Die Stieftochter des Stars - Leni Behrendt - E-Book

Die Stieftochter des Stars E-Book

Leni Behrendt

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Beschreibung

Große Schriftstellerinnen wie Patricia Vandenberg, Gisela Reutling, Isabell Rohde, Susanne Svanberg und viele mehr erzählen in ergreifenden Romanen von rührenden Kinderschicksalen, von Mutterliebe und der Sehnsucht nach unbeschwertem Kinderglück, von sinnvollen Werten, die das Verhältnis zwischen den Generationen, den Charakter der Familie prägen und gefühlvoll gestalten. Mami ist als Familienroman-Reihe erfolgreich wie keine andere! Seit über 40 Jahren ist Mami die erfolgreichste Mutter-Kind-Reihe auf dem deutschen Markt! Seufzend schlug Elke die letzte Taste der Schreibmaschine an. Ein Blick auf die Uhr, und sie stellte erschrocken fest, daß sie schon wieder fast Mitternacht zeigte. Ach, es war kein leichtes Brotverdienen, wenn man als Übersetzerin den Lebensunterhalt für sich und ein Kind verdienen mußte. Aber was hätte es ihr genützt, eine gutbezahlte Stellung als Auslandskorres­pondentin anzunehmen, wenn ihr kleines Mädchen dadurch als Schlüsselkind hätte aufwachsen müssen? Nein, da zog sie die weniger gut bezahlte Arbeit zu Hause vor. So konnte sie den Haushalt nebenbei selbst versorgen und war ihrem Kind immer nah. Elke stand auf, streckte die steif gewordenen Glieder und ging nun, wie jeden Abend, ins Kinderzimmer hinüber. Dort schloß sie zunächst das Fenster, weil ein heftiger Wind aufgekommen war. Dann trat sie zu dem Bett, in dem Stefanie, genannt Steffi, mit verwirrtem Haar zusammengeringelt lag und fest schlief. Mein kleines Mädchen, dachte Elke zärtlich und zog die Steppdecke herauf, die wieder einmal halb aus dem Bett hing. Liebe Güte, wo waren die Jahre bloß geblieben! Und ich werde auch nicht gerade jünger, ging es ihr durch den Sinn, als sie wenig später im Bad vor dem Spiegel stand und sich kritisch musterte. Mit dreiunddreißig hatte man die besten Jahre hinter sich. Wirklich, war es so? Elke setzte ein Sonntagsgesicht auf, lächelte mild, löste die Spange im Nacken, so daß das dichte dunkle Haar das Gesicht weich umrahmte. Na also, stellte sie befriedigt fest, so konnte man noch für eine Endzwanzigerin durchgehen. Die paar winzigen Lachfältchen um die Augen sah man doch kaum, und sonst war die Haut doch noch straff und zart. Sie schnitt sich eine Fratze. Eule Gans, die sie doch war! Da schimpfte sie, wenn Steffi neuerdings Stunden vor dem Spiegel zubrachte.

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Mami Bestseller – 65 –

Die Stieftochter des Stars

Steffi fand sich nicht zurecht in ihrem neuen Leben

Leni Behrendt

Seufzend schlug Elke die letzte Taste der Schreibmaschine an. Ein Blick auf die Uhr, und sie stellte erschrocken fest, daß sie schon wieder fast Mitternacht zeigte.

Ach, es war kein leichtes Brotverdienen, wenn man als Übersetzerin den Lebensunterhalt für sich und ein Kind verdienen mußte. Aber was hätte es ihr genützt, eine gutbezahlte Stellung als Auslandskorres­pondentin anzunehmen, wenn ihr kleines Mädchen dadurch als Schlüsselkind hätte aufwachsen müssen?

Nein, da zog sie die weniger gut bezahlte Arbeit zu Hause vor. So konnte sie den Haushalt nebenbei selbst versorgen und war ihrem Kind immer nah.

Elke stand auf, streckte die steif gewordenen Glieder und ging nun, wie jeden Abend, ins Kinderzimmer hinüber.

Dort schloß sie zunächst das Fenster, weil ein heftiger Wind aufgekommen war. Dann trat sie zu dem Bett, in dem Stefanie, genannt Steffi, mit verwirrtem Haar zusammengeringelt lag und fest schlief.

Mein kleines Mädchen, dachte Elke zärtlich und zog die Steppdecke herauf, die wieder einmal halb aus dem Bett hing. Liebe Güte, wo waren die Jahre bloß geblieben!

Und ich werde auch nicht gerade jünger, ging es ihr durch den Sinn, als sie wenig später im Bad vor dem Spiegel stand und sich kritisch musterte. Mit dreiunddreißig hatte man die besten Jahre hinter sich. Wirklich, war es so?

Elke setzte ein Sonntagsgesicht auf, lächelte mild, löste die Spange im Nacken, so daß das dichte dunkle Haar das Gesicht weich umrahmte.

Na also, stellte sie befriedigt fest, so konnte man noch für eine Endzwanzigerin durchgehen. Die paar winzigen Lachfältchen um die Augen sah man doch kaum, und sonst war die Haut doch noch straff und zart.

Sie schnitt sich eine Fratze. Eule Gans, die sie doch war! Da schimpfte sie, wenn Steffi neuerdings Stunden vor dem Spiegel zubrachte. Und was tat sie selbst?

Sie seufzte. Es fehlte einem eben der Mann, der einem hin und wieder mal etwas Nettes sagte, einen spüren ließ, daß man noch begehrenswert und auch hübsch war.

Immer, wenn Elkes Gedanken bei diesem Punkt angelangt waren, wurde ihr Gesicht traurig.

Fünf Jahre war Dieter nun schon tot, und noch immer hatte sie es nicht überwunden. Gewiß, aus der blutenden Wunde war inzwischen eine Narbe geworden, aber auch diese schmerzte sehr, wie jede körperliche Narbe bisweilen.

Dieter war Starfighter-Pilot bei der Luftwaffe gewesen. Ein Absturz aufgrund technischen Versagens, und alles war zu Ende gewesen. Der Schleudersitz, zu spät betätigt, hatte seine rettende Wirkung nicht mehr entwickeln können.

Als man der jungen Frau diese gräßliche Nachricht überbrachte, hatte sie geglaubt, diesen Schlag nicht überstehen zu können. Aber da war die kleine Steffi, die dafür sorgte, daß ihr Lebenswille nicht erlosch.

Ach, auch Steffi fehlte ganz entschieden der Vater, obwohl sie sich nie beklagte oder Vergleiche mit anderen Kindern zog.

Mit eifersüchtiger Liebe hing sie an ihrer Mami, sorgte mit ihrem kindlichen Egoismus dafür, daß diese nicht allzu viel Eigenleben entwickelte. Mutter und Kind waren ständig beieinander. Zuviel vielleicht, dachte Elke besorgt.

Allmählich verwirrte die Müdigkeit nun doch ihre Gedanken, und sie schlief ein.

*

Als am nächsten Morgen unbarmherzig der Wecker schrillte, hätte sie diesen am liebsten in eine Ecke gefeuert, die Decke über den Kopf gezogen und gemütlich weitergeschlafen.

Aber ihr ausgeprägtes Pflichtbewußtsein ließ sie schließlich doch seufzend aus den Federn kriechen, um Steffi zu wecken, die ja zur Schule mußte.

Steffi war ein kleiner Morgenmuffel, wurde immer erst nach dem Frühstück richtig munter und etwas gesprächiger. So ging das morgendliche Zeremoniell immer recht still vonstatten in der kleinen Dreizimmerwohnung.

Elke machte ihrer Tochter ein Honigbrötchen zurecht und goß ihr die Milch ein.

»Hast du nicht noch eine Tasse Kaffee übrig?« maulte Steffi mit einem verlangenden Blick zur Filterkanne. »Immer die blöde Babymilch morgens. Die anderen in meiner Klasse dürfen alle schon Kaffee trinken, bloß ich…«

Elke lächelte nachsichtig.

»Einigen wir uns doch! Wenn du die Tasse Milch getrunken hast, gibt es auch ein Täßchen Kaffee hinterher, ja?«

Steffi nickte, setzte die Tasse mit Todesverachtung an den Mund und stürzte die Milch hinunter, schüttelte sich dann demonstrativ und hielt der Mutter eilig die leere Tasse hin.

»Nicht so zaghaft, Mami! Gieß nur so voll wie bei der Milch«, verlangte sie mit zusammengezogenen Brauen, da Elke zu mogeln versuchte. Nebenbei verschwand das Brötchen hinter ihren weißen Zähnen.

An Appetitlosigkeit litt Steffi keinesfalls, und Kalorien zu zählen hatte sie zum Glück noch nicht nötig. Wie zum Beispiel die Mama, die schon ein wenig maßhalten mußte, um die Schlankheit zu erhalten.

Steffi stopfte den letzten Bissen in den Mund und sprang auf.

»So, Mamutschka, ich muß los, sonst komme ich bei der Direx zu spät, und die zieht wieder eine Schau ab.«

»Sprich nicht so respektlos von Fräulein Sundermann! Ich finde, sie ist eine sehr nette und verständnisvolle Pädagogin!« erwiderte Elke bestimmt. Schließlich konnte man als verantwortungsvolle Mutter dergleichen lose Reden nicht durchgehen lassen.

»Gib dir keine Mühe, Mami. Ich weiß doch, daß du sie genauso wenig magst wie ich und…«

»Und ich finde, mein überschlaues Töchterchen sollte sich jetzt schleunigst auf den Weg machen«, unterbrach Elke sie lächelnd und gab ihr einen leichten Klaps.

»Also, tschüs, Mamutschka, dann mach es gut, und sei nicht so fleißig.«

»Tschüs, Kleines.«

Elke machte sich daran, das Frühstücksgeschirr abzuwaschen und in der Wohnung aufzuräumen, um sich dann ihrer Arbeit widmen zu können.

Sie war so vertieft in ihre Übersetzung, daß sie ordentlich zusammenzuckte, als es schellte. Es war der Postbote.

Neben einigen Werbeprospekten fand sie in ihrem Kasten einen Brief von Ulla.

Erfreut schlitzte Elke ihn auf. Mehrere Bogen, eng beschrieben, fielen ihr entgegen.

Die gute Ulla hatte immer seitenlang über ihre Eheprobleme zu berichten, die im Grunde gar keine Probleme waren.

Sie hatte einen netten, erfolgreichen Mann, der als Prokurist eine sehr gute Stellung hatte, eine süße kleine Tochter und einen Sohn in Steffis Alter.

Elke hatte sie im Verdacht, daß sie im Grunde recht zufrieden war, nur ein wenig unausgefüllt.

Deshalb bauschte sie die kleinen Unstimmigkeiten, die es doch in jeder Ehe gibt, immer ein bißchen auf. Wahrscheinlich verlief ihr Leben einfach zu gleichförmig.

Aber es war unterhaltsam und oft erheiternd, ihre Episteln zu lesen. Außerdem nahm Ulla großen Anteil am Leben der Freundin. Man konnte schon mal Dampf ablassen bei ihr, wenn einem danach zumute war.

Elke vertiefte sich in den Brief, lächelte zwischendurch beim Lesen, runzelte manchmal die Stirn.

Da war noch ein zweiter Brief. Er trug in großzügigen, steilen Buchstaben ihre Anschrift, aber keinen Absender, nur den des Hotels »Vier Jahreszeiten«, der aufgedruckt war.

Sonderbar, sie kannte keine Leute, die in diesem exklusiven Haus abzusteigen pflegten.

Hastig riß sie den Umschlag auf. Ein Briefbogen, knapp bedeckt mit einer zügigen Handschrift, kam zum Vorschein, und sie las verwundert:

Sehr geehrte gnädige Frau!

Herr Müller vom Tillmann-Verlag legte mir bei meinem Besuch ich

befinde mich zur Zeit auf einer Europareise – Ihre Übersetzung meines Romans »Die Rebellen« vor, die mir außerordentlich gut gefallen hat.

Da ich in Deutschland studiert habe und eine deutsche Mutter hatte, ist mir diese Sprache so vertraut, daß ich in der Lage bin, das zu beurteilen. Es ist für einen Autor sehr beglückend, sein Werk so treffend übertragen zu sehen, so feinsinnig nachempfunden.

Gern würde ich Ihnen dafür persönlich meinen Dank aussprechen. Würden Sie mich in den nächsten Tagen hier im Hotel anrufen, damit wir einen Zeitpunkt verabreden könnten? Ich würde mich sehr freuen.

Ihr sehr ergebener George Hollister.

Elke ließ den Bogen sinken, während sich ihre Wangen vor Freude röteten.

George Hollister, dieser berühmte Schriftsteller, dessen letzten Romane ständig in den Bestsellerlisten vertreten waren, wollte sie, die kleine Übersetzerin, die meistens anonym und im verborgenen blieb, kennenlernen!

Ob sie gleich in den »Vier Jahreszeiten« anrufen sollte? Es war inzwischen elf Uhr geworden.

Sie selbst besaß leider keinen eigenen Anschluß, aber ihre nette Nachbarin, die als Vertreterin viel unterwegs war, vertraute ihr immer den Wohnungsschlüssel an und hatte nichts dagegen, wenn sie gelegentlich das Telefon benutzte.

Sie wußte ja, daß Elke nicht der Typ war, der solche Angebote schamlos ausnutzte.

Also huschte sie in die nachbarliche Wohnung hinüber und wählte die Nummer des Hotels, verlangte Mr. George Hollister zu sprechen.

Doch offenbar wurde nicht jeder Anrufer gleich mit dem berühmten Mann verbunden.

Man fragte erst nach ihrem Namen, es dauerte eine Weile, bis man gnädig erklärte, daß sie verbunden werde. Es knackte einige Male in der Leitung, dann meldete sich eine tiefe Männerstimme.

»Hollister.«

Elke schluckte. Plötzlich wußte sie nicht gleich, was sie sagen sollte. Ihre Kehle war ganz eng geworden.

»Hallo, wer ist dort?« fragte er ungeduldig. Da raffte Elke sich auf.

»Mr. Hollister, hier spricht Elke Kersten. Sie haben mir geschrieben.«

Sie machte eine kleine Pause, wartete schon auf ein Echo, aber es kam keins.

»Es handelt sich um Ihr Buch ›Die Rebellen‹, das ich zu übersetzen die Freude hatte«, fügte sie deshalb rasch hinzu.

»Ah soooo!« kam es gedehnt. Jetzt begriff der berühmte Mann erst. »Mrs. Kersten, wie reizend! Ich würde Sie wirklich sehr gern kennenlernen. Ja, könnten Sie ein wenig Zeit für mich erübrigen?«

»Aber natürlich! Es ist mir eine Ehre…«

»O no, bitte nicht so«, unterbrach er sie. »Wann haben Sie Zeit, Mrs. Kersten? Heute abend?«

»Wenn es Ihnen dann paßt, kann ich es schon einrichten«, erwiderte Elke zurückhaltend. Schließlich sollte es ja nun nicht so klingen, als könne sie es gar nicht erwarten.

»Doch, ja! Ich bin heute abend frei. Würde es Ihnen um acht Uhr recht sein? Ich schicke Ihnen dann einen Wagen, der Sie abholt. Wir können hier im Hotel zu Abend essen. Sind Sie einverstanden?«

»Ja, gern.«

»Bis heute abend also, Mrs. Kersten. Es wird mir ein Vergnügen sein«, sagte er höflich.

Elke murmelte etwas, das wie »ganz meinerseits« klang, und legte auf. Gedankenvoll ging sie wieder in ihre Wohnung hinüber.

An Arbeiten war nicht mehr zu denken! Spornstreichs begab sie sich zu ihrem Kleiderschrank und zog aus der linken hintersten Ecke ein paar Bügel heraus.

Es waren ihre festlichen Kleider, und sie stammten samt und sonders noch aus der Zeit ihrer jungen Ehe.

Nein! Elke verbannte sie nach einem kritischen Blick wieder in die tiefsten Tiefen des Schrankes. Die waren alle total unmodern.

Aber vielleicht zog man sich besser nicht zu festlich an? So als erwartete sie womöglich, auch noch groß ausgeführt zu werden. Wie peinlich, wenn da ein falscher Eindruck entstünde. Da war es wohl besser, das moosgrüne Wollkostüm anzuziehen, das sie sich gerade neu gekauft hatte.

Natürlich schlüpfte Elke zur Probe gleich noch einmal hinein, betrachtete sich dann kritisch im Spiegel.

Es saß hervorragend, konstatierte sie zufrieden. Das knappe Jäckchen ließ ihre Taille schmal und mädchenhaft erscheinen, der Rock in damenhafter Midilänge war leicht ausgestellt, ließ gerade so viel von den Beinen sehen, daß jeder noch feststellen konnte, wie gut gewachsen sie waren.

Sie würde die echten Schlangenschuhe anziehen, die sie sich – welch unerhörter Luxus – kürzlich gekauft hatte, und das Seidentuch im gleichen Muster in den Ausschnitt binden.

Elke ließ alles liegen, um wenigstens noch etwas von ihrem Tagespensum zu schaffen. So war das, wenn man im Haus arbeitete, man mogelte schon mal.

Bald klapperte die Schreibmaschine wieder wie immer, aber es kostete Elke viel Mühe, die Gedanken nicht abweichen zu lassen.

*

Als Steffi aus der Schule kam, sah sie sich erstaunt im Zimmer der Mutter um.

»Ist hier ein Tornado durchgefegt, Mami? Oder suchst du etwas für den Lumpenmann heraus?« fragte sie kopfschüttelnd.

»Weder noch«, lachte Elke und nahm die Finger von den Tasten.

»Laß mich raten, Mami! Da stehen deine Schlangenschuhe, am Schrank hängt das schicke Grüne, das du mit Hilfe deiner Tochter gekauft hast, und außerdem siehst du merkwürdig aufgekratzt aus, Mami. Ich schätze, du hast was Tolles vor? Und ich platze vor Neugier, wenn du es mir nicht sofort sagen wirst.«

Steffi setzte sich auf die Schreibtischkante und ließ die Beine, lang und sehr braungebrannt aus dem Miniröckchen hervorschauend, baumeln.

»Entsinnst du dich, daß ich kürzlich etwas von dem Bestsellerautor George Hollister übersetzt habe?« fragte Elke, und Steffi zog ein langes Gesicht.

»Och, Mamutschka, du sollst mir doch erst erzählen, ob du ausgehst oder was du sonst vorhast. Der olle Hollister interessiert mich im Moment doch gar nicht, auch wenn ich mich natürlich entsinne, weil du immer von seinen tollen Büchern geschwärmt hast.«

»Nun, wenn du die Geschichte nicht von vorn hören willst«, tat Elke gekränkt, »dann erzähle ich halt nichts.«

»Wieso? Sag bloß, Mami, das Grüne, dein Ausgehen und der olle Hollister hängen zusammen?«

»Doch, ja. So könnte man sagen«, erwiderte Elke geheimnisvoll.

»Verstehe ich nicht. Oder soll das etwa heißen, daß du mit George Hollister ausgehen wirst?«

»Genau das. Hier, lies!« Elke reichte ihrem Töchterchen den Brief Hollisters.

»Also, da biste platt!« staunte Steffi, indem sie las. »Stell dir vor, Mami, sogar bei unserer Deutschlehrerin, Fräulein Hunger, hat dieser Hollister Anklang gefunden. Sie hat uns neulich eine Kurzgeschichte von ihm vorgelesen und mit uns besprochen. Sie meinte, er wäre der beste amerikanische Schriftsteller seit Hemmingway, und das will bei ihr etwas heißen. Natürlich habe ich ihr gleich zu verstehen gegeben, daß meine Mami alle seine Werke übersetzt, und seitdem bin ich so in Fräulein Hungers Achtung gestiegen, daß ihr Liebling, die doofe Andrea, schon eifersüchtig ist.«

»Alle seine Werke! Also, Kind, du hast wieder schamlos übertrieben! Und überhaupt, wie du wieder mal redest«, glaubte Elke mit mütterlicher Autorität mahnen zu müssen. Aber Steffi hörte gar nicht hin.

»Nun, hast du den Hollister also angerufen, denke ich mir?«

»Ja, und er hat mich heute zum Abendessen eingeladen«, sagte Elke nicht ohne Stolz.

»Toll, Mami! Einfach toll! Da bringst du mir hoffentlich jede Menge Autogramme mit? Mein Taschengeld bedarf gerade einer Aufbesserung.«

Elke schüttelte amüsiert den Kopf.

»Also weißt du, Steffi, du bist ja geschäftstüchtig. Aber von mir hast du das nicht. Autogramme ver­scheuern, nie und nimmer wäre ich früher auf diese Idee gekommen.«

»Ja, früher«, erwiderte Steffi verächtlich, mit dem ganzen Selbstbewußtsein der Jugend, »früher war manches anders, aber ob es immer besser war? Ich bin da nicht so sicher. Aber, Mamutschka, heute abend mußt du dich natürlich richtig schick machen. Womöglich erwartet der Hollister so einen richtigen Blaustrumpf. Na, der wird ja

Augen machen! Gehst du noch zum Friseur, Mami?«