Die tote Lady Rockwell - Walther Kabel - E-Book

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Walther Kabel

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Beschreibung

Wir fühlten uns als Gäste Kapitän Andersons in Bombay sehr wohl. Seine landschaftlich so überaus reizvoll liegende Villa am Südostabhang des Kumbala-Berges mit dem prächtigen parkähnlichen Garten erschien mir, dem Neuling im Orient, wie der berühmte Zaubergarten des Aladin aus Tausend und eine Nacht. —
Es war am Morgen nach Cecil Warbattys leider nur zu gut geglückter Flucht. Die Polizei hatte natürlich sofort hinter dem Motorrennboot des Flüchtlings ein englisches Depeschenboot und zwei sehr schnelle Privatjachten hergeschickt. Harst jedoch hatte dazu nur die Achseln gezuckt. »Sie könnten sich die Brennstoffvergeudung sparen. Einen Warbatty fängt man nicht mit solchen Durchschnittsmitteln!« sagte er — und mit Recht!

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Der Detektiv

Kriminalerzählungen

von

Walther Kabel.

 

Band 13

Die tote Lady Rockwell

 

1920

 

© 2023 Librorium Editions

ISBN : 9782383837862

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Inhalt

Die tote Lady Rockwell.

Auf hoher See.

Die Türme des Schweigens.

Lord Rockwell.

Die Tote.

Der Versicherungsbetrug.

Die Zauberhand der Matani.

Das treibende Boot.

Das braune Mädchen.

Das Polizeiboot.

Die Zauberhand.

Die andere Hand.

 

Die tote Lady Rockwell.

1. Kapitel

Auf hoher See.

Wir fühlten uns als Gäste Kapitän Andersons in Bombay sehr wohl. Seine landschaftlich so überaus reizvoll liegende Villa am Südostabhang des Kumbala-Berges mit dem prächtigen parkähnlichen Garten erschien mir, dem Neuling im Orient, wie der berühmte Zaubergarten des Aladin aus Tausend und eine Nacht. —

Es war am Morgen nach Cecil Warbattys leider nur zu gut geglückter Flucht. Die Polizei hatte natürlich sofort hinter dem Motorrennboot des Flüchtlings ein englisches Depeschenboot und zwei sehr schnelle Privatjachten hergeschickt. Harst jedoch hatte dazu nur die Achseln gezuckt. »Sie könnten sich die Brennstoffvergeudung sparen. Einen Warbatty fängt man nicht mit solchen Durchschnittsmitteln!« sagte er — und mit Recht!

Seine Stimmung war recht schlecht. Er suchte dies zu verbergen. —

Wir saßen mit Anderson und seiner freundlichen Gattin auf der Veranda des Bungalow beim Frühstück. Einer der Hindudiener brachte die Morgenpost und die neuesten Zeitungen. Da die Hitze wieder so furchtbar war, daß wir kaum Lust zu einer Unterhaltung verspürten, nahmen wir jeder ein Blatt vor, — auch ich, obwohl meine englischen Sprachkenntnisse kaum genügten, eine hiesige Zeitung glatt herunterzulesen.

Ich schaute denn auch nur zum Schein in die Bombayer Morningpost hinein, beobachtete weit mehr meine Tischnachbarn und ein paar halbzahme Affen, die auf dem Geländer der Veranda umherturnten. Zu sehen gab es hier ja übergenug. Ein solcher europäischer Haushalt in Indien birgt für den Deutschen viel Interessantes.

Nach einer geraumen Weile streiften meine Blicke wieder einmal Harsts Gesicht. Sofort wurde ich die vollständige Veränderung seiner Züge gewahr, die bisher etwas Abgespanntes, Düster-Nachdenkliches an sich gehabt hatten.

Den jetzigen Ausdruck seines schmalen, bartlosen Gesichts kannte ich nur zu gut. Die Längsfalten über der Nasenwurzel, die halb zugekniffenen Augen, die über den Backenknochen straff gespannte Haut und die fest zusammengepreßten Lippen deuteten auf Sturm. Er starrte unausgesetzt und völlig regungslos auf eine bestimmte Stelle seiner Zeitung. Für mich unterlag es keinem Zweifel: er mußte dort etwas von Wichtigkeit gefunden haben, etwas, das seinen Geist angeregt hatte und seine Gedanken jene wunderbaren Wege wandeln ließ, wie dies nur der für seinen Beruf geborene Detektiv vermag, — eben die wunderbaren Wege scharfsinnigster Kombinationen.

Jetzt schaute er auf. Unsere Blicke begegneten sich. Seine Augen waren voll geöffnet, strahlten jenes Feuer zielbewußter Energie aus, das aus Harsts geistvollem Denkerkopf mit einem Schlage den eines Feldherrn machte.

Er nickte mir leicht zu, meinte dann, indem er sich an Frau Anderson wandte: »So leid es mir tut, Ihr gastfreies Haus so schnell wieder verlassen zu müssen, — ich gedenke noch heute abzureisen —«

Trotz aller Bitten des Ehepaares blieb es dabei. Harst erklärte dann, er wolle sofort nach dem Hafen hinunter und versuchen dort von einem der Großkaufleute, die sich den Luxus eigener Motorrennboote gestatten konnten, ein solches Boot zu mieten.

Anderson sprang auf. »Ich helfe Ihnen dabei gern mit Rat und Tat, wenn Sie denn doch unbedingt fortwollen.« —

Eine halbe Stunde drauf galoppierten drei Rikschakulis mit uns der Stadt zu. Wir saßen jeder in einem der Wägelchen, die zumeist kaum 75 Pfund wiegen. Während der Fahrt zum Hafen hatte ich die beste Zeit, darüber nachzudenken, weshalb wohl Harst so plötzlich zu dem Entschluß gelangt sein könne, nicht einmal den nächsten Dampfer zur Reise nach Kolombo abzuwarten. Ich zweifelte nicht daran, daß er in der Zeitung irgend eine Nachricht gefunden haben müsse, die mit Warbatty zusammenhing und ich nahm mir deshalb auch vor, recht bald dieselbe Zeitung genau durchzusehen, die er am Frühstückstisch in Händen gehabt hatte. Es war die in Bombay erscheinende India World gewesen. —

Anderson brachte uns zu einem sehr reichen Parsen, einem Manne in den besten Jahren, der als Sportfex beinahe noch berühmter wie als Großkaufmann war. Ich lernte so den ersten jener aus ihrem ursprünglichen Vaterlande Persien ihres Glaubens wegen vertriebenen Anhänger der Lehre Zoroasters (Zarathustra) kennen, die als Feueranbeter es für eine Entweihung der heiligen Flammen halten, in ihnen einen Toten zu Asche zu verbrennen, wie dies die Bekenner Brahmas tun, und die daher die Leichen ihrer Angehörigen auf den nach innen trichterförmig zulaufenden fünf Türmen des Schweigens den Geiern zum Fraße anbieten.

Diese Türme stehen an der Südostspitze der Halbinsel Malabar Hill. Ich hatte sie mir von weitem durch das Fernglas angesehen. Und dabei war in mir die Erinnerung an irgend einen Film aufgetaucht, den ich in Berlin bewundert hatte und in dem auch die berühmten Türme des Schweigens eine Rolle gespielt hatten. Erst jetzt konnte ich feststellen, daß die Film-Türme damals alles andere nur nicht die Bombayer Parsen-Türme gewesen waren. — Weshalb ich hier etwas eingehender all dies einfüge, wird der Leser sehr bald merken. —

Der reiche Parse Mirza Dau Sabli, der längst vollständig zum Europäer geworden war, hatte kaum gehört, daß Harald Harst vor ihm stehe, als er auch schon erklärte, es sei ihm eine Ehre sein fast neues Rennboot zur Verfügung zu stellen. Er versprach, daß das 15 Meter lange, durchaus seetüchtige Fahrzeug in zwei Stunden am Bollwerk seines Lagerspeichers bereitliegen würde.

Wir kehrten sogleich nach Andersons Bungalow zurück, packten unsere Koffer und mußten dann noch schnell eine warme Mahlzeit einnehmen, die der chinesische Koch Andersons mit fünf Gängen wie durch Zauberei hergestellt hatte.

Während wir noch bei Tisch saßen, wurde Anderson an das Telephon gerufen. Er kam mit etwas langem Gesicht zu uns zurück, berichtete Mirza Dau Sabli hätte sich am Apparat gemeldet und unter tausend Entschuldigungen folgendes mitgeteilt: Er hätte das Rennboot zweimal in den Zeitungen zum Verkauf angezeigt gehabt; der Preis wäre jedoch allen sich Meldenden zu hoch gewesen. Heute nun bald nach unserem Weggang wäre ein Engländer Sir Reginald Worbster, der sich auf der Durchreise hier aufhielte, bei ihm erschienen, hätte das Boot schnell entschlossen erstanden, aber sich bereit erklärt, im Interesse der guten Sache die beiden deutschen Detektive erst nach Kolombo zu bringen, bevor er das Fahrzeug nach seiner Farm an der Ostküste Afrikas mitnehmen würde.

»Ich weiß nun nicht, Master Harst, ob Ihnen diese Erledigung recht ist,« fügte Anderson hinzu. »Es machte auf mich nämlich am Telephon den Eindruck als hätte Dau Sabli diesen Worbster erst lange bitten müssen, Ihnen in dieser Weise entgegenzukommen —«

»Oh — das ist mir gleichgültig,« meinte Harst. »Die Hauptsache: ich bin schneller in Kolombo als mein Gegner Warbatty dies vermuten könnte.« —

Sir Reginald Worbster war denn auch in der Tat ein sehr zugeknöpfter, wenn auch nicht gerade unliebenswürdiger Herr. Er hatte seinen Rechnungsführer, einen feingebildeten Inder, bei sich, der sogar in Deutschland einige Jahre bei einer Hamburger Firma tätig gewesen war. Worbster wirkte äußerlich ein wenig lächerlich, denn er war genau so dick wie lang, tatsächlich die reine Kugel. Die semmelblonden Spitzen seines am Kinn ausrasierten Bartes hingen ihm bis auf die vorgewölbte Brust hinab. Und der große Hornkneifer auf der Knollennase war von gewaltiger Größe. Dazu hatte er noch eine Stimme, die deutlich verriet, daß er an einer Nasenkrankheit leide.

Kurz nach elf Uhr waren wir bei völlig windstillem Wetter abgefahren. Harst und ich saßen in der kleinen Kajüte und plauderten. Wir waren nun zwei Stunden unterwegs. Oben an Deck hielt man es vor Hitze kaum aus. Erwähnen muß ich noch, daß sich außer uns vieren nur noch der Maschinist an Bord befand. Es war dies ein Mischling von Weißem und Inderin von durchaus kaukasischem Gesichtsschnitt, den Worbster gleich in Bombay angeworben hatte. Dau Sablis Maschinist war bei seinem bisherigen Herrn geblieben, da dieser bereits einen allerneuesten Rennboottyp aus England verschrieben hatte.

Harst kam mir etwas nachdenklich vor und wenig aufgelegt für eine Unterhaltung. Worbster und Achmed, der Rechnungsführer, ließen sich von dem Mischling in die Geheimnisse der Bedienung des achtzylindrigen Motors einweihen. Das Boot hatte zwei Schrauben und sog sich bei voller Geschwindigkeit mit dem Heck so tief ein, daß der Bug fast über das Wasser hinausragte.