Die Verbotene Wahrheit - Osho - E-Book

Die Verbotene Wahrheit E-Book

OSHO

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Beschreibung

. Das umstrittene Thomasevangelium – Jesus als kompromissloser Rebel . Konzentrierte Weisheit plus tiefe mystische Erfahrung in einem Im Jahre 1945 wurde in einer Höhle in Oberägypten eine gnostische Bibliothek entdeckt, darunter ein Dokument, das eine Revolution in der Christenheit hätte auslösen müssen: Das verloren geglaubte »Thomasevangelium«. Aufgezeichnet zu Beginn unserer Zeitrechnung vom Apostel Thomas. In diesem Dokument spricht ein anderer Jesus als im Neuen Testament. Hier können wir die Stimme des kompromisslosen Rebellen hören: »Ich habe Feuer in die Welt geworfen, und siehe, ich bewahre es, bis es lodert.« Wen wundert es, dass dieser spektakuläre Fund von den Kirchen ignoriert wurde. Obwohl das Thomasevangelium die Quelle ist, aus der die Evangelisten Matthäus, Markus, und Lukas schöpften, fand es keinen Platz in der offiziellen Bibel. Sein Verfasser und die Echtheit wurden angezweifelt und es war lange Zeit als Ketzerevangelium verboten. »Die Verbotene Wahrheit« enthält zehn Kommentare Osho zu diesen außergewöhnlichen Jesusworten.

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Seitenzahl: 441

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Die Vorlage zu diesem Buch ist das gesprochene Wort Oshos. Die Diskurse sind, wie alle seine „Talks“, aus dem Stegreif vor einer großen Zuhörerschaft gehalten, und wurden vom Tonband übersetzt. Dieses Buch enthält die Kapitel 1-10 der englischen Originalausgabe, „The Mustard Seed“. Alle Osho Diskurse sind als Originale publiziert worden und als Original-Audios erhältlich. Audios und das vollständige Text-Archiv finden sie unter der Onlinebibliothek „Osho Library“ bei www.osho.com

Ebookausgabe 2023

Umschlaggestaltung: Agentur Guter Punkt unter Verwendung einer Illustration von © AdobeStock_336232493

Übersetzung: Nirvano Spohr

Copyright © 1975, 2000 OSHO International Foundation, www.osho.com/copyrights

Copyright © 2023 Innenwelt Verlag GmbH, Köln, www.innenwelt-verlag.de

Alle Rechte vorbehalten

OSHO® ist eine registrierte Handelsmarke der Osho International Foundation, Schweiz, lizensiert durch diese. www.osho.com/trademarks

eISBN 978-3-947508-97-6

OSHO

DIE VERBOTENE WAHRHEIT

Über die Jesusworte im Thomasevangelium

Inhalt

1. Das Senfkorn

2. Feuer, Schwert, Krieg

3. Das größte Wunder

4. Ohne Scham und Furcht

5. Heuchelei: Der Grundstein jeder Kirche

6. Das verlorene Schaf ist das wichtigste

7. Der ewige Zeuge

8. Den Kreis der sexuellen Energie schließen

9. Splitter und Balken

10. Einfach genießen

1. Das Senfkorn

Die Jünger sagten zu Jesus:

„Sag uns, wie das Himmelreich aussieht.“

Er sagte zu ihnen:

„Es ist wie ein Senfkorn – kleiner als alle Samen,

aber wenn es auf die gepflügte Erde fällt,

bringt es einen großen Baum hervor und

bietet allen Vögeln des Himmels Schutz.“

Die menschlichen Beziehungen haben sich sehr verändert, und zwar zum Schlechteren verändert. In allen Bereichen sind die tieferen Beziehungen verschwunden: Die Ehefrau ist nicht mehr Ehefrau, sondern nur eine Art Freundin; der Ehemann ist nicht mehr Ehemann, sondern nur eine Art Freund. Freundschaft ist gut, kann aber nicht sehr tief sein. Die Ehe ist etwas, das in der Tiefe geschieht. Sie ist ein tiefes Engagement. Und solange du dich nicht engagierst, bleibst du flach. Solange du dich nicht engagierst, machst du den Sprung nie.

Du kannst an der Oberfläche treiben, aber die Tiefen sind nicht für dich. Natürlich ist es gefährlich, in die Tiefe zu gehen – muss es sein, denn an der Oberfläche bist du sehr effektiv. An der Oberfläche kannst du wie ein Automat funktionieren, Bewusstheit ist nicht nötig. Je weiter du aber in die Tiefe dringst, desto bewusster musst du werden, weil jeden Augenblick der Tod möglich ist. Die Angst vor der Tiefe hat zu der Oberflächlichkeit in den Beziehungen geführt. Das ist unreif.

Ein Freund, eine Freundin, das bringt zwar Spaß, kann aber nicht die Tür zum Tiefsten werden, das in allen und jedem verborgen ist. Mit einer Freundin kannst du eine sexuelle Beziehung haben, aber es kann keine Liebe wachsen. Liebe braucht tiefe Wurzeln.

Sexualität ist an der Oberfläche möglich, aber Sexualität ist nur tierisch, biologisch. Sie kann schön sein, wenn sie Teil einer tieferen Liebe ist, aber wenn die tiefere Liebe fehlt, ist sie das denkbar Hässlichste; das Hässlichste deshalb, weil dann kein Einssein entsteht – ihr berührt euch nur und trennt euch wieder. Nur die Körper begegnen sich, aber nicht ihr – nicht das Ich, nicht das Du. Dies ist mit allen Beziehungen passiert.

Aber die größte Beziehung ist vollständig verschwunden, und die größte Beziehung ist die zwischen einem Meister und einem Jünger. Ihr werdet Jesus nicht verstehen können, wenn ihr die Dimension jener Beziehung nicht verstehen könnt, die zwischen einem Meister und seinen Jüngern besteht. Diese ist völlig verschwunden. An die Stelle der Ehefrau ist die Freundin getreten, an die Stelle des Ehemannes ist immerhin der Freund getreten, aber der Meister und die Beziehung, die zwischen ihm und seinen Jüngern existiert, ist völlig verschwunden. Oder, diese Beziehung ist durch etwas sehr Entgegengesetztes ersetzt worden, nämlich durch das, was sich zwischen einem Psychiater und seinem Patienten abspielt.

Zwischen einem Psychiater und seinem Patienten existiert eine Beziehung, die zwangsläufig krank, pathologisch ist – denn ein Patient kommt nicht auf der Suche nach Wahrheit, nicht einmal auf der Suche nach Gesundheit. Dieses Wort „Gesundheit“ – health – ist nämlich sehr bedeutsam. Es bedeutet Heilsein, es bedeutet Heiligkeit, es bedeutet ein tiefes Heilen ins Selbst hinein.

Ein Patient kommt nicht um dieser Gesundheit willen; denn käme er um der Gesundheit willen, könnte er nur ein Jünger sein. Ein Patient kommt, um die Krankheit loszuwerden. Seine Einstellung ist rein negativ. Er kommt nur, um sich wieder in die Normalität zurückzuzwingen, um wieder ein funktionierendes Rädchen in der normalen Welt zu werden. Er ist jetzt unangepasst, er braucht Wiederanpassung, und der Psychiater hilft ihm, wieder angepasst zu sein. Aber angepasst an wen? Angepasst an diese Welt, diese Gesellschaft, die absolut krank ist. Was ihr den „normalen“ Menschen nennt, ist nichts als normale Pathologie oder normaler Wahnsinn, normale Geisteskrankheit. Auch der „normale“ Mensch ist geisteskrank, aber geisteskrank innerhalb der Grenzen, der akzeptierten Grenzen der Gesellschaft, der Kultur. Manchmal übertritt sie jemand, geht jemand über diese Grenzen hinaus – dann wird er „krank“. Dann nennt die ganze Gesellschaft, welche krank ist, diesen Mann krank. Und der Psychiater existiert an der Grenze, um diesem Mann zurückzuhelfen, zurück zur Masse.

Der Psychiater kann kein Meister sein, weil er selbst nicht heil ist. Und der Patient kann kein Jünger sein, weil er nicht zum Lernen gekommen ist. Er ist verstört, und er möchte nicht verstört sein; er bemüht sich nur um Wiederanpassung, nicht um Gesundheit. Und der Psychiater kann kein Meister sein. Obgleich er im Westen vorgibt – und früher oder später wird er das auch im Osten tun –, dass er der Meister ist. Aber er kann es nicht sein, er selbst ist krank. Er mag anderen helfen, angepasst zu sein, das ist okay. Ein Kranker kann einem anderen Kranken helfen – in manchen Dingen. Aber ein Kranker kann nicht einen anderen Kranken dazu bringen, heil zu sein. Der eine Wahnsinnige kann nicht dem anderen Wahnsinnigen helfen, über den Wahnsinn hinauszugehen.

Selbst eure Freuds, eure Jungs, eure Adlers sind absolut krank; nicht nur die gewöhnlichen Psychiater, selbst die größten unter ihnen sind pathologisch, sind krank. Ich will euch ein paar Dinge erzählen, damit ihr ein Gefühl davon bekommt: Jedesmal, wenn jemand irgendwie vom Tod sprach, fing Freud an zu zittern. Zweimal wurde er sogar ohnmächtig und fiel vom Stuhl, nur weil jemand von Mumien in Ägypten sprach. Er wurde ohnmächtig!

Ein andermal, als Jung von Tod und Leichen sprach, begann er ebenfalls plötzlich zu zittern, fiel um und wurde ohnmächtig, wurde bewusstlos. Wenn der Tod ein solcher Schrecken für Freud ist, was muss dann mit seinen Schülern sein? Und warum muss der Tod so viel Angst auslösen? Könnt ihr euch einen Buddha vorstellen, der Angst vorm Tod hat? Dann ist er kein Buddha mehr.

Jung hat viele Male berichtet, dass er nach Rom fahren wollte, um den Vatikan zu besuchen, vor allem die Bibliothek, die vatikanische Bibliothek, die die größte ist, die die geheimsten Schriften aller Religionen überhaupt enthält – eine große Seltenheit. Aber jedesmal, wenn er losging, um sich eine Fahrkarte zu kaufen, fing er zu zittern an – nur nach Rom! Was soll erst werden, wenn es zum Moksha geht? Und jedesmal sagte er ab und kam zurück. Er ist nie gefahren, nie! Viele Male hat er es versucht, und am Ende entschied er: „Nein, ich kann nicht hin!“

Woher die Angst, nach Rom zu gehen? Warum hat ein Psychiater Angst davor, zur Religion zu gehen? Denn Rom ist nur das Symbol; es steht für Religion. Und dieser Mensch, Jung, hat eine Philosophie um seine Gedankenwelt gebaut – und diese Philosophie hat jetzt Angst, erschüttert zu werden. Genau wie wenn ein Kamel sich sträubt, zum Himalaja zu gehen; denn wenn ein Kamel sich dem Himalaja nähert, findet es zum ersten Mal heraus, dass es nichtig ist. Diese ganze Philosophie, die Jung geschaffen hat, ist einfach kindisch; denn der Mensch hat so ungeheure und kosmische Systeme ausgearbeitet – und all diese Systeme liegen jetzt in Schutt und Asche. Die Angst ist: Nach Rom gehen heißt, zu den Ruinen der großen Systeme gehen, die die Vergangenheit geschaffen hat.

Was dann mit deinem kleinen System? Was dann mit deiner kleinen Ecke, die du aufgeräumt und ausgeschmückt hast? Was dann mit deiner Philosophie? Große Philosophien sind gestürzt und zu Staub geworden: Geh nach Rom, sieh dir an, was geschehen ist! Geh nach Athen, sieh, was geschehen ist! Wo sind die Schulen von Aristoteles, Plato und Sokrates? Alle im Staub verschwunden. Größte Systeme werden am Ende zu Staub, und alle Gedanken erweisen sich am Ende als nutzlos, weil Denken nur Menschenwerk ist.

Nur im „Nicht-Denken“ lernst du das Göttliche kennen. Durch Denken lernst du nie das Ewige kennen, weil Denken der Zeit angehört; Denken kann nicht dem Zeitlosen angehören; keine Philosophie, kein Gedankensystem kann ewig sein.

Das war die Angst. Mindestens vier oder fünf Mal buchte Jung, und jedesmal sagte er wieder ab. Und dieser Jung ist einer der größten Psychiater überhaupt. Was ist erst mit seinen Schülern, wenn schon er solche Angst hat, nach Rom zu gehen? Nicht mal ihr habt solche Angst davor; allerdings nicht, weil ihr besser seid als Jung, sondern nur, weil ihr unbewusster seid. Er ist sich bewusst, dass in Rom sein Kopf fallen wird. Sobald er den Scherbenhaufen aller großen Systeme sehen wird, wird ihn ein großes Zittern, eine Todesangst packen, und er wird sich fragen: „Was wird nun aus meinem System? Was wird aus mir?“ Er zittert und kommt vom Bahnhof zurück, und in seinen Memoiren schreibt er: „Am Ende ließ ich dann das ganze Projekt fallen. Ich werde nicht nach Rom gehen.“

Und dasselbe ist auch Freud oft passiert. Auch er versuchte, nach Rom zu gehen – es scheint also kein Zufall zu sein –, und er hatte ebenfalls Angst. Warum? Freud hatte so viel Wut in sich, wie man nur haben kann, Freud hatte so viel Sex in sich, wie man nur haben kann, Freud war so voller Todesangst, wie man nur sein kann: Freud war in seinem Verhalten so neurotisch, wie man es nur sein kann. Wo also ist der Unterschied zu euch?

Er mag vielleicht intelligenter sein – vielleicht ein Genie – oder er kann vielleicht ein bisschen helfen; aber was das Letzte und Höchste betrifft, was den geheimsten, innersten Kern des Seins betrifft, war er so blind wie ihr.

Nein, Psychiatrie kann nicht zu Religion werden. Sie mag ein gutes Krankenhaus werden, aber sie kann kein Tempel werden – das ist nicht möglich. Und ein Psychiater mag nötig sein, weil die Menschen krank sind, unangepasst. Aber ein Psychiater ist kein Meister und ein Patient ist kein Schüler. Wenn du als Patient zu einem Meister kommst, dann verfehlst du ihn, weil ein Meister kein Psychiater ist. Ich bin kein Psychiater. Es kommen Leute zu mir, und sie sagen: „Ich leide an dieser oder jener inneren Angst, Angstneurose, diesem und jenem.“

Ich sage: „Das ist okay, denn ich werde nicht deine Angst behandeln, sondern ich werde dich behandeln. Ich kümmere mich nicht um deine Krankheit, ich kümmere mich einfach nur um dich. Die Krankheiten liegen am Rand, aber dort, wo du bist, gibt es keine Krankheit.“

Wenn du erst einmal erkennst, wer du bist, verschwinden alle Krankheiten. Sie existieren im Grunde nur, weil du das Wissen um dich vor dir selbst versteckt hast, weil du dir selbst aus dem Weg gegangen bist. Du bist der wichtigsten Begegnung aus dem Weg gegangen, weil du dich selbst nicht anschauen willst. Warum willst du dich selbst nicht anschauen? Was ist mit dir los? Und solange du nicht bereit bist, dir selbst zu begegnen, kannst du kein Jünger werden, weil ein Meister nichts tun kann, solange du nicht bereit bist, dir selbst ins Gesicht zu sehen. Er kann dir nur dabei helfen, dir selbst ins Gesicht zu sehen.

Warum hast du solche Angst? Es ist etwas verloren gegangen, irgendwann in der Vergangenheit. Ein Kind wird geboren: Es wird nicht so akzeptiert, wie es ist. Vieles an ihm muss geändert werden, unterdrückt werden; es muss diszipliniert werden. Es hat viele Seiten, die von der Gesellschaft und den Eltern nicht akzeptiert werden können, sodass diese Seiten geleugnet, verdrängt werden müssen. Nur ein paar Seiten werden akzeptiert und geschätzt, und so muss das Kind eine Lösung finden. Es muss die vielen Fragmente seines Wesens, die sich nicht zeigen dürfen, verleugnen. Es muss sie so sehr verleugnen, dass es sie selbst vergisst. Genau das ist Repression, und die gesamte Gesellschaft beruht auf Repression.

Der größere Teil der Natur des Kindes muss verdrängt, muss völlig ins Dunkel verbannt werden. Aber dieser verdrängte Teil behauptet sich, will rebellieren, reagieren, will ans Licht kommen, und du musst ihn ständig wieder zurückzwingen. Deswegen bekommst du Angst, dir selbst zu begegnen. Denn was soll aus dem verdrängten Teil werden? Der wird wiederkommen, der wird da sein. Was wird aus dem Unbewussten? Wenn du dir selbst begegnest, wird das Unbewusste da sein, wird alles da sein, was du verdrängt hast. Und das macht dir Angst.

Solange ein Kind nicht total als das akzeptiert wird, was es ist, muss diese Angst bleiben. Aber es hat bis heute noch keine Gesellschaft gegeben, die ein Kind total akzeptiert. Es scheint, dass es niemals eine Gesellschaft geben wird, die ein Kind total akzeptiert, denn das ist fast unmöglich. Und jeder muss sich eines Tages diesem Problem stellen: dass er sich selbst ins Gesicht sehen muss. Ihr werdet an dem Tag zu Jüngern, an dem es euch nicht kümmert, was gut und was schlecht ist, nicht kümmert, was akzeptiert wird und was nicht. Du wirst erst an dem Tag ein Jünger, wo du bereit bist, dir dein ganzes Wesen zu enthüllen.

Der Meister ist nur eine Hebamme. Er hilft dir zu einer neuen Geburt; hilft wiedergeboren zu werden. Und was ist die Beziehung zwischen einem Meister und einem Jünger? Ein Jünger muss vertrauen, er kann nicht zweifeln. Wenn er zweifelt, kann er sich nicht preisgeben. Wenn du an jemandem zweifelst, schrumpfst du, kannst du dich nicht ausdehnen. Wenn du zweifelst … da ist ein Fremder, und du verschließt dich. Du kannst nicht offen sein, weil du nicht weißt, was dieser Fremde mit dir machen wird. Du kannst dich ihm nicht preisgeben, du musst dich schützen, du musst dich panzern.

Bei einem Meister musst du den Panzer völlig fallenlassen – so viel steht fest. Selbst vor einem Menschen, den du liebst, magst du deine Rüstung vielleicht noch ein bisschen anbehalten. Vor einem geliebten Menschen bist du vielleicht nicht so offen. Aber bei einem Meister muss die Offenheit total sein, sonst wird gar nichts passieren. Wenn du auch nur einen Bruchteil von dir selbst zurückhältst, ist die Beziehung nicht da. Totales Vertrauen ist notwendig, nur dann können die Geheimnisse enthüllt werden, nur dann können dir die Schlüssel ausgeliefert werden. Aber wenn du dich versteckst, bedeutet das, dass du mit dem Meister kämpfst; dann kann nichts passieren.

Kampf ist dem Meister gegenüber nicht der Schlüssel, Hingabe ist der Schlüssel. Und Hingabe ist völlig aus der Welt verschwunden. Viele Dinge haben dazu beigetragen: Seit drei oder vier Jahrhunderten hat der Mensch es gelernt, individualistisch, egoistisch zu sein. Man hat dem Menschen nicht beigebracht, sich hinzugeben, sondern zu kämpfen, nicht beigebracht zu gehorchen, sondern zu rebellieren. Man hat den Menschen nicht gelehrt zu vertrauen, sondern zu zweifeln. Dafür gab es einen Grund; denn Wissenschaft wächst durch Zweifel. Wissenschaft ist tiefste Skepsis. Sie arbeitet nicht mit Vertrauen. Sie arbeitet mit Logik, Argumentation und Zweifel. Je mehr du anzweifelst, desto wissenschaftlicher wirst du. Ihr ganzer Weg ist dem religiösen Weg entgegengesetzt.

Religion arbeitet durch Vertrauen. Je mehr du vertraust, desto religiöser wirst du. Die Wissenschaft hat Wunder gewirkt, und diese Wunder sind sehr sichtbar. Die Religion hat größere Wunder gewirkt, aber diese Wunder sind nicht so sichtbar. Selbst wenn ein Buddha kommt – was könnt ihr spüren, was könnt ihr sehen? Er ist nicht sichtbar. Sichtbar ist er nur als Körper. Sichtbar ist er genauso sterblich wie ihr. Sichtbar wird er alt und stirbt eines Tages. Unsichtbar ist er ohne Tod, unsterblich. Aber ihr habt nicht die Augen zu sehen, was unsichtbar ist. Ihr habt nicht diese Fähigkeit, das Innerste, das Unbekannte zu spüren.

Und darum können nur vertrauende Augen nach und nach anfangen zu fühlen und sensibel zu werden. Wenn du vertraust … Vertrauen heißt, dass du diese beiden Augen verschließt. Darum ist Vertrauen blind, genauso wie Liebe blind ist. Vertrauen ist sogar noch blinder als Liebe. Aber wenn du diese beiden Augen schließt, was passiert? Eine innere Transformation passiert. Wenn du diese Augen schließt, die nach außen sehen, was passiert dann mit der Energie, die durch die Augen geht? Diese Energie fängt an, rückwärts zu fließen. Sie kann nicht mehr von den Augen zu den Dingen fließen; sie macht kehrt, sie wird zur Umkehr. Energie muss sich bewegen, Energie kann nicht statisch sein. Wenn du das eine Ventil verschließt, sucht sie sich ein anderes. Wenn deine Augen beide geschlossen sind, macht die Energie, die durch diese beiden Augen ging, kehrt – es kommt zur Umkehr.

Und genau diese Energie trifft auf dein drittes Auge. Das dritte Auge ist nichts Physikalisches: Es verhält sich nur so, dass die Energie, die durch die Augen auf äußere Objekte geht, jetzt zu ihrer Quelle zurückkehrt – sie wird zum dritten Auge: die dritte Möglichkeit, die Welt zu sehen.

Nur durch dieses dritte Auge ist ein Buddha wahrnehmbar. Nur durch dieses dritte Auge ist ein Jesus erkennbar. Wenn du dies dritte Auge nicht hast, wird Jesus zwar da sein, aber du wirst ihn verfehlen – viele haben ihn verfehlt. In seiner Heimatstadt dachten die Leute, dass er nur der Sohn dieses Zimmermanns Josef sei. Niemand, niemand konnte erkennen, was mit diesem Mann passiert ist: dass er nicht mehr der Sohn des Zimmermanns ist, dass er Gottes Sohn geworden ist – aber das ist ein inneres Phänomen. Und als Jesus erklärte: „Ich bin der Sohn des Göttlichen, mein Vater ist im Himmel“, da lachten die Leute und sagten: „Entweder bist du verrückt geworden, oder du bist ein Narr, oder du bist ein sehr cleverer Bursche. Wie kann aus dem Sohn eines Zimmermanns plötzlich der Sohn Gottes werden?“ Aber es ist möglich …

Nur der Körper wird aus dem Körper geboren. Das innere Selbst wird nicht aus dem Körper geboren, es kommt aus dem Heiligen Geist, es kommt aus dem Göttlichen. Aber erst musst du Augen dafür bekommen, es zu sehen, musst du Ohren dafür bekommen, es zu hören. Und es ist eine sehr feine und subtile Sache, Jesus zu verstehen; man muss eine große Schulung durchmachen. Genau wie beim Verstehen klassischer Musik – wenn du unvermittelt klassische Musik zu hören bekommst, wirst du denken: „Was für ein Unsinn!“ Sie ist so verfeinert, dass eine lange Schulung nötig ist. Du musst viele, viele Jahre lang Lehrling sein, erst dann sind deine Ohren für das Aufnehmen des Subtilen geschult – und dann ist klassische Musik mit nichts zu vergleichen. Dann ist gewöhnliche Alltagsmusik, wie etwa Filmmusik, überhaupt keine Musik mehr, sondern nur Lärm, und dumm dazu.

Weil eure Ohren nicht geschult sind, lebt ihr mit diesem Lärm und denkt, es sei Musik. Aber für klassische Musik braucht man aristokratische Ohren. Eine Schulung ist notwendig. Und je mehr du geschult wirst, desto mehr tritt das Subtile zutage. Aber klassische Musik ist nichts neben einem Jesus, weil das die kosmische Musik ist. Du musst ganz still sein; nicht die geringste Gedankenregung, keine einzige Bewegung in deinem Sein … erst dann kannst du Jesus hören, und dann kannst du Jesus verstehen, und dann kannst du ihn kennen.

Jesus wiederholt deshalb immer wieder: „Wer Ohren hat, sollte mich verstehen können. Ihr, die Augen habt, seht! Ich bin hier!“

Warum wiederholt er ständig: „Wer Augen hat zu sehen, der sehe! Wer Ohren hat zu hören, der höre!“ – warum?

Er spricht von einer anderen Dimension des Verstehens, die nur ein Jünger verstehen kann. Sehr wenige verstanden Jesus. Aber das liegt in der Natur der Dinge und kann nicht anders sein. Sehr wenige also – und wer waren diese wenigen? Es waren keine gelehrten Doktoren, nein! Es waren keine Professoren von den Universitäten, nein; es waren keine Pandits oder Philosophen, nein! Es waren gewöhnliche Menschen: ein Fischer, ein Bauer, ein Schuster, eine Prostituierte. Das waren sehr gewöhnliche Menschen, höchst gewöhnlich, die gewöhnlichsten unter den Gewöhnlichen. Warum konnten ihn diese Leute verstehen? Da muss etwas Außergewöhnliches an einem gewöhnlichen Menschen sein. Da muss etwas Besonderes sein, das in einem gewöhnlichen Menschen vorhanden ist und in den sogenannten „außergewöhnlichen“ verschwindet. Was ist es?

Es ist eine Art Demut, eine Art Vertrauen … Denn je mehr du im Intellekt geschult bist, desto weniger Vertrauen ist möglich. Wenn du nicht im Intellekt geschult bist, ist mehr Vertrauen möglich.

Ein Bauer vertraut, er braucht nicht zu zweifeln. Er streut die Saat auf das Feld, und er vertraut darauf, dass sie aufgehen wird, dass sie sprießen wird, wenn die richtige Jahreszeit kommt. Sie wird sprießen. Er wartet und er betet, und in der richtigen Jahreszeit sprießen diese Samen, und sie werden Pflanzen. Er wartet und er glaubt. Er lebt mit den Bäumen, Pflanzen, Flüssen, Bergen. Nicht nötig zu zweifeln: Bäume sind nicht hinterlistig, du brauchst dich nicht durch eine Rüstung zu schützen; Berge sind nicht hinterlistig – sie sind keine Politiker, sie sind keine Verbrecher – du brauchst keine Rüstung, um dich zu schützen. Dort brauchst du überhaupt keine Sicherheit, kannst du offen sein.

Genau darum fühlt man, wenn man in die Berge geht, eine plötzliche Begeisterung. Woher kommt das? Von den Bergen? Nein! – sondern weil du jetzt deine Rüstung beiseite legen kannst, keine Angst mehr zu haben brauchst. Wenn du zu einem Baum kommst, fühlst du dich plötzlich wunderbar. Das kommt nicht von dem Baum, das kommt aus deinem Inneren. Denn vor einem Baum brauchst du dich nicht zu schützen, kannst du dich entspannt und zu Hause fühlen. Die Blume wird dich nicht plötzlich angreifen. Der Baum kann kein Dieb sein, er kann dir nichts stehlen. Wenn du also in die Berge, ans Meer, zu den Bäumen in den Wald gehst, legst du deine Rüstung ab.

Menschen, die mit der Natur leben, vertrauen mehr. Ein Land, das weniger industrialisiert, weniger mechanisiert, weniger technologisch ist, lebt mehr mit der Natur, hat mehr Vertrauen in sie. Darum kann man sich nicht vorstellen, dass Jesus etwa in New York geboren würde – es ist fast unmöglich. „Jesus-Freaks“ mögen dort geboren werden, aber kein Jesus. Und diese Freaks sind nur neurotisch, Jesus ist lediglich ihr Aufhänger. Nein, man kann sich nicht vorstellen, dass Jesus dort geboren würde, es ist fast unmöglich. Und selbst wenn er dort geboren würde, niemand würde auf ihn hören. Selbst wenn es ihn gäbe, niemand würde in der Lage sein, ihn zu erkennen. Er wurde in einem Zeitalter ohne Technologie, ohne Wissenschaft geboren, als Sohn eines Zimmermanns. Er verbrachte sein ganzes Leben mit armen und einfachen Menschen, die mit der Natur lebten. Sie konnten vertrauen.

Eines Tages kommt Jesus … Es ist ganz früher Morgen; die Sonne ist noch nicht am Horizont erschienen. Zwei Fischer sind da. Sie haben gerade ihr Netz ausgeworfen, um Fische zu fangen, als Jesus zum See kommt und sagt: „Schaut, warum verschwendet ihr euer Leben? Ich kann euch zu Menschenfischern machen. Warum verschwendet ihr eure Energie mit Fischfang? Ich kann euch zu Fängern von Menschen, Fischern von Menschen machen. Kommt und folgt mir.“

Wenn er das zu dir in deinem Büro oder deinem Laden gesagt hätte, hättest du gesagt: „Geh weg, ich hab keine Zeit. Verschwende nicht meine Zeit!“ Aber diese beiden Fischer schauten Jesus an. Sie schauten auf Jesus ohne irgendwelche Zweifel. Die Sonne ging auf, und der Mann war schön, dieser Mann Jesus, und seine Augen – sie waren tiefer als der See; und er strahlte mehr als die Sonne. Sie warfen ihre Netze fort, und sie folgten Jesus.

Das ist Vertrauen. Nicht eine einzige Frage: „Wer bist du, Fremder?“ Sie kannten ihn nicht. Er war nicht aus ihrem Dorf. Sie hatten ihn nie gesehen. Sie hatten ihn nie gehört. Aber das reichte – der Ruf, die Einladung reichte. Sie hörten die Einladung, sie sahen Jesus an, fühlten die Ehrlichkeit – und sie folgten ihm.

Und als sie gerade die Stadt verließen, kam ein Mann angerannt. Und er sagte zu diesen beiden Fischern: „Wo geht ihr hin? Euer Vater ist plötzlich gestorben. Kommt zurück.“ Also sagten sie zu Jesus: „Können wir nach Haus gehen und unseren toten Vater begraben? Und dann werden wir kommen.“ Jesus sagte: „Kümmert euch nicht um den Toten. Es gibt genug Tote in der Stadt. Sie werden ihre Toten begraben. Ihr kommt und folgt mir. Ihr braucht euch nicht um die Toten zu kümmern.“ Und diese beiden Fischer folgten ihm. Das ist Vertrauen: Sie hörten, sie sahen Jesus!

Er meinte, und er hatte recht: „Wenn der Vater tot ist, was gibt es da zu tun? Wenn jemand tot ist, ist er tot. Nicht nötig hinzugehen. Und es gibt genug Tote in der Stadt, sie werden den Rest besorgen. Sie werden die Riten besorgen, sie werden euren Vater begraben. Ihr aber kommt und folgt mir.“ Und so folgten sie, und sie kehrten nie zurück. Sie blickten nie zurück. Vertrauen heißt: nicht zurückblicken. Vertrauen heißt: nicht zurückkehren.

Ein zweifelnder Geist schaut immer zurück, denkt immer über Alternativen nach, denkt immer an das, was er nicht getan hat, grübelt immer, ob er recht gehandelt habe: „Soll ich umkehren oder diesem Verrückten folgen? Wer weiß? Er sagt, er ist der Sohn Gottes, aber wer weiß? Niemand weiß von Gott, niemand weiß von seinen Söhnen – und dieser Mann sieht genauso aus wie wir.“ Aber die Fischer folgten Jesus.

Wenn ihr einem Menschen wie Jesus folgt, wird er euch früher oder später anstecken. Aber erst mal müsst ihr ihm folgen. Früher oder später werdet ihr fühlen, dass er der Sohn Gottes ist. Und nicht nur das – durch ihn werdet ihr erkennen, dass auch ihr Söhne Gottes seid. Aber anfangs müsst ihr vertrauen. Wenn am Anfang der Zweifel steht, sind die Tore verschlossen. Aber diese Art Beziehung ist verschwunden, dank dreihundert Jahren erfolgreicher Wissenschaft. Die Wissenschaft hat zu viel erreicht. Und sie hat Wunder vollbracht. Nutzlose Wunder natürlich, weil sie nicht das Geringste zum menschlichen Glück beigesteuert haben. Ein Wunder ist nutzlos, wenn das Glück dadurch nicht vermehrt wird. Stattdessen ist das Glück weniger geworden. Je mehr Technologie, desto mehr Komfort – aber desto weniger Glück. Das ist das Wunder, welches die Wissenschaft vollbracht hat.

Je mehr Dinge von mechanischen Vorrichtungen getan werden können, desto weniger werdet ihr gebraucht. Und je weniger ihr gebraucht werdet, desto mehr fühlt ihr euch sinnlos, nutzlos, bedeutungslos. Früher oder später wird euch der Computer ersetzen, dann werdet ihr überhaupt nicht mehr gebraucht. Dann könnt ihr gehen und euch umbringen; der Computer wird alles besorgen.

Glück kommt aus dem Gebrauchtwerden. Wenn du gebraucht wirst, fühlst du dich glücklich, weil du fühlst, dass dein Dasein Bedeutung hat, weil du fühlst, dass dein Leben Sinn hat. Du spürst, dass du gebraucht wirst, und dass ohne dich alles anders wäre. Aber jetzt wird es ohne dich nicht anders sein. Vielmehr wird ohne dich alles besser sein, weil die Maschinen alles besser können als du. Du stehst nur im Weg, bist ein veraltetes Ding. Der Mensch ist heute das Alleraltmodischste, weil alles andere jedes Jahr in einer neuen Ausgabe erscheint: ein neues Ford-Modell erscheint, ein neues Modell von allem. Nur der Mensch bleibt das altmodischste Modell. Unter lauter neuen Dingen bist du das einzig alte. Der moderne Mensch fühlt eine ständige Sinnlosigkeit. Niemand braucht dich. Selbst die Kinder werden dich nicht brauchen, weil die Regierung, der Wohlfahrtsstaat sich um sie kümmert. Dein alter Vater, deine alte Mutter brauchen dich nicht, denn es wird Heime geben – öffentliche und staatseigene Heime, die sich um ihre Bedürfnisse kümmern. Wer braucht dich? Und wenn du spürst, dass niemand dich braucht und du nur eine unnötige Last bist, wie kannst du da glücklich sein?

In alten Zeiten wurdet ihr gebraucht. Irgendwo hat einmal ein jüdischer Mystiker, Hillel – der ein sehr vertrauensvoller Mensch gewesen sein muss, ein sehr andächtiger Mensch – zu Gott in seinem Gebet gesagt: „Denk nur nicht, dass nur ich dich brauche. Du brauchst auch mich. Ohne mich wärest du nichts. Wenn Hillel nicht da wäre, wer würde dann beten? Wer würde dann zu dir aufschauen? Ich bin ein Muss. Vergiss also nicht: Ich brauche dich zwar, aber du brauchst mich auch.“

Als das ganze Universum dich brauchte – sogar dein Gott –, da hattest du noch eine Bedeutung, einen Sinn, ein gewisses Flair. Aber jetzt braucht dich niemand. Man kann dich mit Leichtigkeit abschieben, du bist nichts. Die Technologie hat den Komfort geschaffen und dich damit wegwerfbar gemacht. Die Technologie hat bessere Häuser geschaffen, aber nicht bessere Menschen. Für bessere Menschen ist eine andere Dimension nötig – und diese Dimension hat nichts mit Mechanik zu tun. Diese Dimension hat mit Bewusstheit, nicht mit Mechanik zu tun. Die Wissenschaft kann keinen Jesus oder Buddha herstellen. Aber die Wissenschaft kann eine Gesellschaft herstellen, in der ein Buddha unmöglich wird.

Viele Leute kommen zu mir und sie fragen, warum es heute keine Buddhas mehr gibt, keine Teerthankaras mehr, keinen Jesus mehr? Euretwegen! Ihr habt eine derartige Gesellschaft geschaffen, dass es für einen einfachen Menschen, für einen unschuldigen Menschen immer unmöglicher wird zu existieren. Und selbst wenn einer existiert, werdet ihr ihn nicht erkennen. Nicht, dass es keine Buddhas gäbe – schwierig, aber es gibt sie. Ihr mögt jeden Tag an ihnen vorbeilaufen, wenn ihr ins Büro geht. Aber ihr könnt sie nicht erkennen, ihr seid blind.

Das Vertrauen ist verschwunden. Denkt daran: Jesus lebte in einem Zeitalter des Vertrauens, tiefen Vertrauens. Sein ganzer Ruhm, seine ganze Bedeutung wird nur durch diese Dimension des Vertrauens verständlich. Wir werden jetzt auf dieses kleine Stück aus den Sprüchen von Jesus eingehen:

Die Jünger sagten zu Jesus:

„Sag uns, wie das Himmelreich aussieht.“

Sie waren keine Frager, sie waren keine Neugierigen. Sie wollten nicht zu diskutieren anfangen; ihre Frage war unschuldig. Nur wenn eine Frage unschuldig ist, kann ein Jesus sie beantworten.

Wann ist eine Frage unschuldig? Wisst ihr es? Wenn ihr bereits die Antwort kennt, dann ist die Frage nicht unschuldig. Ihr fragt: „Gibt es einen Gott?“ Und ihr wisst bereits die Antwort. Ihr wisst, ja, es gibt einen, und ihr seid nur gekommen, um euch das bestätigen zu lassen. Oder ihr wisst, es gibt keinen, und ihr seid nur gekommen, um zu sehen, ob dieser Mann das weiß oder nicht.

Wenn die Antwort schon da ist, dann ist die Frage schlau, ist sie nicht unschuldig. Dann kann sie nicht von einem Jesus beantwortet werden, weil Jesus nur auf Unschuld antworten kann.

Wenn ein Jünger fragt, denkt er sich keine Antwort. Er weiß es nicht; er weiß einfach nicht, und genau darum fragt er. Merkt es euch: Wenn ihr etwas fragt, dann prüft nach – fragt ihr, obwohl ihr bereits eine Antwort wisst, fragt ihr aus eurem Besserwissen heraus? Dann kann es kein Zusammenkommen geben. Dann wird euch die Antwort, selbst wenn ich antworte, niemals erreichen. Ihr seid nicht leer genug, um sie zu empfangen. Die Antwort ist bereits da: Ihr seid bereits voreingenommen, vergiftet.

Es gibt zwei Arten zu fragen: Die eine kommt aus dem Wissen – und dann ist sie sinnlos, weil dann nur eine Diskussion möglich ist, aber kein Dialog. Aber wenn du aus deiner Unwissenheit heraus fragst, wohl wissend, dass du nicht weißt; wenn du weißt: „Ich weiß es nicht!“ und darum fragst, dann bist du zu einem Jünger geworden. Jetzt wird daraus kein Streitgespräch. Du bist einfach durstig, und du bittest um Wasser. Du bist hungrig, und du bittest um etwas zu essen, du weißt nicht und du fragst; du bist bereit zu empfangen. Ein Jünger fragt aus dem Wissen heraus, dass er nicht weiß. Wenn du nicht weißt, bist du demütig. Wenn du weißt, wirst du egoistisch, und ein Jesus kann nicht zu den Egos sprechen.

„Die Jünger sagten zu Jesus …“

„Jünger“ bedeutet: Leute, die sich völlig im klaren darüber sind, dass sie nicht wissen.

„Sag uns, wie das Königreich des Himmels aussieht.“

Jesus sprach ständig vom Königreich des Himmels. Das hat viele Probleme mit sich gebracht. Schon die Terminologie hat viele Probleme geschaffen, weil das Wort „Königreich“ politisch ist, und die Politiker Angst bekamen. Darum wurde er gekreuzigt, weil sie dachten, dieser Mensch rede von irgendeinem Königreich, das auf Erden entstehen solle, und dieser Mann sagte: „Ich bin der König dieses Königreichs.“ Dieser Mann wollte eine Revolution anzetteln, einen Umsturz der Regierung. Dieser Mann wolle ein neues Königreich gründen.

Der König, der Statthalter, die Beamten, die Priester, sie alle bekamen Angst. Und dieser Mann hatte Einfluss, weil das Volk auf ihn hörte. Das Volk hörte ihm nicht nur zu – jedesmal, wenn sie ihm zuhörten, wurden sie verwandelt, wurden sie entflammt, waren sie wie neu, geschah etwas mit ihnen. Und so bekamen sie alle, die Priester, Pontius Pilatus, der Statthalter, Herodes, der König, die ganze Regierung – sowohl die weltliche Regierung wie die kirchliche Regierung – so bekamen sie alle Angst vor diesem Menschen. Er schien gefährlich. Es hatte noch nie einen so unschuldigen Mann gegeben, aber er wirkte gefährlich! Er wurde missverstanden.

Aber die Möglichkeit, einen Jesus misszuverstehen, die besteht immer. Das Problem ist: Er muss eure Sprache gebrauchen, weil es keine andere Sprache gibt; und alles, was er sagt, muss er in euren Worten sagen. Es gibt keine anderen Worte, und eure Worte sind bereits überfrachtet. Sie tragen bereits zu viel Sinn, sie sind zu beladen. Er sprach einfach von dem Reich Gottes, dem Königreich des Himmels. Aber „Königreich“ – das Wort ist gefährlich: „Königreich“ erinnert irgendwie an Politik.

Jesus war kein Revolutionär von dieser Welt. Er war wohl ein Revolutionär, ein Meisterrevolutionär – aber einer der inneren Welt. Er sprach vom inneren Reich. Aber selbst die Jünger waren sich nicht bewusst, was er damit meinte. Wenn du zu einem Meister kommst, treffen zwei verschiedene Dimensionen aufeinander. Die Begegnung ist so, wie wenn sich Himmel und Erde begegnen, genau am Schnittpunkt. Wenn Vertrauen da ist, kannst du in den Himmel eingehen; wenn kein Vertrauen da ist, klammerst du dich an die Erde.

Wenn Vertrauen da ist, kannst du deine Flügel ausbreiten und losfliegen, aber wenn kein Vertrauen da ist, klammerst du dich an die Erde. Von diesen Menschen droht dir Gefahr. Was ist das Königreich des Himmels? Was für eine Art Königreich ist das? Dies Königreich ist dem Königreich dieser Welt absolut entgegengesetzt, diametral entgegengesetzt. Und Jesus erklärte und erklärte … aber schwierig, es den Menschen verständlich zu machen.

Er sagte:

„In meinem Königreich Gottes werden die Ärmsten die Reichsten sein, werden die Letzten die Ersten sein.“

Er redete ganz genau wie Laotse, und er war ein Mann wie Laotse.

„Die Letzten werden die Ersten sein in meinem Königreich Gottes.“

Er sagt damit, die Demütigsten werden die Bedeutendsten sein, die Ärmsten werden die Reichsten sein, und jemand, der hier überhaupt nicht anerkannt wird, wird dort anerkannt sein – alles steht auf dem Kopf! Es muss so sein. Du stehst an einem Fluss, und der Fluss ist still, und es gibt keine Wellen, und du schaust dir dein Spiegelbild an: Es steht Kopf. Ein Spiegelbild steht immer auf dem Kopf. In dieser Welt stehen wir wirklich auf dem Kopf, und wenn wir richtigherum gestellt werden, muss alles auf die Füße gestellt werden. Aber das sieht so aus, als würde alles Kopf stehen – ein Chaos ist nötig.

Buddha wird zum Bettler – zum letzten Menschen. Er war ein König, aber das Königreich Gottes gehört den Letzten. Er verließ das Königreich dieser Welt, weil das Königreich dieser Welt einfach nutzlos, eine sinnlose Last ist. Du trägst sie, aber sie nährt dich nicht. Sie zerstört dich, sie ist ein Gift – vielleicht ein so langsames Gift, dass du es nicht spürst…

Ein Säufer begegnete einem Freund, der ihn bestürzt fragte: „Was tust du dir an? Das Zeug wirkt ja wie langsames Gift.“

Der Mann antwortete: „Das ist okay. Ich hab‘s nicht eilig.“

Nennt das Leben, wie ihr wollt – es ist langsames Gift, denn es kommt schließlich beim Tod an. Es tötet, es tut nie etwas anderes. Ihr mögt es nicht eilig haben, aber das ändert nichts an der Qualität dieses Giftes. Es mag langsam sein, und ihr mögt es nicht eilig haben, aber trotzdem wird es euch töten.

Das Königreich dieser Welt gehört dem Tod. Aber das Königreich des Himmels gehört dem ewigen Leben. Darum sagt Jesus: „Wer bereit ist, der komme zu mir. Ich werde euch das ewige Leben geben.“

Jesus kam durch ein Dorf. Er hatte Durst und kam an einen Brunnen. Eine Frau schöpfte Wasser aus dem Brunnen, und er sagte: „Ich habe Durst. Gib mir etwas Wasser zu trinken.“

Die Frau sagte: „Aber ich gehöre einer sehr niedrigen Kaste an, und es ist verboten. Ich darf dir kein Wasser geben.“

Jesus sagte: „Mach dir keine Gedanken. Gib mir Wasser, und dafür werde ich dir auch Wasser geben – aus meinem Brunnen. Und wenn du erst einmal daraus trinkst, wirst du nie wieder durstig sein.“

Die Jünger also fragten:

„Wie sieht das Königreich des Himmels aus?“

Denn was uns nicht bekannt ist, kann nur mit einem Wie erklärt werden. Daher aller Mythos. Mythologie heißt, Dinge, die man nicht kennt und in seinem jetzigen Geisteszustand auch nicht kennen kann, durch etwas zu erklären, das man kennt. Das Unbekannte mit den Begriffen des Bekannten zu erklären, ist Mythos – ein wenig Verständnis dorthin zu bringen, wo du dich befindest. Das Königreich des Himmels lässt sich nicht direkt, unmittelbar erklären. Das ist unmöglich. Solange du es nicht selber betrittst, gibt es keine Möglichkeit, dir darüber etwas zu sagen. Alles, was gesagt würde, wäre falsch, weil die Wahrheit sich nicht sagen lässt. Was tun dann aber Jesus, Laotse und Buddha ununterbrochen, jahrelang? Wenn die Wahrheit nicht gesagt werden kann – was tun sie dann? Sie versuchen, euch etwas, das sich nicht erklären lässt, durch einige Symbole zu erklären, die ihr kennt. Sie versuchen, das Unbekannte durch das Bekannte zu erklären. Das ist das Allerschwierigste von der Welt – durch Gleichnisse, Mythen, Geschichten.

Und es gibt törichte Leute, die einen Mythos zu analysieren versuchen, die ihn sezieren und sagen: Dies ist ein Mythos, es ist nicht die Wahrheit. Sie analysieren und zerlegen, sie sezieren den Mythos chirurgisch und sagen dann: „Dies ist ein Mythos, es ist nicht historisch.“ Aber niemand hat je behauptet, dass Mythos Geschichte ist. Und ein Mythos kann nicht zerlegt werden, weil er einfach nur symbolisch ist. Es ist genauso, wie wenn da ein Meilenstein lirgt, auf dem ein Pfeil ist, und darunter steht: „Delhi“. Und du zerlegst den Stein, den Pfeil, die Tinte, die Chemikalien und alles, und du sagst: „Da war irgendein Idiot am Werk – da ist kein Delhi zu finden.“

Mythen sind Meilensteine, sind Pfeile, die zum Unbekannten weisen. Sie sind nicht das Ziel, sie weisen nur hin. Das ist die Bedeutung der Frage der Jünger: Sag uns, wie das Königreich des Himmels aussieht. Wir können nicht fragen, was das Königreich des Himmels „ist“. Seht euch die Art der Frage an: Wir können nicht fragen, was das Königreich des Himmels ist – das wäre zu viel. Darauf können wir keine Antwort erwarten. Wir können nur fragen, wie es beschaffen ist, was heißt: „Sag etwas, das wir kennen; gib uns dadurch ein paar Hinweise, damit wir eine gewisse Ahnung bekommen.“

Es ist genau, wie wenn der Blinde fragt, wie Licht aussieht. Wie kannst du fragen, was Licht ist, wenn du blind bist? Wenn du so fragst, schließt schon die Art des Fragens die Antwort aus. Es lässt sich nicht beantworten.

Licht kann man nur erfahren – dazu brauchst du Augen. Aber: „Wie sieht Licht aus?“, bedeutet: „Sag etwas in der Sprache der Blinden.“ Alle Gleichnisse sind Wahrheiten in der Sprache der Blinden; alle Mythologien sind Wahrheiten, in die Sprache der Blinden gekleidet. Zerlegt sie also nicht! Ihr werdet nichts darin finden. Sie sind nur Fingerzeige. Und wenn ihr Vertrauen habt, sind Fingerzeige großartig.

In einem Tempel in Japan gibt es keine Buddhastatue. Die Menschen gehen hinein, und sie sagen: „Wo ist die Statue?“ Es gibt keine Statue, sondern auf dem Sockel steht nur ein Finger, der gen Himmel zeigt – und das ist Buddha. Der Priester sagt: „Das ist Buddha.“ Ich weiß nicht, ob der Priester versteht oder nicht –, dass dieser Finger auf den Mond zeigt. Was ist ein Buddha? Nur ein Finger, der auf den Mond zeigt!

Die Jünger fragen, wie das Königreich des Himmels aussieht: „Sag uns, sag es uns in einer Parabel, in einer Geschichte, damit wir Kinder es verstehen können. Wir wissen es nicht, wir haben keine Erfahrung. Sag etwas, das uns einen Schimmer geben kann.“

Jesus sagte zu ihnen:

„Es ist wie ein Senfkorn – kleiner als alle Samen,

aber wenn es auf die gepflügte Erde fallt,

bringt es einen großen Baum hervor

und bietet allen Vögeln des Himmels Schutz.“

Jesus hat das, dieses Senfkorn, sehr oft gebraucht, aus vielen Gründen. Der erste: Das Senfkorn ist das kleinste Samenkorn. Gott ist unsichtbar, kleiner als das Kleinste. Von wo also auf ihn verweisen? An der Grenze liegt das Senfkorn, das Kleinste. Jenseits davon wird man nicht mehr verstehen können, weil jenseits davon das Unsichtbare ist. Das Senfkorn ist die Grenze, das Kleinste in der Welt des Sichtbaren – man kann es sehen, aber es ist sehr klein. Geht man weiter, betritt man die Welt des Feinstofflichen, kleiner als das Kleinste. Dies liegt genau an der Grenze.

Und dieses Senfkorn ist nicht nur das Kleinste, es hat auch eine sehr mysteriöse Eigenschaft: Wenn es wächst, wird es zu einem der größten Bäume. Es ist also ein Paradox: Der Same ist das Kleinste, und der Baum ist das Größte. Gott ist das Unsichtbarste, und das Universum ist das Sichtbarste; das Universum ist der Baum, und Gott ist der Same; Gott ist das Unveräußerlichte, und das Universum ist das Veräußerlichte.

Wenn du ein Samenkorn zerlegst, wirst du nicht den Baum darin finden. Du kannst es sezieren, aber du wirst keinen Baum darin verborgen finden. Und du kannst sagen: „Da ist kein Baum, und die Leute waren einfach dumm, wenn sie dahergeredet haben, dass ein großer Baum in diesem Samenkorn verborgen liege. Da ist nichts.“

Genau das machen die Analytiker seit eh und je. Wenn du ihnen erzählst, dass diese Blume schön ist, nehmen sie sie mit ins Labor und werden sie sezieren, um herauszufinden, wo die Schönheit steckt. Sie werden lauter Chemikalien und andere Dinge finden, sie werden sie auseinandernehmen und analysieren, und sie werden die verschiedenen Elemente der Blume in lauter Reagenzgläsern ordnen – aber es wird kein einziges Fläschchen dabei sein, worin sich die Schönheit befinden wird. Nein, sie werden aus dem Labor kommen und sagen: „Du musst unter Halluzinationen leiden. Du hast geträumt – Schönheit gibt es nicht. Ich habe die ganze Blume zerlegt – nichts ist übrig geblieben – und es war keine Schönheit dabei.“

Es gibt Dinge, die nur in ihrer Ganzheit erkannt werden können. Man kann sie nicht sezieren, weil sie größer sind als ihre Teile. Dies ist das Problem – ein grundsätzliches Problem für alle, die auf der Suche nach der Wahrheit sind. Die Wahrheit ist größer als alle Teile zusammengenommen. Sie ist nicht nur die Summe der Teile, sie ist größer als die Teile.

Eine Melodie ist nicht nur die Summe aller Noten, aller Töne. Nein, sie ist etwas Größeres. Wenn alle Noten zusammentreffen, entsteht eine Harmonie – eine Harmonie wird hörbar, die in den Einzelnoten nicht da war. Ich spreche zu euch: Ihr könnt meine Worte sezieren, sie sind alle in einem Wörterbuch zu finden, aber mich könnt ihr nicht in dem Wörterbuch finden. Und ihr könnt sagen: „Alle Wörter sind hier drin, also was soll‘s?“

Es geschah einmal …

Mark Twain besuchte einen Freund, der Priester war, um ihn zu hören. Der Freund hatte ihn seit vielen, vielen Tagen dazu gedrängt. Er war einer der größten Redner, ein sehr poetischer Redner, und er wurde sehr hoch geschätzt. Immer wenn er sprach, war die Kirche zum Bersten voll, aber Mark Twain kam nie, um ihn zu hören. Der Freund drängte ihn immer wieder, bis Mark Twain schließlich sagte: „Okay, ich komme an diesem Wochenende.“ An diesem Sonntag wollte er sein Bestes geben, er wollte seinen Geist von der schönsten Seite zeigen, denn Mark Twain würde kommen. Mark Twain saß genau in der ersten Reihe, und der Priester lieferte die beste Ansprache seines Lebens. Er legte seine ganze Energie hinein, und es war wirklich schön; es war eine Symphonie, es war ein Gedicht.

Aber nach und nach wurde er ängstlich, fürchtete er sich. Denn Mark Twain saß da wie tot. Nicht einmal ein Anflug von Billigung zeigte sich in seinem Gesicht. Die Leute klatschten immer wieder, sie waren ekstatisch, und nur Mark Twain saß einfach da, ohne das kleinste Anzeichen, dass ihn irgendetwas so oder so beeindruckt hätte, weder negativ noch positiv. Er blieb gleichgültig – und Gleichgültigkeit ist tödlicher als jede Ablehnung. Denn wenn du dagegen bist, hast du wenigstens eine Einstellung dazu. Wenn du dagegen bist, misst du der Sache eine gewisse Bedeutung bei. Aber indem du gleichgültig bist, sagst du, dass dies absolut sinnlos ist, nicht einmal wert, dagegen zu sein.

Dann war die Predigt vorüber. Mark Twain fuhr mit dem Priester zusammen im Wagen zurück. Der Priester konnte einfach nicht fragen; sie blieben still. Erst als Mark Twain ausstieg, sagte der Priester: „Du hast kein Wort über meine Ansprache verloren.“ Mark Twain antwortete: „Es ist nichts Neues. Ich habe zu Hause ein Buch, und du hast einfach daraus abgeschrieben. Diese Ansprache ist geborgt, und du kannst mich nicht zum Narren halten. Du kannst vielleicht die Narren dort in der Kirche an der Nase herumführen, aber ich bin ein gebildeter Mensch und kenne mich aus. Zufällig habe ich gestern Abend noch in diesem Buch gelesen.“

Der Priester konnte es nicht glauben. Er sagte: „Was sagst du da? Ich habe nirgendwo abgeschrieben. Das ist unmöglich!“ Mark Twain sagte: „Jedes Wort, das du gesagt hast, steht drin. Und morgen werde ich dir das Buch schicken.“

Der nächste Morgen kam. Er hatte ein großes Wörterbuch geschickt, mit den Worten: „Hier drin kannst du alle Wörter finden!“

Dies ist die Sicht des Analytikers. Er kann Poesie töten, er kann sagen, dass es nur zusammengeklaubte Wörter sind. Er kann nicht zwischen die Worte sehen, er kann nicht zwischen den Zeilen lesen – und die Poesie existiert dort. Und die Schönheit existiert dort, und die Ekstase und Gott und alles, was bedeutsam ist, existiert immer zwischen den Worten, zwischen den Zeilen. Das Senfkorn ist das Kleinste und enthält das Größte. Ihr könnt Gott nicht sehen, weil er das Kleinste ist – das Senfkorn – aber ihr könnt das Universum sehen. Und wenn das Universum da ist, muss auch der Same da sein. Wie kann es einen Baum geben ohne den Samen? Kann es einen Baum geben ohne Samen? Ob ihr es sehen könnt oder nicht, darauf kommt es nicht an.

Kann dies Universum ohne letzten Grund, ohne Quelle existieren? Den Ganges gibt es – kann es den Ganges geben ohne eine Quelle? Und dieses riesige Universum – und ihr glaubt, dass es ohne Quelle sein könne? Nicht nur dieses riesige Universum … sondern was für eine Harmonie darin, eine so universelle Symphonie, ein so universelles System! Es ist kein Chaos; wie diszipliniert alles ist, alles am richtigen Platz! Und diejenigen, die es sehr wohl wissen, die sagen, dass dies die beste aller möglichen Welten ist: Nichts kann besser sein als diese.

Es muss ein Samenkorn geben. Aber der Same ist sehr klein, kleiner als der Senfsame. Der Senfsame wird hier als Mythos gebraucht, um etwas anzudeuten. Es waren Fischer und Bauern und Gärtner, die fragten, und sie werden das Gleichnis verstehen, das Gleichnis vom Senfsamen. Wenn ihr es zerpflückt, entgeht es euch. Wenn ihr Religion zerpflückt, verfehlt ihr sie; entweder ihr könnt sie auf Anhieb sehen, ohne sie zu zerpflücken, oder ihr könnt sie nicht sehen. Aber es gibt eine andere Möglichkeit, von der das Vertrauen Gebrauch macht: Im Samen kannst du den Baum nicht sehen, aber du kannst hingehen und den Samen in die Erde säen – genau das tut das Vertrauen. Es wird sagen: „Okay, dies hier ist ein Samenkorn. Ich vertraue, dass es ein Baum wird, und ich werde hingehen und es auf das Feld bringen. Ich werde einen geeigneten Boden finden, und ich werde dieses Samenkorn beschützen. Ich werde warten und beten, ich werde lieben und hoffen; ich werde träumen …“.

Was sonst kannst du tun? Du kannst den Samen säen und warten und träumen und hoffen und beten. Was sonst kannst du tun? Dann plötzlich, eines Tages, eines Morgens, wachst du auf, und das Samenkorn ist etwas Neues geworden, neue Sprossen kommen aus der Erde. Jetzt ist der Same kein Same mehr – er wird zu einem Baum, er blüht auf.

Was geschieht, wenn aus einem Samenkorn ein Baum wird? Auch dies ist Teil des Gleichnisses. Das Samenkorn muss sterben – nur dann wird ein Baum entstehen.

Gott ist ins Universum hineingestorben; er kann sich nicht abseits halten, er ist in ihm, er hat sich darin verloren. Darum könnt ihr Gott nicht finden. Ihr könnt in den Himalaja, nach Mekka, nach Kashi gehen oder wohin ihr wollt, aber ihr werdet ihn nirgendwo finden, weil er hier ist, überall! – so, wie jetzt das Samenkorn im ganzen Baum enthalten ist. Ihr könnt das Samenkorn nicht finden, weil es in den Baum hineingestorben und Baum geworden ist. Gott ist in dieses Universum hineingestorben, in diese Existenz, und ist der Kosmos geworden. Er ist nichts Losgelöstes. Er ist nicht wie ein Zimmermann, der etwas herstellt und außen vor bleibt. Das ist nicht möglich, denn er ist wie ein Samenkorn: Der Baum wächst aus ihm hervor, aber dann verschwindet es in den Baum. Du kannst Gott nur dann wiederfinden, wenn dieser Baum verschwindet.

Die Hindus haben immer gesagt, Gott könne man entweder am Beginn der Schöpfung finden oder am Ende der Schöpfung. Am Anfang, wenn die Welt nicht ist, ist das Samenkorn da. Doch dann bist du noch nicht da, um es zu finden – denn du bist erst Teil des Baumes, du bist ein Blatt am Baum. Oder er wird da sein im Pralaya, wenn die ganze Welt verschwindet, wenn der Baum alt wird und stirbt. Und dies geschieht mit jedem Baum: Wenn der Baum alt wird, kommen wieder neue Samen – Millionen von Samen.

Im Pralaya werdet ihr wieder Millionen von Göttern finden – aber dann werdet ihr nicht mehr da sein. Das ist das Problem. Es gibt nur eine Möglichkeit, Gott zu finden: Ihr könnt ihn nur finden, wenn ihr ihn hier und jetzt auf jedem Blatt findet. Wenn ihr nach einem ganz bestimmten Bild sucht, nach einem Krishna, einem Ram, dann werdet ihr ihn nicht finden. Auch sie sind Blätter – schöner natürlich, lebendiger und grüner, weil sie Gott erkannt haben, erkannt haben, dass er überall ist.

Wenn Jesus sagt: „Das Königreich Gottes ist wie ein Senfkorn“, sagt er damit tausenderlei. Das ist das Schöne an einer Parabel. Du sagst nichts, du sagst nicht viel, und doch sagst du so vieles damit! Wenn das Samenkorn stirbt, ist das Universum da. Wenn das Samenkorn stirbt, ist der Baum da. Hier, wo wir sind, ist das Königreich Gottes. Das Königreich des Himmels ist hier. Wenn ihr irgendwo sonst danach sucht, sucht ihr umsonst. Wenn ihr in das Königreich Gottes hineinschauen wollt, müsst ihr ebenfalls wie ein Samenkorn werden und sterben: Und plötzlich ist der Baum da – du bist nicht mehr, und Gott ist. Du wirst Gott niemals begegnen. Wenn du da bist, ist

Gott nicht da, weil dann das Samenkorn da ist. Wenn du verschwindest, ist Gott da. Und so kommt es in Wirklichkeit nie zur Begegnung. Wenn du nicht bist, ist Gott da – Leere in deiner Hand; dann ist Gott da. Du bist nicht mehr … dann ist Gott da. Wieder ein Paradox: Das Samenkorn enthält den Baum, aber das Samenkorn kann auch den Baum töten. Wenn das Samenkorn zu egoistisch wird, wenn das Samenkorn denkt: „Ich bin mir genug“, und wenn das Samenkorn Angst vor dem Tod bekommt, dann wird das Gefäß selbst zum Gefängnis; dann wird dieselbe Schale, die den Baum schützte, ehe er den richtigen Boden fand, zum Gefängnis – und dann wird der Baum noch im Samenkorn sterben.

Ihr seid wie Samenkörner, die zu Gefängnissen geworden sind. Ein Buddha ist ein Samenkorn, ein Jesus ist ein Samenkorn, welches kein Gefängnis ist: Das Samenkorn, die Schale, ist gestorben; jetzt ist der Baum daraus hervorgewachsen.

Er sagte zu ihnen:

„Es ist wie ein Senfkorn – kleiner als alle Samen,

aber wenn es auf die gepflügte Erde fällt,

bringt es einen großen Baum hervor und

bietet allen Vögeln des Himmels Schutz.“

„Aber wenn es auf die gepflügte Erde fällt …“