Die letzte Nachtschicht - Thomas Ritzinger - E-Book

Die letzte Nachtschicht E-Book

Thomas Ritzinger

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Beschreibung

Ein Toter mit vier Buchstaben auf der Brust – FAKE Alle Zimmer sind leer, bis auf eines ... Sportstudent Leon ist allein in seiner letzten Nachtschicht in dem Kölner Hotel. Am nächsten Tag wird es die Türen für immer schließen. Poltern und Schreie wecken Leon mitten in der Nacht. Im einzigen noch belegten Zimmer liegt ein junger Mann leblos auf dem Bett – blutüberströmt, auf seiner Brust ist das Wort FAKE eingeritzt. Ein Detektiv, der sich als «Der Österreicher» vorstellt, taucht mit der Polizei am Tatort auf. Leon ist fasziniert von diesem Mann, der ganz anders zu ticken scheint als alle Menschen, denen er jemals begegnet ist. Aus Gründen, die Leon schleierhaft sind, engagiert ihn der Österreicher als Assistenten in seiner Mordermittlung. Die Hinweise führen in die Modelszene. Mit wem hatte das Mordopfer Yasin sein letztes tödliches Date?  «Thomas Ritzinger stach für mich von Anfang an heraus: Ein mysteriöser, charmanter Salzburger, der in Köln ermittelt. Ein totes Model in einem (fast) verlassenen Hotel, viel Schmäh und weitere spannende Charaktere. Als Sahnehäubchen: eine sich anbahnende queere Liebesgeschichte – viel zu selten in der deutschsprachigen Krimilandschaft!»  Florian Valerius, Buchhändler und Buchblogger auf @literarischernerd ∗∗∗∗ Thomas Ritzinger ist ein österreichischer Schauspieler. Er absolvierte seine Schauspielausbildung am «Schauspielhaus Salzburg» und schloss diese im «Theater in der Josefstadt, Wien» mit der Bühnenreifeprüfung ab. Im Zuge seiner langjährigen Theateraktivität verkörperte er über 50 verschiedene Rollen in professionellen Produktionen. Mit seinem Krimi Die letzte Nachtschicht ist er einer der Gewinner des rotation-Schreibwettbewerbs 2022/23 geworden.

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Thomas Ritzinger

Die letzte Nachtschicht

Kriminalroman

 

 

 

Über dieses Buch

Ein Toter mit vier Buchstaben auf der Brust – FAKE

Alle Zimmer sind leer, bis auf eines … Sportstudent Leon ist allein in seiner letzten Nachtschicht in dem Kölner Hotel. Am nächsten Tag wird es die Türen für immer schließen. Poltern und Schreie wecken Leon mitten in der Nacht. Im einzigen noch belegten Zimmer liegt ein junger Mann leblos auf dem Bett – blutüberströmt, auf seiner Brust ist das Wort FAKE eingeritzt. Ein Detektiv, der sich als «Der Österreicher» vorstellt, taucht mit der Polizei am Tatort auf. Leon ist fasziniert von diesem Mann, der ganz anders zu ticken scheint als alle Menschen, denen er jemals begegnet ist. Aus Gründen, die Leon schleierhaft sind, engagiert ihn der Österreicher als Assistenten in seiner Mordermittlung. Die Hinweise führen in die Modelszene. Mit wem hatte das Mordopfer Yasin sein letztes tödliches Date?

 

«Thomas Ritzinger stach für mich von Anfang an heraus: Ein mysteriöser, charmanter Salzburger, der in Köln ermittelt. Ein totes Model in einem (fast) verlassenen Hotel, viel Schmäh und weitere spannende Charaktere. Als Sahnehäubchen: eine sich anbahnende queere Liebesgeschichte – viel zu selten in der deutschsprachigen Krimilandschaft!»

Florian Valerius, Buchhändler und Buchblogger auf @literarischernerd

Vita

Thomas Ritzinger ist ein österreichischer Schauspieler. Er absolvierte seine Schauspielausbildung am «Schauspielhaus Salzburg» und schloss diese im «Theater in der Josefstadt, Wien» mit der Bühnenreifeprüfung ab. Im Zuge seiner langjährigen Theateraktivität verkörperte er über 50 verschiedene Rollen in professionellen Produktionen. Mit seinem Krimi Die letzte Nachtschicht ist er einer der Gewinner des rotation-Schreibwettbewerbs 2022/23 geworden.

Impressum

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, Juni 2024

Copyright © 2024 by Rowohlt Verlag GmbH, Hamburg

Redaktion Svenja Kopfmann

Covergestaltung zero-media.net, München

Coverabbildung Nic Skerten / Trevillion Images

ISBN 978-3-644-01959-1

 

Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation

Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp

 

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www.rowohlt.de

Kapitel 1

Ein finales Selfie in der Hoteluniform. Leon setzte für das Foto ein nostalgisches Lächeln auf, und tatsächlich überkam ihn ein bisschen Wehmut. Und dann ab mit dem Bild in die Insta-Story: #DieLetzteNachtschicht.

Seit etwa einem Jahr arbeitete er hier im Hotel Zur Goldenen Maske, hauptsächlich in der Spätschicht. Das ließ sich am besten mit dem Studium, dem Training und den gelegentlichen Modeljobs abstimmen. Heute war er zum letzten Mal hier. Die Pandemie hatte das Hotel in die Knie gezwungen, vielen Angestellten war während der Coronajahre gekündigt worden, und die meisten wollten nicht mehr zurückkehren. Es herrschte Personalmangel, weshalb Leon heute sogar eine Vierundzwanzigstundenschicht bestritt. Dass er alleine auf ein Hotel mit fünfzig Zimmern verteilt auf neun Stockwerke aufpasste, sprach Bände. Nur eines davon war heute Nacht belegt. Und das mitten in Köln.

Als er das Foto abschickte, prasselten ihm Dutzend Posts entgegen. Partyfotos, Shots vom Laufsteg, bescheuerte Gesichter. Reels mit Models, Fotografen und Agenturchefs beim Tanzen, Trinken und Feiern. #FashionCallCologne überall.

Leon warf das Handy auf das Bett. Lieber wäre er dort und würde mitfeiern. Aber für diese Schicht bekam er einen saftigen Zuschlag, also hockte er stattdessen im Hotel. Ein Job, der ab morgen wegfallen würde, deshalb galt es, noch so viel Geld wie möglich zusammenzukratzen. Unten in der Lobby waren die Möbel schon mit weißen Leinen bedeckt, und um Mitternacht hatte er die Rezeption geschlossen. Eigentlich hätte er längst seinen nächtlichen Rundgang machen sollen, aber andererseits juckte es heute niemanden. Nach seiner Schicht machte das Hotel zu, da kam es auch nicht mehr drauf an.

Leon schnappte noch einmal sein Handy und war kurz davor, es erneut einzuschalten und seine Modelkollegen zu stalken. Sogar seine Agenturleiterin war extra aus Hamburg angereist, um vor Ort zu sein. Nicht, dass er ihr unbedingt über den Weg laufen wollte.

Doch dann überlegte er es sich anders und ließ es mit einem resignierten Seufzen auf den Nachttisch des Hotelzimmers sinken. Er straffte seine Weste, ließ einmal kurz die Brustmuskeln darunter spielen und verließ das Zimmer. Dann eben ein letzter Rundgang. Immer noch sinnvoller, als sich von Insta bombardieren zu lassen und am Ende völlig gefrustet zu sein.

Der alte Teppichboden, der schon bessere Zeiten gesehen hatte, war so kratzig, dass Leon glaubte, ihn sogar durch seine Ledersohlen hindurch spüren zu können. Das blaue Nachtlicht durchflutete den Gang, und es war ungewöhnlich still. Nur der urbane Klang Kölns war dumpf hinter den Mauern zu hören. Auch wenn es bloß ein Nebenjob war, mochte er diese Stille. Er würde sie vermissen.

Die schwere Feuerschutztür zum Treppenhaus fiel hinter Leon ins Schloss, als er sich auf den Weg nach unten machte. Das Krachen hallte laut durch das Gebäude, und er zuckte zusammen. Dass er auch nie lernte, diese verdammten Türen nachts daran zu hindern, so laut zuzufallen. Unterwegs überprüfte er mit schnellem Blick, ob die Fenster im Treppenhaus auch wirklich geschlossen waren, dann erreichte er das Erdgeschoss und steuerte auf die Rezeption zu.

Natürlich hatte er das Büro schon längst abgeschlossen und die Computer heruntergefahren. Aber Rundgang war Rundgang, und ein Blick extra schadete ja nicht.

Die Notausgangstüren auf der Nordseite waren zu. Also ging er zum Haupteingang, eine Drehtür, die in ihrem abgeschalteten Zustand erstarrt war, als stünde die Zeit still. Leon warf einen flüchtigen Blick durch die kleinere Glastür daneben. Draußen leuchtete der orange Schein der Straßenlaternen, und er entdeckte eine Gestalt, deren Gesicht ins Licht eines Handydisplays getaucht war.

Er öffnete die Tür und lehnte sich nach draußen. «Yasin?»

Der junge Mann blickte von seinem Smartphone auf und musterte ihn aus seinen braunen Rehaugen. Er war ungefähr so groß wie Leon, ein paar Jahre jünger und sehr schlank. Er trug ein weites Shirt mit tiefem Ausschnitt, das er halb in seine enge Hose gesteckt hatte, darüber eine dünne Jacke, um in der Septembernacht nicht zu frieren. Yasin war der letzte Gast und Neuling im Modelbusiness, weswegen sie am Abend beim Check-in kurz geplaudert hatten.

«Kommst du nicht rein?», fragte Leon und winkte ihm zu.

«Doch, doch! Aber ich schnapp noch ein bisschen Luft.» Yasin blickte sich verstohlen um und blinzelte dann verunsichert in Leons Richtung.

«Wie war’s beim Fashion Call? Hab ich was verpasst?», fragte Leon.

«War okay. Ein paar neue Leute kennengelernt. Du bist bei Inked Models, oder?»

Leon nickte. Auch wenn er nicht komplett mit Tattoos vollgetackert war, waren es doch zu viele, um Sportmodel zu werden. Also versuchte er sich im Tattoo-Segment.

Yasin grinste. «Dann hab ich deine Agenturleiterin getroffen. The Dark Knightress.»

Dark Knightress. Leon schmunzelte in sich hinein. Er hatte keine Ahnung, ob seine Agenturchefin von ihrem Spitznamen wusste. Vermutlich nicht, ansonsten würde sie jeden, der auch nur in Verdacht geriet, diesen hinter ihrem Rücken zu nutzen, mit ihren tödlichen Blicken um die Ecke bringen. Was dann auch das Ende der Modelszene in Deutschland wäre, da sie jeder – absolut jeder – insgeheim so nannte. «Ja, das ist definitiv meine Agenturleiterin», grinste Leon. «Ich hoffe, du hast manche ihrer Kommentare nicht persönlich genommen. Sie kann ganz schön gemein sein. Ich weiß aber nicht, ob sie das schnallt.»

Yasin zuckte mit den Schultern, wobei seine dunklen Locken fröhlich auf und ab hüpften. «Sie hat gesagt, dass ich ein paar Muckis mehr brauch. Aber wir haben sonst nicht viel geredet. Sie wurde ständig von irgendwem angequatscht.» Einen Moment lang ließ er den Blick seiner Rehaugen stumm zu Boden schweifen. «Egal», meinte er dann, «ich bin eh nicht tätowiert.»

Leon lachte. «Sieh’s positiv. Ich muss meine für den Hoteljob immer verstecken. Aber auch nur noch diese eine Nacht.»

«Du kannst sie mir gern mal zeigen. Hätte nichts dagegen.» Yasin lächelte ihn frech an, und Leon spürte augenblicklich einen Kloß im Hals. «Aber ich schnapp noch ein bisschen frische Luft und poste ein paar Storys vom Abend, okay?»

«Ja, klar! Ich muss sowieso meinen Rundgang beenden», sagte Leon schnell und kratzte sich an seiner Tätowierung am Unterarm. «Wir sehen uns morgen. Check-out ist bis 10 Uhr, aber von mir aus kannst du ausschlafen. Ich bin auf jeden Fall bis 12 Uhr hier.»

«Nice, danke!»

«Und hier einfach die Schlüsselkarte dranhalten, wenn du rein willst», meinte Leon noch und deutete auf den Sensor neben der Glastür. Dann nickte er Yasin zu, zog sich ins Hotel zurück und machte sich auf den Weg zum Treppenhaus.

Ihm seine Tattoos mal zeigen … ein Klassiker unter den Anmachsprüchen. Würde er dafür jedes Mal einen Euro bekommen, bräuchte er keinen Nebenjob mehr. Der Fashion Call war für Yasin wohl nicht so prickelnd gelaufen, wenn er bereits zurück war. Gut, es war schon halb zwei durch, aber die Afterparty ging noch bis mindestens fünf. Mal abgesehen von den Privatpartys, die danach in kleinerem Kreis gefeiert wurden. Da Leon nichts von Alkohol und Drogen hielt, hatte er bisher auf solche Absturzfeten verzichtet. Aber er würde gerne mal bei einer dabei sein. Einfach nur, um zu erfahren, ob die Geschichten, die man sich darüber erzählte, wahr waren.

Leon kürzte seinen Rundgang ab, marschierte zurück in sein Hotelzimmer im ersten Stock und schälte sich aus seiner Uniform. Er hatte im letzten Jahr an Muskeln zugelegt, sodass die Weste an manchen Stellen ein wenig eng war. Vielleicht war es wirklich nicht schlecht, sie nun an den Nagel zu hängen und mit ihr diesen Job. Mehr Zeit fürs Modeln. Und natürlich fürs Studium … da war ja noch was.

Das Surren des Aufzugs war problemlos durch die dünnen Wände zu hören. Vermutlich Yasin, der das Zimmer direkt über ihm bewohnte. Leon schnappte sein Handy und warf einen Blick auf Insta. Keine neuen Storys von ihm. Er wollte ihn vorhin wohl nur abwimmeln. Bestimmt hatte er draußen auf jemanden gewartet … für eine Tattoo-Inspektion.

Mit einem Seufzen ließ sich Leon auf das Bett fallen. Diese Art Besuch wurde hier nicht gerne gesehen. Aber das störte in der letzten Nacht niemanden mehr. Morgen gingen hier endgültig die Lichter aus. Genau genommen heute Mittag. Und dann … arbeitslos. Shit. Den Gedanken hatte er erfolgreich verdrängt. Bis jetzt. Er stellte den Wecker auf 07:30 Uhr. Vielleicht half ja ein wenig Schlaf gegen die schlechte Stimmung.

***********

Leon schnaubte genervt, als er sich im Bett umherwälzte. Über ihm ertönte dumpfes, von den hellhörigen Wänden des Hotels gedämpftes Keuchen und Stöhnen. Kurz warf er einen schlaftrunkenen, fast schon ferngesteuerten Blick auf das Handy: 02:45 Uhr, er hatte noch nicht mal eine Stunde geschlafen. Stöhnend zog er das Kissen über seinen Kopf, und der Nebel wirrer Träume hüllte ihn wieder ein.

Bis ein Quietschen oder Aufschrei, gemischt mit einem Lachen, ihn erneut aus dem Schlaf riss. Dann herrschte Stille.

Leon starrte an die Decke. Hatten die da oben nun zu Ende gebumst? Er hoffte es. Yasin und wer auch immer wussten vermutlich nicht, dass das Hotelzimmer direkt unter ihnen für die Nachtschicht genutzt wurde. So viel zum Thema Diskretion.

Leon drehte sich auf den Bauch und umschlang das Kopfkissen. Er schloss die Augen, aber einschlafen konnte er nicht, driftete lediglich am Rande des Schlafes. Flackernde Traumgestalten spukten in der Dunkelheit umher, um gleich wieder zu verschwinden.

«Hilfe», keuchte eines der Gespenster, als würde es aus dem neunten Stockwerk versuchen, Leon zu rufen.

Doch als er die Augen aufschlug, verpuffte auch dieser Traumgeist.

Ein Klirren hallte durch das Hotel, das Splittern von Glas. Leon schreckte hoch. Das war definitiv kein Traum. Das Geräusch hatte er deutlich gehört, über ihm, in Yasins Zimmer. Er lauschte in die Nacht, doch es war still, totenstill, sodass Leon das Pochen seines Bluts hörte. An der Innenseite seines rechten Unterarms spürte er deutlich den Puls in seinen Adern, genau dort, wo er sich die japanischen Schriftzeichen hatte tätowieren lassen. Schon oft hatte er das Gefühl gehabt, als könnten sie ihm im entscheidenden Moment Gefahren ankündigen.

Warum jetzt?

Er runzelte die Stirn und bemerkte, dass er seine Finger vor lauter Anspannung in die Bettdecke gekrallt hatte. Kopfschüttelnd ließ er los. Kein Grund, sich gleich ins Hemd zu machen. Er schielte zu dem Tattoo an seinem Unterarm. Hoffentlich war oben bloß ein Glas zu Boden gefallen.

Er brauchte drei Anläufe, um sich aus dem Bett zu schwingen. Dann zog er sich geschwind die Hoteluniform an, um einen offiziellen Eindruck zu machen, wenn er Yasin gleich wegen der Unruhe maßregelte. Oder wenn er ihm und seinem Damenbesuch wahlweise half, Scherben vom Boden zu klauben. Oder Herrenbesuch? Yasins Kommentar vorhin ließ eher auf Letzteres schließen. Leons Gedanken drifteten ab, als er sich vorstellte, wie Yasin langsam und eingehend seine Tattoos inspizierte. Schnell schüttelte er den Kopf, um sich zurück ins Hier und Jetzt zu holen, und zupfte seine Uniform zurecht.

Er nahm die Schlüsselkarte mit und trat auf den Gang hinaus. So angenehm das gedimmte, blaue Nachtlicht auch war, so kalt rieselte es Leon über den Rücken. Der Aufzug war direkt neben seinem Zimmer, und Leon betätigte den Knopf, um ihn zu rufen. Doch als sich der schmale, knarrende Lift langsam Leons Stockwerk näherte, breitete sich ein mulmiges Gefühl in Leons Magengrube aus. Die Ungewissheit, was ihn hinter den Lifttüren erwartete, beunruhigte ihn. Also machte er schnell kehrt und lief Richtung Treppenhaus. Zu Fuß war er sowieso schneller. Es war ja nur ein Stockwerk.

Das Treppenhaus war nicht mit dem alten Teppichboden ausgelegt, und so hörte Leon jeden seiner Schritte. Mit einem Knall fiel die schwere Glastür hinter ihm ins Schloss. Das Herz rutschte ihm vor Schreck in die Hose, und das Blut rauschte wild in seinen Ohren. Er blieb kurz stehen und atmete tief durch. Dann joggte er weiter die Treppe hinauf.

Seine Hand zitterte leicht, als er die Glastür im zweiten Stock aufzog. Diesmal achtete er darauf, dass sie nicht zuknallte, sonst würde er hier und jetzt nachhaltig aus den Latschen kippen und für immer als Geist durch das verlassene Hotel spuken. Blöderweise waren seine Hände schweißnass, sodass er sie nicht richtig zu fassen bekam und sie satt ins Schloss fiel. Der Teppichboden im Flur schluckte den Knall ein wenig, dennoch machte Leons Herz einen Sprung. Er straffte die Weste seiner Uniform, atmete einmal tief durch und wandte sich dem Gang zu.

Linker Hand reihten sich sechs Zimmer aneinander, und ihnen gegenüber boten schmale, lange Fenster einen Blick hinaus in den Innenhof. Leons Ziel war Zimmer Nummer eins, das am anderen Ende des Ganges, neben dem Aufzug lag … und dessen Tür offen stand.

Ein weicher gelber Lichtkegel fiel heraus und durchbrach das Blau, in welches das schlafende Hotel getaucht war. Leon runzelte die Stirn und zögerte einen Moment. Etwas stimmte nicht. Vorsichtig setzte er einen Schritt vor den anderen, vorbei an Zimmer Nummer sechs, dann fünf, dann Zimmer vier, drei. Seine Kiefermuskeln spannten sich an. Zimmer Nummer zwei … Zimmer Nummer eins. Langsam verließ Leon die blaue Welt des nachttrunkenen Gangs und tauchte in den trüben Schein des Hotelzimmers ein.

Gelb war eine warme Farbe, doch Leon erstarrte im Türrahmen, als würde er mitten in der Bewegung einfrieren oder als weigerte sich sein Körper, die Schwelle zu übertreten, sowie sich ihm der Blick ins Zimmer öffnete. Der kurze Eingangsbereich, der am Bad vorbeiführte, gab die Sicht nur auf einen Teil des Raums frei. Die Schriftzeichen auf seinem Unterarm pulsierten unter dem Hemdärmel. Tausende Gedanken rasten durch seinen Kopf, versuchten, das Gesehene zu verarbeiten, verirrten sich dabei in sich selbst und schwirrten wie eine Wolke chaotisch summender Fliegen um Leons Geist.

Wie von einem fremden Willen gesteuert, setzte er einen Fuß vor den anderen und näherte sich der nassen, glänzenden Lache Blut, die langsam in die Fasern des Teppichbodens sickerte. Die Wolke schwarzer Fliegen verstummte, als er den leblosen Körper auf dem Hotelzimmerbett sah. Ein nackter, auf dem Rücken liegender junger Mann, dessen Kopf am Fußende des Betts leicht nach unten gekippt war. Die Gliedmaßen von sich gestreckt, als würde er sich gerade auf einer Wiese sonnen. Am Hals klaffte eine Wunde, aus der Blut in die Lache am Boden tropfte. Und quer über die Brust, in wütenden, wirren Lettern geritzt, prangte blutig das Wort «FAKE». Leon wagte kaum zu atmen, als er in die leblosen Augen des Toten herabsah. Yasins Augen. Braun, glänzend, erstarrt.

Mit einem Mal war Leon hellwach und stolperte einen Schritt zurück. Er kramte in der Hosentasche nach dem Handy und fand nur die Schlüsselkarte seines Zimmers.

Er musste hier raus, die Polizei rufen, hier im Zimmer, oder besser von der Rezeption aus.

Oder vielleicht zuerst ins Bad, ein Handtuch holen, die Blutung an Yasins Hals stoppen.

Nein, sinnlos, er war tot.

Raus, erst raus hier, dann nach unten, erst mal nach unten.

Er hastete Richtung Tür und bremste schlagartig. Nur ein Spalt gab den Blick nach draußen frei. Aber er hatte sie doch nicht hinter sich geschlossen … oder?

Eine Bewegung im Gang!

Leon entfuhr ein Schrei. Er ballte die Fäuste, doch die Tür regte sich nicht.

In den Wänden knarrte es. Der Aufzug.

Der Mörder … er war noch hier.

Leon schielte zu den Möbeln, hatte Angst, den Türspalt dabei aus den Augen zu lassen. Er brauchte irgendeinen Gegenstand, etwas, das als Waffe taugte. Vergeblich.

Dann eben Karate-Do, der «Weg der leeren Hand» im wahrsten Sinne des Wortes. Das musste genügen. Über zehn Jahre Kampfsport, und jetzt war es so weit. Keine Matte, kein Schiedsrichter, nur der oft diskutierte Ernstfall. Er atmete tief ein, und mit dem Ausatmen preschte er los, riss die Tür auf und sprang mit einem Schrei nach draußen in Richtung Aufzug. Ein Bein gestreckt, das andere angewinkelt, um die Energie der Bewegung in Kraft für den Angriff umzusetzen. Mit einem Tritt, der sich gewaschen hatte, verpasste er seinem Ziel einen Stoß, der ihn selbst zurückprallen ließ. Er landete sicher auf beiden Beinen, hob die Hände zur Deckung und baute Körperspannung auf, um für den Gegenschlag gewappnet zu sein.

Doch die einzige Antwort war ein leises «Ping», das signalisierte, dass der Aufzug angekommen war. Dann ein dezentes Quietschen der sich öffnenden Flügeltür, die wegen der Delle, die Leon in sie getreten hatte, etwas stockte. Vor ihm das weiße, kalte Licht der Aufzugskabine.

Hinter ihm, am anderen Ende des Ganges, knallte die Tür zum Treppenhaus zu, und Leon wirbelte um die eigene Achse.

Der Aufzug … Shit, nur eine Ablenkung!

Leon sprintete los, krachte gegen die schwere Glastür und stieß sie auf. Ein weiterer Knall ertönte, als die Tür im Erdgeschoss ins Schloss fiel und den Treppenaufgang sowie Leons Herz zum Beben brachte. Hastig stolperte er nach unten und wäre dabei fast mit den Sohlen seiner Lederschuhe an den Kanten der Stufen abgerutscht. Oben, laut wie ein Schuss, fiel die Tür zu, als er hinaus zur Hotellobby preschte.

Die Rezeption war verlassen. Wie verschneite Gräber ruhten die von weißen Leinen bedeckten Möbel im Foyer, und die Drehtür des Haupteingangs schlief. Ein leichter Luftzug streifte Leons Nacken, und sein Blick fiel auf eine der Notausgangstüren auf der Nordseite. Sie stand offen und war ganz langsam und bedächtig im Begriff, sich zu schließen.

Leon stieß sie wieder auf, stolperte einen Schritt ins Freie und sah sich um. Doch in dem Hinterhof des Hotels und der angrenzenden Gebäude war nichts zu sehen. Die Durchgänge zu den Straßen der Stadt lagen im Dunkeln. Ein leiser Wind kroch unter Leons Weste und ließ ihn frösteln.

Vom Mörder keine Spur.

Kapitel 2

Stimmen hallten leise durch die Hotellobby, als eine Polizistin den Nachteingang neben der Drehtür öffnete und mit einem Griff an die Mütze grüßte. Er erwiderte es mit einem knappen Nicken und zwang sich zu einem dünnen Lächeln, das wenigstens den Anschein von Freundlichkeit erwecken sollte. Crossberry hatte ihn schon vor Jahren darauf hingewiesen, dass er unsympathisch wirkte, wenn er Höflichkeiten ignorierte. Obwohl es ihm schwerfiel, versuchte er trotzdem, in manchen Situationen Regungen zu zeigen, die von seinen Mitmenschen als Emotion interpretiert werden konnten. Jahrelang hatte er andere Menschen beobachtet und sich somit ein Repertoire an mimischem und gestischem Material angeeignet. Nun war er in der Lage, Emotionen entsprechend der Situation zu spiegeln.

Im Erdgeschoss des Hotels schien dezentes goldgelbes Licht. Die Möbel waren mit weißen Tüchern abgedeckt, bis auf eine Sitzgruppe, wo zwei Personen Platz genommen hatten. Die eine war ihm wohlbekannt, Kriminalkommissarin Shirley Hoffmann. Die andere war dem Aussehen nach Leon Rosenkranz, jüngerer Bruder von Sophie Rosenkranz. 183 cm groß, 23 Jahre alt, blond, modische Kurzhaarfrisur, blaue Augen, glatt rasiert. Athletischer Körperbau. Ausgeprägte Kieferpartie, dennoch weiche Gesichtszüge.

Er war überaus ansehnlich und ausreichend kommerziell in seiner Erscheinung, um nachvollziehbarerweise als Model zu arbeiten. Seinem Instagram-Profil und den darin zugänglichen tieferen Einblicken in die Physiognomie des jungen Mannes nach war seine Muskulatur sorgfältig trainiert und definiert. Dazu geschmackvoll platzierte Tattoos, passenderweise für Inked Models tätig.

Jetzt trug er eine Hoteluniform, der Kragen aufgeknöpft. Im Ausschnitt erkennbar der Ansatz einer Tätowierung. Eine japanisch anmutende Landschaft, welche die obere Brustpartie bedeckte, wie von besagtem Instagram-Profil bekannt war. .

«Ich dachte, dass endlich Ruhe ist und sie … fertig sind. Aber dann hab ich ein Klirren gehört, als würde eine Glasscheibe zersplittern», erklärte Leon Rosenkranz, während Hoffmann Notizen machte und ihn gelegentlich musterte.

Etwas abseits, im Schatten einer Säule, bot sich ein guter Ort, um die Befragung zu beobachten. Rosenkranz hatte sich emotional im Zaum, während er die Ereignisse schilderte. Nur das Kratzen am rechten Unterarm deutete darauf hin, dass er angespannt war, vor allem ab dem Moment, als er den Anblick der Leiche beschrieb.

Er speicherte jede noch so kleine Information in den Ausführungen des jungen Mannes penibel im Gedächtnis ab, musterte auch Leon Rosenkranz’ Blicke und Mikroexpressionen. Schnell war ihm klar, dass der junge Athlet nichts mit dem Mord zu tun hatte. Auch schien sich Rosenkranz die beschriebene Situation angemessen vor Augen führen zu können und brauchbare Information zu liefern. Letzteres galt es jedoch erst zu überprüfen.

Die weiteren Details über die Verfolgung des mutmaßlichen Täters oder der Täterin wurden interessanter, und der junge Mann schien einen Funken Mut, respektive Übermut in sich zu bergen. Jemand nach seinem Geschmack, so viel war sicher. Wie einfach wäre die Sache doch gewesen, hätte Leon Rosenkranz die Person gestellt.

Als der junge Mann in seiner Berichterstattung an den Punkt der Ereignisse gelangte, an dem er mit einem Telefon an der Rezeption die Polizei gerufen hatte, war es an der Zeit, aus dem Schatten zu treten.

***********

Leon kratzte sich erneut am Unterarm, während die Kommissarin etwas in ihren Notizblock kritzelte und nickte. Hoffentlich hatte er alles richtig gemacht. Der Blick in ihrem dunklen Gesicht verunsicherte ihn und die teils blondierten Rastazöpfe, die sie zu einem Knoten hochgebunden hatte, verliehen ihr Strenge und Autorität. Zwar war sie freundlich zu Leon, allerdings waren ihre Stimme hart und ihre Fragen direkt.

Schräg hinter der Beamtin schälte sich plötzlich eine Gestalt aus der Dunkelheit. Ein schlanker, groß gewachsener Mann in schwarzer Kleidung, dessen altersloses, blasses Gesicht aus dem Schatten hervortrat. Seine Bewegungen wirkten beiläufig, der Rollkragen war bis unter den Kiefer gezogen. Blaugraue Augen blickten hinter dunklen Strähnen hervor und musterten Leon. «Ich hoffe, die Frau Kommissarin macht Ihnen keine Angst?», sagte er mit einem weichen, leicht arrogant und irgendwie blaublütig klingenden Akzent .

Hoffmann wirbelte herum und verdrehte entnervt die Augen, während sie einmal kräftig durchatmete. «Müssen Sie mich so erschrecken?», presste sie dann mit fester Stimme hervor. «Schleichen um die Ecke, wie ein Vampir, wenn ich den Zeugen befrage.»

«Verzeihen S’», meinte der Mann trocken. «Ich habe heute meine leisen Schuhe an.»

Die Kommissarin verzog den Mund. «Was machen Sie hier? Müssen Sie nicht nach Aufträgen recherchieren?»

«Dafür würd ich doch das Homeoffice nicht verlassen.» Wie aus der Luft zauberte er eine Visitenkarte hervor und streckte sie Leon entgegen. Die Hände des Mannes steckten in dünnen, schwarzen Lederhandschuhen, so eng wie eine zweite Haut.

Leon griff vorsichtig nach der Karte und las: Der Österreicher, Privatdetektiv. Mehr nicht. Keine Telefonnummer, Adresse oder sonst irgendeine Information. Immerhin erklärte es seinen Akzent.

«Ich habe den Auftrag, Ihnen zur Seite zu stehen und mich in die Ermittlungen einzubringen», sagte der Österreicher mit weicher, sonorer Stimme.

Die Kommissarin verengte die Augen. «Auftrag? Welcher Auftrag? Von wem?»

«Von einer gemeinsamen Bekanntschaft meiner Wenigkeit und des jungen Mannes», meinte der Detektiv mit einer beiläufigen Geste, die etwas deplatziert wirkte.

Kommissarin Hoffmann nahm den Österreicher direkt in Augenschein. Auch wenn der Blick nicht auf Leon gerichtet war, hatte er dennoch das Gefühl, als würden ihn ihre Augen, deren Weiß besonders durchdringend glühte, auf seinen Sessel festnageln.

«Sie wissen, was ich von Schnüfflern halte», sagte sie knapp.

Der Österreicher blickte zu ihr zurück, und Leon hielt die Luft an. Sollte die kräftige, kompakte Frau auf den Mann losgehen, würde er sich jedenfalls nicht einmischen, um zu deeskalieren, so viel war klar. Kampfsporterfahrung hin oder her.

«Schauen S’, Frau Kommissarin», meinte der Detektiv mit kühler, sanfter Stimme, die wie ein Skalpell durch die dicke Luft zwischen den beiden schnitt. «Jetzt kennen wir uns so lange und haben schon zwei, drei Probleme gemeinsam gelöst. Und trotzdem sind Sie immer noch skeptisch?»

Hoffmann zeigte sich unbeeindruckt.

«Sollen wir das alte Spiel spielen?», fuhr der Österreicher fort. «Sie sagen mir, dass ich mich schleichen soll, ich klingle ein paar Leute aus dem Bett, die ihnen bestätigen, dass ich sehr wohl ermitteln darf. Sie ärgern sich, ich verliere Zeit, und wir beide sind unzufrieden. Seien S’ so gut, ersparen Sie uns das. Ihnen und mir. In Anbetracht der Uhrzeit.»

Die Kommissarin bohrte ihren festen Blick in das kühle Blaugrau des Detektivs. «Bringen Sie mir nur nichts durcheinander», zischte sie dann und nickte knapp.

Der Österreicher erwiderte die Geste, und Leon atmete tief durch, als sich die Blicke der beiden voneinander lösten.

«Und wer von euch hat schon wieder gepetzt!», rief die Kommissarin über ihre Schulter, sodass ihre Stimme durch die Hotellobby hallte. Die Beamten in der Nähe zogen unschuldig die Köpfe ein.

Der Österreicher ging ein paar lautlose Schritte Richtung Rezeption und sah sich kurz um. «Dann schauen wir uns den Tatort an, bevor die Herrschaften von der Spurensicherung da sind und uns im Weg herumstehen.»

Leon blickte irritiert zwischen ihm und der Kommissarin hin und her.

«Was ist?», meinte der Detektiv. «Kommen Sie nicht mit? Ein wenig charmante Abendbegleitung würd ich begrüßen.»

«Sie brauchen mir nicht zu schmeicheln, Österreicher, ich habe Ihnen schon erlaubt, dass Sie ermitteln dürfen», knurrte die Kommissarin.

«Ich meinte Herrn Rosenkranz.»

Leon stockte. «Mich?»

«Ja, Sie.»

Leon schielte verunsichert zur Kommissarin, die ihn erneut mit ihren dunkelbraunen Augen festnagelte. Der Österreicher warf ihm ebenfalls einen direkten Blick zu, und Leon war kurz gebannt von den Iriden, deren Farbe an ferne, melancholische Gebirge erinnerte.

«Sie wollen es doch», flüsterte ihm der Österreicher aus der Distanz zu. «Immerhin hätten S’ den Mörder oder die Mörderin fast eigenhändig gestellt. So können Sie zum nachträglichen Erfolg beitragen. Abgesehen davon wäre es hilfreich, wenn Sie mir an Ort und Stelle ein paar Detailfragen beantworten.»

Für einen Augenblick zögerte Leon. Das Blut in seinen Ohren rauschte bei dem Gedanken, noch einmal in das Zimmer mit Yasins Leiche zu gehen. Aber die Aufregung war nicht nur von Angst gespeist. In ihr lagen auch eine prickelnde Neugier und der Wunsch, der Tat auf den Grund zu gehen. Dass so etwas ausgerechnet in der letzten Nachtschicht passierte, in der Leon in diesem Hotel arbeitete, fühlte sich wie ein Wink des Schicksals an.

Vorsichtig schielte er zurück zur Kommissarin. Sie hatte ihn immer noch im Blick, dann zuckte ihr Kinn knapp in Richtung des Österreichers.

«Also gut!», platzte es aus Leon heraus, einen Deut zu motiviert.

Ein vages Schmunzeln zuckte um die Mundwinkel des Österreichers. «Na schau her. Hab ich doch geahnt, dass Sie nach meinem Geschmack sind.»

Der Detektiv marschierte in Richtung Treppenhaus, und Leon eilte hinterher. «Ich wusste gar nicht, dass die Polizei bei Ermittlungen so … offen für Hilfe von außen ist.»

«Normalerweise ist sie das auch nicht», meinte der Detektiv, als sie außer Hörweite der Kommissarin waren. «Die Erklärung ist im Grunde ganz banal», fuhr er fort und blieb vor der Glastür zum Treppenhaus stehen. «Über Österreich sagt man, es sei kein Land, sondern ein Klub. Und über Köln sagt man, es sei keine Stadt, sondern ein Klüngel. Auf dieser Ebene überschneidet sich die hiesige Kultur mit der meinigen. Ich wende nur geltende Mechanismen an, die ich qua Sozialisation anzuwenden imstande bin. Und das verschafft mir einen Ruf, Kontakte und damit einhergehende Privilegien.» Dabei schenkte er Leon ein schmales Lächeln. «Ich weiß, so ein Ansatz könnte jederzeit Moralaposteln auf den Plan rufen, die mir unter Posaunengetöse mit dem Arsch ins Gesicht springen. Es ist eben keine paragrafengetreue Vorgehensweise nach Buch. Aber ich bin weder Moralist noch I-Tüpferl-Reiter. Ich überlasse es den Behörden, Probleme mit Regelbrüchen zu haben. Es ist nur wichtig, dass am Ende alles in eine saubere Form gegossen wird.»

«Das klingt nicht gerade nach Fair Play», meinte Leon und runzelte die Stirn.

«Sie sind Sportler. Kampfsport.»

«Woher wissen Sie …?»

«Ihr Instagram-Profil. Ihre Generation geht sehr freizügig mit Daten um.»

«Oh …» Leon verstummte.

«Es ist natürlich klar, dass Sie so denken. Jedenfalls aus Sicht des Sportlers in Ihnen. Aber wenn Sie nun im Alltag in einen Kampf geraten, bei dem Ihr Leben oder wenigstens Ihre Gesundheit gefährdet ist … würden Sie sich dann an die Wettkampfregeln halten, um sich zu verteidigen?»

Leon musste bei der Vorstellung, einen gefährlichen Angreifer nach Punkten zu vermöbeln, ein wenig schmunzeln. «Eher nicht, nein.»

«Na schau her, schon sind wir uns im Kern einig.» Der Österreicher blickte zur Tür und zurück zu Leon. «Seien S’ so gut? Die sieht ziemlich schwer aus. Sie sind schließlich der Sportler von uns beiden.»

Leon blinzelte perplex, einerseits, weil er jetzt erst merkte, dass sie immer noch vor der Glastür standen, und andererseits, weil ihm der Kommentar des Österreichers die Sprache verschlug. Er zog die Tür auf, zu überrumpelt, um es zu hinterfragen, und der Detektiv schlenderte hindurch.

Die Schritte hallten wie gewohnt durch das Treppenhaus. Als die Tür hinter ihnen zuknallte, blieb der schmächtige Ermittler einen Augenblick stehen und schien dem Echo zu lauschen. Leon, der ihm folgte, musterte die schwarze, schlanke Gestalt. Der Österreicher hatte diese distanzierte Art an sich, die ihn irgendwie unwirklich und unnahbar machte. Er zeigte keine Reaktion auf das laute Zufallen der Tür, die auf einen Schreck oder eine Überraschung hindeutete. Das Stehenbleiben und Lauschen kam Leon eher analytisch vor, kühl, rational. Nach einer kurzen Pause marschierte der Österreicher weiter, und Leon folgte ihm durch den halbdunklen Treppenaufgang.

Sie passierten die Glastür zum ersten Stock, und Leons Herz schlug schneller, als sie sich dem nächsten Stockwerk näherten. Ein Schauer des Unbehagens rieselte wieder seinen Rücken hinab. Der Österreicher blieb an der Tür stehen und machte Platz. Hinter dem dicken Glas schimmerte das blaue Nachtlicht, und Leon streckte die Finger nach dem Türgriff aus.

«Wer hat Sie eigentlich engagiert?», unterbrach er sich selbst und zog seine Hand zurück. «Sie haben vorhin etwas von einer gemeinsamen Bekanntschaft gesagt.» Er errötete leicht, als er bemerkte, dass ein flüchtiger Blick des Detektivs sehr wohl wahrgenommen hatte, wie er seine Hand von der Tür zurückzog.

«Ihre Schwester», meinte der Österreicher dann mit seiner weichen, sonoren Stimme.

Leon blinzelte überrascht. «Sophie?»

«Wir haben in der Vergangenheit schon des Öfteren zusammengearbeitet. Hauptsächlich unter der Hand, aber regelmäßig. Als Privatdetektiv fehlt es mir an manchen Ressourcen oder Informationsquellen, gerade was die Forensik angeht, zumal ich diese Arbeit als unangenehm empfinde. Sie ist mir zu … körperlich, wenn Sie verstehen. Ihre Schwester hingegen ist äußerst verlässlich auf dem Gebiet und steckt mir gelegentlich die ein oder andere Erkenntnis, die ansonsten von den Mühlen der Behörden zermahlen werden würde.»

«Meine Schwester? Spionin eines Privatdetektivs?» Leon musste unwillkürlich lachen. Sophie war unglaublich penibel, solange es nicht um Pünktlichkeit ging, und vor allem dauernervös. Er konnte sich bei bestem Willen nicht vorstellen, dass sie etwas Illegales tat oder unter der Hand interne Informationen rausgab.

«Die Tatsache, dass Sie ihr derlei nicht zutrauen, obwohl Sie ihr Bruder sind, macht Fräulein Rosenkranz erst recht zu einer idealen Kontaktperson.» Der Österreicher schmunzelte nun doch ein wenig, und Leon glaubte, darin sogar einen Anflug an Sympathie erkennen zu können. Das ansonsten stoische Gesicht wurde durch diese leise Gefühlsregung einen Deut hübscher, und Leon ertappte sich dabei, wie sein Blick kurz an den Lippen des Detektivs hängen blieb.

«Jedenfalls, nachdem Sie den Polizeinotruf gewählt und Ihre Situation geschildert hatten», fuhr der Österreicher fort, «wurden die Informationen durch die üblichen Kanäle an die zuständige Behörde weitergeleitet. Ihre Schwester kennt selbstverständlich einige der Kolleginnen und Kollegen entlang dieses Dienstwegs. Jemandem fiel Ihr Name auf, eines führte zum anderen, und Fräulein Rosenkranz wurde darüber in Kenntnis gesetzt, dass Sie einen potenziellen Mord zur Anzeige brachten.»

«Verrückt», murmelte Leon, mehr zu sich selbst. Das Bild, das er von seiner Schwester hatte, passte überhaupt nicht zu dem, was der Österreicher gerade gezeichnet hatte. Sophie würde doch nie berufliche Infos rausgeben. Nicht mal mit ihm oder ihrer Mutter redete sie über den Job.

«In vielen Menschen stecken Eigenschaften, die wir nicht erwarten. Ihre Schwester ist ein positives Beispiel dafür, aus meiner Perspektive. Ihr Arbeitgeber würde das natürlich anders bewerten.»

Ein Anflug an Sorge keimte in Leon auf. Wenn das eines Tages aufflog, konnte es seiner Schwester die Karriere kosten.

«Machen Sie sich keine Gedanken, Herr Rosenkranz», beruhigte ihn der Detektiv. «Bislang konnten wir alles in die besagte saubere Form gießen.»

Leon nickte, auch wenn ein Rest Sorge zurückblieb.

«Schätze ich Sie richtig ein», sagte der Österreicher mit gedeckelter Stimme, «dann stecken auch in Ihnen unerwartete Eigenschaften.» Er warf einen deutlichen Blick zum Griff der Glastür und wieder zurück zu Leon, direkt in die Augen. «Sie zu öffnen, wird Überwindung erfordern. Damit besiegeln Sie den Eintritt in eine Welt voller Rätsel und Geheimnisse, eine Welt des Jagens und des Sammelns. Und wie Sie sich vorstellen können, sind Geheimnisse dieser Art alles andere als angenehm. In ihnen schlummern nicht nur die dunkelsten Abgründe der menschlichen Natur, sondern sie bieten auch ein gewisses Suchtpotenzial. Tauchen Sie einmal in den Rausch dieser Rätsel ab, kehren Sie vielleicht nie wieder zurück. Wo das Abenteuer ruft, werden Sie Schmerz und Enttäuschung finden, Sie werden das Gute im Menschen anzweifeln und die Gesellschaft, die Welt und sich selbst infrage stellen.»

Leons Hand zitterte, als er den Worten des Österreichers lauschte, ohne sich dabei von dessen blaugrauem Blick lösen zu können.

«Ich warne Sie also: Kehren Sie um. Stecken Sie Ihre Hand in die Hosentasche, gehen Sie nach unten in die Lobby und warten Sie auf weitere Anweisungen der Kommissarin. Lassen S’ mich alleine durch diese Tür treten und mich mit den Fragen beschäftigen, die ein brutaler, beängstigender, grausamer Mord aufwirft. Ich bin darin geübt, diese Last zu tragen, und habe meinen emotionalen Preis dafür bereits bezahlt. Es ist nicht nötig, dass Sie denselben Tribut leisten.»

Das Blut in Leons Ohren rauschte wie das Säuseln eines fernen Sturms. Er versuchte, in den Augen des Österreichers eine Antwort zu finden, immerhin hatte dieser ihn vorhin aufgefordert mitzukommen. Jetzt sollte er zurück in die Lobby gehen und den Kopf in den Sand stecken? Hinter der Glastür wartete die Welt der Rätsel und Geheimnisse, der blaue Gang, das gelbe Licht des Zimmers, die Leiche, das Blut.

Langsam streckte Leon seine zitternde Hand nach dem Griff aus.

Kapitel 3

Leon starrte auf Yasins Leiche. Die Entscheidung, die Tür in eine Welt der grausamen Rätsel zu durchschreiten, war gefallen. Und er bereute sie schon jetzt. Er zupfte an seinem Kragen, fühlte sich, als würde sich eine unsichtbare Schlinge um seinen Hals legen und ihm die Luft abschnüren.

«Die Wunde am Hals scheint zwei Ursachen zu haben», murmelte der Österreicher, der wie ein Schatten hinter Leon stand. «Erstens, ein Biss, das sehen wir hier an diesen Stellen. Vertiefungen, Zahnabdrücke. Dazu Hämatome. Man könnte auch Knutschflecken sagen. Zweitens, ein Schnitt mit einem scharfen, aber groben Gegenstand.»

Leons Atem stockte. «Ein Biss? Wie … von einem Tier?»

«Es sieht mir eher menschlich aus. Zumal die Hämatome um die Wunde auf ein Saugen hindeuten. Ein Trinken des Bluts, um genau zu sein», meinte der Österreicher.

«Wollen Sie damit sagen …?», presste Leon hervor.

«Ein Vampir?» Der Österreicher warf ihm einen mitleidigen Blick zu. «Sie glauben doch bitte nicht an derartige Sagengestalten?»

«Natürlich nicht», stotterte Leon schnell und schüttelte demonstrativ den Kopf.

«Ich dacht, ich frag lieber», murmelte der Detektiv beiläufig, wobei er sich ein wenig über Yasins Körper beugte, um die Wunden genauer zu betrachten. «Sind Sie abergläubisch, Rosenkranz?»

«Ein bisschen.»

«Sie glauben also an Horoskope? Oder dass Sie im Sport Glück haben, wenn Sie bei einem Karateturnier eine grüne Unterhose tragen?»

Leon vergaß für einen Moment den Anblick der Leiche und lachte. «Manchmal glaub ich schon daran. Meine Mutter ist sehr spirituell. Sie legt Leuten die Karten, macht numerologische Analysen und noch andere Dinge. Manchen Menschen hilft sie damit. Irgendwas scheint da schon dran zu sein.»

«Der übliche esoterische Schmarrn», urteilte der Österreicher. «Dann sind Sie wahrscheinlich religiös?», fragte er, und Leon blieb die Verteidigung seiner Mutter im Hals stecken.

«Ein bisschen, ja», er zuckte mit den Schultern. «Ich glaub schon, dass es was Höheres gibt.»

«Wenn Sie meinen. Dann war das hier vielleicht doch ein Vampir», sagte der Österreicher trocken.

Leon runzelte die Stirn. «Es ist ja wohl ein Unterschied, ob man an Vampire glaubt oder an was Höheres, Größeres.»

Der Detektiv warf ihm nur ein dünnes Lächeln zu. «Der Unterschied ist marginal und beschränkt sich nur auf die gesellschaftliche Anerkennung der jeweiligen Glaubensinhalte. Wenn Sie beispielsweise an den Herrgott und den Beelzebub glauben, an den Himmel und frohlockende Engelein, an Höllenfeuer, Dämonen und ewige Verdammnis, dann können S’ auch an Vampire glauben. Letzteres ist nur aus der Mode gekommen.»

«Ich hab ja nicht behauptet, dass ich an Engel, Teufel und Dämonen glaube. Ich glaub ja auch nicht an den Weihnachtsmann», knurrte Leon. «Einfach nur an …»

«Etwas Höheres, ja», unterbrach der Österreicher. «Schauen S’, Rosenkranz, ich stamme aus einem katholischen Land. Für mich ist Atheismus eine ethische Pflicht. Nehmen Sie es nicht persönlich.»

Leon schwieg und blickte auf Yasin hinab. Die Wunde am Hals … wie in einem Vampirfilm. Dazu die Blässe der Leiche. Konnte es etwa doch sein? Er schüttelte den Kopf, um den Gedanken loszuwerden.

«Die Schrift auf der Brust. Ich gehe stark davon aus, dass sie mit demselben spitzen Gegenstand in den Körper geritzt wurde, mit dem die weitere Vertiefung der Halswunde vollzogen wurde», unterbrach die Stimme des Österreichers Leons Gedanken an Blutsauger aus Transsylvanien. «Sie wurde kopfüber in die Brust geschrieben und der Schnitt hier», dabei deutete er auf eine Stelle an Yasins Hals, «wurde aus derselben Position getätigt, wenn wir von einem Rechtshänder ausgehen, was aufgrund des Winkels und des Schriftbilds naheliegt. Der Mörder oder die Mörderin stand also hier am Kopf des Opfers und vollzog den Schnitt in den Hals. Ich vereinfache künftig auf die Annahme eines männlichen Täters. Nicht nur wegen der Statistiken, sondern auch, weil es naheliegt, dass das Opfer beim Akt penetriert wurde. Darauf weisen seine Position und … andere Dinge hin, die ich Ihretwillen nicht ausführen möchte. Vermutlich war der junge Mann vom Biss alleine noch nicht tot, deswegen die Schnittwunde, um die Tat zu vollenden. Danach wurde das Wort ‹FAKE› in die Brust geritzt, ebenfalls von hier aus.»

Leon nickte stumm, da er nichts beizutragen wusste.

«Sie haben etwas splittern hören, Glas oder dergleichen?», fragte der Österreicher.

«Ja. Deswegen bin ich dann doch nach oben, weil es mir seltsam vorgekommen ist.»

Der Detektiv schlenderte lautlos in Richtung Bad, und Leon folgte ihm. Ein Blick reichte, um zu sehen, worauf er hinauswollte. In der Duschwanne lagen silbern funkelnde Scherben. Der simple, viereckige Badezimmerspiegel, der sonst über dem Waschbecken hing, war nicht an seinem Ort.

«Erinnern Sie mich bitte gleich noch ans Handy», meinte der Österreicher, als er seinen Blick durch das kleine Bad schweifen ließ.

«Welches Handy?»

Der Detektiv ignorierte die Frage. «In Ermangelung einer Mordwaffe ging … der Vampir», er warf Leon einen sarkastischen Blick zu, «nachdem er das Opfer gebissen hatte, hier ins Bad und zerbrach den Spiegel in der Duschwanne. Ist es nicht so, dass Vampire keine Spiegel mögen, Rosenkranz?»

Leon grunzte unwillig. «Wie oft soll ich denn noch sagen, dass ich nicht an Vampire glaube. Und bitte nennen Sie mich beim Vornamen. Rosenkranz klingt seltsam.»

«Sie haben recht. Gerade in Anbetracht der Thematik ist Rosenkranz doch ein wenig zu zynisch.» Der Österreicher deutete zum zerbrochenen Spiegel. «Sehen Sie? Eine Scherbe fehlt.»

Leon folgte dem Blick des Detektivs und runzelte nachdenklich die Stirn. «Wie kommen Sie darauf?»

«Aber das sieht man doch», erwiderte der Österreicher, wobei ein Hauch von Irritation in seiner Stimme mitschwang. Dabei deutete er mit dem behandschuhten Zeigefinger seiner Rechten auf einzelne Scherben. «Das ist eine Ecke, das die zweite, die dritte, hier können wir diese Splitter anfügen und so weiter. Würde man den Spiegel wieder zusammensetzen, hätten wir links unten eine Lücke von etwa fünfzehn Zentimetern Länge. Die fehlende Scherbe. Gut genug, um als Klinge herzuhalten.»

Mehr als ein verwirrtes Murmeln brachte Leon nicht zustande. Selbst wenn er versuchte, der Anleitung des Österreichers zu folgen, gelang es ihm nicht, den Spiegel wie ein Puzzle im Kopf zusammenzufügen.

«Wie viele Handtücher gibt es pro Zimmer?»

«Drei», antwortete Leon, auch wenn er nicht wusste, was diese Frage nun wieder sollte. «Eines für den Boden, als Fußmatte, ein Großes zum Abtrocknen nach dem Duschen und ein kleines am Waschbecken.»

«Das Kleinere fehlt. Am Rand des Abflusses sind Reste von Blut und Wasser. Der Mörder hat sich hier die Hände und den Mund gewaschen, mit dem besagten Handtuch abgetrocknet und es samt Scherbe mitgenommen, um keine Spuren zu hinterlassen.»

Leon verschränkte nachdenklich die Arme, als er den Ausführungen des Österreichers folgte.