Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 489 - Helga Winter - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 489 E-Book

Helga Winter

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Beschreibung

Seit fünf Jahren sind Inken Johannsen und Dr. Bernhard Stabanow schon ein Paar. Sobald sie genügend Geld gespart haben, um einen Hausstand zu gründen, wollen sie endlich heiraten. Doch es kommt anders. Eine todkranke Patientin des Arztes verliebt sich unsterblich in Bernhard und wünscht ihn sich zum Mann. Hunderttausend Mark bietet Hilkes Vater Bernhard, wenn er seiner Tochter diesen Wunsch erfüllt.Bernhard ist hin- und hergerissen. Einerseits möchte er Inken gegenüber nicht wortbrüchig werden. Doch er weiß auch, dass ein Nein Hilkes schwache Lebensflamme sogleich zum Erlöschen bringen würde. Nach Ansicht der Ärzte bleiben ihr nur noch wenige Monate. Und so willigt Bernhard schließlich ein, Hilke zu heiraten, auch wenn sein Herz für Inken schlägt ...


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Inhalt

Cover

Impressum

Um versorgt zu sein

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: LightField Studios / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9371-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Um versorgt zu sein

Meisterwerk um eine junge Frau und ihre schwere Entscheidung

Seit fünf Jahren sind Inken Johannsen und Dr. Bernhard Stabanow schon ein Paar. Sobald sie genügend Geld gespart haben, um einen Hausstand zu gründen, wollen sie endlich heiraten. Doch es kommt anders. Eine todkranke Patientin des Arztes verliebt sich unsterblich in Bernhard und wünscht ihn sich zum Mann. Hunderttausend Mark bietet Hilkes Vater Bernhard, wenn er seiner Tochter diesen Wunsch erfüllt.

Bernhard ist hin- und hergerissen. Einerseits möchte er Inken gegenüber nicht wortbrüchig werden. Doch er weiß auch, dass ein Nein Hilkes schwache Lebensflamme sogleich zum Erlöschen bringen würde. Nach Ansicht der Ärzte bleiben ihr nur noch wenige Monate. Und so willigt Bernhard schließlich ein, Hilke zu heiraten, auch wenn sein Herz für Inken schlägt …

„Nun iss schön“, drängte Frau Thekla ihre Tochter Hilke. „Ein Brötchen zum Frühstück, das ist für ein Mädchen wie dich so gut wie nichts.“ Beim Sprechen schnitt Frau Thekla ein zweites Brötchen auf.

Hilke von Jablonski schüttelte mit leichtem Lächeln den Kopf.

„Du weißt doch, dass ich morgens keinen Appetit habe“, sagte sie. „Ich bekomme nicht mehr herunter. Außerdem brauche ich auch nicht mehr zu essen, denn schließlich arbeite ich ja auch nicht mehr.“

„Ich war sowieso von Anfang an dagegen, dass du arbeitest“, ließ sich Frau Thekla ablenken. „Den ganzen Tag im Büro herumsitzen, das ist doch keine Tätigkeit für dich. Aber du siehst jetzt immer so bleich aus. Es wird Zeit, dass die Sonne richtig durchkommt.“

„Der Winter ist immer sehr lang“, stimmte Hilke dem Sinn ihrer Worte zu. Sie hatte die Nacht hindurch sehr gut geschlafen, fühlte sich aber dennoch schon wieder todmüde.

Ihre Gesichtshaut war zart und durchsichtig blass. Unter ihren großen tiefblauen Augen lagen bläuliche Schatten. Dabei war sie alles andere als ein Zierpüppchen und hatte immer gern Sport getrieben.

Aber seit einigen Monaten konnte sie sich zu nichts aufraffen und war meistens schon zufrieden, im Sessel zu sitzen und zu lesen.

„So, das isst du jetzt noch“, befahl Frau Thekla mit schlecht gespielter Strenge. Sie schob die beiden Brötchenhälften, appetitlich mit rohem Schinken belegt, Hilke auf den Teller.

„Es tut mir leid, aber ich kann wirklich nichts mehr essen.“

„Was willst du heute Vormittag anfangen?“, fragte Frau Thekla. Seufzend nahm sie das verschmähte Brötchen und aß es selbst.

Das Mädchen zuckte die Schultern.

„Ich weiß es noch nicht. Erst einmal lege ich mich ein bisschen auf die Veranda und lese.“

Zwei steile Falten bildeten sich auf Frau Theklas Stirn. Noch vor einem halben Jahr wäre es undenkbar gewesen, dass ihre Tochter nach einer langen Nacht Schlaf das Bedürfnis verspürt hätte, wieder zu ruhen.

„Ich glaube, du bist krank.“

„Unsinn. Es wird die Frühjahrsmüdigkeit sein, die mir in den Knochen steckt. Nun fang bitte nicht an, alles zu dramatisieren. Kann ich dir im Haushalt helfen?“

Frau Thekla schüttelte den Kopf. Ob ich doch mal einen Arzt kommen lasse, fragte sie sich, als sie in die Küche hinüberging.

Mittags kam Ulrich von Jablonski aus seinem Büro für eine Stunde nach Hause. Zufrieden betrachtete er die moderne Villa, die er sich vor drei Jahren nach seinen Wünschen hatte bauen lassen. Sie war das äußere Zeichen seines geschäftlichen Erfolges.

Er warf die Tür seines Wagens hinter sich zu und schlenderte über den Kiesweg auf sein Haus zu. Auf der Terrasse lag seine Tochter Hilke in einem Liegestuhl und winkte ihm von dort aus zu.

„Nun, Mädchen, du liegst hier wie eine Schwerkranke“, scherzte der Mann und drückte einen leichten Kuss auf ihre Stirn. „Dass du es aushältst, so herumzuliegen. Für mich wäre das nichts.“

Beim Gedanken daran schüttelte er sich.

„Was gibt es denn Schönes zum Mittagessen?“

„Ich weiß es nicht“, musste Hilke bekennen. „Der Vormittag ist für mich schnell vergangen. Ich muss wohl eingeschlafen sein.“

„Wer schläft, sündigt nicht“, meinte Vater Ulrich schmunzelnd. „Aber nun komm mit hinein, du kennst ja Mutter. Sie kann sehr böse werden, wenn man sie mit ihrem Essen warten lässt. Es duftet nach Rouladen.“

Hilke hängte sich bei ihrem Vater ein. Neben dem breitschultrigen, stämmigen Mann wirkte sie noch zierlicher.

„Wir sind da, Mutter!“, rief er von der Diele ins Haus.

Frau Thekla steckte ihren Kopf durch die halb geöffnete Küchentür und nickte ihm lächelnd zu.

„Pünktlich wie immer. Setzt euch nur, ich kann sofort auftragen. Würdest du mir dabei helfen, Hilke?“

„Es kann einem Mädchen gar nichts schaden, wenn es sich in der Hausarbeit auskennt“, befand der Vater. „Schließlich wirst du ja einmal heiraten.“

Er verschwand im Badezimmer, während Hilke der Mutter in die Küche folgte. Bei dem Gedanken, gleich am Tisch sitzen und essen zu müssen, krampfte sich Hilkes Magen zusammen.

„Nimm diese Schüssel, aber sei vorsichtig und lass sie nicht fallen.“

Sie machte ihrer Tochter die Tür auf. Wie dünn ist sie, schoss es ihr durch den Kopf. Sie folgte ihr mit den Blicken, als das Mädchen die Türklinke mit dem Ellenbogen niederdrückte.

Dann wandte die Mutter sich den anderen Schüsseln zu.

Sie hob den Kopf. Was war das gewesen? Sie stellte die Schüssel, die sie schon hochgenommen hatte, auf den Tisch zurück und ging ohne Hast ins Esszimmer hinüber.

Auf der Schwelle des Raumes blieb sie erstarrt stehen. Hilke lag auf dem Teppich, die Gestalt seltsam verkrampft. Die Kartoffelschüssel war beim Hinfallen kaputtgegangen und hatte ihren Inhalt über den Teppich verstreut.

Es war Frau Thekla, als griffe eine eisige Hand nach ihrer Kehle.

„Ulrich!“, schrie sie erstickt, lief auf ihre Tochter zu und kniete neben ihr nieder.

Ihr Mann eilte sofort herbei.

„Sie muss gestürzt sein. Vielleicht gestolpert …“

Der Mann hob seine Tochter hoch, trug sie ins Wohnzimmer und legte sie auf den Diwan. Wie leicht sie ist, schoss es ihm dabei durch den Kopf.

„Was müssen wir tun?“, fragte Frau Thekla ängstlich. „Das hat doch etwas zu bedeuten, Ulrich. Man fällt doch nicht einfach so um.“

„Wir werden einen Arzt kommen lassen“, bestimmte Ulrich von Jablonski. „Kennst du jemanden, zu dem man Vertrauen haben kann?“

Seine Frau schüttelte den Kopf.

„Keinen. Wir müssen im Telefonbuch nachsehen … Etwas weiter unten in der Straße wohnt einer, glaube ich. Ob es etwas Schlimmes ist, Ulrich, was meinst du?“

„Wir werden es sehen.“ Der Mann wischte sich mit dem Handrücken die Schweißtropfen von der Stirn. Sein Blick brannte auf dem weißen Gesicht seines einzigen Kindes.

Noch vor einem Jahr war sie ein richtiges Sportmädel gewesen, braun gebrannt, temperamentvoll und immer vergnügt. Und jetzt?

♥♥♥

In Hilkes Blick spiegelte sich Verständnislosigkeit, als sie geraume Zeit später die Augen aufschlug. Ihre Mutter hatte sich über sie gebeugt und schaute sie ängstlich an.

„Wie komme ich hierher?“, fragte Hilke leise.

„Du bist umgefallen. Hast du Schmerzen?“ Frau Thekla streichelte den Arm der Tochter. „Was fehlt dir?“

„Mir fehlt nichts“, brachte Hilke tonlos hervor. „Ich bin wohl gestolpert.“

Ihre Mutter glaubte nicht an Hilkes Geschichte. Wenn doch nur erst der Arzt da wäre, vielleicht konnte der sie beruhigen.

„Doktor Rogge kommt sofort“, äußerte Ulrich von Jablonski knapp, als er ins Wohnzimmer zurückkehrte. Er baute sich neben Hilke auf und schaute sie forschend an. „Sachen machst du, Kind …“

„Ich weiß auch nicht, wie es geschehen konnte“, stieß Hilke hervor. Ganz plötzlich war der Fußboden auf sie zugekommen. Hilke erinnerte sich noch genau, wie sie die Hände abwehrend vorgestreckt hatte. Danach wusste sie nichts mehr.

„Das muss er sein.“ Ulrich von Jablonski bedeutete seiner Frau mit einer Handbewegung, bei Hilke zu bleiben, als er zur Tür ging. Die Klingel hatte angeschlagen.

Ein Mann in mittleren Jahren, eine schwarze Tasche in der Hand, stand draußen und nannte seinen Namen.

„Kommen Sie, Doktor.“ Der Hausherr führte den Arzt ins Wohnzimmer.

Er stellte ihm seine Frau vor, und als der Arzt sich über Hilke beugte, zog Frau Thekla ihren Mann am Ärmel. Mit einer Kopfbewegung wies sie auf die Tür.

Der Mann nickte. Es war wohl richtiger, wenn sie das Ergebnis der Untersuchung draußen abwarteten.

„Wie lange der Mann nur für die Untersuchung braucht“, knirschte er nach einer Weile. Immer wieder schaute er auf die Uhr und schüttelte den Kopf.

„Was fehlt ihr?“, fragte der Vater aufgeregt, als Dr. Rogge zu ihnen kam. „Es ist doch nichts Ernstliches?“

Der Arzt zuckte die Achseln.

„Ich weiß es noch nicht. Ich habe Ihnen ein Rezept aufgeschrieben. Besorgen Sie die Sachen. In drei oder vier Tagen schaue ich noch einmal vorbei.“

War das alles, was er nach dieser langen Untersuchung zu sagen wusste? Ulrich von Jablonski schaute auf das Rezept, und er fragte sich, ob Dr. Rogge wirklich der geeignete Arzt für seine Tochter war.

Auf Zehenspitzen ging er ins Wohnzimmer, gefolgt von seiner Frau. Bei ihrem Eintritt setzte sich Hilke hoch und lächelte ihnen zu.

„Mit mir ist alles in Ordnung, nicht wahr?“, fragte sie.

„Ich glaube schon. Doktor Rogge weiß auch nichts. Ich werde einen Spezialisten kommen lassen.“

„Um Himmels willen, nur weil ich einmal umgefallen bin, willst du gleich einen teuren Arzt kommen lassen?“

„Ich will Gewissheit haben“, erklärte der Vater. „Ich werde Professor Hecker bitten, dich zu untersuchen. Irgendetwas steckt dir in den Knochen.“

„Die Frühjahrsmüdigkeit.“ Hilke war nicht bereit, diese kleine Ohnmacht ernst zu nehmen. „Jetzt müsst ihr das Gemüse ohne Kartoffeln essen“, sagte sie.

„Mir ist der Appetit sowieso vergangen“, bekannte Frau Thekla. „Wenn du nun wirklich krank bist …“

„Unsinn. Ich bin kerngesund. Seit wann bist du so pessimistisch, Muttchen? Aber seid mir nicht böse, wenn ich heute nicht mitesse. Ich habe einfach keinen Appetit.“

Am Spätnachmittag fuhr Ulrich von Jablonski seine Tochter in die Klinik. Professor Hecker war bereit, Hilke zu untersuchen.

Der Name Jablonski galt etwas in der Stadt, und zum ersten Mal hatte der Mann sich nicht gescheut, ihn in die Waagschale zu werfen, um ein Ziel zu erreichen. Die Schwester in der Anmeldung wusste schon Bescheid und lächelte den beiden freundlich zu.

„Der Herr Professor erwartet Sie“, teilte sie dem vornehmen Mann mit.

Professor Hecker, ein weißhaariger Herr von etwa sechzig Jahren, begrüßte sie mit festem Handschlag und bat sie dann, vor seinem Schreibtisch Platz zu nehmen.

Eine ganze Weile plauderte er über Alltäglichkeiten, und Jablonski und seine Tochter merkten nicht, dass er sie dabei genau beobachtete. Professor Hecker hatte eine besondere Methode der Diagnostik.

„Und nun wollen wir uns einmal unserer Patientin zuwenden“, sagte er schließlich lächelnd. Der Mann strahlte Vertrauen aus. „Was für Beschwerden haben Sie?“

„Gar keine“, erwiderte Hilke prompt. „Mir geht es gut. Ich bin heute Nachmittag ohnmächtig geworden, ich weiß selbst nicht, warum, das ist eigentlich alles.“

„Und deine ständige Müdigkeit“, grollte der Vater dazwischen. „Am liebsten liegst du den ganzen Tag im Liegestuhl und rührst dich nicht, und nachts schläfst du, als hättest du ein Fuder Holz gehackt. Irgendetwas stimmt da doch nicht.“

„Das hat bestimmt nicht viel zu sagen. Ich fühle mich körperlich vollkommen wohl, Herr Professor“, versicherte Hilke tapfer.

„Ich werde Sie jetzt einmal untersuchen, gnädiges Fräulein“, erklärte der Professor. „Sie, Herr von Jablonski, sind wohl so gut und warten draußen. Ich hoffe, dass die Untersuchung nicht allzu lange dauern wird. Allerdings muss ich Sie ein bisschen pieksen, um Ihnen etwas von Ihrem kostbaren Blut abzuzapfen.“

Sehr ungern stellte sich Ulrich von Jablonski im Warteraum ans Fenster. Ihm fehlte die Ruhe, sich in einen der bequemen Sessel zu setzen und in einer Illustrierten zu blättern.

Eine Stunde später erst ließ Professor Hecker ihn rufen. Vater Ulrichs erster Blick galt Hilke, die blass wie immer auf dem Diwan saß und ihm aus großen erschreckten Augen entgegenschaute.

Professor Hecker lächelte, aber der Vater bemerkte, dass dieses Lächeln gezwungen wirkte. Er hat etwas festgestellt, schoss es ihm durch den Kopf.

„Nun?“, bat er den Professor zu reden, als der keine Anstalten machte, den Mund aufzutun.

Hecker presste die Fingerspitzen gegeneinander und heftete seinen Blick auf die schön gemaserte Schreibtischplatte.

„Ich möchte vorschlagen, dass Sie Ihr Fräulein Tochter ein paar Tage für eine gründliche Untersuchung bei uns lassen. Es gibt heutzutage ungeheuer viele Möglichkeiten, eine Diagnose zu sichern, und ich möchte nicht versäumen, sie auszunutzen. Das geht allerdings nur hier in meiner Klinik.“

„Was für eine Diagnose wollen Sie erhärten?“, fragte Ulrich von Jablonski mit belegter Stimme.

„Noch kann ich Ihnen nichts Bestimmtes sagen. Ich habe einen gewissen Verdacht, aber Sie glauben gar nicht, wie oft wir Ärzte uns dabei irren. Wahrscheinlich wird es genügen, Ihrem Fräulein Tochter ein paar Eisenpräparate zu verschreiben.“

„Das hat Doktor Rogge auch getan“, sagte Jablonski und atmete unwillkürlich auf.

„Lassen Sie Ihr Fräulein Tochter also am besten gleich bei uns. Ich habe gerade ein Bett auf meiner Privatstation frei. Doktor Stabanow wird sich ganz besonders Ihres Fräulein Tochter annehmen. Ein ungemein begabter junger Arzt. Sind Sie einverstanden, Herr von Jablonski?“

Ulrich von Jablonski lächelte verzerrt und erhob sich.

„Ich beuge mich Ihrer ärztlichen Einsicht, Herr Professor, und danke Ihnen sehr für Ihre Mühe. Wir besuchen dich noch heute Abend, Kind, und Mutter bringt dir mit, was du brauchst. Werde bald wieder gesund.“

Er umschloss Hilkes Rechte mit beiden Händen.

„Ich will mich bemühen, Vater.“

Auch Hilke lächelte tapfer, aber man sah ihr dennoch an, wie schwer ihr ums Herz war. Sie blieb in der Klinik zurück, die sie nur für eine kleine Untersuchung betreten hatte.

„Ich bringe Sie gleich in Ihr Zimmer.“ Hecker legte ihr väterlich die Hand auf die Schultern. „Es wird nur ein paar Tage dauern, gnädiges Fräulein, dann wissen wir Bescheid, und Sie können wieder nach Hause fahren.“

„Was vermuten Sie denn bei mir?“ Hilke schaute den Professor bei ihrer Frage forschend an.

„Die Zusammensetzung Ihres Blutes gefällt mir nicht besonders gut. Ich möchte ganz gern wissen, wie sie zustande kommt. Sie könnten ein paar rote Blutkörperchen mehr gebrauchen.“

„Ich war nie blutarm“, sagte Hilke schwer.

Professor Hecker öffnete ihr die Tür auf den Gang. Hoffentlich irre ich mich, dachte er. Sie ist so jung, so liebenswert, man muss sie einfach gernhaben. In den nächsten Tagen würde die Entscheidung fallen.

♥♥♥

„Wie geht es Ihnen?“, fragte Dr. Stabanow Hilke am nächsten Morgen freundlich. Er drückte ihre Hand und schaute sie dabei lächelnd an.

Unter seinem Blick wurde die junge Dame rot.

„Sie sehen gut aus“, versicherte Bernhard Stabanow. Sein Blick suchte automatisch die Fiebertabelle, die die Schwester ihm hinhielt. Er nickte leicht. Keine Temperatur, ein gutes Zeichen.

„Muss ich noch lange hierbleiben?“, fragte Hilke.

„Wahrscheinlich nicht. Es wird von den Untersuchungen der nächsten Tage abhängen, gnädiges Fräulein.“

Der Arzt nahm ihr Blut ab, und Hilke verzog nicht einmal das Gesicht, als er die Nadel in ihren Arm stach.

„Ich weiß gar nicht, was ich hier soll, mir fehlt doch nichts.“

„Das wollen wir ja gerade feststellen“, äußerte Bernhard Stabanow freundlich. „Haben Sie noch irgendwelche Wünsche?“

Hilke schüttelte den Kopf.

„Danke, nein, meine Eltern haben mir alles gebracht, was ich benötige. Sagen Sie mir die Wahrheit, Herr Doktor, was fehlt mir?“

„Wir wissen es noch nicht genau. Entschuldigen Sie mich jetzt, ich werde mir Ihr Blut einmal unter dem Mikroskop anschauen. Kurz vor dem Mittagessen komme ich dann noch einmal wieder und verrate Ihnen, was ich gesehen habe.“

Als er gegangen war, hatte Hilke den Eindruck, das Krankenzimmer sei plötzlich noch kahler als vorher. Dr. Stabanow war noch verhältnismäßig jung, und dennoch machte er einen sehr tüchtigen Eindruck.

Sie hätte sein Gesicht Zug um Zug zeichnen können, so hatte es sich bei seiner zweiten Visite eingeprägt. Ob er eine Freundin hatte?, dachte sie. Einen Ring trug er nicht, aber das brauchte bei Ärzten ja nicht viel zu bedeuten.

Hilke freute sich auf seinen nächsten Besuch, und ehe sie es sich versah, war sie darüber eingeschlafen.

Bernhard Stabanow betrachtete ihr schmales Gesicht voll medizinischen Interesses, als er Stunden später wieder an ihrem Bett stand. Sie schlief tief und fest, ihr Atem ging gleichmäßig und flach.

Er nahm noch einmal die Krankenpapiere zur Hand und überflog ihre Personalien. Bei ihrem Geburtsdatum stutzte er.

Zweiundzwanzig war sie erst, Tochter eines reichen Mannes, selbst auch tüchtig, sie hatte das Abitur bestanden und ein paar Jahre im väterlichen Betrieb gearbeitet.

Und dann war diese unerklärliche Müdigkeit gekommen … Armes Kind, dachte Dr. Stabanow. Aber vielleicht gab es noch eine Chance für sie, die Diagnose war noch nicht gesichert.

Ebenso schnell, wie sie eingeschlafen war, wachte Hilke von Jablonski auch wieder auf. Sie öffnete die Augen, und es war ihr, als sei dieses Erwachen nichts weiter als eine Fortsetzung ihres Traumes. Sie hatte gerade eben von Dr. Stabanow geträumt.

„Ich habe schon wieder geschlafen“, sagte sie und lächelte ihm scheu zu. „Wollen Sie etwas von mir, Herr Doktor? Wieder etwas von meinem kostbaren Blut?“

„Ja, und diesmal noch etwas mehr. Wir sind uns immer noch nicht ganz einig. Sie wissen ja, wie das bei Ärzten so ist. Jeder hat seine eigene Meinung.“