Die Rosen von Istanbul - Charlotte Armao - E-Book

Die Rosen von Istanbul E-Book

Charlotte Armao

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Beschreibung

Als Shelley mit ihrem Mann Benjamin und dessen Zwillingsbruder Timur wegen einer Familienangelegenheit nach Istanbul fliegt, hat sie kein gutes Gefühl und befragt ihre Tarot-Karten. Werden sich Benjamin und Timur mit dem gefürchteten und gehassten Vater versöhnen können, wie es geplant ist? Shelley ahnt, dass die Geschwister ihr bei der ganzen Geschichte etwas Wesentliches verschweigen, und auch die Karten können sie nicht beruhigen. Ganz im Gegenteil ...

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Seitenzahl: 62

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Charlotte Armao wurde am 22.10.1969 in Graz, Österreich geboren. Nach dem Besuch einer Kunstgewerbeschule, studierte sie Slawistik und war einige Jahre lang Deutschlektorin in der Ukraine.

Mehrere Reisen führten sie nach Lateinamerika, Osteuropa und in die USA. Mit ihrem Mann verbringt sie viel Zeit in der Türkei. Charlotte Armao arbeitet als Sprachlehrerin, Kreativtrainerin, Malerin und Autorin in Wien.

Danksagung

Ein inniges Dankeschön an meinen Mann Guilliano für all die inspirierenden Insidertipps über die Türkei und Istanbul, die man einfach nur dann weiß, wenn man von dort stammt. Während er meinen Weg als Autorin und Künstlerin mit viel Geduld begleitet, versorgt er mich dabei immer sehr liebevoll mit tollen türkischen Speisen, aus der Lokanta Armao.

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Prolog

„Bitte tu‘s nicht!“

„Wirst du es auch nicht wieder machen?“

„Nie wieder, Vater, nie wieder.“ Der kleine Junge wimmerte kläglich.

„Schau hinunter, wenn du wieder klaust, werde ich dich loslassen.“

„Ich werde nie mehr klauen.“

„Sicher nicht? Hinunterschauen, habe ich gesagt!“

„Ich habe aber solche Angst.“

Unerbittlich drückte die linke Pranke des Mannes den Kopf des Jungen nach unten, während die rechte ihn an den Hosenträgern und am Hemdkragen hielt.

So pendelte der Kleine zwischen Himmel und Erde über dem Balkongeländer. Die Nähte seiner alten Hosenträger krachten gefährlich. Fünf Stockwerke weiter unten lag der Hinterhof des alten Hauses.

„Was siehst du?“, fragte der Mann.

„Den Betonboden“, wimmerte der Junge.

„Das ist alles?“

„Ja, ja!“

„Du lügst, du hast die Augen zu. Mach sie auf. Was siehst du?“

„Die Katzen auf dem Ziegelhaufen. Die Tauben. Die Müllsäcke.“

„Es geht sehr tief hinunter, nicht wahr?“

„Ja sehr tief“, das Herz des Jungen klopfte wild. Er versuchte sich vorzustellen, er hätte auf einmal

Flügel. Wenn er sich es nur ganz intensiv wünschte, würde er vielleicht fliegen können!

„Mein halbes Leben bin ich über dem Abgrund gehangen. Jeden Abend auf dem Zirkusseil. Ich habe gelernt mich nicht zu fürchten, denn das wäre mein Tod gewesen.“

„Lass mich nicht los, Papa!“, weinte der Junge.

„Hast du Angst vor dem Tod? Diebe verdienen es zu sterben.“

„Ich will aber nicht sterben!“

„Trotzdem hast du mir Geld geklaut, um Süßigkeiten zu kaufen? Du weißt, dass wir arm sind.“

„Es tut mir wirklich so leid!“

In dem Moment erschien eine Frau in der Balkontür.

„Der Maurer war gerade da, er braucht Arbeiter“, ihre Stimme klang flehentlich.

„So, da hat dieser Dieb nochmal Glück gehabt. Das nächste Mal lasse ich den Nichtsnutz fallen “, knurrte der Mann.

Er hievte den unterernährten Kleinen mit seiner Riesenpranke zurück auf den Balkon und stellte ihn vor seiner Mutter wie einen Gegenstand ab. Auf die Tränen und den mit Angst und Hass erfüllten Kinderblick achtete er nicht. „Dass du mir nach der Arbeit ja das ganze Geld heimbringst. Sei dir sicher, dass ich auf jede Schwindelei draufkommen werde!“

Die Frau nahm den Jungen sanft an der Hand.

Während sie mit ihm die fünf Stockwerke des Hauses hinunterstieg, murmelte sie halblaut: „Keine Sorge mein Junge, solange ich da bin, wird er dir nichts tun. Das verspreche ich dir!“ Dann steckte sie ihm noch ein Stück Brot zu. „So jetzt, beeil dich, der Maurer wartet schon unten an der Straßenecke auf dich!“

1.

Shelley sah ihren Schwager Timur wütend an. Er wich ihrem Blick aus und drehte geübt eine Zigarette, die er sich von seinem Bruder Benjamin anzünden ließ. Dann nahm er einen tiefen Zug und blies einen perfekten Rauchkringel in die Luft. Shelley begann zu husten. „Bitte Timur, tu mir den Gefallen und geh‘ endlich auf den Balkon rauchen. Ich habe Husten.“

„Aber du weißt doch, dass ich Höhenangst habe und bei euch im 21. Stock kriege ich sicher eine Panikattacke!

„Shelley stört der Rauch heute besonders, weil sie heute schon einen heftigen Asthmaanfall gehabt hat“, sagte Benjamin besänftigend. „Nein, es stört mich grundsätzlich“, sagte Shelley und hustete wieder demonstrativ. Provokant blies Timur einen weiteren Rauchkringel in ihre Richtung: „Du militante Nichtraucherin, Benjamin hast du ja auch schon missioniert!“

„Ich bin echt froh, dass ich kein Kettenraucher mehr bin. Shelley hat mir endlich geholfen vom Nikotin loszukommen“, sagte Benjamin.

„Mann, du bist ja schon ein richtiger Pantoffelheld geworden.“

Entrüstet pfauchte Shelley Timur an: „Jetzt reicht‘s aber!“

„Leute, lassen wir doch das Streiten“, bat Benjamin.

„Wir wollen doch jetzt noch unsere Reise besprechen.

Wie schaut's bei dir aus Bruder, in einer Woche sind wir in Istanbul.“

„Daraus wird leider nichts, ich hab‘ gerade einen neuen Job“, ließ Timur die Bombe platzen.

„Das sagst so nebenbei? Das ist doch nicht wahr!“, Benjamin starrte seinen Zwillingsbruder fassungslos an. „Es war abgemacht!“

„Sorry, ich weiß es selber erst seit gestern hundertpro.“

„Was soll das wieder für ein Job sein?“

„Baustelle. Nächste Woche fange ich an.“

„Also wie üblich als Schwarzarbeiter. Verschieb das, du kommst auf jeden Fall mit. Ich kann doch das Ticket nicht mehr zurückgeben.“

Shelley wunderte sich ja schon lange darüber, dass Timur nach fünfzehn Jahren noch immer als U-Boot in Australien lebte. Er hatte noch nie einen legalen Job gehabt. Bisher hatte sie sich zurückgehalten. Aber das hier brachte das Fass zum Überlaufen!

„Es macht dir wohl Spaß uns zu verarschen“, zischte sie Timur wütend an.

„Wenn du deinen Arbeitsbeginn um ein paar Wochen verschiebst, kann ich dir auch Geld leihen“, drängte Benjamin seinen Bruder.

„Es geht aber nicht“, Tim schüttelte den Kopf.

„Deine Eltern werden also sterben, ohne dich je wiederzusehen. Mir würde es dabei das Herz brechen!“

„Liebe Schwägerin, Gott segne dein mitfühlendes Herz, ich wusste bis jetzt gar nicht, dass du eines hast!“

Shelley verdrehte die Augen. Wenn es nach ihr ginge, hätte sie sich diesen Schmarotzer, der ihren Mann ausnützte, wo er nur konnte, längst vom Hals geschafft.

Dabei hatte es tatsächlich mal eine Zeit gegeben, als sie den Timur attraktiver als den braven Benjamin gefunden hatte, aber das war schon sehr lange her.

Damals hatte er sie mit seinem verwegenen Charme und der geheimnisvollen, dunklen Aura, die ihn umgab, ziemlich beeindruckt.

Benjamin hatte auch viele Streitereien mit Timur, aber doch gab er am Ende immer nach. Unzerreißbar war die Verbindung zwischen den beiden so ungleichen Zwillingsbrüdern.

„Timur, ich beschwöre dich: Wir müssen endlich unsere Familienangelegenheiten ins Reine bringen, es geht ja auch um finanzielle Dinge, die besprochen werden müssen.“

„Das kannst du auch alleine machen. Was ist eigentlich mit Ebru?“ Timur sah seinen Bruder lauernd an.

„Unsere Schwester wird extra fliegen, leider bekommt sie keinen Urlaub.“

„So ein Blödsinn, wenn Ebru wirklich wollte, hätte sie sich doch locker frei nehmen können“, Timur verzog den Mund.

„Willst du ihr das wirklich antun, Bruder?“

„Ihr werdet ja eine coole Wohnung erben, wenn eure Eltern tot sind, da könnt ihr beim Verkauf viel Geld bekommen“, meldete sich Shelley wieder.

„Aber jetzt leben sie ja noch.“ Benjamin sah Shelley verletzt an.

Timur hetzte sofort los: „Siehst du nicht, wie geldgierig deine Frau ist?“

Kurz überlegte Shelley, ob sie ihm das Nudelholz, das vor ihr am Tisch lag, an den Kopf werfen sollte. Aber sie konnte sich gerade noch zurückhalten.

„Sorry Benjamin, ich meine nur, dass Timur auch einmal praktisch denkt, wenn er schon keine familiären Gefühle hegt“, sagte sie.

„Praktisch nennst du es, eine uralte Wohnung in Istanbul zu erben?“ Tim lachte freudlos. „Beim Verkauf kriegst du nicht mehr als ein paar Mäuse, und musst dich mit der Baumafia herumschlagen.“

„Bei kriminellen Geschäften kennst du dich ja angeblich aus“, ätzte Shelley.