Die verlorenen Kinder - Robert Schopflocher - E-Book

Die verlorenen Kinder E-Book

Robert Schopflocher

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Beschreibung

Argentinien 1970: Die schwangere Studentin Adriana wird nach einer Demonstration von den Schergen der Militärdiktatur in eines der geheimen Folterzentren verschleppt. Die Kinder, die hier in der Gefangenschaft geboren werden, werden zur Adoption freigegeben, verschwinden spurlos. 30 Jahre später hilft Enrique Miliani, ein junger Wissenschaftler, Adrianas Mutter, ihren verschollenen Enkel zu finden – und entdeckt eines der bestgehüteten Geheimnisse seiner Familie. Robert Schopflocher spannt einen großen erzählerischen Bogen von der Nachkriegszeit bis in die Gegenwart, um die Dimension der gesellschaftlichen Veränderungen in Argentinien aufzuzeigen. Aufwühlend und erzählerisch brillant.

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Seitenzahl: 330

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Robert Schopflocher

Die verlorenen Kinder

Roman

LangenMüller

Für Ruth, Mario, Manuel und meine Enkel

www.langen-mueller-verlag.de

© für die Originalausgabe und das eBook: 2013 LangenMüller in der F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten

Schutzumschlag: Wolfgang Heinzel

Umschlagmotiv: Der Verlag konnte den Rechteinhaber des Umschlagfotos nicht ausfindig machen. Er bittet, ihm bestehende Ansprüche mitzuteilen.

Satz: EDV-Fotosatz Huber/Verlagsservice G. Pfeifer, Germering

ISBN 978-3-7844-8153-1

TEIL I

I Der Telefonanruf

1

Kaumhatte er die Schwelle zur Wohnung seines Onkels Fredy überschritten, als ihn das Gefühl überkam, die Zeit sei stillgestanden. Dasselbe Doppelporträt auf der Kredenz, umgeben von ein paar verwelkten Blumen; es war wohl kurz nach dem Geburtstag eines der beiden vermissten Kinder. Dasselbe Zimmer, das er als Student bewohnt hatte – es hieß noch immer »das Kinderzimmer« –, auf dessen Bett der große Teddybär seinen rechtmäßigen Besitzer erwartete. Genau so hatte er das Plüschtier in Erinnerung. Mit nur einem Auge. Das fehlende hatte man auch in den Jahren seiner Abwesenheit nicht ersetzt. Derselbe Geruch nach Bohnerwachs. Dieselben anheimelnden Geräusche – Taubengegirr von draußen und das Geklapper einiger loser vom Wind erfasster Fensterläden.

Onkel Fredy und Tante María Inés, beide völlig ergraut und durch ihre gebeugte Haltung kleiner geworden, als sie in seiner Erinnerung lebten, aber fast ohne Runzeln im Gesicht, begrüßten den Neffen wie einen verlorenen Sohn; der Onkel mit fahrigen Gesten; die Tante mit streichelnden Bewegungen ihrer von Altersflecken verunzierten Hand. Noch immer entströmte ihr das leichte Parfüm nach Sandelseife. Kaum war sie fertig mit den Umarmungen und Küssen, als sie auch schon begann, ihn mit ihren Fragen zu bestürmen. Ob er eigentlich wisse, was aus Flora geworden sei? Ausgerechnet das war die erste Frage. Ausgerechnet der Finger in die Wunde! Er schüttelte den Kopf und bemühte sich, die erniedrigende Erinnerung zu löschen, welche die Erwähnung dieses Namens in ihm ausgelöst hatte. Ob er eine neue Freundin habe? Das wünsche sie dem Neffen von Herzen, denn es sei nicht gut, alleine zu leben. Ob er anständig verdiene? Ob er sich weiterbilde, wie es sich gehörte? Und ob er nun im Land zu bleiben gedenke? Die bohrende Fragerei war schon immer ihr Laster gewesen; andererseits hatte sie auch nie davor zurückgeschreckt, ihm als Gegengabe mit ungenierter Offenheit ihr Innenleben preiszugeben. Bis zu einer bestimmten Grenze jedenfalls tat sie dies. Die überschritt sie lange nicht. Bis sie es eines erinnerungswürdigen Tages eben doch fertigbringen würde, auch diese letzte Schranke dem Neffen gegenüber fallen zu lassen.

Der Onkel zog sich bald zurück, um, verstrickt in seine philatelische Leidenschaft, mit seinen Alben zu hantieren. Deren Anzahl schien sich im Laufe der Jahre vermehrt zu haben, aber der Zurückgekehrte konnte sich irren. Schon damals, vor gut zehn Jahren, hatte die Tante die plötzlich aufgetretene Sammelwut ihres Mannes als ein bedenkliches Symptom gewertet, da sie in ihren Augen einem Rückzug aus der Realität gleichkam, nicht weniger wie die Beharrlichkeit, mit der er bei seinen Gesprächen auf einem Stand der genetischen Forschungen verweilte – seinem Fachgebiet –, der längst überholt war. Bedenklich nicht zuletzt dieses Symptom, weil man, wie sie dem Neffen damals verriet, seinen Bruder schon als Kind, noch in Berlin, in einer Nervenheilanstalt interniert hatte. Ob und wie weit der Onkel erblich belastet war, blieb im Dunkeln. Und welches Ereignis in diesem – wohlgemerkt, rein hypothetischen – Fall den Anstoß für sein wirklichkeitsfernes Verhalten darstellen könnte, darüber sprach man nicht.

Die einzige Änderung, die er in der Wohnung entdeckte, war die Präsenz eines kleinen Fernsehapparats. Der befand sich wie ein Fremdkörper im Speisezimmer, dort wo einst das schon damals altmodische Radio gestanden hatte. Wollte er zur Zeit seiner kindlichen Sportbegeisterung ein Fußballspiel ansehen, so musste er dafür einen seiner Freunde aufsuchen, der über ein solches Gerät verfügte. Die Tante hatte nichts übriggehabt für diesen von ihr als

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