Die Tochter des Salzsieders - Ulrike Schweikert - E-Book

Die Tochter des Salzsieders E-Book

Ulrike Schweikert

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Beschreibung

Das mittelalterliche Leben einer deutschen Stadt und die Geschichte einer außergewöhnlichen jungen Frau. Anne Katharina Vogelmann ist die Tochter eines wohlhabenden Salzsieders und unzufrieden mit ihrer Rolle als das sittsame Mädchen, das nur auf den Ehemann zu warten hat. Ihr beschauliches Leben ändert sich, als sie dunkle Geheimnisse und sogar einen Mord entdeckt. Die Spur führt in ihre eigene Familie ... Ein hervorragend recherchierter und mitreißend geschriebener historischer Roman von einer viel versprechenden jungen Autorin.

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Seitenzahl: 525

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Ulrike Schweikert

Die Tochter des Salzsieders

Roman

Knaur e-books

Über dieses Buch

Anne Katharina Vogelmann ist die Tochter eines wohlhabenden Salzsieders und unzufrieden mit ihrer Rolle als das sittsame Mädchen, das nur auf den Ehemann zu warten hat. Ihr beschauliches Leben ändert sich, als sie dunkle Geheimnisse und sogar einen Mord entdeckt. Die Spur führt in ihre eigene Familie …

Inhaltsübersicht

MottoWidmungStadtplan von HallAnstelle eines VorwortsKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Kapitel 20Kapitel 21Kapitel 22Kapitel 23Kapitel 24Kapitel 25Kapitel 26Kapitel 27Kapitel 28Kapitel 29Kapitel 30Kapitel 31Kapitel 32Kapitel 33Kapitel 34Wichtige PersonenDie ledigen Söhne der angesehenen SiederfamilieMägde und KnechteArme Bewohner der VorstädteBegriffserklärungenDichtung und WahrheitLiteraturauswahl
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Am Kochen Hall die löblich Statt

Vom Saltzbrunn ihren Ursprung hat.

Das Saltzwerck Gott allzeit erhalt

Und ob der Stadt mit Gnaden walt.

Hans Schreyer 1643

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Für Peter, meinen lieben Mann,

der immer an mich geglaubt hat.

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Anstelle eines Vorworts

Die Haller Salzsieder

Schwäbisch Hall verdankt der Salzquelle am Haal nicht nur ihren Namen. Schon sehr früh brachte das Salz den Bürgern Wohlstand. Die Stauferkönige verliehen Hall das Stadtrecht und richteten eine Münze ein. Der Haller Heller war bald weit verbreitet. Doch bereits im hohen Mittelalter besaßen die Könige gerade noch fünf der einhundertelf Siedensrechte oder auch Pfannen genannt. Eigentümer der Pfannen waren Klöster, Kirchen und vor allem der Stadtadel, der sich zum Teil aus den von den Stauferkönigen eingesetzten Ministerialen herausgebildet hat. Namen wie »Münzmeister«, »Schultheiß« oder »Sulmeister«, die sich später Senft nannten, zeugen davon. Später kamen die »Gemeinbürger« und der Rat der Stadt als Eigentümer hinzu.

Die »Herren der Sieden«, und damit Eigentümer der Solquelle, verpachteten ihre Rechte an die Sieder. Jährlich wurden gegen eine Abgabe die Pfannen für die Zeit der Siedenswochen an die Sieder vergeben. Mit dem »Bestand« wurden nur die Sieddauer und der Preis für eine Siedperiode festgelegt. Es entstanden hieraus keinerlei Ansprüche des Sieders für das folgende Jahr. Dieser Zustand der Unsicherheit änderte sich im Laufe der Jahrhunderte. Die »Herren der Sieden« gingen immer mehr dazu über, die Sieden längerfristig zu verpachten – erst auf Lebenszeit und dann schließlich vererblich. Dies hatte für die Sieder nicht nur Vorteile, denn die Lehensherren wälzten damit auch die Instandhaltungsarbeiten und -kosten der Haalhäuser und der Geräte auf die Sieder ab. Die Eigentümer nahmen nur noch die Pachtbeträge – meist zu Weihnachten – entgegen.

Durch die Erblichkeit der gepachteten Siedensrechte entstanden im 15. Jahrhundert Siederfamilien, deren Reichtum, Ansehen und Einfluß auf die Stadt ständig wuchsen und die, nach dem Auszug des Stadtadels 1512, auch die meisten Ratsherren stellten. Als Stammsieder werden die vierzig Sieder bezeichnet, deren Nachkommen noch heute die Siedensrechte, und damit den Anspruch auf eine Siedensrente, weitervererben. Unter ihnen befinden sich die in diesem Roman immer wieder auftauchenden Namen Vogelmann, Blinzig, Firnhaber, Dötschmann, Seyboth, Feyerabend, Eisenmenger und Schweycker.

Sehr vereinzelt gab es auch Eigensieden, das heißt, Handwerker, die – meist Bruchteile von – Sieden besaßen und diese selbst sotten.

Die Siederschaft bildete eine Art Genossenschaft unter der Führung der vier Meister des Haals, denen je ein Viertel der Haalhäuser unterstand. Sie wechselten jährlich. Die Siederschaft konnte dem Rat zehn Kandidaten vorschlagen, von denen die Ratsherren vier auswählten. Die Viermeister leiteten und überwachten das Siedensgeschäft, den Holz- und Eisenhandel für Pfannen und Geräte und das Flößerwesen. Ohne Erlaubnis des Meisters durfte nicht mit dem Sieden begonnen werden, sonst konnte der Meister »die Pfanne in den Herd werfen« (Haalordnung von 1385).

Die Sieder waren nicht nur die Erzeuger des Salzes, sie übernahmen auch den Handel auf eigenen Gewinn und eigenes Risiko. Als Rückfracht war vor allem Wein sehr begehrt, und so stammt der Reichtum mancher Siederfamilie eher aus dem Handel mit Wein denn vom Salz.

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Kapitel 1

Tag der heiligen Hadelog,

Samstag, der 2. Februar

im Jahr des Herrn 1510

Es war Frühling, die Obstbäume standen in voller Blüte und glänzten rosa und weiß im hellen Sonnenschein. Das Summen der Bienen verwob sich mit dem Flüstern des warmen Windes, der durch das zarte Grün junger Blätter strich. Einen Kirschblütenzweig in den Händen, lief Anne Katharina Vogelmann mit wehenden Röcken über die Wiese zu dem alten, knorrigen Apfelbaum, unter dem ein weißes Leinentuch ausgebreitet war. Schon hatten ihre Schwägerin Ursula und die Magd Agnes all die Leckereien ausgebreitet, die diesen herrlichen Tag krönen sollten. Ihr älterer Bruder Ulrich hob gerade einen Krug und goß blutroten Wein in den Becher, den Peter Vogelmann ihm entgegenhielt. Von überall strömten Freunde und Bekannte herbei, setzten sich ins duftende Gras, lachten und scherzten. Glücklich und ein wenig außer Atem ließ sich Anne Katharina neben ihrer Schwägerin auf den Boden sinken.

»Liebes, warum bist du denn so ruhig?«

Sie faßte Ursula an der Schulter, aber die eisige Kälte unter ihrer Hand ließ sie zurückzucken. Sie stieß einen Schrei aus, als ihre junge Schwägerin nach hinten kippte und hart auf dem Boden aufschlug. Das bleiche Gesicht war verzerrt, die Augen weit aufgerissen, aus dem Leib ragte der Griff eines riesigen Dolches. Blut, rot wie der Wein, den Ulrich ausschenkte, sickerte durch ihr Gewand. Anne Katharina wollte erneut schreien, doch kein Ton kam aus ihrem Mund. Sie schüttelte Peter am Arm, doch auch der schien seltsam steif. Als sie die starren Augen sah, wußte sie, daß auch ihr Bruder tot war. Sein Hals zeigte blutunterlaufene Striemen und ein Stück Seil lag in seinem Schoß. Auch Ulrich, der gerade noch den Weinkrug in Händen gehalten hatte, lag plötzlich mit verrenkten Gliedern und Schaum vor dem Mund bewegungslos zwischen Blumen und Gräsern.

Vom Grauen geschüttelt, sprang Anne Katharina auf und sah sich verzweifelt nach Hilfe um, doch die fröhliche Gesellschaft war völlig unerwartet vom Sensenmann wie Grashalme geschnitten worden. Unter den tiefhängenden Zweigen, an den Stamm des alten Baumes gelehnt, erkannte das Mädchen die Junker Rudolf und Gabriel Senft. Die Haut in ihren Gesichtern begann bereits, sich schwarz zu verfärben, und löste sich in fauligen Fetzen.

Verwesungsgeruch hing in der Luft, vertrieb die süßen Frühlingsdüfte, lag schwer über der Lichtung und ließ sich auch nicht vom warmen Wind vertreiben. Von überallher, aus den Schüsseln und Krügen, aus der Erde und von den Bäumen herab, krochen Maden, Käfer, Würmer und Spinnen, um sich über die Leichen herzumachen.

Kreischend drehte sich Anne Katharina um, rannte und schrie, lief und stolperte immer weiter, nur nicht umdrehen. Ein höhnisches Lachen schallte in ihren Ohren. Sie rannte durch Wälder, über blühende Wiesen, an einem Fluß entlang. Plötzlich tauchten Häuser auf, und die Straßen kamen ihr bekannt vor. Von irgendwoher erklang Musik. Völlig außer Atem trat sie auf einen Platz – es war der Marktplatz. Sie erkannte das Kloster und St. Michael oberhalb der großen Freitreppe.

Ein paar Gaukler spielten fröhliche Musik, die Menschen klatschten und sangen mit und tanzten in einem bunten Reigen.

Wie könnt ihr singen, tanzen und fröhlich sein, wenn solch Entsetzliches unter euch geschieht? dachte sie voller Verzweiflung, doch dann entdeckte sie in den Reihen der Tänzer ihren Bruder Peter. Da waren ja auch Ulrich und Ursula, die Junker Rudolf und Gabriel, die Magd Agnes und all die anderen. Erleichtert lief Anne Katharina zu ihnen und berührte ihre Gesichter, die sich seltsam starr anfühlten.

»Warum tragt ihr denn Masken? Was ist mit euch?«

Sie lachten, doch es war kein fröhliches Lachen. Es war das höhnisch-böse Lachen der Dämonen, das das Blut in den Adern gefrieren läßt.

»Wer seid ihr? Zeigt eure wahren Gesichter!«

»Die willst du doch gar nicht sehen! Du liebst die Masken, du hast sie dein Leben lang einfach hingenommen. Warum willst du plötzlich dahintersehen?«

»Ich will es eben!« schrie sie und riß ihrem Bruder die Maske vom Gesicht. Eine schwarze, häßliche Fratze grinste sie an, spottete über das entsetzte Mädchen.

Nun taten es die anderen Tanzenden ihm gleich, warfen die Masken weg und rissen sich die Kleider vom Leib. Bald tummelten sich nur noch mehr oder minder scheußliche, dämonische Gestalten auf dem Platz.

»Ursula, Agnes, nein, ihr auch?«

Die teuflischen Gestalten faßten sich an den Händen, tanzten im Kreis und zogen diesen immer enger um das Mädchen.

»Wir reißen auch dir die Maske ab. Wir reißen auch dir die Maske ab«, sangen sie im Takt der dumpf dröhnenden Trommeln, zogen den Ring immer enger um das Mädchen, griffen mit ihren eisigen Klauen nach ihr, rissen ihr die Kleider vom Leib und hinterließen blutige Striemen in dem zarten, jungen Fleisch. Anne Katharina fühlte sich emporgehoben, fortgerissen in einem wilden Strudel. Die Häuser der Stadt rasten an ihr vorbei, und ein mächtiger grauer Turm tauchte vor ihr auf. Die schweren Tore schwangen auf, ließen feuchte, kalte Luft in den Frühling fließen. Wie Ranken umflossen sie das Mädchen, hakten sich an seinem Rock fest und zogen es in die Finsternis der alten, mächtigen Mauern. Der Tanz der Dämonen verklang in der Ferne, ein Fallgitter rasselte herab, eine eisenbeschlagene Tür fiel ins Schloß und ließ Anne Katharina verwirrt und blutend in einem stinkenden Kerker in der lichtlosen Einsamkeit zurück.

Schweißgebadet fuhr Anne Katharina in die Höhe. Es war noch dunkel, in ihrer Kammer war es eisig kalt, doch von unten ertönten schon die vertrauten, morgendlichen Geräusche. Agnes holte Holz, schürte die schwache Glut vom Vorabend und entfachte das Feuer im Herd, um Milchsuppe zu kochen.

Mit einem Seufzer der Erleichterung ließ sich Anne Katharina in ihre Kissen zurücksinken, zog das daunengefüllte Deckbett bis ans Kinn und lauschte dem beruhigenden Klappern aus der Küche.

Ein Traum ohne Bedeutung! Aber waren Träume nicht von Gott oder dem Teufel geschickt? Dieser konnte nur aus der tiefsten Hölle stammen! Sollte dieser Alptraum ihr etwas sagen?

Sie wollte nicht mehr an den Schrecken zurückdenken, nicht noch einmal die furchtbaren Bilder sehen. Entschlossen schlug sie die Decke beiseite und schwang die Beine über die Bettkante. Die frischen Binsen knisterten unter ihren Füßen, als sie nach ihren Schuhen tastete.

Sie vergaß den Traum und dachte viele Wochen nicht mehr an ihn. Der Frühling kam, überzog die Wiesen mit lichtem Grün und die Bäume mit prächtigen Blüten, aber selbst die üppige Natur und der strahlende Sonnenschein konnten die immer tiefer werdenden, häßlichen Kratzer in der heilen Welt der kleinen Stadt nicht übertünchen. Doch erst als nichts mehr von Anne Katharinas ruhiger, gewohnter Welt übriggeblieben war und sie dem Tod ins Antlitz sah, da erinnerte sie sich wieder an den Traum und fragte sich, ob er vielleicht von einem der Heiligen gesandt worden war, um sie zu warnen und um ihr einen Weg aus der Dunkelheit zu zeigen.

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Kapitel 2

Tag des heiligen Blasius,

Sonntag, der 3. Februar

im Jahr des Herrn 1510

Es hatte die ganze Nacht geschneit, und ein kalter Nordwind fegte durch die Gassen. Zaghaft und ein wenig schwankend trat Ursula Vogelmann in den von einigen Kirchgängern und streunenden Hunden bereits zertretenen Schnee. Die hohen hölzernen Sohlen, die sie sich unter ihre weichen Lederschuhe gebunden hatte, gaben ihr keinen Halt, und sie rutschte ein wenig nach vorn, ließ den pelzgefütterten Mantel los, den sie eng um sich geschlungen hatte, streckte die Hände in die Luft und stieß einen spitzen Schrei aus. Sofort war Anne Katharina an der Seite ihrer hübschen Schwägerin und legte der zierlichen Frau mit dem blonden Haar beruhigend einen Arm um den dicken Leib.

»Willst du deinen Sohn schon vor der Geburt in den Schnee werfen? Warte damit doch lieber, bis er das Licht der Welt erblickt hat und sich mit lautem Geplärr dagegen wehren kann!«

Ein Lächeln huschte über das bleiche Gesicht mit den fast blutleeren, bläulich angelaufenen Lippen, als Ursula sich bei ihrer Schwägerin einhakte.

»Du bist so lieb. Glaubst du, daß der Herr mit mir ist und es dieses Mal gutgeht?« In ihren wasserblauen Augen glänzten Tränen.

Anne Katharina nahm die Schwangere in die Arme.

»Ich bete jeden Tag darum. Erst gestern war ich in St. Katharina und habe jeder der großen Jungfrauen – Margarete, Dorothea und Katharina – eine Kerze gestiftet und ein Paternoster gebetet. Und damit du ganz beruhigt sein kannst, schenke ich dir das.«

Sie zog ein kleines, blaues Wachsrelief hervor, das man mit einem Band um den Hals tragen konnte, auf dessen Oval ein Lamm abgebildet war.

»Ein Agnus Dei, wie lieb von dir!« rief Ursula und befestigte das Amulett an ihrem Gürtel. »Ich werde es mir umhängen, sobald wir von der Messe zurück sind.«

Die beiden Brüder, Ulrich und Peter, traten zu den Frauen auf die verschneite Straße. Ulrich, das Oberhaupt der Familie Vogelmann, wenn man von dem blinden Großvater im Spital absah, wirkte mit seiner Größe von fast sechs Fuß und der breitschultrigen, kräftigen Gestalt älter als dreißig Jahre. Der strenge Zug um seinen Mund und das energische Kinn, das er seit ein paar Jahren unter einem Bart verborgen hielt, deuteten schon an, daß er meist seinen Willen durchsetzte und über seine Frau, seine jüngeren Geschwister, die Magd Agnes und die Siedersknechte ein strenges Regiment führte.

Viel zu früh, vor nun schon fünf Jahren, war der Vater zu seinem Schöpfer gerufen worden, und die Mutter hatte bereits bei Peters Geburt im Kindbett ihr Leben lassen müssen. Seit des Vaters Tod verwaltete Ulrich die zwei Sieden, die die Vogelmanns von den Junkern Senft zur Erbpacht hatten, und auch das Sieden der Barfüßermönche, obwohl ein Teil des Erbes den jüngeren Geschwistern zustand. Von Peter erhoffte sich das neue Familienoberhaupt, daß er die Rechte studieren und ein gewitzter Advokat werden würde. Anne Katharina würde ihr Sieden als Mitgift erhalten. Das junge Mädchen wußte, daß es deshalb ihre Aufgabe war, durch eine vorteilhafte Verbindung mit einer anderen, führenden Siederfamilie die angesehene Stellung der Familie zu sichern und die Anteile an den Sieden zu vermehren, doch daran dachte sie mit ihren siebzehn Jahren noch nicht. Viele der Jungfrauen aus den angesehenen Bürgerfamilien heirateten erst mit zwanzig Jahren oder sogar noch später.

»Nun komm schon.« Ulrich griff nicht gerade sanft nach dem Ellenbogen seiner Frau. »Du sollst doch nicht so lange in der Kälte herumstehen.«

Ursula nickte nur und verzichtete auf den Hinweis, daß sie mit Anne Katharina auf die beiden Brüder hatte warten müssen. Doch so war sie, immer ruhig und gehorsam – was man von Anne Katharina nicht gerade behaupten konnte. Daher kam es zwischen Ulrich und seiner Schwester oft zu heftigen Auseinandersetzungen, die zu Anne Katharinas Kummer meist darauf hinausliefen, daß sie das tun mußte, was sich ihr Bruder in den Kopf gesetzt hatte.

Ursula schob sich mit der behandschuhten Hand eine blonde Locke unter die Haube und ließ sich von ihrem Ehemann in Richtung Marktplatz führen.

Ungestüm stieß Peter mit dem Fuß gegen die Haustür, so daß sie mit einem lauten Krachen ins Schloß fiel. Kaum fünfzehn Jahre alt, war er schon fast so groß wie sein Bruder, doch hatte er noch die schlaksige Statur der Halbwüchsigen mit den eckigen, unbeholfenen Bewegungen. Sein schulterlanges Haar wies nicht die satte rotbraune Färbung wie das seiner Schwester auf, doch er hatte dieselben großen, braunen Augen und langen dunklen Wimpern. Das Erbe einer Mutter, die er nie kennengelernt hatte.

Der jüngste der Vogelmanngeschwister grinste seine Schwester an und entblößte eine Zahnlücke, die an eine heftige Prügelei vom letzten Sommer in der Klosterschule erinnerte.

»Was zögerst du? Du mußt dich beeilen. All die vielen Heiligen warten in der Kirche sicher schon auf dich und dein Flehen um ihren Beistand!«

Anne Katharina lächelte ein wenig spöttisch zurück.

»Ich stehe hier nur, um mir wieder einmal den lausigen Zustand deiner Erziehung vor Augen zu führen. Es gebietet dir der Anstand, daß du mir den Arm reichst und mich über die rutschige Straße bis zur Kirche geleitest.«

Peter zog sich sein schwarzsamtenes Barett mit der einzigen, schon etwas traurig herabhängenden Feder tiefer in die Stirn, setzte eine feierliche Miene auf und bot seiner Schwester den Arm.

»Aber nur, wenn du mich mit deinem gelehrten Geschwätz in Ruhe läßt. Hebe dir das für den alten Großvater oder deinen Pater auf.«

Würdevoll griff Anne Katharina nach ihrem Schleiertuch, das sich im kalten Wind aufbauschte, und hielt es unter dem Kinn fest.

»Schade, jetzt wollte ich dir gerade empfehlen, den heiligen Thomas von Aquin um ein wenig Weisheit anzurufen. Als Schutzpatron der Studierenden gehört das schließlich zu seinen Aufgaben.«

Peter grunzte ungnädig und beschleunigte seine Schritte, so daß Anne Katharina Mühe hatte, auf dem unebenen, eisigen Steinpflaster Schritt zu halten.

»Ich werde sowieso nicht mehr lange bei den Barfüßern in der Klosterschule bleiben. Ich habe das Geschwätz der Mönche satt. Wenn das Kaltliegen im Frühjahr vorbei ist, dann fange ich als Siederbursche an. Das ist Arbeit für einen richtigen Mann!« Der noch bartlose Jüngling plusterte sich wie ein stolzer Gokkel auf und straffte die Schultern. Seine Schwester gluckste belustigt.

»Schließlich gehört mir auch ein Sieden«, fügte er noch hinzu. »Soll Ulrich doch den Handel übernehmen, dann kümmere ich mich um das Salz.«

Anne Katharina lagen viele spitze Erwiderungen auf der Zunge und auch die Frage, was ihr Bruder Ulrich zu diesem Vorhaben sagen würde, doch all ihre Worte behielt sie vorläufig für sich.

Die Geschwister waren noch nicht weit gekommen und gerade auf der Höhe des Senftenhauses in der Herrengasse angelangt, als die Tür aufschlug und Rudolf, der jüngere Bruder des Hausherrn, mit vor Wut rotverzerrtem Gesicht in den kalten Wintermorgen herausstürmte. Ohne die Vogelmanngeschwister zu grüßen, drehte er sich um, hob die geballte Faust und brüllte in die leere Türöffnung:

»Du von Gott verdammter Hurensohn! Du hattest kein Recht, das Michelfelder Gut an die Nonnen zu verkaufen! Hast dich wieder beim Vater eingeschmeichelt und ihm Honig um den Mund geschmiert, wie bei dem Haus auch. Du betrügst mich um mein Erbe und verschleuderst es!«

Der stattliche, mit seiner kräftigen Statur sehr gut aussehende Junker Gabriel Senft, der Jüngere, kam die Treppe herunter, stemmte die Hände in die Hüften und sah seinen Bruder ruhig an.

»Du weißt, daß ich als der Älteste Anrecht auf das Haus habe, noch dazu, wo ich verheiratet bin und du nicht. Außerdem gehörte das Gut Vater und nicht dir, und die Gnadentaler Nonnen haben einen guten Preis geboten. Du hast also gar keinen Grund, dich wie ein Gassenjunge aufzuführen, dem man seine Steinschleuder weggenommen hat.«

Rudolf, dessen sonst sehr einnehmende Züge vor Zorn zu einer abschreckenden Maske geworden waren, spuckte auf den Boden. Sein Atem stieg dampfend weiß in den klaren Morgen, als er seinen Bruder anschrie.

»Du fühlst dich wohl sehr sicher, nur weil die Berlerin mit einem dicken Bauch herumläuft! Du meinst, du hast deine Gulden im Sack, aber ich warne dich! Bei allen Dämonen der Hölle, es wird nichts Rechtes aus ihrem Leib kriechen! Du wirst kinderlos und in Gram sterben, und dann gehört alles mir!«

Er wandte sich ab und stürmte in Richtung Marktplatz davon. Fast stieß er gegen Ursula und Ulrich, als er die beiden in schnellem Schritt überholte und dabei ins Rutschen kam.

Gabriel, der Sproß der alten Stadtadelsfamilie, Nachfahre der ersten, noch von den großen Stauferkönigen eingesetzten Sulmeister, sah seinem Bruder nach und bekreuzigte sich. Sein Blick spiegelte seine aufgewühlte Seele wider, als er zu dem Geschwisterpaar hinübersah, das noch immer regungslos im Schnee stand.

»Gegrüßt sei Jesus Christus«, murmelte der Junker, drehte sich um und verschwand wieder im Haus.

»In Ewigkeit, Amen«, antworteten die Geschwister artig und setzten ihren Weg fort. Peters Augen leuchteten vor Begeisterung.

»Das war doch was! Spannender als die Geschichten der Gaukler …«

»Vor allem mit solch hochrangigen Darstellern«, ergänzte Anne Katharina belustigt.

»Meinst du, der Fluch wird eintreffen?«

Die Miene des jungen Mädchens wurde ernst.

»Ich weiß es nicht, doch wenn ich die Berlerin wäre, dann würde ich ein paar Ave Marias mehr beten und für alle Fälle Allermannsharnisch, Wacholder und Mannstreu über die Türe hängen.«

Kurz darauf betraten sie den zwischen der Michaelskirche und dem St.-Jakobs-Kloster gelegenen Marktplatz, der an diesem Sonntag die übliche Geschäftigkeit vermissen ließ. Nur wenige der Buden waren geöffnet. In dicke Mäntel gehüllt, Hüte und Mützen tief ins Gesicht gezogen, die Hände in Fellhandschuhen vergraben oder über Kohlepfannen haltend, standen die Händler mit roten, tropfenden Nasen da, um Brot und Gebäck, Süßigkeiten und dampfende Fleischpastete, gewürzten Wein und heißen Met zu verkaufen. Doch der eisige Wind, der ungehindert über den weiten, nach Westen abfallenden Marktplatz strich, ließ die Gläubigen, die Mäntel eng um sich geschlungen, schnell zur Kirche eilen. St. Jakob begann die hora tertia einzuläuten, und auch vom Turm der St.-Michaels-Kirche klangen die Glocken, um die Gläubigen zur heiligen Messe und zur heutigen Predigt des Predigers Brenneisen zu rufen.

Anne Katharina ließ ihren Blick vom Marktplatz über die erst vor einigen Jahren errichtete, geschwungene Freitreppe zur St.-Michaels-Kirche hinaufwandern, deren gewaltiger Mittelbau sich gegen den bleiernen Himmel abhob. Der alte, trutzige Westturm mit seinen schmalen Bogenfenstern wirkte ein wenig verloren vor dem mächtigen neuen Mittelbau, den er nur um wenige Fuß überragte. Die auf beiden Seiten des Westgiebels vorstehenden Verzahnungssteine mahnten täglich den schon seit über fünfzig Jahren hinausgeschobenen Neubau eines modernen, hochaufragenden Turms an, doch nichts geschah. Auch der alte, rechteckige Chor, der nicht ganz zu dem neuen Mittelschiff passen wollte, war noch erhalten. Seine Tage waren allerdings gezählt, denn wie ein totes Gerippe ragten hinter ihm bereits die aufgestellten Gerüste empor und kündeten von dem ehrgeizigen Vorhaben des Baumeisters Scheyb aus Urach. Der Chor hätte mit seiner schwindelnden Höhe und seinem kunstvollen Gewölbe der nüchternen Kirchenhalle Glanz und Pracht verleihen sollen, doch durch den plötzlichen Tod des Baumeisters waren die Arbeiten am Chor vor fünf Jahren ins Stocken geraten, daher hatte es der Rat mit Freude begrüßt, als Scheybs Schwiegersohn Meister Schaller angeboten hatte, den Bau zu vollenden.

Anne Katharina versuchte gerade, sich vorzustellen, wie die fertige Kirche aussehen würde, prachtvoll und ehrfurchtgebietend, zur Ehre des Herrn und seines Erzengels Michael, als Peter sie plötzlich kräftig in den Arm kniff und aus ihren Gedanken riß.

»Sieh mal, Anne Katharina, da steht eine Frau am Pranger. Komm mit, wir wollen nachsehen, ob wir sie kennen.«

Mit ausladenden Schritten überquerte er den Marktplatz, der, leicht abfallend, an der Nordseite in zwei terrassenartige Stufen überging. Über dem kastenartigen Marktbrunnen, der an der oberen Stufenwand lehnte, ragte, für alle gut sichtbar, der Pranger auf. Peter strebte auf die filigran verzierte Steinsäule zu, an der eine junge, hochschwangere Frau mit einem groben Halseisen festgehalten wurde.

»So warte doch!« Mit den Armen rudernd, schlitterte Anne Katharina Peter hinterher und rutschte fast in ihre Schwägerin hinein, die mit ihrem Gemahl unterhalb des Prangers stehengeblieben war.

»Das ist ja die Marie Wagner, das arme Ding«, rief Ursula entsetzt, und erst jetzt erkannte Anne Katharina in der armseligen Gestalt mit dem strähnig in die Augen hängenden, abgeschnittenen Haar und dem vor Kälte blau angelaufenen Gesicht die hübsche Magd wieder, die bis zum letzten Sommer im Senftenhaus gearbeitet hatte und dann zu Gabriels und Rudolfs Oheim, dem Stättmeister Gilg Senft, ins Sulmeisterhaus gegangen war. Mit geschlossenen Augen stand die junge Frau wie erstarrt da. Nur das leichte Zittern der nackten Beine zeigte, daß sie noch am Leben war. Neugierig studierte Anne Katharina das Schild, das an dem um die Prangersäule laufenden Eisengeländer angebracht war.

»Der hochwohllöbliche Rat der freien Reichsstadt Hall hat die ledige Magd Marie Wagner der Unzucht für schuldig befunden. Also soll sie am Sonntag des heiligen Blasius zwei Stunden am Pranger stehen, daß jeder ihre Unzucht vor Augen habe, dann soll sie bis zum Tage ihrer Niederkunft im Hezennest eingesperrt werden. Ist das Kindlein zehn Tage alt, wird die Sünderin mit Rutenhieben aus der Stadt hinausgefetzt, auf daß sie das Haller Land für alle Zeit nicht mehr betrete.«

»Und ich habe nicht mal ein Ei oder ein Stück faulen Kohl bei mir, um sie zu bewerfen«, bedauerte Peter und zog ein finsteres Gesicht.

Daß schon andere ehrenwerte Bürger heute morgen auf diese Idee gekommen waren, davon zeugten ein paar übelriechende grünliche Klumpen im Schnee, zwischen denen zwei streunende Hunde mißmutig nach etwas Eßbarem suchten. Auch die vielfarbigen Flecken auf dem zerrissenen Kittel, unter dem der grobe Stoff des leinenen Leibrockes zu sehen war, sprachen davon.

»Nun ist es also doch herausgekommen«, seufzte Ursula. »Lange genug hat sie ihren Zustand unter den Röcken verborgen.«

»Du hast von diesem Vergehen gewußt und es mir nicht gesagt?« Ulrich Vogelmann sah seine Frau scharf an.

»Hast du mir erzählt, daß das arme Ding vom Rat verurteilt wurde, Herr Ratsherr?« antwortete seine sanfte Gattin in ungewohnter Weise aufbegehrend.

»Ich bin Ratsherr und kein Richter, und außerdem hat sie ein gerechtes Urteil bekommen.« Er deutete auf den geschwollenen Leib, den die junge Magd mit den Armen vergeblich vor dem kalten Nordwind zu schützen suchte. »Es ist ja nicht zu übersehen, daß sie sich einen Buhlen genommen und Unzucht getrieben hat.«

»Ja schon, doch es ist für eine Magd nicht immer einfach, ihre Unschuld zu bewahren«, murmelte Ursula und senkte den Blick. Zu Anne Katharinas Verwunderung überzog sich das kantige Gesicht ihres Bruders mit leichter Röte, und er wandte sich abrupt ab. Wortlos zog er seine Frau hinter sich her, die weitausladende Treppe zu St. Michael hoch, und Peter folgte ihnen.

Anne Katharina warf noch einen Blick auf die jämmerliche Gestalt in ihrem schmutzigen, zerrissenen Gewand, dann eilte sie den anderen die Treppe hinauf nach, denn die Glocken schwiegen bereits, und durch das Portal erklangen über das Brausen der Orgel hinweg die reinen Stimmen der Chorknaben: »Veni, sancte spiritus …«

Anne Katharina schritt durch die Vorhalle des Turms, vorbei am heiligen Erzengel, der mit einer Lanze den Drachen zu seinen Füßen in Schach hielt, durch das Portal in die Kirche. Rasch knickste sie, tauchte die Finger ins Weihwasser und bekreuzigte sich. Nahezu lautlos schlich sie durch das Seitenschiff nach vorn und rutschte in die hölzerne Kirchenbank, die sich die Vogelmanns mit der Familie Firnhaber teilten. Auch die Bänke vor und hinter ihnen waren mit den Mitgliedern der führenden Siederfamilien besetzt. Die Eisenmenger und Seiferhelds, die die spitaleigenen Sieden sotten, die Blinzigs, die die Sieden des Klosters Gnadental in Pacht hatten, die Feyerabends und Seyboths. Dahinter erkannte Anne Katharina die knochige Gestalt des armen Sieders Hubheinz, der für die Junker von Merstatt sott. Sein Kopf war zur Seite gesunken, seine Augen geschlossen.

Auf der anderen Seite, weiter vorn, hatten sich die Stadtadeligen versammelt: die Junker und Edelfrauen der Familien Keck und Nagel, Roßdorf und Berler, von Rinderbach und die Herren der Vogelmannschen Sieden, die Familie Senft. Anne Katharina reckte den Kopf, um zu sehen, ob sie Rudolf Senft entdecken könnte. Ja, da saß er neben seinem Vater und redete sichtlich erregt auf den alten Mann ein. Rudolfs Bruder Gabriel und dessen hochschwangere Frau Barbara konnte Anne Katharina jedoch nicht entdecken.

In der ersten Bank, vor den Senfts, saß der reiche Kaspar Eberhart. Er war um die achtzig Jahre alt, doch bis zum letzten Sommer einer der führenden Richter im Rat gewesen. Man schätzte ihn fast zwanzigtausend Gulden schwer. Seine runzeligen Hände über dem Knauf seines Ebenholzstockes gefaltet, saß er aufrecht da und verfolgte anscheinend mit großem Interesse die Predigt von Pfarrer Sebastian Brenneisen. Ursula beugte sich zu ihrer Schwägerin hinüber und stieß sie leicht in die Seite.

»Hast du die Helene, die von Rinderbach, gesehen?« flüsterte sie und nickte zu den Bänken rechts vorn.

Anne Katharina folgte ihrem Blick, um die hochgewachsene schlanke Tochter des Junkers mit den üppig goldblonden Flechten zu suchen.

»Sie trägt ein gelbes Schleiertuch!« zischte Ursula empört. »Wenn ich ihre Mutter wäre, dann könnte sie sich auf etwas gefaßt machen. Nicht im Leben dürfte sie mit der Farbe der freien Weiber und Juden auf dem Kopf aus dem Haus!«

Anne Katharina lächelte bei den Worten ihrer Schwägerin, die kaum älter als die Junkerstochter war.

»Das ist eben der Unterschied. Eine Tochter aus dem Hause von Rinderbach kann sich so etwas erlauben, eine Siedertochter nicht«, flüsterte sie zurück, verstummte dann aber, als sie den wütenden Blick ihres älteren Bruders spürte.

Die Pfarrer betete das Paternoster. Auch Anne Katharina senkte das Haupt, doch ihre Gedanken wanderten immer wieder zum Pranger hinaus, zu der geschundenen Magd mit ihrem ungeborenen Kind. Fast hätte sie den Einsatz der Gemeinde verpaßt.

»Erlöse uns von dem Bösen …«

Die unkeusche Frage, aus was denn genau das Unzuchtvergehen bestand, bewegte sie und ließ ihr keine Ruhe mehr. Sie wußte, wie das vor sich ging, wenn der Kater die Katze bestieg, und hatte auch schon Pferde auf der Koppel beobachtet, doch wie war das bei den Menschen, bei der Krönung von Gottes Schöpfung? Man sagte, sie hätten beieinander gelegen, wenn eine Frau ein Kind erwartete. Eheleute teilten ein Bett miteinander, um einen Erben zu zeugen. Es mußte etwas mit der Männlichkeit zu tun haben, die sich so deutlich von der Scham der Frauen unterschied, soviel stand fest. Vor ihrem inneren Auge sah sie die nackten Straßenjungen, die im Sommer in den Gassen spielten, und dann die Flößer und Siederburschen, wie sie an manchen milden Abenden im Kocher badeten. Errötend senkte sie den Kopf und hoffte, daß der Herr Jesus Christus sich nicht gerade in diesem Moment mit ihren Gedanken befaßte. Sie nahm sich aber trotzdem vor, zwei Rosenkränze zur Buße zu beten.

Also so wie bei den Tieren konnte es nicht gehen – und wenn, dann war es ganz sicher eine große Sünde!

Als die Vogelmanns aus dem Kirchenportal traten, gesellte sich eine Frau zu ihnen, deren Alter nur schwer zu schätzen war. Sie war von kleiner, kräftiger Gestalt, hielt sich sehr gerade und schritt forsch einher. Ihr Gesicht war fast faltenfrei, und in den leuchtend hellgrauen Augen blitzte manchmal der Schalk, doch die unter ihrer strengen Haube hervorlugenden Haarsträhnen waren beinahe weiß. In den Händen, die sich auf Ursulas Leib legten, waren Kraft und Zärtlichkeit seltsam vereint, und ihr Blick spiegelte die Erfahrung vieler Jahre wider.

»Nun ist es bald soweit, gnädige Frau. Noch wenige Tage, vielleicht eine Woche. Ich werde mit Euch kommen und Euch noch ein wenig mit Fett einreiben. Bewegt es sich?«

Ursula lächelte die Hebamme unsicher an.

»Ja, manchmal spüre ich es. Ich meine, es tritt nach mir, und ich weiß nicht, was ich tun soll.«

Els ergriff beruhigend die Hand der Schwangeren.

»Seid ganz unbesorgt, meine Liebe. Ihr müßt fröhlich und guter Dinge sein und mich, wenn die Wehen einsetzen, rechtzeitig rufen, dann wird der Herr Euch auch ein gesundes Kind schenken.«

»Einen Sohn, so hoffe ich«, murmelte Ursula, mit einem Seitenblick auf ihren Gatten, dem das Gespräch über Wehen und Geburt sichtlich unangenehm war.

»Wie geht es der Berlerin? Sie müßte doch auch bald soweit sein«, mischte sich Anne Katharina ein, als sie im Hintergrund Rudolf Senft die Kirche verlassen sah. Zwei Stufen auf einmal nehmend, lief der Junker die Freitreppe hinunter, überquerte den Marktplatz und schritt auf die Sporengasse zu, als er plötzlich innehielt und sich umwandte. Er sah zum Pranger hinauf, seine Augen verdunkelten sich. Bewegungslos und stumm stand er einige Augenblicke da, dann wandte er sich abrupt um und eilte weiter. Erst als er aus ihrem Blickfeld entschwunden war, richtete Anne Katharina ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Hebamme, die gerade sagte:

»… so gut es einer Frau in diesem Zustand eben gehen kann. Ich war vor der Messe erst bei den Senftens und habe nach ihr gesehen. Wenn Gott will, dann werde ich in dieser Woche drei Kindern auf die Welt helfen.« Ihr Mund nahm einen harten Zug an, als sie am Pranger vorbeikamen. »Oder nur zweien, denn daß Marie in ihrem Zustand die Kälte im Verlies des Hezennests unbeschadet überlebt und auch noch ein gesundes Kind zur Welt bringt, kann ich mir kaum vorstellen. So ein Unsinn, sie erst, wenn es soweit ist, ins Spital bringen zu lassen. Da hätten die Herren Richter ihr auch gleich den Kopf abschlagen können. Das wäre eine geringere Strafe gewesen.«

Sie warf einen Seitenblick auf Ulrich, der leise vor sich hinbrummte, daß die Ratsherren schließlich nichts für das Wetter könnten.

»Ich werde dem armen Ding jedenfalls nachher einen warmen Mantel und wollene Beinlinge zum Turm bringen, wenn der hochwohllöbliche Rat nichts dagegen einzuwenden hat!« Die Hebamme sah den Ratsherrn herausfordernd an, doch dieser schwieg und ließ ausnahmsweise dem Weib an seiner Seite das letzte Wort.

* * *

Der Mönch verschränkte seine Arme und vergrub seine Hände tief in den Ärmeln seiner weiten Kutte aus grober grauer Wolle, doch dies waren die einzigen Anzeichen, daß er die grimmige Kälte spürte. Die blauen Augen auf den verschneiten Marktplatz gerichtet, stand er regungslos da und betrachtete die Gläubigen, die aus der Kirche hervorquollen und sich dann in bunten Flecken über die Treppe und den Marktplatz verteilten. Manche blieben in kleinen Grüppchen stehen, um noch ein wenig Klatsch auszutauschen, andere eilten schnell in ihre warmen Stuben zurück.

Noch im letzten Winter war Anne Katharina jedesmal nach der Messe gleich zum Kloster geeilt, um vor dem Kamin in der Gästestube – selbstverständlich unter der strengen Aufsicht Bruder Ruperts oder eines anderen ehrwürdigen Bruders – mit ihm über Albertus Magnus oder Thomas von Aquin, Vergil oder Galen, Aristoteles oder Euklid zu sprechen. Wie oft hatte sie früher auf seinen Knien gesessen, die Stirn angestrengt in Falten gelegt, wenn die Feder über das Pergament kratzte, um ein paar krakelige Buchstaben zu zeichnen und viele unschöne Tintenkleckse zu hinterlassen. Lesen und Rechnen hatte er ihr beigebracht und viele Geschichten von den großen Griechen erzählt. Ein Lächeln glitt über das noch fast faltenfreie Gesicht, als er an das Gezeter dachte, das Bruder Ludwig jedesmal angestimmt hatte, wenn er dem Mädchen eine weitere Episode von Odysseus’ Abenteuern berichtet hatte, denn bereits die Erwähnung der heidnischen Götter war für Bruder Ludwig Ketzerei.

Aber nach des Vaters Tod waren ihre Besuche seltener geworden, und dann im letzten Jahr war die Zeit mit einemmal für immer vorbei.

Nun ja, sagte Pater Hiltprand sich immer wieder, für eine Jungfrau im heiratsfähigen Alter ziemt es sich eben nicht, sich von einem alternden Mönch mit unnötigem Wissen vollstopfen zu lassen. Sie hat genug gelernt, um die Bücher ihres Bruders zu führen, und jetzt ist es an der Zeit, daß sie lernt, einen Haushalt in Ordnung zu halten, um ihrem späteren Ehemann ein gemütliches Heim zu schaffen. So ist der Lauf der Dinge eben. Er seufzte schwer.

»Alter Narr!« murmelte er. »Du weißt ganz genau, daß das nicht der Grund für ihr Fernbleiben ist. Den Grund hat dir ihr Bruder ja heftig genug um die Ohren geschlagen.«

Das Verbot, jemals wieder ein Wort mit ihr zu wechseln, traf ihn härter, als er es je für möglich gehalten hatte. Doch auch Anne Katharina war entsetzt gewesen. Sie hatte sich beklagt, getobt und geschimpft, doch von diesem Tage an war sie nicht mehr im Kloster erschienen, um an seinem Wissen teilzuhaben.

Pater Hiltprand beobachtete mit regungsloser Miene, wie Anne Katharina an der Seite ihrer Brüder den Marktplatz überquerte.

Das ist eben der Preis, den man dem Herrn bezahlen muß, wenn man Ihm sein Leben widmet. Keine Frau, die Ihm einen Teil der Liebe streitig machen könnte. Ein bitteres Lächeln teilte seine Lippen. Nun, zumindest keine, die man offiziell anerkennen darf. Mit einem Ruck wandte er sich um und verschwand hinter den Klostermauern, um im Gebet und in der Stille sein aufgewühltes Gemüt zu beruhigen.

* * *

»Wir haben uns daheim ganz schrecklich gezankt«, erzählte Anne Katharina Vogelmann ihrem Großvater, als sie ihn später, als die bleiche Wintersonne schon tief stand, in seiner Kammer im Spital besuchte.

»Ich wollte, daß Ulrich die Geheimen aufsucht, damit sie die Marie gleich ins Spital bringen. Sie können sie ja hier ins Fegefeuer zu den Kranken legen oder in einer der kleinen Kammern wegschließen.«

Der alte Peter Schweycker, selbst über lange Jahre Ratsmitglied und Richter, richtete die weißlichen, getrübten Augen auf seine Enkelin.

»Und, hat er das getan?«

»Erst mußte ich mir wieder das alte Lied von den weiblichen Tugenden anhören und daß es sich für eine Jungfrau aus guter Familie nicht ziemt, sich um das Schicksal einer unkeuschen Magd zu kümmern, doch dann ist er doch zum Büschler gegangen, um mit ihm zu reden.«

»Zum Hermann? War das eine kluge Entscheidung? Als Vorjahresstättmeister ist er zwar unter den Geheimen, aber …«

»… er ist kein Junker!« ergänzte seine Enkelin.

»Eben, das meine ich. Du sagst, das Mädchen war Magd bei den Senftens?«

»Ja, bis zum Frühjahr im Senftenhaus in der Herrengasse, dann im Sulmeisterhaus an der Sulfurt …«

»… bei unserem hochverehrten Stättmeister Junker Gilg Senft!«

»Oh! Daran habe ich nicht gedacht.«

Der alte Mann tastete nach seiner Enkelin, die nachdenklich die faltige Hand ergriff.

»Sie werden das Urteil nicht mildern?« Es war mehr eine Feststellung denn eine Frage.

»Nein!« Die Stimme des ehemaligen Richters klang fest. »Auch wenn für diesen Fall nicht das Blutgericht zuständig ist, sondern der Schultheiß, so hat dieser sicher kein Urteil über ein Mitglied des Hauses Senft verhängt, ohne sich vorher mit dem Stättmeister abzusprechen. Die Herren werden schon ihre Gründe haben, das Mädchen aus der Stadt zu jagen.«

»Und sie damit vielleicht zu töten«, flüsterte Anne Katharina bei diesem Gedanken erschaudernd. Beide schwiegen, als die Tür zu der kleinen Kammer aufgestoßen wurde und eine der Pflegerinnen des Heilig-Geist-Spitals mit dem Nachtmahl eintrat. Die Schwester aus dem dritten Orden des heiligen Franziskus stellte die abendliche Milchsuppe, eine Schüssel Kraut mit Grieben und einen kleinen Krug Kocherwein auf den schmalen Tisch unter das Fenster, welches jetzt im Winter mit Pergament bespannt und mit einem hölzernen Laden verschlossen war. Sanfte Hände griffen unter die Arme des greisen Herrn.

»Darf ich Euch an den Tisch führen, Herr Richter?«

»Habt Dank, Schwester, doch meine Enkelin wird den alten Knochen heute behilflich sein.«

Die Pflegerin senkte das mit einem weißen Schleier verhüllte Haupt, schob die Hände in die weiten Ärmel ihrer Ordenstracht und murmelte: »Gottes Segen mit Euch.« Dann verließ sie geräuschlos die Kammer.

Anne Katharina führte den blinden Mann zum Tisch und schob ihm dann schnell den mit weichen Kissen gepolsterten Stuhl heran. Geschäftig eilte sie zum Wandbord, holte den Rest groben Roggenbrots, der vom Morgenmahl übriggeblieben war, und stellte noch ein Schüsselchen Apfelmus auf den Tisch, das ihr Ursula für den Großvater mitgegeben hatte. Der alte Mann tastete mit der einen Hand nach dem Löffel an seinem Gürtel, mit der anderen zog er den Teller mit Milchsuppe näher. Nur mit Mühe konnte Anne Katharina das harte Brot zerbröseln, um es unter die Suppe zu rühren.

»Schon wieder dieses harte, dunkle Brot, das ich nicht mehr beißen kann«, seufzte der Alte. »Ich möchte mal wissen, was die mit den ganzen Gülten der Höfe machen, die sie für diese Herrenpfründe von mir bekommen haben, als ich so dumm war, mich in diesem vermaledeiten Spital vorzeitig begraben zu lassen.« Anne Katharina bekreuzigte sich schnell. »Die Kelter und das Stück Wald oben bei Gelbingen nicht zu vergessen.« Er war sichtlich erbost. »Und dafür bekomme ich ein Mahl, grad wie die Ärmsten im Siechenhaus: kein Fleisch, kein Schönbrot, keinen Neckarwein! Aber die Ratsherrn, die schmausen gar köstlich von meinem Geld, wann immer sie eine Gelegenheit dazu finden können!«

Anne Katharina unterdrückte die Bemerkung, daß er in seiner Zeit als Richter bei den zahlreichen Festessen des Spitals die Köstlichkeiten ja auch nicht zurückgewiesen hatte, und meinte statt dessen:

»Die Lage ist überall schwierig, liebster Großvater, viele in den Dörfern leiden Hunger, denn die Ernte war schlecht, und der Winter ist hart. Im Frühjahr wird das Essen bestimmt besser.«

Der Alte knurrte unwillig und schlürfte mißmutig einen Löffel Suppe.

»Riecht doch, Großvater, im Kraut ist viel Speck.« Anne Katharina strich ihm über die Wange.

»Ich bringe Euch morgen eine Fleischpastete und Schönbrot aus feinem Dinkelmehl mit.«

»Du kommst morgen wieder? Ich dachte, der Herr des Hauses möchte diese unnützen Besuche bei einem senilen Alten der Vergangenheit angehören lassen.«

»Unsinn!« log Anne Katharina mit fester Stimme. »Wenn ich meine Pflichten schnell und ordentlich erledige, bleibt mir noch Zeit genug, bei Euch vorbeizusehen.« Außerdem braucht es Ulrich ja nicht zu erfahren, fügte sie in Gedanken hinzu.

Die Glocken von St. Jakob läuteten zum Ave Maria, im Spital wurden die Talglichter entzündet, und die Schwestern huschten durch die Säle, um die Schüsseln und Krüge wegzutragen und noch einmal nach den Kranken zu sehen. Lauschend hob Peter Schweycker den Kopf.

»Es ist spät, sicher schon dunkel draußen. Du mußt gehen, wenn du deinen Bruder nicht erzürnen willst. Frag einen der Knechte, ob er dich nach Hause begleitet.«

»Ach was!« wehrte Anne Katharina ab. »Ich werde den Weg schon allein finden.«

»Eine Jungfrau deines Alters hat im Dunkeln draußen allein nichts zu suchen«, brauste der Großvater auf. »Hat dir dein Bruder keinen Anstand beigebracht?«

»Doch, mehr als genug«, seufzte sie, gab ihrem Großvater einen Kuß auf die Wange und verließ die Kammer. Sie ging in den Stall, dann zur großen Scheune und in die Küche, doch keiner der Knechte hatte im Augenblick Zeit. Unschlüssig blieb sie in der von zwei Talglichtern kaum erhellten Halle stehen. Sollte sie warten? Wenn Ulrich bereits zu Hause war, dann konnte sie sich auf eine Strafpredigt gefaßt machen, die den Vergleich zum Jüngsten Gericht nicht zu scheuen brauchte. Mit jeder Minute, die sie hier herumstand, schwand die Chance, noch vor ihm heimzukommen. Also, dann los! Entschlossen band sie sich ihr dickes Wolltuch fest um den Kopf und trat beherzt in die eisige Winternacht hinaus. Der Himmel hatte sich aufgeklart, so daß der matte Sternenschein den Schnee in ein geheimnisvolles Licht tauchte. Eilig schritt Anne Katharina durch den knöcheltiefen Schnee bergauf. Der hartgefrorene Boden war gar nicht so unpraktisch, versank man doch auf den ungepflasterten Straßen der unteren Stadt und der Vorstädte bei nassem Wetter oft tief im Morast.

Anne Katharina folgte dem vereisten Schuppach, der an manchen Stellen fast bis zur Böschung hoch mit stinkendem Unrat gefüllt war. Auf einem schmalen Steg überquerte sie den Bach, den man treffender als ein Rinnsal bezeichnen müßte, und folgte dann der Sporengasse in Richtung Marktplatz. Trotz des langen, fellgefütterten Mantels, den sie eng um sich gewickelt hatte, kroch die Kälte unter ihre Röcke und ließ sie erschaudern. Einmal glitt das junge Mädchen aus und fiel auf die Knie. Ein großer, grauer Hund mit einem zerfetzten Ohr, der in einem Hauseingang geschlafen hatte, erhob sich knurrend.

»Brauchst gar nicht deine Zähne so zu fletschen«, fauchte sie den Köter mit mehr Mut an, als sie empfand, »wenn du mich nicht beißt, dann beiße ich dich auch nicht.«

Ob das den Streuner überzeugt hatte, konnte sie nicht sagen. Jedenfalls rollte er sich wieder zusammen und legte mit einem Gähnen den Kopf auf die Pfoten. Energisch schüttelte sich Anne Katharina den Schnee aus den Röcken und setzte ihren Weg fort. Schwarz ragte die Klosterkirche St. Jakob zu ihrer Rechten in den Himmel, als sie den leeren Marktplatz betrat. Das flimmernde Sternenlicht beleuchtete den verwaisten Pranger nur matt, ein offenes Halseisen schlug leise klirrend an die kalte Steinsäule. Marie lag jetzt in ihrem eisigen, finsteren Verlies unter dem Hezennest. Ob Els ihr warme Kleider gebracht hatte? Anne Katharina bewunderte die energische kleine Frau, die nicht davor zurückschreckte, sich mit Ratsherren oder Stadtknechten anzulegen, um das, was in ihren Augen richtig war, durchzusetzen.

Und ich schaffe es nicht einmal, mich gegen meinen eigenen Bruder zu behaupten, dachte Anne Katharina verbittert. Nun ja, ich sage zwar oft, was ich denke, und streite mich mit ihm – trotzdem schaffe ich es nicht, mich an diese vielen Regeln, die für eine bürgerliche Jungfrau gelten, zu gewöhnen, noch traue ich mich, gegen diese zu verstoßen. Ursula hat es gut. Sie ist einfach ruhig und tugendsam und muß nicht ständig gegen ihren eigenen Willen ankämpfen. Sie stellt die Befehle ihres Gatten nie in Frage und grübelt nicht darüber nach, ob diese nun gut und rechtens sind.

Plötzlich wurde Anne Katharina bewußt, daß sie noch immer allein auf dem nächtlichen Marktplatz vor dem Pranger stand und gerade gegen alle Regeln und Gebote des Anstands verstieß. Mit einem Ruck wandte sie sich ab und eilte mit großen Schritten weiter, ein trotziges Lächeln auf den Lippen.

* * *

So leise wie möglich öffnete Anne Katharina die Haustür und schlich auf Zehenspitzen die Treppe hinauf. Ob Ulrich schon zurück war? Sie preßte ihr Ohr an die Stubentür. O je, ganz deutlich drang seine Stimme durch das dicke Holz – und sie klang ziemlich ärgerlich. Unschlüssig blieb Anne Katharina stehen. Einerseits lockten sie die Wärme und ein Nachtmahl, andererseits hatte sie nicht die geringste Lust, sich dem Gewittersturm auszusetzen, der unweigerlich folgen würde. Seufzend legte sie die Hand auf die geschwungene, schmiedeeiserne Klinke, als ein Schatten heranhuschte und nach ihrer Hand griff.

»Nicht, Anne Katharina, geht nicht in die Stube«, flüsterte die Magd aufgeregt. »Ich habe dem Herrn erzählt, daß Ihr Euch nicht wohl fühlt und bereits in Eurer Kammer zu Bett liegt.«

Das junge Mädchen hauchte der Magd dankbar einen Kuß auf die Wange. »Ich danke dir, du bist ein Schatz!«

Mit gerafften Röcken eilte Anne Katharina die Treppe zu ihrer Kammer hoch und schloß leise die Tür hinter sich.

»Heilige Jungfrau, ich danke dir«, seufzte sie und lehnte sich einige Augenblicke an die rauhe Wand. Obwohl das Fenster mit einer dünnen Haut und einem hölzernen Laden verschlossen war, zog es empfindlich und war, da Ulrich den Luxus von Kohlepfannen in den Schlafkammern entschieden ablehnte, eisig kalt. Ohne ein Licht zu entzünden, zog Anne Katharina sich aus, band sich eine Nachthaube über das zu einem Zopf geflochtene Haar und schlüpfte unter die dicke Daunendecke. Das Stroh in der Matratze raschelte leise, und irgendwo hörte sie die trippelnden Pfoten einer Maus, die sich bei ihrer nächtlichen Suche nach etwas Eßbarem gestört fühlte und zu einem sicheren Versteck flüchtete.

Schlaflos wälzte sich Anne Katharina in ihrem schmalen Bett herum. Ihr war kalt, und ihr Magen meldete deutlich, wie viele lange Stunden seit dem Mittagsmahl schon verstrichen waren. Zu dumm, daß sie nicht daran gedacht hatte, etwas aus der Küche mitzunehmen.

Wenn alle zu Bett gegangen sind, dann kann ich mich ja immer noch hinunterschleichen, dachte sie. Sie lauschte auf die Geräusche im Haus. Gedämpft hörte sie das Quietschen der Stubentür, dann die schweren Schritte ihres älteren Bruders und die leise Stimme ihrer Schwägerin. Von Peter fehlte bisher jede Spur. Sicher trieb er sich wieder mit den Siederburschen im »Wilden Mann« oder in einer anderen Schenke herum. Meist kam er von diesen Ausflügen völlig betrunken nach Hause und war am anderen Tag schrecklich übellaunig. Die arme Agnes mußte dann jedesmal die stinkenden Überreste aufwischen, wenn Peter es mal wieder nicht zum heimlichen Gemach in den Hof geschafft oder sein Nachtgeschirr verfehlt hatte. Die Schelte, die er dafür am Morgen von Ulrich anhören mußte, war selbst für einen schweren Brummschädel erträglich. Die jungen Burschen müssen sich die Hörner abstoßen – das war die übliche Entschuldigung, die mit einem gleichgültigen Schulterzucken vorgebracht wurde. Wenn man bedenkt, was für ein Aufhebens gemacht wurde, wenn der Rock einer Jungfrau um ein paar Fingerbreit zu kurz oder ihr Ausschnitt zu tief war, wenn eine Ehefrau ohne Haube auf die Straße ging oder ihrem Ehemann in der Öffentlichkeit zu widersprechen wagte … Diese Ungerechtigkeit schmeckte bitter und ließ sich nur schwer hinunterschlucken.

Anne Katharina lag wach auf dem Rücken, bis die Stimmen und Schritte allmählich verstummten. Aus dem winzigen Verschlag im Hof erklang das verschlafene Grunzen des letzten Schweines, dem noch ein paar Tage bei köstlichen Küchenabfällen gegönnt wurden, bevor es wie seine Vorgänger mit den scharfen Messern eines Metzgers in viele wohlschmeckende Bratenstücke verwandelt werden würde. Dann war alles ruhig.

Mit einem Ruck schlug Anne Katharina ihre Decke zur Seite. Gierig griff die Winterskälte in der Kammer nach dem nackten Körper, so daß sich all die feinen Härchen auf der jungen glatten Haut aufstellten. Rasch wickelte sich Anne Katharina in einen dicken Wollumhang und tastete im Dunkeln nach ihren weichen Fellschuhen, dann schlich sie in die Küche hinunter. Die Glut im Herd würde sicher reichen, einen Becher Wein zu erhitzen, und der Ofen in der Stube war bestimmt auch noch warm. Gierig dachte Anne Katharina an ein Stück weißes Brot und etwas Käse, als sie sich dem glutroten Schein näherte, der aus der Küche drang.

»Welch üble Nachlässigkeit!« entfuhr es Anne Katharina, als sie die beiden brennenden Talglichter auf dem kleinen, wackeligen Tisch in der Ecke sah, und sie trat heran, um sie zu löschen. Erst jetzt bemerkte sie den Weinkrug, zwei hohe Becher und ein Brett mit Resten von Brot, Käse, geräuchertem Speck und Schinken. Die Krümel und Rindenstückchen zeugten davon, daß noch einer auf die Idee gekommen war, ein spätes Nachtmahl einzunehmen.

Nicht einer, zwei! verbesserte sich Anne Katharina mit einem Blick auf die fast leeren Becher und schob sich ein Stück Speck in den Mund. Wer hat hier wohl gegessen? überlegte sie kauend und schob noch etwas Käse nach, als Stimmengemurmel in der unteren Halle die Antwort zu geben schien. Die Haustür öffnete sich mit dem gewohnten leisen Quietschen. Rasch griff Anne Katharina nach Brot und Schinken und eilte in die Stube, öffnete leise das Fenster und beugte sich vorsichtig hinaus. Zwei dunkle Gestalten hoben sich gegen den Schnee ab, eng umschlungen standen sie in der Eiseskälte, anscheinend in einen innigen Kuß vertieft, dann löste sich einer der Schatten und trat ins Haus. Nachdenklich sah Anne Katharina der anderen Gestalt nach, wie sie die Herrengasse in Richtung Marktplatz hinunterstapfte. Der breitkrempige Hut und der fast bodenlange Mantel verbargen den Körper völlig, doch der forsche Schritt schien der eines Mannes zu sein, aber ganz sicher war sich Anne Katharina nicht. Wer mochte das sein, und was hatte er oder sie nachts hier zu suchen? Und mit wem hatte er oder sie sich getroffen? Die leisen Geräusche in der Küche verstummten, eine Treppenstufe knarrte. Anne Katharina huschte zur Tür, öffnete sie leise und lauschte, doch alles, was sie noch vernahm, war das Schließen einer Tür im oberen Stock, dann kehrte die nächtliche Stille wieder ein. Zu spät, den herumschleichenden Hausbewohner zu entlarven. Fast hätte sie geflucht, doch zum Glück war ihre Erziehung so streng verlaufen, daß sie diese Sünde nicht auf sich lud. Trotzdem war sie mit sich und der Welt höchst unzufrieden, als sie – das Brot in der einen, den Schinken in der anderen Hand – zu ihrer Kammer zurückkehrte.

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Kapitel 3

Tag des heiligen Hrabanus Maurus,

Montag, der 4. Februar

im Jahr des Herrn 1510

Es war noch dunkel, doch der neue Wintertag kündigte sich bereits durch einen milchigen Streifen am östlichen Horizont an, welcher sich schon bald zu flammendem Rot wandeln würde. Trotz der frühen Stunde herrschte in der Stadt schon emsige Geschäftigkeit. Im Schein von Laternen und Kienspänen begannen die Handwerker ihr Tagewerk, Mägde hantierten in den Küchen, schürten die Feuer oder trugen schwatzend und lachend schwere Körbe zum Marktplatz hinauf, Knechte spalteten Brennholz, und die ersten Bauern von den umliegenden Höfen warteten mit Waren und Vieh bereits geduldig vor den Stadttoren, bis diese geöffnet wurden und sie in die Stadt ziehen konnten.

Gähnend schob Anne Katharina Vogelmann das warme Federbett beiseite und entzündete ein Talglicht. Schnell zog sie sich ihre Stümpfe an und band sie unter dem Knie fest. Sie schlüpfte in einen warmen, wollenen Leibrock, ein weißes Leinenhemd und einen einfachen, graublauen Rock mit langen, schmalen Ärmeln, dessen einziger Schmuck aus einer feinen Silberstickerei um den Halsausschnitt und die Handgelenke bestand. Den edlen, mit einer breiten Brokatborte besetzten grünen Surcot, den sie am Vortag getragen hatte, legte sie sorgfältig in die reich mit Schnitzereien versehene Eichentruhe, die neben ihrem schmalen Bett stand. Hastig bürstete sie ihr langes Haar, das im Kerzenlicht rötlich schimmerte, flocht es zu zwei Zöpfen, rollte diese wie zwei Schnecken auf und schob sie in ein Haarnetz aus feinen Siberfäden, die von einem breiten Samtband zusammengehalten wurden. Die Röcke gerafft und zwei Stufen auf einmal nehmend, eilte Anne Katharina die Treppe hinunter. Wohlige Wärme empfing sie, als sie die Stubentür öffnete und am großen Nußbaumtisch Platz nahm, wo sich die anderen Familienmitglieder schon zu einem einfachen, frühen Mahl versammelt hatten.

»Du wirst es nicht glauben!« ereiferte sich der Hausherr gerade und fuchtelte mit seinem Löffel vor Peters Nase in der Luft herum. »Haben die Junker im letzten Jahr die Frechheit besessen, unserem ehrenwerten Stättmeister Büschler die Aufnahme in ihre Trinkstube zu verwehren, obwohl seine Frau von adeligem Blut ist!«

»Ja, ich weiß«, brummte Peter mißmutig und barg den Kopf in seinen Händen, als könne er sich dadurch in dieser frühen Stunde vor der lauten Stimme seines Bruders schützen. Die ganze Politik des Stadtrates, das Gerangel um Posten, Pfründe und andere Vorteile, interessierte ihn nicht. Solange er genug Münzen in seinem Beutel hatte und sich ungestört mit seinen Freunden im Wirtshaus, zum Hahnenkampf oder zu einem wilden Ritt treffen konnte, war ihm alles andere nur eine Last.

Ulrich übersah den Unmut des Jüngern geflissentlich, tauchte seinen Löffel in den dicken Haferbrei, schob ihn in den Mund und fuhr dann mit erregter Stimme fort.

»Sollen denn die anderen Ratsherren auf dem Kirchhof im Regen oder Schnee stehen und die Entscheidungen abwarten, derweilen es sich die Junker in ihrer Ratsstube mit süßem Wein wohl sein lassen?«

»Das ist doch eine alte Geschichte«, maulte Peter. »Unzählbar viele Monate dauert der Streit nun schon an. Schließlich hat der Büschler mit seiner Abstimmung gewonnen, und seit Wochen wird im Haus des Spitals am Markt gebaut, um eine bürgerliche Trinkstube einzurichten. Worüber also regst du dich so auf?«

»Deshalb ist es ja so verwerflich, daß sich die Junker nun eine neue List erdacht haben, um das Ganze doch noch zu verhindern. Der Spitalmeister hat den Rat um eine Fuhre Holz ersucht, damit der Ausbau voranschreite. Veit von Rinderbach hat sie verweigert und will die Sache nun noch einmal zur Abstimmung vor den Rat bringen.«

Mit grimmiger Miene schnitt Ulrich ein Stück Brot von dem großen Laib, der in einer flachen Holzschale auf dem Tisch lag. Er fuhr mit der scharfen Schneide durch die dunkelbraune Kruste, als hätte er seinen ärgsten Feind vor sich.

Peter, Ursula und Anne Katharina löffelten schweigend ihren Haferbrei, denn es war dem Hausherrn anzusehen, daß er noch nicht fertig war. Und richtig, er biß kräftig in das frische Brot und fuhr dann mit vollem Mund fort.

»Das hat sich sicher der vermaledeite Rudolf Nagel ausgedacht, denn er kann es immer noch nicht verwinden, daß die Abstimmung zu unseren Gunsten verlaufen ist. Es ist ihm ein arger Dorn im Auge, daß nicht nur Junker im Rat sitzen und der Büschler im letzten Jahr gar Stättmeister war.«

Agnes unterbrach seine Rede, als sie mit einem Krug warmen, gewürzten Bieres eintrat, dem Ulrich gerne und reichlich zusprach. Die Magd hielt den Krug auch Peter hin, doch der schüttelte den Kopf. Er war an diesem Morgen ein wenig bleich im Gesicht, die Augen zeigten tiefe Ringe, und ein paarmal konnte er sein Gähnen nur sehr unzureichend verbergen. Seine Schwester konnte sich ein spöttisches Lächeln nicht verkneifen.

»Hattest du einen schönen Abend? Der ›Wilde Mann‹?«

Peter nickte gequält. »Ich weiß gar nicht mehr genau, wie ich heimgekommen bin. Die anderen müssen mich wohl vorbeigebracht haben.« Seine Miene wurde grimmig. »Und außerdem geht dich das gar nichts an, Weib!«

Solche Reden gewöhnt, spendete sie ihm halbherzig Trost für seinen schmerzenden Kopf und empfahl einen Eimer kaltes Wasser, als ihr plötzlich ihr dringendes Anliegen des gestrigen Tages wieder einfiel.

»Bruder, da du gestern beim ehrenwerten Hermann Büschler warst, hast du mit ihm auch über die Magd Marie geredet?« begann sie mit leiser Stimme und gesenktem Blick, um Ulrich nicht unnötig zu erzürnen.

Dieser sah seine Schwester verständnislos an. »Was hätte ich ihm denn sagen sollen?«

Alle Vorsätze waren vergessen. Anne Katharina brauste auf.

»Du hast es doch versprochen! Sie soll nicht im Hezennest bleiben bei dieser Kälte. Das könnte sie umbringen!«

»Ach, du meinst die Magd mit ihrem ungeborenen Bastard. Das habe ich bei diesen wichtigen Neuigkeiten völlig vergessen.«

Damit schien das Thema für ihn erledigt zu sein. Wütend knallte Anne Katharina ihre Tonschale auf den Tisch.

»Für mich ist die Sache aber nicht erledigt!«

»Mäßige deinen Tonfall und widersprich mir nicht!« schrie Ulrich. »Du wirst das Haus heute nicht verlassen und bei deinen Näharbeiten über züchtiges Verhalten nachdenken!«

»Aber ich habe Großvater versprochen, daß ich komme!«

»Dann kannst du dein Versprechen eben nicht halten. Für meinen Geschmack gibst du dich eh zuviel mit dem senilen Alten ab. Du wirst deine Besuche im Spital also einschränken!«

»Ich bin kein Kind mehr, das du herumkommandieren kannst!« Tränen des Zorns traten in ihre Augen.

»Wenn ich dich so ansehe, bin ich mir da nicht sicher. Außerdem hast du so lange das zu tun, was ich dir sage, bis dein Ehemann diese undankbare Pflicht übernimmt.«

Anne Katharina sprang auf und stürmte, ohne auf die Rufe hinter sich zu achten, aus der Stube.

»Und du, verschwinde endlich in die Schule, damit die Mönche dir was beibringen können. Ich möchte, daß du irgendwann mal ein paar Gulden einbringst und nicht nur meine Münzen über schmierige Theken schiebst.«

»Ich soll mein Geld verdienen?« nahm Peter das Thema begierig auf und wählte diesen überaus ungünstigen Augenblick, Ulrich von seinen Plänen zu berichten, als Siederbursche zu arbeiten, statt länger Latein zu pauken.

Für einen Augenblick war der Hausherr sprachlos, doch als er antwortete, konnte seine Gattin nur mühsam dem Drang widerstehen, sich beide Hände auf die Ohren zu pressen.

Anne Katharina war in ihre Kammer gelaufen und hatte sich weinend auf ihr Bett geworfen, doch die Tränen versiegten schnell. Mit untergeschlagenen Beinen setzte sie sich auf das Deckbett, kaute auf ihrer Unterlippe und dachte nach. So fand sie ihre Schwägerin immer noch vor, als sie nach einiger Zeit kam, um nach Anne Katharina zu sehen.

»Ich werde zum Hezennest gehen und Marie besuchen!« sagte sie tonlos.

Entsetzt griff Ursula nach ihrer Hand.

»Das darfst du nicht tun. Ulrich hat dir ausdrücklich verboten, das Haus heute zu verlassen. Ich zittere bei dem Gedanken, was passieren würde, wenn du dagegen verstößt und er es erfährt. Außerdem ist es undenkbar, daß du zum Turm gehst und dort mit einem der Wächter sprichst. Das wäre ein Skandal!«

»Und wenn du mitkommst?«

Allein bei diesem Gedanken wurde Ursula schon bleich.

»Nicht für alle Schätze dieser Welt.«

»Dann muß Peter eben gehen«, entschied Anne Katharina trotzig. »Ich werde ihn gleich fragen.«

Mit neuem Tatendrang rutschte sie vom Bett und lief in die große Halle hinunter, wo Peter in überaus gefährlicher Stimmung die Geräte aussortierte, die noch vor dem Frühling zur Ausbesserung zum Schmied gebracht werden mußten.

»Bitte, tu es doch für mich«, bettelte sie, als er sich desinteressiert gab und nur über die Ungerechtigkeit klagte, die ihm widerfahren war.

Mit Schwung schleuderte er eine stumpfe Axt auf den Lehmboden und fuhr seine Schwester an:

»Halte mit solchen Nichtigkeiten einen Mann nicht von seiner Arbeit ab. Sobald ich hier fertig bin, reite ich mit Michel und den anderen nach Tullau in die Wälder, um nach den Stämmen zu sehen. Es soll Holz verschwunden sein. Das ist wirklich wichtig! Also laß mich mit deinem Kram in Ruhe und geh zu deinen Stickereien, wo du hingehörst, Weib!«

Anne Katharina juckte es in den Fingern, ihm eine Ohrfeige zu verpassen, doch die Zeiten waren leider vorüber, wie sie feststellte, wenn sie ihren kleinen Bruder so ansah, der sie um eine Haupteslänge überragte. Enttäuscht ging sie in die Küche, um Agnes ihr Leid zu klagen.

»Weißt du, er ist eigentlich gar nicht so – so wie Ulrich. Er hat nur jemanden gebraucht, an dem er seine Wut auslassen kann. Sonst ist er manchmal ein ganz reizender Bursche …«

Die Magd hörte zu und nickte, während sie mit einem langen, scharfen Messer Zwiebeln, Kohl und Rüben für das Nachtmahl kleinschnitt.

* * *