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Der Opernsänger Luitpold Löwenhaupt hat eine Gans gekauft, eine fette, schwere Gans, die er zu Weihnachten verspeisen möchte. Doch das kleine Peterle macht ihm einen Strich durch die Rechnung, denn Peterle und die Gans Gustje freunden sich an. Herr Löwenhaupt aber denkt nicht daran, auf seinen Weihnachtsbraten zu verzichten. Der weihnachtliche Kinderbuchklassiker in neuer Auflage.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Die Weihnachtsgans Auguste
by Friedrich Wolf
Erstmals erschienen 1946
© 2025 Lunata Publishing Berlin
Die Weihnachtsgans Auguste
Der Opernsänger Luitpold Löwenhaupt hatte bereits im November vorsorglich eine fünf Kilo schwere Gans gekauft – eine Weihnachtsgans. Dieser respektable Vogel sollte den Festtisch verschönern. Gewiss, es waren schwere Zeiten. „Aber etwas muß man doch fürs Herze tun!“ Bei diesem Satz, den Löwenhaupt mit seiner tiefen Bassstimme mehrmals vor sich hinsprach, so dass es wie ein Donnerrollen sich anhörte, mit diesem Satz meinte der Sänger im Grunde etwas anderes. Während er mit seinen kräftigen Händen die Gans an sich drückte, verspürte er zugleich den Geruch von Rotkraut und Äpfeln in der Nase. Und immer wieder murmelte sein schwerer Bass den Satz durch den nebligen Novembertag: „Aber etwas muss man doch fürs Herze tun.“
Ein Hausvater, der eigenmächtig etwas für den Haushalt eingekauft hat, verliert, sobald er seiner Wohnung sich nähert, mehr und mehr den Mut. Er ist zu Haus schutzlos den Vorwürfen und dem Hohn seiner Hausgenossen preisgegeben, da er bestimmt unrichtig und zu teuer eingekauft hat. Doch in diesem Fall erntete Vater Löwenhaupt überraschend hohes Lob. Mutter Löwenhaupt fand die Gans fett, gewichtig und preiswert. Das Hausmädchen Theres lobte das schöne weiße Gefieder; sie stellte jedoch die Frage, wo das Tier bis Weihnachten sich aufhalten solle.
Die zwölfjährige Elli, die zehnjährige Gerda und das kleine Peterle – Löwenhaupts Kinder – sahen aber hier überhaupt kein Problem, da es ja noch das Bad und das Kinderzimmer gäbe und das Gänschen unbedingt Wasser brauche, sich zu reinigen. Die Eltern entschieden jedoch, dass die neue Hausgenossin im Allgemeinen in einer Kiste in dem kleinen warmen Kartoffelkeller ihr Quartier beziehen solle und dass die Kinder sie bei Tag eine Stunde lang draußen im Garten hüten dürften. So war das Glück allgemein.
Anfangs befolgten die Kinder genau diese Anordnung der Eltern. Eines Abends aber begann das siebenjährige Peterle in seinem Bettchen zu klagen, dass „Gustje“ – man hatte die Gans aus einem nicht erfindbaren Grunde Auguste genannt – bestimmt unten im Keller friere. Seine Schwester Elli, der man im Schlafzimmer die Aufsicht über die beiden jüngeren Geschwister übertragen hatte, suchte das Brüderlichen zu beruhigen, dass Auguste ja ein dickes Daunengefieder habe, das sie so aufplustern könne wie eine Decke.
„Warum plustert sie es auf?“, fragte das Peterle.
„Ich sagte doch, das es dann wie eine Decke ist.“
„Warum braucht Gustje denn eine Decke?“
„Mein Gott, weil sie dann nicht friert, du Dummerjan!“
„Also ist es doch kalt im Keller!“, sagte jetzt Gerda.
„Es ist kalt im Keller!“, echote Peterle und begann gleich zu heulen. „Gustje friert! Ich will nicht, dass Gustje friert. Ich hole Gustje herauf zu mir!“
Damit war er schon aus dem Bett und tapste zur Tür. Die große Schwester Elli fing ihn ab und suchte ihn wieder ins Bett zu tragen. Aber die jüngere Gerda kam Peterle zu Hilfe.
Peterle heulte: „Ich will zu Gustje!“
