Notärztin Andrea Bergen 1439 - Hannah Sommer - E-Book

Notärztin Andrea Bergen 1439 E-Book

Hannah Sommer

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Beschreibung

Atemlose Stille empfängt die bezaubernde Pianistin Alicia Maiwald, als sie an ihrem Flügel Platz nimmt. Alle Honoratioren der Stadt sind heute zu ihrem Charity-Konzert zugunsten des Elisabeth-Krankenhauses gekommen. Als Alicia Bernd im Publikum entdeckt, gerät ihr Herz gefährlich aus dem Takt, und eine Welle von Scham schlägt über ihr zusammen: Obwohl sie ihn über alles liebt, hat sie ihn vor aller Welt verraten, weil sie, die berühmte Pianistin, sich in einem TV-Interview nicht zu ihm bekannt hat!
In diesem Moment beschließt Alicia, ihn öffentlich zu rehabilitieren und ihm zu sagen, wie sehr sie ihn noch immer liebt. Mit leiser Stimme widmet sie Bernd ihr schönstes Liebeslied und beginnt zu spielen ...
Doch dann geschieht das Unfassbare: Nachdem der letzte Ton verklungen ist, bricht Alicia auf der Bühne bewusstlos zusammen! Den tosenden Applaus des Publikums und Bernds verzweifelten Aufschrei bekommt sie schon nicht mehr mit ...


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Inhalt

Cover

Ihr großer Auftritt

Vorschau

Impressum

Ihr großer Auftritt

»Dieses Lied ist Bernd gewidmet, der die Liebe meines Lebens ist und bleibt ...« Noch ganz bewegt von ihrem sensiblen Spiel sehe ich zu, wie die bekannte Pianistin Alicia Maiwald nach diesen Worten an den Rand der Bühne tritt, sich zitternd verbeugt ... und kopfüber in den Saal stürzt!

Verzweifelt versuche ich, mir einen Weg durch das Publikum zu bahnen – um Alicia reglos und blutüberströmt auf dem Boden liegend vorzufinden! Sofort ist klar, dass sie sich bei ihrem Sturz schwer verletzt hat. Doch noch viel schlimmer ist ein anderer Verdacht: Mit diesem Auftritt zugunsten unseres Krankenhauses ist Alicia weit über ihre Kräfte gegangen. Ich fürchte, ihr Magengeschwür ist geplatzt und hat in den Bauchraum geblutet!

Nur eine Not-OP kann ihr Leben retten! Für die aufgeregten Fans und auch für Alicias besorgten Ex-Freund Bernd kann ich mir jetzt leider keine Zeit nehmen – ich muss alles daransetzen, Alicia so schnell wie möglich in den OP zu bringen ...

Die letzten Töne des Klavierspiels verklangen. Bernd Huberti war noch immer ganz berührt von dem Liedtext, dem er bis eben mit angehaltenem Atem gelauscht hatte.

»Und das war der neue Song von Alicia Maiwald«, holte ihn der Radiosprecher in die Wirklichkeit zurück. »Eine gefühlvolle Ballade, die uns, wie immer, zu Herzen geht. Wer die Pianistin einmal live sehen möchte, hat übrigens nächste Woche die Gelegenheit dazu. Da kommt sie nämlich auf ihrer Welttournee aus den USA zurück zu uns in ihre alte Heimat. Restkarten für ihren Auftritt in der Rheinhalle gibt es zwar nicht mehr, aber wir verlosen in unserer Morning-Show exklusiv zwei Karten. Also, schaltet morgen früh bei uns ein, und lasst euch diese einmalige Chance nicht entgehen. Jetzt folgt Country-Musik von ...«

Bernd schaltete das Radio aus und setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch. Er arbeitete als Verwaltungsangestellter im Elisabeth-Krankenhaus und musste sich jetzt um die Bestellung der OP-Kittel kümmern, die immer zu Monatsanfang fällig wurde.

»Hast du das eben im Radio gehört, Bernd?«, fragte Sigrid Kühnle, als sie schwungvoll die Tür von ihrem Vorzimmer aufriss und den Kopf in sein Büro steckte. Seine Kollegin war die Sekretärin von Philipp Grossert, dem Verwaltungsleiter des Elisabeth-Krankenhauses, und ein echter Vorzimmerdrachen. Wann immer sie Gelegenheit dazu fand, stichelte und piesackte sie Bernd, und wenn Herr Grossert nicht da war, fühlte sie sich sogar als Chef. »Das wäre was, hm? Du bist doch so ein großer Fan von dieser Schnulzensängerin und Pianistin.«

Bernd sah nur kurz von seinem Schreibtisch auf. »Ich glaube nicht, dass ich bei so etwas Glück hätte«, brummte er. »Außerdem hätte ich ja auch eine Karte kaufen können.«

»Hast du aber nicht«, widersprach die Kühnle. »Ach, wahrscheinlich liegt es an deinem Sohn. Für den hättest du ja bestimmt auch eine Karte gebraucht. Aber der hätte ja ohnehin nicht zugehört, so wie ich deinen Zappelphilipp kenne, und wäre nur schreiend durch den Konzertsaal gerannt. Da sind dir die Karten dann zu teuer, was? Mit unserem mickrigen Gehalt als Verwaltungsangestellte überlegt man sich das doch schon zweimal, ob man das Geld so zum Fenster herauswirft, oder?«

»Mhm«, murmelte Bernd und sah wieder auf seinen Bildschirm. Sigrid keinen weiteren Zündstoff für ihre Frotzeleien zu liefern nahm ihr meist den Wind aus den Segeln.

Sigrid Kühnle wartete einen Augenblick, ob er nicht doch noch etwas sagte, und schob dann enttäuscht die Unterlippe vor.

»Na ja, ich muss jetzt wieder an die Arbeit. Herr Grossert erwartet nachher hohen Besuch. Da müssen die Häppchen vorbereitet sein.« Damit machte sie auf dem Absatz kehrt, rauschte mit wehenden Röcken wieder in ihr Vorzimmer und ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen.

Arno Müller-Klein, mit dem sich Bernd ein Büro teilte, schob den Schreibtischstuhl ein Stück zurück, sodass er seinen Kollegen hinter dem Bildschirm sehen konnte, und machte vor seinem Gesicht eine Scheibenwischer-Geste. »Die ist doch völlig durchgeknallt«, sagte er.

»Oh ja.« Bernd nickte. Er wollte sich nicht anmerken lassen, dass Sigrid Kühnle ihn mit ihren Worten verletzt hatte.

»Du weißt aber, dass ich auf Luca aufgepasst hätte, wenn du zu dem Konzert gewollt hättest und deine Frau ihn nicht nehmen kann, oder?«

»Exfrau«, verbesserte Bernd ihn sofort.

»Stimmt, das hatte ich vergessen.«

Seit ein paar Monaten war die Scheidung von Marlene endlich offiziell, doch in Wahrheit hatten Bernd und sie sich schon viele Jahre zuvor auseinandergelebt. Dass es dann doch noch so lange gebraucht hatte, bis sie die Unterschriften unter den Scheidungsvertrag gesetzt hatten, lag zuletzt an Bernd, der immer wieder versucht hatte, um seine Beziehung zu kämpfen. Doch Marlene wollte nicht mehr.

Bernd wusste selbst, dass es so besser war, aber es machte ihn trotzdem traurig, dass seine Ehe in die Brüche gegangen war. Er hatte immer an die Liebe geglaubt und sich eine intakte Beziehung gewünscht. Dass Luca jetzt als Scheidungskind aufwuchs, beschäftigte ihn sehr. Vielleicht war er durch die vielen Streitereien und Diskussionen so nervös und verhaltensauffällig geworden. Bernd hatte jedenfalls keine andere Erklärung.

»Irgendwann wird sich schon die Gelegenheit ergeben, Alicia Maiwald einmal live spielen zu hören«, wich Bernd aus.

Dass die Kühnle mit ihrer Stichelei in Bezug auf die teuren Karten ebenfalls ins Schwarze getroffen hatte, ärgerte ihn. Marlene hatte nämlich bei der Scheidung eine ordentliche Summe herausgeholt. Da brauchte er momentan an so teure Konzertkarten für einen Star wie Alicia Maiwald nicht zu denken.

Bernd wollte sich wieder der Bestellliste widmen, als sein Telefon klingelte. Marlene, leuchtete auf dem Display auf.

»Hallo, Marlene«, grüßte er seine Exfrau. »Was gibt es?«

»Die Schule hat mich gerade angerufen. Luca hat einen Klassenkameraden so heftig geschubst, dass dieser hingefallen ist und sich verletzt hat. Außerdem sagt seine Klassenlehrerin, dass er schon wieder seine Hausaufgaben nicht gemacht hat. Und bei dem Diktat hat er eine Sechs bekommen. Eine Sechs, Bernd! Hast du denn nicht mit ihm geübt?«

Bernd seufzte innerlich auf. Natürlich hatte er mit seinem Sohn geübt – so gut es eben möglich war. Denn Luca war immer wieder aufgesprungen, hatte etwas anderes im Sinn gehabt und sich kaum auf die Sätze konzentrieren können.

»Bernd, es ist so furchtbar, dass wir mit Luca solche Schwierigkeiten haben!«, klagte Marlene. »Ich habe heute Nachmittag ein wichtiges Meeting, aber seine Klassenlehrerin hat mich für ein Gespräch in die Schule einbestellt. Was soll ich denn jetzt machen?«

In Bernd stieg Wut auf. Eigentlich war Luca diese Woche bei seiner Mutter, doch Marlene wusste genau, was sie sagen musste, um sich aus der Affäre zu ziehen. Sie war schon immer mit Luca überfordert gewesen, ebenfalls ein Grund, der zur Scheidung beigetragen hatte.

»Ist gut, ich kümmere mich darum«, antwortete Bernd zähneknirschend. »Ich fahre in die Schule und rede mit der Lehrerin.«

»Das wäre wirklich super«, versicherte Marlene ihm. »Und könntest du ihn vielleicht danach mit zu dir nehmen? Ich weiß, eigentlich bin ich diese Woche dran, aber ich kann schlecht abschätzen, wie lange das Meeting dauern wird. Und in seinem momentanen Zustand will ich ihn zu Hause nicht allein lassen.«

Vermutlich geht es ihr dabei weniger um das Wohl des Kindes als vielmehr um ihre kostbare neue Einrichtung, dachte Bernd bitter, doch er stimmte zu, auch wenn er sich innerlich furchtbar ärgerte. Trotzdem, das war er seinem Sohn schuldig. Er beendete das Telefonat und fuhr sich mit den Händen übers Gesicht.

»Gibt es Ärger?«, erkundigte sich Arno Müller-Klein mitfühlend.

Bernd nickte. »Luca hat schon wieder Schwierigkeiten in der Schule. Könntest du vielleicht die Bestellung für die OP-Bekleidung übernehmen? Die Klassenlehrerin hat um ein Gespräch gebeten.«

»Natürlich.«

»Danke, Arno. Du hast was gut bei mir.« Bernd fuhr seinen Computer herunter. »Dann gehe ich mal bei der Kühnle einen halben Tag Urlaub einreichen.«

»Viel Erfolg!«, wünschte Arno mit einem schiefen Lächeln.

***

Alicia Maiwald stellte ihren kleinen Koffer im Flur ab und legte ihren Schlüssel in die Schale auf der Kommode. Endlich zu Hause!

Wobei zu Hause relativ war. Seit sie mit ihren traurigen Liebesliedern quasi über Nacht berühmt geworden war, verbrachte sie selten mehrere Tage am Stück hier in ihrer Wohnung. Umso mehr freute sie sich, dass sie jetzt, auf ihrer internationalen Tournee, ein paar Nächte hierbleiben konnte.

Sie schlüpfte aus ihren Pumps und streckte sich. Der Flug aus den USA war lang gewesen, und die Zeitverschiebung setzte ihr zu. Sie war müde und hatte leichte Kopfschmerzen, wahrscheinlich von dem Schlafmangel und der schlechten Luft im Flieger, und ihr Nacken spannte von der unangenehmen Sitzposition. Am besten, sie würde rasch eine Kopfschmerztablette nehmen, ehe ihr nächster Termin anstand, dieses Mal einer, auf den sie sich freute: ein Abendessen mit ihrem guten Freund und ehemaligen Studienkollegen Sebastian Milo.

Im Badezimmer holte Alicia eine Schmerztablette aus dem Spiegelschrank über dem Waschbecken, füllte ihr Zahnputzglas mit Wasser und schluckte die Tablette hinunter. Dann machte sie sich daran, ihren Koffer auszupacken. Als sie ihre Noten im Wohnzimmer auf ihren Flügel legen wollte, bemerkte sie den üppigen Blumenstrauß, der auf dem Couchtisch stand. An der Vase lehnte eine Karte. Alicia drehte sie um, sie war von Matthew, ihrem Manager.

Willkommen daheim! Erhol dich und genieße die Auszeit. Wir haben danach noch einiges vor.

Alicia lächelte. Auch wenn Matthew Griffin ein ehrgeiziger Agent war, der ihre Termine eng taktete und stets darauf achtete, ihren Ruhm zu mehren, so erfreute er sie doch immer wieder mit solchen kleinen Aufmerksamkeiten. Sie waren ein gutes Team, und Alicia wusste, dass sie ihren Erfolg auch seinem glücklichen Händchen zu verdanken hatte. Sie nahm ihr Smartphone und wählte seine Nummer.

»Ah, dann ist mein Stern am Himmel also gut gelandet?«, nahm Matthew das Gespräch entgegen.

»Hallo«, grüßte Alicia ihn schmunzelnd. »Danke der Nachfrage, alles verlief nach Plan. Und danke für die schönen Blumen.«

»Dann bist du also schon zu Hause?«

»Der Flieger hatte Rückenwind und ist schon etwas früher gelandet. Klappt das Abendessen mit Sebastian?«

»Ich habe für neunzehn Uhr einen Tisch für zwei bei deinem Lieblingsitaliener für euch reserviert. Sebastian weiß Bescheid, ich habe vorhin mit ihm telefoniert.«

»Sehr gut. Danke dir.« Alicia warf einen Blick auf die Uhr. »Dann habe ich jetzt ja noch genügend Zeit, um mich fertigzumachen.«

»Warte, ich leite dir gleich eine Anfrage per E-Mail weiter«, sagte Matthew. »Eine Produktionsfirma für Kinofilm-Soundtracks hätte gerne eine Hörprobe von dir. Meinst du, du kannst ihnen eines von deinen neuen Liedern einspielen? Ich habe ihnen vorgeschwärmt, dass dein Song Wenn ich an dich denke ganz besonders emotional ist.«

»Aber nicht mehr heute«, widersprach Alicia ein wenig genervt, und sie merkte wieder das Ziehen in ihrem Oberbauch, das sie in letzter Zeit häufiger quälte. »Der Flug war wirklich anstrengend, und jetzt freue ich mich auf einen entspannten Abend mit Sebastian. Und danach möchte ich einfach nur ins Bett. Ich bin ziemlich müde.«

»Also schön.« Alicia hörte die Enttäuschung in Matthews Stimme. »Dann schicke ich ihnen einen Ausschnitt aus deiner aktuellen CD.«

»Okay, bis morgen.« Sie beendete das Gespräch und entschied, sich einen Kaffee zu kochen. Hoffentlich würde der ihr helfen, den Abend durchzustehen.

Alicia wählte an ihrem Vollautomaten einen doppelten Espresso und genoss den herrlichen Duft, der schon bald durch die Küche schwebte. Doch schon bei ihrem ersten Schluck krampfte sich wieder ihr Oberbauch zusammen. Vielleicht war das doch keine gute Idee auf nüchternen Magen. Das Essen im Flieger hatte sie nämlich auch nicht zu sich nehmen können. Da hatte sie die ganze Zeit mit Sodbrennen zu kämpfen gehabt.

Schweren Herzens schüttete sie den Kaffee ins Spülbecken und beschloss, stattdessen lieber eine entspannende Dusche zu nehmen.

Das warme Wasser tat ihr gut, und sie merkte, wie sich ihre Rückenmuskulatur lockerte. Auch das Piksen im Oberbauch ließ ein wenig nach. Sie schlang ihr Duschtuch um ihren Körper und wählte eine Jeans und einen leichten Pullover aus, dann band sie ihre langen dunkelblonden Haare zu einem nachlässigen Pferdeschwanz. Meist hatte sie in einem so unauffälligen Outfit vor Paparazzi und Fans ihre Ruhe, da man sie so selten erkannte. Mit der Pianistin Alicia Maiwald verband man eher elegante Abendkleider und ein aufwändiges Make-up.

Als sie das Haus verließ, lauerte jedenfalls kein aufdringlicher Reporter vor ihrer Tür, stattdessen stand ein Taxi in ihrer Einfahrt bereit. Matthew hatte ganze Arbeit geleistet, denn er streute gerne Falschinformationen in der Presse, wenn er wusste, dass Alicia ein wenig für sich sein wollte. Und wer vermutete schon, dass sie ein paar Tage früher hier war, wenn sie eben noch in den USA gespielt hatte und erst nächste Woche ihr Konzert hier gab?

Auf dem Weg zum Restaurant prüfte sie rasch ihre E-Mails, überflog die Anfrage, die Matthew ihr weitergeleitet hatte, und schaltete dann ihr Smartphone auf stumm. Heute wollte sie nicht mehr gestört werden.

»Alicia, da bist du ja!« Sebastian winkte ihr zu, als sie wenig später das Restaurant betrat und sich suchend nach ihm umsah.

»Sebastian, wie schön, dich zu sehen!«

Mit großen Schritten ging er ihr entgegen, um sie in die Arme zu schließen. »Du siehst müde aus«, sagte er besorgt, als er sie ein wenig von sich wegschob, um sie zu mustern.

Alicia musste lachen. »Charmant wie immer. Aber so kenne ich dich. Du bist einer der wenigen, der immer ehrlich zu mir ist.«

»Warum sollte ich dich belügen? Bloß weil du berühmt bist?«

»Natürlich nicht. Du weißt, dass mir deine Meinung schon immer sehr wichtig war.« Sie gingen an den Tisch und setzten sich.

»Aber im Ernst, Alicia, geht es dir gut?«, fragte Sebastian, nachdem sie bestellt hatten.

Die Pianistin nickte. »Ich bin bloß ein bisschen müde von der großen Tournee«, gestand sie. »Letzte Woche in Taipeh, gestern in den USA, nächsten Samstag in der Rheinhalle ...«

»Und heute Abend hier mit mir bei unserem Lieblingsitaliener«, scherzte Sebastian. »Ich war wirklich überrascht, dass ich mittlerweile schon deinen Manager fragen muss, wenn ich mit dir zu Abend essen möchte.«

»Ach, jetzt sei nicht so. Matthew kennt meine Termine einfach besser als ich«, wehrte Alicia mit einer Handbewegung ab. »Bei so vielen Dingen, die momentan anstehen, verliere ich manchmal einfach den Überblick.«

»Es ist schon beeindruckend, welchen Karrieresprung du in den letzten Jahren gemacht hast«, sagte Sebastian.

»Es gehört auch viel Glück dazu«, erwiderte Alicia. »Was ist mit dir? Was macht deine Musiktherapie?«

»Oh, die wird sehr gut angenommen. Momentan unterstütze ich eine Förderschule mit geistig behinderten Kindern bei ihrem Musikunterricht. Wir machen viele Klangexperimente, und die Kids leben dabei richtig auf. Reich wird man nicht dabei, und der Vertrag ist leider nur befristet.« Er zuckte mit den Schultern. »Aber wenn ich sehe, welche Entwicklungsschritte die Kinder allein im letzten Vierteljahr gemacht haben, ist es mir das wert.«

Alicia wusste, dass Sebastian sich eher von Vertrag zu Vertrag hangelte und nur mit Mühe mit seinen Einnahmen über die Runden kam. Doch sie konnte das Leuchten in seinen Augen sehen.

»Ein bisschen beneide ich dich ja schon«, gab sie zu. »Du hast genau das gefunden, was dich glücklich macht.«

»Du etwa nicht?«, wunderte sich Sebastian. »Deine Fans liegen dir zu Füßen, und finanziell hast du ausgesorgt.«

»Ja, das mag sein, aber ich finde es schade, ständig nur auf das Image als Pianistin mit gebrochenem Herzen reduziert zu werden. Ich würde auch gerne mal etwas anderes machen, neue Lieder komponieren und einfach mal etwas ausprobieren.«

»Und was hindert dich daran?«

Alicia seufzte. »Meine Plattenfirma ist der Meinung, das verkauft sich nicht. Sie wollen lieber mit dem aktuellen Image arbeiten.«

»Das ist sehr schade.« Sebastian sah sie mitfühlend an. »Ich finde, du solltest dich trauen. Es ist doch wichtig, sich weiterzuentwickeln.«

»Da gebe ich dir recht, doch vielleicht ist die Zeit dafür einfach noch nicht gekommen.«

»Trauerst du denn Colin immer noch hinterher?« Sebastian wusste nur zu gut, wie tief Alicias Gefühle für ihren Ex-Verlobten gewesen waren und wie sehr es sie verletzt hatte, als sie ihn mit ihrer damaligen Managerin ganz am Anfang ihrer Karriere in flagranti erwischt hatte.

Die Gerüchte hatten hohe Wellen geschlagen, und Alicias Lieder, die sie damals komponiert hatte, um den Schmerz zu verarbeiten, hatten die Herzen der Zuhörer im Sturm erobert. So hatte Colins Seitensprung wenigstens etwas Gutes für sie gehabt: Alicia war innerhalb weniger Monate zu einem neuen Stern am Musikhimmel aufgestiegen.

Die Pianistin schüttelte den Kopf. »Im Gegenteil, das mit Colin ist schon lange vorbei«, erklärte sie entschieden. »Ich würde mir wünschen, dass endlich etwas Neues beginnt.«