Die guten Frauen, als Gegenbilder der bösen Weiber - Johann Wolfgang von Goethe - E-Book

Die guten Frauen, als Gegenbilder der bösen Weiber E-Book

Johann Wolfgang von Goethe

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Beschreibung

In diesem fiktiven Prosadialog, welcher das Gespräch eines Freundeskreises umfasst, führt Goethe seine Leser in die Thematik der "guten und bösen Frauen" ein. Auf eine nicht ganz ernstzunehmende Art der Gespräche der Freunde untereinander möchte der Autor auf die Hauptthematik, die Gleichberechtigung der Frau, aufmerksam machen. Dieses Protokoll beschreibt die Laster und Tugenden der Frauen im 18. Jahrhundert. -

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Seitenzahl: 37

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Johann Wolfgang von Goethe

Die guten Frauen, als Gegenbilder der bösen Weiber

 

Saga

Die guten Frauen, als Gegenbilder der bösen Weiber

 

Coverbild/Illustration: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Wilhelm_Amberg_Vorlesung_aus_Goethes_Werther.jpg

Copyright © 1885, 2021 SAGA Egmont

 

Alle Rechte vorbehalten

 

ISBN: 9788726957389

 

1. E-Book-Ausgabe

Format: EPUB 3.0

 

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.

 

www.sagaegmont.com

Saga Egmont - ein Teil von Egmont, www.egmont.com

Henriette war mit Armidoro schon einige Zeit in dem Garten auf und ab spaziert, in welchem sich der Sommerclub zu versammeln pflegte. Oft fanden sich diese beiden zuerst ein; sie hegten gegen einander die heiterste Neigung und nährten, bei einem reinen gesitteten Umgang, die angenehmsten Hoffnungen einer künftigen dauerhaften Verbindung.

Die lebhafte Henriette sah kaum in der Ferne Amalien nach dem Lusthause gehen, als sie eilte ihre Freundin zu begrüßen. Amalie hatte sich eben, im Vorzimmer, an den Tisch gesetzt, auf dem Journale, Zeitungen und andere Neuigkeiten ausgebreitet lagen.

Amalie brachte hier manchen Abend mit Lesen zu, ohne sich durch das Hin- und Widergehen der Gesellschaft, das Klappern der Marken und die gewöhnliche laute Unterhaltung der Spieler im Saale irren zu lassen. Sie sprach wenig, außer wenn sie ihre Meinung einer andern entgegen setzte; Henriette hingegen war mit ihren Worten nicht karg, mit allem zufrieden, und mit dem Lobe frisch bei der Hand.

Ein Freund des Herausgebers, den wir Sinklair nennen wollen, trat zu den beiden.

Was bringen Sie Neues? rief Henriette ihm entgegen.

Sie ahnen es wohl kaum, versetzte Sinklair, indem er sein Portefeuille herauszog. Und wenn ich Ihnen auch sage, daß es die Kupfer zum diesjährigen Damenkalender sind, so werden Sie die Gegenstände derselben doch nicht erraten; ja wenn ich weiter gehe, und Ihnen eröffne, daß in zwölf Abteilungen Frauenzimmer vorgestellt sind –

Nun! fiel Henriette ihm in das Wort: es scheint, Sie wollen unserm Scharfsinn nichts übrig lassen. Sogar, wenn ich nicht irre, tun Sie mir es zum Possen, da Sie wissen, daß ich gern Scharaden [und] Rätsel entwickle, gern das, was einer sich denkt, ausfragen mag. Also zwölf Frauenzimmer Charaktere, oder Begebenheiten, oder Anspielungen, oder was sonst zur Ehre unseres Geschlechts gereichen könnte?

Sinklair schwieg und lächelte, Amalie warf ihren stillen Blick auf ihn und sagte, mit der feinen höhnischen Miene, die ihr so wohl steht: Wenn ich sein Gesicht recht lese, so hat er etwas gegen uns in der Tasche. Die Männer wissen sich gar viel, wenn sie etwas finden können, was uns, wenigstens dem Scheine nach, herabsetzt.

Sinklair Sie sind gleich ernst, Amalie, und drohen bitter zu werden. Kaum wag ich meine Blättchen Ihnen vorzulegen.

Henriette Nur heraus damit!

Sinklair Es sind Karikaturen.

Henriette Die liebe ich besonders.

Sinklair Abbildungen böser Weiber.

Henriette Desto besser! darunter gehören wir nicht! Wir wollen uns unsere leidigen Schwestern im Bilde so wenig zu Gemüt ziehen, als in der Gesellschaft.

Sinklair Soll ich?

Henriette Nur immer zu!

Sie nahm ihm die Brieftasche weg, zog die Bilder heraus, breitete die sechs Blättchen vor sich auf den Tisch aus, überlief sie schnell mit dem Auge, und rückte daran hin und her, wie man zu tun pflegt, wenn man die Karte schlägt. Vortrefflich! rief sie, das heiß ich nach dem Leben! Hier diese, mit dem Schnupftobaksfinger unter der Nase, gleicht völlig der Mad. S., die wir heute Abend sehen werden, diese, mit der Katze, sieht beinahe aus wie meine Großtante, die, mit dem Knaul, hat was von unserer alten Putzmacherin. Es findet sich wohl zu jeder dieser häßlichen Figuren irgend ein Original, nicht weniger zu den Männern. Einen solchen gebückten Magister habe ich irgendwo gesehen, und eine Art von solchem Zwirnhalter auch. Sie sind recht lustig diese Küpferchen, und besonders hübsch gestochen.

Wie können Sie, versetzte ruhig Amalie, die einen kalten Blick auf die Bilder warf und ihn sogleich wieder abwendete, hier bestimmte Ähnlichkeiten aufsuchen. Das Häßliche gleicht dem Häßlichen, so wie das Schöne dem Schönen, von jenem wendet sich unser Geist ab, zu diesem wird er hingezogen.

Sinklair Aber Phantasie und Witz finden mehr ihre Rechnung sich mit dem Häßlichen zu beschäftigen als mit dem Schönen. Aus dem Häßlichen läßt sich viel machen, mit dem Schönen nichts.

Aber dieses macht uns zu etwas, jenes vernichtet uns! sagte Armidoro, der im Fenster gestanden, und vom weiten zugehört hatte. Er ging, ohne sich dem Tische zu nähern, in das anstoßende Cabinet.