Die Muskeltiere auf großer Fahrt - Ute Krause - E-Book
SONDERANGEBOT

Die Muskeltiere auf großer Fahrt E-Book

Ute Krause

0,0
11,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 11,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Eine wunderbare Geschichte von kleinen Helden und großen Taten, von Mut, Treue und großem Appetit!

Gerade haben sich die "Muskeltiere" in Frau Fröhlichs Feinkostladen vom letzten Abenteuer erholt und sich in ihrer Käsetheke ordentlich gestärkt, da hören Hamster Bertram Backenbart, die Mäuse Picandou und Pomme de Terre und die Ratte Gruyère eine schreckliche Nachricht: Frau Fröhlich plant eine Schiffsreise nach Ägypten und schließt für diese Zeit ihren Laden. O je, wie sollen die Muskeltiere das überleben? Kurz entschlossen schmuggeln sich die mutigen Freunde in die Koffer ... Und damit beginnt ein neues Muskeltier-Abenteuer auf hoher See!

Ute Krauses Dein Spiegel-Bestsellerreihe ist wunderbar warmherzig erzählt und mit zahlreichen opulenten Illustrationen ausgestattet und eignet sich zum Vorlesen für Kinder ab 5 Jahren und zum Selberlesen ab 8 Jahren. Die mutigen Muskeltiere stehen für Freundschaft, Mitgefühl und Hilfsbereitschaft - große Themen für kleine Helden!

Alle großen Abenteuer der Muskeltiere auf einen Blick:

1. Die Muskeltiere – Einer für alle, alle für einen
2. Die Muskeltiere auf großer Fahrt
3. Die Muskeltiere und Madame Roquefort
4. Die Muskeltiere und das Weihnachtswunder
5. Die Muskeltiere und die große Käseverschwörung

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 155

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Sollte dieses E-Book Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung dieses E-Books verweisen.

Kinder- und Jugendbuchverlag

in der Verlagsgruppe Random House

Mit besonderem Dank an Michael Maar für die Zusammenarbeit

1. Auflage 2015

© 2015 für die Originalausgabe:cbj Kinder- und Jugendbuchverlagin der Verlagsgruppe Random House, München

Alle Rechte vorbehalten

Umschlagillustration: Ute Krause

Umschlaggestaltung: Anette Beckmann, Berlin

Lektorat: Hjördis Fremgen

hf · Herstellung: UK

Satz und Innengestaltung: Anette Beckmann, Berlin

Repro: Lorenz & Zeller, Inning a.A.

ISBN 978-3-641-16284-9

www.cbj-verlag.de

Inhalt

1 Ziemlich schlechte Zeiten

2 Auf einen letzten Müllsack

3 Ein böses Erwachen

4 Schiff Ahoi!

5 Gruyère in Not

6 In der Höhle

7 Claus mit C traut seinen Augen nicht

8 Rattila tobt

9 Immer dieser Matrosenanzug!

10 Ratterich hat Pläne

11 Frau Bredekamps Geheimnis

12 Ein Zauberer bekommt Botschaften

13 Höhlenarrest

14 Der Schöne Heribert

15 Nächtlicher Besuch

16 Was heckt der Graf aus?

17 Der fremde Vater

18 Darf ich vorstellen?

19 Kleine, blaue Schnipsel

20 Man kann’s ja mal versuchen!

21 Pomme de Terre hat eine Idee

22 IsJaNichtZuFassen!

23 Der wiedergefundene Brief

24 Taxifahrt ins Blaue

25 Das rote Äpfelchen

26 Nuria

27 Endlich Pyramiden!

28 Und endlich wieder daheim

Worterklärungen

Über die Autorin

Kapitel 1

Ziemlich schlechte Zeiten

Ein kühler erster Sonnenstrahl hatte die Mäusehöhle unter der Treppe in Fröhlichs Feinkostgeschäft gerade erreicht und kitzelte den Goldhamster Bertram von Backenbart an der Nasenspitze. Der Hamster gähnte genüsslich und streckte seine zartrosa Krällchen von sich. Er lag auf einem alten Schwamm, der ihm als Bett diente. Er griff nach dem Degen, der neben ihm lag, und spießte damit ein Tomatenstückchen vom Boden auf.

Picandou, der dicke graue Mäuserich, lag in seiner Sardinenbüchsen-Couch. Er genoss es, noch liegen zu bleiben, und überlegte gerade, was der Müllsack von Frau Fröhlich wohl heute als besondere Überraschung bieten würde, als die Ratte Gruyère in die Höhle stürzte.

»Ich hab Neuigkeiten!«, rief sie. »Große Neuigkeiten!«

Picandou setzte sich verschlafen auf. Nun traf auch ihn der Sonnenstrahl an der Nase. »Hatschi«, machte er.

»Stellt euch nur vor!«, rief Gruyère. »Frau Fröhlich und Margarethe machen eine Kreuzfahrt.«

Picandou war plötzlich hellwach. Besorgt schaute er die weiße Ratte an. Gruyère war noch ganz außer Atem und ihre Schnurrhaare zitterten.

»Ich hab gerade einen kleinen Morgenspaziergang gemacht«, fuhr sie fort. »Als die Klingel der Ladentür bimmelte. Erst dachte ich, das sei nur ein Kunde, der ein paar Leckereien kaufen wollte. Aber nein, es war der Postbote mit einem Eilbrief …«

»Postbote mit Eilbrief. Wat schnackst du denn da?«, näselte es auf Hamburgerisch aus der zweiten Sardinendose, die auch zur Couchgarnitur gehörte. Vier drahtige braune Mäusepfoten reckten sich über den Dosenrand. Pomme de Terre gähnte: »Wat’n los, Jongchens?« Die braune Kneipenmaus öffnete vorsichtig das rechte Auge und richtete es auf die Ratte.

»Frau Fröhlich und Margarethe – sie haben eine Einladung bekommen – auf das ›Schiff meiner Träume‹, auf die Traviata!«

Gruyères Stimme überschlug sich.

»Auf die Traviata?«, wiederholte Picandou. Die Traviata war das wunderschöne Schiff, das die Muskeltiere vor einiger Zeit vor Brandstiftern gerettet hatten.

»Wie bitte? Was, bitte schön, die Herren ...?« Der Hamster Bertram setzte sich mit so viel Schwung auf, dass er dabei vom Schwammbett rutschte. Auch sein Degen klirrte zu Boden. »Und meine Dame, natürlich.«

Bertram lächelte Gruyère zu, die nochmals erzählte, was geschehen war.

»Wie gesagt, ich mache also gerade einen kleinen Spaziergang die Treppe hinauf, als der Postbote klingelt und Margarethe einen Brief übergibt. ‚Für die beiden Damen vom Feinkostgeschäft’ hat er dabei gesagt. ‚Sieht sehr wichtig aus.’ Margarethe hat ihn gleich aufgemacht und nach Frau Fröhlich gerufen … Dann hat sie vorgelesen. Der Brief war von diesem Schiffsbesitzer, dem die Traviata gehört. Er hat den beiden geschrieben, wie dankbar er dem Schicksal ist, dass sein Schiff gerettet wurde …«

»Pah – von wegen Schicksal«, unterbrach Picandou. »Wenn der wüsste, wer hier Schicksal gespielt hat.«

Die anderen Muskeltiere nickten stolz.

»Außerdem stand dort«, fuhr Gruyère fort, »dass der unbekannte Retter ja damals wollte, dass die beiden Damen die Belohnung bekommen. Und ein Teil dieser Belohnung ist eine kostenlose Kreuzfahrt nach – Ägypten!«

»Ägypten?!«, rief Picandou. »Noch nie gehört. Da haben die beiden hoffentlich abgelehnt.«

»Eben nicht!« Gruyère schüttelte heftig den Kopf. »Sie fahren mit! Gerade sitzen sie oben und schreiben ihre Zusage.«

»Und wer kümmert sich solange um den Laden?«, fragte Pomme de Terre.

»Der wird geschlossen«, sagte Gruyère.

Picandou wurde blaß unter seinem grauen Fell. Das Ganze gefiel ihm immer weniger.

»Sie haben gerade alles besprochen. Margarethe ist ganz aufgeregt, weil sie schon immer die Pyromanen sehen wollte, und die gibt es wohl nur in Ägypten.«

»In der Tat – von diesen Pyro … Pyramiden habe ich auch schon gehört«, lispelte Bertram. »Wir hatten damals eine Hör-CD – ›Der Fluch des Pharao‹ – ziemlich spannende Geschichte. Fast so spannend wie ›Die drei Muskeltiere‹.«

Picandou unterbrach ihn: »Und wie lang soll diese Reise dauern?«

»Ich glaube, zwei bis drei Wochen«, antwortete Gruyère.

»Zwei bis drei Wochen?!« Picandous Stimme überschlug sich. »Und wovon sollen wir so lange leben? Und überhaupt, was heißt hier verreisen? So ein Quatsch! Das bedeutet doch nur, dass man sich von einem Ort zum anderen bewegt und am anderen Ort so ziemlich das Gleiche tut wie da, wo man gerade hergekommen ist. Und das nennen sie dann Urlaub – pah!«

»Tja, da müssen wir uns wohl für die Zeit eine andere Bleibe suchen«, sagte Pomme de Terre. »Es gibt ja noch andere Geschäfte in der Deichstraße, wo wir …«

»Sonst noch was!« Picandou schnaubte entrüstet. »Ihr wisst ja gar nicht, wie gut wir es hier haben. Viele Ladenbesitzer legen vergiftete Köder aus …«

»Ja, das stimmt, jetzt wo du’s sagst, da fällt mir mein Cousin zweiten Grades ein«, sagte Pomme de Terre. »Der ist ein paar Häuser weiter an so ’nem Gift elendig zugrunde gegangen.«

»Auf ein Wort, meine Herren und meine Dame.« Bertram räusperte sich. »Es gäbe da noch eine weitere Lösung.« Er lächelte in die Runde. »Wir fahren einfach mit!«

»Was für eine Schnapsidee!«, rief Picandou. »Was sollen wir denn auf einem Schiff? Wir sind Stadtmäuse und keine Wasserratten!«

»Also – wir könnten doch zum Beispiel Rattussi, Rattila und ihre Rattenbande besuchen«, sagte Pomme de Terre, der Bertrams Vorschlag gar nicht so schlecht fand.

Die Ratten waren alte Freunde, die ihnen damals geholfen hatten, das Schiff zu retten, und dann gleich an Bord geblieben waren.

»Ja, das ist eine gute Idee!«, sagte Gruyère. »Und außerdem können wir gleichzeitig ein Auge auf Frau Fröhlich und Margarethe haben. Schließlich wollen wir ja, dass die beiden wieder gut nach Hause kommen. Ich für mein Teil hätte jedenfalls nichts dagegen, auf dem ›Schiff meiner Träume‹ ein paar schöne Wochen zu verleben. Im Fernsehen sah das immer ganz toll aus. Vor allem das Essen!«

»Im Fernsehen, im Fernsehen! Das ist doch nicht die Wirklichkeit!«, rief Picandou aufgebracht.

»Außerdem gibt es in Ägypten eine Wüste«, sagte Bertram. »Meine Vorfahren haben schon in der Wüste gelebt – oder zumindest in der Steppe, das ist so ähnlich. Insofern wäre Ägypten praktisch Heimat für mich.«

»Ja, wir gehen einfach wieder zum Passagierhafen und dann an Bord«, sagte Pomme de Terre. »Den Weg dahin kennen wir ja schon.«

»Wie bitte?«

Picandous Blick verfinsterte sich. Nur allzu gut erinnerte er sich noch an ihren letzten Versuch, zum Passagierhafen zu kommen. Fast hätten sie dabei ihr Leben verloren. So etwas wollte er ganz bestimmt nicht noch einmal durchmachen.

»Ich wüsste, wie wir ohne Probleme an Bord kommen«, sagte die Ratte Gruyère, die die Briefmarke über dem Schwammbett betrachtet hatte.

Auf der Marke war die Traviata abgebildet. »In der Fernsehserie wird das Gepäck immer zu Hause abgeholt und direkt in die Schiffskabine gebracht. Wir verstecken uns einfach in den Koffern, und wenn wir an Bord sind, steigen wir wieder aus. Das ist vollkommen ungefährlich.«

»Dat is man ,ne schnieke Idee«, sagte Pomme de Terre. »Und viel weniger gefährlich, als hier in der Deichstraße zu verhungern.«

»Also, das ist doch ein Plan«, entschied Bertram. »Wer ist dafür?«

Drei Pfoten schnellten in die Höhe.

Picandou, der als Einziger die Pfote unten gelassen hatte, blickte düster in die Runde. So etwas Dummes aber auch. Die anderen Muskeltiere hatten ihn überstimmt.

Kapitel 2

Auf einen letzten Müllsack

In den nächsten Tagen lauschten drei der vier Muskeltiere abwechselnd an der Kellertür und berichteten einander, was sie dahinter aufgeschnappt hatten. Pomme de Terre hörte, wie sich die beiden Frauen gegenseitig aus dem Reiseführer vorlasen. Dabei erfuhr er, dass es in Ägypten ziemlich warm war und dass es dort viele Ruinen und Palmen gab.

»Wo liegt dat denn, dieses Ägypten?«, fragte er neugierig.

Bertram trippelte in eine Ecke der Höhle und deutete auf eine Briefmarke, die als Bild an der Wand hing. Darauf war ein hellblauer Ball mit ein paar bunten Flecken zu sehen.

»Das ist die Erde«, erklärte er lispelnd. »Dort ist Hamburg.« Er zeigte mit einem Krällchen auf den oberen Rand des Bildes. »Und hier unten liegt Ägypten.« Er zeigte auf die Mitte der Marke. »Wir reisen also um die halbe Welt. Das sind viele Tausend Kilometer.«

Picandou wurde blass. »Was heißt hier viele Tausend Kilometer?«

Gruyère, die als Einzige bemerkte, wie ihm zumute war, legte ihm die Pfote auf die Schulter.

»Du brauchst keine Angst zu haben. Es wird bestimmt ganz toll. Und wir sind ja alle mit dabei.«

Trotz seines Schocks errötete Picandou, weil Gruyère ihn gerade so lieb anschaute. Trotzdem – der Gedanke an eine so weite Reise, das war ihm einfach zu viel. Picandou verließ schon ungern seinen Keller, geschweige denn seinen Erdteil.

Nichts wird ganz toll, dachte er finster. Rein gar nichts.

Aber das sagte er nicht laut. Er wollte Gruyère nicht die Laune verderben. Er war nämlich heimlich in die Ratte verliebt.

Wie Rattussi und Rattila wohl gucken würden, wenn sie plötzlich vor ihnen standen? Die Muskeltiere tuschelten noch lange vor dem Einschlafen. Gruyère schwärmte von den Schätzen der Kuchenbuffets und der gewaltigen Käseauswahl auf dem Schiff, die noch viel größer war als die von Frau Fröhlich.

Bertram, der sich mehr für Salat und Gemüse interessierte, freute sich vor allem auf ein ordentliches Abenteuer mit Wüste und Pyramiden, in denen die Geister eingewickelter Könige spukten. Die Muskeltier-Abenteuer waren ihm in den letzten Monaten in Fröhlichs Feinkostgeschäft etwas zu kurz gekommen. Aus Langeweile hatte er sogar angeboten, den anderen das Lesen beizubringen. Allerdings war nur Pomme de Terre auf den Vorschlag eingegangen.

Bertram hatte seine Idee jedoch schon bald bereut. Einer Maus das Lesen beizubringen, das war fast so anstrengend wie mit einer Schnecke das Sackhüpfen zu üben.

Damit ist es jetzt zum Glück vorbei, dachte er, während er es sich auf dem Schwammbett gemütlich machte. Denn eines war so sicher wie der Furz nach einem Kohlrabiblatt: Das hier versprach ein echtes Abenteuer zu werden!

Allein Picandou fand keinen Schlaf. Stundenlang wälzte er sich in seiner Sardinendose hin und her und dachte ängstlich an die ungewisse Zukunft. Der Gedanke, seine gemütliche Höhle unter der Treppe auf lange Zeit zu verlassen, machte ihn ganz krank. Aber er liebte auch seine Freunde und wollte sich nicht zwischen ihnen und seinem Zuhause entscheiden müssen.

Er dachte an jene eisige Novembernacht zurück, in der er die schlaksige Ratte am Kai der Speicherstadt gefunden hatte. Sie hatte halb tot in einer Pfütze gelegen und weder gewusst, wie sie hieß, noch wo sie wohnte. Durch einen Schlag auf den Kopf hatte sie ihr Gedächtnis verloren und war felsenfest davon überzeugt gewesen, eine Maus zu sein. Dass er die Ratte je so lieb gewinnen würde, hätte Picandou damals nie gedacht.

In dieser Nacht waren Picandou und Gruyère auch Pomme de Terre begegnet. Die Kneipenmaus war nur knapp dem Tod entronnen und hatte auf der Flucht den Geheimgang in Picandous Laden entdeckt. So hatten die drei sich kennengelernt. Den Goldhamster Bertram von Backenbart hatten sie erst später getroffen. Seitdem lebten die drei bei Picandou, und auch wenn sich so einiges verändert hatte, dachte er mit einem Blick auf die überall verstreuten Käserinden, ein Leben ohne die Muskeltiere konnte er sich gar nicht mehr vorstellen. Aber sollte er wirklich mitfahren?

Vielleicht geschieht ja doch noch ein Wunder, dachte er bei sich. Frau Fröhlich und Margarethe kommen wieder zur Vernunft und blasen diese dumme Reise ab. Jawohl!

Erst als er sich diese Möglichkeit genügend eingeredet hatte, schlief Picandou endlich ein.

Doch als die Muskeltiere sich zwei Wochen später wie üblich nachts zum Abendessen in den Laden schlichen, hatte sich vieles verändert. Die Käsetheke und die Auslagen waren leer geräumt und blank gescheuert.

Sie blitzten im matten Schein der Straßenlaterne. Neben der Tür stand ein großes, grünes Ungetüm.

Ein rotes Schildchen baumelte daran, und Bertram entzifferte die goldenen Buchstaben, die darauf eingeprägt waren.

»La Traviata«, las er stockend vor.

»Es geht los«, flüsterte Gruyère. So ein Ungetüm hatte sie im Fernsehen schon einmal gesehen. »Das ist ein Koffer. Morgen früh ist es so weit.«

Die Muskeltiere trippelten näher heran und betrachteten den Koffer andächtig. Frau Fröhlich, die in der Wohnung über dem Geschäft wohnte, hatte ihn wahrscheinlich am Abend hinuntergebracht.

»Und wie, bitte schön, soll man damit reisen?«, fragte Picandou. Seine Schnurrhaare zitterten und er versuchte, seine Unruhe zu verbergen.

»Wenn mich nicht alles täuscht, kann man ihn hier öffnen«, sagte Gruyère, die mit der Pfote über den Reißverschluss fuhr.

Flink kletterte sie auf den Koffer und zerrte am Reißverschluss. Es machte R-r-ritsch. Langsam bewegte sich der Reißverschluss unter ihrem Gewicht nach unten. Der Koffer öffnete sich, und sie schauten in ein schwarzes Loch, das mit Kleidung gefüllt war.

»Da drin reisen wir mit, wenn es so weit ist«, sagte Gruyère, ließ den Reißverschluss los und sprang auf den Boden. »Noch vor Morgengrauen sollten wir uns da drin verstecken.«

Picandou hatte schweigend abseitsgestanden. Es gab keinen Ausweg. Kein Wunder war geschehen. Jetzt war der Moment gekommen, wo er sich entscheiden musste: seine Freunde oder sein Zuhause? Was sollte er bloß tun?

Pomme de Terre riss ihn aus seinen Gedanken.

»Wie wäre es mit einem letzten Müllsack zur Stärkung, bevor es losgeht?«, rief er fröhlich. »Wer weiß, wann wir wieder wat hinter die Kiemen kriegen.«

Damit waren alle einverstanden. Sie kletterten die Kellertreppe hinunter und gingen zum Waschbecken. Aber wo war Bertram? Er war plötzlich verschwunden. Noch während die anderen sich nach ihm umschauten, erschien er mit drei Degen in den Pfoten. Ursprünglich waren die Degen Cocktailspieße gewesen und hatten den Muskeltieren bereits in der Vergangenheit nützliche Dienste erwiesen.

»Die haben wir in der letzten Zeit nicht mehr gebraucht«, sagte er, während er jedem seiner Freunde einen davon überreichte. Für jeden Degen hatte er als Überraschung ein neues Umhängeband aus rotem Garn gebastelt. »Aber ab jetzt sollten wir sie immer dabeihaben. Man kann schließlich nie wissen, was noch passieren wird.«

Allerdings, dachte Picandou bei sich. Allerdings!

Und noch während die Muskeltiere durch das Abflussrohr ins Freie kletterten, hatte er im Stillen einen Entschluss gefasst. Einen Entschluss, der ihm, je näher die Abreise rückte, immer deutlicher geworden war. Er würde das tun, was für ihn selbst das einzig Richtige war, auch wenn es ihm fast das Herz brach. Wenn sie nachher vor den Koffern standen, würde er es seinen Freunden sagen. Aber erst dann – die letzte gemeinsame Mahlzeit wollte er ihnen auf keinen Fall verderben.

Pomme de Terre war zuerst aus dem Abflussrohr gekrochen und sah sich nun vorsichtig um. Der Mond beschien den kleinen, gepflasterten Innenhof. Wie üblich lehnte der Müllsack an der Wand neben dem offenen Tor, das zur Straße führte. Er war prall gefüllt. Frau Fröhlich und Margarethe hatten den Laden gründlich leer geräumt und alles in den Sack gestopft. Gewaltige Käsereste, halbe Salatköpfe, Himbeertörtchen und Nudelsalat, alles was ein Mäuse-, Ratten- oder Hamsterherz begehrte, war hier zu finden.

Die Muskeltiere konnten ihr Glück kaum fassen. Ihr Gespräch verstummte und man hörte nur noch leises Schmatzen und ab und zu ein glückseliges »Hmmm!« oder »Ohhh!«.

Der Mond glitt unbemerkt über den Dachfirst und tauchte den Hof bald in tiefe Schatten. Erst als die Schatten langsam heller wurden, schrak die Ratte auf.

»Es dämmert schon!«, rief sie. »Wir müssen sofort zurück!«

Sie sprang aus dem Sack, und die anderen folgten ihr, noch immer kauend, über den Hof.

»Stopp! Wo ist Picandou?«, rief Bertram plötzlich.

Picandou war als Einziger nicht aus dem Sack geklettert. Überhaupt hatte niemand ihn in der letzten halben Stunde bemerkt. Sie trippelten zum Müllsack zurück.

»Picandou! Beeil dich!«, rief Gruyère, doch Picandou antwortete nicht.

Bertram hangelte sich noch einmal hoch. »Ich geh ihn suchen.« Kurz darauf tauchte sein Kopf über dem Rand des Müllsacks auf. »Ich brauche Hilfe!«, rief er. »Er rührt sich nicht!«

In einer Ecke lag Picandou und schnarchte. Bertram schüttelte ihn und rief immer wieder: »Wach auf! Wir müssen los!«

Aber Picandou schlief tief und fest. Pomme de Terre, der ihm zu Hilfe geeilt war, schnüffelte an Picandous Schnauze. Dann deutete er auf ein paar klebrige Schokoladenreste an Picandous Pfote.

»Der hat Pralinen mit Alkohol gegessen«, sagte er. »Der ist sternhagelvoll. Den kriegen wir nicht mehr so schnell wach.«

Vor dem Tor hörten sie plötzlich Motorengeräusch. Ein Wagen hielt vor dem Haus.

Pomme de Terre spähte durch den Torbogen. »Ich glaube, das Taxi ist schon da!«, rief er. »Los, Leute, wir dürfen keine Zeit mehr verlieren!«

»Und Picandou?« Gruyère war den Tränen nahe. »Wir können ihn doch unmöglich hierlassen!«

»Den nehmen wir mit«, sagte Bertram entschlossen und packte Picandou an der Pfote.

Gemeinsam mit Gruyère zogen und zerrten sie ihn aus dem Müllsack. Pomme de Terre lief inzwischen zum Tor und lauschte.

Eine Autotür klappte auf und wieder zu. Er hörte Margarethes Stimme. Gleich würde sie bei Frau Fröhlich klingeln.

Bertram und Gruyère hatten ihrem Freund Picandou einen ordentlichen Schubs gegeben, sodass er auf die Pflastersteine plumpste. Selbst davon wachte er nicht auf. Zu dritt schleiften sie ihn zum Abfluss, schoben und zogen ihn durch das Rohr, hievten ihn im Keller über den Waschbeckenrand, rollten ihn die Kisten hinab und zogen und schoben ihn die Treppe zum Laden hinauf. Picandou schnarchte dabei immer noch halblaut vor sich hin. Vor dem Laden hörten sie Schritte. Frau Fröhlich musste jeden Moment hereinkommen.

»Schnell, schnell«, keuchte Gruyère. Sie stemmte sich gegen den Koffer und zog den Reißverschluss noch ein Stück herunter.