Die Kinder von Headonbow - Sean Chandler - E-Book

Die Kinder von Headonbow E-Book

Sean Chandler

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Beschreibung

Klassische Erzählung im Stile der Altmeister des Horrors. Spannend, Mysteriös, Beklemmend. Der New Yorker Kyle Masterson ist mit dem Auto unterwegs, um über Thanksgiving seine Familie zu besuchen. Durch ein plötzlich hereinbrechendes Unwetter verliert der Ex-Marine auf seinem Road-Trip die Orientierung und stößt auf den verlassenen Ort Headonbow. Die Kleinstadt birgt ein dunkles Geheimnis, dessen Folgen den vom Leben gezeichneten Kyle an den Rand des Erträglichen treiben. Als das totale Grauen seine Fratze entblößt, scheint für den Soldaten jeder Ausweg aussichtslos.

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Seitenzahl: 40

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Die Kinder von Headonbow

Kleine Horrorgeschichte für zwischendurch

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Die Kinder von Headonbow

Epilog

Impressum neobooks

Die Kinder von Headonbow

Der Regen setzte ein, kurz, nachdem Kyle Masterson das Ortsschild von Headonbow passiert hatte. Er schaltete seinen schwarzen Audi SUV runter in den dritten Gang und trat sachte auf die Bremse. Dicke Tropfen prasselten auf die Karosserie und erzeugten eine Sinfonie aus klackenden Lauten. Das Wasser lief in alle Richtungen über die nebligen Felder und schien gleichzeitig aus ihnen zurückzuströmen. Die Wolken hingen so tief, dass es den Anschein hatte, die Wipfel der Bäume würden in sie hineinstechen.

Bevor Kyle in der allmählich heraufziehenden Nacht die ersten Häuser der Kleinstadt an ihren Silhouetten erkannte, ging der Asphalt der Landstraße in matschigen Sand über.

"Verdammter Mist", fluchte er, als der Audi auf dem aufgeweichten Untergrund zur Seite wegtrieb.

Er drosselte erneut die Geschwindigkeit, um den Wagen besser in der Spur zu halten.

Headonbow wirkte verlassen. Nirgendwo brannte Licht. Es gab keine Straßenlaternen, keine Tankstelle, keine Bars, auch keine Autos, nicht einmal vor den Einfahrten. Kyle fuhr im Schritttempo durch den seltsam anmutenden Ort, dessen Gebäude ihn wie vernachlässigte Grabsteine flankierten.

"Headonbow", sprach er vor sich hin, "davon steht aber nichts in meinem Navi".

Der Regen ließ den sandigen Untergrund immer flüssiger werden, die Räder verloren Meter um Meter an Halt. Kyle Masterson war unbehaglich zumute. Dabei war der 1,90 Meter große Ex-Footballstar und Marine alles andere als zimperlich. Auf dem Sportfeld hatte er sich ein Jahrzehnt lang mit den Besten gemessen, die der amerikanische Profisport zu bieten hatte und bei seinen Einsätzen im Irakkonflikt hatte er alles gesehen, was Menschen einander antun können.

Setz dich doch in den Flieger, hörte Kyle seine Schwester Sue sagen, die mit ihrem Mann und ihren beiden Töchtern knapp drei Autostunden von New York City entfernt in Harrisburg lebte. Er hatte ihren Vorschlag, wie schon hundertmal zuvor, verneint. Kyle hasste es, eingezwängt wie eine Ölsardine in diesen Dingern zu stecken. Mit den Jungs stundenlang in einer Lockheed abzuhängen, war etwas anderes, als der Flug in einer Passagiermaschine. Dutzende Leute, die ihre Laptops und Knie in fremde Rücken drücken – das war nichts für ihn. Inlandsflüge fand er schlicht gesagt zum Kotzen. Abgesehen davon musste er den Kopf frei bekommen. Denn Kyle Masterson hatte einen Punkt in seinem Leben erreicht, an dem er nicht mehr wusste, warum er noch weitermachen sollte.

Der Regen wurde stärker. Die Dunkelheit fiel über Headonbow wie das Fallbeil einer Guillotine. Der Lichtkegel von Kyles Wagen schob sich nur schleppend durch den fahlen Ort.

Doch plötzlich huschte etwas vor ihm über die Straße. Erschrocken trat Kyle Masterson auf die Bremse.

"Verflucht", fauchte er.

Der Schatten einer leicht gekrümmten Gestalt tauchte für den Bruchteil einer Sekunde den Lichtstrahl des Audis in Dunkelheit und verschwand, so schnell, wie er gekommen war, wieder in der Finsternis. Ohne nachzudenken, ließ Kyle die Scheibe nach unten.

"Hallo", rief er, doch außer dem Klacken auf seinem Wagen und dem Rauschen des Wassers auf den umliegenden Gewächsen sah und hörte er nichts.

Die Gestalt war weg. Kyle hielt den Kopf aus dem Fenster und versuchte etwas zu sehen. Regen, überall war Regen. Nicht einmal mehr die Häuser oder die Begrenzung der Straße waren zu erkennen. Das Wasser hatte ihn eingehüllt. Die kühle Brise tat ihm gut. Er ließ das Nass der Wolken in sein Gesicht fallen und es dauerte nur wenige Sekunden, bis seine blonden Haare vollkommen durchnässt waren. Kyle Masterson schloss für einen Moment die Augen und genoss den sonderbaren Frieden, der ihn trotz der merkwürdigen Erscheinung umgab. Als er an der Kopfhaut zu frieren begann, zog er den Kopf zurück, griff auf die Rückbank, öffnete seine Reisetasche und zerrte ein T-Shirt heraus. Nachdem er Gesicht und Nacken abgetrocknet hatte, starrte er erneut in die Nacht. Doch da war nichts.

Landeier, dachte Kyle Masterson und ließ die Fensterscheibe wieder nach oben.

Das Navi war laut Anzeige in der Lage, die Position des Wagens zu bestimmen. Nur war auf dem Bildschirm nichts von einem Ort namens Headonbow zu lesen. Das Gerät forderte ihn auf, weiterzufahren. Der Marine zog sein Mobiltelefon aus seiner Gesäßtasche und starrte entgeistert aufs Display: kein Netz.

"Verflixt, was ist das für eine Scheiße?", fluchte er und warf das Handy in die Sitzablage.

Dann beugte er sich nach vorn, öffnete das Handschuhfach und zog eine Whiskyflache hervor. Die glatte Struktur des Glases in seiner Hand entspannte ihn. Er wog die Flasche fast zärtlich hin und her.

Die Dunkelheit und der Regen krabbelten immer mehr an den Wagen heran. Der Lichtkegel der Scheinwerfer verlor Sekunde um Sekunde an Volumen. Die Situation erinnerte ihn an ein Gefecht in der Nähe von Basrah.