Die Nikolaus-Entführung. Ein Weihnachtskrimi in 24 Kapiteln - Jo Pestum - E-Book

Die Nikolaus-Entführung. Ein Weihnachtskrimi in 24 Kapiteln E-Book

Jo Pestum

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Beschreibung

Damit vergeht die Zeit bis Weihnachten wie im Flug: Krimispannung zum Miträtseln von Jo Pestum. Kurz vor Weihnachten besucht Luc seinen Cousin Harry in Habichtsdorf. Doch statt Schneeballschlacht und Plätzchenwettessen wartet dort ein rätselhafter Fall auf die beiden. Der nette Opa Charly von nebenan ist verschwunden, aber außer seiner schnatternden Gänseschar scheint ihn niemand zu vermissen. Zusammen mit den Geschwistern Mirja und Yannick nehmen Luc und Harry die Ermittlungen auf. Hat das geheimnisvolle Licht im Wald über Habichtsdorf etwas mit der Sache zu tun? Und wer ist der Mann mit dem hohen Nikolaushut, den sie bei ihren Nachforschungen beobachten? Bald stellt sich heraus, dass nicht nur Opa Charly, sondern auch seine Gänse in großen Schwierigkeiten stecken. Und nur die vier Detektive können Charly jetzt helfen. Ein Weihnachtskrimi in 24 Kapiteln. Liebevoll illustriert von Dagmar Henze.

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Seitenzahl: 131

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Weitere Weihnachtskrimis in 24 Kapiteln von Jo Pestum im Arena Verlag:

Drei Weihnachts-Lamas in Gefahr (Band 60525)

Spuk in der Weihnachtswerkstatt (Band 60464)

Die Christbaumräuber (TB 06759)

 

 

 

Jo Pestum

studierte Malerei und arbeitete als Schriftsteller sowie als Film-, Funk- und Fernsehautor. Er zählte zu den bekanntesten deutschen Kinder- und Jugendbuchautoren. Jo Pestum starb im August 2020 im Alter von 83 Jahren. Das unvollendete Manuskript von Die Nikolaus-Entführung schrieben seine Kinder Stefan Stumpe und Sarah Bosse gemeinsam zu Ende.

 

Stefan Stumpe

Jahrgang 1963, studierte in Münster Germanistik, Geschichte und Musikwissenschaften. Heute arbeitet er als Werbetexter und lebt mit seiner Familie in der Nähe von Münster.

 

Sarah Bosse

Jahrgang 1966, studierte Germanistik, Skandinavistik und Soziologie in Münster und hat als Kinder- und Jugendbuchautorin über 130 Bücher veröffentlicht. Sie lebt mit ihrem Sohn ebenfalls in der Nähe von Münster.

 

Dagmar Henze

Dagmar Henze hat an der Fachhochschule Hamburg Illustration studiert und mittlerweile unzählige Bilder- und Kinderbücher mit ihrem unverwechselbaren Illustrationsstil ausgestattet.

 

Jo Pestum

Die Nikolaus-Entführung

Ein Weihnachtskrimi in 24 Kapiteln

Mit Bildern von Dagmar Henze

Ein Verlag in der

 

© 2021 Arena Verlag GmbH

Rottendorfer Str. 16, 97074 Würzburg

Alle Rechte vorbehalten

Cover- und Innenillustrationen: Dagmar Henze

Covergestaltung: Irina Smirnov

Lektorat: Lisa-Marie Reuter

Satz: Malte Ritter

E-Book-Herstellung:

Arena Verlag mit parsX, pagina GmbH, Tübingen

E-Book ISBN978-3-401-80981-6

 

Besuche den Arena Verlag im Netz:

www.arena-verlag.de

1. Dezember

Das tanzende Licht

Weißer Nebel schwebte über Äckern und Wiesen. Heute wollte es gar nicht so richtig hell werden und in diesem diffusen grauen Licht sahen die bewaldeten Hügel dahinter aus wie dunkle Köpfe schlafender Riesen. Jedenfalls empfand Luc das so. Er presste die Stirn gegen die Fensterscheibe, um besser hinaus in die Landschaft schauen zu können, die an ihm vorbeizog. Der Dieselmotor der Regionalbahn brummte wie eine Hummel.

Nur wenige Fahrgäste saßen im Abteil. Zwei junge Frauen mit Beanies tippten auf ihren Smartphones herum, ein dicklicher Mann mit einer Zeitung vor dem Bauch stieß Schnarchtöne aus, eine alte Dame in schwarzer Kleidung hielt die Einkaufstasche auf ihrem Schoß fest umklammert und lutschte schmatzend ihr Bonbon. Luc freute sich mächtig auf das ganz lange Nikolaus-Wochenende und auf seinen Kumpel Harry, der außerdem auch sein Cousin war. Die Fahrt aus der Stadt bis nach Habichtsdorf dauerte kaum mehr als eine halbe Stunde.

Luc ließ seine Blicke über die Hügelkette schweifen. Das waren die Baumberge. Luc musste an die tollen Wanderungen denken, die er dort schon mit Harry gemacht hatte. Plötzlich stutzte er. In der grauen Nebelsuppe hatte er am letzten Waldgipfel etwas entdeckt: eine Art flackerndes Licht. Was hatte das zu bedeuten? Luc wusste, dass da oben in der einsamen Gegend niemand wohnte. Da gab es keine Bauernhöfe, keinen Gasthof, keine Ferienhäuschen, keinen Sendemast … Luc sah, dass das Licht sich bewegte. Es zuckte, verschwand für Sekunden und blitzte wieder auf. Es war kein grelles Licht, sondern eher der Schein einer Lampe. Das Licht schien zu tanzen.

Das ist geheimnisvoll!, dachte Luc. Und ein bisschen spukig wirkte es auch. Luc spürte ein Kribbeln in den Fingern. Seine Neugier war geweckt. Die Beobachtung musste Harry sofort erfahren. Wartete da vielleicht sogar ein Abenteuer auf die Freunde?

Laut tutete das Warnsignal, als der Zug die Ortsgrenze erreichte. Luc hatte sich seinen Schulrucksack übergeworfen. Harry wartete bereits am Bahnsteig. In seinem roten Parka war er schon von Weitem zu erkennen. Als sich die Tür zischend öffnete, sprang Luc in hohem Bogen nach draußen und hätte dabei fast seinen Cousin umgeworfen.

»Hi, Partner!«, brüllte Harry und reckte fröhlich den Arm hoch. »Schön, dich zu sehen, Alter.«

»Hey! Alles klar bei dir?« Luc stieß einen Freudenschrei aus, als sie sich abklatschten. »Endlich Wochenende. Ich dachte, in Habichtsdorf liegt schon Schnee.«

»Und ich dachte, du würdest Schnee mitbringen.«

»Nee, bloß Schulklamotten«, sagte Luc, »und Zahnbürste. Ich bin ja sofort nach der fünften Stunde los.«

Die Regionalbahn rollte weiter. Die beiden Jungen joggten los. Kalte Nässe schlug ihnen entgegen. Bis zum Haus der Kattners war es nicht weit. Tauben hüpften auf die Straße und flatterten erst auf, wenn ein Auto sie schon fast überfahren hatte.

»Vorhin hab ich was Komisches gesehen!«, rief Luc im Laufen. »Da tanzte so ein spukiges Licht oben am Waldrand.« Er zeigte in die Richtung. »Hast du ’ne Ahnung, was das sein könnte? Mir kam’s auf jeden Fall seltsam vor.«

Harry winkte ab. »Oben am Buchenberg? Da ist doch eigentlich völlig tote Hose. Das Gebiet ist abgesperrt, da kann man gar nicht rein. Eine verfallene Hütte steht da, hab ich mal gehört. Ich war aber noch nie dort.«

»Mensch, Harry, ich seh doch keine Gespenster!«

»Okay, okay! Vielleicht verbrennt da ein Waldarbeiter vertrocknete Äste oder so. Ich hab jetzt erst mal Hunger. Wir haben mit dem Mittagessen extra auf dich gewartet.«

Über dem Schaufenster stand in großen Buchstaben:

KATTNER-OPTIK – BRILLENMODE, AUGENOPTIK, KONTAKTLINSEN

Über dem Laden und der Werkstatt war die Wohnung der Familie Kattner. Tante Kerstin stand schon auf der Treppe und umarmte Luc so inbrünstig, dass ihm beinahe die Luft wegblieb. »Lucas Lodemann, mein Lieblingsneffe! Klasse, dass du uns mal wieder besuchst. Wie geht es dir? Bist du gesund und munter?«

»N-n-nein, Tante Kerstin«, stammelte Luc. »Du erwürgst mich ja!«

Großes Gelächter. Luc ließ seinen Rucksack auf den Boden plumpsen und kroch aus seinem Kapuzenanorak. Er schnupperte. Feiner Duft drang aus der Küche.

Onkel Georg mit bunter Schürze vor dem Bauch erschien in der Diele. »Hopp, hopp, an den Tisch! Es gibt Apfelpfannkuchen und Speckpfannkuchen. Magst du doch, ja?«

»Und ob!«, rief Luc. »Ich kann mindestens ein Dutzend verputzen.«

Der Onkel klopfte ihm auf die Schulter. »Wie kommt’s, dass du heute schon hier bist? Hast du morgen keine Schule?«

»Eben nicht«, grinste Luc. »Praktischerweise ist die Heizungsanlage in der Schule komplett ausgefallen. Große Reparatur morgen. Langes Wochenende. Heute Nachmittag und Freitag, Samstag und Sonntag. Echt cool!«

»Du hast’s gut. Ich muss morgen noch mal in die Schule«, erklärte Harry. »Lasst uns endlich futtern!«

Die Pfannkuchen schmeckten erstklassig. Luc und Harry veranstalteten ein Wettessen. Luc gewann 8:7. Und hinterher servierte Onkel Georg noch süßen Reis mit Pflaumenkompott.

»Uff!«, stöhnte Luc. »Geht in Deckung, wenn ich platze.«

Da fiel ihm wieder ein, was er seinen Onkel hatte fragen wollen. »Sag mal, Georg, du kennst dich doch in den Baumbergen aus: Ich hab vom Zug aus so ein merkwürdiges Licht gesehen, das flackerte oben am Buchenberg. Das tanzte hin und her, das Licht. Total spukig. Hast du ’ne Ahnung, was das sein könnte? Harry meint, da oben am Hügel spielt sich nichts ab. Aber mir kam das komisch vor.«

Onkel Georg lachte. »Harry hat recht. Nach dem Orkan vor dreißig Jahren ist der Wald dort oben wieder aufgeforstet worden. Aber damit Spaziergänger und Pilzsucher die kleinen Pflänzchen nicht niedertrampeln oder Rehe sie auf‌fressen, hat die Forstverwaltung das ganze Gelände eingezäunt.«

»Harry hat was von einer verfallenen Hütte erzählt«, sagte Luc. »Vielleicht hat dort jemand eine Lampe angezündet.«

»Hütte ist das falsche Wort.« Der Onkel schmunzelte. »Was du Hütte nennst, das war einmal das Jagdschlösschen der Barone von Quickburg. Im neunzehnten Jahrhundert. Dahin haben sie vermutlich ihre reichen Geschäftsfreunde zur Treibjagd und zu abendlichen Besäufnissen eingeladen. Aber das Schlösschen ist wohl nur noch eine Ruine. Ich wüsste nicht, warum da jemand hingehen sollte.« Onkel Georg stand auf. »Wir müssen den Laden öffnen. Mittagspause ist vorbei.«

Tante Kerstin rief aus dem Wohnzimmer: »Luc, willst du nicht mal eben deinen Eltern Bescheid geben, dass du gut angekommen bist? Und vergiss nicht, Grüße von uns zu bestellen!«

Luc schickte eine Nachricht nach Hause: Bin heil angekommen. Alle Kattners lassen grüßen. Hier regnet es.

Kerstin und Georg Kattner gingen nach unten in den Laden und in die Werkstatt. Die beiden Jungen räumten den Tisch ab und stellten Geschirr und Bestecke in die Spülmaschine.

»Und was unternehmen wir jetzt?«, fragte Luc.

»Jetzt bringen wir deine Sachen in mein Zimmer. Und dann gehen wir erst mal zu Mirja und Yannick rüber. Die werden sich freuen, dich mal wieder leibhaftig zu sehen.«

 

Ob Luc immer noch an das tanzende Licht denkt?

Lies morgen weiter!

2. Dezember

Warum lügt Mirja?

Seltsam! Alles war so still. Wenn die Eltern Wenzel zur Arbeit waren und Yannick und Mirja das Haus für sich hatten, war sonst immer die Luft voll dröhnender Musik. Hip-Hop war bei ihnen angesagt. Aber jetzt war alles still im Haus und ums Haus herum.

Harry presste den Daumen noch einmal auf den Klingelknopf. »Die müssen doch da sein! Haben die Pudding in den Ohren?«

Das Haus der Wenzels lag kaum hundert Meter entfernt auf der anderen Straßenseite. Luc und Harry waren durch den Nieselregen hinübergespurtet. Yannick und Harry waren Klassenkameraden und dazu dick befreundet. Harry hatte sich nach der Schule noch von den beiden verabschiedet. Und ausgerechnet jetzt sollten sie nicht zu Hause sein?

Harry bullerte mit der Faust gegen die Tür.

»Hör schon auf!«, sagte Luc. »Das bringt doch nichts. Sie sind halt nicht da, hängen vielleicht bei Opa Charly rum. Sollen wir’s dort mal …« Weiter kam Luc nicht.

Denn in diesem Augenblick öffnete sich die Haustür einen Spaltbreit. Mirjas Gesicht erschien.

»Na endlich!«, stöhnte Harry. »Habt ihr gepennt?«

»N-n-nein! W-w-wir haben Mathe geübt. Hey, Harry! Wen hast du denn da mitgebracht?« Mirja riss die Haustür weit auf und rief über die Schulter: »Yannick, komm mal schnell! Überraschung!«

Yannick kam zögernd in die Diele. »Wow, Luc! Super, dass du uns endlich mal wieder im öden Habichtsdorf besuchst.« So richtig begeistert klang er allerdings nicht. »Wollt ihr reinkommen?«

Was für eine blöde Frage!

Harry und Luc folgten den Geschwistern ins Wohnzimmer. Mirja raffte hastig ein paar beschriebene Blätter zusammen und strich sich die langen Haarsträhnen aus dem Gesicht. Luc bemerkte mit scharfem Detektivblick, dass die Haare an den Spitzen nass waren. Warum war Mirja so nervös?

Yannick wandte sich an Luc. »Du warst schon fast ein halbes Jahr nicht mehr hier. Hab ich recht, Alter?«

Luc schüttelte den Kopf. »Ich war doch in den Herbstferien noch zu Besuch. Weißt du nicht mehr? Wir haben bei Opa Charly Bogenschießen geübt.«

»Doch, klar!« Yannick klatschte sich vor die Stirn. »Aber du bist in der Zeit mindestens zehn Zentimeter gewachsen, und ich hab dich trotzdem wiedererkannt.« Yannick kicherte albern über seinen doofen Witz.

Luc war enttäuscht von diesem Wiedersehen. Keine Umarmung, kein Schulterklopfen. Und dazu diese merkwürdige, fast befremdliche Stimmung! Irgendwas stimmte nicht.

»Luc hat ein neues Computerspiel mitgebracht«, erklärte Harry. »Wollen wir uns das nachher mal zusammen reinziehen?«

»Klingt prima – eigentlich.« Mirja druckste herum. »Aber ich habe Yannick versprochen, mit ihm Mathe zu üben.« Sie breitete die Arme aus und zuckte mit den Schultern. »Sorry!«

Jetzt platzte Harry fast. »Seit wann braucht Yannick Nachhilfe in Mathe? Der ist doch besser als die meisten aus der Klasse. Außerdem haben wir morgen gar kein Mathe.«

Yannick guckte zur Decke. »Es ist mehr so grundsätzlich, versteht ihr?«

»Nein!«, riefen Luc und Harry gleichzeitig.

Mirja kam ihrem Bruder zu Hilfe. »Da ist noch was anderes. Bisschen peinlich, ihr dürft es nicht weitersagen! Wir müssen jede Menge Weihnachtskarten schreiben, weil unsere Eltern keine Grüße per Mail verschicken wollen. Zu unpersönlich. Also gibt es Karten mit Engelscharen und Krippchen und den Heiligen Drei Königen und natürlich Fröhliche Weihnachten! in goldener Schnörkelschrift. Yannick und ich, wir haben die ganze Schreiberei am Hals. Mit Füller.« Mirja haute sich mit den Fäusten gegen die Stirn.

Harry sagte: »Kitschige Weihnachtskarten sind doch lustig.«

»Du musst sie ja nicht schreiben«, knurrte Yannick.

Luc hatte bemerkt, dass die Geschwister auf Socken rumliefen. »Kann ich die Karten mal sehen?«, fragte er.

Mirja winkte ab. »Die sind noch verpackt. Yannick und ich machen uns erst mal was zu essen. Sehen wir uns morgen?«

Das war eindeutig. Es hieß: Haut endlich ab! Yannick begleitete Harry und Luc bis zur Haustür. Luc nahm mit einem Seitenblick wahr, dass in der Diele die Steppjacken von Mirja und Yannick an den Garderobenhaken hingen. Sie waren klatschnass. Und darunter standen die Schuhe, beschmiert mit Erde und Lehm.

»Dann statten wir eben Opa Charly einen Besuch ab«, sagte Harry und hob zum Abschied kurz die Hand. »Schade, dass ihr keine Zeit habt.«

Yannick stand im Türrahmen und schaute noch schuldbewusster. »Den Besuch bei Opa Charly könnt ihr knicken. Der macht mit seinem Kegelklub ’ne Bustour an die Mosel. Ich glaube, der kommt erst am Samstag zurück.« An Luc gewandt fügte er hinzu: »Er ist übrigens ins Gartenhaus umgezogen. Das ganze Anwesen und das Haupthaus gehören jetzt seiner Enkelin und ihrem Mann.« Dann zog er die Tür zu.

Luc und Harry liefen zur Bushaltestelle und stellten sich im Wartehäuschen unter. Der Regen hatte zwar nachgelassen, doch der nasse Wind brannte im Gesicht. Ein dicker Trecker mit einem Anhänger voller Kartoffelsäcke donnerte vorbei.

»Die beiden waren ja total komisch!«, schimpfte Harry.

»Und dass Mirja uns so derbe belogen hat!« Luc hielt die Hand hoch und zählte an den Fingern ab: »Erstens hatte Mirja nasse Haarspitzen, zweitens liefen beide auf Socken rum, drittens hingen an der Garderobe nasse Jacken, viertens standen da vollgeschlammte Schuhe.«

Harry schaute seinen Cousin verblüfft an. »Sagt dir das deine kriminalistische Logik?«

»Ganz genau!« Luc stemmte die Hände in die Seiten. »Yannick und Mirja haben nicht Mathe geübt, das war eine bekloppte Ausrede. Und den Quatsch mit den Weihnachtskarten kannst du auch vergessen. Was schließen wir daraus, Partner?«

»Dass sie gerade erst nach Hause gekommen waren, als wir geklingelt haben. Aber warum schwindeln sie uns an? Sie sind doch unsere Freunde!«

»Vielleicht, weil sie ein dickes Problem haben«, sagte Luc und dachte in diesem Moment ganz plötzlich wieder an das tanzende Licht. »Vielleicht könnten wir ihnen helfen, wenn sie irgendwie in Schwierigkeiten sind.«

»Aber erst müssen sie mal mit der Sprache rausrücken«, knurrte Harry. »Vor guten Freunden hat man keine Geheimnisse.«

Das sah Luc genauso. »Kann ja sein, dass sie morgen mit uns reden. Wenn sie wieder klar im Kopf sind. Komm, lass uns trotzdem mal zu den Gänsen gehen, auch wenn Opa Charly auf Kegeltour ist.«

Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zum Ortsrand. Lange Jahre hatte Opa Charly dort eine Baumschule betrieben, aber dazu fühlte er sich nun zu alt. Eigentlich hieß der alte Herr Karl Merx, aber warum er von allen Opa Charly genannt wurde, wusste niemand mehr so recht. Möglicherweise lag es daran, dass er seit Ewigkeiten im Sommer einen Cowboyhut trug und im Winter eine Trappermütze aus Pelz.

Schade, dass er nicht zu Hause ist, dachte Luc. Ich hätte ihm gern mal wieder Hallo gesagt.

 

Wartet die nächste Überraschung auf Harry und Luc?

Lies morgen weiter!

3. Dezember

Die Fahrt durch den Nebel

Gustav Gans war schlecht gelaunt. Als die beiden Jungen erschienen, war er wie mit Düsenantrieb an den Zaun geflattert, schnatterte wie verrückt und reckte böse den Hals. Dann kamen auch die sechs Gänse angewetzt und verstärkten das Kriegsgeschrei des mächtigen Ganters.

»Häh, spinnt ihr?«, schrie Harry. »Drehen denn jetzt alle durch? Auf‌hören, sofort auf‌hören! Ihr kennt uns doch.«

Auch Luc verstand das nicht. Eigentlich waren Gustav Gans und seine Gänsedamen friedliche Tiere und ließen sich sogar streicheln. Irgendetwas musste geschehen sein, dass sie auf einmal so aggressiv waren. »Beruhigt euch, wir tun euch nichts.«

Aber die Gänseschar beruhigte sich nicht. Erst als die Hintertür des Wohnhauses auf‌flog und eine junge Frau mit Lederweste erschien, ließ das aufgeregte Geschnatter ein wenig nach. Das Hühnervölkchen, mit dem sich die Gänse das Gatter teilten, ließ sich dagegen von dem Lärm nicht beirren und pickte weiter im nassen Gras herum.

Die junge Frau schwenkte einen hölzernen Kochlöffel. Wollte sie damit die Gänse zurücktreiben oder die Besucher bedrohen? »Was habt ihr hier zu suchen?«, rief sie schrill.