Die junge Gräfin 3 – Adelsroman - Michaela Dornberg - E-Book

Die junge Gräfin 3 – Adelsroman E-Book

Michaela Dornberg

5,0

Beschreibung

Sie ist jung, sie ist schön, und sie ist stolz – ihr Vater, der alte Graf und Patriarch Benno von Waldenburg, weiß genau, warum er seine Lieblingstochter dazu auserkoren hat, die Herrin auf Schloss Waldenburg zu werden. Es ist die große Überraschung, die er auf der herrlichen Feier anlässlich seines 60. Geburtstags verkündet. Sie führt zum Eklat – denn sein maßloser, ungeratener Stiefsohn Ingo denkt gar nicht daran, auf seine Ansprüche zu verzichten. Er will vor Gericht klagen. Die gräfliche Familie wird unruhige Zeiten erleben. Aber Die junge Gräfin geht unbeirrt ihren Weg – ihr natürlicher Charme, ihre Ausstrahlung, ihr Esprit machen sie zu einer wundervollen, von der Männerwelt umschwärmten Frau. Niemand kann ihr widerstehen, während sich Die junge Gräfin herzensgut, doch auch sehr wählerisch zeigt. Denn sie weiß, was sie will – und auch, wen sie will. Die junge Gräfin ist eine Familiensaga, die ihresgleichen sucht. Die Erfolgsschriftstellerin Michaela Dornberg, bestens bekannt als Autorin der beliebten Serien Die Fahrenbachs und Der neue Sonnenwinkel, zieht alle Register. Die junge Gräfin ist eine weit herausragende Figur, ein überzeugender, zum Leben erwachender Charakter – einfach liebenswert. Alexandra von Waldenburg wuss­te nicht mehr, wie oft sie an diesem Vormittag bereits auf ihre Uhr gesehen hatte, und so unkonzentriert wie heute war sie bei ihrer Arbeit auch noch niemals zuvor gewesen. Sie war nicht in der Lage, zwei zusammenhängende Sätze hintereinander zu lesen und deren Sinn zu erfassen. Die Worte flatterten an ihr vorbei wie aufgeregte Schmetterlinge. Ja, aufgeregt, das war es wohl. Sie war aufgeregt, angefüllt mit spannender Erwartung. Solche Gefühle hatte sie noch nie zuvor erlebt. Oder vielleicht doch, als kleines Mädchen, an Weihnachten, wenn sie sich etwas ganz Besonderes gewünscht hatte. Etwas Besonderes stand ihr heute Mittag auch bevor, nämlich das Wiedersehen mit … Joe. Sie ließ ihren Stift fallen und lehnte sich in ihren Stuhl zurück, schloss die Augen und verlor sich in Erinnerungen. Erinnerungen an den gestrigen Abend im Kino, wo dieser Fremde neben ihr gesessen hatte, von dem von der ersten Sekunde an eine Faszination ausgegangen war. Sie seufzte abgrundtief auf, denn noch jetzt ärgerte sie sich darüber, dass sie seine Einladung auf ein Glas Wein nicht angenommen hatte, sondern nach Hause gefahren war. Zum Glück hatte sie sich mit ihm für heute Mittag verabredet, da konnte sie ihm all die Fragen stellen, die ihr seither durch den Kopf ge­geis­tert waren, vor allem wollte sie sich nach seinem richtigen Namen erkundigen … Joe. Er hatte den Namen lässig in den Raum geworfen. Aber so hieß doch niemand, zumindest nicht jemand wie er, der nicht nur phantastisch aussah, sondern ebensolche Manieren besaß. Nun ja, sie hieß ja auch nicht Alexa, was er jetzt von ihr glaubte. Eigentlich hatte sie ihm schon ihren Namen nennen wollen, Alexandra. Darum musste sie sich jetzt keine Gedanken mehr machen, sie würden nicht nur miteinander essen, sondern ganz gewiss danach noch Zeit miteinander verbringen. Und sie würden sich wiedersehen, das stand jetzt schon fest. Merkwürdig war schon, dass sie sich bislang noch nie begegnet waren. Ein Typ wie er, der wäre ihr doch sofort aufgefallen, und die Waldenburgs, die waren überall bekannt, seltsam, dass auch er sie nirgendwo einordnen konnte.

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Die junge Gräfin – 3–

Kein Schloss ohne Affäre

Delikate Gerüchte um ein betörendes Mädchen

Michaela Dornberg

Alexandra von Waldenburg wuss­te nicht mehr, wie oft sie an diesem Vormittag bereits auf ihre Uhr gesehen hatte, und so unkonzentriert wie heute war sie bei ihrer Arbeit auch noch niemals zuvor gewesen.

Sie war nicht in der Lage, zwei zusammenhängende Sätze hintereinander zu lesen und deren Sinn zu erfassen.

Die Worte flatterten an ihr vorbei wie aufgeregte Schmetterlinge.

Ja, aufgeregt, das war es wohl. Sie war aufgeregt, angefüllt mit spannender Erwartung.

Solche Gefühle hatte sie noch nie zuvor erlebt. Oder vielleicht doch, als kleines Mädchen, an Weihnachten, wenn sie sich etwas ganz Besonderes gewünscht hatte.

Etwas Besonderes stand ihr heute Mittag auch bevor, nämlich das Wiedersehen mit … Joe.

Sie ließ ihren Stift fallen und lehnte sich in ihren Stuhl zurück, schloss die Augen und verlor sich in Erinnerungen. Erinnerungen an den gestrigen Abend im Kino, wo dieser Fremde neben ihr gesessen hatte, von dem von der ersten Sekunde an eine Faszination ausgegangen war.

Sie seufzte abgrundtief auf, denn noch jetzt ärgerte sie sich darüber, dass sie seine Einladung auf ein Glas Wein nicht angenommen hatte, sondern nach Hause gefahren war.

Zum Glück hatte sie sich mit ihm für heute Mittag verabredet, da konnte sie ihm all die Fragen stellen, die ihr seither durch den Kopf ge­geis­tert waren, vor allem wollte sie sich nach seinem richtigen Namen erkundigen … Joe.

Er hatte den Namen lässig in den Raum geworfen. Aber so hieß doch niemand, zumindest nicht jemand wie er, der nicht nur phantastisch aussah, sondern ebensolche Manieren besaß.

Nun ja, sie hieß ja auch nicht Alexa, was er jetzt von ihr glaubte. Eigentlich hatte sie ihm schon ihren Namen nennen wollen, Alexandra. Doch dann hatte er sie angesehen, und sie hatte mitten im Wort abbrechen müssen, genau bei Alexa …

Darum musste sie sich jetzt keine Gedanken mehr machen, sie würden nicht nur miteinander essen, sondern ganz gewiss danach noch Zeit miteinander verbringen. Und sie würden sich wiedersehen, das stand jetzt schon fest. Merkwürdig war schon, dass sie sich bislang noch nie begegnet waren. Ein Typ wie er, der wäre ihr doch sofort aufgefallen, und die Waldenburgs, die waren überall bekannt, seltsam, dass auch er sie nirgendwo einordnen konnte.

Vielleicht wohnte er ja noch nicht lange in Kaimburg oder Umgebung.

Sie würden einander näher kennenlernen, das spürte sie ganz tief in ihrem Inneren.

Glauben Sie an Schicksal?, hatte er sie gefragt.

Ihm hatte sie es aus lauter Verunsicherung nicht verraten, aber sie war sich ebenso sicher wie er, dass dies erst der Anfang von etwas ganz Wunderbarem war …, etwas, was man Liebe nannte.

Und verliebt war sie in … Joe, das war für sie so sicher wie das Amen in der Kirche.

Es war schon verrückt, wie schnell sich etwas im Leben eines Menschen ändern konnte.

Im Grunde genommen war sie doch bloß ins Kino gegangen, weil sie der Begegnung mit einem Mann entfliehen wollte, mit dem ihre Schwester Sabrina sie verkuppeln wollte.

Pech gehabt, Schwesterlein, dachte sie. Um mich mit irgendeinem langweiligen Grafen oder Fürsten oder auch nur Baron zu verkuppeln, musst du früher aufstehen. Ich suche mir meinen Mann selbst, und wie es den Anschein hat, habe ich ihn sogar schon gefunden, einfach so, zufällig, vorbestimmt … Man konnte es nennen wie man wollte … Joe, mit Nachnamen unbekannt, hatte ihr Herz im Sturm erobert, ohne viel zu sagen, ohne viel zu fragen, seine Gegenwart hatte ausgereicht, ihr Herz höher schlagen zu lassen, und auch ihm war es so gegangen.

Joe …

Wieder blickte sie auf ihre Armbanduhr.

Die Zeit schien stillzustehen, die Zeiger schienen sich überhaupt nicht vorwärtszubewegen, sondern festzukleben.

Das Schrillen ihres Telefons ließ sie zusammenzucken.

Ein wenig lustlos meldete sie sich, sie hätte jetzt lieber weiter geträumt als irgendein geschäftliches Gespräch zu führen über Dinge, die sie zwar normalerweise interessierten, aber jetzt im Augenblick nicht, jetzt war das so unnötig wie ein Schneesturm im Mai.

»Hi, Alex, ich bin’s«, es war ihre Freundin Lil, »ich will eigentlich nur wissen, wie es dir geht. Ob du schon aufgeregt bist, und vor allem möchte ich wissen, was du anzuziehen gedenkst für das Date mit deinem Prinzen.«

Alexandra lachte.

»Noch ist es nicht mein Prinz, und angezogen bin ich bereits. Das war übrigens eine schwierige Geburt. Ich habe ganz bestimmt zwanzig Outfits anprobiert …, mein Schlafzimmer sieht aus wie ein Schlachtfeld, und auf meinem Bett liegt der Inhalt des halben Kleiderschranks.«

Liliane fiel in das Lachen ihrer Freundin mit ein.

»Hört sich spannend an, was hat also schließlich Gnade vor deinen Augen gefunden?«

Alexandra zögerte einen Augenblick.

»Wahrscheinlich wirst du jetzt gleich anfangen zu schreien, Lil, aber ich habe mich für das Kleid mit den kleinen Blümchen entschieden, du weißt schon, das mit dem Achtbahnenrock mit den Schlitzen und den überschnittenen Ärmeln …, wir haben es zusammen gekauft.«

Als Liliane nicht sofort antwortete, erkundigte Alexandra sich: »Kannst du dich nicht erinnern, Lil?«

Liliane seufzte.

»Und ob ich mich erinnern kann.«

»Und … wie findest du es?«

Wieder kam nicht sofort eine Antwort, aber dann fragte Liliane: »Willst du es wissen? Willst du meine ehrliche Meinung hören?«

Alexandra nickte, aber das konnte Liliane nicht sehen, deswegen sagte sie rasch. »Ja, deine Meinung ist mir sehr wichtig, schließlich bist du meine allerbeste Freundin, und ich weiß, dass du stets aufrichtig bist.«

»Also gut …, dieses Kleid ist niedlich, ist nett, aber … spießiger geht es ja wohl nicht, oder?«

Alexandra verstand die Welt nicht mehr.

»Lil, was ist an dem Kleid spießig? Als ich es anprobierte, warst du ganz begeistert und hast mir angeraten, es zu kaufen. Es ist von einem teuren Label, ein Designerstück.«

»Ja, ja, stimmt ja auch. Wenn du mit deinen Eltern zu irgendwelchen Grafen zum Tee oder Kaffee eingeladen bist, bist du darin perfekt angezogen. Aber, Alex, denk doch mal nach. Du triffst dich mit dem Mann, in den du dich Knall auf Fall verliebt hast, den du für dich gewinnen willst. Da darf man mit seinen Reizen nicht geizen, da darf es schon ein wenig verführerischer sein, ein Outfit, das ihm den Atem stocken lässt, bei dem ihm abwechselnd heiß und kalt wird.«

»Lil, du liest zu viele Liebesromane oder guckst dir im Fernsehen zu viele Soaps an. Ich bin mit Joe ganz unspektakulär beim Italiener zum Mittagessen verabredet und nicht in einer Nachtbar, wo ich als Vamp auftreten muss, eine Rolle, die mir eh nicht liegt. Ich bin vielleicht ein wenig spießig.«

»Quatsch, bist du nicht. Du bist eine ganz, ganz tolle Frau«, widersprach Liliane sofort. »Und wenn du dich in diesem Kleid wohlfühlst, dann lass es meinetwegen an …, hoffentlich trägst du dazu diese Riemchensandalette, die wir dazu gekauft haben.«

»Nein, denn das war ein glatter Fehlkauf. Zum einen schneiden die feinen Riemchen, auch wenn sie aus phantastisch weichem Leder sind, ein, zum anderen stakse ich darauf herum wie ein Storch … Nein, ich habe flache Ballerinas an, in denen ich mich pudelwohl fühle, und ehe du nach meiner Frisur fragst …, ich habe meine Haare nur glatt heruntergebürstet.«

»Okay, da siehst du immer hübsch aus«, sagte Liliane. »Und welchen Schmuck trägst du?«

»Keinen, nur meine Armbanduhr und eine kleine, sehr hübsche Goldkette von meiner Urgroßmutter.«

Liliane seufzte.

»Und das bei einem Fundus an Schmuck, in den man mit beiden Händen voll hineingreifen kann, ohne auch nur ein Viertel des Inhalts in die Finger zu bekommen.«

»Lil, lass es gut sein. Ich möchte Joe durch mich, meine Art, mein Lachen, beeindrucken und nicht durch den Erbschmuck meiner Ahnen.«

»Der allerdings zum Niederknien ist«, bemerkte Liliane neidlos. »Aber gut, ich will nicht mit dir streiten … Hast du dich wenigstens ein bisschen … geschminkt?«

»Ich hab mir die Wimpern getuscht, Lippenstift aufgetragen, den ich, ehe ich ins Rialto hineingehe, noch mal erneuern werde, und ich habe ganz dezent Parfüm aufgetragen …, zufrieden, meine kritische Freundin?«

»Ja, zufrieden, im Übrigen will ich nicht meckern, sondern ich will, dass du schön bist, die Schönste …, dass er von dir beeindruckt ist.«

»Weißt du, Lil, so wie ich Joe einschätze, kann ich ihn nicht durch Äußeres beeindrucken …, zwischen uns ist mehr als so etwas … Ich glaube, unsere Seelen haben sich berührt, das was zwischen uns ist …, ist Magie.«

Alexandra kannte sich selbst nicht wieder.

Sie war sich absolut sicher, dass sie solche Worte noch nie zuvor in ihrem Leben gebraucht hatte, dass sie im Zusammenhang mit einem Mann auch nicht daran gedacht hatte, auch nicht, als sie hier und da während ihrer Studentenzeit verliebt gewesen war.

Mit Joe und ihr, das war etwas Besonderes, etwas, was sich nicht in Worte fassen ließ.

Liliane antwortete nicht sofort, schon wieder nicht, und das irritierte Alexandra mittlerweile, denn Lil war sonst stets, kaum dass sie zu Ende gesprochen hatte, mit einer Antwort parat gewesen oder sie war ihr sogar ins Wort gefallen.

»Lil…, habe ich jetzt … was Blödes gesagt? Ich …, ich fühle es wirklich, auch wenn ich es selbst nicht glauben kann, es ist …«

»Alex, hör auf, dich jetzt zu rechtfertigen«, schluchzte Liliane, »ich konnte nicht sofort was sagen, weil ich so gerührt war … Mein Gott, ist das alles schön …, so besonders. Ich wollt, ich könnte das auch sagen.«

Diese Worte waren für Alexandra ein Grund, das Thema zu wechseln.

»Wieso? Ich denke, zwischen dem Doktor und dir läuft es jetzt endlich gut? Hat sich etwa von gestern auf heute bereits wieder alles verändert? Das würde mir leidtun.«

Liliane kicherte.

»Keine Sorge, mein Herz. Lars wird wirklich immer zutraulicher. Er hat mich heute morgen ganz lieb geweckt und mir Worte ins Ohr geflüs­tert, die ich ihm überhaupt nicht zugetraut hätte. Aber Magie …, nein, so kann man es nicht bezeichnen, dafür ist er ein zu spröder Typ. Schwingungen von Seele zu Seele. Ich glaub, er würde mich zu einem Psychiater schicken, wenn ich von so etwas anfangen würde … Nun, jeder Mensch ist wie er ist. Ich bin ja auch ganz anders als du. Aber zugeben muss ich schon, dass mir ein wenig mehr Romantik schon gefallen würde … Ich glaub, dabei schmilzen alle Frauen dahin, auch die hartgesottenen, die so etwas verbal abtun.«

»Es kann sich noch ändern, wer weiß, was dein Doktor noch auf die Beine stellt, zu welcher Höchstform er noch auflaufen wird. Außerdem, das, was ich jetzt über Joe gesagt habe, das ist …, nun ja, das ist nicht mehr als mein subjektives Empfinden. Es kann doch sein, dass ich alles mögliche in ihn hineininterpretiere und er bei näherem Kennenlernen ein richtiger Stiesel ist.«

»Alex, das glaubst du selbst nicht. Natürlich ist er ein Ritter oder ein Prinz …, ein normaler Mensch stellte nicht solche Fragen wie – glauben Sie an Schicksal, und der sagt auch nicht so was wie das alles erst der Anfang von etwas ganz Wunderbarem ist oder so ähnlich … Ich weiß nicht, normalerweise habe ich es nicht so mit Vorahnungen, unverbrieften Prognosen …, aber in deinem Fall fühle ich es, ich könnte darauf wetten, dass du deinen Mr Right hast. Also, meine liebste Freundin, vermassele es nicht. Spiel nicht, so wie gestern Abend, die vornehm Zurückhaltende. Wenn du dich nämlich nicht so geziert hättest, wärst du mit ihm schon einen Schritt weiter.«

»Ja, ich weiß, Lil, ich habe mich kindisch verhalten, aber geschehen ist geschehen, ich kann jetzt nicht vor lauter Wut ins Gras beißen oder mit der Faust eine Tischplatte zertrümmern … Ich verspreche hoch und heilig, dass ich ein zweites Mal meine Chance nutzen werde; und zwar genau heute Mittag im Rialto.«

»Das ist gut«, meinte Liliane zufrieden, »dann kann ich dich jetzt nur noch um eines bitten …, ruf mich an, wenn du die erste Möglichkeit hast, ungestört zu reden. Ich werde auf jeden Fall mein Handy mitnehmen und es auch anlassen, damit ich diesen Augenblick auf keinen Fall versäume.«

Alexandra versprach es, dann wechselten sie noch ein paar belanglose Worte miteinander, ehe sie das Telefonat beendeten.

Alexandra blickte auf ihre Armbanduhr.

Verflixt noch mal, nun hatte sie so lange mit ihrer Freundin telefoniert, und der große Zeiger der Uhr war kaum vorgerückt.

Sie blickte an sich herunter.

War sie zu spießig angezogen?

Liliane hatte sie vollkommen verunsichert.

Alexandra stand auf, lief in die große Halle, in der mehrere prachtvoll große Spiegel hingen.

Vor einen von ihnen trat sie, betrachtete sich aufmerksam, drehte sich um, zur Seite.

»Komtess Alexandra«, rief eines der Hausmädchen, das unbemerkt neben sie getreten war, »Sie sehen wunderschön aus …, wie eine Prinzessin …, haben Sie ein tolles Kleid an, es ist wie für Sie gemacht.«

Das ging runter wie Öl.

Alexandra drehte sich zur Seite, lächelte das junge Mädchen an, das in seinem schwarzen Kleid, dem blütenweißen Schürzchen, sehr adrett aussah.

»Danke, Hilla«, sagte sie, ehe sie wieder zurück in ihr Büro ging.

Eigentlich war Alexandra von der Meinung anderer Leute unabhängig, aber in einem solch besonderen Fall, wo es so wichtig war, hübsch auszusehen, tat es ihr schon gut.

Sie setzte sich an ihren Schreibtisch, griff seufzend nach dem Vorgang, der aufgeschlagen vor ihr lag und versuchte aufs Neue, den Sinn zu erfassen.

Es gelang ihr nur mit mäßigem Erfolg …

*

Endlich, endlich war es so weit. Sie konnte ihre Arbeit niederlegen, sich in ihr Auto setzen und nach Kaimburg fahren.

Die Sonne schien, am klarblauen Himmel zeigte sich nicht die kleinste Wolke.

Wenn das keine guten Vorzeichen waren!

Alexandra war viel zu früh, aber das war ihr egal, besser zu früh als zu spät. Normalerweise war mit Verkehrshindernissen auf dem Weg in die Stadt nicht zu rechnen, aber man konnte ja nicht wissen.

Sie wollte Joe um keinen Preis der Welt verpassen!

Sie machte ihr Autoradio an, knips­te ein wenig herum, dann fand sie einen Sender, auf dem Liebeslieder gespielt wurden. Genau das brauchte sie jetzt.

Schon das erste Lied war ein Ohrwurm. Eine Sängerin trällerte etwas von Liebe und Sehnsucht. Alexan­dra kannte das Lied nicht, aber sowohl Text als auch Melodie waren so eingängig, dass sie sehr bald mitsingen konnte.

Mitsingen?

Nein, richtiger war wohl, mitträllern.

Sie war so gut gelaunt, so glücklich, dass sie am liebsten die ganze Welt umarmt hätte.

Wer weiß, dachte sie, vielleicht bot sich heute ja sogar die Gelegenheit Joe zu umarmen? Dafür würde sie das mit der ganzen Welt lassen, auf jeden Fall.

Sie wunderte sich, dass die Straße recht befahren war, und sie wunderte sich, dass die Autofahrer ein ziemliches Tempo drauf hatten.

Lag das an dem schönen Wetter?

Oder fuhren sie auf dieser schnurgeraden Landstraße immer so und es war ihr bislang nicht aufgefallen.

Sie war so gut in der Zeit, dass sie gemächlicher dahinzockelte und es ihr nichts ausmachte, hier und da überholt zu werden.

»… und darum liebe ich dich immer mee…eee…her«, schluchzte die Sängerin.

So, das reichte.