knopf für Knopf öffnete er ihre Bluse und küsste ihre Brüste. Kacey warf ihren Kopf nach hinten und stöhnte lustvoll auf. Die Beule in seiner Hose wurde immer größer. Sie griff in seinen Schritt und öffnete seine Hose. Sein steifer Penis schoss wie ein Pfeil heraus und streckte sich ihr entgegen.

»Ich freu mich auch dich zu sehen.«, flüsterte sie mit einem frechen Grinsen und begann ihn sanft zu massieren.

Ray stöhnte, öffnete ihre Hose und zog sie mitsamt ihrem Slip aus. Heute gab es nur wenig Vorspiel. Er legte ihre Beine auf seine Schultern und drang langsam in sie ein. Ihre lustvollen Geräusche turnten ihn nur noch mehr an und sie schaukelten sich gegenseitig auf, bis sie beide laut stöhnend zum Orgasmus kamen.

»Ich werde dich nächste Woche vermissen.«, flüsterte er ihr ins Ohr.

Kacey strich über seinen Rücken, ihre Beine immer noch um seinen Leib gewickelt.

»Und ich dich erst.«, flüsterte sie liebevoll zurück.

- 5 -

Den Schaffner ausfindig zu machen war einfach. Er fuhr jeden Tag die gleiche Strecke, immer und immer wieder. David musste nur den richtigen Zug erwischen. Die Vorbereitungen waren nicht einmal der Rede wert. Sein Ziel lebte allein und war ständig außer Haus. David könnte in seinem Bett schlafen, morgens duschen und sich in der Küche gemütlich ein Spiegelei braten, ohne Angst zu haben, erwischt zu werden. Stattdessen konzentrierte er sich auf ein einfaches Detail und nahm mit der Pinzette ein blutiges Pflaster aus dem Mülleimer im Bad, das er in einen Plastikbeutel steckte. Das Bad war sauber und eine Probe die Blut enthielt, war immer eine gute Probe.

Eugene Peterson war ein unbeschriebenes Blatt, Sternzeichen Löwe und 52 Jahre alt. Er war ledig und fuhr einen weißen Toyota Sprinter, der die besten Jahre bereits hinter sich hatte. Alles in seiner Wohnung ließ auf ein tristes Single-Dasein schließen, das nur selten Frauenbesuch empfing. Eugene schien sich von Pizza und Burgern zu ernähren und sein Kühlschrank war vollgestopft mit Cola und Eiscreme. Das erklärte auch seine sagenhaften einhundertundzehn Kilogramm bei einer Körpergröße von einem Meter siebzig. David schüttelte den Kopf. Eugene verkörperte alles, was er verabscheute. Auch wenn er keine moralischen Bedenken hatte, machte dieses Wissen seine Arbeit leichter. Das fette Schwein würde seine Lektion bekommen, dafür würde er sorgen.

Die Probe, die er entnommen hatte, war frisch und gut. Die Analyse des Cleankits benötigte keine zwei Stunden, um sie auszuwerten und das Ergebnis vorzubereiten. In der Zwischenzeit verschaffte sich David Zugang zu seinem Dienstplan. Er wusste, dass Eugene in drei Tagen wieder von L.A. abfahren musste. Diese Chance wollte er nutzen. Trotzdem durfte er nicht die gesamte Strecke mit dem Zug fahren. Falls durch irgendeinen dummen Zufall doch jemand Nachforschungen anstellte, musste er unauffällig bleiben. Die Route führte mit dem Coast Starlight von L.A. über San Francisco zur Davis Station. Danach ging es weiter mit dem California Zephyr über Reno und Grand Junction zur Union Station nach Denver, woraufhin dann die CDOT South Line noch zwei Stunden nach Colorado Springs benötigte.

Eugene wollte er auf dem Abschnitt zur Davis Station, nur ein paar Kilometer nördlich von San Francisco, antreffen. David entschied sich für die Zugfahrt von Santa Barbara nach San Francisco zum Jack London Square. Die Fahrt dauerte neun Stunden und bot reichlich Zeit, um seinen Auftrag abzuschließen. Von dort war es nicht mehr weit zum Oakland International Airport, wo er sich einen Flug zurück nach Hause nehmen konnte. Er mochte den Plan. Er war einfach, enthielt viel Zeit und hatte einen guten Anschluss zur Rückreise.

Drei Tage später mischte sich David kurz nach dem Mittag unter die Wartenden in der Santa Barbara Station. Um ihn herum waren viele einzelne Reisende, einige wenige Familien mit Kindern und ein paar Rucksack-Touristen. Er hatte sich Eugenes Bild derart fest eingeprägt, dass er ihn mit geschlossenen Augen detailgenau beschreiben konnte.

Der Zug hielt mit quietschenden Rädern und zischte und fauchte, als sich die Türen öffneten. David wartete, bis ein Großteil der Reisenden eingestiegen war und machte sich dann auf die Suche nach seinem Platz. Die Fahrkarte hatte er lässig in seine Hemdtasche gesteckt, sein einziges Gepäck war eine kleine Reisetasche, die etwas Wechselkleidung, eine Zahnbürste und Haargel, sowie seinen Laptop und diverse andere Arbeitsutensilien enthielt.

Es dauerte nicht lange, als Eugene seine Fahrkarte entwertete. David wartete. Er wollte kurz nach Abschluss des Auftrages den Zug verlassen und damit bis San Jose warten. Die Fahrt selbst war nicht sehr ereignisvoll, abgesehen von einem jungen, braunhaarigen Mann in einem Abteil schräg vor ihm. Sein Gegenüber schlief die meiste Zeit, doch immer, wenn Eugene nach neu zugestiegenen Gästen fragte, deutete der junge Mann auf sein Gegenüber und jedes Mal überprüfte Eugene dessen nun bereits schon mehrmals kontrollierte Fahrkarte.

Kann der Idiot sich das nicht merken? Wie oft will er ihn noch kontrollieren? Dem Spinner gehört eine Abreibung verpasst! Bei mir macht er das nur einmal.

David konnte nicht wissen, dass sich ihre Wege später noch einmal kreuzen würden und er wusste auch nicht, dass sie sich bereits schon einmal, nur wenige Meter voneinander entfernt, im Beverly Center gekreuzt hatten. Sollte der junge Spinner aufmüpfig werden, kannte er Mittel und Wege, um ihn schnell und wirkungsvoll zum Schweigen zu bringen.

Nächster Halt: Salinas Amtrak Station.

Es war bald soweit. Von Salinas fuhren sie noch knappe zwei Stunden bis San Jose und in der darauf folgenden Kontrolle wollte David zuschlagen.

Der Zug rumpelte weiter und vor seinem Fenster verschwand die Sonne hinter dem Horizont und tauchte den klaren Himmel in ein feurig leuchtendes orange und rot. Emotionslos beobachtete er das Farbenspiel. Eugene kontrollierte erneut die Fahrkarten. David winkte ab. Der Spinner gegenüber ließ seinen Abteilnachbarn noch einmal die Fahrkarte vorzeigen und wieder kontrollierte Eugene die bereits entwertete Karte.

Kurz vor halb neun erreichten sie San Jose. David aktivierte das Cleankit und bestätigte den Code auf seinem Handy, als der Zug die Station verließ. Er registrierte den grünen Haken auf dem Display und aktivierte die Kamera im Knopf an seinem Hemdkragen. Eine Viertelstunde später kam Eugene erneut vorbei. Wieder kontrollierte er die Fahrkarte des Mannes gegenüber des jungen Spinners. David schüttelte unmerklich den Kopf und konzentrierte sich. Er stand auf und versperrte Eugene den Weg.

»Entschuldigen Sie. Ich wollte beim Jack London Square aussteigen. Habe ich die Station bereits verpasst?«

Eugene lächelte ihn an.

»Keine Sorge junger Mann, Sie sind genau richtig.«

Der Schaffner sah auf die Uhr an seinem Handgelenk.

»In einer knappen Stunde werden wir dort halten.«

David spielte Erleichterung.

»Oh, vielen Dank und Ihnen noch eine gute Fahrt.«

Er streckte dem Schaffner seine Hand entgegen, der sie kurz ansah, dann aber doch ergriff.

Mit einer gewissen Befriedigung registrierte David die Wirkung des Cleankits, ließ Eugene stehen und setzte sich wieder auf seinen Sitzplatz. Der Spinner sah zu ihm herüber und er nickte ihm zu.

Werd jetzt ja nicht frech Bürschchen!

Doch der Spinner reagierte nicht auf seinen Gruß, sondern richtete kurz darauf seinen Blick aus dem Fenster.

Kurz nach halb zehn verließ David den Zug und nahm sich ein Taxi zum Oakland International Airport, wo er sich ein Flugticket kaufte, eincheckte und im Sicherheitsbereich seinen Laptop hochfuhr. Über das öffentliche WLAN baute er eine gesicherte Verbindung zu seiner Firma auf und schloss die Akte von Eugene Peterson. Das aufgenommene Videomaterial lud er als Beweis in dessen Akte hoch. Diesmal hatte er keine neue Email und damit keinen neuen Auftrag in seinem Posteingang. Er trennte die Verbindung und fuhr seinen Laptop wieder herunter. Es wurde Zeit, abzuschalten.

- 6 -

Am nächsten Morgen war Ray überpünktlich auf Arbeit. Er hatte seinen ersten Kaffee getrunken und starrte gedankenverloren auf seinen Monitor. Megan betrat das Büro und nickte ihm zu.