Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 449 - Regina Rauenstein - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 449 E-Book

Regina Rauenstein

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Beschreibung

Für ihre Liebe tat sie alles - Mit dem Herzen geschrieben für frohe Stunden

Sie sollten es sich noch einmal gründlich durch den Kopf gehen lassen, meine Liebe, ehe Sie endgültig ablehnen und es auf einen Kampf ankommen lassen. Wenn ich erst einmal das Haus verlassen habe, ohne dass wir zu einer Einigung gekommen sind, werde ich Ihr erbitterter Feind sein und mit allen Mitteln um meinen Enkel kämpfen."
Ohne jede menschliche Regung klingt die Männerstimme, während die glitzernden Augen die junge Frau, die hochaufgerichtet vor ihm steht, abschätzend mustern ...

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Seitenzahl: 139

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Inhalt

Cover

Impressum

Für ihre Liebe tat sie alles

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Vil Karimov / iStockphoto

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar

ISBN 9-783-7325-8150-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Für ihre Liebe tat sie alles

Mit dem Herzen geschrieben für frohe Stunden

Als die Ehe seines rauschgiftsüchtigen Sohnes Hans-Georg scheitert, setzt sein Vater, der schwerreiche, mächtige Graf Fellny, alles daran, das Sorgerecht für seinen Enkel zugesprochen zu bekommen. Er engagiert den besten Anwalt und schreckt auch nicht davor zurück, seiner Schwiegertochter einen liederlichen und unmoralischen Lebenswandel vorzuwerfen. So hält er den Prozess schon für gewonnen.

Doch auch Claudias Anwalt zählt zu den besten seiner Zunft, und warum ihn der unbedingte Wille, gerade diesen Fall zu gewinnen, antreibt, das ahnen weder Graf Fellny noch Claudia …

Die Frau seines Sohnes war verteufelt hübsch, das musste selbst der alte Graf Fellny, trotz seiner zur Schau getragenen Verachtung für diese Person, bei sich zugeben.

Der fein geschwungene Frauenmund zeigte den Anflug eines spöttischen Lächelns. Ruhig und offen hielt sie dem prüfenden Blick stand.

„Alle Schätze der Welt reichen nicht dazu aus, auf mein Kind zu verzichten und es Ihnen zu überlassen, Herr von Fellny. Ich will kein sorgenloses Leben, der Preis, den ich dafür zahlen soll, ist mir zu hoch“, sagte sie mit eiserner Entschlossenheit.

Ihre schlanke Gestalt reckte sich kampfbereit, und sie streckte ihre beiden Hände vor.

„Ich bin gewohnt zuzupacken, Herr von Fellny, und scheue vor keiner noch so schweren Arbeit zurück. Ich brauche Ihr Geld nicht, um durchzukommen. Habe ich bisher meinen Mann und meinen Sohn ernähren können, so werde ich es auch in Zukunft so halten. Mein Sohn wird nicht über den ungeheuren Reichtum verfügen wie sein Vater. Aber er wird keine Not leiden, und ich werde alles dafür tun, damit einmal ein anständiger Mensch aus ihm wird.“

„Anständiges Leben nennen Sie das?“, höhnte der Graf, während ein verächtlicher Blick durch das einfache, aber saubere Zimmer glitt. „Soll mein einziger Enkel in einer solch ärmlichen Umgebung aufwachsen? Nein, ich werde Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um meinen Enkel in meine Obhut zu bekommen. Jedes Gericht wird mir recht geben, wenn ich mich dagegen zur Wehr setze, dass mein Enkel von einer Bardame erzogen wird.“

Die junge Frau zuckte zusammen, als habe er sie geschlagen.

„Sie vergessen, dass die Bardame die Mutter Ihres Enkels, die rechtmäßige Gattin Ihres Sohnes ist, mein Herr. Mein Geld ist auf ehrliche Art verdient, was man von Ihren Geschäftsmethoden wohl kaum immer behaupten kann.“

Sekundenlang sahen die beiden sich feindlich an. Der hochmütige Mann stand zum ersten Mal einem Menschen gegenüber, der sich von seiner Macht und seinem ungeheuren Reichtum nicht beeindrucken ließ.

„Wie können Sie es wagen, in einem solchen Ton mit mir zu sprechen? Sie vergessen wohl, wen Sie vor sich haben?“, brauste er auf.

Claudia von Fellny blieb ganz ruhig.

„Nein, Graf Fellny, das vergesse ich nicht. Aber auch mir gefällt Ihr Ton keineswegs. Genügt es nicht, dass Sie mein Leben und das Leben Ihres Sohnes ruiniert haben? Es ist Ihre Schuld, dass es so weit mit ihm gekommen ist und er im Rauschgift Vergessen suchte. Labil und verzogen, wie er war, hatte er nicht die Kraft, sich gegen Sie zu stellen. Er liebte mich zu sehr, um sich von mir trennen zu können, wie Sie es verlangten, und er liebte auch seinen kleinen Sohn über alles.“

Stolz reckte die zierliche Gestalt die Schultern.

„Solange er Ihrem Einfluss entzogen war, ging alles gut. Aber dann geriet er wieder in Ihre Gewalt, und von diesem Tag an veränderte er sich erschreckend. Er ging keiner geregelten Arbeit mehr nach und trieb sich immer häufiger in zwielichtiger Gesellschaft herum. Eines Tages gestand er mir, dass er süchtig war.“

Ein tiefer Seufzer entfuhr ihr, und schon fuhr sie unbeirrt fort.

„Alles, was wir uns erspart hatten, schmolz unter seinen Händen wie Butter in der Sonne. Es dauerte nicht lange, da hatte er überall Schulden. Ich verkaufte meinen Schmuck, gab meine hübsche Wohnung auf und zog hierher. Ich gab meine Stelle auf, da ich nicht genug verdiente, um für meine Familie sorgen zu können, denn noch immer war meine Liebe zu ihm stärker als meine Vernunft, die mir riet, Schluss mit diesem Leben und mit ihm zu machen, weil doch alles sinnlos war.“

Sie lachte bitter auf und warf den Kopf mit dem leuchtenden blonden Haar in den Nacken.

„Alles wäre gut geworden, wenn er sich einer Entziehungskur unterzogen hätte und wenn nicht seine Mutter gewesen wäre. Sie konnte es mir nicht verzeihen, dass er mich liebte. Sie hasste mich und opferte lieber den Sohn, als zusehen zu müssen, wie er mit mir glücklich war.“

Mit einer zornigen Handbewegung schnitt Graf Fellny ihr das Wort ab.

„Wollen Sie behaupten, dass meine Frau schuld an Hans-Georgs Elend hat?“, fuhr er sie an.

Furchtlos hielt Claudia seinem Blick stand.

„Ja, denn sie gab ihm immer wieder Geld, damit er sich dieses verfluchte Gift kaufen konnte. Sie bestärkte ihn in seinem Aufbegehren gegen mich, schürte seinen krankhaften Hass, der in jedem einen Feind sah, der ihm helfen wollte. Ich wurde für ihn eine Feindin, weil ich ihn beschwor, sich heilen zu lassen.“

Keine Miene in dem starren Männergesicht verriet, ob ihre Anklage ihn traf. Ob er wollte oder nicht, die unerschrockene, stolze Haltung der jungen Frau flößte ihm Bewunderung und Respekt ein.

Bei Gott, was hätte er darum gegeben, wenn nur ein geringer Teil ihrer Tatkraft in seinem Sohn gesteckt hätte. Aber Hans-Georg war ein Schwächling, ein Versager. Er war das Produkt seiner mütterlichen Erziehung, die ihn verhätschelt und zu einem labilen Weichling erzogen hatte.

Keinen einzigen Augenblick zweifelte der Graf an Claudias bitteren, anklagenden Worten.

Aber um nichts in der Welt hätte er es der jungen Frau eingestanden, obwohl er wusste, das seine Frau mitschuldig an dem Elend seines Sohnes war, der in seinem Haus nur noch vor sich hin vegetierte.

Nachdenklich betrachtete die junge Frau den Vater ihres Gatten und fragte sich, wie ein solch kraftvoller, vitaler Mann zu so einem labilen Sohn gekommen war.

Claudia wusste nicht viel von der Familie ihres Mannes, außer, dass sie ungeheuer reich war und sehr stolz. Hans-Georg hatte sich mit seinen Eltern überworfen, als er sie kennengelernt und sie zu seiner Frau gemacht hatte.

Wie nebenbei hatte er seinen Halbbruder aus der ersten Ehe seines Vaters erwähnt, der nach einem Zerwürfnis mit dem Vater das Haus verlassen hatte und seitdem nichts mehr von sich hatte hören lassen. Seine Spur verlor sich irgendwo im Ausland.

Dann war da noch eine jüngere Schwester, die in einem Internat lebte und die es vorzog, ihre Ferien bei Freunden zu verbringen, um der Herrschaft des Vaters zu entfliehen, der von seinen Kindern blinden Gehorsam verlangte.

Der Einzige, der es so lange bei ihnen ausgehalten hatte, war Hans-Georg, der immer vollkommen von seiner Mutter beherrscht worden war.

Dann war Claudia in sein Leben getreten. Zum ersten Mal hatte der Sohn sich entschlossen gegen die Mutter aufgelehnt und um sein Glück gekämpft.

Aber ihnen war nur eine kurze Zeit des Glücks beschieden. Schon sehr bald hatte Hans-Georg sich nach seinem früheren sorglosen Leben zurückgesehnt. Er hatte seine alten Freunde wieder aufgesucht und war schon sehr bald wieder unter ihren verderblichen Einfluss geraten.

Nun lag ihr Glück in Scherben vor ihnen, und sie musste erbittert um ihr Kind kämpfen.

Ihr kleiner Junge lag mit einer Kopfverletzung im Krankenhaus, die der rasende Vater in seinem Rausch dem Kind zugefügt hatte. Er hätte das Kind in seinem Wahn umgebracht, wenn Claudia nicht in ihrer Verzweiflung nach einem Gegenstand gegriffen und ihren Mann niedergeschlagen hätte.

In diesem Augenblick war etwas in ihr zerbrochen, das wohl niemals mehr geflickt werden konnte. Es gab keine Gemeinschaft mehr zwischen ihr und Hans-Georg von Fellny. Es gab nur noch eines, wollte sie sich und das Kind vor noch größerem Elend bewahren – die Trennung von ihm.

Claudia hatte die Scheidung eingereicht, eisern entschlossen, sich ein neues Leben aufzubauen. Keinen einzigen Augenblick war ihr der Gedanke gekommen, dass diese Menschen, die sie nie als Schwiegertochter anerkannt hatten und die sie verachteten, Anspruch auf den Enkel erheben könnten, der nach ihrer Ansicht bei ihr seelisch und sittlich gefährdet war, da sie ja nur als Bardame arbeitete.

Mit Geld glaubten sie alles erreichen zu können. Aber sie würde mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mittel kämpfen, damit man ihr das geliebte Kind nicht entriss.

Als der alte Graf Fellny mit klirrenden Schritten das Haus verließ, da wusste Claudia, dass er ihr erbittertster Feind war und ein harter, aufreibender Kampf vor ihr lag.

♥♥♥

Noch finsterer als der dunkle Nachthimmel ragte die Silhouette des Schlosses aus dem Berg heraus. „Schloss Felsenstein“ hatte sein Erbauer es einst genannt, und so hieß es bis auf den heutigen Tag. Seit Menschengedenken war es im Besitz der Grafen Fellny und wurde zur Stammburg ihres Geschlechtes.

Der jetzige Herr des Schlosses hatte das ganze Haus modernisiert, nur die äußere düstere Fassade war geblieben.

Überrascht und entzückt blieb jeder Besucher stehen, sobald er das Innere des Hauses betrat und hier einer Pracht gegenüberstand, die den unermesslichen Reichtum des Besitzers deutlich machte. Ja, Reichtum gab es hier in Hülle und Fülle, aber kein Glück.

Nachdem sein ältester Sohn Alain nach einem heftigen Streit das Schloss verlassen hatte, hatte der Graf seine ganze Hoffnung auf seinen zweiten Sohn gesetzt.

Aber auch Hans-Georg, der erklärte Liebling seiner Mutter, war zu einer großen Enttäuschung für den tatkräftigen Mann geworden.

Ausgerechnet in eine Bardame hatte er sich verliebt und sie zu seiner Frau gemacht. Das konnte und wollte der stolze Mann nicht begreifen.

Und das Glück schien den beiden jungen Menschen tatsächlich hold zu sein. Hans-Georg war einer geregelten Arbeit nachgegangen, die ihm zwar kein Vermögen eingebracht hatte, aber immer so viel, dass er seine Frau und seinen kleinen Jungen ernähren konnte.

Und dann hatte Graf Fellny etwas getan, dessen er sich heute noch schämte und wofür er sich bittere Vorwürfe machte, wenn er im Zimmer seines Sohnes stand und auf das Häufchen Unglück hinuntersah, das einmal sein Sohn gewesen war.

Denn an diesem Zustand war der Vater nicht unschuldig. Er war es gewesen, der Hans-Georgs frühere Freunde, die meist ein ausschweifendes Leben führten, auf ihn angesetzt hatte, um ihn aus dem Bann der jungen Frau zu ziehen. Aber er hatte nicht geahnt, dass diese Freunde das Leben seines Sohnes völlig vernichten und er durch sie süchtig werden würde.

Als er es entsetzt erkannt hatte, war es bereits zu spät gewesen. Der stolze, hochmütige Arne Graf Fellny hatte zwar sein Ziel erreicht und den Sohn von der unwillkommenen Frau getrennt, aber der ins Spiel gebrachte Einsatz dafür war zu hoch gewesen.

Jahre seines Lebens gäbe er heute dafür, könnte er alles wieder rückgängig machen. Er wäre sogar bereit gewesen, die unstandesgemäße Frau anzuerkennen und sie als Tochter in seinem Haus willkommen zu heißen, wenn Hans-Georg wieder gesund werden würde.

Aber dazu war es zu spät. Die Frau seines Sohnes hatte die Scheidung eingereicht, und Graf Fellny wusste, dass ihm auch der Enkel verloren war, wenn die Scheidung erst rechtskräftig geworden war.

Zornig auf die Frau, die es wagte, ihm die Stirn zu bieten, lief der alte Graf in seinem Zimmer auf und ab. Er wartete auf seinen Anwalt, den er zu sich gebeten hatte.

Gräfin Fellny beobachtete ihren Mann sorgenvoll. Ihr noch immer schönes Gesicht wirkte erschöpft.

„Glaubst du, es wird einen Weg geben, dass uns der Junge zugesprochen wird, Arne?“, brach sie endlich das sorgenvolle Schweigen.

Der Graf blieb mit einem Ruck vor ihr stehen. Seine Augenbrauen waren zornig zusammengezogen.

„Es muss einen Weg geben“, knirschte er zwischen den Zähnen hervor. „Man muss uns das Kind zusprechen, denn nur hier wird der Kleine so aufwachsen, wie es ihm zusteht. Was kann diese Frau ihm denn schon bieten? Ich muss es dem Gericht klarmachen, dass er bei ihr gefährdet ist.“

„Aber sie ist die Mutter, Arne, vergiss es nicht. Es wird dir schwerfallen, das Gericht davon zu überzeugen, das Kind von seiner Mutter zu trennen. So schnell nimmt man einer Mutter nicht ihr Kind.“

Das Mädchen trat ein und meldete den Anwalt.

„Endlich“, sagte der alte Graf aufatmend und forderte das Mädchen mit einer ungeduldigen Bewegung auf, den Besucher eintreten zu lassen.

♥♥♥

Rechtsanwalt Dr. Braun war ein Mann in den mittleren Jahren und vertrat schon seit vielen Jahren die Interessen der Fellnys. Er war ein Fuchs in seinem Beruf, und er gab sich so leicht nicht geschlagen. Bisher hatte Graf Fellny nur die besten Erfahrungen mit ihm gemacht, und schon oft hatte der Anwalt eine anfangs aussichtslose Sache zu einem befriedigenden Ende geführt.

So vertraute der Graf auch heute darauf, dass Dr. Braun einen Weg finden würde, der ihn zu seinem Ziel führte.

Sehr ernst hatte der Anwalt den Ausführungen Graf Fellnys zugehört. Ein langes, nachdenkliches Schweigen trat ein, als der Graf seinen Bericht beendet hatte.

„Nun sagen Sie schon endlich etwas, besteht irgendeine Chance, den Jungen zu bekommen?“, fragte Graf Fellny nach einer Weile ungeduldig.

Dr. Braun zuckte ausweichend die Schultern und sah dem Rauch seiner Zigarre nach.

„Ich fürchte, da wird wenig zu machen sein, Herr von Fellny. Das Recht steht auf Seiten der Mutter. Unter den gegebenen Umständen wird sie sehr schnell geschieden, und man wird ihr das Sorgerecht für den Jungen zusprechen, da sie sich nichts zuschulden kommen ließ. Anders wäre es natürlich, wenn man ihr einen leichtfertigen Lebenswandel nachweisen könnte. Aber ich fürchte, das wird uns nicht gelingen. Frau Claudia hat den besten Leumund, wie ich erfahren habe.“

„Den besten Leumund, dass ich nicht lache. Sie ist eine Bardame, das allein sagt doch schon genug“, brauste Graf Fellny zornig auf.

Der Anwalt wehrte überlegen ab.

„Nein, Herr von Fellny, das genügt nicht, solange sie sich nichts zu schulden kommen lässt. Nach ihrer Aussage hat sie den Beruf damals wieder ergriffen, als ihre Familie durch das ausschweifende Leben ihres Mannes in Not geriet. Um das Kind tagsüber nicht sich selbst zu überlassen, nahm sie diese Stelle an, die sie nur abends ausübt, wenn das Kind schläft. Daraus kann man ihr keinen Vorwurf machen.“

„Aber was kann dem Kind nicht alles zustoßen, wenn es so allein ist?“, warf die Gräfin ein. „Ich finde es unverantwortlich, und ich bin überzeugt davon, dass uns jedes Gericht recht gibt, wenn wir dagegen angehen.“

Es war ein eigenartiger Blick, der sie aus den hellen Augen des Anwalts traf. Etwas spöttisch verzog er seinen schmalen Mund.

„Ihre Schwiegertochter hat eine alte Frau zu sich genommen, gnädige Frau, die nachts bei dem Kind ist, wie meine Nachforschungen ergeben haben. Es gibt also nichts, was wir der jungen Mutter als grobe Verletzung der Aufsichtspflicht vorwerfen können.“

Graf Fellny ballte seine Hände zu Fäusten. Er wollte nicht begreifen, dass es diesmal etwas geben sollte, was er nicht erreichen konnte.

„Sind Sie mein oder ihr Anwalt?“, fuhr er Dr. Braun zornig an. „Wenn man Sie so reden hört, dann kommt einem der Verdacht, dass Sie die Sache dieser Frau vertreten und sie gegen mich verteidigen.“

Der so zu Unrecht angegriffene Anwalt blieb ganz ruhig, nur die Röte in seinem Gesicht vertiefte sich.

„Sie wissen genau, Herr von Fellny, dass ich mich bisher immer bemüht habe, zu Ihrer Zufriedenheit zu arbeiten. Sollten Sie mit meiner Arbeit nicht mehr zufrieden sein, dann steht es Ihnen jederzeit frei, sich nach einem anderen Anwalt umzusehen.“

„Nun spielen Sie nicht gleich die beleidigte Leberwurst, Doktor Braun. Sie müssen mich doch langsam kennen und wissen, dass ich es nicht so gemeint habe. Selbstverständlich bin ich bisher immer mit Ihnen zufrieden gewesen. Aber es kränkt mich, dass Sie uns gar keine Hoffnung geben. Es muss doch irgendwo eine Lücke geben, irgendeine schwache Stelle.“ Er nagte nachdenklich an seiner Unterlippe. „Wenn sie nun irgendeine Männergeschichte hat?“

Der Anwalt begann seine Aktentasche wieder zu verschließen. Er sah den Grafen nicht an, während er seine Antwort vorsichtig formulierte.

„Wenn Gräfin Claudia vor ihrer Scheidung irgendeine Männergeschichte hatte, die man ihr nachweisen kann, dann sähe die ganze Sache schon anders aus. Man könnte es als Ehebruch auswerten. Wenn ihr daneben auch noch nachgewiesen würde, dass sie keinen einwandfreien Lebenswandel führt und das Kind bei ihr seelisch gefährdet ist, dann wäre alles noch viel leichter. Aber sie hat den besten Leumund, da wird wohl kaum etwas zu machen sein.“

Der Anwalt trat auf Gräfin Fellny zu, die sehr hilflos wirkte. Sie tat ihm leid, und doch wünschte er tief in seinem Innern, dass der kleine Junge, um den jetzt dieses erbarmungslose Tauziehen begann, niemals in dieses Haus kommen würde.