Die Pforte der Einweihung & Die Prüfung der Seele: Zwei Mysteriendramen von Rudolf Steiner - Rudolf Steiner - E-Book

Die Pforte der Einweihung & Die Prüfung der Seele: Zwei Mysteriendramen von Rudolf Steiner E-Book

Rudolf Steiner

0,0

Beschreibung

Dieses eBook wurde mit einem funktionalen Layout erstellt und sorgfältig formatiert. Die Ausgabe ist mit interaktiven Inhalt und Begleitinformationen versehen, einfach zu navigieren und gut gegliedert. Rudolf Joseph Lorenz Steiner (1861-1925) war ein österreichischer Esoteriker und Philosoph. Er begründete die Anthroposophie, eine esoterische Weltanschauung, die an die Theosophie, das Rosenkreuzertum, die Gnosis sowie die idealistische Philosophie anschließt und zu den neumystischen Einheitskonzeptionen der Zeit um 1900 gezählt wird.Auf Grundlage dieser Lehre gab Steiner einflussreiche Anregungen für verschiedene Lebensbereiche, etwa Pädagogik (Waldorfpädagogik), Kunst (Eurythmie, anthroposophische Architektur), Medizin (anthroposophische Medizin), Religion (die Christengemeinschaft) oder Landwirtschaft (biologisch-dynamische Landwirtschaft).

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 215

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Rudolf Steiner

Die Pforte der Einweihung & Die Prüfung der Seele: Zwei Mysteriendramen von Rudolf Steiner

Ein Rosenkreuzermysterium + Szenisches Lebensbild als Nachspiel zur "Pforte der Einweihung" durch Rudolf Steiner

Books

- Innovative digitale Lösungen & Optimale Formatierung -
2017 OK Publishing
ISBN 978-80-272-1191-3

Inhaltsverzeichnis

Die Pforte der Einweihung
Die Prüfung der Seele

Die Pforte der Einweihung

Inhaltsverzeichnis

Ein Rosenkreuzermysterium durch Rudolf Steiner

Inhalt

Personen
Vorspiel
Erstes Bild
Zweites Bild
Drittes Bild
Viertes Bild
Fünftes Bild
Sechstes Bild
Siebentes Bild
Zwischenspiel
Achtes Bild
Neuntes Bild
Zehntes Bild
Elftes Bild

Personen

Inhaltsverzeichnis

– des Vorspiels und des Zwischenspiels:

Sophia Estella Zwei Kinder

– des Mysteriums:

Johannes Thomasius Maria Benedictus Theodosius, dessen Urbild im Verlaufe als Geist der Liebe sich offenbart Romanus, dessen Urbild im Verlaufe als Geist der Tatkraft sich offenbart Retardus, nur als Geist wirksam German, dessen Urbild im Verlaufe als Geist des Erdgehirns sich offenbart Helena, deren Urbild im Verlaufe als Lucifer sich offenbart Maria Philia, Astrid, Luna, deren Urbilder im Verlaufe als Geister von Marias Seelenkräften sich offenbaren Professor Capesius Doktor Strader, der sich als ein Träger des Naturgeistes offenbart Felix Balde, Frau Balde Die andre Maria, deren Urbild im Verlaufe sich als Seele der Liebe offenbart Theodora, Seherin Ahriman, nur als Seele wirksam gedacht

Vorspiel

Inhaltsverzeichnis

Zimmer der Frau Sophia, in gelbrötlichem Farbenton gehalten. (Sophia mit ihren beiden Kindern, einem Knaben und einem Mädchen, dann Estella.)

Singen der Kinder: (Sophia begleitet auf dem Klavier) Der Sonne Licht durchflutet des Raumes Weiten, der Vögel Singen durchhallet der Luft Gefilde, der Pflanzen Segen entkeimet dem Erdenwesen, und Menschenseelen erheben in Dankgefühlen sich zu den Geistern der Welt.

Sophia: Und nun, Kinder, geht in eure Stube und überdenkt die Worte, die wir eben geübt haben (Sophia geleitet die Kinder hinaus, Estella tritt ein.)

Estella: Sei mir gegrüsst, meine liebe Sophie. Ich störe dich doch nicht.

Sophia: Nein, meine gute Estella. Sei mir herzlich willkommen. (Fordert Estella zum Sitzen auf und setzt sich selbst.)

Estella: Hast du gute Nachrichten von deinem Manne?

Sophia: Recht gute. Er schreibt mir, dass der Kongress der Psychologen ihn interessiere, trotzdem die Art, wie da manche grosse Frage behandelt wird, wenig ansprechend sei. Ihn als Seelenforscher interessiert aber gerade, wie die Menschen sich durch eine bestimmte Weise geistiger Kurzsichtigkeit die freie Aussicht auf die eigentlichen Geheimnisse unmöglich machen.

Estella: Nicht wahr, er hat doch vor, selbst über ein wichtiges Thema zu sprechen?

Sophia: Ja, über ein Thema, das ihm und auch mir sehr wichtig scheint. Eine Wirkung verspricht er sich allerdings nicht von seinen Ausführungen, in Anbetracht der wissenschaftlichen Vorstellungsarten der Kongressteilnehmer.

Estella: Es führt mich ein Wunsch zu dir, meine liebe Sophie. Könnten wir diesen Abend nicht gemeinsam verbringen? Es ist heute die Aufführung der »Enterbten des Leibes und der Seele«, und du könntest mir keine grössere Freude machen, als wenn du mit mir zusammen die Vorstellung besuchen wolltest.

Sophia: Es ist dir entfallen, liebe Estella, dass heute abend gerade für unsere Gesellschaft selbst die Aufführung ist, auf die wir uns seit langer Zeit vorbereitet haben.

Estella: Ach ja, das hatte ich vergessen. So gern hätte ich diesen Abend mit der alten Freundin verlebt. Ich freute mich von ganzem Herzen, an deiner Seite in die tiefen Untergründe unseres gegenwärtigen Lebens zu schauen. – Doch deine mir so fremde Ideenwelt wird auch noch den letzten Rest des schönen Bandes zerstören, das unsere Herzen verknüpft, seit wir zusammen auf der Schulbank gesessen.

Sophia: Das sagtest du mir schon oft; doch hast du mir immer wieder zugeben müssen, dass unsere Meinungen keine Scheidewand aufzurichten brauchten zwischen den Gefühlen, welche seit der gemeinsam verlebten Jugend in jeder von uns für die andere leben.

Estella: Es ist wahr, das habe ich oft gesagt. Doch erweckt es mir immer wieder Bitternis, wenn ich sehen muss, wie mit jedem Jahre fremder dein Empfinden wird allem, was mir im Leben wertvoll scheint.

Sophia: Wir könnten einander eben dadurch viel sein, dass wir uns gegenseitig gelten liessen in dem, wozu unsere verschiedenen Anlagen uns geführt.

Estella: Ach, oft lasse ich mir von meinem Verstande sagen, dass du darinnen recht hast. Und doch ist etwas in mir, was sich auflehnt gegen die Art, wie du das Leben betrachtest.

Sophia: Gib dir doch ernstlich einmal zu, dass du damit eigentlich von mir die Verleugnung meines innersten Wesenskernes verlangst.

Estella: Ja, ich wollte das auch alles gelten lassen, wenn nur eines nicht wäre. Ich kann mir ganz gut denken, dass Menschen verschiedener Vorstellungsarten sich in völliger Sympathie der Gefühle begegnen. Deine Ideenrichtung legt dir aber förmlich die innere Verpflichtung zu einer gewissen Überhebung auf. Andere Menschen können ganz gut so zueinander stehen, dass sie von ihren Ansichten denken, diese seien durch veaschiedene mögliche Standpunkte bedingt und stehen als gleichberechtigt nebeneinander. Deine Anschauung aber gibt sich allen anderen gegenüber als die tiefere. Sie sieht in den andern nur Ausflüsse eines untergeordneten menschlichen Entwicklungsgrades.

Sophia: Aus dem, was wir so oft besprochen, könntest du aber wissen, dass meine Gesinnungsgenossen den Wert des Menschen im letzten Grunde doch nicht nach seiner Meinung und seinem Wissen bemessen. Und wenn wir auch unsere Ideen als diejenigen betrachten, ohne deren lebendige Erfassung alles andere Leben ohne rechten Grund ist, so bemühen wir uns doch so ernstlich als möglich, den Menschen deshalb nicht zu überschätzen, weil er sich zum Werkzeug gerade unseres Lebensinhaltes machen darf.

Estella: Das scheint alles schön gesprochen. Es will mir aber einen Argwohn nicht nehmen. Denn ich kann mich davor nicht verschliessen, dass eine Weltansicht, welche sich eine unbedingte Tiefe zuschreibt, nur auf dem Umweg einer vorgetäuschten Tiefe zu einer gewissen Oberflächlichkeit führen muss. Du bist mir eine viel zu liebe Freundin, als dass ich dir kommen möchte mit dem Hinweis auf diejenigen deiner Gesinnungsgenossen, die auf eure Ideen schwören und den geistigen Hochmut in schlimmster Art zur Schau tragen, trotzdem die Leerheit und Banalität ihrer Seele aus jedem ihrer Worte und aus ihrem ganzen Verhalten spricht. Und auch darauf will ich dich nicht weisen, wie stumpf und gefühllos gegen ihre Mitmenschen gerade manche eurer Anhänger sich zeigen. Deine grosse Seele hat sich ja doch niemals dem entziehen können, was das tägliche Leben nun einmal von jedem Menschen verlangt, der im echten Sinne als ein guter bezeichnet werden muss. Doch gerade, dass du mich heute allein lässt, da, wo echtes, künstlerisches Leben spricht, das zeigt mir auch an dir, dass eure Ideen doch gegenüber diesem Leben – verzeihe das Wort – eine gewisse Oberflächlichkeit erzeugen.

Sophia: Und wo liegt diese Oberflächlichkeit?

Estella: Du solltest doch wissen, da du mich so lange kennst, wie ich mich losgerungen von einer Lebensart, die von Tag zu Tag nur jagt nach dem, was Herkommen und banale Meinungen vorschreiben. Ich habe gesucht, kennenzulernen, warum so viele Menschen anscheinend unverdient leiden müssen. Ich bestrebte mich, den Niederungen und den Höhen des Lebens nahezutreten. Ich habe auch die Wissenschaften, soweit sie mir zugänglich sind, befragt, um allerlei Aufschlüsse zu erlangen. – Nun, halten wir uns an Einen Punkt, der gerade durch diesen Augenblick geboten ist. Es ist mir bewusst geworden, was echte Kunst ist. Ich glaube zu verstehen, wie sie das Wesen des Lebens erfasst und die wahre, die höhere Wirklichkeit vor unsere Seele hinstellt. Ich meine den Pulsschlag der Zeit zu Spüren,wenn ich solche Kunst auf mich wirken lasse. Und mir graut, wenn ich nun denken soll: Du, meine liebe Sophie, ziehst diesem Interesse an lebensvoller Kunst etwas vor, was mir doch nichts anderes zu sein scheint als die abgetane lehrhaft-allegorische Art, welche puppenhafte Schemen statt lebendiger Menschen betrachtet und sinnbildliche Vorgänge bewundert, die fernstehen allem, was im Leben täglich an unser Mitleid, an unsere tätige Anteilnahme sich wendet.

Sophia: Meine liebe Estella, du willst eben nicht begreifen, dass da erst das reichste Leben sein kann, wo du nur ausgeklügelte Gedanken siehst. Und dass es Menschen geben darf, welche deine lebensvolle Wirklichkeit dann arm nennen müssen, wenn sie nicht gemessen wird an dem, woraus sie eigentlich hervorsprudelt. Es mag dir manches herb klingen an meinen Worten. Allein unsere Freundschaft fordert ungeschminkte Aufrichtigkeit. Du kennst, wie so viele, von dem, was Geist genannt wird, nur das, was Träger des Wissens ist; du hast nur ein Bewusstsein von der Gedankenseite des Geistes. Auf den lebendigen, den schöpferischen Geist, der Menschen gestaltet mit elementarer Macht, wie Keimeskräfte in der Natur Wesen gestalten, willst du dich nicht einlassen. Du nennst wie so viele zum Beispiel in der Kunst das naiv und ursprünglich, was den Geist in meiner Auffassung verleugnet. Unsere Art der Weltauffassung vereinigt aber volle bewusste Freiheit mit der Kraft des naiven Werdens. Wir nehmen bewusst in uns auf, was naiv ist, und berauben es dadurch nicht der Frische, Fülle und Ursprünglichkeit. Du glaubst, man könne sich nur Gedanken über einen menschlichen Charakter machen: dieser aber müsse sich gleichsam von selbst formen. Du willst nicht einsehen, wie der Gedanke in den schaffenden Geist taucht, an des Daseins Urquell rührt und sich entpuppt als der schöpferische Keim selbst. – So wenig die Samenkräfte die Pflanze erst Lehren, wie sie wachsen soll, sondern sich als lebendig Wesen in ihr erweisen, so lehren unsere Ideen nicht: sie ergiessen sich, Leben entzündend, Leben spendend in unser Wesen. Ich verdanke den Ideen, die mir zugänglich geworden sind, alles, was mir das Leben sinnvoll erscheinen lässt. Ich verdanke ihnen den Mut nicht nur, sondern auch die Einsicht und die Kraft, die mich hoffen lassen, aus meinen Kindern Menschen zu machen, die nicht nur im hergebrachten Sinne arbeitstüchtig und für ein äusseres Leben brauchbar sind, sondern die innere Ruhe und Befriedigung in der Seele tragen werden. Und, um nicht in alles mögliche zu verfallen, will ich dir nur noch sagen: Ich glaube zu wissen, dass die Träume, welche du mit so vielen teilst, sich nur dann verwirklichen können, wenn es den Menschen gelingt, das, was sie Wirklichkeit und Leben nennen, anzuknüpfen an die tieferen Erfahrungen, die du Phantastereien und Schwärmereien so oft genannt hast. Es mag dir sonderbar erscheinen, wenn ich dir gestehe, dass ich so manches, was dir echte Kunst dünkt, nur als unfruchtbare Lebenskritik empfinde. Denn es wird kein Hunger gestillt, keine Träne getrocknet, kein Quell der Verkommenheit geschaut, wenn man bloss die Aussenseite des Hungers, der tränenvollen Gesichter, der verkommenen Menschen auf den Brettern zeigt. Wie das gewöhnlich gezeigt wird, steht den wahren Tiefen des Lebens und den Zusammenhängen der Wesenheiten unsäglich ferne.

Estella: Wenn du so sprichst, bist du mir nicht etwa unverständlich, sondern du zeigst mir nur, dass du eben doch lieber in Phantasien schwelgen willst, als des Lebens Wahrheit schauen. Auf diesen Wegen gehen wir ja doch auseinander. – Ich muss heute abend auf meine Freundin verzichten. (Aufstehend.) Jetzt muss ich dich verlassen; ich denke, wir bleiben doch die alten Freundinnen.

Sophia: Wir müssen es wirklich bleiben.

Erstes Bild

Inhaltsverzeichnis

Zimmer in rosenrotem Grundton, rechts, vom Zuschauer aus gemeint, die Tür zu einem Versammlungssaal; die Personen kommen aus diesem Saal nach und nach heraus; eine jede verweilt noch einige Zeit in diesem Zimmer. Während dieses Verweilens sprechen sich die Personen über mancherlei aus, was in ihnen durch eine Rede angeregt worden ist, die sie in dem Versammlungssaal gehört haben. (Maria und Johannes kommen zuerst, dann treten andere hinzu. Es ist die gehaltene Rede seit einiger Zeit zu Ende, und die folgenden Reden sind Fortsetzungen von Gesprächen, welche die Personen schon im Versammlungssaal geführt haben.)

Maria: So nahe geht es mir, mein Freund, dass ich dich welken seh’ an Geist und Seele. und fruchtlos sehen muss ich auch das schöne Band, das zehen Jahre uns vereint. Auch diese inhaltvolle Stunde, in welcher wir so vieles hören durften, was Licht in dunkle Seelentiefen strahlt, sie hat nur Scharten dir gebracht. Ich konnte nach so manchem Worte, das unser Redner eben sprach, im eignen Herzen mitempfinden, wie tief es dich verwundet. – – – – – – – – – – – – – –

Ich sah in deine Augen einst: sie spiegelten Freude nur an aller Dinge Wesenheit, und deine Seele hielt in schönheitvollen Bildern fest, was Sonnenlicht und Luft, die Körper überflutend und offenbarend Daseinsrätsel, in flücht’gen Augenblicken malen. Noch war gelenk nicht deine Hand, in derber Farbenpracht nicht konnte sie verkörpern, was lebensvoll vor deiner Seele schwebte. In unsrer beider Herzen lebte der schöne Glaube doch, dass sicher dir die Zukunft bringen müsse die Kunst der Hand zur frohen, in des Geschehens Grund so innig-tief ergossnen Seele. Und was vom Daseinswesen offenbart so wunderbar des Geistes Forscherkraft, es werde Seelenwonnen aus deiner Kunst Geschöpfen in Menschenherzen giessen: so dachten wir in jenen Zeiten. der Zukunft Heil im Spiegel höchster Schönheit, entspringend deinem Können: so malte deiner Seele Ziel die meine sich. Und nun ist wie erloschen in deinem Innern alle Kraft, wie tot ist deine Schaffensfreude, gelähmt fast scheint der Arm, der jugendfrisch vor Jahren den Pinsel kräftig führte.

Johannes Thomasius: So leider ist es. Ich fühle wie verschwunden der Seele früh’res Feuer. Und stumpf nur schaut mein Auge den Glanz der Dinge, den Sonnenlicht verbreitet über sie. Fast fühllos bleibt mein Herz, wenn wechselnde Luftstimmung hingleitet über meinen Umkreis. Es regt sich nicht die Hand, zu zwingen in die bleibende Gegenwart, was flüchtig Elementgewalten aus Daseinsgründen zaubern vor die Sinne. Es quillt mir lustvoll nicht mehr der Schaffenstrieb. Und Dumpfheit breitet über all mein Leben sich.

Maria: Beklagen muss ich tief, dass solches dir erwächst aus allem, was mir das Höchste, was Strom des heiligen Lebens mir ist. O Freund, in jenem Wechselspiel, das Menschen Dasein nennen, verbirgt ein ewig geistig Leben sich. Und jede Seele webt in diesem Leben. Ich fühle mich in Geisteskräften, die wirken wie in Meerestiefen, Und seh’ der Menschen Leben wie Wellenkräuseln an des Wassers Oberfläche. Ich fühle eins mit allem Lebenssinne mich, nach dem die Menschen rastlos streben, und welcher mir nur scheint des eignen Wesens Offenbarung. Ich sah, wie oft er sich verband mit eines Menschen Seelenkern, zum Höchsten ihn erhebend, was nur das Herz erflehen kann. Doch wie er lebt in mir, erweist als böse Frucht er sich, berührt mein Wesen sich mit andrer Menschen Wesen. Es zeigt sich dies mein Schicksal auch in allem, was dir ich geben wollte, der liebend sich mir nahte. An meiner Seite wolltest du die Wege wacker gehen, die dich zu edlem Schaffen führen sollten. Und was ist nun geworden! Was stets als reinstes Leben sich mir offenbart, in seines eignen Wesens Wahrheit, es war der Tod für deinen Geist.

Johannes: Es ist so. Was deine Seele trägt in lichte Himmelshöhen, will stürzen mich, erleb ich es mit dir, in finstre Todesgründe. Als du in unsrer Freundschaft Morgenröte mich führtest zu der Offenbarung, die Licht verbreitet in den Finsternissen, die ohne wissend Leben jede Nacht betritt die Menschenseele; in welche wandert des Menschen irrend Wesen, wenn Todes Nacht zu spotten scheint des Lebens wahrem Sinn; und als du wiesest mir die Wahrheit von der Wiederkehr des Lebens, – da konnte ich mir denken, dass ich erwachsen werde zum echten Geistesmenschen. Und sicher schien es mir, dass eines Künstlerauges Schärfe und alles Künstlerschaffens Sicherheit mir erst erblühen werden durch deines Feuers edle Kraft. Ich liess auf mich nun wirken dieses Feuer, da raubt’ es mir der Seelenkräfte Ineinanderfliessen; es presste allen Glauben an die Welt erbarmungslos mir aus dem Herzen. Und nun bin ich so weit gekommen, dass Klarheit mir auch darin fehlt, ob ich bezweifeln soll, ob glauben die Offenbarung aus den Geisteswelten. Und dazu selbst ermangle ich der Kraft, zu lieben, was in dir des Geistes Schönheit kündet.

Maria: Ich muss seit Jahren es erkennen, dass meine Art, das Geistesselbst zu leben, ins Gegenbild sich wandelt, durchdringt es manches andern Menschen Art. Und sehen muss ich auch wie segenspendend sich die Geisteskraft erweist, gelangt auf andern Wegen sie in Menschenseelen.

(Es treten Philia, Astrid und Luna ein.)

Sie wird im Worte ausgesprochen, doch wird das Wort zur Kraft und lenkt in Weltenhöhen der Menschen Denkungsart. Es schafft da frohe Stimmung, wo trüber Sinn erst lebte; imstande ist es, umzuwandeln die Flüchtigkeit des Geistes in würdig ernstes Fühlen; dem Menschenwesen gibt es sich’re Prägung. Und ich, ich bin ergriffen ganz von dieser Geisteskraft, und muss gewahren, dass Schmerzen und Verwüstung sie mit sich trägt, ergiesst aus meinem Herzen sie in andre Herzen sich.

Philia: Es war, als ob ein ganzer Chor (Es treten Professor Capesius und Doktor Strader ein.) aus Meinungen und Gesinnungen zusammentönte in dem Kreise, der eben uns vereinte. Der Harmonien gab es viele, doch auch so manche herbe Dissonanz.

Maria: Wenn vieler Menschen Worte in solcher Art sich vor die Seele stellen, dann ist’s, als ob geheimnisvoll dazwischenstünde des Menschen volles Urbild; es zeigt in vielen Seelen sich gegliedert, wie das Eine Licht im Regenbogen sich in vielen Farbenarten offenbart.

Capesius: So hat man denn in vielen Jahren ernsten Strebens durchwandert mancher Zeiten wechselnd Wesen, zu forschen stets nach allem, was lebte in den Menschengeistern, die künden wollten Daseinsgründe und weisen Lebensziele ihrem Wirken. Man glaubte, in der eignen Seele des Denkens hohe Macht belebt zu haben und manchen Schicksals Rätsel. man konnte meinen, dass man fühle im Innern alles Urteils feste Stützen, wenn neu Erlebtes fragend sich vor die Seele drängt. Doch wankend wird die Stütze mir bei allem, was ich schon früher, und auch in dieser Stunde wieder, mit Staunen habe hören können von dieser hier gepflegten Denkungsart. Und wankend wird sie vollends, wenn ich bedenke, wie gewaltig die Wirkung sich erweist im Leben. So manchen Tag hab’ ich damit verbracht: was ich den Zeitenrätseln abgelauscht, in solchen Worten auszusprechen, die Herzen fassen und erschüttern können. Und froh schon war ich, wenn nur die kleinste Ecke im Seelenwesen meiner Hörerschar ich voll erwärmen konnte. Und manches schien mir auch erreicht. Nicht klagen kann ich über Misserfolg. doch alles Wirken solcher Art, es konnte mich nur führen zur Anerkennung jener Meinung, die so geliebt wird und betont im Reich der Tatenmenschen: dass in des Lebens Wirklichkeit Gedanken nichts als blasse Schatten sind. Sie könnten wohl befruchten die Schaffensmächte unsres Lebens; sie zu gestalten aber ist ihnen nicht gegeben. Und längst hab’ ich mich abgefunden mit dem bescheidnen Wort: wo nur Gedanken-Blässe wirkt, erlahmt das Leben und auch alles, was sich dem Leben zugesellt. Und stärker als die reifsten Worte mit ihrer inhaltvollen Kunst erweist im Leben sich Begabung als Naturgeschenk, erweist das Schicksal sich. Die Bergeslast der Überlieferung und dumpfer Vorurteile Alp, sie werden stets erdrücken der besten Worte Kraft. Was hier jedoch sich zeigt, gibt viel zu denken Menschen meiner Art. Erklärlich schien uns solche Wirkung, wo überhitzter Sektengeist, die Seelen nur betörend, sich über Menschen giesst. Doch hier ist nichts von solchem Geist zu sehn. Man will nur durch Vernunft zur Seele sprechen. und doch: man schafft durch Worte echte Lebenskräfte, und spricht zum tiefsten Herzensgrund. Und selbst des Wollens Reich ergreift das sonderbare Etwas, das jenen, die gleich mir in alten Bahnen wandeln, als blasses Denken nur erscheinen will. Ich bin ganz unvermögend, zu leugnen solche Wirkung; ich kann nur nicht mich selber ihr ergeben. Es spricht dies alles zu mir so ganz eigenartig: nicht so, als ob an mir es wäre, zurückzustossen das Erlebte; es scheint mir fast, als könnte dieses Etwas meine Art in sich nicht dulden.

Strader: Ich muss im vollsten Sinne mich bekennen zu euren letztgesprochnen Worten; und schärfer möchte ich sogar betonen, dass alle Wirkung auf die Seele, die wir erblühen sehen aus Ideen, entscheiden darf in keiner Weise, was an Erkenntniswert sie bergen. Ob Wahrheit oder Irrtum in unsrem Denken lebt, darüber kann allein nur richten des echten Wissens Wahrspruch. Und niemand sollte ernstlich leugnen, dass solcher Prüfung wohl in keiner Art gewachsen sich erweisen kann, was hier nur scheinbar klar sich zeigt und Lösung höchster Lebensrätsel bieten will. Es spricht berückend zu dem Menschengeist und lockt doch nur des Menschen gläubig Herz; man meint zu öffnen Türen in die Reiche, vor denen ratlos und bescheiden die streng bedächt’ge Forschung steht. Und wer in wahrer Treue zu dieser Forschung lebt, ihm ziemt es zu bekennen, dass niemand wissen kann, woraus des Denkens Quellen strömen und wo des Daseins Gründe liegen. Wenn solch Bekenntnis auch recht hart der Seele wird, die allzugern ergründen möchte, was jenseits allen Wissens liegt: der Denkerseele drängt ein jeder Blick, ob er nach aussen sich bemüht, ob man ins Innre ihn gerichtet hält, des Wissens Grenze doch gewaltig auf. Verleugnen wir Vernunft und was Erfahrung uns gewährt, so sinken wir ins Bodenlose. und wer vermöchte nicht zu sehn, wie wenig unsrer Denkungsart im Ernst sich fügen will, was hier als neue Offenbarung gilt. Es braucht fürwahr nicht viel, zu zeigen, wie so ganz ihr fehlt, was allem Denken feste Stützen gibt und Sinn für Sicherheit verleiht. Die Herzen wärmen mag die neue Offenbarung; der Denker sieht in ihr nur Schwärmerträume.

Philia: So sprechen wird wohl stets das Wissen, das erobert ist in Nüchternheit und mit Verstand. Doch andres muss die Seele haben, die an sich selber glauben soll. Sie wird wohl stets auf solche Worte hören, die ihr vom Geiste sprechen. Was dunkel sie schon vorher ahnen konnte, erstrebt sie zu begreifen. Zu reden von dem Unbekannten, es kann den Denker locken; doch niemals Menschenherzen.

Strader: Ich kann empfinden, wieviel in solchem Einwurf liegt. Er trifft die blossen Grübler, die nur des Denkens Faden spinnen und fragen, was aus dem und jenem folgt, das sie erst selber sich als Meinung bilden. Doch kann er mich nicht treffen. Ich habe nicht Gedanken mich ergeben, weil äussrer Anlass mich geführt. Ich wuchs als Kind heran im Kreise frommer Leute und sah Gebräuche, die meinen Sinn berauschten durch Bilder jener Himmereiche, die man der Einfalt so trostesreich zu schildern weiss. In meiner Knabenseele erlebte ich die wahrsten Wonnen, wenn ich im Aufblick schwelgte zu höchsten Geisteswelten; und Beten war Bedürfnis meines Herzens. Im Kloster ward ich dann erzogen, und Mönche waren meine Lehrer; und selber Mönch zu werden, ward meines Innern Sehnsucht und meiner Eltern heisser Wunsch. Ich stand schon vor der Priesterweihe. Es trieb ein Zufall dann mich aus dem Kloster. Doch dankbar muss ich diesem Zufall sein; denn meiner Seele war der stille Friede längst geraubt, als jener Zufall sie errettet. Ich war bekannt geworden mit so vielem, was nicht in eines Mönches Welt gehört. Naturerkenntnis kam mir zu aus Schriften, die mir verboten waren. So lernte ich die neue Forschung kennen; und schwer nur fand ich mich zurecht. ich suchte auf so manchem Wege. Erklügelt wahrlich hab’ ich nicht, was mir als Wahrheit sich gezeigt. In heissen Kämpfen habe ich aus meinem Geist gerissen, was Glück und Frieden mir als Kind gebracht. Ich kann verstehn das Herz, das nach den Höhn sich sehnt. Doch weil als Traum erkannt ich hab, was mir die Geisteslehre brachte, musst’ sichern Boden ich dann finden, wie Wissenschaft und Forschung nur ihn schaffen.

Luna: Ein jeder mag verstehn in seiner Art, wo Sinn und Ziel des Lebens liegen. Mir fehlt ganz sicher jede Fähigkeit, am Wissen unsrer Zeit zu prüfen, was ich als Geisteslehre hier empfange. Ich fühle aber klar in meinem Herzen, dass meine Seele ohne sie ersterben würde, wie meine Glieder ohne Blut es müssten. Sie, lieber Doktor, sprechen viele Worte, um gegen uns zu kämpfen. Und was Sie eben uns gesagt von Ihren Lebenskämpfen, Gewicht verleiht es Ihren Worten bei jenen Menschen auch, die unvermögend sind, zu folgen Ihrer Rede. Ich muss nur stets mich fragen, (Theodora tritt ein.) warum gerader Menschensinn wie selbstverständlich finden muss das Wort vom Geist,