Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 461 - Michaela Hansen - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 461 E-Book

Michaela Hansen

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Beschreibung

Ihr Einzug ins Fürstenschloss
Packender Roman um ein unverhofftes Erbe


Eine zufällige Begegnung und ein einziger Blick genügen, um die Herzen von Sybille Mertens, einem bildhübschen bürgerlichen Mädchen, und Nikolaus Fürst von Traunstein-Lohenbach zu entflammen. Obwohl sie sich gar nicht kennen, spüren sie, dass sie vom Schicksal füreinander bestimmt sind.
Nichts wird sie jemals wieder trennen, dessen sind sich beide gewiss, doch dann zerbricht das Glück jäh. Während der Fürst es kaum erwarten kann, Sybille bald als seine Gemahlin ins Fürstenschloss zu holen, erhält er wie aus heiterem Himmel einen Brief von ihr, in dem sie ihm erklärt, sich in ihren Gefühlen zu ihm geirrt zu haben und einen anderen Mann zu lieben ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Ihr Einzug ins Fürstenschloss

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Tatiana1987 / iStockphoto

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar

ISBN 9-783-7325-8382-9

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Ihr Einzug ins Fürstenschloss

Packender Roman um ein unverhofftes Erbe

Eine zufällige Begegnung und ein einziger Blick genügen, um die Herzen von Sybille Mertens, einem bildhübschen bürgerlichen Mädchen, und Nikolaus Fürst von Traunstein-Lohenbach zu entflammen.

Nichts wird sie jemals wieder trennen, dessen sind sich beide gewiss, doch dann zerbricht das Glück jäh. Während der Fürst es kaum erwarten kann, Sybille bald als seine Gemahlin ins Fürstenschloss zu holen, erhält er wie aus heiterem Himmel einen Brief von ihr, in dem sie ihm erklärt, sich in ihren Gefühlen zu ihm geirrt zu haben und einen anderen Mann zu lieben. So erschüttert der Fürst zunächst auch ist, als er Sybilles Abschiedsworte liest, so hat er doch Zweifel an der Wahrheit ihrer Zeilen. Und dann beschleicht ihn ein schrecklicher Verdacht …

Der Wind strich eisig durch die kahlen Bäume der Kastanienallee. Sybille Mertens ging schnell und mit gesenktem Kopf, und dennoch wurde ihr der Schnee in großen weißen Flocken ins Gesicht getrieben.

In der sinkenden Dämmerung sah Schloss Waldstedt düster und unheimlich aus.

Mit leichten Schritten stieg das dunkelhaarige Mädchen die Freitreppe hinauf und läutete am Schlossportal. Es dauerte nicht lange, und die Tür wurde geöffnet. Ein weißhaariger älterer Herr stand im Türrahmen.

Als er Sybille erblickte, hob er die Hand an den Mund, als wollte er einen Schrei unterdrücken. Seine Augen waren weit aufgerissen, und seine Miene drückte so viel Entsetzen aus, dass Sybille unwillkürlich einen Schritt zurücktrat.

„Ich wollte Sie nicht erschrecken“, beteuerte sie. „Entschuldigen Sie die Störung. Ich bin mit meinem Wagen am Tor der Auffahrt stecken geblieben und muss dringend einen Reifen wechseln.“

Noch immer starrte der Butler sie an, als könne er nicht glauben, was er sah.

„Nun habe ich eben festgestellt, dass ich meinen Wagenheber vergessen habe“, fuhr Sybille fort. „Bitte, könnten Sie mir aushelfen? Ich weiß sonst nicht, wie ich von hier fortkommen soll.“

„Kommen Sie herein“, forderte der Butler Leopold und trat beiseite, um Sybille vorbeigehen zu lassen. „Kommen Sie herein und warten Sie einen Augenblick.“

„Ich danke Ihnen“, antwortete Sybille und wagte ein Lächeln.

Sie betrat die große, elegant eingerichtete Schlosshalle, und als sie sich umsah, bekamen ihre dunklen blauen Augen einen sehnsüchtigen Glanz.

Wie schön es hier war! Wie glücklich mussten die Menschen sein, die in einem solchen Schloss wohnten!

Der Butler hatte sich entfernt und kam jetzt zurück. Er schien ein wenig gefasster zu sein, doch warf er Sybille hin und wieder immer noch einen skeptischen Seitenblick zu.

Zu gern hätte das junge Mädchen gewusst, was es war, das den älteren Herrn so erschreckt hatte. An ihrem Aussehen konnte es nicht liegen. Ohne eingebildet zu sein, wusste Sybille doch, dass sie eine gut aussehende junge Dame war, und mancher Männerblick hatte ihr noch viel schmeichelhaftere Dinge gesagt. Was also war es, das den Butler bei ihrem Anblick so in Angst und Schrecken versetzte?

„Gehen wir hinüber zu den Garagen“, sagte Leopold jetzt, „dort wird sich ein Wagenheber finden lassen, und sicherlich ist auch noch einer der jungen Männer da, der Ihnen behilflich sein kann.“

„Das ist wirklich nicht nötig“, erwiderte Sybille freundlich. „Ich möchte Ihnen keine Umstände machen.“

„Das tun Sie nicht. Ich helfe Ihnen gern.“ Wieder fühlte Sybille einen dieser fragenden Blicke.

Sie gingen über die Freitreppe und den Schlosshof auf die beiden lang gestreckten Gebäude zu, die neben dem Eingang zum Schlosspark lagen. Eine der großen Türen war geöffnet, und helles Licht fiel auf den Schnee zu Sybilles Füßen.

Mit großen Augen trat sie näher, und ihr Blick konnte sich gar nicht von den fünf blitzenden Limousinen lösen, die dort in Reih und Glied standen.

„Gehören die alle dem Grafen?“, fragte sie flüsternd.

Der Butler nickte stolz.

„Der Herr Graf hat einen Autotick, wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf.“

„Fantastisch“, sagte Sybille wie zu sich selbst.

Abermals spürte sie, dass der Butler sie scharf beobachtete. Abrupt wandte sie ihm das Gesicht zu.

„Warum sehen Sie mich immer so an?“, fragte sie. „Ist etwas an mir nicht in Ordnung?“

Der Butler lächelte so eigenartig, dass es Sybille kalt den Rücken hinaufkroch.

„Es ist nichts an Ihrem Aussehen auszusetzen“, sagte er dann langsam.

„Was ist es dann?“, fragte Sybille.

Leopold hob die Schultern und ließ sie wieder sinken. Seine stechenden Augen unter den buschigen Brauen flößten Sybille Angst ein. Gleichzeitig aber erwachte ihr Trotz.

„Ich glaube, wir werden noch öfter miteinander zu tun haben, gnädiges Fräulein“, sagte der Butler.

Sybille starrte ihn an, als zweifelte sie an seinem Verstand. Sie wollte etwas erwidern, aber da tauchte plötzlich ein junger Mann in Arbeitskleidung auf.

„Sie können uns helfen, Franz“, rief Leopold. „Diese junge Dame ist in Schwierigkeiten. Bitte, helfen Sie ihr, den Reifen zu wechseln.“

Der mit Franz angeredete Mann sah Sybille an und lächelte breit. Seine Augen schienen sich gar nicht von dem bildschönen Mädchengesicht lösen zu können.

„Okay“, sagte er dann. „Wo ist der Wagen?“

„Direkt neben der Auffahrt“, sagte Sybille, und sie schämte sich angesichts dieser Luxuswagen ihres kleinen Autos, das schon recht klapperig war.

Franz nahm den Wagenheber, und Sybille reichte dem Butler die Hand.

„Ich danke Ihnen für alles“, sagte sie.

„Es ist zu schade, dass der Herr Graf nicht da ist“, murmelte Leopold. „Er hätte Sie sehen müssen …“

„Ja“, sagte Sybille ein wenig ungeduldig, „auch ich hätte den Grafen gern kennengelernt.“

„Kommen Sie von weit her, gnädiges Fräulein?“, hörte sie den Butler rufen, als sie schon auf dem Schlosshof war.

Was sollte diese Neugierde? Langsam ging der seltsame Butler ihr auf die Nerven.

„Ich komme nicht von weit her“, antwortete Sybille aus reinem Übermut. „Um genau zu sein, komme ich gerade von Schloss Benthofen.“

Sofort war Leopold wieder an ihrer Seite.

„Von Schloss Benthofen?“, wiederholte er. „Dann sind Sie wohl dort zu Besuch? Oder hat der Graf endlich die Gesellschaftsdame gefunden, nach der er immer gesucht hat? Aber Sie sind doch viel zu jung, und außerdem …“

Seine Stimme verklang. Sybille unterdrückte ein Lachen. Sie konnte sich nur zu gut vorstellen, wie sehr sie jetzt die Fantasie des Mannes beschäftigen musste.

„Leben Sie wohl“, sagte sie, ohne auf weitere Fragen einzugehen. „Und nochmals vielen Dank.“

Damit folgte sie dem Monteur hinein in die Dunkelheit. Franz sprach nur wenig, während er geschickt den Reifen wechselte. Als er fertig war, drückte ihm Sybille ein Geldstück in die Hand und bedankte sich.

„Für Sie habe ich das gern gemacht“, sagte Franz und tippte an seine Mütze.

♥♥♥

Sybille stieg in ihren Wagen und fuhr davon. Es hatte aufgehört zu schneien, aber sie musste vorsichtig fahren, denn der frisch gefallene Schnee auf der vereisten Straße machte die Fahrbahn zu einem lebensgefährlichen Pflaster.

Sie dachte an den schönen Nachmittag, an dem sie ein wenig über Land gefahren war, und an die beiden Schlösser, die sie gesehen hatte: Benthofen und Waldstedt.

Warum hatte sie dem Butler nur erzählt, dass sie von Benthofen gekommen war? War sie denn von allen guten Geistern verlassen?

Trotzdem musste Sybille leise lachen, als sie an das verblüffte Gesicht des Butlers dachte. Er hatte sie aber auch zu sehr mit seinen Blicken und seinen Andeutungen traktiert. Ob sie jemandem ähnlich sah, den er kannte?

Sybille beschloss, nicht weiter darüber nachzugrübeln. Sie würde ohnehin nicht mehr nach Schloss Waldstedt zurückkehren. Was hätte sie wohl auch dort zu suchen, ein armes junges Ding, das sich als Modistin und Verkäuferin in einem Hutsalon mehr schlecht als recht durchs Leben schlug?

Ein zärtliches Leuchten erschien in Sybilles dunklen Augen, als sie jetzt an die geliebte Großmama dachte, die gewiss schon auf sie warten würde. Seit dem schrecklichen Verkehrsunfall, bei dem ihre Eltern ums Leben gekommen waren, lebte sie mit ihrer Großmutter zusammen, und sie verstanden sich wunderbar.

Sybille versuchte nun doch etwas schneller zu fahren, um die alte Dame nicht zu lange warten zu lassen, aber sie gab es bald wieder auf. Die Straße war glatt wie ein Spiegel, und der kleine Wagen begann sofort zu schlittern.

So kam es, dass es schon nach acht Uhr war, als Sybille endlich die Wohnungstür aufschloss.

Lucie Freitag kam ihrer Enkelin schon auf dem Flur entgegen. Sybille umarmte die weißhaarige Dame herzlich.

„Gott sei Dank, dass du wieder da bist, Kind“, sagte Frau Freitag und strich Sybille über die Wange, „ich habe mir schon Sorgen um dich gemacht.“

Sybille zog ihren gefütterten Trenchcoat aus und hängte ihn auf einen Bügel.

„Du musst dir keine Sorgen um mich machen, Großmama. Ich fahre vorsichtig, das weißt du doch.“

„Bei diesem Wetter …“, entgegnete die Großmutter. „Dein Vater war auch ein guter Fahrer, und dann ist trotzdem das Unglück passiert.“

„Es war ja nicht seine Schuld, Großmama.“ Sybille folgte der alten Dame in den Wohnraum.

Sie wusste, dass ihre Großmutter große Angst hatte, sie ebenfalls auf so tragische Art zu verlieren wie ihre Tochter und ihren Schwiegersohn.

„Du hättest mit mir fahren sollen, Großmama“, sagte Sybille, als sie in einem Sessel Platz genommen und die Großmutter das Abendbrot vor sie hingestellt hatte. „Es war ein so schöner Nachmittag, ehe es zu schneien begann.“

„Nein, nein“, wehrte Sybilles Großmutter energisch ab, „in dieses komische Auto kriegen mich keine zehn Pferde!“

„Ist schon gut, Großmama. Ich kann dich ja verstehen.“

Sybille aß mit Appetit von den liebevoll belegten Broten und trank heißen Tee dazu. Dann lehnte sie sich im Sessel zurück, dass sich die langen dunkelbraunen Haare wie ein Fächer um ihren Kopf legten.

„Ich habe heute Autos gesehen, Großmama … In die würdest du dich auch setzen und brauchtest keine Angst zu haben. Das waren Wagen – unbeschreiblich!“

„Wo hast du sie denn gesehen?“, fragte Lucie Freitag lächelnd.

„Sie standen in einer Schlossgarage. In der Garage von Schloss Waldstedt. Ich hatte eine kleine Panne und wollte mir dort einen Wagenheber leihen. Einer der Monteure des Schlosses hat mir dann geholfen. Dabei habe ich diese herrlichen Wagen gesehen.“

Als der Name des Schlosses fiel, krauste die Großmutter die Stirn und sah ihre Enkelin nachdenklich an.

Und während Sybille ihr ausführlich von der Wagenpanne und dem Besuch auf Schloss Waldstedt erzählte, wanderten Lucie Freitags Gedanken in die Vergangenheit …

Es war ein bitterkalter Wintertag gewesen wie heute, als sie auf einer Kirchenbank das wimmernde kleine Bündel gefunden hatte. Ein Baby, ausgesetzt von einer jungen Mutter, die am Ende ihrer Kraft und vom Tode gezeichnet gewesen war … Das hatte in dem Brief gestanden, der bei dem Baby gelegen hatte.

Lucie Freitag und ihr Mann hatten sich schon immer ein Kind gewünscht, und da sie selbst keine bekommen konnten, hatten sie das fremde hilflose Kind als ein Geschenk Gottes zu sich genommen.

Nach einem halben Jahr waren die Adoptionsformalitäten geregelt gewesen, und die kleine Valerie war bei den Freitags aufgewachsen, als sei das die selbstverständlichste Sache der Welt. Aber manchmal fragte sich Lucie heute, ob sie damals wirklich richtig gehandelt hatte.

In dem Brief der Mutter hatte gestanden, man möge keine Nachforschungen anstellen. Ihr herzloser Vater hätte sie davongejagt, und er würde auch gewiss von ihrem Kind nichts wissen wollen. Der Vater des Kindes sei an einer Blutvergiftung gestorben, und sie würde ihm nun bald folgen. Ihre kleine Tochter sollte bei gütigen Menschen aufwachsen, und wenn sie einmal groß sei, sollte sie den Mann heiraten dürfen, den sie liebte.

So hatte der Brief gelautet, den die unglückliche junge Mutter hinterlassen hatte. Unterzeichnet war das Schreiben mit A. Komtess von W. Und in der Decke des Kindes hatte noch eine Perlenkette von seltener Schönheit gelegen, die sicher sehr kostbar war.

Sybilles Mutter hatte sie ein paarmal getragen, und nun lag sie wieder in der kleinen Schmuckschatulle auf dem Nachttisch im Zimmer Lucies.

Noch immer erzählte Sybille mit strahlenden Augen, und noch immer hörte ihre Großmutter ihr scheinbar zu. Doch ihre Gedanken waren nicht bei der Sache. Sie weilten noch immer in der Vergangenheit.

Lucie und ihr Mann hatten den Wunsch der Sterbenden akzeptiert und keine Nachforschungen angestellt. Das Jugendamt und das Gericht hatten versucht, die Mutter des Kindes ausfindig zu machen, aber es war ihnen nicht gelungen. So hatte man das kleine Mädchen schließlich zur Adoption freigegeben.

Nun aber fragte sich die inzwischen siebzigjährige Lucie Freitag, ob sie damals nicht einen grundlegenden Fehler gemacht hatte.

Vielleicht könnte Sybille heute in einem Schloss leben? Vielleicht wäre sie reich und brauchte ihr Geld nicht mehr selbst zu verdienen?

Lucie seufzte, als sie bei diesem Punkt ihrer Gedanken angekommen war. Es waren ja nur Traumschlösser, die sie baute. Wie sollte man denn wirklich beweisen, dass Sybilles Großmutter eine Komtess gewesen war, wenn man noch nicht einmal ihren Namen kannte?

Sybille hatte den Seufzer der Großmutter gehört und streichelte der alten Dame die Hand.

„Ich langweile dich mit meinem Gerede, nicht wahr, Großmama?“, fragte sie liebevoll.

„Nein, Kind, das ist es nicht. Ich dachte nur gerade an deine richtige Großmutter, die ja auch in einem Schloss aufgewachsen ist.“

„Ach du lieber Gott, daran hast du gedacht!“, entrüstete sich Sybille. „Du weißt doch genau, dass du meine einzige geliebte Großmama bist. Etwas anderes interessiert mich gar nicht. Ich gehöre zu dir und nirgends sonst hin. Und nun wollen wir zu Bett gehen, nicht wahr? Es war ein langer Tag, und ich bin richtig müde.“

„Ihr jungen Leute braucht den Schlaf noch“, bemerkte Sybilles Großmutter. „In unserem Alter ist das nicht mehr so wichtig. Aber geh nur schlafen, Kind. Ich werde mich auch bald hinlegen.“

Sybille stand auf und küsste ihre Großmutter auf die Wange.

„Schlaf recht gut“, sagte sie, „und denke nicht über Dinge nach, die niemand ändern will.“

Sybille lächelte der alten Dame liebevoll zu und schloss leise die Tür hinter sich. Aber als sie im Bett lag, konnte sie doch nicht sofort einschlafen. Sie träumte nicht von den Schlössern, die sie gesehen hatte, und von dem Reichtum, der dazugehörte.

Sie dachte an irgendeinen Unbekannten, der sie liebte und dem sie alles bedeuten konnte. Sie träumte von der Liebe, bis der Schlaf sie übermannte …

♥♥♥

„Herr Graf, warum sind Sie heute nur so spät heimgekommen!“ Ganz aufgeregt trat der Butler seinem Herrn entgegen.

Roland Graf von Waldstedt zog seine Handschuhe aus und warf sie auf einen kleinen, kostbaren Tisch in der Halle. Er lächelte.

„Was habe ich denn so Wichtiges versäumt?“, fragte er und betrachtete sich kurz in einem bodenlangen Spiegel. „Hat man versucht, auf Waldstedt einzubrechen, oder was? Ich habe schon manchmal bemerkt, dass du dir viel zu oft unnötige Sorgen machst, mein lieber Leopold.“

„In diesem Fall wohl nicht, Herr Graf.“

Noch immer lächelte Graf Roland.

„Nun endlich heraus mit der Sprache! Was ist geschehen?“

Der Butler räusperte sich.

„Eine junge Dame ist hier gewesen, die eine Reifenpanne hatte und um einen Wagenheber bat …“

„Dann ist es allerdings schade, dass ich nicht da gewesen bin. War sie hübsch?“, unterbrach der Graf ihn.

„Sehr hübsch, Herr Graf. Sie sah genauso aus wie die dunkelhaarige Dame auf dem Gemälde, das Sie sich schon so oft angesehen haben. Genauso sah das fremde Mädchen aus. Sie hätte für das Bild Modell sitzen können, wenn die Dame auf dem Porträt nicht schon lange tot wäre.“

Graf Roland, der eben im Begriff war, die breite, geschwungene Treppe hinaufzugehen, blieb wie hypnotisiert stehen. Er starrte den Butler an. Das Gesicht unter dem auffallend rotblonden Haar war aschfahl.

„Du irrst dich nicht, Leopold?“, fragte der Graf.

„Ich irre mich nicht, Herr Graf. Ich glaube, die Dame ist aus einem ganz bestimmten Grund hergekommen. Das mit der Panne war nur ein Vorwand.“

Graf Roland bedeutete dem Butler, ihm zu folgen, und ging in die Bibliothek, die zu ebener Erde lag. Kaum hatte der Butler die Tür hinter sich geschlossen, trat der Graf zum Schrank und füllte sich ein großes Glas mit Cognac. Das leerte er in einem Zug.

Das Lächeln war plötzlich von seinem Gesicht verschwunden.

„Was hat das Mädchen gesagt?“, fragte Graf Roland.

„Es hat mich nichts gefragt und mir auch nichts gesagt, was nicht mit ihrer Reifenpanne zu tun gehabt hätte.“

„Aber du glaubst, sie hat etwas anderes im Sinn gehabt, als sie herkam?“ Ein Ausdruck wie Angst war in den braunen Augen des Grafen.

„Gewiss, Herr Graf, das liegt doch auf der Hand, nicht wahr? Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr ich mich erschrocken habe, als ich sie so plötzlich vor mir stehen sah! Zuerst dachte ich an einen Geist. Es wurde schon dunkel, dann dieser Wind und der Schnee. Ich frage mich jetzt noch, ob sie nicht wirklich ein Geist war …“