Die Sehnsucht des Highlanders - Hannah Howell - E-Book
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Die Sehnsucht des Highlanders E-Book

Hannah Howell

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Beschreibung

Ist er ihr Feind – oder der Mann ihres Lebens? Der historische Liebesroman »Die Sehnsucht des Highlanders« von Hannah Howell als eBook bei dotbooks. Schottland im Jahr 1472. Sie hat sich geschworen, niemals wieder einem Mann zu vertrauen – doch seit die schöne Fiona McEnroy der Liebe abgeschworen hat und in den Schoß ihrer Familie zurückgekehrt ist, fühlt die Highland-Lady sich von der Fürsorglichkeit ihrer Verwandten erstickt. Kurzentschlossen beschließt sie, davonzulaufen … und fällt so in die Hände des berüchtigten Ewan McFingal. Nimmt dieser sie nur mit auf seine Burg, um ein Lösegeld zu erpressen? Fiona ist nicht bereit, ihren wahren Namen zu verraten – und muss sich noch dazu bald mit aller Macht gegen die leidenschaftlichen Gefühle wehren, die Ewan in ihr weckt. Aber kann sie ihre eigene Vergangenheit vergessen und von einer Zukunft mit dem Mann träumen, der selbst ein dunkles Geheimnis hütet? Jetzt als eBook kaufen und genießen: Das Romance-Highlight »Die Sehnsucht des Highlanders« von New-York-Times-Bestseller-Autorin Hannah Howell. Wer liest, hat mehr vom Leben! dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 486

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Über dieses Buch:

Schottland im Jahr 1472. Sie hat sich geschworen, niemals wieder einem Mann zu vertrauen – doch seit die schöne Fiona McEnroy der Liebe abgeschworen hat und in den Schoß ihrer Familie zurückgekehrt ist, fühlt die Highland-Lady sich von der Fürsorglichkeit ihrer Verwandten erstickt. Kurzentschlossen beschließt sie, davonzulaufen … und fällt so in die Hände des berüchtigten Ewan McFingal. Nimmt dieser sie nur mit auf seine Burg, um ein Lösegeld zu erpressen? Fiona ist nicht bereit, ihren wahren Namen zu verraten – und muss sich noch dazu bald mit aller Macht gegen die leidenschaftlichen Gefühle wehren, die Ewan in ihr weckt. Aber kann sie ihre eigene Vergangenheit vergessen und von einer Zukunft mit dem Mann träumen, der selbst ein dunkles Geheimnis hütet?

Über die Autorin:

Hannah Howell, geboren 1950 in Massachusetts, kann ihren amerikanischen Familienstammbaum bis in das frühe 17. Jahrhundert zurückverfolgen – liebt aber vor allem die Geschichte Englands und Schottlands; auf einer Reise dorthin lernte sie auch ihren späteren Ehemann kennen. Hannah Howell hat in ihrer schriftstellerischen Karriere über 60 Liebesromane veröffentlicht, darunter den großangelegten Zyklus über die Familie Murray, in dem sie mitreißend vom Schicksal mehrerer Generationen einer weitverzweigten schottischen Highlander-Dynastie erzählt. Hannah Howell wurde für ihr Werk mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Golden Leaf Award und dem Preis des Romantic Times Bookclub Magazine.

Bei dotbooks erschienen die folgenden Romane von Hannah Howell:

HIGHLAND HEROES: Das Schicksal des Highlanders; Die Lust des Highlanders; Das Schwert des Highlanders

HIGHLAND ROSES: Die Spur des Highlanders; Die Sehnsucht des Highlanders

HIGHLAND LOVERS: Der Fürst der Highlander; Der ungezähmte Highlander; Der Held der Highlands

HIGHLAND DREAMS: Das Begehren des Highlanders; Der Stolz des Highlanders; Die Versuchung des Highlanders

Der Kuss des Schotten

Das Herz des Highlanders

***

eBook-Neuausgabe Dezember 2019

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2004 unter dem Titel »Highland Warrior« bei Zebra Books/Kensington Publishing Corp., New York.

Copyright © der Originalausgabe 2004 by Hannah Howell

Published by Arrangement with KENSINGTON PUBLISHING CORP., New York, NY, USA

Copyright © der deutschen Erstausgabe 2009 Verlagsgruppe Weltbild GmbH, Steinerne Furt, 86167 Augsburg

Copyright © der Neuausgabe 2019 dotbooks GmbH, München

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück, 30161 Hannover.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von shutterstock/Evgeniia Litchenko, SergeyKlopotov, brickrena, Mihai_Tamasila, duc viet dang, enterphoto

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ts)

ISBN 978-3-96148-927-5

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Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

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***

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blog.dotbooks.de/

Hannah Howell

Die Sehnsucht des Highlanders

Roman

Aus dem Englischen von Andrea Hahn

dotbooks.

Kapitel 1

Schottland – 1472

»Bei des Teufels Großmutter!«

Fiona stand vorsichtig auf, bemühte sich, das Gleichgewicht zu halten, und versuchte vergeblich, den pochenden Schmerz in ihrem Hinterteil wegzureiben, während sie zusah, wie ihr Pferd den Berg hinauf verschwand. Ihre Brüder würden sie umbringen, und zwar langsam. Gillyanne, ihre Schwägerin, würde ihr dieses Mal wahrscheinlich nicht zu Hilfe kommen. Fiona beschlich das düstere Gefühl, dass sie sich in beträchtliche Schwierigkeiten gebracht und sich ganz und gar schwachsinnig verhalten hatte. Sie war meilenweit von ihrem Zuhause entfernt, besaß keinerlei Proviant, und die Sonne verschwand rasend schnell hinter dem Horizont. Doch was am schlimmsten war: Niemand auf Deilcladach wusste, wohin sie geritten war.

»Tja, eines ist sicher, du hast Connor gezeigt, wer die Zügel in der Hand hat, nicht wahr?«, schimpfte sie vor sich hin, während sie festzustellen versuchte, wo genau dieses verfluchte Pferd sie abgeworfen hatte. »Hätte Connor bloß höflich gefragt, anstatt mir auf seine lästige Art Befehle zu erteilen ... Nein, nein, es ist nicht seine Schuld, es ist deine, ganz allein deine, Fiona MacEnroy. Du bist für diese Katastrophe selbst verantwortlich.«

Sie sah sich um und erkannte, dass nicht nur die Leute von Deilcladach nicht wussten, wo sie war, auch sie wusste es nicht. Ihr lästiges Reittier hatte sie an einer Stelle abgeworfen, an der sie noch nie zuvor gewesen war. Dank des wilden Ritts, den sie eben überlebt hatte, war sie sich nicht sicher, in welche Richtung sie sich wenden sollte, um nach Hause zu gelangen. Außerdem konnte sie sich selbst unter den günstigsten Umständen nicht sonderlich gut orientieren.

Zweifelsohne hatte sie noch nie zuvor etwas derart Leichtsinniges getan. Das einzig Gute an dieser Sache, das ihr einfiel, war, dass der Verrückte, der ihre lange Gefangenschaft auf Deilcladach herbeigeführt hatte, vermutlich auch nicht wissen konnte, wo sie war. Dieser Mensch mochte zwar den Erfolg verbuchen, dass sie etwas restlos Leichtsinniges getan hatte, aber wenigstens konnte er daraus keinen Nutzen ziehen.

Gedankenverloren strich Fiona mit dem Finger über die Narbe, die ihre linke Wange entstellte. Er hatte sie ihr zusammen mit einer identisch aussehenden Narbe auf der rechten Wange verpasst, als er sie zum ersten Mal bedrängt hatte. Die anderen Verwundungen konnte sie geradezu spüren. Sie waren Fiona von ihm zugefügt worden, bevor ihre Familie sie hinter den dicken Mauern von Deilcladach einsperrte, und das solange, bis sie den Verrückten stellen und töten würde. Allein schon der Gedanke an diesen Mann ließ ihren ganzen Körper vor Angst erschauern, dennoch hatte sie törichterweise diese Angst für kurze Zeit vergessen. Sie war nach viel zu vielen Monaten der Gefangenschaft einem rasenden Bedürfnis nach freiem Ausritt unterlegen.

Ein Geräusch lenkte ihre Aufmerksamkeit auf sich. Sie spannte sich an. Es kamen Pferde ihres Wegs – und das schnell. Noch während sie sich nach einem Versteck umsah, erklommen die Reiter schon die kleine Anhöhe, die direkt vor ihr lag. Fiona zog ihr Schwert und ihren Dolch und stellte sich mit leicht gespreizten Beinen in Position. Ihr war bewusst, sich gegen zehn oder mehr Männer niemals erfolgreich verteidigen zu können, kam aber zu dem Schluss, dass es besser wäre, im Kampf zu sterben, als diesem Verrückten namens Menzies zu erlauben, sie weiterhin in Stücke zu hauen.

Dann fiel ihr ein, dass Menzies selten mehr als ein paar wenige Männer bei sich hatte. Doch vor ihr befand sich mindestens ein Dutzend Reiter. Ein eingehender Blick auf den riesigen, dunklen Mann an der Spitze der Truppe verriet ihr, dass es sich hierbei nicht um Menzies handelte. Fiona verblieb standhaft in ihrer Kampfposition, musste aber eine Welle der Angst unterdrücken. Menzies mochte geisteskrank sein, aber er wollte sie nicht tot sehen. Sie konnte nicht sicher sein, ob diese Männer so viel Zurückhaltung besaßen.

***

»Guter Gott, schau, Ewan, dort!«

Ewan MacFingal antwortete auf den Schrei seines Bruders Gregor nur mit einem Brummen. Er schaute ja, aber er war sich nicht sicher, ob er wirklich deutlich genug sah. Da konnte doch gewiss keine kleine Frau stehen und ihm mit einem Schwert in der einen Hand und einem Dolch in der anderen entgegentreten, oder? Konnte sie nicht zählen? Die MacFingals waren zu zwölft, und sie war allein, war sehr klein und zart.

Ewan gab seinen Männern das Zeichen stehen zu bleiben und ritt langsam auf die Frau zu. Sie war wie ein Knabe mit Wams, Hosen und Stiefeln bekleidet, aber es bestand kein Zweifel daran, dass es sich um eine Frau handelte. Nicht nur der lange, dicke, honigblonde Zopf, der bis auf ihre schmale Taille hinunterhing, verriet sie, selbst die Knabenkleider konnten ihre weiblichen Formen nicht ganz verbergen. Und auch ihr Gesicht war eindeutig das einer Frau, einer sehr schönen Frau.

Als er nahe genug heran war, um ihre Augen zu sehen, spürte er, wie ihm der Atem stockte. Es waren große Augen. Die langen, dichten Wimpern, die sie umrahmten, waren ebenso wie die fein gebogenen Brauen einige Töne dunkler als ihr Haar. Diese Augen hatten die Farbe von Veilchen. Er glaubte nicht, schon einmal Augen mit dieser Farbe gesehen zu haben oder Augen, die so überwältigend schön waren.

Der Rest ihres herzförmigen Gesichts nahm ihn ebenso gefangen. Es besaß von der sanften Krümmung ihrer hohen Wangenknochen bis zu ihrem ein wenig eigensinnig wirkenden Kinn einen zarten Knochenbau. Die Nase war klein und gerade, die Haut rein und zart und von einem leichten Goldton, so als hätte ihr die Sonne einen sanften Glanz verliehen. Ihre Lippen waren voll und verführerisch. Er fragte sich beiläufig, woher sie die Narben haben mochte, eine auf jeder Wange. Sie waren niedlich, waren geradezu sanfte Male unter ihren anmutigen Wangenknochen.

Er fluchte lautlos, während er abstieg und sein Schwert zog. Wenn er selbst ihre Narben noch schön fand, war sie noch gefährlicher, als sie aussah. Ewan wusste, wie einschüchternd er wirkte, und war deshalb ziemlich überrascht, dass sie nur ein einziges Mal langsam zwinkerte, ihn von oben bis unten musterte und sich dann wie ein Krieger anspannte, der sich auf einen Angriff einstellte.

»Es kann doch nicht sein, dass Ihr mit mir kämpfen wollt, Mädchen.« Er sah sie grimmig an.

»Und warum nicht?«, fragte Fiona.

»Weil ich ein Mann bin, größer und breiter als Ihr.«

Es war nicht möglich, das zu übersehen, dachte Fiona bei sich. Er musste ihre mageren Einssechzig, die sie nur erreichte, wenn sie sich äußerst gerade hielt, mindestens um dreißig Zentimeter überragen. Vermutlich war er sogar größer als ihre Brüder. Er besaß breite Schultern, schmale Hüften und lange, gut geformte Beine. Sein locker sitzendes Wams und seine ebenfalls locker sitzenden Hosen verbargen die Stärke seines Körpers nur wenig.

Fiona wusste, dass ihr eigentlich die Knie zittern sollten, aber sie taten es nicht. Dies gab ihr Rätsel auf, denn in den harten Gesichtszügen dieses Mannes war keinerlei Weichheit zu finden. Sein Aussehen hatte etwas Raubtierhaftes. Vom Knochenbau her sah er gut aus, von den hohen Wangenknochen bis zu dem kräftigen Kinn, aber das Gesicht zeigte eine Härte, die jene erlesene Schönheit, die es eigentlich hätte haben müssen, raubte. Vermutlich war seine Nase einst lang und gerade gewesen, aber ein oder zwei Brüche hatten an der Nasenwurzel einen Höcker verursacht, der ihm einen falkenartigen Ausdruck verlieh.

Trotz seines finsteren Blickes konnte sie sehen, dass sein Mund gut geformt war und zu vollen Lippen tendierte. Seine Augen waren von einem faszinierenden Blaugrau – wie ein klarer Sommerhimmel, in den die Wolken der anbrechenden Nacht langsam Einzug hielten. Dabei hatte er Glück, dass er noch beide besaß, dachte sich Fiona, als sie einen Blick auf die Narbe warf, die sich von knapp oberhalb der rechten Braue über die rechte Wange bis zum Kinn hinunterzog und den Augenwinkel nur um Haaresbreite verfehlte.

Trotz allem lag in diesen Augen, in den langen, dichten Wimpern und eleganten, leicht gebogenen Brauen ein Hauch von Weichheit. Sein langes, volles pechschwarzes Haar, das mehrere Zentimeter über seine breiten Schultern hinunterhing, war seitlich vom Gesicht zu je einem Zopf geflochten, was den Eindruck von einem grimmigen, dunklen Krieger nur noch verstärkte.

Und er war in der Tat sehr dunkel. Selbst sein Kinn war dunkel, und etwas sagte Fiona, dass dies nicht von der Sonne herrührte. Man sah den schwarzen Schatten von Bartstoppeln, was sein Gesicht nur noch dunkler wirken ließ. Sie fragte sich, warum sie, die ihr ganzes Leben lang unter gut aussehenden blonden Männern verbracht hatte, diesen Mann so anziehend finden konnte.

»Mit mir wird es keinen Kampf geben«, sagte Ewan, der das Bedürfnis unterdrücken musste, sich vor ihrer eingehenden Musterung zurückzuziehen.

»Man sagt, dass ein Mann, je größer er ist, desto heftiger fallen wird«, murmelte sie.

»Dann müsste der alte Ewan eigentlich heftig den Boden erzittern lassen«, warf der junge Mann ein, der die Zügel des Pferdes dieses finsteren Mannes hielt. Die übrigen Männer kicherten.

»Ich werde nicht mit einem kleinen Mädchen kämpfen«, bekräftigte Ewan.

»Aha, das stellt eine Erleichterung dar, denn ich hege nicht unbedingt das Bedürfnis, über und über in Schweiß zu geraten und zu ermüden. Ich nehme also Eure Kapitulation an.«

»Ich habe nicht kapituliert.«

Diese tiefe, raue Stimme brachte Fionas Ansicht nach ein beeindruckendes Knurren hervor. »Wenn Ihr nicht die Absicht habt zu kämpfen und nicht die Absicht habt zu kapitulieren, was habt Ihr dann vor? Den ganzen Tag hier zu stehen und die Sonne abzuschirmen?«

Hätte Ewan es nicht für einen schwerwiegenden Fehler gehalten, dieser Frau den Rücken zuzukehren, hätte er seinen lachenden Männern einen finsteren Blick zugeworfen. »Jetzt, wo Ihr Euren kleinen Scherz hattet, schlage ich vor, dass Ihr kapituliert.«

Fiona war bewusst, dass sie kaum eine Alternative hatte, was ein ausgesprochen trotziges Gefühl in ihr wachrief. Zudem empfand sie noch immer keine wirkliche Angst. Er hatte sie weder angegriffen noch zu entwaffnen versucht. Die Heiterkeit seiner Gefolgsleute wies keine Spur von Wut oder Grausamkeit auf.

Und es lag ein Ausdruck im Blick des finsteren Kriegers, den sie seltsamerweise tröstlich fand. Es war der gleiche Blick, den ihr ihre Brüder zuwarfen, wenn sie sie für übermäßig lästig hielten und sich wünschten, sie sei keine Frau, damit sie ihr eines auf die Nase geben könnten. Fiona wusste instinktiv, dass dieser Mann sie genauso wenig schlagen würde, wie ihre Brüder es taten.

»Ich scherzte nicht«, antwortete sie und lächelte honigsüß. »Ich bin bereit, jetzt Eure Kapitulation entgegenzunehmen. Ihr könnt Eure Waffen ordentlich zu meinen Füßen aufstapeln.«

»Und was wollt Ihr mit einem Dutzend Gefangenen tun?«

»Euch gegen Lösegeld eintauschen.«

»Ich verstehe. Und von uns wird erwartet, dass wir einfach nur wie brave, kleine Jungen dasitzen und Euch erlauben, dass Ihr unseren Clan ausraubt.«

»Oh, ich möchte nicht Euren Clan ausrauben. Alles, was ich möchte, ist ein Pferd und ein wenig Proviant.«

»Ach, Ihr habt Eures verloren?«

»Vielleicht hatte ich nie eins.«

»Ihr seid meilenweit von jeder Zivilisation entfernt. Ich soll wohl glauben, Ihr seid einfach so aus dem Heidekraut entsprungen, was? Ihr albernes Weibsbild.«

»Weibsbild? Habt Ihr mich eben ›Weibsbild‹ geheißen?«

Ewan konnte sich nicht daran erinnern, jemals die gute Laune einer Frau derart schnell verschwinden zu sehen. Eben hatte er angefangen, ihr Spiel zu verstehen. Auf beinahe scherzhafte Weise hatte sie ihn auf die Probe gestellt, hatte versucht herauszufinden, ob er zu Gewalt gegen eine Frau angestachelt werden konnte. Sie hatte angefangen, sich zu entspannen. Jetzt schien es jedoch so, als hätte er sie mit einem einzigen schlecht gewählten Wort wieder in Anspannung versetzt und den Fortschritt ihrer eigentümlichen Verhandlung um mehrere Schritte zurückgeworfen. Bevor er etwas sagen konnte, um die Sache ins Reine zu bringen, mischte sich Gregor ein und machte alles noch schlimmer.

»Genau genommen nannte er Euch ›albernes Weibsbild‹.«

»Ich hasse es, wenn man mich ›Weibsbild‹ nennt!«

Sie steckte den Dolch weg, fasste das Schwert mit beiden Händen und griff derart schnell und anmutig an, dass Ewan vor Bewunderung starr war. So starr, dass er beinahe verwundet worden wäre. Er begegnete dem Angriff und erkannte dabei, dass es kaum mehr als ein Kratzer gewesen wäre, denn sie zielte nicht etwa auf lebensnotwendige Organe. Außerdem bemerkte er, dass sie gut geschult worden war. Ihr mochte die Kraft und Ausdauer fehlen, um einem Mann in einem langen, heftigen Kampf standzuhalten, aber sie hatte eindeutig die Geschicklichkeit und Beweglichkeit, um sich eine Aussicht auf Sieg zu erkämpfen. Ein glücklicher Zufall oder ein Fehler vonseiten des Mannes, und sie konnte einen Kampf gewinnen. Das Schweigen seiner Männer verriet Ewan, dass auch sie die Fähigkeiten dieser Frau erkannt hatten. Allerdings verstand er nicht, warum sie ihn angegriffen hatte. Ganz gewiss war es nicht, weil er ihr einen Namen gegeben hatte, den sie nicht mochte. Ewan fragte sich, ob dies irgendeine weitere Prüfung sei, eine, mit der sie seine Geschicklichkeit in Erfahrung bringen wollte oder wie sehr er sich bemühen würde, sie nicht zu verletzen.

Fiona wusste innerhalb von wenigen Minuten, dass dieser Mann ihr kein Leid zufügen würde. Er kämpfte gegen sie in Abwehrhaltung, und sie war sich sicher, dass das nicht seine übliche Art war. Gerade als sie sich überlegte, wie sie sich aus dieser Auseinandersetzung zurückziehen konnte, war sie auch schon zu Ende. Er wehrte den Schwung ihres Schwertes ab und kam, auf welche Weise auch immer, nur wenige Zentimeter von ihr entfernt zum Stehen. Als Nächstes wurde Fiona bewusst, dass sie ihr Schwert nicht mehr in der Hand hielt, ihr die Füße weggezogen wurden und sie flach auf dem Rücken landete, und das so hart, dass ihr die Luft wegblieb. Während sie um Atem rang, machte sie sich auf den Schlag gefasst, mit dem sein Körper auf ihrem landete. Es überraschte sie nicht nur, sondern beeindruckte sie, als er es irgendwie schaffte, sie völlig auf den Boden zu drücken, ohne dass viel von dem Gewicht seines Körpers auf ihr lastete.

»Sind wir jetzt mit diesem mühseligen Unsinn durch?«, fragte Ewan fordernd, wobei er mühsam versuchte, das Gefühl ihres Körpers unter seinem zu ignorieren und die verführerischen Bilder, die dieses Gefühl in seinem Kopf auslösen wollte, abzuschütteln.

»Ja«, erwiderte Fiona, die ein wenig keuchte, als sie wieder atmen konnte. »Ich nehme Eure Kapitulation jetzt an.« Dieser Mann konnte wirklich beeindruckend knurren, dachte sie bei sich und wunderte sich gleichzeitig, warum dieses raue Geräusch ihr kleine, angenehme Schauer den Rücken hinunterjagte.

»Es reicht«, fuhr er sie an. »Ihr seid jetzt meine Gefangene. Habt Ihr noch weitere Waffen?« Während er fragte, nahm er ihr den Dolch, den sie an der Taille trug, aus der Scheide und warf ihn weg. Sein Bruder Gregor tauchte schnell auf und sammelte ihn zusammen mit ihrem Schwert ein.

»Nein«, antwortete sie und konnte an der Art und Weise, wie er seine Augen zukniff, ablesen, dass er ihre Lüge durchschaut hatte.

»Übergebt Eure Waffen, Frau.«

»Ich sagte Euch bereits, dass ich keine weiteren habe.« Fiona fragte sich, ob das Messer, das sie im Kreuz in der Scheide stecken hatte und das ihr schmerzvoll in den Rücken drückte, ihre Fähigkeit zu lügen behinderte.

Dieser Gedanke war ihr kaum in den Sinn gekommen, als sie sich schon mitten in einem wilden Ringkampf mit dem Mann wiederfand, der versuchte, sie nach Waffen abzusuchen. Sie verspürte einiges Vergnügen bei seinen Flüchen und Grunzlauten, die offenbarten, dass sie ihm wenigstens Mühsal bereitete. Unglücklicherweise ließ er sich davon aber nicht abhalten. Rasch fand er all ihre Messer. Sein Fluchen verstärkte sich, als er die beiden herauszog, die sie unter den Ärmeln ihres Wamses an ihren Handgelenken festgeschnallt hatte, die beiden, die in ihren Stiefeln gesteckt hatten, und das, das in ihrem Rücken in der Scheide versteckt war. Er entdeckte sogar die raffinierten Schlitze in ihren Hosen, die ihr erlaubten, nach den Messern zu greifen, von denen je eines an ihren Oberschenkeln befestigt war, und nahm sie an sich. Ihre ganze Gegenwehr brach unvermittelt in sich zusammen, als er mit seinen großen Händen und den langgliedrigen Fingern über ihre Brüste strich und das Messer, das dazwischen in seiner Scheide lag, fand. Er warf es dem, Mann zu, der ihre Waffen aufsammelte, und riss sie auf die Beine hoch. Sie wunderte sich, dass sie noch immer die Wärme seiner Berührung spüren konnte.

Ewan starrte auf die Anhäufung von Waffen, die ein breit grinsender Gregor auftürmte. Ihm wurde plötzlich bewusst, dass sie in jedem Augenblick ihrer Auseinandersetzung eines ihrer bestens versteckten Messer ziehen und auf ihn werfen oder es ihm zwischen die Rippen hätte jagen können. Er zweifelte nicht daran, dass sie es schnell, ungesehen und mit tödlicher Genauigkeit getan hätte. Offenbar hatte er bei keiner der Proben, denen sie ihn unterzogen hatte, versagt. Als er sie ansah, lächelte sie honigsüß, und er wurde sofort misstrauisch.

»Noch mehr?«, wollte er wissen.

»Natürlich nicht.« Eine ganze Minute lang hielt sie dem Blick, den er ihr aus zu Schlitzen verengten Augen zuwarf, stand, bevor sie aufseufzte. »Nur eins.«

»Gebt es mir.«

Er machte große Augen, als sie hinter ihren Kopf langte und ein Messer aus den üppigen Windungen ihres Zopfes zog. Sie klatschte es ihm in die ausgestreckte Hand, und er untersuchte es, wobei er die Heiterkeit seiner Männer überging. Es war lang, hatte eine schmale Klinge und steckte in dickem, weichem Leder. Das Heft war so gearbeitet, dass es nach nichts weiter als Haarschmuck aussah, dennoch war es bestens zu gebrauchen.

»Warum seid Ihr so schwer bewaffnet?«

»Na, weil es nicht klug wäre, ohne ein paar Waffen herumzureiten.« Fiona löste ihren Schwertgürtel und warf ihn zu den anderen Waffen. Danach begann sie die Scheiden jener Waffen zu entfernen, die sie diskret erreichen konnte.

»Es ist überhaupt nicht klug herumzureiten – egal wie gut bewaffnet Ihr seid.«

Sie funkelte ihn an, und er versuchte sich auf ihre schlechte Laune zu konzentrieren, was nicht leicht war. Sein Blick war auf die Stelle gefallen, an der ihre Hand in die klug angebrachten Schlitze ihrer Hosen geglitten war, um die Messerscheiden von ihren schlanken Oberschenkeln zu entfernen. Ewan konnte sich allzu gut an diese weiche Haut erinnern. Es hatte ihn eine Menge Willenskraft gekostet, dem Wunsch, dort zu verharren und diese weiche Haut zu streicheln, zu widerstehen und sich ins Gedächtnis zu rufen, dass er sie unter den belustigten Blicken seiner Männer entwaffnete.

Schlimmer noch, seine Handflächen schmerzten noch immer von dem Bedürfnis, einmal mehr diese festen, vollen Brüste zu fühlen. Viel zu kurz hatte er bei der Suche nach weiteren Waffen gespürt, wie perfekt sie sich in seine Hände schmiegten. Trotz ihrer Kleidung und der Tatsache, dass sie vor Waffen nur so strotzte, konnte er nicht übersehen, dass sie eine Frau war, eine weiche, verführerische Frau. Schlimm war auch, dass er unfähig zu sein schien, sein Verlangen nach ihr zu ignorieren.

»Wie heißt Ihr?«, fragte er sie, während Gregor all ihre Waffen in seinen Sack warf.

»Fiona«, antwortete sie. Seinem unnachgiebigen Blick, der nach mehr Information verlangte, begegnete sie mit einem Lächeln.

»Fiona und wie weiter? Welcher Clan? Welcher Ort?«

»Erwartet Ihr von mir, dass ich Euch lieb und nett antworte und Euch alles in die Hände spiele, was Ihr braucht, um mich und die Meinen zu berauben?«

Ewan kam zu dem Schluss, dass Klugheit bei einer Frau außerordentlich ärgerlich sein konnte. »Wohin seid Ihr unterwegs gewesen?«

»Zu keinem bestimmten Ort. Ich ritt nur herum und genoss den seltenen sonnigen Tag.«

»Wieso seid Ihr dann hier gestrandet?«

»Na ja, mein Pferd ist ein störrisches Biest. Es ging durch. Ich glaube, ich habe mir den Kopf am Sattel oder so angeschlagen, denn nach dem wilden Ritt war ich einigermaßen benommen. Als ich schließlich wieder zu Bewusstsein kam, bewegte sich das verdammte Biest langsamer, aber sobald ich versuchte, die Zügel, die mir entglitten waren, wieder zu packen, ging es erneut durch. Nach einem weiteren langen wilden Ritt warf es mich zu Boden und ließ mich hier zurück.«

»Ist das da das Biest?«

Fiona lenkte ihren Blick in die Richtung, in die er zeigte, und fluchte leise. Der große graue Wallach stand nur wenige Schritte entfernt und weidete sich müßig am weichen Gras. Hätte sie gewusst, dass er so nah war, hätte sie versucht, ihn einzufangen, und wäre vielleicht sogar den Schwierigkeiten, in denen sie sich jetzt befand, entflohen. Dann seufzte sie und nahm ihr Schicksal hin. Sie hatte wirklich ein Pferd nötig gehabt, doch dieses unangenehme Vieh hätte sich nie und nimmer einfangen lassen.

»Ja, das ist es.«

»Auf welchen Namen hört es?«

»Auf verschiedene, genau genommen. Wenn er besonders störrisch ist, benützt man am besten ›Verdammter‹.«

»Verdammter? Ihr nennt Euer Reitpferd tatsächlich ›Verdammter‹?«

»Das ist die Abkürzung für ›Verdammter Stachel im Hintern‹. Außerdem nennt man ihn auch ›Fluch für die Menschheit, ›Satansbraten‹ ...« Sie unterbrach sich, als er die Hand hob.

»Vielleicht wäre er nicht so störrisch, wenn Ihr ihm einen anständigen Namen geben würdet«, warf Ewan ein.

»Er hat einen, er heißt ›Sturmwolke‹. Allerdings reagiert er darauf nicht sehr oft. Und er hat sich die anderen sehr wohl verdient.«

»Warum reitet Ihr ihn denn, wenn er so viele Probleme macht?«

»Er ist groß, kräftig, schnell und kann meilenweit laufen, ohne eine Pause zu brauchen. Natürlich ist das im Augenblick nicht so angenehm«, schimpfte sie und warf einen wütenden Blick auf das Pferd, das sie anschaute, wieherte und seinen edlen Kopf hochwarf, als ob es auf ihre Kosten herzhaft lachen würde.

»Bleibt hier«, befahl Ewan. »Gregor, pass auf sie auf.« Er ging auf das Pferd zu.

Fiona verschränkte die Arme über der Brust und beobachtete, wie er sich Sturmwolke näherte. Zu ihrer völligen Überraschung und mit einem Aufflackern äußerster Entrüstung sah sie zu, wie mühelos dieser Mann Sturmwolke einfing. Das Pferd unternahm nicht einmal den Versuch, ihm zu entwischen, sondern schien absolut hingerissen von ihm zu sein. Sie fluchte, als Ewan es zu ihr zurückführte. Als das Pferd sie anschaute und sie mit einer Art Pferdelachen bedachte, streckte sie ihm die Zunge heraus. Ihre Geiselnehmer fanden das eines herzhaften Lachens wert. Selbst der große Mann, der Sturmwolkes Zügel hielt, grinste.

»Vielleicht würde er Euch gegenüber freundlicher empfinden, wenn Ihr liebevoller mit dem Biest sprecht«, schlug Ewan vor.

»Ich habe mit ihm liebevoll gesprochen, anfangs, als ich ihn noch für ein vernünftiges Tier hielt«, gab Fiona zurück. »Ich habe so liebevoll gesprochen, dass aus jedem Wort Honig floss. Es hat nie funktioniert. Schaut her.«

Sie trat näher an das Pferd heran und sprach einschmeichelnd zu ihm: »Was bist du für ein toller Kerl, Sturmwolke. Groß, kräftig, ein schöner Anblick.« Sie konzentrierte sich darauf, mit gesenkter, lockender Stimme zu sprechen, und strengte sich an, ihn mit jedem nur erdenklichen Kompliment zu umwerben.

Ewan verlor schnell das Interesse an dem Spiel, das sie mit dem Pferd spielte. Er hatte sich fest in dem Zauber ihrer Stimme verfangen. Diese war tief, ein wenig heiser und gefährlich verführerisch. Die Schmeicheleien, mit denen sie die Ohren des Pferdes füllte, konnten sehr leicht auch bei einem Mann ihre Wirkung zeigen.

Er sah zu seinen Begleitern und bemerkte, dass sie ebenso oder annähernd so verführt waren wie er selbst. Ewan hoffte nur, dass sich ihre Körper nicht wie seiner vor Begehren strafften, sonst würde es vermutlich noch mehr Schwierigkeiten geben.

Gerade als er das Spiel beenden und den Bann, der von ihr ausging, brechen wollte, griff sie nach den Zügeln. Das Pferd senkte den Kopf und schob sie so energisch von sich, dass sie sich rücklings auf dem Boden ausstreckte.

Anschließend brachte Sturmwolke jenes wiehernde Geräusch hervor, das einem menschlichen Kichern allzu ähnlich schien. Ewan tat sein Möglichstes, um nicht zu lachen, doch die lautstarke Belustigung seiner Männer kostete ihn die Beherrschung.

Fiona fluchte leise, als sie wieder aufstand, und klopfte sich den Schmutz ab, bevor sie die lachenden Männer anfunkelte. »Ich nehme nicht an, dass Ihr mir erlaubt hättet, ihn zu reiten.«

»Nein, das hätte ich nicht«, gab Ewan zu. »Ihr seid unsere Geisel.«

»Darf ich erfahren, wer darauf sinnt, mich zu seinem Lager zu zerren, und versuchen will, die Geldbeutel meiner Verwandten zu leeren?«

»Wir sind die MacFingals. Ich bin Sir Ewan, der Laird of Scarglas, und der Mann, der mit Eurer enormen Ansammlung von Waffen beladen ist, ist mein Bruder Gregor. Den Namen der anderen könnt ihr erfahren, wenn wir das Nachtlager aufschlagen.«

»Und wie weit wollt Ihr mich mitnehmen?«

Während sie die Frage stellte, durchsuchte er ihren Sattel und ihr Gepäck und reichte Gregor ihr zweites Schwert und drei weitere Messer.

»Ihr habt zehn Messer und ein Schwert nicht für ausreichend gehalten?«

»Ich hätte in einem Kampf die eine oder andere Waffe verlieren können. Was macht Ihr da?«, wollte Fiona wissen, als er auf Sturmwolke aufsaß.

Ewan packte sie bei der Hand und war erleichtert, als sie sich behände hinter ihm aufschwang und keinen Wortwechsel vom Zaun brach. »Ich reite dieses Pferd. Es hat länger ausgeruht als meines. Euch nehme ich mit auf Scarglas, das etwas mehr als einen Tagesritt von hier entfernt liegt. Sobald wir dort angelangt sind, werdet Ihr mir erzählen, wer Ihr seid und woher Ihr kommt. Oder Ihr erspart uns allen eine Menge Ärger und tut es, bevor wir dort sind.«

Bevor sie ihm mitteilen konnte, wie gering seine Aussichten darauf waren, dass sie seinem Wunsch Folge leistete, hielt er Sturmwolke zum Galopp an und ließ ihr keine andere Wahl, als abzuwarten. Er mochte eine Menge Fragen an sie haben, wenn sie das Nachtlager aufschlugen, und sie würde ihm vielleicht sogar ein paar Antworten geben. Aber auch sie hatte ein paar Fragen zu stellen, zum Beispiel wer in aller Welt die MacFingals of Scarglas waren.

Kapitel 2

»Sie schimpft«, sagte Gregor, als er sich neben Ewan an den Baum lehnte und ihm bei der Beobachtung von Fiona Gesellschaft leistete.

Ewan musste fast lächeln. Sobald sie das Lager aufgeschlagen hatten, hatte er Fiona befohlen, das Essen zuzubereiten. Sie hatte ihm gehorcht, aber kein Geheimnis aus ihrer Verärgerung gemacht. Die Tatsache, dass einzig Simon, mit sechzehn der jüngste unter seinen Männern und sein Halbbruder, ihr half, schien sie nur noch mehr zu reizen. Wenn sie nicht gerade einem offensichtlich hingerissenen Simon mit liebenswürdigen Worten sagte, was er zu tun hatte, schimpfte sie tatsächlich. Ewan hatte nur ein paar Worte von ihrer verstimmten Litanei aufgefangen und beschlossen, dass es besser wäre, wenn er sich von ihr entferne.

»Ich nehme an, dass sie diese Aufgabe als erniedrigend empfindet, weil sie glaubt, sie sei ein Mann«, fuhr Gregor fort.

»Ich glaube nicht, dass sie sich für einen Mann hält«, murmelte Ewan.

»Aber ihre Geschicklichkeit mit Waffen ...«

»Sie wurde gezielt unterrichtet. Da bin ich mir ganz sicher. Und sie wurde gut unterrichtet.«

»Warum sollte jemand ein Mädchen im Kämpfen unterweisen?«

»Mir fallen eine Menge Gründe ein. Vielleicht eine gefährliche Knappheit an kampftauglichen Männern, vielleicht kommt sie von einem Ort, an dem regelmäßig Schlachten stattfinden, überall Gefahr lauert, oder vielleicht wurde sie überwiegend von Männern großgezogen, die nicht wussten, wie sie mit ihr umgehen sollten. Ich gebe Letzterem den Vorzug. Sie läuft in Knabenkleidung herum, als wäre sie an eine solche Aufmachung gewöhnt.«

Gregor beobachtete Fiona einen Augenblick lang prüfend und nickte. »Ja, das tut sie. Sie bewegt sich sogar eher wie ein Junge als ein Mädchen.«

»Sie scheint auch kaum Angst davor zu haben, mitten unter uns zu sein, eine einzelne Frau unter einem Dutzend Männer.«

»Vielleicht ist sie ja keine Jungfrau mehr und in jeder Beziehung an Männer gewöhnt.«

»Nein.«

»Du scheinst dir dessen sehr sicher zu sein.«

»So sicher, wie ich sein kann. Ich urteile aufgrund ihres Betragens.« Und, so gestand er sich selbst gegenüber widerwillig ein, aufgrund der Tatsache, dass er einen befremdlichen und heftigen Widerwillen gegen den Gedanken verspürte, dass Fiona von irgendeinem Mann berührt worden wäre, geschweige denn von vielen. »Sie trat uns mit Waffen gegenüber, ließ uns mit ihren Beleidigungen die Ohren heiß werden und versucht unser Vorhaben zu durchkreuzen, indem sie sich einfach weigert, uns ihren vollständigen Namen zu nennen und ihre Herkunft. Sie hat nicht den geringsten Versuch unternommen, mit einem von uns anzubändeln und ihre weiblichen Schliche einzusetzen. Und schau dir an, wie vernarrt unser Simon ist, dennoch macht sie von diesem Schwachpunkt in unseren Reihen keinen Gebrauch. In ihren Handlungen ist nicht einmal ein Hauch von Verführung zu erkennen.«

»Aha, ja. Sie scheint ihn wie einen jüngeren Bruder oder so etwas in der Art zu behandeln.« Gregor lächelte schwach. »Ganz sicher ist Simon deshalb so begeistert. Auf Scarglas haben ein paar Mädchen seinen Blick auf sich zu lenken versucht, aber er erweist sich als ziemlich schüchtern. Ich habe schon darüber nachgedacht, ihn bald zu einem Freudenmädchen mitzunehmen, das dem Jungen das eine oder andere beibringen könnte.«

Ewan dachte an damals zurück, als sein Vater ihn in das Bett einer Frau gestoßen und darauf bestanden hatte, dass es an der Zeit für ihn wäre, ein Mann zu werden. Er war fünfzehn gewesen, groß, spindeldürr und schmerzlich schüchtern. Außerdem war er allmählich entsetzt über den offensichtlichen Versuch seines Vaters gewesen, seinen eigenen Clan zu zeugen und seine jeweilige Gattin und viel zu viele andere Frauen Jahr für Jahr zu schwängern.

Ewan schauderte bei der Erinnerung an die Nacht, in der er seine Unschuld verlor. Es war eine Nacht voller Versagen, Peinlichkeiten und Ungeschicklichkeiten gewesen, und das alles in den Armen einer Frau mit hartem Blick, die ihn mindestens um sechzig Pfund an Gewicht übertraf und dringend ein Bad gebraucht hätte.

»Nein«, sagte er scharf, wobei er vorgab, Gregors überraschten Gesichtsausdruck nicht zu sehen. »Lass den Jungen. Er wird diesen Schritt machen, wenn er dazu bereit ist, und das ist die beste Art und Weise, es zu tun.«

Gregor zuckte die Achseln. »Wie du willst. Ich dachte nur, dass es ein bisschen lange dauert, bis ihn der Juckreiz überkommt.«

»Ich bin mir sicher, dass ihn der Juckreiz überkommen wird, aber es ist besser, wenn wir ihn selbst die Zeit zum Kratzen aussuchen lassen.« Er musterte Simon, der ihn sehr stark an sich selbst in jenem Alter erinnerte. »Er muss wahrscheinlich einfach nur darüber hinauskommen, sich selbst einzig und allein als Haufen spitzer Knochen und ein Paar viel zu großer Füße zu sehen.«

»Hast du dich so gefühlt?« Gregor schmunzelte, als Ewans einzige Antwort ein grimmiger Blick war.

»Nicht alle von uns sind mit deinem Selbstvertrauen und hübschen Gesicht gesegnet.«

»Danke, dass du nicht Eitelkeit sagtest.«

»Bitte. Natürlich könntest du gewisse Körperteile ab und zu zur Ruhe kommen lassen, bevor du sie noch ganz auslaugst.« Er musste fast schmunzeln, als Gregor einen verdutzten Blick auf seine Leistengegend warf und ihn dann anblitzte.

»Wir können nicht alle Mönche sein wie du«, knurrte Gregor.

»Ich bin kein Mönch«, raunzte Ewan.

Gregor verdrehte die Augen. »Einmal im Jahr mit einer Frau zu schlafen ist mönchisch. Ich habe keine Ahnung, wie du das schaffst.«

»Man nennt es Zurückhaltung. Das ist allemal besser, als ein ganzes Scheffel voll unehelicher Kinder zu zeugen.«

»Ich habe nur zwei. Wir haben alle versucht, das zu tun, was du von uns verlangt hast. Aber ein Mann hat seine Bedürfnisse, und wir besitzen nicht alle deine Kraft. Manche von uns können nicht anders, als sich die Frage zu stellen, ob diese Zurückhaltung der Grund für deine düstere Stimmung ist.«

Ewan seufzte und schüttelte den Kopf. Das war ein alter Streit. Es war schwierig, Zurückhaltung zu predigen, wenn der Clan-Älteste sie nicht aufbrachte. Die Tatsache, dass es innerhalb der Mauern von Scarglas viel zu viele Frauen gab, die ihre Gunst frei verschenkten, war ebenfalls nicht hilfreich. Seit er vor fünf Jahren seinem Vater den Sitz des Lairds entrissen hatte, konnte er einen gewissen Erfolg dabei verbuchen, allerdings nicht so viel, wie ihm lieb gewesen wäre.

Ewan sah zu Fiona und konnte nicht aufhören, sich zu fragen, was sie wohl über Scarglas und seine Bewohner denken würde.

»Vielleicht weckt dieses Mädchen Selbstvertrauen in dem Jungen«, murmelte Gregor. »Wenn Simon lernt, dass er mit einem so schönen Mädchen wie diesem ungezwungen zusammen sein kann, kann er vielleicht auch bei anderen eine gewisse Ungezwungenheit aufbringen. Na ja, sofern das Mädchen einige Zeit bei uns bleibt.«

»Ach, ich glaube, sie wird für lange Zeit unser Gast sein. Es sei denn, dir fällt etwas ein, wie man sie dazu bringen kann, uns genau zu erzählen, wer sie ist.«

»Wir können versuchen, sie zu verführen, um die Wahrheit aus ihr herauszubringen. Wohin gehst du?« Gregor sah sich zu der Frage veranlasst, als Ewan, nachdem er ihm einen einzigen wütenden Blick zugeworfen hatte, in den Wald marschierte.

»Auf die Jagd. Ich versuche lieber ein Tierchen zu erlegen und Fleisch auf unseren Tisch zu bringen, als mein Schwert in dich zu rammen. Ich würde vielleicht anfangen, das in ein, zwei Jahren zu bedauern.«

Ewan war nicht überrascht, als er bald darauf hörte, dass Gregor ihm folgte. Die Gefahren, die ihn und seine Familie umgaben, brachten es mit sich, dass ihm nie erlaubt war, alleine unterwegs zu sein. Er wusste auch, dass er nicht jagen, sondern nur etwas einfangen würde, falls es ihm in den Weg lief. Es ärgerte ihn, sich eingestehen zu müssen, und sei es nur sich selbst gegenüber, dass er dem Reiz von Gregors Vorschlag entfliehen wollte.

Eine so schöne Frau wie Fiona verführen? Das war lächerlich oder wäre es wenigstens gewesen, hätte es nicht so viele Gedanken und Gefühle geweckt, die er so mühsam tief in sich zu verschließen suchte. Er war ein großer Mann, von finsterem Aussehen und finsterem Wesen. Fiona war ein einziger Sonnenstrahl, wunderschön, geistvoll und so voller Leben. Sie befand sich derart weit außerhalb seiner Reichweite, dass es schon beinahe schwindelerregend war, sie anzusehen. Er war erst wenige Stunden in ihrer Gesellschaft und musste bereits ein Sehnen nach etwas bekämpfen, von dem er wusste, dass er es niemals haben konnte. Irgendwie musste er herausfinden, wer sie war, sie gegen Lösegeld eintauschen und sie aus seinem Leben verbannen, bevor er seinen Sehnsüchten unterliegen und versuchen würde, die Hand nach ihr auszustrecken und sich restlos zum Narren zu machen.

***

»Wo hat ein Mädchen von Stand gelernt, so gut zu kochen?«, fragte Simon, der ausgiebig und anerkennend an dem Haseneintopf, den Fiona zubereitete, schnupperte.

»Wie kommst du auf die Idee, dass ich von Stand bin?« Fiona rührte in dem Eintopf und fragte sich, ob er für so viele Leute reichen würde. Sie hatte zwei volle Töpfe auf den beiden Feuerstellen brodeln, die Simon errichtet hatte, doch zwölf Männer konnten den Inhalt wahrscheinlich innerhalb von Minuten verschlingen.

»Ihr mögt nicht wie eine Dame gekleidet sein oder Euch so verhalten, aber ich weiß, dass Ihr eine seid. Eure Kleidung und Waffen, selbst Euer Pferd sind einem hohen Stand gemäß. Ihr sprecht sogar sehr gut. Und« – Simon wurde rot – »Ihr seid sauber und duftet sehr angenehm.«

»Also gut, ich bin von Stand, aber während meiner Kindheit lebten wir wie die ärmsten Kleinbauern.« Sie warf die wilden Bohnen, die einer der Männer gesammelt hatte, in den Eintopf und lächelte Simon zu, der jetzt offensichtlich eine Geschichte erwartete. »Für viele Jahre nahmen sich mein Clan und zwei andere gegenseitig auseinander. Schließlich kam eine Zeit, in der nichts weiter mehr übrig war als Schutt, abgebrannte Felder, abgeschlachtete Viehbestände, Witwen und Waisen. Wir, die wir die letzte Schlacht, in der die Lairds und viel zu viele der erwachsenen Männer getötet worden waren, überlebten, standen aus der Verwüstung auf und gelobten, dass all das mit diesem Tag ein Ende haben würde. Keine Fehde mehr, kein Töten, keine Überfälle und all das. Und so war es. Wie dem auch sei, Überlebenskampf und Wiederaufbau kosteten uns unsere wenigen Mittel. Alle von uns, vom Ärmsten bis zum Laird, legten bei jeder Tätigkeit, die erledigt werden musste, Hand mit an.«

»Hat man Euch deshalb das Kämpfen beigebracht?«

»Ja, obwohl der Friede Gott sei Dank gehalten hat und es kaum Kämpfe gab. Trotzdem, wir waren so geschwächt, dass wir für jeden leichte Beute gewesen wären. Es war ein hartes Leben, ein sehr hartes, dennoch ist manches Gute daraus entstanden. Wir haben uns alle eine umfangreiche Sammlung von Fertigkeiten erworben, und ich glaube, wir stehen uns, naja, näher als andere. Wir müssen nicht mehr jeden Tag ums Überleben kämpfen, aber wir wissen, dass wir es können, wenn es nötig sein sollte, und wir wissen, dass jeder Mann, jede Frau, jedes Kind im Clan dasselbe kann, bereitwillig und geschickt. Das ist eine gute Sache.«

»Stimmt«, pflichtete ihr Simon bei. »Aber Ihr müsst doch trotzdem einen Laird haben, oder? Einen, der über den anderen steht?«

»Einen, der die anderen anführt, ja. Aber aufgrund dessen, was wir erlitten haben, ist sich jeder sicher, dass unser Laird, wenn es denn sein müsste, Seite an Seite mit seinen Leuten arbeiten würde. Egal ob es darum geht, ein Feld zu bestellen oder ein Strohdach einzudecken. Sie wissen auch, dass er sich nie den Bauch füllen oder warm in der großen Halle sitzen würde, während sie hungern oder vor Kälte zittern müssen.

Und dann ist da noch das äußerst beruhigende Wissen, dass ihr Laird sie nicht auf das kleinste Anzeichen einer Beleidigung hin in einen Krieg verwickeln würde, dass er sich nicht durch Stolz davon abhalten lassen würde, einen Kompromiss oder eine weniger blutige Lösung zu finden. Auch das ist äußerst beruhigend.«

»Es muss schön sein. Unser alter Laird kämpft gegen jeden, oder hat es getan. Vor fünf Jahren hat Ewan die Führung als Laird übernommen, und er arbeitet kräftig daran, sich Verbündete zu schaffen. Es funktioniert nicht sonderlich gut, denn unser Vater hat sich einige erbitterte Gegner geschaffen.«

»Oh, du bist auch ein Bruder von Sir Ewan?«

»Halbbruder, unehelich geboren. Von uns gibt es ziemlich viele. Bei der letzten Zählung waren es beinahe ein Dutzend.«

Und was konnte einem das sagen?, überlegte Fiona. Da ihr Bruder Diarmot fünf uneheliche Kinder hatte, wäre es einigermaßen scheinheilig gewesen, so etwas zu verurteilen. Dennoch schien der alte Laird zu weit gegangen zu sein. Vermutlich war diese zügellose Lasterhaftigkeit einer der Gründe dafür, dass Sir Ewan jetzt der Laird war. Das und der Hinweis, den Simon gegeben hatte, dass nämlich der alte Laird eine wahre Begabung darin hatte, Leute zu provozieren, wodurch sein Clan von Feinden umzingelt war. Fiona fragte sich, zu was für einem Ort man sie wohl bringen würde.

Einen kurzen Augenblick zog sie in Betracht, Sir Ewan zu sagen, wer genau sie war, damit sie schnell gegen Lösegeld eingetauscht werden konnte und nach Hause zurückkehren durfte. Doch dann schüttelte sie innerlich den Kopf. Ihr Clan war nicht so wohlhabend und konnte sich nicht leisten, dass seine Truhen geleert würden, nur weil sie dumm genug gewesen war, sich zu verirren und gefangen genommen zu werden. Ihre Familie würde sich Sorgen um sie machen, aber es gab keine Möglichkeit, die Familienmitglieder wissen zu lassen, dass es ihr gut ging, ohne sie möglicherweise maßlosen Lösegeldforderungen auszusetzen. Genau genommen brachten die Probleme, in denen sie sich jetzt befand, einen kleinen Vorteil mit sich, allerdings fühlte sie sich ein wenig schuldig, weil sie überhaupt darüber nachdachte: Menzies würde sie nicht finden, und sie würde egoistisch sein und dies genießen.

Fiona erklärte das Essen für fertig, nahm sich ihren Teil und drängte Simon, dasselbe zu tun. Sir Ewan und Gregor kamen gerade wieder ins Lager zurück, als sie den Männern sagte, dass sie essen könnten. Sie entfernte sich schnell und setzte sich mit dem Rücken an einen Baum. Simon schlüpfte zu ihr und reichte ihr einen Kanten Brot, wofür sie ihm dankbar zulächelte.

»Dein Laird reist bestens mit Proviant ausgestattet«, murmelte sie.

»Ach, das Brot bekamen wir von zwei Schwestern, die von unserem Gregor recht angetan waren«, erklärte Simon. »Die Mädchen stehen auf Gregor.« Simon schüttelte den Kopf. »Ihr müsst wissen, dass er zwei uneheliche Kinder hat. Das verleiht einem Mann einen Makel. Einen Makel, den er nie wieder loswird. Er zeichnet auch das Mädchen, das das Kind austrägt.«

Fiona nickte. »Das stimmt in der Tat. Ich habe einen Bruder, der fünf uneheliche Kinder hat, wobei er vielleicht nicht von allen der Vater ist. Die Frauen behaupteten, es seien seine, als sie die Kinder an seiner Türschwelle ablegten, und er nahm sie auf. Er hat großes Glück, denn seine neue Frau hat sie ebenfalls akzeptiert.«

»Oh, das ist gut. Meine Mutter hat einen Mann gefunden, aber der wollte mich nicht um sich haben, also hat Ewan mich zu sich genommen. Ich war noch ein kleines Kind, erst drei Jahre alt, und brachte dem Mann keinen Nutzen. Ich war nur ein weiterer Mund, den man füttern musste. Es war besser so. Hätte er mich behalten, würde ich mich damit abmühen müssen, auf unfruchtbarem Land Getreide anzubauen oder ein paar Viecher am Leben zu erhalten, um sie für einen Hungerlohn zu verkaufen. Stattdessen werde ich zum Krieger ausgebildet.«

Es war nicht einfach, aber Fiona äußerte ein zustimmendes Murmeln. Sie würde ihm niemals zeigen, welch großes Mitleid sie für ihn empfand. Es rührte aus dem Gedanken an einen kleinen vaterlosen Jungen, der von seiner eigenen Mutter verstoßen worden war. Simon hatte recht, wenn er meinte, dass er jetzt ein besseres Leben führte, als er es sonst wohl gehabt hätte. Vermutlich erfuhr er unter seinen Halbbrüdern und den anderen auch Akzeptanz, wenn nicht gar eine raubeinige Zuneigung. Die Seele dieses Jungen musste einige Verletzungen aufweisen, doch seine liebenswerte, schüchterne Art ließ vermuten, dass sie nicht sehr tief gingen. Simon hatte überlebt und er gedieh. Und das war letzten Endes das Allerwichtigste.

Sie wurde durch die anderen Männer von ihren Gedanken über Simons traurige Anfänge abgelenkt. Einer nach dem anderen warf seinen leeren Teller vor ihr auf den Boden. Fiona nahm an, dass die Grunzlaute, die sie dabei von sich gaben, ein Dankeschön oder Lob sein sollten. Sie erwarteten nun eindeutig, dass sie abwusch und aufräumte. Das war zwar ärgerlich, kam aber nicht überraschend. Allerdings wirkte der amüsierte Gesichtsausdruck von Sir Ewan auf ihre Stimmung wie peinigende Nadeln in der Haut. Einzig Simons hastiges Angebot, ihr zu helfen, rettete diesen Mann vor ein paar kräftigen Ohrfeigen. Mit leisem Murren räumte sie zusammen mit Simon die Überreste der Mahlzeit, die man ihr befohlen hatte zu kochen, auf und wusch ab.

***

»Was hast du vor?«, fragte Ewan Gregor, der sorgfältig den Rücken seines Bruders musterte, während sie sich von Fiona und Simon entfernten.

»Ich halte nach den Dolchen Ausschau«, gab Gregor ironisch zurück und grinste.

Ewan lächelte flüchtig. »Es ist wirklich ein Glück, dass ich alle Messer fand. Ich glaube, ich bin Simon noch etwas schuldig für seine schnelle Reaktion, mit der er mich vor einer ordentlichen Tracht Prügel gerettet hat.« Er kicherte und war beinahe so überrascht wie Gregor.

»Du findest es lustig, dass sie aussah, als würde sie dich aufschlitzen wollen?«

»Ja. Es ist saubere, klare Wut. Ganz wie die eines Mannes oder Jünglings. Ich kann sie sehen, und vermutlich bin ich bald in der Lage zu sagen, was sie weckt. Das könnte sich als hilfreich erweisen.«

Gregor nickte. »Du kannst sie vielleicht dazu bringen, ein paar Wahrheiten auszuspucken, wenn du sie wütend machst.«

»Könnte sein. Es ist eine wesentlich bessere Idee als die, die du hattest«, fügte er mit leisem Knurren hinzu.

»Verführung ist ein bewährter Weg, um einer Frau Geheimnisse zu entlocken«, entgegnete Gregor. »Wenn du nicht das Bedürfnis hast, es zu versuchen, könnte ich –«

»Nein!« Ewan verzog innerlich das Gesicht über die Schnelligkeit und Heftigkeit, mit der er dies gesagt hatte. »Wir brauchen nicht noch mehr Feinde, und ich denke, wir schaffen uns welche, wenn man sie benutzt, bevor sie freigekauft wird.« Ewan kam zu dem Schluss, dass das sehr vernünftig klang, und überging tapfer den belustigten Gesichtsausdruck seines Bruders.

»Einverstanden. Soll ich sie nachts in Gewahrsam nehmen? Ich habe zwar keine Ahnung, wie, aber ich glaube, es muss sein. Vermutlich könnte uns das Mädchen eine Menge Probleme verursachen, wenn sie sich das in den Kopf setzt.«

Ewan fluchte leise, als er sich umdrehte, um zu Fiona zu sehen. Gregor hatte recht. Sie musste irgendwie in Gewahrsam genommen werden. Es würde nicht so schwierig sein, die Einteilung der Wachen, die er gemacht hatte, zu ändern, um sicherzustellen, dass sie die ganze Nacht streng bewacht würde. Zu seiner Bestürzung konnte er sich aber nicht dazu bewegen, diesen äußerst vernünftigen Plan umzusetzen. Ihm gefiel der Gedanke nicht, dass irgendeiner nah bei Fiona war, während sie schlief, oder die Möglichkeit erhielt, ihr Interesse zu wecken.

Völliger Blödsinn, dachte er verärgert. Und dazu eine Schwäche, die ihm leicht eine Menge Kummer einbringen konnte. Zurück auf Scarglas, gab es Orte, an die er gehen konnte, Arbeit, die er erledigen konnte, um sie nicht mehr zu sehen und nicht mehr an sie zu denken. Hier gab es keinen anderen Ort.

Er seufzte und sah seine eigene Widersprüchlichkeit ein. Er wollte nicht, dass ein anderer Mann zu lange in ihrer Nähe war, also musste er derjenige sein, der sie nachts bewachte. Er konnte dadurch vielleicht Antworten auf ein paar Fragen erhalten, zum Beispiel wie groß die Schwäche war, an der er litt, und wie schwer es sein würde, ihre Anziehungskraft auf ihn zu bekämpfen. Es konnte sich aber auch als eine sehr lange, schlaflose Nacht erweisen.

»Ich werde sie bewachen«, sagte er. »Die Nachtwache wurde bereits eingeteilt. Es ist einfacher, alles dabei zu belassen. Ich brauche nur ein kleines Stück Seil.«

»Seil?« Gregor folgte Ewan zu den Vorräten. »Du hast vor, sie zu fesseln?«

»Das wäre besser. Aber nein, ich habe keine Lust, den Männern erklären zu müssen, warum ein Mann meiner Größe die Notwendigkeit verspürt, ein so kleines Mädchen zu fesseln, nur damit er schlafen kann. Ich möchte sie an mich binden, damit sie nicht während der Nacht entwischen kann.«

Ohne ein weiteres Wort zu Gregor ging Ewan zu Fiona, die eben mit ihrer Aufgabe, die Essensreste zu beseitigen und abzuwaschen, fertig war. Ihre wundervollen Augen weiteten sich, als sie das Seil in seiner Hand bemerkte, und verengten sich anschließend zu Schlitzen. Bevor sie allerdings zurückweichen konnte, hatte er bereits mit einer Hand ihre beiden schmalen Handgelenke ergriffen. Er sah, wie sich ihr Bein anspannte, als sie es nach hinten zog.

»Ich werde nicht gerade begeistert sein, falls Ihr mir einen Fußtritt versetzt«, bemerkte er gedehnt, während er sie zu der Stelle zerrte, wo Gregor hastig eine Schlafdecke für sie beide ausbreitete.

»Na, das würde mich doch fast die ganze Nacht zu Tränen rühren.« Fiona gab die fruchtlosen Bemühungen, ihre Handgelenke zu befreien, auf. Der Griff dieses Mannes tat nicht wirklich weh, war aber nicht aufzubrechen. »Und was habt Ihr mit diesem Seil vor?«

Ewan gab keine Antwort. Ein Ende des Seils band er um ihre Handgelenke, das andere um eines seiner Handgelenke. Nachdem er geprüft hatte, ob die Fessel hielt, begegnete er ihrem Blick. Sie sah aus, als wollte sie ihm das Seil um den Hals winden und ihn erwürgen – und zwar langsam. Er fragte sich, warum er das lustig fand, und kam zu dem Schluss, dass die Lust ihm den gesunden Menschenverstand raubte.

Fiona gab ihm im Stillen jeden nur erdenklichen Schimpfnamen, den sie kannte, während er sie sanft, aber bestimmt auf die Decke hinunterschob. Er streckte sich neben ihr aus und breitete eine zweite Decke über ihnen aus. Als er einen Arm hinter den Kopf legte und den, an den sie gefesselt war, über seine Magengrube, war sie gezwungen, sich auf die Seite zu drehen und ihn anzusehen.

»Ich nehme an, Ihr würdet meinem Ehrenwort, nicht zu fliehen, keinen Glauben schenken, oder?« Sie schob sich ein wenig hin und her, um eine bequeme Stellung zu finden.

»Nein. Ich weiß schließlich nicht, wer Ihr seid, und Ihr habt nicht die Absicht, mir das zu sagen, oder, Fiona-von-den-zehn-Messern?«

Beinahe hätte sie über den Namen, den er ihr gegeben hatte, lachen müssen, verzog aber stattdessen das Gesicht. Fiona-von-den-elf-Messern wäre besser gewesen, denn das hätte bedeutet, dass sie noch eines versteckte und sich hätte befreien können. Er hätte Schlimmeres tun können, um sicherzustellen, dass sie ihm nachts keine Probleme bereitete, aber das hier würde das Schlafen schwierig machen.

Und auch diese erzwungene Nähe würde es tun. Fiona erkannte dies, als ihr einige beunruhigende Tatsachen bewusst wurden. Sie war sich des großen, kräftigen Körpers, der ihrem so nah war, viel zu gegenwärtig. Er fühlte sich verführerisch warm an und roch angenehm und reinlich. Seinen ganz persönlichen Geruch empfand sie als gefährlich anziehend. Unvermittelt erinnerte sie sich an ihren Ringkampf, während er sie um ihre Waffen erleichterte. Röte überzog ihre Wangen, als sie den Wunsch verspürte, diese großen Hände erneut auf ihrem Körper zu spüren; nur dass sie dieses Mal bleiben und sie liebkosen sollten. Das war Irrsinn, doch sie wusste im Innersten, dass es sehr schwer sein würde, sich davon zu heilen.

Fiona schloss die Augen und versuchte, ihre Angst vor Fremden, vor Männern neu zu beleben, die Menzies' perverse Nachstellungen in ihr erzeugt hatten. Sie kehrte aber nicht zurück. Aus Gründen, die nur es selbst kannte, erlaubte ihr Herz es nicht, dass sie vor diesem großen, dunklen Mann Angst hatte. In ihr wurden Gefühle zum Leben erweckt, die sie noch nie zuvor, bei keinem einzigen Mann, erfahren hatte. Etwas in ihr wollte diese Gefühle wachsen und hochkommen lassen. Etwas anderes, Vernünftigeres in ihr wollte sie begraben. Dies war nicht nur eine äußerst schlechte Zeit, um festzustellen, dass sie sich zu einem Mann hingezogen fühlen konnte, ja sogar Leidenschaft für ihn empfinden konnte, nein, es konnte sich als eine ausgesprochen unkluge Wahl herausstellen. Nachdem sie innerlich ausgiebig und heftig geflucht hatte, bemühte sich Fiona, ihren Kopf von allen beunruhigenden Gedanken zu leeren. Vielleicht konnte sie nach etwas Schlaf die Kraft finden, Distanz zu gewinnen und alles klarer zu sehen.

Ewan riskierte es, einen Blick auf die Frau zu werfen, an die er gefesselt war, und er verweilte, als er feststellte, dass sie eingeschlafen war. Die Weichheit, die der Schlaf auf ihr Gesicht zauberte, und das Mondlicht ließen sie noch schöner erscheinen. Insgeheim fluchend, musste er zugeben, dass er dieses kleine herzförmige Gesicht sehr lange betrachten konnte, ohne dessen müde zu werden. Ewan war klar, dass viele Männer Fiona wegen der Narben in ihrem Gesicht für nicht makellos halten würden, doch in seinen Augen taten sie ihrer Schönheit keinen Abbruch.

Er krampfte die Hände zu festen Fäusten zusammen, um das Bedürfnis zu unterdrücken, Fiona zu berühren. Die Erinnerung an die seidige Wärme ihrer Haut, die er während seiner Suche nach Waffen unter seinen Händen verspürt hatte, war schwer zu verbannen. Nein, musste er sich eingestehen, es war sogar unmöglich. Er brannte darauf, diese Wärme einmal mehr zu spüren, über ihr zu verweilen, angefangen bei den Sohlen ihrer kleinen Füße bis hinauf zu ihrer sanften Stirn.

Allein der Gedanke daran, sie zu berühren, erregte ihn rasend schnell bis zu einem schmerzhaften Grad. Ewan wollte spüren, wie sich diese festen, vollen Brüste in seine Handflächen schmiegten. Er wollte, dass sich ihre langen, kräftigen Beine um seine Hüften schlangen. Er wünschte sich verzweifelt, zu hören, wie sie seinen Namen herausschrie, während sie in den Qualen der Leidenschaft verfangen war, die er in ihr weckte.

Es war Irrsinn. Die Träume eines Verrückten. Er war groß, von düsterem Aussehen und düsterem Gemüt und hatte schlimme Narben. Die Frauen scharten sich nicht um ihn, wie sie es um Gregor taten. Einmal im Jahr verbrachte er eine Nacht mit einem Freudenmädchen, das sein Geld nahm und niemals darum bat, dass er bald wiederkäme. Hatte jemals eine Frau seinen Namen herausgeschrien, dann war es aus Angst geschehen.

Ewan schloss die Augen und schwor sich, dieses Gefühl des Hingezogenseins abzutöten. Aus vielerlei Gründen hatte er sich entschieden, allein zu bleiben. Sollte er nicht auf der Hut und gegenüber seinen Gefühlen wachsam sein, so war zu befürchten, dass seine liebenswerte Geisel ihn mühelos dazu bringen konnte, seine Meinung zu ändern und nach etwas zu greifen, das er niemals haben konnte.

Kapitel 3

Fiona träumte, dass ihr Pferd sie zu Boden warf, davonlief und sie ihrem Schicksal überließ. Sie machte ein böses Gesicht und fragte sich, warum sie das Gefühl hatte, dass das störrische Biest sie abgeworfen und sich dann auf sie geworfen hätte. Noch immer mehr schlafend als wach, öffnete sie die Augen, sah aber weder Gras noch felsigen Boden, sondern nur eine Decke. Das ergab keinen Sinn. Man breitete keine Decken aus, um jemanden aufzufangen, der von seinem Pferd abgeworfen wurde.

Sie verdrängte die noch vorhandenen Nebel des Schlafes aus ihrem Kopf und hob eine Hand, um sich die Augen zu reiben. Fiona stockte der Atem. Ihre Handgelenke waren aneinandergefesselt.

Einen Herzschlag später kam die Erinnerung zurück, und nun war sie ganz wach. Auf ihr lag kein Pferd, das den ganzen Atem aus ihr herauspresste, sondern ihr Kidnapper.

Sie versuchte sich unter ihm herauszuwinden, doch er hatte sie fest auf die Decke gedrückt. Alles, was sie erreichte, war, das er so weit wach wurde, dass er seine Lage ein wenig veränderte. Fiona schnappte fast laut nach Luft, als sie gewahr wurde, was sich jetzt gegen ihr Hinterteil schob. Sie wurde nicht etwa nur von einem sehr großen Mann zerquetscht, sie wurde von einem sehr großen erregten Mann zerquetscht. Obwohl sie sich sagte, dass ihr Herzrasen auf ihre Angst zurückzuführen sei, wusste sie, dass sie sich belog. In ihr war der schwache Hauch eines Alarmsignals zu vernehmen, denn dieser Mann schien beeindruckend gut ausgestattet zu sein. Was sie allerdings wirklich beunruhigte, war das plötzliche Bedürfnis, ihre Hüften zu bewegen und sich an ihn zu drücken. Offensichtlich hatte der nächtliche Schlaf nicht alle ihre Sinne zurechtgerückt.

Sie spürte, wie er sich mit dem Gesicht in ihre Halsbeuge schmiegte, und Wärme überflutete ihren Körper. Noch während sie dieses Gefühl genoss, konnte sie die Frau ihres Bruders lachend sagen hören, dass ein Mann oft mit der Sonne hochkommen würde. Ihr Blut kühlte sich ab. Sir Ewan war vermutlich noch nicht einmal richtig wach. Er war einfach nur mit der Sonne hochgekommen, hatte einen warmen weiblichen Körper an seiner Seite gespürt und beabsichtigte, von diesem Gebrauch zu machen. In Ordnung, dachte sie beleidigt, wenn er vorhatte, sich zu schmiegen und zu reiben, dann sollte er wenigstens wissen, bei wem er das machte.

»Geht von mir runter, Ihr großer Ochse«, schimpfte sie und bewegte jeden Teil ihres Körpers, den sie nur bewegen konnte, in dem nutzlosen Unterfangen, ihn von sich zu drücken. »Ich kann nicht atmen.«

Ewan öffnete die Augen und starrte auf die Frau hinunter, auf der er sich ausgestreckt hatte. Er war müde, hatte wenig geschlafen, wachte aber schnell auf, als er sich der Stellung, in der er sich befand, bewusst wurde. Um Gottes willen, er hatte sich an ihren Hals geschmiegt und war hart wie ein Stein. Noch schlimmer, er hatte diesen Stein offenbar an ihrer wunderschönen Rückseite gerieben. Die Position, in der sie sich befanden, war so herrlich anzüglich, dass ihn die bloße Stärke seines Verlangens leicht erzittern ließ. Mit einem innerlichen Fluch bewegte er sich so schnell von ihr herunter, dass er heftig an ihren Handfesseln zerrte.

»Entschuldigt«, murmelte er, und da er hörte, wie seine Männer wach wurden, langte er mit der Hand hinüber, um sie loszubinden.