Die Rückkehr des sexy Ranchers - Janice Maynard - E-Book

Die Rückkehr des sexy Ranchers E-Book

Janice Maynard

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Beschreibung

Ein dunkles Geheimnis hat Farris’ Ehe zerstört. India hat ihn verlassen, weil sie sein beharrliches Schweigen einfach nicht ertragen konnte. Doch jetzt braucht der vermögende Rancher sie: Seine Mutter ist sterbenskrank und verlangt nach India. Seine schöne Ex wiederzusehen ist für Farris eine verführerische Qual. Er begehrt sie so heiß wie einst. Aber er liest auch die Wut in ihren Augen, weil er auf ihre Fragen immer noch schweigt. Dabei wäre ein Neuanfang mit der Frau, die zu lieben er nie aufgehört hat, nur ein paar Worte entfernt …

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Seitenzahl: 204

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IMPRESSUM

BACCARA erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2021 by Janice Maynard Originaltitel: „Return of the Rancher“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARA, Band 2255 09/2022 Übersetzung: Angelika Lauriel

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 09/2022 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751509206

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Konnte man an einen Ort nach Hause zurückkehren, wo man nie wirklich hingehört hatte?

India Lamont griff ihre übergroße Handtasche sowie ihr Handgepäck und trat aus der kleinen Turbopropmaschine in den rauen Wind der ersten Januartage. Jackson Hole / JAC war der einzige Verkehrsflughafen in den USA, der in einem Nationalpark lag. Sogleich zogen die zerklüfteten, schneebedeckten Gipfel des Grand Teton ihren Blick an. Gigantisch und respektheischend ragten sie hinter dem bescheidenen Flughafen auf.

Die Gipfel der Wyoming Range wirkten schroff, abweisend und gefährlich, ganz so wie der Mann, den India hier treffen sollte.

Sie zog ihren Mantel fester um sich und stieg zum Flugfeld hinunter. Sie war von LaGuardia mit Zwischenstopps in Atlanta und Salt Lake City nach Jackson Hole geflogen. Sie war müde, angespannt und nicht sicher, ob sie das Richtige tat.

Farris hatte sie gebeten, gleich zum Haus zu kommen, doch India hatte Einwände erhoben. Stattdessen waren im Hotel Wort zwei Übernachtungen für sie gebucht. Sie hatte darauf bestanden, dass ihr erstes Treffen auf neutralem Boden stattfand. Sollte Farris ihre Beweggründe verstehen, gab er es nicht zu erkennen. Seine Textnachrichten waren kurzangebunden und präzise gewesen. Sie würden sich am folgenden Morgen um neun Uhr zum Frühstück treffen.

India verließ sich darauf, dass die Anwesenheit der anderen Gäste verhindern würde, dass die Situation eskalierte. Ihr Ex-Mann war gewohnt, seinen Willen zu bekommen. Doch India würde sich nicht unter Druck setzen lassen. Sie hatte Fragen, und sie wollte seine Stimmung testen, bevor sie sich auf einen Plan einließ, der sie zwang, mindestens drei Monate unter seinem Dach zu leben.

Die Shuttle-Fahrt vom Flughafen zur Stadt Jackson war ein notwendiges Übel. Hätte India Farris’ Plan zugestimmt, wäre sie von einem Privatauto am Flughafen abgeholt worden. Doch sie hatte abgelehnt.

Als sie endlich in der Lobby ihres Hotels ankam, empfand sie die prächtige Festtagsdekoration als krassen Gegensatz zu ihrer Stimmung. Zwei Angestellte waren gerade dabei, abzudekorieren. Weihnachten war vorbei, und die deprimierende Zeit nach den Feierlichkeiten zu Neujahr hatte begonnen, in der alle untätig herumsaßen.

Während andere Menschen ihre guten Vorsätze in Angriff nahmen und ihre Gesundheit, ihren Job oder ihre Beziehungen verbesserten, war India im Begriff, einen Schritt zu tun, der ihr ernsthaft schaden könnte. So wollte sie kein neues Jahr beginnen.

Sie checkte ein und stellte leicht befremdet fest, dass sie in eine Suite hochgestuft worden war. Steckte Farris dahinter?

In ihrer Suite angekommen, war India mit ihren Gedanken wieder allein.

Sie hatte ihr Smartphone bewusst im Flugmodus gelassen. Nur widerstrebend änderte sie die Einstellung und zuckte zusammen, als eine Reihe von Textnachrichten eintrudelte. Ihre beste Freundin Nancy wollte wissen, ob sie gut angekommen sei. India bejahte.

Vier Nachrichten waren von Farris und forderten Informationen von India. Selbst aus der Ferne klang er gebieterisch. Sie beschloss, nicht darauf zu reagieren, doch dann wurde ihr klar, dass er nur weitere Nachrichten schicken würde. Anstatt auf seine Fragenflut einzugehen, schrieb sie:

Sehen uns morgen früh um neun im Speisesaal des Hotels.

Sie sah fast vor sich, wie er die Zähne zusammenbiss und seine blauen Augen zornig funkelten.

Tja, Pech für ihn, denn er hatte keine Macht mehr über sie.

Während sie die wenigen Dinge auspackte, die sie für die Nacht benötigte, konnte sie den Strom der Erinnerungen nicht aufhalten. Sie und Farris waren sechs Monate lang ein Liebespaar gewesen, dann knapp drei Jahre ein Ehepaar und inzwischen seit einem halben Jahrzehnt geschieden.

Ihr Leben gehörte wieder ihr, sie hatte sich weiterentwickelt. Farris war nur noch ein jugendlicher Irrtum.

Unter der heißen Dusche hätte niemand erkennen können, dass ihre Wangen nicht nur vom Wasser, sondern auch von salzigen Tränen nass waren. Sie konnte sich noch so oft einreden, dass ihre Traurigkeit und ihr Kummer der fernen Vergangenheit angehörten. Im Herzen kannte sie die Wahrheit.

Wenn es um Farris Quinn ging, war sie noch immer furchtbar verletzlich. Die Kunst bestand darin, ihn das nicht spüren zu lassen. Wenn er die geringste Schwäche bei ihr erkannte, würde er diese sofort ausnutzen. Auf diese Art hatte er an der Börse ein Vermögen verdient. Genau so verschlang er kleine Unternehmen wie Bonbons. Das war nun einmal seine Vorgehensweise.

Als sie sich später gähnend unter die warmen Decken kuschelte, wünschte sie sich nur noch Ruhe. Ein schwieriger Tag stand bevor. Entweder würde sie mit zu Farris nach Hause fahren, oder sie würde ein Flugzeug besteigen, das sie nach New York zurückbrachte.

Sie löschte das Licht und versicherte sich, dass sie eine Wahl hatte. Niemand konnte sie zum Bleiben zwingen.

Am nächsten Morgen zitterten Indias Hände beim Schminken. Aus dem Spiegel starrten ihr ihre haselnussbraunen Augen entgegen. Die Schatten darunter und ihre blassen Wangen zeugten von einer schlaflosen Nacht. Sie trug sonst nicht viel Make-up, aber heute gewann ihr Selbsterhaltungstrieb. Sie wollte Farris nicht zeigen, wie nervös sie war.

Ihr blondes Haar trug sie jetzt kinnlang. Farris hatte es lang gemocht, deshalb hatte sie es in den letzten fünf Jahren regelmäßig schneiden lassen – aus Trotz gegenüber einem Mann, der das Ergebnis nicht einmal sah. Aus Protest? Wer wusste es schon?

Diese weite Reise hatte sie nur seiner Mutter Dottie wegen angetreten. Während Indias Ehe mit Farris war Dorothy Quinn eine Quelle des Trostes gewesen. Nun war sie krank und brauchte Gesellschaft.

India blieb im Flur vor dem Speisesaal stehen und zwang sich, ruhig zu atmen. Es stand niemand da und wartete. Als sie um die Ecke spähte, blieb ihr die Luft weg. Farris saß bereits an einem Tisch.

Von ihrem Standpunkt aus konnte sie sein Profil sehen: klassisch schön, bis auf den Höcker auf seiner Nase. Dottie hatte India vor langer Zeit erzählt, dass Farris sich als Junge oft geprügelt hatte. Er war klein für sein Alter gewesen und hatte es damit ausgeglichen, dass er keinem Streit aus dem Weg gegangen war.

Als Farris Quinn erwachsen wurde, war ihm die Streitlust längst zur zweiten Natur geworden. Nichts und niemand brachte ihn dazu, klein beizugeben.

India zog eine Grimasse, als sie bemerkte, dass ihr Ex nicht allein war, sondern seine Mutter bei ihm saß. Wenn er dachte, dass die Sache damit entschieden war, täuschte er sich. India würde sich nicht emotional erpressen lassen.

Sie setzte ein Lächeln auf und betrat den Raum. Der junge Mann vom Empfangspult führte sie zu dem Vierertisch. Da sie nur zu dritt waren, stellte sie ihre große Tasche auf dem zusätzlichen Stuhl ab.

Dorothy Quinn sprang auf und zog India in eine innige Umarmung. „Ich freue mich so, dich zu sehen“, rief sie aus. Farris’ Mutter war klein und rundlich. Die herzliche Begrüßung ließ einen Kloß in Indias Hals entstehen. „Hallo Dottie“, sagte sie leise und blickte über den grauen Lockenkopf hinweg zu ihrem Kontrahenten.

Farris war ebenfalls aufgestanden. Er beobachtete die emotionale Begrüßung aus zusammengekniffenen, saphirblauen Augen, ohne zu lächeln. Sein Haar glänzte rabenschwarz.

Als sie sich gesetzt hatten, nahm der Kellner die Bestellungen auf. Dottie ließ den Blick durch den Raum wandern. „Ich muss kurz zur Toilette. Bringt ihr euch doch schon mal auf den neuesten Stand.“

Sobald Dottie außer Hörweite war, ging India zum Angriff über. „Du hast gesagt, dein Plan wäre geheim“, sagte sie leise. „Das ist nicht fair. Du versuchst, mich in die Ecke zu drängen, aber daraus wird nichts. Ich kann jederzeit wieder fahren. Dottie würde es verstehen.“

Farris hob eine Augenbraue. „Würde sie das?“, fragte er gedehnt. „Es ist übrigens nicht meine Schuld. Meine Mutter hat gestern auf meinem Smartphone eine Nachricht gesehen, da musste ich ihr die Wahrheit sagen. Wenn du mich nach der Landung angerufen hättest, wie ich dich gebeten hatte, hätte ich dich vorwarnen können.“

India glaubte ihm nicht. „Was genau hast du ihr gesagt?“

Er zuckte die Schultern. „Dass du zu einem kurzen Abstecher herkommst. Ich dachte, es ist deine Sache, ob du ihr das Herz brechen willst oder nicht.“ Sein spöttischer Tonfall sollte Indias schlechtes Gewissen wecken, doch sie ließ sich nicht provozieren. Dazu stand zu viel auf dem Spiel.

Bevor sie dieses Gespräch fortführen konnten, kam Dottie zurück. Sie strahlte. „Ist das nicht schön?“

Kurz darauf wurde das Essen gebracht. Sie stürzten sich mit Begeisterung darauf, selbst India, trotz ihrer Anspannung. Während der Flüge am Vortag hatte sie keine richtige Mahlzeit gehabt, und nun war sie ausgehungert.

Dottie plauderte pausenlos. India antwortete ihr, wenn es nötig war, doch ansonsten nutzte sie die Zeit, um ihre beiden Tischnachbarn zu studieren, besonders Farris. Sie hatte erwartet, dass er älter aussehen würde. Vielleicht hatte sie gehofft, dass er hager und unattraktiv wäre. India war neunundzwanzig und Farris acht Jahre älter als sie.

Doch abgesehen von ein paar silbernen Strähnen an den Schläfen hatte er noch dieselbe Ausstrahlung: unglaublich sexy und verführerisch. Dabei jedoch verschlossen und unnahbar. Obwohl Dottie es vielleicht nicht bemerkte, spürte India eine Wand aus Eis zwischen sich und der Vergangenheit.

Bei Dottie war es etwas ganz anderes. Sie freute sich offensichtlich über Indias Ankunft, ihr Gesicht strahlte vor Glück. Dennoch erkannte India die Anzeichen ihres schlechten Gesundheitszustandes. Vorhin war sie völlig außer Atem von der Toilette zurückgekommen. Ihre Haut war fahl, und die kleinen Hände wirkten aufgedunsen.

Bei ihrem einzigen kurzen Telefonat mit Farris hatte India lediglich erfahren, dass Dottie ernstlich krank war. Sie würde mehr Informationen aus ihm herauspressen müssen.

In diesem Moment wusste sie jedoch, dass sie bleiben musste. Dottie kam für India in ihrem Erwachsenenleben einer Mutter am nächsten. Ihre eigenen Eltern waren bei einem Autounfall ums Leben gekommen, als India fünfzehn Jahre alt gewesen war. Als sie einige Jahre später Farris heiratete, war Dorothy Quinns ehrliche Freude über ihre frischgebackene Schwiegertochter Balsam für Indias einsame Seele gewesen.

India griff über den Tisch nach Dotties Hand. Ihre Entscheidung war gefallen. „Dottie“, sagte sie. „Farris hat mir gesagt, dass er in den nächsten Monaten viel unterwegs sein wird. Er will nicht, dass du dich einsam fühlst, und ich will es auch nicht. Deshalb bleibe ich eine Weile hier, wenn das für dich okay ist.“

Erstaunt riss Dottie den Mund auf und sah zwischen India und ihrem Sohn hin und her. „Dann ist das nicht nur eine Stippvisite?“

India lächelte. „Nein. Ich werde dir die ganze Zeit auf der Pelle sitzen. Meinst du, du hältst das aus?“

Dorothys Augen füllten sich mit Tränen. „Damit würdest du mir die allergrößte Freude machen. Aber was ist denn mit deinem Job? Die können doch sicher nicht so lange auf dich verzichten?“

„Nun ja …“ India war bewusst, dass Farris genauso gespannt auf ihre Antwort wartete wie seine Mutter. India hatte einen Abschluss in Kommunikationswissenschaften. Als sie und Farris sich getrennt hatten, hatte sie seine finanzielle Unterstützung abgelehnt. Doch eines hatte sie ihm erlaubt: Er hatte einen New Yorker Freund darum gebeten, bei einem Fernsehsender in der Stadt ein gutes Wort für sie einzulegen. Anfangs hatte sie die Nachtschicht und beendete ihre Tage als Nachrichtensprecherin zwischen fünf und sechs Uhr morgens.

Es waren anstrengende Arbeitszeiten gewesen, aber sie hatte sich arrangiert. Ihre Abwesenheit würde ihrer Karriere nicht schaden. Sie hatte in den letzten Monaten bereits andere Jobangebote erhalten. Wenn sie nach New York zurückkehren würde, wäre es vielleicht an der Zeit, etwas Neues auszuprobieren.

„Ich nehme mir eine Auszeit“, sagte sie ruhig und lächelte Dottie an. „Arbeit ist Arbeit, aber du bist Familie.“

Dottie akzeptierte die Erklärung sogleich. Farris hingegen runzelte die Stirn, und eine Falte bildete sich zwischen seinen Augenbrauen. Sein Blick war undurchdringlich. „Bist du dir sicher?“

Sobald sie Dottie am Tisch entdeckt hatte, war India klar gewesen, dass sie nicht einfach wieder abreisen konnte, auch wenn Dottie mit Farris verwandt war. „Ich bin mir sicher.“

Sie beendeten das Frühstück. Inzwischen hatte India ein flaues Gefühl im Magen. Sie hatte vorgehabt, Farris auszufragen und sich dann vierundzwanzig Stunden Zeit zu nehmen, um über alles nachzudenken. Stattdessen hatte er sie unter Druck gesetzt – ob mit Absicht oder nicht, spielte keine Rolle. Dottie brauchte sie. India würde bleiben. Vorerst.

Farris zahlte die Rechnung und stand auf. „Mutter, warum gehst du nicht mit India in ihr Zimmer und hilfst ihr beim Packen?“ Er sah India an. „Ich musste einige Blocks entfernt parken. Ich komme mit dem Wagen zum Vordereingang und hole euch dort ab.“

„In Ordnung.“ Dottie plauderte im Fahrstuhl und in Indias Zimmer. Glücklicherweise sprach sie über sich und ihr Befinden und erwartete kaum Antworten von India, sodass diese die wenigen Gegenstände, die sie im Zimmer verteilt hatte, rasch einsammeln konnte. Dann rief sie bei der Rezeption an. Sie ließ ihren Koffer zuschnappen, nahm ihr Handgepäck und hängte sich die Handtasche über die Schulter. „Alles bereit“, sagte sie. „Ich habe die zweite Übernachtung storniert und telefonisch ausgecheckt. Wir können also gleich zum Auto gehen.“

Farris wartete bereits, als sie unten ankamen. Er griff nach Indias Gepäck und legte es in den Kofferraum seines Mercedes. Es war ein neues Modell.

„Wo ist der Geländewagen?“, fragte India überrascht. Der Farris, den sie kannte, ritt gern auf dem Pferd über die Ranch oder fuhr, wenn nötig, in seinem riesigen, schlammverdreckten Ford Bronco herum.

Anfangs hatte es sie immer irritiert, wenn sich der smarte, weltgewandte Geschäftsmann in einen Cowboy verwandelte. Er hatte es mit Pferdezucht versucht und hielt außerdem eine kleine Rinderherde. Manchmal dachte sie, dass er hier in Wyoming am glücklichsten war. Wenn auch nicht mit ihr.

Sie fuhren in nordöstlicher Richtung zur Ranch Aspenglow, die Farris im ersten Jahr ihrer Ehe erworben hatte, und deren Gelände sich über mehrere Kilometer ausdehnte.

Alles war erneuert und renoviert worden, selbst das prächtige Haupthaus, das auf einem schmalen Bergrücken lag, als wäre es direkt aus dem Erdboden gewachsen. Das Gebäude mit siebenhundertfünfzig Quadratmetern Wohnfläche war ein spektakuläres Meisterwerk aus Stein und Holz, mit Dachrinnen aus Kupfer und riesigen Fenstern mit Blick auf die Bergkette der Tetons.

Nach dem Ende ihrer Ehe hatte India diesem Haus fast ebenso sehr nachgetrauert wie ihrem Mann und ihrer Schwiegermutter. Als sie jetzt durch die doppelflügelige Eingangstür trat, versetzte es ihr einen heftigen Stich, der ihr für einen Moment den Atem raubte.

Dottie ließ ihr nicht viel Zeit, um über Gefühle nachzudenken. „Wir bringen dich im blauen Zimmer im vorderen Teil des Hauses unter, neben dem großen Schlafzimmer.“

Aus dem Augenwinkel sah India, wie Farris erstarrte. „Das Gästezimmer mit dem breiten Bett ist viel größer.“

Seine kleine Mutter wedelte abfällig mit der Hand. „Aber es hat keine Aussicht, mein lieber Junge.“

„Mein lieber Junge“? Trotz ihrer beunruhigenden Gefühle musste India ein Grinsen unterdrücken. „Für mich ist beides okay, was auch immer ihr entscheidet.“

Farris störte augenscheinlich, dass das hübsche blaue Zimmer viel zu dicht am Hauptschlafzimmer lag und damit an dem Bett, das sie und er geteilt hatten. Sie hätte sich einen größeren Abstand zum Hausherrn gewünscht, konnte aber keine Einwände erheben, ohne ihm zu erkennen zu geben, dass seine Gegenwart und die Erinnerungen sie immer noch viel stärker berührten, als sie sollten.

Nachdem Farris ihr Gepäck in ihr neues Zimmer getragen hatte, zog er sich zurück und überließ die beiden Frauen ihrem Gespräch. India packte indessen aus und verstaute ihre Sachen in einem hübschen antiken Eichenschrank. Die dazugehörige Truhe bot mehr Platz, als sie im Moment brauchte. Sie hatte nur das Nötigste eingepackt.

Da sie bleiben wollte, würde sie Nancy darum bitten müssen, eine oder zwei Kisten für sie zu packen und quer durchs Land zu schicken. India hatte nur wenige Wintersachen mitgebracht. Sie würde auf jeden Fall mehr brauchen.

Abrupt schob sie diesen Gedanken beiseite. Wenn sie diesen Besuch überleben wollte, durfte sie weder zurückblicken noch vorausschauen. Es war ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Dottie sich wohlfühlte, dass sie sicher und zufrieden war.

Ihre Schwiegermutter setzte sich in den schönen Schaukelstuhl, der zu den restlichen Möbeln passte. Sie lächelte nachdenklich. „Warst du glücklich in New York, India?“

Die Frage überraschte India. Es war kein Geheimnis, dass Dottie todunglücklich über die Scheidung ihres Sohnes gewesen war. Worauf wollte sie hinaus?

India zwang sich zu einem Lächeln. „Natürlich bin ich das.“ Präsens. Dieser Besuch war vorübergehend. „Ich bin in New Jersey aufgewachsen. Für jemanden wie mich ist es der größte Traum, in einem Apartment in New York zu wohnen und bei einem großen Sender zu arbeiten.“

„Ich habe deine Sendung ein- oder zweimal online gesehen“, sagte Dottie. „Du bist sehr gut.“

„Danke.“

Ein unbehagliches Schweigen setzte ein.

Dottie seufzte. „Als ich gehört habe, dass du vielleicht zu einem Besuch herkommst, habe ich gehofft, du und Farris könntet …“

India hob die Hand, um ihre Ex-Schwiegermutter am Weitersprechen zu hindern. „Sag es nicht. Ich bin deinetwegen hier. Bitte, sieh nichts anderes darin. Farris wird viel unterwegs sein, und er wollte, dass du Gesellschaft hast.“

„Eine Babysitterin“, sagte Dottie traurig.

„Gar nicht“, log India. „Aber du weißt, wie fatal das Wetter in Wyoming im Winter sein kann. Er will sich keine Sorgen um dich machen müssen.“ India schlang die Arme um ihre Taille, plötzlich deprimiert und voller Zweifel. „Ich weiß, dass Farris und ich dich mit unserer Scheidung enttäuscht haben, Dottie. Aber nichts hat sich seitdem geändert. Wie wäre es, wenn du und ich uns zusammen ein paar schöne Wochen machen und versuchen, an nichts anderes zu denken? Schaffst du das?“

Dottie rümpfte die Nase, als wäre ihr ein schlechter Geruch hineingestiegen. „Na gut“, grummelte sie. „Keine Romantik. Ich verstehe schon.“ Ihr Anflug von Humor lockerte die Situation auf. India ging zu ihr und umarmte sie fest. „Ich hab dich lieb, Dorothy Quinn. Und ich habe dich furchtbar vermisst.“

„Ich hab dich auch lieb, Tochter.“

Indias Augen brannten vor Rührung. „Sollen wir spazieren gehen? Die Sonne ist gerade herausgekommen.“

Plötzlich sah Dottie aus, als wäre sie vor Indias Augen gealtert. „Es ist Zeit für mein Mittagsschläfchen. Wir sehen uns beim Abendessen, meine Liebe.“

India fühlte sich, als hätte sie in ihrer Aufgabe schon versagt, bevor sie sie richtig in Angriff genommen hatte. Sie musste mit Farris sprechen – je eher, desto besser. Aber sie hatte nicht den Mut, ihn zu suchen. Er wirkte wie ein Fremder und verhielt sich noch distanzierter und kühler als früher. Wenn sie sich gemeinsam um Dottie kümmern wollten, mussten sie sich irgendwie verständigen.

Farris’ Mutter zu sagen, dass sie nicht auf eine Versöhnung hoffen sollte, war die eine Sache. Eine ganz andere Sache aber war es, Dottie den Anfeindungen zwischen ihrem Sohn und der Frau, die er nicht mehr liebte, auszusetzen.

Indias Knie wurden plötzlich weich, und sie setzte sich auf das Bett. Es war unmöglich, nicht an früher zu denken. Am Anfang hatten Farris und sie die Hände nicht voneinander lassen können. Die Kluft zwischen ihnen war erst allmählich aufgebrochen. Er war viel gereist, was für India keine Überraschung gewesen war. Sie hatte ja gewusst, wen sie heiratete. Doch dann hatte er sich, wenn er zwischen seinen Reisen zu Hause war, langsam verändert.

Anstatt sie mehrmals in der Nacht zu lieben, schob er Erschöpfung vor. Ihre Experimentierfreude und Unersättlichkeit im Bett wurde von seltenem Sex in der Missionarsstellung abgelöst. Am Ende hatte Farris die meisten Nächte in seinem Büro übernachtet.

Wenn sie versucht hatte, mit ihm darüber zu sprechen, verschloss er sich wie die sprichwörtliche Auster. Sogar jetzt noch verletzte es sie, wenn sie an seine gleichmütige Haltung dachte.

Wochenlang hatte sie sich gequält und versucht zu verstehen, womit sie ihn von sich gestoßen haben könnte. Oberflächlich betrachtet war sie die perfekte Ehefrau gewesen … schließlich war sie ihm quer durchs Land gefolgt, um mit ihm ein neues Leben aufzubauen. Bei ihren Dates hatten sie oft über Kinder gesprochen. Doch nach den ersten Monaten in Wyoming hatte Farris erklärt, dass er nicht zu bald Vater werden wolle. Er wolle India für sich allein. Er verhütete jedes Mal, auch als sie andeutete, dass sie nichts dagegen hätte, schwanger zu werden.

Seine Geschäftsreisen wurden immer länger, und India war wochenlang allein – ohne Job, ohne Ehemann und ohne Freunde.

Schließlich war die Ehe einfach implodiert. Nach einer Folge frustrierender, einseitiger Streitgespräche, in denen India um Antworten bettelte und Farris ihr weder eine Rechtfertigung noch eine Erklärung anbot, hatte sie genug gehabt.

Als sie ihm drohte, ihn zu verlassen, war er zwar blass geworden, aber ruhig geblieben. Am Ende war India mit gebrochenem Herzen und äußerst verwirrt zur Ostküste zurückgeflogen. Farris brauchte und liebte sie nicht mehr. Sein Sinneswandel war unerklärlich.

Jetzt war sie zurück … und hatte keine Ahnung, wie sie zurechtkommen sollte. Sie waren seit fünf Jahren getrennt, rechtskräftig geschieden. Ihre Beziehung war definitiv beendet.

Aber warum war ihr das Herz beinahe aus der Brust gesprungen, als sie ihn im Hotel gesehen hatte? Sie liebte ihn doch nicht mehr.

Der einzige Mensch in diesem Haus, der India brauchte, war Dottie. India würde ihre Pflicht tun. Es musste Farris schwergefallen sein, sie um Hilfe zu bitten. Er war ein stolzer Mann.

2. KAPITEL

Dottie erschien nicht zum Abendessen. Als India vom Tisch aufstand, um sie zu holen, schüttelte Farris den Kopf. „Ich sehe später nach ihr. Das ist nicht ungewöhnlich.“

India setzte sich zögernd wieder. „Was fehlt ihr denn eigentlich?“

Zum ersten Mal bröckelte seine Fassade, und India sah den von Sorgen gebeutelten Sohn. „Sie leidet an Herzinsuffizienz. Die Ärzte geben ihr noch sechs bis zwölf Monate.“

Tränen rannen Indias Wangen hinunter. „Weiß sie es?“

„Ich denke, ja.“ Er ließ den Kopf kreisen und zuckte zusammen, wenn ein verhärteter Muskel sich widersetzte. „Ich habe die Anzeichen nicht erkannt, und sie hat nie etwas gesagt.“

„Wie lange ist sie schon hier bei dir?“

„Seit Thanksgiving. Bis zum Herbst waren wir die meiste Zeit in New York. Natürlich weil ich dort meine Firma habe. Aber du erinnerst dich sicher an die Wohnung meiner Mutter in der Park Avenue? Sie liebt den Broadway und die Museen immer noch so wie früher. Aber ohne dass ich es bemerkt habe, blieb sie immer öfter zu Hause. Als ich sie fragte, ob sie dieses Jahr über die Feiertage hierherfahren wolle, sagte sie Ja.“

„Wie hast du herausgefunden, was mit ihr los ist?“

„Ihr Arzt ist einer meiner besten Freunde. Eines Abends habe ich ihm von meiner große Sorge um sie erzählt, und er … nun …“

„Er hat die ärztliche Schweigepflicht gebrochen?“

„Ja. Aber denk nicht schlecht von ihm. Auf all ihren Unterlagen steht mein Name, also hat er, wenn man es so sieht, kein sehr großes Vergehen begangen.“

„Ich bin froh, dass er dich eingeweiht hat“, sagte India. „Können wir irgendetwas für sie tun?“

„Nicht viel. Das Küchenpersonal hat Anweisungen, welche Nahrungsmittel noch erlaubt sind.“

India schwieg einen Moment. Farris hatte während ihrer Ehe nie sehr bereitwillig über Gefühle gesprochen, aber mit seiner Mutter … „Warum hast du nicht offen mit ihr darüber geredet?“

Seine Miene wurde undurchdringlich. Wie India diesen Gesichtsausdruck hasste! „Nicht alle Probleme können durch ein Gespräch aus der Welt geschafft werden, India.“ Der bissige Ton verriet ihr, dass sie besser den Rückzug antrat.

Sie atmete tief ein und sagte sich, dass ein Streit Dottie nicht helfen würde. Bevor sie sich eine Antwort zurechtlegen konnte, brachte die Haushälterin den ersten Gang des Abendessens.

Bei gebratener Forelle aus der Region, Spinatsalat und Pfannenkartoffeln versuchte India tapfer, das Gespräch aufrechtzuerhalten. Als sie diesem Arrangement zugestimmt hatte, hätte sie sich nicht träumen lassen, allein mit ihrem Ex zu speisen.

Glücklicherweise ging Farris’ Angestellte ein und aus, füllte Wein- und Wassergläser, brachte heiße Brötchen, räumte Teller ab. Farris konzentrierte sich auf seine Mahlzeit und beantwortete Indias Fragen ziemlich einsilbig. Schließlich gab sie auf.