Heißer Sattel - G.F. Waco - E-Book

Heißer Sattel E-Book

G. F. Waco

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Beschreibung

Der Autor steht für einen unverwechselbaren Schreibstil. Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten. Er scheut sich nicht detailliert zu berichten, wenn das Blut fließt und die Fehde um Recht und Gesetz eskaliert. Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Die Stadt Cripple Creek hat sich von Ost nach West ausgedehnt, weil das Tal zum Mineral Hügel zu steil ansteigt. Die Straßen sind wie ein Schachbrett angelegt. Jim O'Toole reitet die Main Street entlang. Wagen sind ständig unterwegs, die Stadt hat sich innerhalb der letzten drei Jahre stark vergrößert und alles, was man einem Miner vorsetzen kann. Dazu gehören Stores, in denen man viele Dinge kaufen kann, und Tanzhallen, in denen man…, nun ja, dort kann man auch einen Drink kaufen. Man hat O'Toole in der Penrose Station gesagt, daß er John Ross Gills entweder in seinem Büro in der Stadt oder auf seiner Ranch antreffen könnte. Es ist Nachmittag. O'Toole, der wie immer zusammengesunken auf seinem Pferd sitzt, hat sich für die Stadt entschieden. Da man ihm gesagt hat, daß sich Gills am Nachmittag meist in der Stadt aufhielte. Der Weg zur Gills-Ranch führt nach Westen in den Vier-Meilen-Bach. Die Stadt liegt also näher für Jim, der immer noch zur Ranch reiten kann, wenn er Gills nicht in der Stadt findet. Zwei Reiter, die O'Toole entgegenkommen, blicken aus großen Augen auf sein Pferd. Dann halten sie hinter ihm an und sehen ihm nach. Der eine beginnt zu kichern, der andere lacht laut, als der erste etwas sagt. Drüben stehen zwei aufgeputzte und stark gepuderte Girls mit Minern zusammen auf dem Vorbau des »Paradise on Earth«, eines Saloons. Die Miner vergessen ihre Reden mit den gepuderten Schönen und betrachten Reiter und Pferd. »Siehst du das?« fragt der eine laut und wendet sich um. »Ist das ein

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Die großen Western – 184 –

Heißer Sattel

G.F. Waco

Die Stadt Cripple Creek hat sich von Ost nach West ausgedehnt, weil das Tal zum Mineral Hügel zu steil ansteigt. Die Straßen sind wie ein Schachbrett angelegt. Jim O’Toole reitet die Main Street entlang. Wagen sind ständig unterwegs, die Stadt hat sich innerhalb der letzten drei Jahre stark vergrößert und alles, was man einem Miner vorsetzen kann. Dazu gehören Stores, in denen man viele Dinge kaufen kann, und Tanzhallen, in denen man…, nun ja, dort kann man auch einen Drink kaufen.

Man hat O’Toole in der Penrose Station gesagt, daß er John Ross Gills entweder in seinem Büro in der Stadt oder auf seiner Ranch antreffen könnte.

Es ist Nachmittag. O’Toole, der wie immer zusammengesunken auf seinem Pferd sitzt, hat sich für die Stadt entschieden. Da man ihm gesagt hat, daß sich Gills am Nachmittag meist in der Stadt aufhielte.

Der Weg zur Gills-Ranch führt nach Westen in den Vier-Meilen-Bach. Die Stadt liegt also näher für Jim, der immer noch zur Ranch reiten kann, wenn er Gills nicht in der Stadt findet.

Zwei Reiter, die O’Toole entgegenkommen, blicken aus großen Augen auf sein Pferd. Dann halten sie hinter ihm an und sehen ihm nach. Der eine beginnt zu kichern, der andere lacht laut, als der erste etwas sagt.

Drüben stehen zwei aufgeputzte und stark gepuderte Girls mit Minern zusammen auf dem Vorbau des »Paradise on Earth«, eines Saloons. Die Miner vergessen ihre Reden mit den gepuderten Schönen und betrachten Reiter und Pferd.

»Siehst du das?« fragt der eine laut und wendet sich um. »Ist das ein Pferd oder ein Ziegenbock, Bruder?«

»Eine Kreuzung zwischen Giraffe und Maulesel, möchte ich sagen«, erwidert der andere. »Der Hals zu lang, die Beine zu dünn, der Bauch dick nach unten, aber eingefallen an den Seiten. Gleich fällt der Gaul um und steht nicht mehr auf.«

O’Toole aber sitzt zusammengesunken auf seinem Grauschimmel und blickt nicht mal hin. Er kennt das. Er hat sich daran gewöhnt, daß man sein Pferd verulkt.

Dann sieht O’Toole das Mädchen.

Es ist ein wohlgewachsenes, sehr blondes und großes Mädchen, das mit einer zierlichen Brünette zusammen aus einem Store kommt.

Sicher ist das braunhaarige Mädchen mit der Stupsnase von Natur aus lustig veranlagt, denn es beginnt hell zu lachen und bleibt stehen.

»Nancy, sieh mal das Pferd an.«

Nancy ist die Blonde. Sie bleibt neben der braunhaarigen Stupsnasenträgerin stehen und muß lächeln. Ein ernstes Mädel, denkt O’Toole, ein ganz prächtig gewachsenes Fohlen. Sie lächelt, sie muß ja lächeln, ich kann’s ihr nicht verübeln, wenn sie es macht. Ich würde ja auch grinsen. Als ich Skibo zuerst gesehen habe, da mußte ich mich schütteln vor Lachen. Der Alte aber, dem das Pferd gehörte, der hat mich ziemlich böse angesehen und gesagt, ich solle erst mal aufsitzen. Na ja, das habe ich denn auch getan. Und seit diesem Tag wurden wir Freunde.

»Oh, wenn Dad den sieht, dann lacht er sich krank, Milly. So ein Pferd bei uns zu Hause, ich glaube, Dad würde sich der Magen umdrehen.«

Sie lacht wieder und geht dann auf dem Gehsteig weiter. Milly blickt sich noch einmal um. Aber der Mann auf dem Pferd hat den Hut zu tief, sie kann sein Gesicht nicht erkennen.

Jim O’Toole reitet nach links, denn er entdeckt das Schild. Das Haus ist nicht groß, aber der Hof dahinter. Ein Schuppen, zwei Ställe, ein Corral und im Corral einige sehr gute Pferde, das erkennt O’Toole sofort.

Hier ist also John Ross Gills’ Pferdehandlung.

Das Schild hat etwas Farbe verloren, es ist in der Sonne ausgebleicht, aber Hof und Gebäude sind sauber.

Die beiden Mädchen sind links von ihm stehengeblieben und betrachten eine Auslage von Damenhüten.

»Ach, der süße kleine Hut«, sagt Milly seufzend. »Ich wollte, ich hätte mir neulich nicht diesen Federhut in Colorado Springs gekauft. Wenn ich Dad sage, daß ich schon wieder einen haben will, dann wird er wild.«

»Hüte, was du nur immer mit Hüten hast«, erwiderte Nancy kopfschüttelnd. »Milly, die schönste Zierde einer Frau sagt mein alter Vater immer, ist ihr Haar. Und es unter einem Hut zu verstecken, das ist pure Sünde.«

Sie muß ’nen klugen Vater haben, denkt Jimmy O’Toole. Ist wahr, sie braucht ihr Haar nicht zu verstecken.

Dann hält er an und steigt langsam ab, genau vor dem Balken, der vor dem Haus mit John Ross Gills’ Schild ist.

In diesem Moment gehen die beiden jungen Damen weiter. Die stupsnäsige Milly wirft einen Blick auf das Pferd und sagt glucksend, wenn auch leise: »Er hat einen schrecklich langen Hals, aber sieh mal, was für lustige Augen er hat.«

Jim hat sein Pferd angebunden und tritt neben die Mädels auf den Gehsteig. Einen Augenblick hält er die Luft an. Und dann sagt die lebende Mumie mit dem zu langen Hals und den lustigen Augen: »Dafür hast du aber eine lustige Nase, Milly.«

»Huch«, sagt Milly entsetzt und hält sich erschrocken an Nancy fest. »Nancy, was war das? Sieh mal, huch, er redet.«

»Ich kann auch rechnen«, sagt Skibo, die Mumie, mit tiefem Baß. »Wetten, daß du zuviel für den Hut in Colorado Springs ausgegeben hast, Milly?«

Die beiden Mädels blicken entsetzt auf den redenden Gaul, während Jimmy O’Toole grinsend auf die Tür des Büros zugeht und noch Nancy sagen hört: »Das ist nicht möglich. Ein Pferd kann doch nicht sprechen. Wo ist denn dieser…«

Dieser Mann ist schon durch die Tür ins Haus gegangen und kommt in einen einfach möblierten Raum, in dem ein jüngerer Mann rittlings auf einem Stuhl hockt und in einem Regal irgendwelche Papiere sucht.

»Hallo«, sagt Jim O’Toole freundlich, als sich der blonde Mann umdreht und ihn fragend ansieht. »Ist Mr. John Gills im Haus?«

»Ich bin John Gills, der Sohn«, erwidert der Blonde kurz. »Was soll es sein, mein Freund? Ein Pferd?«

Jimmy O’Toole antwortet trocken: »Ich bin der neue Zureiter von Mr. Gills.«

Der Junge sagt zuerst gar nichts. Er blickt Jim nur wie einen Irren an und steht dann langsam auf.

»Wie war das?« fragt er dann verdutzt. »Du bist der neue Zureiter?«

»Ich denke so«, murmelt Jim ruhig. »Man hat mir gesagt, daß Mr. Gills einen neuen Zureiter braucht. Irgendwer soll den letzten Zureiter, nun, sagen wir, etwas gestreichelt haben. Ich bin der neue Zureiter, mein Freund.«

»Der neue – ich werde verrückt«, antwortet John Gills überrascht. »Hat dich mein Vater hergeschickt?«

»Nein«, versichert Jim treuherzig. »Ich muß es ihm erst noch sagen. Ist er nicht hier?«

John Gills junior sieht ihn sprachlos an, schluckt dann und lehnt sich an das Regal.

»Moment mal, so etwas ist mir noch nicht passiert. Du hast also meinen Vater nicht getroffen, er hat dich nicht eingestellt, ist das richtig?«

»Vollkommen«, erwidert Jim ernst. »Aber er wird mich einstellen, ich bin ganz sicher. Wo ist er denn hin, ist er auf der Ranch?«

»Nein, mein Vater bringt mit zwei Männern ein Dutzend Pferde für die Expreßlinie nach Colorado Springs und wird nicht vor dem Abend zurück sein«, erwidert John Gills. »Mann, du hast also etwas über unseren ehemaligen Zureiter gehört? Weißt du, was ihm passiert ist?«

»Ich nehme an, daß die Leute in Penrose mir die Wahrheit gesagt haben«, sagt Jim. »Danach soll euer Zureiter draußen im Pferdecamp eurer Ranch Besuch erhalten haben. Der Besuch hat ihm wohl mit dem nötigen Nachdruck eine Rede gehalten. Daraufhin ist der Mann gegangen, obwohl man ihm hundertzwanzig Dollar den Monat versprochen gehabt hat. Ist das wahr, dann bin ich der Mann, der die hundertzwanzig Dollar gebrauchen kann.«

John Gills schließt einen Moment die Augen. Sicher denkt er, daß er nur träumt und er, macht er die Lider auf, keinen Mann mehr im Büro sieht. Aber der Mann ist da, obwohl Johnny Gills die Lider sehr weit aufmacht, nachdem er sicher ist nicht zu träumen.

Er blickt Jim O’Toole prüfend an, dann sagt er langsam: »Wenn du so reiten wie reden kannst, vielleicht, aber ich kann das nicht entscheiden. Wie heißt du?«

»O’Toole«, antwortet Jim friedfertig. »Jim O’Toole, oder auch Horse-Jim, so nennt man mich auch in Texas.«

John Gills wird plötzlich munter.

»Wie heißt du? Du bist Horse-Jim? Aber du reitest doch für die Kings-Ranch in Texas.«

»Ich bin geritten«, sagt Jim O’Toole. »Ein Jahr lang, glaube ich. Jetzt bin ich hier.«

»Unglaublich, du bist Horse-Jim«, sagt John Gills verstört. »Jeder weiß doch, daß du… Captain King hat dich doch gekauft, so hat es geheißen.«

»Geheißen«, erwidert Jim trocken. »Mr. King kauft niemanden auf der Welt, denn es ist in ganz Texas eine Ehre, für die Kings-Ranch zu reiten, mein Freund. Ich bleibe nirgendwo länger als ein Jahr, das ist mein Prinzip. Darum bin ich jetzt hier. Ich bin der neue Zureiter der Gills-Ranch.«

Gills blickt ihn an, dann zur Tür, die aufgeht. Die beiden Mädels treten ein. John blickt wieder Jim an und fragt bedächtig, etwas mißtrauisch jedoch: »Du bist wirklich Horse-Jim?«

Jim O’Toole faßt in die Brusttasche, zieht seine abgegriffene Ledertasche heraus und klappt sie auf.

»Dies«, sagt er ruhig und entfaltet ein Blatt Papier, »ist ein Schreiben von Captain King. Lesen kannst du sicher.«

Einen Moment blickt ihn John Gills etwas schärfer an, dann liest er und faltet das Blatt langsam zusammen.

»Ja«, sagt er dann leise. »Lesen kann ich. Es stimmt, aber ich kann das nicht entscheiden. Dad will jemand aus Colorado Springs mitbringen, einen guten Mann. Ich kann wirklich nichts entscheiden. Ich komme in des Teufels Küche, wenn ich dir eine Zusage gebe, und mein Vater bringt einen Mann mit. Verstehst du, O’Toole?«

»Ja«, erwidert Jim gelassen. »Das verstehe ich. Man soll immer das tun, was der Vater sagt. Gut, ich werde in der Stadt warten. Kommt John Ross her, wenn er zurückkommt?«

»Natürlich, ich warte hier auf ihn, O’Toole. Ich kann nichts tun, tut mir sehr leid. Aber wir haben Wildpferde gekauft, sie müssen eingeritten werden. In dem Rudel ist eine Stute, die niemand reiten kann. Selbst mein Vater sagt, daß er sie besser nie hätte kaufen dürfen. Vielleicht ist das eine Chance, wenn Dads Mann sie nicht schafft. Kannst du sie zureiten, dann…«

»Ich werde warten, bis Mitternacht«, sagt Jim O’Toole mit der Sicherheit eines Mannes, der sich nirgendwo anzubieten braucht, den jeder nimmt, sobald er seinen Namen nennt. »Länger warte ich nicht, Gills. Wo ist ein gutes Hotel?«

»Geh ins Rancher-Hotel, es ist noch das beste hier«, antwortet Gills verlegen. »Wie gesagt, O’Toole, zwölf Stunden eher, du mußt mich verstehen.«

»Vollkommen«, versichert Jim trocken. »Eine Frage, Gills, wie einflußreich ist dieser McNelly?«

Er erkennt deutlich ein gewisses Unbehagen, das sich wie ein Schatten auf Gills Gesicht legt.

»Bidwell McNelly ist der größte Mann in dieser Gegend«, erwidert Gills dann gepreßt. »Ihm hat das Land gehört, auf dem man Gold gefunden hat. Er hat es an die Minen verkauft, aber er ist ein Rindermann. Das Geld hat ihm eine Menge Einfluß verschafft, sehr viel Einfluß. Wir haben einigen Ärger mit ihm.«

»Ich habe davon gehört«, antwortet Jim O’Toole. »Es soll schon früher zwischen euch und McNelly Ärger gegeben haben, aber früher seid ihr größer gewesen, wie?«

»Du bist erstaunlich gut unterrichtet«, gibt Gills zu. »Ja, früher hatten wir die größte Ranch. Wie es nun einmal ist, wenn zwei Männer zugleich in ein Land kommen und eine Ranch aufbauen. O’Toole, es gibt Reibereien. Und McNelly hat sich fünfzehn Jahre gegen uns nicht durchsetzen können. Jetzt hat er Geld. Er kann sich alles kaufen, er hat sich sogar seine Weide gekauft, das ganze Land.«

»Ich verstehe, es gibt keine freie Weide mehr, um die man sich streiten kann«, sagt O’Toole kühl. »Er ist Rindermann, aber er soll in den letzten Jahren genau wie ihr eine Pferdezucht aufgebaut haben, Konkurrenz, wie?«

»Das hat dieser alte Zottelbart nur getan, um Vater zu ärgern«, sagt da das Mädchen hinter Jim patzig. »Er macht alles nur, um Vater zu reizen. Darum haben wir auch keinen Zureiter mehr. Er will uns eben…«

»Sei doch ruhig, Nancy«, unterbricht Gills sie. »O’Toole, das ist meine Schwester Nancy. Wenn sie ehrlich ist, dann muß sie zugeben, daß Bidwell McNelly kein schlechter Mann ist, nur das Geld…«

»Darum ist er ja schlecht«, sagt Nancy wütend. »Ein Mann, dem Geld den Kopf verdreht, taugt nichts. Du nimmst ihn noch in Schutz, ausgerechnet du, der Sohn des Mannes, der unter diesem Zottelbart am meisten zu leiden hat. Laß das Vater nicht hören sonst…«

»Ich habe meine eigene Meinung.«

»Willst du wissen, warum?«

»Entschuldigung«, mischt sich Jim O’Toole trocken ein. »Ich werde gehen, Gills. Es ist also McNelly gewesen, der euch den Zureiter gekostet hat?«

»Nun ja«, sagt Gills bitter. »Es ist wahr, aber beweisen können wir es nicht. Unser Zureiter ist verschwunden, ohne Abschied zu nehmen, O’Toole. Und wenn du wirklich für uns arbeiten solltest, wer weiß, was dir von ihm blüht.«

»Mir?«

O’Toole sieht ihn an und lächelt leicht.

»Ja«, sagt er dann träge. »Wer weiß das schon? Vielleicht nichts, vielleicht mehr, mal sehen. Ich warte bis Mitternacht, Gills. Wiedersehen, Miss Nancy, Miss Milly.«

Er hat den Hut abgenommen, das dunkle Haar fällt leicht in seine Stirn. Und er lächelt, als er Millys Verlegenheit bemerkt.

»Auf Wiedersehen, Mr. O’Toole.«

Er blickt Nancy an und erkennt den noch nicht ganz abgeklungenen Zorn in ihren Augen und nickt ihr kurz zu. Das Mädchen sieht ihn groß an. Er spürt ihre Blicke in seinem Rücken und ist an der Tür, als sie sagt: »Das Pferd draußen, es kann doch nicht reden?«

»Nein«, erwidert er und wendet sich langsam um. »Das war ich, Miss Nancy. Ein kleiner Spaß.«

Er geht hinaus und schließt die Tür langsam. Die Sonne steht tief im Südwesten und läßt die Scheiben des Saloo­ns auf der anderen Straßenseite ihren Schein widerspiegeln. Jim O’Toole blinzelt leicht, er lehnt sich nach wenigen Schritten an den Balken und denkt an den alten John Ross Gills.

Gills hat Schwierigkeiten mit seinem Nachbarn McNelly. Darum ist auch der Weg, der durch das Tal auf die Weide und zu der Ranch der McNellys, aber auch im weiteren Verlauf zur Gills-Ranch führt, gesperrt. Niemand, der die Gills besuchen will, kann ohne einen Umweg zu machen, zu ihnen kommen. Das ist eine Maßnahme des alten McNelly gegen seinen Nachbarn. Die andere ist das Fortjagen seines Zureiters.

Wer immer um Pferde Bescheid weiß, wer genau weiß, wie nötig eine Pferdezucht einen Zureiter braucht, der weiß auch, was der Verlust eines guten Zureiters bedeuten kann.

McNelly ist groß geworden. Vielleicht will er Gills ruinieren, vielleicht aber ihn sogar mit Gewalt vertreiben. Was immer der alte McNelly im Sinn hat, es richtet sich gegen die Gills.

Ich bin ein Narr, denkt Jim O’Toole bitter, warum muß ich dummer Kerl immer auf der Seite stehen, die keine große Chance zu haben scheint?

Ich möchte wissen, was der alte McNelly tun wird, wenn er von der Geschichte an der Hütte hört.

Er steigt auf, sieht weiter hinten das Schild des Hotels und reitet an. Hinter ihm lacht irgendwo ein Mann über sein Pferd.

Er sieht den mageren Gaul, den nun aufrecht auf ihm sitzenden Jim O’Toole und den Packen hinter dem Sattel.

In diesem Packen führt jeder Mann seine persönlichen Dinge mit sich, Dinge, die er braucht.

Doch unter Jim O’Tooles Sachen sind einige, die er nicht zu brauchen gehofft hat: Zwei Revolver und ein Gewehr.

Auf einmal ist er gar nicht mehr so sicher, daß er ohne diese Dinge auskommen kann.

Einen Zureiter der Gills’ hat McNelly verjagt.

Er wird auch versuchen, den zweiten zu vertreiben. Versuchen, das genau ist es. Er wird es versuchen.

Jim O’Toole seufzt, weil es vielleicht Ärger geben wird. Und er seufzt, weil man ihm viel über John Ross Gills’ prächtige Pferde erzählt hat.

Darum hat sich Jim O’Toole entschieden, der neue Zureiter der Gills zu werden. Gute Pferde brauchen einen guten Mann.

Er reitet auf das Hotel zu und gleich in den Hof. Rechter Hand ist der Stall, in dem es rumort. Dann kommt ein Mann heraus, der eine Karre voll Pferdemist schiebt und erstaunt stehenbleibt, als er den mageren Gaul vor sich sieht. Er betrachtet den Grauschimmel, als wenn er ein Fabelwesen sieht.

»Hallo«, sagt er dann, »soll er eingestellt werden, Fremder? Wenn er frißt, muß ich vorsichtig sein?«

»Warum?« erkundigt sich Jim. »Meinst du, er hat zwei Wochen kein Futter bekommen und verträgt es jetzt nicht? Er ist von Natur so mager und frißt genausoviel wie ein anderes Pferd. In welche Box kann er?«

»Nimm eine der drei Boxen vorn«, erwidert der Mann, der Jims leichtes Lächeln bemerkt, grinsend. »Die sind schon sauber gemacht worden. Wenn du ein Zimmer brauchst…«

»Ich kann es erst in einigen Stunden sagen«, erklärt Jim knapp. »Wichtig ist, daß mein Pferd einen Stall hat. Steht es auf der Straße, dann bleiben die Leute bei ihm stehen. Ich sage dir schon Bescheid, wenn ich bleibe. Sonst bezahle ich den Satz für einen Tag.«

»Wie du willst.«

Der Mann verschwindet mit seinem Karren um die Ecke. Das Rad der Karre rumpelt auf einem Brett, während Jim den Grauschimmel in den Stall bringt und ihn absattelt. Dann kommt der Stallhelp wieder herein, deutet mit dem Daumen auf die Kammer und sagt: »Der Sattel hat dort Platz, auch der Packen. Es ist ein Regal in der Kammer, du kannst da den Packen unterbringen. Es geht niemand an die Sachen, die Kammer ist immer verschlossen.«

Es dauert nicht lange, dann hat Jim sein Pferd versorgt, den Sattel und den Packen in die Kammer gebracht und zaudert am Regal einen Augenblick. Er denkt an seine Revolver, schüttelt dann aber den Kopf und verläßt die Kammer, die der Stallhelp hinter ihn verschließt.

Kurz darauf betritt O’Toole den Saloon des Hotels. Er blickt sich in den länglichen Raum um, der im Hintergrund eine Nische hat und setzt sich, da die drei Tische besetzt sind und an Tresen einige Männer stehen, in die Nische. Von hier aus kann er durchs Fenster die Straße gut übersehen. Er bestellt sich ein Essen und beobachtet die Straße.

Die Sonne steht nun schon so tief, daß sie den Schatten des Sattlereihauses auf der anderen Straßenseite lang über die Straße wirft. Es wird nicht lange dauern, dann ist die Dämmerung da.

O’Toole bekommt sein Essen, als draußen zwei Männer mit einem offenen Wagen ankommen und vor dem Balken halten. Beide steigen ab, sehen sich um und gehen dann schnell in den Saloon.

In dem Zwielicht ist O’Toole nicht zu sehen. Er hört die Tür klappen, die schnellen Schritte der beiden Männer und ihre Begrüßungsworte, die dem Mann hinter dem Tresen gelten.

»Hallo, Bat«, sagt der eine lauthals. »Gib uns bloß einen anständigen Drink. Wir haben völlig trockene Hälse vom vielen Lachen. Hallo, Milly, was gibt es in der Küche?«

»Joe, du solltest nicht so frech sein«, sagt die stupsnasige Milly hinter dem Tresen. »Du kommst nie wieder in die Küche, und du weißt warum.«

»Oach«, seufzt jener Joe. »Milly, es ist wirklich nur ein Versehen gewesen, das weißt du doch. Deine Rühreier…«

»Ich werde dir die Pfanne auf den Kopf schlagen, wenn du es wieder versuchst«, sagt Milly unter dem Gelächter der Männer. »Nicht nur den Löffel, Joe, hast du verstanden? Was ist mit euch los, warum lacht ihr?«

Der andere Mann, der mit Joe in den Saloon gekommen ist, sagt prustend: »Ich habe gerade an Joes Kopf denken müssen, nachdem du ihm neulich den Rührlöffel auf den Kopf geschlagen hast, Mädel. Wir haben den Goliath mit einer Beule herumlaufen sehen, die ist so groß wie ein Gänseei. Haben wir gelacht.«

»Ja«, sagt Joe kichernd. »Er hat sich den Kopf gehalten und dabei ein nasses Tuch auf die Beule gepreßt. Und wütend ist er gewesen, mein lieber Bat.«

Dann fragt Bat Jones, der Wirt, ächzend: »Sag mal, redest du von Baldwin Sedgwick, Joe?«