Die Psychologie des Motorrads - Hansjörg Znoj - E-Book

Die Psychologie des Motorrads E-Book

Hansjörg Znoj

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Beschreibung

Wie beeinflusst und gestaltet das Motorrad als 'Gegenstand' die Wahrnehmung, das Handeln, die Motivation des Einzelnen? Erstmals werden in diesem Buch diese Fragen gestellt – und beantwortet: Zum einen aus der Sicht des Fahrers, der eine zeitweilige Verbindung mit der 'Maschine' eingegangen ist, um die natürlichen Grenzen der menschlichen Kapazität zu erweitern. Und aus der Sicht weiterer Beteiligter, die diese Verbindung von Mensch und Maschine ermöglichen, ausweiten, eingrenzen oder verhindern.Die neuronale Verknüpfung von Mensch und Maschine ist die Voraussetzung dafür, dass ein hochkomplexer Werkzeuggebrauch möglich ist. Weitere psychologische Mechanismen helfen zu erklären, weshalb das Motorrad für manche eine persönliche Entwicklung anregen kann. Das Motorrad schafft einen psychologischen Raum, der Motive, Bedürfnisse und Anforderungsstrukturen beinhaltet. Es kanalisiert auf diese Weise die Wahrnehmung, indem es nicht motorradrelevante Information ausfiltert und Handlungen motiviert, die mit dem Gegenstand zu tun haben. Die psychologische Matrix des Motorradfahrers strebt danach, sich im Sinne einer human-technischen Symbiose zu perfektionieren und gehorcht eigenen Gesetzen. Die vielen Kontrollmöglichkeiten des Motorrads lösen eine außerordentliche Faszination aus, schließen jedoch das Risiko einer Fehlentscheidung ein. Ein Motorrad erfordert vom Fahrer eine vertiefte Auseinandersetzung nicht nur mit der Technik, sondern mit seinem eigenen Verhalten, den Motiven, der Reaktionsfähigkeit, der Aufmerksamkeitssteuerung und der Verantwortung sich selbst und anderen gegenüber. Zahlreiche Abbildungen und Cartoons machen das Buch für Laien und Fachpersonen leicht lesbar.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
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Seitenzahl: 291

Veröffentlichungsjahr: 2010

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Hansjörg Znoj

Aus dem Programm Verlag Hans Huber

Die Psychologie des Motorrads

Psychologie Sachbuch

Wissenschaftlicher Beirat:

Prof. Dr. Dieter Frey, München

Prof. Dr. Lutz Jäncke, Zürich

Prof. Dr. Franz Petermann, Bremen

Prof. Dr. Meinrad Perrez, Freiburg i.Ü.

Prof. Dr. Hans Spada, Freiburg i.Br.

Im Verlag Hans Huber ist ebenfalls erschienen – eine Auswahl:

Julia C. Berryman / Elizabeth M. Ockleford /

Kevin Howells / David J. Hargreaves / Diane J. Wildbur

Psychologie

Einblicke in ein faszinierendes Fachgebiet

ISBN 978-3-456-84681-1

Hans-Werner Bierhoff / Michael Jürgen Herner

Narzissmus – die Wiederkehr

ISBN 978-3-456-84751-1

Andreas Dick

Mut

Über sich hinauswachsen

ISBN 978-3-456-84835-8

Kevin Hogan

Überzeugen

ISBN 978-3-456-84467-1

Bill L. Little

Selbstzerstörung leicht gemacht

Wie Sie sich Probleme schaffen und wieder loswerden

ISBN 978-3-456-84838-9

Suzanne C. Segerstrom

Optimisten denken anders

Wie unsere Gedanken die Wirklichkeit erschaffen

ISBN 978-3-456-84744-3

Maja Storch

Machen Sie doch, was Sie wollen!

Wie ein Strudelwurm den Weg

zu Zufriedenheit und Freiheit zeigt

ISBN 978-3-456-84754-2

Maja Storch

Rauchpause

Wie das Unbewusste dabei hilft, das Rauchen zu vergessen

ISBN 978-3-456-84632-3

Informationen über unsere Neuerscheinungen finden Sie im Internet unter: www.verlag-hanshuber.com

Hansjörg Znoj

Die Psychologie des Motorrads

Zur Wechselwirkung von Mensch und Maschine

Mit einem Geleitwort von Bernt Spiegel

Verlag Hans Huber

Adresse des Autors:

Prof. Dr. Hansjörg Znoj

Universität Bern

Institut für Psychologie

Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie

Gesellschaftsstrasse 49

CH-3000 Bern 9

Tel. +41 (0)31 631 45 91

Fax +41 (0)31 631 82 12

E-Mail: [email protected]

Lektorat: Monika Eginger

eBook-Herstellung und Auslieferung:

Brockhaus Commission, Kornwestheim

www.brocom.de

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen sowie die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Anregungen und Zuschriften bitte an:

Verlag Hans Huber

Hogrefe AG

Länggass-Strasse 76

CH-3000 Bern 9

Tel: 0041 (0)31 300 45 00

Fax: 0041 (0)31 300 45 93

www.verlag-hanshuber.com

1. Auflage 2011

© 2011 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern

EPUB-ISBN: 978-3-456-74895-5

Inhalt

Zum Geleit

1  Einführung

2  Der Gegenstand Motorrad

Grundsätzliche technische Aspekte

Komponenten des Motorrads

Entwicklung verschiedener Typen (Evolution)

Zur Arbeitskraft des Werkzeuges Motorrad

Mythos und Legenden

Selbst- und Fremdbilder

Das Image des Motorradfahrers

Der Einfluss des Werkzeuges auf den Fahrer

Kauf mich! Benutze mich! Werbung für das Motorrad

3  Der Fahrer /die Fahrerin

Wer fährt Motorrad?

Wie fährt Mann oder Frau?

Anforderungen an den Menschen

Das Fahrerlebnis – eine Annäherung

Die Einheit zwischen Anforderung aus Umwelt und Handeln (Wahrnehmen-Handeln)

4  Hersteller und Anbieter

Der Markt – die Marken

Pflege und Weiterbildung

5  Die «Eingrenzer»

Braucht es eine «externe» Kontrolle? Psychologische Aspekte der Entgrenzung

6  Das Umfeld des Motorrads und seines Fahrers

Ökonomische und ökologische Zwänge

Arbeit und Familie: Werte und Normen

Der Motorradfahrer als Normbrecher

Psychologie der Angst

Soziale Kosten

7  Die Lust an der Freude

Implizites Belohnungssystem und das Grundbedürfnis nach Lustoptimierung

Der Werkzeugcharakter des Motorrads als «Lustmaschine»

Der Motorradfahrer: Synonym für den homo habilis

Der Mensch in einer Welt voller Selbstentfremdung und Selbstfindung

8  Die Psychologie des Motorrads

Eine Analyse der Symbiose

Motorrad und Computer – die Maschinenwelt vernetzt sich

Das Motorrad als Symbol einer Maschinenwelt, die den Menschen versklavt

Fehler und Unfälle

Gefühlsleben oder unbewusste Angst: Dem Schreckmoment auf der Spur

9  Ausblick

Literatur

Zum Geleit

«Die Maschinen sind unsere Geschöpfe», so beginnt ein gern zitierter Satz, wenn das Mensch-Maschine-Verhältnis diskutiert wird, und die vielen Bücher über Motorräder und auch die Motorradzeitschriften, mögen sie auch da und dort Kritik üben, bejubeln letzten Endes diese Maschinen zu Recht als unsere Geschöpfe. Aber der Satz geht noch weiter, und der zweite Teil lautet dann überraschend:

«– und wir ihre Kinder.» Doch über diese Kinder in ihrer Abhängigkeit von den Maschinen war in der Motorradliteratur bis jetzt noch nicht sehr viel die Rede. Hansjörg Znoj schafft diesen Sprung vom Produkt, dem Motorrad und seiner Technik, hinüber auf die andere Seite des Tisches, da wo diese Kinder mit ihren ganz speziellen Bedürfnissen sitzen, mit ihren Wünschen und Sehnsüchten, aber auch mit ihren Notwendigkeiten und Grenzen. Er schafft ihn mühelos, weil er sich auf beiden Seiten dieses Tisches auskennt: mit den Käufern und Fahrern, eben den «Kindern», und mit dem Produkt und seiner Technik, die er zwischenrein immer wieder einmal kurz referiert, bevor er sich dann wieder mit uns, den Kindern und ihren Nöten, befasst.

Hansjörg Znoj stößt mit seinem Buch eine Diskussion an, die überfällig war, denn die Produkte sind im Begriff, uns davonzulaufen. Das gilt nicht zuletzt auch für die Leistungsexplosion, die noch immer nicht ihr Ende gefunden hat. Aber was in diesem ganz speziellen Mensch-Maschine-Verhältnis, wie es zwischen Fahrer und Motorrad herrscht, mindestens ebenso dringend der Diskussion bedarf, ist die rapide voranschreitende Verlage-rung der Kontrolle vom Mensch auf die Maschine. Immer mehr Funktionen werden dem Fahrer ganz oder teilweise abgenommen und auf das Motorrad verlagert. Das geschieht entweder, weil es die Maschine aus prinzipiellen Gründen besser kann (wie das ABS, das beim Bremsen unter bestimmten Fahrbahnbedingungen eindeutig überlegen ist); oder weil zu befürchten ist, dass der Fahrer in bestimmten Situationen, obwohl er grundsätzlich dazu in der Lage wäre, mangels Fahrroutine fehlerhaft handelt (wie das im Automobilbereich beispielsweise beim Bremsassistenten zu beobachten ist). Das große Vorbild und zugleich der Wegbereiter ist für die Entwickler das Automobil. Die eingesetzten Systeme dienen entweder der Sicherheit oder dem Komfort im Sinne einer Bedienungserleichterung. Bei allem Gewinn an Sicherheit oder Komfort bedeutet aber ihr Einsatz in jedem Fall einen Kontrollentzug für den Fahrer, und daraus ergibt sich ein ganzes Bündel von Fragen, die eng miteinander zusammenhängen. Welche Systeme können vom Automobil übernommen werden? Hat nicht der Motorradfahrer ein ganz anderes Verhältnis zu seinem Fahrzeug? Wie wird der Motorradfahrer auf den zunehmenden Kontrollverlust reagieren? Was kann man dem Motorradfahrer an Eigenverantwortung zutrauen?

Der Antwort auf diese Fragen wird man nur näher kommen, wenn man das Verhältnis des Motorradfahrers zu seinem Fahrzeug genauer und auch tiefergreifend auslotet, als dies bisher geschehen ist. Dazu leistet das Buch von Hansjörg Znoj einen anspruchsvollen Beitrag.

Bernt Spiegel

PS: Als persönlichen Nachtrag noch eine nachdenkliche Bemerkung zum Thema Leistungsexplosion. Bei meinem eigenen Motorrad begeistert mich die unbeschreibliche Mühelosigkeit der Leistungsentfaltung in allen Drehzahlbereichen dank eines sehr günstigen Leistungsgewichts, weniger die fulminante Beschleunigung als solche, und schon gar nicht die von mir kaum jemals erreichbare und auch nicht angestrebte Höchstgeschwindigkeit nahe 300. Der erste Gang reicht bis 145, der zweite bis 186km/h. Dazu lese ich im Fahrerhandbuch: «Dieses Motorrad ist für den Straßenbetrieb konstruiert.»

Prof. Dr. Bernt SPIEGEL ist der Verfasser des Klassikers Die obere Hälfte des Motorrads. Über die Einheit von Fahrer und Maschine, Motorbuch Verlag Stuttgart, 6. Auflage 2009 (US-Ausgabe The Upper Half of the Motocycle. On the Unity of Rider and Machine, Whitehorse Press, Center Conway, New Hampshire, 2010).

1     Einführung

In einer Zeit der zunehmenden Einsicht, dass die Industrialisierung und damit auch die Motorisierung der Zivilisation ein lebensgefährdendes Ausmaß angenommen hat, mag es anachronistisch erscheinen, sich mit dem Motorrad und dessen Fahrer auseinanderzusetzen. Aber die Verbindung Mensch und Technik fasziniert besonders dann, wenn die Technik scheinbar zweckentfremdet nur oder fast nur dem ausschließlichen Vergnügen dient. Was ist das Faszinierende daran und weshalb zieht ein Motorrad immer wieder Menschen in den Bann, so dass sie ihm verfallen, das Motorrad im Leben dieser Menschen eine Wichtigkeit bekommt, die so ausschließlich sein kann, dass darob Beziehungen zerbrechen oder Berufskarrieren einbrechen können? Es scheint sie zu geben, die «Motorradsucht», doch davon soll das Buch nicht handeln; vielmehr geht es darum, zu sehen, wie das Motorrad als «Gegenstand» die Wahrnehmung, das Handeln, die Motivation des Menschen beeinflusst und gestaltet.

Dies soll aus verschiedenen Perspektiven geschehen. Zuallererst aus der Sicht des Fahrers, also der Person, die mit dem Motorrad eine zeitweilige Verbindung eingegangen ist, deren Zweck es ist, die natürlichen Grenzen der menschlichen Kapazität zu erweitern und damit dem Fahrer einen Zustand der «Transzendenz» zu vermitteln. Woraus diese Erweiterung der Möglichkeiten und die daraus entstehende «Bewusstseinserweiterung» besteht, wird Gegenstand dieser Auseinandersetzung sein. Dann aus der Sicht weiterer Beteiligter, die nicht unmittelbar Gegenstand dieser Verbindung Mensch-Motorrad sind, diese aber ermöglichen, ausweiten, eingrenzen oder verhindern. Ich spreche hier einerseits von Manufakturen oder industriellen Herstellern, die den Gegenstand Motorrad entwickeln, konstruieren, verbessern, ihn den Anforderungen des Fahrers, aber auch den jeweiligen gesetzlichen Vorlagen anpassen. Das wird geschehen, indem kurz auf gewisse technische Voraussetzungen eingegangen wird, so dass auch die Leser, die sich bis jetzt nicht mit diesem Gegenstand auseinandergesetzt haben, das notwendige (nicht unbedingt das hinreichende) Verständnis für das Motorrad erarbeiten können.

Die Evolution findet auch in der technischen Entwicklung statt: In der Anfangsphase einer solchen Entwicklung gibt es einerseits krasse Fehlentwicklungen, die nach kurzer Zeit aufgegeben werden, und andererseits werden Konzepte, die sich bewährt haben, fortlaufend verfeinert und dem jeweiligen Ökosystem angepasst. Das Ökosystem bildet wiederum einerseits die Gemeinschaft der verschiedenen Fahrertypen, andererseits die weitere Gesellschaft mit grundsätzlichen Anliegen wie möglichst weitgehende Ruhe in Erholungsgebieten und der ebenso grundsätzlichen Forderung nach einem sparsamen Umgang mit Ressourcen, was auch den Verlust von menschlichen Ressourcen einschließt. Den Herstellern von Motorrädern stellt sich also eine komplexe Aufgabe, die sie dank Konkurrenz und ökologischem Druck insgesamt aber so gut meistern, dass der durchschnittliche Lebenszyklus von Motorrädern nur wenige Jahre beträgt und der technische Fortschritt rasant weitergeht, so dass besonders technisch orientierte Motorradfahrer sich schon auf einem zweijährigen Motorrad hoffnungslos im Rückstand sehen und sich fortwährend gezwungen sehen, technisch «aufzurüsten».

Neben den Herstellern gibt es weitere Gruppierungen von Menschen, die sich eng an den Bedürfnissen der Motorradfahrer orientieren. Heute gibt es ganze Industrien, die sich mit Fahrerausrüstungen und Fahrerausbildungen ihr Geld verdienen. Für fast jedes Bedürfnis existieren Gegenstände und Angebote, die der Verbindung Mensch-Motorrad gewidmet sind und außerhalb dieser Verbindung wenig Sinn machen, obwohl manchmal die «Mode» Gegenstände davon zweckentfremdend einsetzt, um bestimmte Assoziationen oder Werte besser transportieren zu können. Die eng geschnittene Lederjacke wäre ein Beispiel für einen solchen erweiterten Einsatz. In gewisser Weise ist auch die Existenz von Menschen von der Verbindung Mensch-Motorrad betroffen, die damit gar nichts zu tun haben wollen, die aber den gesellschaftlichen Auftrag haben, das Tun dieser Verbindung einzugrenzen; die Rede ist hier vom Gesetzgeber und der Exekutive, welche diese Gesetze auf der Straße und im Amt durchzusetzen haben. Es gibt ein eingrenzendes Moment, das auf die Verbindung Fahrer-Motorrad in Form von Straßenverkehrsgesetzen einwirkt und entsprechende technische Auflagen bereitstellt, die wiederum von den Herstellern aufgenommen werden. Die Auswirkungen von Geschwindigkeitskontrollen und anderen Maßnahmen werden aus der Perspektive des Fahrers als behindernd wahrgenommen. Weshalb das so ist, ist nur nachvollziehbar, wenn die Psychologie der Verbindung Mensch-Motorrad in ihrer Gesamtheit betrachtet wird.

Und schließlich gibt es weitere Betroffene, die mehr oder weniger freiwillig Kosten und Nutzen der Verbindung Mensch-Motorrad mittragen; ich spreche von Angehörigen, die als Mitfahrende oder Mitbegeisterte die Faszination teilen und ich spreche von Angehörigen, welche dieser Verbindung Skepsis, wenn nicht sogar Angst entgegenbringen. Angst, die sich nährt aus dem Wissen möglicher Folgen dieses Tuns, dass nämlich diese Verbindung Mensch-Motorrad auch mit Risiken verbunden ist, nicht nur ökologischer Art, sondern auch mit dem Risiko von Unfällen, von Verletzungen oder gar Tod. Die Hybris der Bewussteins- und Kapazitätserweiterung hat einen hohen Preis, manche bezahlen diesen Preis mit ihrem Leben, die meisten jedoch mit dem Preis fortwährender Anstrengung zur Weiterentwicklung ihrer eigenen Fähigkeiten und dem ökonomischen Aufwand, den sie bereit sind, für diese Verbindung zu zahlen.

Während dieses Buch entsteht, sitze ich «amputiert» ohne Motorrad in einer äußerst abgelegenen Berghütte, weit abgelegen von der restlichen Zivilisation, und versuche zu reflektieren, weshalb mir und all den anderen «Gaskranken», die ich kenne, diese Verbindung so wichtig ist und weshalb wir trotz der Kosten, die diese Verbindung zweifellos hat, daran festhalten.

Diese zeitweise Amputation war notwendig, hatte ich mir doch schon vor einem Jahr vorgenommen, etwas zur Psychologie des Motorrads zu schreiben, war aber vor lauter Motorradfahren und den Vorbereitungen dazu – neben meinen sonstigen Tätigkeiten – einfach nicht dazu gekommen. Dies zeigt, wie stark das Motorrad meine Gedanken und Gefühle beeinflusst, wie stark es mich in den Bann zieht und wie sehr ich meine sogenannte Freizeit dazu benütze, mir die symbiotische Verbindung mit dem Motorrad immer wieder zuzuführen, mich immer wieder daran zu messen, wie gut ich mit dem Motorrad eins werden kann in der Auseinandersetzung mit Straße, Gelände und den anderen Verkehrsteilnehmern, die ich – zugegeben – nicht anders wahrnehme als weitere Charakteristika der spezifischen Motorradwelt, als Teil der Anforderungen, die sich mir im Moment des Fahrens stellen, die ich als Aufforderung sehe, mich im Umgang damit zu messen und als symbiotische Einheit mit dem Motorrad und dessen wundersamen Funktionen gemeinsam zu meistern.

Sehe ich das Motorrad zu emotional? Nein, ich glaube, es ist höchste Zeit, sich mit diesem «Gegenstand» psychologisch auseinanderzusetzen. Zu viele tun dies aus einer rein technischen Motivation heraus. Viele rufen nach Beschränkungen, um das Motorradfahren weniger attraktiv zu machen, sie meinen aber den Esel, wenn sie auf den Sack schlagen. Weshalb ist das Motorradfahren attraktiv? Nicht nur wegen seiner technischen Aspekte, sondern weil uns das Motorrad die Möglichkeit gibt, über unsere natürlichen Begrenzungen hinaus zu handeln. Es ist damit ähnlich wie ein Flugzeug (wenn es nicht zum reinen Personentransporter verkommt) oder ein Musikinstrument, das uns in unseren Möglichkeiten, etwas auszudrücken, unterstützt und erweitert. Das Motorrad ist aber günstiger als ein Flugzeug, es ist flexibler einsetzbar als ein Paar Skis, und es ist ergonomisch soweit entwickelt, dass die Bedienung – obwohl anspruchsvoll – jedem gelingt, der seine Gliedmaßen unter Kontrolle hat und ein gesundes Maß an Koordinationsfähigkeiten aufweist. Es braucht (vermeintlich) auch nicht soviel Training wie z.B. Gleitschirmfliegen, Tauchen oder Felsklettern. Das Motorrad erfüllt dazu einige Bedürfnisse an Selbst- und Fremddarstellung wie wenig andere Fortbewegungsmittel und ist als Leidenschaft ausbaufähiger, als viele annehmen würden.