Die Nordischen Sagen. Freya und die Runen der Rache - Katharina Neuschaefer - E-Book

Die Nordischen Sagen. Freya und die Runen der Rache E-Book

Katharina Neuschaefer

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Beschreibung

Endlich Ordnung am nordischen Götterhimmel Über die nordischen Göttermythen weiß man hierzulande meist deutlich weniger als über die griechischen und römischen. Dabei tummeln sich dort gewaltige Riesen, Zwerge, Schlangen, Walküren, achtbeinige Pferde. Gar nicht zu reden von Odin, dem Göttervater, vom hammerschwingenden Thor oder dem gütigen Balder. Und was ist eigentlich mit Loki, der charmanten Kanaille, dem Zerstörer und seinen drei furchtbaren Kindern: dem Fenriswolf, der Midgardschlange und Hel? Wie hängen Niflheim und Asgard zusammen, und was ist mit Midgard? Fragen über Fragen! Katharina Neuschaefer erzählt die Geschichte all dieser Wesen und Götter, damit Klein und Groß es jetzt endlich mal ganz genau wissen.

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Seitenzahl: 72

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Die Nordischen Sagen

Freya und die Runen der Rache

Neu erzählt von Katharina Neuschaefer

Mit Bildern von Dieter Wiesmüller

Ragnarök, das Schicksal, ist unabwendbar. Wenn die Zeit sich dem Ende neigt, bricht der Fimbulwinter an. Drei Jahre lang wird sich die Kälte durch alle Tage ziehen. Es sind die Jahre des Wolfs. Ein Wolf so groß, dass sein Kiefer Himmel und Erde berührt, an seiner Seite eine Schlange, deren Leib ganz Midgard umschlingt, und Hel, die Totengöttin selbst.

Yaggdrasil, der Weltenbaum, wird welken , und das Licht wird erlöschen.

Die Weltenfeinde werden kommen und den Göttern das Ende bereiten auf dem Wigridfeld, denn sie sind vom selben Blut.

Gellend heult Garm vor Gnipahellir,

es reißt die Fessel, es rennt der Wolf.

Dann beginnt eine neue Zeit.

Die Atla-Schlucht

Die Schluchten von Niflheim sind so tief, dass die Nacht dort niemals endet. Die tiefste dieser Schluchten ist die Atla-Schlucht, und selbst Odin, der Göttervater, war nur ein einziges Mal dort. An dem Tag nämlich, da er sie erschuf.

Jetzt kauerte dort unten Fenrir, der abscheuliche Sohn Lokis, der Dämon in Wolfsgestalt. Er biss und zerrte an dem dünnen Seil, das ihn durch Zauberkräfte an den Stein der Schlucht kettete. Sein Schwanz peitschte unruhig durch die Luft, seine Krallen stemmten sich in den harten Boden. Doch je mehr Fenrir tobte, desto fester zog sich die Schlinge um seinen Hals zusammen. Rasend vor Hass und Zorn fauchte der Dämon, und hundertfach fauchte es zurück. Einen Moment hielt der Wolf inne und lauschte dem Echo seiner eigenen Stimme, dann warf er den riesigen schwarzen Kopf in den Nacken und heulte, dass es bis hinauf nach Asgard zu hören war.

Die Götter waren alt geworden. Äußerlich nicht, natürlich. Solange sie die goldenen Äpfel der Göttin Idun aßen, blieben Odins Arme stark und Thors Bart rot. Aber in ihrem Inneren, in den Herzen der Götter, herrschte längst der Fimbulwinter.

Wie so oft in den letzten Tagen stieg Odin die Leiter zu Hlidskialf, seinem Wolkensitz, hinauf und hielt Ausschau nach Loki. Doch er konnte ihn nirgendwo entdecken. Nicht in den Weiten Asgards, nicht in Mittelerde, der Welt der Menschen, der Zwerge und Riesen, und auch nicht in Niflheim, dem Reich der Kälte und der Schatten. Loki blieb verschwunden. Und auch wenn Thor mit seinem Bocksgespann über die Wolken raste, um Loki zu stellen, so wusste Odin doch, dass dieses letzte Mal die Klugheit der Götter allein nicht ausreichen würde, um Loki zu finden und zu bestrafen.

Odin blickte auf die drei Welten zu seinen Füßen, die er vor so langer Zeit geschaffen hatte. Er fand sie immer noch schön. Schön genug, um sich dafür selbst dem Schicksal entgegenzustellen. Noch einmal spürte er die alte Kraft in sich. Er ballte die Fäuste und stieg wieder von seinem Himmelssitz hinab. Mit großen Schritten eilte er in den abgelegensten Raum seiner Burg.

Vorsichtig öffnete er eine goldene Truhe und holte das Haupt des weisen Riesen Mimir heraus.

»Mimir, mein alter Freund«, sagte Odin und zeichnete einige Runen auf Mimirs Stirn, »sprich zu mir, denn die Zeit ist gekommen, da ich deinen Rat brauche!«

Da öffnete der Kopf des toten Riesen die Augen und blickte Odin lange an, bevor er antwortete. »Vielleicht hättest du schon früher kommen sollen. Du wusstest doch von Ragnarök, dem Schicksal, das euch Göttern bestimmt ist. Aber du! Du hast nichts unternommen!«

»Ich habe meine Krieger hier in Asgard versammelt.« Odin stellte den Kopf auf dem Deckel der Truhe ab. »Ich habe Lokis Kinder, den Fenriswolf, die Midgardschlange und Hel, die Totengöttin, gebannt. Was hätte ich denn deiner Meinung nach noch tun sollen?«

»Du hast gelogen und betrogen, Odin.«

Doch Odin winkte wütend ab und lief rastlos in dem kleinen Raum umher, um nicht die Fassung zu verlieren. »Sag mir, wo Loki ist! Ich kann ihn nirgends finden.«

Mimirs bleiches Gesicht verzog sich zu einem Lächeln. »Der Einfall mit dem Wolf in der Schlucht war nicht schlecht. Fenrir als Köder, nicht wahr? Trotzdem, Loki wird nicht kommen. Er wird nicht versuchen, seinem Sohn zu helfen. Er versteckt sich auf einem Berg in Utgard, in einem Haus mit vier Türen. Eine zeigt nach Norden, eine nach Süden, eine nach Osten und eine nach Westen. Ihr müsst ihn töten, wenn ihr ihn fangt.«

Odin nickte, der Kopf aber sprach weiter.

»Du musst zu den Schicksalsfrauen. Du musst zu den Nornen, wenn du noch etwas ausrichten willst. Und jetzt nimm mich mit in deinen Thronsaal, ich könnte dir von großem Nutzen sein. Ich war schon viel zu lange in dieser Kiste.«

Aber Odin hörte ihm nicht mehr zu und stürmte aus dem Raum. Zum zweiten Mal in dieser Nacht bestieg er Hlidskialf, seinen Wolkensitz, und seine Augen durchdrangen die Finsternis, wie es nur Götterblicke können. Er sah ein Haus auf einem Berg und einen großen Mann, der immer wieder in alle vier Himmelsrichtungen spähte.

Außer Odin wachte in dieser Nacht noch jemand. Heimdall, der Hüter Asgards, stand, auf seinen Schild gestützt, neben der Brücke Bifröst, die das Götterreich mit der Welt der Menschen verband. Alles war ruhig, viel zu ruhig. Selbst die Winterstürme schienen den Atem anzuhalten, und so war das einzige Geräusch, das zu Heimdall herüberwehte, das Heulen des Fenriswolfes.

Gerade wollte Heimdall sich einen halben Adlerruf lang ausruhen, da hörte er es. Ein lang gezogenes Heulen. Aber das war nicht Lokis Sohn, der Wolf. Es klang anders, etwas heller. Heimdall hob den Kopf. Die zweite Stimme klang wie ein Hund. Da, wieder ein Wolf. Und jetzt. Der Hund. Er antwortete ihm. Heimdall erstarrte. So jaulte kein lebender Hund. Dieses Heulen kam aus dem Reich der Toten. Dort, wo der vieräugige Höllenhund Garm in seiner Grotte Gnipahellir hauste und den Eingang zur Unterwelt bewachte.

Wie genau hieß es doch in der Prophezeiung?

»Gellend heult Garm vor Gnipahellir.«

Es reißt die Fessel, es rennt der Wolf

Odin, Thor, Heimdall und Skadi hatten sich in der Wildnis Utgard am Fuß des höchsten Berges eingefunden. Vorsichtig und leise schlichen sie den schmalen Pfad zum Gipfel hinauf, durch Geröll und Disteln. Da stand es, das Haus mit den vier Türen.

Die Götter teilten sich auf und traten zur gleichen Zeit in die Hütte, aber Loki war nicht da. In der Asche des Kaminfeuers fanden die Asen ein halb verkohltes Fischernetz.

»Der Wildbach«, sagte Thor, ohne aufzusehen, »er ist ein Fisch geworden. Deshalb hat er das Netz verbrannt.«

Odin nickte.

Die Götter verließen das Haus. Im Weggehen schleuderte Thor einen Blitz in die Hütte, und auf der Stelle ging sie in Flammen auf. »Egal, welche Gestalt du wählst, Loki, ob Fisch, Fliege, Seehund oder Floh. Keine dieser Verwandlungen wird dich vor uns schützen.« Noch einmal blieb Thor stehen und warf seine Blitze nun auch in den Wald, der die Hütte umgab. »Selbst wenn ich alles niederbrennen muss. Ich finde dich.«

»Es ist nicht notwendig, dass du den gesamten Wald zerstörst. Du richtest nur noch mehr Schaden an«, sagte Odin.

»Was willst du damit sagen, Vater? Ist es jetzt vielleicht meine Schuld, dass alles so gekommen ist?« Thors Gesicht hatte alle Farbe verloren.

»Immerhin war er dein bester Freund, nicht wahr? Dein Waffengefährte! Du warst ständig mit Loki zusammen und hast in all der Zeit nichts bemerkt. So viel Gutgläubigkeit muss man schon Dummheit nennen.«

Odin wandte sich von seinem Sohn ab und wollte weitergehen, aber Thor hielt ihn zurück. »Ich muss dich wohl daran erinnern, dass du es warst, der Loki sofort vertraut hat. Wirklich, du verdienst deinen Namen: Odin, der Allwissende. Wie einen Sohn hast du diesen Verräter behandelt.« Zornig trat Thor einen Stein zur Seite und lachte höhnisch, als er weitersprach: »Ein wunderbarer Sohn. So wortgewandt und sicher, weder gutgläubig noch einfältig. Nur schade, dass er uns vernichten will.«

Vater und Sohn waren inzwischen so laut geworden, dass Heimdall und Skadi, die schon vorausgegangen waren, noch einmal zurückkehrten.

»Wollt ihr Loki warnen, mit eurem Geschrei? Er hat uns alle getäuscht«, rief Heimdall und blickte gereizt zwischen Vater und Sohn hin und her.

»Getäuscht ja, aber ich war niemals seine Geliebte«, sagte Skadi nun zum wiederholten Mal und versuchte Heimdalls Aufmerksamkeit zu erlangen. Doch bevor sie erneut ihre Unschuld beteuern konnte, hatte Heimdall sich schon wieder umgewandt und ging davon.

Ohne einander anzusehen, setzten Odin und Thor ihren Weg fort, und auch Skadi folgte ihnen mürrisch.