Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
In dieser neuartigen Romanausgabe beweisen die Autoren erfolgreicher Serien ihr großes Talent. Geschichten von wirklicher Buch-Romanlänge lassen die illustren Welten ihrer Serienhelden zum Leben erwachen. Es sind die Stories, die diese erfahrenen Schriftsteller schon immer erzählen wollten, denn in der längeren Form kommen noch mehr Gefühl und Leidenschaft zur Geltung. Spannung garantiert! Da war es wieder, so als ob die kühle Luft im Zimmer an einer Stelle wärmer wäre. Melanies Nervosität stieg unaufhaltsam. Mit einer fahrigen Bewegung wischte sich Melanie über das Gesicht. Das Flimmern war immer noch da. Es bewegte sich langsam auf Harriets Bett zu. Ein Geist, durchfuhr es die junge Frau. Das konnte nur ein Gespenst sein. Ihr gesunder Menschenverstand aber widersprach energisch. Sie war eine erwachsene, aufgeklärte Frau. Spukgestalten gab es nicht. Höchstens in der Phantasie von kleinen Kindern oder Schriftstellern. Sie kam nicht mehr dazu, sich den Kopf über das Phänomen zu zerbrechen. Ein zweiter, wabernder Schatten trat regelrecht aus der Wand neben dem Fenster und – kam direkt auf Melanie zu! Mit Urgewalt raste ein schweres Gewitter mit Sturmböen und prasselndem Sturzregen über das nächtliche Cornwall. Meterhohe Wellen krachten gegen die Steilküste bei Lizard. Unablässig und voller Wildheit stürzten sie sich auf die bizarren Felsen. Gleißende Blitze zuckten unaufhörlich durch die Nacht und tauchten für Sekundenbruchteile alles in unwirkliches Licht. Krachender Donner, der nicht enden wollte, schmerzte in den Ohren der Einheimischen. Keiner wagte sich ins Freie. Es war, als würde die Welt untergehen. Endlich schien das Gewitter weiter nach Osten zu ziehen. Der heulende Sturm zerfetzte die Wolkendecke und trieb sie auseinander. Da geschah es. Ein greller Blitz zuckte über den Himmel und schlug in die Klippen ein. Gestein zerplatzte unter ohrenbetäubendem Getöse und wirbelte durch die Luft, umweht von Dreck und Staub. Dann herrschte Stille, atemlose Stille. Selbst der Sturm schien eine Pause eingelegt zu haben. Unvorstellbare Hitze hatte ein Loch in
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 126
Veröffentlichungsjahr: 2017
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Da war es wieder, so als ob die kühle Luft im Zimmer an einer Stelle wärmer wäre. Melanies Nervosität stieg unaufhaltsam. Mit einer fahrigen Bewegung wischte sich Melanie über das Gesicht. Das Flimmern war immer noch da. Es bewegte sich langsam auf Harriets Bett zu. Ein Geist, durchfuhr es die junge Frau. Das konnte nur ein Gespenst sein. Ihr gesunder Menschenverstand aber widersprach energisch. Sie war eine erwachsene, aufgeklärte Frau. Spukgestalten gab es nicht. Höchstens in der Phantasie von kleinen Kindern oder Schriftstellern. Sie kam nicht mehr dazu, sich den Kopf über das Phänomen zu zerbrechen. Ein zweiter, wabernder Schatten trat regelrecht aus der Wand neben dem Fenster und – kam direkt auf Melanie zu!
Mit Urgewalt raste ein schweres Gewitter mit Sturmböen und prasselndem Sturzregen über das nächtliche Cornwall.
Meterhohe Wellen krachten gegen die Steilküste bei Lizard. Unablässig und voller Wildheit stürzten sie sich auf die bizarren Felsen.
Gleißende Blitze zuckten unaufhörlich durch die Nacht und tauchten für Sekundenbruchteile alles in unwirkliches Licht. Krachender Donner, der nicht enden wollte, schmerzte in den Ohren der Einheimischen. Keiner wagte sich ins Freie. Es war, als würde die Welt untergehen.
Endlich schien das Gewitter weiter nach Osten zu ziehen. Der heulende Sturm zerfetzte die Wolkendecke und trieb sie auseinander.
Da geschah es.
Ein greller Blitz zuckte über den Himmel und schlug in die Klippen ein. Gestein zerplatzte unter ohrenbetäubendem Getöse und wirbelte durch die Luft, umweht von Dreck und Staub.
Dann herrschte Stille, atemlose Stille. Selbst der Sturm schien eine Pause eingelegt zu haben.
Unvorstellbare Hitze hatte ein Loch in die steile Felswand hoch über der schäumenden Gischt gesprengt. Ein gewaltiges Loch gähnte, wo noch vor Sekunden härtestes Gestein Wind und Wetter getrotzt hatte.
Plötzlich heulte keine Sturmböe mehr über das Land, um den beißenden Qualm auseinander zu treiben. Es stank nach Verbranntem und Schwefel.
Die dunklen Wolkenbänke rissen immer mehr auf. Zahllose Sterne wurden sichtbar, und wie ein funkelndes Band flutete die Milchstraße über das Firmament.
Der Silberschimmer des zunehmenden Mondes floß über das bizarre Küstengebiet mit seinen Klippen und Felsen.
Nur noch wenige Tage, dann war wieder einmal Vollmond.
Scheinbar zögernd, nur tastend schien sich das Licht in die Höhle zu wagen.
Im fahlen Schein des Erdtrabanten wurden die modernden Knochen auf dem Boden der Felsgrotte sichtbar. Drei Skelette, teilweise schon verfallen, lagen zusammengekrümmt auf dem grauen Gestein.
Jahrzehnte, Jahrhunderte hatte der Fels sein Geheimnis bewahrt, doch die Natur hatte es wieder preisgegeben.
Es waren nicht Wind und Wetter, die ihre Geräusche in den Winkeln und Nischen der Grotte erzeugten.
Ein leises Wimmern drang aus der Tiefe und wurde lauter. Ein anderes, helleres Weinen stimmte ein und schwoll zu einem grellen Kreischen an.
»Frei, frei!« winselte eine dritte Stimme, die fast zweifelnd klang und erst langsam an Festigkeit gewann. »Schwestern, wir haben es geschafft. Er hat uns erhört.«
Voller Bosheit hatten sie ungeduldig auf ihre Zeit gewartet. Jahrhunderte waren vergangen.
Nun mußten sie sich nur noch ein wenig gedulden. Bald schon stand der Vollmond am Nachthimmel. Dann, Punkt Mitternacht würde sich ihr armseliges Dasein als körperlose Seelen endlich ändern. Was für eine lächerliche Zeitspanne war das gegen das, was die drei hatten durchstehen müssen.
Bald konnte nichts und niemand sie mehr halten. Ihre Rache würde grausam sein.
*
Der Hofhund schlug an.
Richard Harringston kratzte sich am Hinterkopf und stand auf. Er blickte nach draußen und war froh daß das Wetterleuchten allmählich geringer wurde.
»Langsam könnte sich ›King‹ beruhigen«, murrte der Farmer. Das ständige Gekläffe des Tieres nervte ihn. Bei diesem Wetter kam garantiert niemand auf die Idee, durch die Gegend zu schleichen.
»Das Tier ist unruhig«, meinte Harringstons Frau. »Kein Wunder, bei diesem Getöse. Was erwartest du? Er wird sich schon wieder beruhigen.«
Der Bauer nickte.
Das Gewitter war diesmal glimpflich für sie abgelaufen. Im letzten Jahr hatte er nicht so viel Glück gehabt. Da hatte es vier seiner Schafe auf der Weide das Leben gekostet.
»Hoffentlich ist der Blitz bloß nicht bei Tom oder bei Garry eingeschlagen«, meinte er besorgt.
»Ach, so schlimm wird es wohl nicht sein«, erwiderte seine Frau, obwohl ihr der letzte Blitzschlag ganz schön in die Glieder gefahren war. »Ringsum brennt es nicht, und auch der Fernseher läuft noch. Diesmal ist alles gutgegangen.«
In der Ferne vernahmen sie das dumpfe Grummeln des abziehenden Gewitters. Das Schlimmste schien in der Tat hinter ihnen zu liegen.
Wieder schlug der Hund an und stieß ein böses Knurren aus, das man selbst im Haus hörte.
»Ich schau rasch mal nach dem Vieh im Stall und nach der Scheune«, meinte Harringston beunruhigt und stampfte aus dem Zimmer. »Hoffentlich hat’s bei dem Sturm nicht wieder ein Teil vom Dach weggerissen.«
»Ach, Richard«, schimpfte seine Frau. »Sieh doch nicht immer so schwarz. Das ist ja fürchterlich Bleib hier.«
Der Farmer aber schüttelte nur mürrisch den Kopf, brummte etwas in sich hinein und verließ das Haus. ›Kings‹ Gebell mußte einen anderen Grund haben. Immerhin war es nicht das erste Gewitter, das er erlebte.
Draußen empfing ihn eine heftige Sturmbö, die ihm sekundenlang den Atem nahm. Hochgewirbelter Dreck drang in Mund und Nase und ließ ihn husten.
Fluchend wischte sich Harringston über das faltige Gesicht und stapfte quer über den Hof zur Scheune.
›Kings‹ Hütte hob sich nur schemenhaft von der dunklen Mauer neben dem Tor ab. Er bellte noch immer und zerrte an seiner Kette.
»Schon gut, mein Junge«, rief ihm Harringston entgegen. »Gib endlich Frieden.«
Das Tier aber dachte nicht daran. Er kläffte weiter, und diesmal klang es noch wütender.
Der Bauer wurde ungehalten.
»Aus!« befahl er herrisch. »Keinen Laut mehr!«
Diesmal reagierte das struppige Tier widerwillig und kroch in seine Holzhütte.
Wie schon so oft an diesem Abend flackerte Wetterleuchten über den pechschwarzen Himmel, während in der Ferne der Donner grollte. Für wenige Wimpernschläge war alles in eine Art bläuliches Licht gehüllt.
Harringston vernahm ein heiseres Krächzen über sich und sah nach oben. Da entdeckte er die Raben auf dem Dach der Scheune. Reglos saßen sie auf dem Giebel und beäugten ihn neugierig.
Das also war der Grund, warum ›King‹ sich derart nervtötend verhielt.
Nur eins fand er komisch. Die Tiere schienen von dem Unwetter, den Blitzen und dem Donner völlig unberührt zu sein. Stumm saßen sie da und stierten ihn an.
Woher mochten sie nur kommen? In dieser Gegend hatte er seit Jahren keinen Raben mehr gesehen. Die Raubmöwen duldeten gewöhnlich keine Eindringlinge dieser Art.
Harringston dachte nicht weiter darüber nach Er ging zur Scheune und öffnete das große Tor. Die rostigen Scharniere quietschten gequält. Harringston zog es nicht weiter auf und huschte hinein.
Schlagartig umgab ihn absolute Finsternis. Die Augen des Mannes brauchten eine Zeitlang, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen.
Es roch nach frischem Heu und Gras. Letzteres hatte er kurz vor dem Gewitter gemäht und eingelagert.
Er tastete sich behutsam vor, damit er nicht gegen etwas rannte. Unmittelbar vor ihm befand sich nämlich ein schwerer Stützbalken. Dort, an einem dicken Nagel, hing eine alte Laterne.
Er zückte ein Feuerzeug und zündete den Docht an. Augenblicklich strömte sanftes gelbes Licht durch die Scheune. Der Lichtkreis reichte nicht weit und warf lange Schatten. Dahinter gähnte die Nacht.
Ein seltsamer Laut drang an Harringstons Ohr. Unwillkürlich hielt er inne und lauschte angestrengt.
Da, jetzt vernahm er es wieder. Er hatte sich also nicht getäuscht.
Jemand hatte sich in seine Scheune geschlichen. So etwas mochte er aber absolut nicht.
Wieder hörte er das Geräusch. Diesmal klang es wie unterdrücktes Kichern. Es kam aus dem hinteren Teil der Scheune, dort wo er die Heuballen noch nicht sehr hoch gestapelt hatte.
Harringston grinste plötzlich. Er ahnte, wer sich zu dieser späten Stunde hier herumtrieb.
Erst vor drei Wochen hatte er Paul Miles, den Nachbarjungen und seine Freundin Pamela im Heu erwischt und davongescheucht. Diesmal sollten sie ihre Lektion bekommen.
Langsam schlich er auf die Heuballen zu. Noch hatte das Licht sie nicht vollends erfassen können. Dafür war die Kerze viel zu klein.
Das Kichern wurde ein wenig eindringlicher, das Rascheln lauter. Nun kam es allerdings von einer ganz anderen Seite, und zudem antwortete ein wie aus weiter Ferne heranwehendes Lachen vom Scheunentor her.
Der Bauer wirbelte irritiert herum. Nein, da war keiner.
Draußen zuckte wieder Wetterleuchten, dessen Helligkeit zwischen den Ritzen der Bretterwände hindurchflackerte.
Plötzlich fühlte sich der Mann unbehaglich. Er glaubte nicht mehr daran, daß sich ein Liebespärchen in seiner Scheune ein ruhiges Plätzchen gesucht hatte.
Schlagartig war die Angst da.
Er schluckte und schielte nach links. Die Heugabel steckte in unmittelbarer Nähe in einem der Ballen.
So rasch er konnte packte er sie und nahm sie an sich. Nun fühlte er sich wesentlich wohler, denn ein solches Ding konnte eine hervorragende Waffe sein.
Wieder ertönte das helle Lachen, das nur einer Frau gehören konnte. Diesmal klang es voller Hohn, so als ob sich jemand über ihn amüsieren würde. Die andere Stimme beim Tor stimmte meckernd ein. Und dann drang eine dritte aus der Tiefe der Scheune. Auch sie war voller Gemeinheit.
Harringston wirbelte um die eigene Achse. Ihm standen die Haare zu Berge.
Was ging hier vor sich?
Er fröstelte.
»Wer ist da?« fragte er herrisch, um das Zittern in seiner Stimme zu übertünchen. »Los, kommen Sie heraus! Das hier ist Privatbesitz.«
Plötzlich wirbelte Heu durch die Luft. Für wenige Augenblicke wurde ihm die Sicht genommen. Er schlug unwillkürlich um sich.
Da passierte es.
Die Lampe entglitt seiner schwitzenden Hand und fiel zu Boden. Mit einem dumpfen Knall zerplatzte das Glas und die brennende Kerze rollte aus dem Gehäuse.
Der Bauer wollte sich bücken, um sie rasch zu löschen, doch da erhielt er einen derben Stoß. Er wurde nach vorne geschleudert, überschlug sich und blieb benommen liegen.
Von allen Seiten drang gehässiges Lachen auf ihn ein.
Harringstons Herz klopfte wie wild. Etwas schien ihm die Kehle zuzuschnüren.
Hier ging es nicht mit normalen Dingen vor sich.
Er versuchte, seine Gegner ausfindig zu machen, doch er konnte in der Dunkelheit niemanden erkennen.
Das einzige, was er sah, war die Kerze, deren Flamme bereits Heu entzündet hatte. Langsam aber sicher breitete sich das Feuer aus und kroch auf den ersten Strohballen zu.
»Um Gottes willen«, keuchte der Mann entsetzt. Wenn er nicht schnellstens handelte, kam es zur Katastrophe.
Kaum hatte er sich hochgestemmt, als das Feuer regelrecht zu kreiseln begann. Die Flammen flossen zusammen und bildeten eine Art Wirbel, der langsam an Höhe gewann.
Harringston spürte die Hitze auf seiner Haut und sprang unwillkürlich zurück, als das Feuer auf ihn zufauchte. Wieder drang ihm widerliches Hohnlachen entgegen, das ihm den Schweiß auf die Stirn trieb.
Er prallte gegen eine der Stützbalken, die das Dach der Scheune trugen und blieb benommen stehen. Wie hypnotisiert starrte er auf den Feuerwirbel, nicht mehr in der Lage, klar zu denken.
Längst war ihm bewußt geworden, daß es für die Scheune keine Rettung mehr gab. Das Gebäude und der gesamte Wintervorrat waren verloren.
Und da sah er sie.
Inmitten der Flammen, die wie eine Glutwand vor ihm stand und zur Decke leckte, glaubte er, vage Schemen ausmachen zu können.
Fauchende Hitze und dichter Qualm brannte in seinen Augen. Er riß die Arme schützend vor das Gesicht. Allmählich wurde es in der Scheune unerträglich.
Er mußte husten. Seine Lungen brannten. Das Würgen in seinem Hals war nicht mehr lange zu ertragen.
Nun drang das Lachen von allen Seiten auf ihn ein. Es wurde lauter, je mehr sich die Flammen ausbreiteten und eine kochende Gluthölle entstehen ließ.
Harringston wich endlich zurück, die Hände weit von sich gestreckt, als könne er die Hitze auf diese Art und Weise von sich fernhalten.
Obwohl sich sein gesunder Menschenverstand gegen das, was er sah, wehrte, so mußte er doch feststellen, daß er nicht phantasierte.
Nein, in den Flammen tanzten die Schatten dreier Frauen. Die weiten Röcke wehten, wenn sie sich drehten und wiegten. Ihr Lachen klang noch ausgelassener und voller Hohn.
»Komm, tanz mit uns!« kicherte einer der Schemen und kam direkt auf den Bauern zu. Fordernd streckte er die Arme aus, als wolle er nach ihm greifen und ihn ins Feuer zerren.
Nun war es endgültig um Harringstons Fassung geschehen.
Laut brüllend wirbelte er um die eigene Achse und rannte dann auf das Scheunentor zu. Hustend stolperte er ins Freie. Eine heiße Feuerlohe raste fauchend hinter ihm her, als die Flammen neuen Sauerstoff bekamen.
Der Farmer wurde nach vorne geschleudert und zu Boden gerissen.
Das letzte, was er wahrnahm, war der Entsetzesschrei seiner Frau, die gerade aus dem Haus kam und das donnernde Krachen hinter sich. Die Scheune brach, von einem Funken- und Flammenmeer umgeben, in sich zusammen.
*
Als sie die nächste Wegbiegung hinter sich gelassen hatten, sahen die beiden jungen Frauen den kleinen Ort zum Greifen nahe vor sich.
Melanie blieb stehen und klemmte ihre Daumen unter die Schulterriemen des Rucksackes.
»Ist das ein Ausblick?« seufzte sie begeistert. »Deshalb liebe ich Cornwall.«
Harriet Simpson nickte bestätigend. Sie hatte es nicht bereut, den anfangs verrückt klingenden Vorschlag ihrer Freundin dennoch angenommen zu haben.
Vier lange Wochen Urlaub in Cornwall. Allerdings waren sie nicht mit dem Auto oder mit dem Überlandbus unterwegs, sondern zu Fuß.
Seit einer Woche wanderten sie nunmehr durch oftmals unberührte Natur und hatten am späten Nachmittag Lizard, den südlichsten Ort Englands, hinter sich gelassen. Nun marschierten sie über einen schmalen Trampelpfad Richtung Norden.
Zu ihrer Linken lag das tosende Meer, dessen Wellen sich weißschäumend an grauem Felsgestein brachen. Vor ihnen erstreckte sich grünes Land mit sanften Hügeln und lichten Wäldchen. Etwas weiter nördlich schälte sich das dumpfe Grün weiter Schilfflächen aus dem leichten Dunst der Ferne – Gladys Moor.
Inmitten dieser scheinbar unberührten Natur hatten sich Menschen niedergelassen. Das Örtchen Gunwalloe aber bestand nur aus ein paar Dutzend Häusern, einigen Bootsschuppen und einem weit in die Bucht reichendem Anlegesteg.
»Wirklich malerisch«, gestand Harriet und genoß den Anblick. »Da hast du recht. Hoffentlich finden wir dort unten auch ein Zimmer. Ich habe für heute nämlich keine Lust mehr, weiter zu wandern. Bis Mullion ist es mir zu weit. Mir brennen die Füße.«
Melanie Sanders unterdrückte ein Schmunzeln. Im Gegensatz zu ihrer Freundin war sie durchtrainiert und topfit. Während sie das ganze Jahr über am Feierabend in Fitness-Studios zubrachte, bevorzugte Harriet das süße Leben.
»In Ordnung«, gab sie nach, denn sie war froh, daß Harriet überhaupt mitgekommen war und bisher eigentlich gut durchgehalten hatte. »Suchen wir uns ein Quartier und machen zwei, drei Tage Pause.«
Als sie nach einer Weile in Gunwalloe eintrafen, entpuppte sich das Örtchen als ziemlich trostloses Nest. Kaum eine Menschenseele ließ sich blicken. Wer ihnen begegnete, musterte sie argwöhnisch und nicht gerade freundlich.
»Komisches Nest«, meinte Harriet nach einer Weile. Sie überlegte, ob sie ihrer Freundin nicht doch anbieten sollte, bis nach Mullion weiterzugehen.
»Was verlangst du?« erwiderte Melanie und strich sich eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht. »Wir sind nicht in der Großstadt. Da hinten ist ein Pub. Komm, laß uns fragen, ob die ein Zimmer für uns haben.«
Zielstrebig gingen sie darauf zu. Ein kleiner Schwarm Raben hatte sich auf dem Giebel niedergelassen und starrte ihnen neugierig entgegen. Offenbar schienen auch ihnen die Neuankömmlinge nicht zu behagen. Krächzend hoben sie ab und flogen mit lautem Gezeter davon.