Die großen Western 110 - Howard Duff - E-Book

Die großen Western 110 E-Book

Howard Duff

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Beschreibung

Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Die Herde hinter ihnen lagert in einer Senke. Der alte Brad Morgan zieht seinen Hut, um sich über den kahlen Kopf zu wischen. Dabei streift sein Blick seine beiden Söhne und die schlanke und jungenhafte Gestalt seiner Tochter. "Nolan", sagt er dann langsam und trocken mit seiner sparsamen Sprechweise, an die sich seine Kinder gewöhnt haben. "Nolan, nun ist nur noch Ches an der Herde mit den Boys. Bist du sicher, dass es richtig ist?" Nolan Morgan, der mit seinem schwarzen Haar und seinem scharfgeschnittenen Gesicht wie ein halber Indianer aussieht, nimmt träge den Blick herum und blickt den alten Mann an. Auch die anderen blicken jetzt auf Brad Morgan und zwinkern leicht mit den Augen. Jingo Morgans Gesicht, das Gesicht eines jungen, aber harten Mannes, verschwimmt im Schatten seines Hutes. Es ist ein schmales und kantiges Gesicht mit hellen Augen. Er ist es, der für seinen älteren Bruder antwortet und dem alten Mann seine Meinung sagt. "Dad", sagt Jingo Morgan langsam und sanft. "Ches weiß schon, was er zu tun hat. Und in dieser Gegend sind keine Rustler und Viehdiebe. Markman hat geschrieben, dass die Strecke frei ist. Die Herde lagert. Und wir haben alle schrecklichen Durst." "Euer Durst"

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Die großen Western – 110 –

Die Morgan-Sippe

Howard Duff

Die Herde hinter ihnen lagert in einer Senke.

Der alte Brad Morgan zieht seinen Hut, um sich über den kahlen Kopf zu wischen.

Dabei streift sein Blick seine beiden Söhne und die schlanke und jungenhafte Gestalt seiner Tochter.

»Nolan«, sagt er dann langsam und trocken mit seiner sparsamen Sprechweise, an die sich seine Kinder gewöhnt haben. »Nolan, nun ist nur noch Ches an der Herde mit den Boys. Bist du sicher, dass es richtig ist?«

Nolan Morgan, der mit seinem schwarzen Haar und seinem scharfgeschnittenen Gesicht wie ein halber Indianer aussieht, nimmt träge den Blick herum und blickt den alten Mann an. Auch die anderen blicken jetzt auf Brad Morgan und zwinkern leicht mit den Augen.

Jingo Morgans Gesicht, das Gesicht eines jungen, aber harten Mannes, verschwimmt im Schatten seines Hutes. Es ist ein schmales und kantiges Gesicht mit hellen Augen.

Er ist es, der für seinen älteren Bruder antwortet und dem alten Mann seine Meinung sagt.

»Dad«, sagt Jingo Morgan langsam und sanft. »Ches weiß schon, was er zu tun hat. Und in dieser Gegend sind keine Rustler und Viehdiebe. Markman hat geschrieben, dass die Strecke frei ist. Die Herde lagert. Und wir haben alle schrecklichen Durst.«

»Euer Durst«, sagt der alte Mann grollend. »Immer muss man auf euch aufpassen, wenn ihr verrückte Ideen bekommt. Durst, als wenn ihr nicht warten könnt, bis der Trail vorbei ist. Was sind schon vierzehn Tage? Ihr müsst wieder in eine Stadt und werdet euch betrinken. Aber ich sage euch, diesmal passe ich auf. Habt ihr verstanden, Söhne?«

»Sicher«, sagt Nolan träge. »Wir denken auch nicht so sehr an Durst, als an die vierhundert Rinder, Dad, die du Fillmore verkaufen willst. Er wird in der Stadt schon warten.«

Er seufzt, der alte Mann, der in der weitverzweigten Morgan-Sippe das Ruder fest in seinen Händen hält und alles bestimmt, was in der Sippe geschieht.

»Kommt«, sagt er. »Wir reiten, Mädel.«

Sie reiten dem alten Mann nach. »Socorro«, sagt der alte Brad hart. »In dieser Stadt hatte ich meinen ersten Revolverkampf auszutragen. Verdammt, wenn ich daran noch denke.«

Er hat darüber gesprochen, was vorher war und wie seine Jugend aussah. Manchmal hat er seinen Söhnen nur von der damals harten Zeit mit Rindern und landhungrigen Halunken erzählt. Aber er sprach nie von Socorro.

»Reitet zu einem Saloon, ich treffe euch dort, wenn ich mit Fillmore gesprochen habe.«

Er nickt ihnen zu, wendet dann das Pferd und reitet los.

Seine Kinder folgen langsam.

*

Jingo Morgan hält das Glas in der Hand. Er zuckt zusammen, sein Arm hält in der Bewegung inne, und seine Augen sausen zu Nolan hin.

Nolans Gesicht sieht wie eine harte und kalte Maske aus, in der kein Leben steckt. Die hellen Augen Nolans funkeln leicht, und seine Hand stellt krachend die Flasche auf den Tisch zurück.

Durch die Nacht dröhnen drei, vier Schüsse.

Die Leute im Saloon sind aufgesprungen und starren auf die Schwingtür.

Und dann sagt einer scharf und fauchend: »Das kommt von drüben. Das kommt von der Gasse, in der Fillmores Viehbüro liegt. Verdammt, wer schießt denn da?«

Er schweigt wieder, denn es dröhnt zweimal, dreimal peitschend und grollend. Jetzt springen sie alle auf, und Nolan sieht Jingo an.

»Komm nach, Schwester«, sagt er dann scharf. »Das war Dads Revolver. Komm, Jingo, schnell.«

Er ist auf dem Vorbau, sieht drüben, weit links, einen Mann laufen und hört ihn brüllen: »Da hat jemand geschossen. Da war es, in der Rivergasse.«

Er sieht den Mann laufen und sieht die dunkle Mündung der Gasse. Und er hört, wie Jingo keuchend sagt: »Dad, verdammt, wenn er nur nicht verletzt ist.«

Die beiden Brüder laufen nebeneinander und hasten auf die Gasse zu, auf die noch mehr Leute zulaufen. Und dann grollt in das Geschrei des Mannes hinein, der als Erster an der Gasse ist, der fauchende Abschuss eines Karabiners. Fast in derselben Sekunde hämmert in der Gasse ein Revolver los, etwas klirrt laut, und der gellende Schrei einer Frau kommt hoch.

Irgendwo in der Nacht und im Hintergrund der Gasse kommt Hufgetrappel auf, dann feuert der Karabiner wieder und drei, vier Männer werfen sich in den Staub. Aus dem Staub spritzen lange Fahnen hoch, fegt es über die Straße, und der Karabiner dröhnt so laut, dass das Echo über die Gasse rollt und sich an den Hauswänden bricht.

»Hinein«, sagt Nolan heiser. »Schnell, Bruder, da steckt ein ganzes Rudel. Hinein in das Haus hier.«

Sie sehen beide die offene Haustür, einen Mann in ihr, der verstört auf sie blickt, und Jingo sagt scharf und fauchend zu dem Mann: »Aus dem Weg, verdammt! Geht es hier hinten durch?«

Er wartet die Antwort nicht ab, stößt den Mann zur Seite und rennt in langen Sprüngen durch den Hausflur nach hinten. Und da erst sagt der Mann heiser und aufgeregt hinter den beiden Morgan-Brüdern: »In den Hof und über den Zaun. Ihr kommt dann hinter den Palast von Fillmore.«

Sie laufen beide, reißen die Tür auf und springen in den Hof. In der Gasse brüllt der Karabiner noch einmal, und als sie auf dem Hof sind, hören sie einen Mann schreien: »Nicht in die Gasse, sie schießen. Nicht in die Gasse.«

»Verdammte Halunken«, sagt Nolan keuchend hinter Jingo. »Jetzt hoch und über den Zaun. Los, Bruder.«

Er springt auch schon hoch, der Bretterzaun ist für sie kein Hindernis, und schon sind sie drüben. Aus dem Haus links von ihnen ertönt Lärm, ein Mann schreit irgendetwas, und Jingo wirft sich über den flachen Staketenzaun, der das Haus von dem nächsten trennt. Sie setzen noch über einen Zaun, umrunden einen Schuppen und sehen den schmalen Weg, der sich zwischen den Häusern hinzieht.

Links von ihnen ist eine Tür in einem Haus sperrangelweit offen, das Licht einer Lampe fällt in die Dunkelheit, und Jingo läuft mit gezogenem Revolver auf die Tür zu.

Nolan, der unmittelbar hinter ihm ist, zieht die Luft durch die Nase, blickt nach oben und sieht das Schild mit Fillmores Namen über der Tür.

»Pulverrauch«, sagt Nolan scharf. »Bruder, hier war es. Schnell hinein. Warte, ich zuerst.«

Er packt Jingo am Arm, reißt ihn zur Seite und springt in einem Satz die drei Stufen der Treppe hoch, landet mit dem Colt in der Faust im Raum und sieht starr auf die offenstehende Tür des Nebenraumes.

In der Luft hängt dicht und bläulich Pulverrauch, der träge durch die Tür abzieht.

Jingo steht unmittelbar hinter Nolan und fragt heiser und keuchend: »Wo ist Fillmore, und wo ist Dad? Dad will ihm Rinder verkaufen.«

Er dreht sich scharf um. Und dann sehen sie sich an, und sie spüren alle die lastende Stille in dem Raum, und die dunkle Ahnung greift nach ihnen.

Jingo Morgan steht still und starrt auf die Tür. Er wagt nicht, sich zu bewegen und sieht zaudernd auf Nolan, der langsam seinen Colt senkt und heiser fragt: »Dad, bist du hier drin?«

Nolan Morgan sieht nach rechts und sieht nach links. Sein Kopf bewegt sich nicht. Nur seine Blicke wandern durch den Raum und bleiben auf Fillmore liegen.

Dann wandern seine Augen weiter. Nolan Morgen sagt nichts. Er blickt nur aus dunkel schimmernden Augen auf seinen Vater und sieht ihn an. Er sieht das Gesicht des alten Mannes, der auf der Seite liegt und die Hand ausgestreckt hat.

»Er ist tot«, sagt Nolan mit einer Stimme, die Jingo schrecklich und fremd vorkommt. »Jingo, Bruder, unser Vater ist tot.«

Er schweigt mit einem schrecklichen und gepressten Laut. Jingo spürt auf einmal, wie ihm die Augen brennen und wie er schlucken muss. Er spürt eine entsetzliche und unfassbare Leere in seinem Kopf.

»Dad«, sagt er und geht taumelnd vorwärts. »Dad, warum …«

Er sieht auf Nolan, der langsam vor ihm her in das Zimmer geht, und sieht, wie Nolan sich bückt und den Colt vom Boden hochnimmt.

Und Jingo klammert sich am Tisch neben der Kugelfurche fest, und die Handknöchel treten weiß heraus.

»Ich werde sie finden!«, sagt Nolan auf einmal in die Stille hinein, die nur Jingos krampfhaftes Keuchen unterbricht. »Ich werde sie finden und umbringen. Das schwöre ich hier. Ich schwöre es dir, Dad. Ich werde sie umbringen, und wenn ich dabei sterben sollte.«

Er sieht Jingo an. Und dann steht er langsam auf und sieht die Erschütterung und die schwimmenden Augen Jingos.

»Bruder«, sagt er heiser. »Bruder, jetzt sind wir allein. Du musst jetzt ein richtiger Mann sein, Jingo. Hast du mich gehört? Ein Morgan weint nie, hast du verstanden?«

»Ja, Bruder«, sagt Jingo schluckend. »Ja, ich weiß. Ich – ich werde ihm keine Schande machen. Er war immer so stolz auf die Morgan-Sippe. Ich werde …«

Er schweigt mit einem krächzenden Laut und wischt sich fahrig mit dem Ärmel über das Gesicht. Und dann sieht er, wie Nolan nickt und ihm auf die Schulter klopft.

»Vergiss nie«, sagt der große Bruder Nolan langsam und schwer. »Immer, wenn er vom Sterben sprach, wollte er, dass er in der Weite des Landes begraben wurde. Immer wollte er es so. Unter einem Weg, über den Hufe laufen, viele Hufe. Rinderhufe, Bruder, denn er war ein Rindermann. Wir werden ihn hier begraben. Irgendwo unter dem alten Trailweg von Süden nach Norden und Santa Fé. Hier wird er liegen, und hier wird er sie hören, seine Rinder.«

Er dreht sich langsam um, als er die Leute kommen hört, und sein Gesicht ist kalt und abweisend, als sie in den Raum stürmen.

Und er sagt seltsam spröde zu Jingo: »Der Geldschrank ist offen, und die Schlüssel liegen da am Boden. Fillmore wollte Rinder kaufen und hatte sicher sein Geld hier im Schrank. Und sie kamen durch die Tür und schossen gleich. Es war Mord, Bruder. Komm, wir tragen Dad auf sein Pferd und reiten aus dieser verdammten Stadt. Fass an, Bruder!«

»He, was ist passiert?«, fragt einer der Männer heiser. »Was ist los, wartet, bis der Sheriff kommt. Ihr könnt doch nicht …«

»Du hast es doch gehört, Mann«, sagt Nolan hart und scharf und blickt den Mann grimmig an. »Fillmore wollte mit meinem Vater über Rinderkauf sprechen. Und die Burschen sind durch die Tür gekommen und haben geschossen. Der Schrank da ist leer, du siehst es doch, wie?«

Er sieht Jingo an, und Jingo bückt sich mit blassem Gesicht über seinen Vater.

Sie heben beide den alten Mann hoch und tragen ihn durch eine Gasse in der Mauer der Menschen aus der Tür. Sie sehen keine Gesichter deutlich. An den beiden Brüdern gleitet alles vorbei, als wenn es nicht wirklich ist. Und die Gasse ist dunkel, und hinter ihnen ist irgendwo eine Stimme, die heiser und aufgeregt sagt: »Mein Gott, Fillmore. Er war vor einer halben Stunde bei mir und holte sich zwanzigtausend Dollar. Wo ist seine Frau und der Junge?«

Und jemand sagt in der Finsternis mit einem flachen und gleichgültigen Ton: »Harvey, sie sind bei seiner Schwester in San Acacia zu Besuch.«

Jingo geht mechanisch und sieht auf seinen Vater herab. Er sieht starr auf den alten Rock, den Brad Morgan seit vielen Jahren trug und an den er sich gewöhnt hatte wie an seine Pfeife und die Zigarren.

Und mit jedem Schritt wird seine Leere im Kopf kleiner, und sein Grimm bricht sich immer mehr Bahn.

»Bruder«, sagt er heiser und sieht auf Nolans Rücken. »Bruder, wir werden beide nach den Burschen suchen und sie auch finden. Und dann werden wir sie umbringen, Nolan. Ich bin alt genug, es zu tun.«

»Jetzt bist du alt genug, ja«, sagt Nolan schwer und geht immer weiter. »Wir werden es tun. Was sagen wir nur Linda?«

Sie bleiben beide stehen, und beide sehen sich an. Und in ihren Augen ist Schmerz, Zorn und Ohnmacht zugleich. Sie werden es Linda sagen müssen. Und niemand von ihnen weiß, wie sie es aufnehmen wird.

»Geh«, sagt Jingo heiser. »Nolan, geh, wir werden es ihr sagen. Sie hat ja noch uns. Auch sie ist eine Morgan. Und sie wird es überstehen.«

Sie kommen aus der Gasse und gehen bis an den Balken und sehen auf den Schimmel des alten Mannes. Und die Leute, die auf der Straße sind, starren auf die beiden Brüder, und eine Frau dreht sich schnell und verstört um, als sie die beiden Männer den alten Mann hochheben sieht und auf das Pferd legen.

»Wo ist Linda?«, fragt Nolan unruhig. »Bruder, binde Dad fest. Wo ist Linda?«

Jingo sieht sich um, aber seine Augen suchen umsonst nach Linda. Er sieht sie nicht, sie müsste ihnen nachgekommen sein, das ist sicher.

Und auf einmal spürt er Schreck in seinen Gliedern und sagt heiser und hoch.

»Wenn sie uns mit ihm gesehen hat, wenn sie weggelaufen ist, Bruder, einfach weggelaufen und kopflos …«

Nolan schlingt das Lasso fest und dreht sich um. Das Ende Lasso hängt herab und die beiden Brüder sehen sich an.

Und genau das ist der Augenblick, in dem sie es beide hören und es sie wie ein Schlag trifft.

Eine helle Stimme ruft:

»Nolan, komm schnell. Hilf mir.« Nolan hebt den Kopf und sieht Jingo an. Sie hören beide den Ruf, und Jingo will blindlings losstürzen. »Bruder, schnell«, sagt Jingo fauchend. »Das war im Saloon.«

Er rennt los, aber Nolans eiserner Griff erwischt ihn an der Schulter und reißt ihn herum.

»Nicht durch die Tür«, sagt Nolan scharf. »Es kam von rechts. Da ist eine Gasse. Hinein und durch das nächste Fenster in den Bau. Schnell, verdammt, sei kein Narr. Nur nicht durch die Tür. Diese Stadt ist die reinste Hölle …«

Er springt wild los und reißt Jingo mit. Jingo taumelt hinter ihm her, und da kommt auch schon der zweite Schrei, und beide Brüder sind direkt in der Gasse, die schmal zwischen Store und Saloon in die Dunkelheit läuft.

Links von ihnen ist eine schmale Tür und eine zweistufige Treppe aus Holz.

Und der Ruf Lindas kommt genau aus dieser Tür und den geschlossenen Fenstern rechts von ihnen.

Nolans wilder Blick richtet sich auf die Tür, und Jingo sagt keuchend: »Spring sie an. Ist sie zu, geht sie auf. Und schaffst du es nicht, dann weg, dann springe ich nach.«

Nolan nickt nur hart und finster, rennt auf die Tür zu, prallt im nächsten Augenblick dagegen und fühlt, wie die Tür krachend birst. Er kracht so schwer an, dass die Tür aus den Angeln gerissen wird und er in den Raum fliegt.

Jingo sieht die offen stehende Tür und zieht halb unbewusst seinen Colt.

Im nächsten Augenblick, es geht so schnell, dass er kaum weiß, was eigentlich passiert, hört er Nolans scharfen Ruf: »Vorsicht, er schießt!«

Jingo handelt wie eine Pantherkatze und saust in einer Rolle über einen Tisch hinweg und auf der anderen Seite zu Boden. Er sieht im ungewissen Licht einen Schatten vom Boden hochkommen, sieht die Bluse Lindas leuchten und prallt auch schon auf den Boden. Er fällt zugleich mit dem dröhnenden Abschuss eines Revolvers auf die Dielen und die Kugel faucht um Haaresbreite über ihn hinweg.

Er hört Nolan kalt und scharf sagen: »Weg den Revolver«, und sieht den Schatten des schwarzhaarigen Mannes einknicken.

Der Mann duckt sich, reißt jetzt mit einer fließenden und unheimlich schnellen Bewegung beide Hände hoch, und Jingo sieht das Blinken der Revolver.

Im gleichen Augenblick macht Jingo wie von allein eine zuschnappende und vorschnellende Bewegung.

Dies ist die Sekunde, in der Jingo Morgan unbewusst etwas macht, was er hundertmal geübt hat und nie ausführte.

Er sticht, genau wie es ihm der alte Brad und Nolan gelehrt haben, den Colt wie eine Lanze heraus und hat den Zeigefinger wie einen Zeiger auf den Schatten gerichtet.

Und der Daumen reißt mit einem schnappenden Zug den Hammer des Colts zurück und lässt ihn wieder los.

Jingo Morgan sieht über den langen Lauf seines Revolvers, sieht den Schatten irgendwo hinter diesem Lauf und lässt den Hammer seines Revolvers jäh los.

Er wundert sich ein wenig, warum der Revolver in seiner Hand plötzlich ruckt und eine Feuerlanze ausspuckt.

Der Mann vor ihm stößt ein heiseres und durchdringendes Keuchen aus, fällt immer mehr zusammen und wird kleiner und kleiner. Es poltert heftig auf den Dielen, es klappert irgendwo vor Jingo, und dann fällt etwas mit seltsam dumpfem Anprall auf den Boden.

Heiser und fauchend dringt Nolan Morgans Schrei in die Zwielichtigkeit des Raumes hinein: »Steh still und die Hände hoch. Verdammt, die Hände …«

Nolan Morgan steht breitbeinig an der zersplitterten Rahmung der Tür und hat seinen Colt tief an der Hüfte im Anschlag. Er sieht hinten eine Tür aufgehen und erkennt, hell beleuchtet von den Lampen im Saloon, den Schatten eines Mannes in ihr, hinter den sich noch ein anderer drängt.

Und der Mann in der Saloontür reißt mit einer fließenden und schrecklich schnellen Bewegung seinen Colt heraus.

Nolan Morgan sagt nur eine Warnung, dann macht er den Finger krumm, und der Colt an seiner Hüfte brüllt laut und grollend durch den Raum.

Der Mann auf der Treppe wird gegen die Tür gestoßen, taumelt und sagt schrill in das Poltern seines Eisens hinein.

»Nicht schießen. Nicht …«

Jingo dreht sich, hat seinen Revolver hoch und sieht den zweiten Mann taumeln, als der erste auf ihn prallt. Und er sagt. »Streckt die Hände hoch! Streckt sie hoch, oder ich blase euch mittendurch!«

Die beiden Männer stehen jäh still, reißen die Arme hoch, und während der eine stöhnt und sich schwer an den anderen lehnt, sagt Nolan heiser und gallenbitter: »Jingo, du verdammter Narr, ich hätte ihm die Eisen aus den Fingern geschossen. Du hast ihn erschossen. Er ist tot.«

»Reinkommen!«, sagt er fauchend zu den Männern. »Keine verkehrte Bewegung oder ihr habt es. Jingo, nimm den anderen Burschen den Revolver weg. Schwester, bist du heil?«

»Ja«, sagt sie stockend und kauert schluckend am Boden. »Ja, ich bin schon …«

Sie steht auf und lehnt sich kreidebleich und keuchend an die Wand. Ihr Blick fliegt zu dem schlanken schwarzhaarigen Mann hin.