Die Schildkröte, das Känguru und wir - Casimir van der Huett - E-Book

Die Schildkröte, das Känguru und wir E-Book

Casimir van der Huett

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Beschreibung

Das abgefahrenste Männerbuch des Jahres! Der niederländische Zoodirektor Casimir van der Huett zieht nach seiner Pensionierung an die Nordsee. Dort stolpert spät nachts der blinde Carsten, der gerade volltrunken von einer Feier kommt, in sein Leben. Die beiden erleben Dinge, wie sie nur Männer erleben können - und zwar überall auf der Welt. Die Geschichte wird umso amüsanter, weil Casimir unheimlich- und das ist wörtlich zu verstehen - schüchtern ist. Trotz der Komik in dieser Geschichte behandelt sie ein sehr ernstes Thema - nämlich das des Ausgeschlossen-Seins. Casimir ist schüchtern, Carsten ist blind. Am Ende reimt sich jedoch alles zusammen. Das Buch ist unterhaltsam bebildert und kurzweilig.

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EPUB
MOBI

Seitenzahl: 132

Veröffentlichungsjahr: 2014

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Casimir van der Huett

Die Schildkröte, das Känguru und wir

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© 2014 Casimir van der Huett

Illustration: P.M.

Umschlaggestaltung, Layout,

Lektorat, Korrektorat: Susanne Junge

Verlag: tredition GmbH, Hamburg

ISBN: 978-3-8495-7920-3

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Kapitel 1 – Eine seltsame Begegnung

Kapitel 2 – Gemeinsam durch die Nacht

Kapitel 3 – Ein Vorschlag mit Folgen

Kapitel 4 – Große Sprünge mit Casimir

Kapitel 5 – Wir finden dich

Kapitel 6 – Ernüchternde Ergebnisse

Kapitel 7 – Kein Weg zurück

Kapitel 8 – Home, sweet home

Kapitel 9 – Epilog

Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

mein Name ist Casimir van der Huett – ein pensionierter niederländischer Zoodirektor. Das ist eigentlich nichts Besonderes, doch ist meine Beziehung zu Tieren sehr viel komplikationsloser als die zu Menschen. Aber das werden Sie ja im Folgenden lesen. Dieses Vorwort taugt eigentlich nur dazu, Ihnen viel Freude bei der Lektüre zu wünschen und Sie darüber zu informieren, dass dies Buch zwar unter meinem Namen veröffentlicht worden ist, unsere gemeinsame Geschichte jedoch von meinem Kumpel Carsten erzählt werden wird. Warum? Das werden Sie verstehen, wenn Sie weiterlesen. Ach ja, Carsten – ein verrückter Kerl. Aber, selbiges sagt er wohl auch über mich.

Also viel Freude und: Bleiben Sie fröhlich!

Ihr Casimir van der Huett

Kapitel 1 – Eine seltsame Begegnung

Mein Name ist Carsten. Der Nachname ist für diese Geschichte nicht relevant. Mittlerweile kann man wohl mit Recht sagen, dass Casimir und ich die besten Freunde sind. Wenn man uns nicht persönlich trifft und nur die Dinge liest, die wir schreiben, könnte man uns manchmal sogar für ein und dieselbe Person halten. Man mag es kaum glauben, er als Zoologe und ich als Ökonom, aber die Grundeinstellung ist halt sehr ähnlich: Wir sind beide etwas verrückt!

Eine Sache scheidet Casimir und mich jedoch sehr stark voneinander. Casimir ist unheimlich – und das ist wörtlich zu verstehen – schüchtern. Ich hingegen scheue die Öffentlichkeit nicht und liebe sogar ab und an die gezielte Provokation.

Und eben wegen seiner Schüchternheit hat Casimir mich auch gebeten, unsere gemeinsame Geschichte aufzuschreiben. Er vertraut mir eben. Publiziert wird sie dann aber unter seinem Namen – solch ein Stoff passt einmal ja nun nicht zu einem seriösen Wissenschaftler.

Casimir und ich haben wegen unserer Einschränkungen beide ein individuelles Schicksal zu tragen – er ist schüchtern, ich bin blind. Auf uns passt daher vielleicht der Ausspruch „Vom Glück geküsst und vom Schicksal geprellt“, aber wir lassen uns nicht unterkriegen. Er schreibt halt seine Gedichte1 und ich trage sie für ihn in der Öffentlichkeit vor. Diese Arbeitsteilung klappte bisher wirklich gut.

In diesem Buch stelle ich euch Casimir vor, berichte von seiner Zeit in Amsterdam und davon, wie er die Tiere zu lieben lernte. Darüber, wie er mich zu einem verrückten Trip nach Australien überredete. Und in diesem Zusammenhang muss ich euch zwingend mit Waltraud und Hermann bekannt machen. Und natürlich erfahrt ihr, was Casimir und ich wir sonst noch so gemeinsam erlebten.

Zunächst jedoch berichte ich am besten davon, wie Casimir und ich uns kennenlernten. Als er 2007 nach Albersdorf in die Traumschlossallee 7 zog, war ich noch in meinen wildesten Jahren. Jedes Wochenende Party war fast nicht genug. So begab es sich, dass ich eines Nachts stockbesoffen aus einer Albersdorfer Kneipe wankte – in der Hoffnung auf ein Taxi zu stoßen. Man glaubt es nicht: Auch wenn man blind ist, kann man doppelt sehen, wenn nur die Promillezahl stimmt. Der Alkoholkonsum ist übrigens nicht der Grund für meine Blindheit – dafür zeichnet ein gutartiger Gehirntumor verantwortlich, der das Nervenwasser nicht abfließen lassen wollte und dadurch den Sehnerv indirekt zerstörte. Aber sei’s drum – mit Casimir möchte ich nicht tauschen. Nun, ich wankte draußen herum - fand aber kein Taxi. Die Verzweiflung stieg langsam in mir hoch, denn zur Kneipe fand ich auch nicht mehr zurück.

Da hörte ich auf einmal von rechts ein Genuschel. Ich dachte zunächst, es sei der Wind, da verstand ich aber langsam einige Wörter, die dem Plattdeutschen – meiner heimatlichen Mundart - nicht unähnlich waren. Vor lauter Verzweiflung – das Bier war auch nur noch schwer in meiner Blase zu halten – rief ich: „Hallo, ist da jemand?“

Keine Antwort:

„Kann mir jemand helfen? Hallo!“

Jetzt vernahm ich eine Reaktion auf mein Rufen: „Wer kummt dor doer de deel? Kumm doch doer de doer dor doer.“

Ich verstand. Vom Alkohol ermutigt und vom Harndrang getrieben, ging ich vorwärts und stieß auch alsbald auf eine Mauer. So, der Harndrang ließ sich nicht mehr zurückhalten, sodass ich mich erstmal an der Mauer entleerte:

„Wer pisst dor in mijn gor’n?“

„Hallo!“

„Ja, kumm doch her.“

Auf einmal spürte ich eine Hand an meinem linken Ellenbogen: „Kumm doch her.“ Ich drehte mich um und wurde eines Mannes gewahr, der in etwa so groß sei musste wie ich:

„Hallo“, stammelte ich: „Wer sind sie?“

„Ek bin Casimir. Kumm doch mit rijn.“

Da ich nichts Besseres zu tun hatte und mir auch langsam kalt wurde – es war September – hängte ich mich an Casimirs Arm und ließ mich von ihm mit ins Haus nehmen: „Wuld du en Beer hab’n?“

„Nee, nee, vielen Dank. Davon hatte ich schon genug“, lehnte ich das freundliche Angebot ab: „Ein Kaffee wär schön.“

„Jo, shallst en Kaffe hab’n. Ok en Kaesbrot?“

„Nee, kein Käsebrot, ich bin noch so voll vom Bier. Sage mal, wo kommst du denn her? Dein Dialekt ist fast so wie unser Plattdeutsch, aber nicht ganz.“

„Ek kum ut de Nederlands. Ek war dor bie de Tier’n in Zoo.“

„Ach, Zoowärter. Das ist auch ein netter Beruf.“

„Nee, keen Wärter, Direktor!“

„Oh, ein Zoodirektor.“ Mittlerweile fühlte ich mich schon fast wieder nüchtern, der Kaffee und der komische Kautz sorgten wohl dafür. Obwohl, vielleicht war ich ja immer noch im Delirium und diesen Typen gab es gar nicht?! Ja, das muss so sein. So einen Typen kann es doch gar nicht hier geben, oder? Aber der Kaffee war heiß und schmackhaft und das da unter mir war ein Sessel, musste ein Sessel sein.

„Segg me mol, ek bin meist verdammt schüchtern, worum ni bi di?“ unterbrach dieser Mann meine Gedanken.

Was will er denn jetzt? Sollte das eine Anmache sein? „Schüchtern, häää warum?“, fragte ich nach.

„Na, ek snak sonst meist nur mit de Tier’n. De Mense sind mi schid egol.“

Das mag vielleicht daran liegen, dass ich mittlerweile stank wie ein Iltis, dachte ich, sicher war ich mir aber nicht.

„Jo, ek hav öwerhaupt keen Kontakt to de Mense in mine Umgebung. Dorum bin ek hergetraaken, um alleen to wen.“

„Aha, aber jetzt haben wir uns getroffen.“

„Jo, genau. Du stinkst over ok as en Tier, du.“

„Ich weiß, aber in der Kneipe war es rauchig und dann ist mir noch ein Schnitzel auf die Hose gefallen.“

„Snitzel ob dine bucks, dat is witzig.“

Nun, das fand ich nicht. Das Schnitzel war nämlich noch kochend heiß und die Körperregion, auf die es fiel, eine äußerst sensible. Aber, nun sei’s drum.

„Du kannst nix kiken?“ erkundigte sich Casimir neugierig.

„Ja, nee kann ich nicht.“

„Ek hal mol en blinde Känguru bi mi. De mug gor ni spring’n, weil wär bang bi’d daal kom’n.“

„Kann ich verstehen“, antwortete ich, „ich mag auch nicht gerne springen, wenn ich nicht weiß, wo ich runterkomme.“ Ganz davon abgesehen, dass ich es auch nicht sonderlich gut konnte mit vier Litern Bier im Leib. Im Sessel war es ansonsten ziemlich gemütlich, obwohl der Stoff sich abgewetzt anfühlte und ich wie in einer Kuhle saß, als sei der Sessel recht durchgesessen.

„Erzählen Sie doch mal etwas mehr von sich. Die Nacht ist sowieso gelaufen.“

„Ui, jo, dat maak ek. Watt wuld du hör’n?“

„Ja, also, ich bin häufiger hier und habe Sie hier noch nie getroffen. Seit wann wohnen Sie hier in Albersdorf? Oder - vielleicht fangen Sie mal ganz am Anfang an. Aber, erstmal gehe ich nochmal auf Toilette. Das Bier kommt nur in Etappen raus.“ Nachdem Casimir mich zur Toilette gebracht und mich anschließend wieder mit in sein Zimmer genommen hatte, fing er an – und von dieser Stelle an schreibe ich nur noch im Hochdeutschen, um seine Worte für viele Leute verständlich zu machen:

„Also, zuerst einmal bin ich Casimir und ein Du. Dieses ‚Sie‘, das haben wir bei uns nicht so gern.“

„Ok, ich bin Carsten. Lustig, dass sich unsere Namen so ähnlich anhören.“

„Hallo Carsten, freut mich sehr.“

„Ganz meinerseits.“

„Also, lass mich mal im Elternhaus anfangen. Also, ich bin am 10. April 1947 in Amsterdam geboren. Meine Mutter war eine polnische Jüdin, die in den 30er Jahren zuerst nach Österreich und dann in die Niederlande geflohen ist. Mein Vater war Biologe und hat Studenten an der Uni in Amsterdam unterrichtet. Sein Hauptgebiet war die Fortpflanzungsbiologie. Er hatte immer viele Modelle von tierischen Geschlechtsorganen und so in seinem Arbeitszimmer.“

Casimirs Stimme zitterte als er von seinem Vater sprach. Es muss ihm wohl viel an seinem alten Herrn liegen. Auf einmal merkte ich jedoch, wie ich müde wurde.

„Sag mal Casimir, und darüber bist du zum Zoo gekommen?“

„Nee, doch nicht über die Geschlechtsorgane von Pinguinen. Mensch, wer kann sich so etwas ausdenken?“

„Nee, ich mein‘ ja bloß.“

„Nee, nee, das kommt ja noch.“

„Aha, denn man to!“

„Nee, mein Vater hat Kängurus gezüchtet. Im Ersten Weltkrieg war er in Australien auf der Känguru-Insel und – keine Ahnung, was er da gemacht hat – auf alle Fälle soll er wohl mit Kängurus wiedergekommen sein.“

Warte mal, dachte ich, Erster Weltkrieg? Dann war der Vater wohl schon recht alt. „Casimir, wie alt war dein Vater denn, als er dich zeugte?“

„Da war er schon 50. Er war ja Fortpflanzungsbiologe und das bis ins hohe Alter. Meine Schwester ist noch 20 Jahre jünger als ich.“

Wow, was die Niederländer alles können, dachte ich: „Dann war dein Vater wohl sehr gut auf seinem Gebiet und recht praxiserprobt.“

Casimir lachte leise vor sich hin: „Jo, kann man so sagen. Er hatte damals schon das Viagra für Tiere entwickelt. Dinge wie ‚Rüdenpower‘ und ‚Sanfter Stängel‘ kommen von ihm.“

Er sagte das so, als ob jeder diese Dinge kennen müsse: „Aha, ‚Rüdenpower; soso“, wiederholte ich.

„Genau, und das Springfederpräparat für die Kängurus.“

Ich hatte Mühe, mein Lachen zu unterdrücken, aber zumindest war die Müdigkeit erstmal wieder verflogen. Springfederpräparat für Kängurus – ich packe es nicht ☺. Im Hintergrund hörte ich langsam das Singen der erwachenden Vögel. Ich erfühlte auf meiner Uhr das Ziffernblatt und stellte zu meinem Erstaunen fest, dass es schon halb fünf morgens war. Na gut, ich war ja auch schließlich bis drei in der Kneipe gewesen. „Sage mir mal, Casimir, können wir uns wiedersehen? Ich würde gern noch viel mehr von dir hören, aber, es ist schon spät, ich muss ins Bett, denn ich will heute noch was schaffen, ähm, sobald ich wieder aufgestanden bin.“

„Jo, natürlich können wir uns wiedersehen. Wo wohnst du denn?“

„Äh, in Wrohm“ brachte ich stockend heraus.

„In Wrohm?“, rief Casimir begeistert aus, „Da, wo Hermann Glüsing wohnt und wo sein Vater gewohnt hat?“

Immer die Erinnerung an diese alten Knüsse, dachte ich2. „Äh, ja, genau da.“

„Gut, dann bring ich dich hin, brauchst kein Taxi nehmen.“

„Oh, fein. Mein Geld habe ich sowieso versoffen.“

Casimir lachte. Er nahm mich am Arm und führte mich zu seinem Auto.

„Was ist das für ein Auto?“, erkundigte ich mich.

„Haha, ein vierzig Jahre alter Opel. Der war schon damals nichts wert, aber weil ich nicht unter Menschen gehe, brauche ich auch kein neues Auto.“

„Leuchtet ein“, erwiderte ich. Auf dem Sitz des Opels fühlte man sich wie in einer Hängematte; man saß praktisch auf dem Boden des Fahrzeugs. Ich nannte ihm meine Adresse und nach etwa zehn Minuten hörte ich ihn sagen: „So, hier sind wir denn.“

Als ich mich verabschiedete und ausstieg, merkte ich erst, wie sehr es doch in seinem Auto gestunken hatte. Da mein Vater Pferde züchtete und als Landwirt auch sonst immer zahlreiche andere Tiere in seinem Stall gehabt hatte, wusste ich, wie Tiere riechen. Diesen Geruch kannte ich aber noch nicht. Danach würde ich ihn das nächste Mal fragen. Als ich mich ins Bett legte, schlief ich sofort ein. Als ich – erneut bedingt durch den Harndrang – wenige Stunden später wieder aufwachte, war ich der festen Überzeugung, geträumt zu haben. Allerdings wollte mir partout nicht einfallen, wie ich nach Hause gekommen war. Vielleicht würde sich das nach ein paar Stunden mehr Schlaf aber ergeben.

Als ich dann um 12 Uhr erneut aufwachte und immer noch keine andere Erklärung für mein Nachhausekommen hatte als eben die, dass dieser Casimir mich gebracht hatte, hörte ich erstmal die Mailbox meines Telefons ab. Drei Nachrichten waren drauf.

Die erste kam von Peter, meinem besten Kumpel: „Hey Carsten, wo bist du denn? Du warst vorhin ziemlich besoffen, hoffentlich ist nichts passiert?“ Hm, dachte ich. Das hat man nun davon, wenn man zu tief ins Glas schaut.

Die zweite Nachricht kam wieder von Peter: „Du, ich weiß ja, dass du immer auf die Füße fällst, aber mir kommt das reichlich komisch vor. Die Taxifahrer haben dich auch nicht gesehen.“ Toll, nun können noch nicht einmal die mir sagen, wie ich nach Hause gekommen bin.

Die dritte Nachricht war von Eva: „Hi Carsten, wir machen uns echt Sorgen. Ruf doch an, wenn du diese Nachricht hören solltest.“ Ok, dann würde ich mal bei Eva anrufen. Sie war die Freundin von Peter und würde ihm dann gleich berichten können. Peter lag wahrscheinlich noch selbst in sauer. Eva ging nach dem dritten Klingeln ran: „Hi Eva, Carsten hier.“

„Oh, Carsten, wie schön, dass du anrufst. Wir hatten uns solche Sorgen gemacht.“

„Kein Grund dazu“ erwiderte ich. „Ich wurde von einem zugezogenen Niederländer aufgefunden. Der hat mich dann nach Hause gebracht.“

„Zugezogener Niederländer? Wie bist du denn an den gekommen?“

„Ja, nu, ich schwankte draußen etwas rum und dann hörte ich ein Genuschel, ein merkwürdig plattdeutsches Genuschel, ich rief ‚Hallo‘ und er kam zu mir.“

„Das muss dann ja ganz in der Nähe gewesen sein. So weit kommst Du doch alleine und dann noch besoffen nicht.“

„Ja, war wohl in der Nähe.“

„Nicht weit von der Kneipe steht ein verfallenes Gemäuer, von dem man sagt, dass sich dort seit Kurzem jemand herumtreibt. Warst du vielleicht dort?“

„Keine Ahnung. Auf alle Fälle hatte er eine Kaffeemaschine und einen Sessel, nein zwei Sessel“, korrigierte ich mich. Ich war mir nicht sicher, wieviel ich Eva erzählen sollte, bevor ich mir über den gestrigen Abend nicht selbst vollkommene Klarheit verschafft hatte. Ach, was soll’s? „Also, falls ich dort war, lebt dort jetzt jedenfalls ein pensionierter Zoodirektor aus Amsterdam.“

„Du bist ja immer noch besoffen“, lachte Eva, „was will wohl ein ehemaliger Zoodirektor aus Amsterdam in dieser Gegend? Der würde doch eher nach Friedrichstadt ziehen.“

„Ja, nee, er ist sehr schüchtern und will auch gar nicht, dass man weiß, dass er da wohnt. Mich hätte er wohl auch gar nicht wahrgenommen, wenn ich nicht so gestunken hätte.“

„Nun schlaf dich erstmal aus“, lächelte Eva mir ins Ohr, „dann sieht die Welt schon wieder ganz anders aus.“

Wie lange soll ich denn noch schlafen? dachte ich. Es änderte ja nichts an der Tatsache, dass es war, wie es war. „Ja, ist gut“, sagte ich zu Eva, „grüße Peter bitte von mir.“

„Ja, mache ich, du Saufkuh.“ Danke, dachte ich. Das hat mir jetzt gerade noch gefehlt - ‚Saufkuh‘, so hatte mich lange niemand mehr genannt.