Die Verteidigung des Sokrates - Platon - E-Book

Die Verteidigung des Sokrates E-Book

Platón

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Beschreibung

Die Verteidigungsrede des Sokrates vor dem athenischen Volksgericht. Übersetzt von Friedrich Schleiermacher und neu ediert von Nikolaus Rehlinger.

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Seitenzahl: 56

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Inhalt

Die Verteidigung des Sokrates

Nach der Verurteilung

Die Verteidigung des Sokrates

Was wohl Euch, ihr Athener, meine Ankläger angetan haben, weiß ich nicht: ich meinesteils aber hätte ja selbst beinahe über sie meiner selbst vergessen; so überredend haben sie gesprochen. Wiewohl Wahres, dass ich das Wort heraussage, haben sie gar nichts gesagt. Am meisten aber habe ich eins von ihnen bewundert unter dem vielen, was sie gelogen, dieses wo sie sagten, Ihr müsstet euch wohl hüten, dass ihr nicht von mir getäuscht würdet, als der ich gar gewaltig wäre im Reden. Denn dass sie sich nicht schämen, sogleich von mir widerlegt zu werden durch die Tat, wenn ich mich nun auch im geringsten nicht gewaltig zeige im Reden, dieses dünkte mich ihr unverschämtestes zu sein; wofern diese nicht etwa den gewaltig im Reden nennen, der die Wahrheit redet. Denn wenn sie dies meinen, möchte ich mich wohl dazu bekennen, ein Redner zu sein, der sich nicht mit ihnen vergleicht. Diese nämlich, wie ich behaupte, haben gar nichts Wahres geredet; Ihr aber sollt von mir die ganze Wahrheit hören. Jedoch, ihr Athener, beim Zeus, Reden aus zierlich erlesenen Worten gefällig zusammengeschmückt und aufgeputzt, wie dieser ihre waren, keineswegs, sondern ganz schlicht werdet ihr mich reden hören in ungewählten Worten. Denn ich glaube, was ich sage ist gerecht, und niemand unter euch erwarte noch sonst etwas. Auch würde es sich ja schlecht ziemen, ihr Männer, in solchem Alter gleich einem Knaben der Reden ausarbeitet vor euch hinzutreten. Indes bitte ich euch darum auch noch recht sehr, ihr Athener, und bedinge es mir aus, wenn ihr mich hört mit ähnlichen Reden meine Verteidigung führen, wie ich gewohnt bin auch auf dem Markt zu reden bei den Wechslertischen, wo viele unter euch mich gehört haben, und anderwärts, dass ihr euch nicht verwundert noch mir Getümmel erregt deshalb. Denn so verhält sich die Sache. Jetzt zum ersten Mal trete ich vor Gericht, da ich über siebzig Jahre alt bin; ganz ordentlich also bin ich ein Fremdling in der hier üblichen Art zu reden. So wie ihr nun, wenn ich wirklich ein Fremder wäre, mir es nachsehen würdet, dass ich in jener Mundart und Weise redete, worin ich erzogen worden: eben so erbitte ich mir auch nun dieses billige, wie mich dünkt, von Euch, dass ihr nämlich die Art zu reden überseht, vielleicht ist sie schlechter vielleicht auch wohl gar besser, und nur dies erwägt und Acht darauf habt, ob das recht ist oder nicht was ich sage. Denn dies ist des Richters Tüchtigkeit, des Redners aber die Wahrheit zu reden.

Zuerst nun, ihr Athener, muss ich mich wohl verteidigen gegen das, dessen ich zuerst fälschlich angeklagt bin und gegen meine ersten Ankläger, und hernach gegen der späteren späteres. Denn viele Ankläger habe ich längst bei euch gehabt und schon vor vielen Jahren, und die nichts wahres sagten, welche ich mehr fürchte als den Anytos, obgleich auch der furchtbar ist. Allein jene sind furchtbarer, ihr Männer, welche viele von euch schon als Kinder an sich gelockt und überredet, mich aber beschuldigt haben ohne Grund, als gäbe es einen Sokrates, einen weisen Mann, der den Dingen am Himmel nachgrüble und auch das Unterirdische alles erforscht habe, und Unrecht zu Recht mache. Diese, ihr Athener, welche solche Gerüchte verbreitet haben, sind meine furchtbaren Ankläger. Denn die Hörer meinen gar leicht, wer solche Dinge untersuche, glaube auch nicht einmal Götter. Ferner sind auch dieser Ankläger viele, und viele Zeit hindurch haben sie mich verklagt, und in dem Alter zu euch geredet, wo ihr wohl sehr leicht glauben musstet, weil ihr Kinder wart, einige von euch wohl auch Knaben, und offenbar an leerer Stätte klagten sie, wo sich keiner verteidigte. Das übelste aber ist, dass man nicht einmal ihre Namen wissen und angeben kann, außer etwa wenn ein Komödienschreiber darunter ist. Die übrigen aber, welche euch gehässig und verleumderisch aufgeredet, und auch die selbst nur überredet Andre Überredenden, in Absicht dieser aller bin ich ganz ratlos. Denn weder hierher zur Stelle bringen noch ausfragen kann ich irgend einen von ihnen: sondern muss ordentlich wie mit Schatten kämpfen in meiner Verteidigung und ausfragen, ohne dass einer antwortet. Nehmt also auch ihr an, wie ich sage, dass ich zweierlei Ankläger gehabt habe, die einen die mich eben erst verklagt haben, die andern die von ehedem die ich meine; und glaubt, dass ich mich gegen diese zuerst verteidigen muss. Denn auch ihr habt jenen als sie klagten zuerst Gehör gegeben, und weit mehr als diesen späteren.

Wohl! Verteidigen muss ich mich also, ihr Athener, und den Versuch machen, eine angeschuldigte Meinung, die ihr seit langer Zeit hegt, euch in so sehr kurzer Zeit zu benehmen. Ich wünschte nur zwar wohl, dass dieses so erfolgte, wenn es so besser ist für euch sowohl als für mich, und dass ich etwas gewönne durch meine Verteidigung. Ich glaube aber dieses ist schwer, und keineswegs entgeht mir, wie es damit steht. Doch dieses gehe nun, wie es Gott genehm ist, mir gebührt dem Gesetz zu gehorchen und mich zu verteidigen.

Rufen wir uns also zurück von Anfang her, was für eine Anschuldigung es doch ist, aus welcher mein übler Ruf entstanden ist, worauf auch Melitos bauend diese Klage gegen mich eingegeben hat. Wohl! Mit was für Reden also verleumdeten mich meine Verleumder? Als wären sie ordentliche Kläger, so muss ich ihre beschworene Klage ablesen: „Sokrates frevelt und treibt Torheit indem er unterirdische und himmlische Dinge untersucht und Unrecht zu Recht macht, und dies auch Andere lehrt.“ Solcherlei ist sie etwa: denn solcherlei habt ihr selbst gesehen in des Aristophanes Komödie, wo ein Sokrates vorgestellt wird, der sich rühmt in der Luft