Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 500 - Helga Winter - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 500 E-Book

Helga Winter

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Beschreibung

Was wärest du ohne mich? Beinahe täglich hört Norbert Witten diesen Satz. Enid, seine Frau spricht ihn aus, um ihn zu demütigen. Längst bereut er, die Tochter des reichen Professors Scheffler geheiratet zu haben. Damals hat er geglaubt, an ihrer Seite glücklich werden zu können. Heute weiß er es besser.

Was wärest du ohne mich?
Frei wäre ich, denkt der Mann, als er an der Garderobe nach seinem Mantel greift, um in der eleganten Privatklinik seines Schwiegervaters pünktlich seinen Dienst anzutreten. Ich wäre arm, aber frei ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Das Gnadenbrot

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: domi79 / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9784-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Das Gnadenbrot

Einer der ergreifendsten Romane der Vergangenheit

Was wärest du ohne mich? Beinahe täglich hört Norbert Witten diesen Satz. Enid, seine Frau spricht ihn aus, um ihn zu demütigen. Längst bereut er, die Tochter des reichen Professors Scheffler geheiratet zu haben. Damals hat er geglaubt, an ihrer Seite glücklich werden zu können. Heute weiß er es besser.

Was wärest du ohne mich?

Frei wäre ich, denkt der Mann, als er an der Garderobe nach seinem Mantel greift, um in der eleganten Privatklinik seines Schwiegervaters pünktlich seinen Dienst anzutreten. Ich wäre arm, aber frei …

Enid trommelte nervös mit ihren schlanken, überaus gepflegten Fingern auf den Frühstückstisch.

„Es ist schon zwei Minuten nach acht“, stellte sie gereizt fest.

Norbert Witten hob ruckartig den Kopf von der Zeitung. Sein durchgeistigtes Gesicht wirkte müde und abgespannt.

„Was sagtest du?“, fragte er.

„Ich sagte, dass es schon zwei Minuten nach acht ist. Der Chef sollte seinen Leuten ein Beispiel an Pünktlichkeit geben. Es gefällt mir nicht, dass du dich in letzter Zeit so gehen lässt. Ich wünsche, dass du morgens und überhaupt immer pünktlich bist.“

„Ja, ich habe verstanden.“

„Dann richte dich gefälligst danach. Vater ließ gestern ein paar Bemerkungen fallen, die mir sehr zu denken gegeben haben.“

„Tatsächlich?“, äußerte Norbert bitter.

„Tatsächlich“, äffte seine Frau ihn nach. „Du musst schließlich froh sein, dass ich dich geheiratet habe. Ohne mich wärest du genau solch ein unbedeutender Assistenzarzt wie dein Bruder.“

Norbert Witten hatte sich erhoben und stand hinter seinem Stuhl.

„Hast du mir sonst noch etwas zu sagen?“, fragte er eisig.

„Allerdings noch recht viel. Ich spare es mir für später auf. Es ist inzwischen fünf Minuten nach acht geworden. Mein Vater ist niemals unpünktlich in die Klinik gekommen.“

„Was für ein tüchtiger Mann“, spottete der junge Arzt. Professor Scheffler war zwar ein tüchtiger Geschäftsmann, der mit seiner Klinik viel Geld verdiente, aber keineswegs ein hervorragender Arzt.

„Nun geh schon endlich und starr mich nicht so an! Ich weiß ja, dass du mich nicht aus Liebe geheiratet hast. Gut, ich will mich damit abfinden, aber deshalb verlange ich von dir dennoch Pflichterfüllung.“

Der Mann drehte sich um. Solche Auseinandersetzungen kannte er zur Genüge, und aus Erfahrung wusste er, dass es gar keinen Zweck hatte, sich mit Enid zu streiten.

Was wärest du ohne mich? Dieser Satz kam in jedem Gespräch vor. Frei wäre ich, dachte der Mann, als er in der Garderobe nach seinem Hut griff.

Er verließ die Villa und betrat den riesigen Park, in dem die große moderne Klinik lag, die Professor Scheffler vor einigen Jahren gebaut hatte.

Sein Schwiegervater würde erst später kommen und dann die Rechnungen überprüfen. Die ärztliche Betreuung überließ er dem jungen Arzt, dessen überragende Tüchtigkeit er wohl zu schätzen wusste, wenn er sich auch niemals ein anerkennendes Wort abrang.

„Guten Morgen, Herr Doktor“, wünschte die Schwester in der Empfangshalle.

Seine Sekretärin hielt schon den weißen Arztkittel für ihn bereit.

„Was gibt es Neues?“, fragte Norbert Witten gewohnheitsmäßig.

„Nummer zweiundsechzig möchte Sie sprechen.“

Norbert runzelte die Stirn.

„Wie oft soll ich Ihnen noch sagen, dass wir hier nicht im Zuchthaus sind. Nennen Sie die Patienten gefälligst mit Namen.“

Der Kopf des jungen Mädchens ruckte empört in den Nacken.

„Der Herr Professor wünscht aber …“

„Das ist mir egal!“, schrie Norbert sie an. „Ich jedenfalls verlange, dass ich Namen zu hören bekomme. Wer liegt im Zimmer zweiundsechzig?“

„Herr Simon. Das nervöse Magenleiden.“

„Gut. Sonst noch etwas?“

„Nein“, gab das junge Ding schnippisch zurück.

In sehr schlechter Stimmung begann Dr. Norbert Witten die morgendliche Visite. Die Patienten merkten nichts von seiner Verstimmung, denn er konnte sich gut zusammennehmen.

„Sie wollten mich sprechen?“, fragte er Herrn Simon im Zimmer zweiundsechzig. „Was gibt es denn?“

Der Mann, fast zum Skelett abgemagert, schaute geradezu flehend zu ihm hoch.

„Herr Doktor, ich möchte hier raus.“

„Sie wollen entlassen werden?“ Norbert Witten schüttelte ungläubig den Kopf. „Ausgeschlossen, lieber Herr Simon. Richten Sie sich auf zwei oder drei Monate Krankenhausaufenthalt ein. Wir probieren eine neue Diät aus und müssen abwarten, wie sie bei Ihnen anschlägt.“

„Ich möchte hier raus“, wiederholte der magere Mann leise.

„Das kann ich nicht verantworten.“ Norbert hatte Mühe, seine Stimme zu beherrschen. Er durfte dem Patienten ja nicht sagen, wie ernst es um ihn stand.

„Es steht ernst um mich“, sagte da Simon in seine Gedanken hinein. „Das weiß ich wohl, Herr Doktor. Aber jetzt bin ich schon neun Wochen hier, und besser geworden ist mein Magen noch nicht. Ich möchte entlassen werden.“

„Und was haben Sie dann vor?“, erkundigte sich der Arzt gereizt. „Arbeiten können Sie doch nicht, das wissen Sie. Wollen Sie einen Kollegen von mir konsultieren?“

„Herr Doktor … ich sollte es Ihnen vielleicht gar nicht sagen, aber gestern war meine Frau hier. Sie besucht mich jeden Tag, müssen Sie wissen, und … und sie hat mir den Rat gegeben.“

„Ah, Ihre verehrte Gattin hat wohl Medizin studiert?“

Simon kroch förmlich in sich zusammen.

„Das nicht, Herr Doktor. Es ist nur so … wir haben einen Nachbarn, und der hat es auch am Magen gehabt, noch schlimmer als ich.“

„Und?“ Das klang scharf wie ein Peitschenhieb.

„Und an dem haben sie auch erst herumgedoktert. Da ist er zum Wunder-Witten gegangen. Das ist kein Arzt, aber er macht die Leute wieder gesund.“

„Ich weiß. Fünf Mark jede Behandlung. Und wer arm ist, der braucht gar nichts zu zahlen. Menschenskind, Simon, machen Sie keine Dummheiten! Bleiben Sie hier. Ich kann die Verantwortung für Ihre Entlassung nicht übernehmen.“

„Das ist nicht nötig. Das tue ich schon selbst. Wenn Sie so gut wären und meine Papiere fertig machen würden.“

„Gut. Wie Sie wollen. Dass man doch immer noch an Wunder glaubt! Ich habe sechs Jahre lang studiert, aber mir traut man nichts zu. Solch ein Mann, wie mein … wie dieser Witten, der nicht studiert hat, soll viel besser sein! Was für eine Welt ist das nur.“

„Er hat schon vielen geholfen“, erinnerte Simon ihn leise. „Und wenn man krank ist, so richtig krank, Herr Doktor, und wenn man merkt, dass die Ärzte immerzu nur an einem rumprobieren …“

„Ist gut. Ich schicke Ihnen die Papiere nachher herunter.“ Grußlos verließ Norbert Witten das Krankenzimmer.

Sie glauben also immer noch an ihn, dachte er. Wie ist es nur möglich, dass er solche Erfolge hat? Glaube versetzt Berge, heißt es. Als Kind glaubte ich ja auch an seine übernatürlichen Kräfte. Es wirkte manchmal wie ein Wunder, was er vollbrachte. Aber es gibt keine Wunder. Es gibt nur ärztliche Kunst.

Norbert Witten stellte sich am Ende des Ganges vor das Fenster. Wie es ihm wohl gehen mag?, dachte er. Ich habe ihn lange nicht mehr gesehen. Er hat seine Praxis also immer noch. Johannes Witten – ein Mann mit einem fast legendären Ruf.

Und sein Vater.

♥♥♥

Zur gleichen Zeit wie Norbert Witten aß man auch im Hause des Heilpraktikers Johannes Witten das Frühstück. Frau Ina schaute voll banger Sorge in das asketisch schmale Gesicht des geliebten Mannes.

„Iss doch noch ein Brötchen“, drängte sie sanft.

Johannes Witten schreckte hoch. Dann lehnte er ihren Vorschlag mit mildem Lächeln ab.

„Ich brauche nicht mehr so viel. Aber du, Sabine, solltest mehr essen“, wandte er sich an seine Tochter.

„Ich habe schon mein drittes Brötchen beim Wickel“, erklärte das Mädchen lachend. „Aber Mutter hat recht, du siehst sehr schmal aus. Ich fürchte, du arbeitest einfach zu viel. Wann willst du dich denn endlich einmal zur Ruhe setzen?“

„Das hat noch Zeit“, wehrte der magere Mann ihre Worte ab. „Später einmal.“

„Das sagst du nun schon seit langen Jahren“, schalt Frau Ina liebevoll. „Unsere Kinder sind jetzt groß, und was wir brauchen, das haben wir. Sabine hat recht, schließ deine Praxis.“

Der Mann senkte die Lider über seine leuchtend blauen, zwingenden Augen.

„Später“, sagte er noch einmal.

„Wenn du im Grab liegst, dann erst hast du Ruhe. Johannes, wir meinen es doch nur gut mit dir. Wir haben Angst um dich. Du opferst dich auf, und niemand dankt es dir. Gönn dir einen schönen Lebensabend. Niemand hat ihn mehr verdient als du.“

Sabine nickte eifrig. Sie war ganz der Meinung ihrer Mutter. Mit geradezu schwärmerischer Liebe und Verehrung hing sie an ihrem Vater.

Es kam ihr manchmal vor, als sei er nicht von dieser Welt, solch eine abgeklärte Geistigkeit lag über ihm. Sabine fand es nur zu verständlich, dass die Kranken ihm schrankenlos vertrauten.

Johannes Witten besaß eine Gabe, die er selbst nicht erklären konnte. Und weil er sich der Verantwortung für diese Gabe bewusst war, deshalb konnte er sich auch nicht zur Ruhe setzen.

„Ich muss fort. Drückt mir den Daumen. Ich habe ja solche Angst.“ Sabine warf den Kopf mit dem leuchtend blonden Haar zurück. „Mein erster Tag im Beruf. Hoffentlich werde ich mit der Arbeit fertig.“

„Bestimmt. Mach dir keine Sorgen. In der Handelsschule warst du die Beste deiner Klasse.“

Mutter Ina klopfte ihrer Tochter, die fast einen halben Kopf größer war als sie, tröstend auf die Schulter.

„Gott wird dich schützen“, sagte Johannes Witten, als er Sabines Rechte drückte.

Frau Ina seufzte, als sich die Tür hinter ihrer Jüngsten geschlossen hatte.

„Jetzt sind alle unsere Kinder ausgeflogen, Johannes. Erst Norbert, dann Jens-Uwe und nun auch unser Nesthäkchen Sabine. Wie lange dauert es, und sie wird heiraten und … und uns vergessen.“

Der Mann schaute auf ihren gesenkten Kopf.

„Sie haben uns nicht vergessen, unsere Kinder“, sagte er mit seiner sanften Stimme. „Sie werden wiederkommen.“

Frau Ina schmiegte sich an ihn.

„Es ist nicht leicht für mich, die Kinder fortzugeben. Wie mag es Norbert wohl gehen?“

„Er wird den rechten Weg noch finden müssen“, sagte Johannes Witten still. „Er ist jung, Mutter. Er glaubt, nur das sei richtig, was er mit dem Verstand begreifen kann. Er wird lernen, dass es Dinge gibt, die man nicht verstehen kann.“

„Ich habe Angst um ihn. Er hat keine gute Frau. Enid hat kein Herz. Manchmal bin ich Norbert böse. Er ist nun Arzt, aber das gibt ihm doch kein Recht, auf dich herabzuschauen. Du bist mehr als er.“

„Norbert hat studiert. Er glaubt, alles über den Menschen zu wissen. Mutter, er ist jung, lass ihm Zeit.“

„Manchmal möchte ich zu ihm hingehen und ihm den Kopf zurechtsetzen. Er ist jetzt vier Jahre verheiratet. Und vier Jahre lang hat er nicht den Weg zu uns gefunden. Norbert meint, dich verachten zu dürfen.“

„Ärzte schauen immer verächtlich auf Heilpraktiker herab. Er ist halt keine Ausnahme. Ich muss jetzt ins Behandlungszimmer.“

Johannes Witten zog die Tür des Behandlungszimmers hinter sich zu. Menschen warteten auf ihn, die seine Hilfe brauchten. Und wenn er auch müde war, unendlich müde, so wollte er sich doch nicht seiner Pflicht entziehen.

Frau Ina räumte unterdessen den Tisch ab und bereitete das Mittagessen vor. Sie fragte sich, wie es Sabine wohl gehen mochte. Ihr erster Tag im Büro. Ob sie sich jetzt schon an die neue Umgebung gewöhnt hatte? Hoffentlich fand sie nette Kollegen.

Jemand klopfte an die Küchentür. Frau Ina schreckte zusammen.

„Herein!“

Ein Mann schob sich herein, schlicht gekleidet, ein verlegenes Lächeln im Gesicht.

„Entschuldigen Sie bitte die Störung“, murmelte er. „Ich wollte Herrn Witten nicht belästigen.“

„Was haben Sie denn auf dem Herzen?“, fragte Frau Ina mit der ihr angeborenen Freundlichkeit.

Der Mann knetete verlegen seine Hände.

„Herr Witten hat unseren Jungen wieder gesund gemacht. Er war drei Jahre krank, und kein Arzt wusste genau, was ihm fehlte. Sie haben alles Mögliche bei ihm versucht, aber geholfen hat es nicht.“

„Aber mein Mann …“, forderte Frau Ina ihn zum Weitersprechen auf.

Der Fremde nickte ernsthaft.

„Aber Ihr Mann hat ihm geholfen. Ich wollte erst gar nicht kommen, denn ich glaube eigentlich nicht an so etwas. Aber dann habe ich mir gesagt, versuchen kann man es ja mal. Und jetzt ist unser Günther wieder gesund. Er geht sogar in die Schule. Und … sehen Sie, ich weiß nicht, wie ich Herrn Witten das danken soll.“

„Sie brauchen meinem Mann nicht zu danken“, sagte Frau Ina.

„Ich möchte Herrn Witten irgendwie helfen. Sie müssten unseren Günther einmal sehen, wie er jetzt aussieht. Bei dem kann man nichts machen, hat mir ein Arzt gesagt. Wir müssten Geduld haben. Vielleicht später einmal. Und das war ein kluger Arzt, er hieß genauso wie Ihr Mann, auch Witten.“

„Norbert?“, fragte Frau Ina gepresst.

„Ja. Doktor Norbert Witten. Er war wirklich nett zu uns. Aber dann die Rechnung … Drei Wochen hatten wir den Günther in der Klinik, und das hat über tausend Mark gekostet. Natürlich muss man Ärzte bezahlen, sie haben ja lange studiert. Aber woher sollte ich das Geld nehmen? Die Kasse wollte nicht mehr bezahlen.“

Frau Ina nickte vor sich hin. Norbert verschickte hohe Rechnungen, und Johannes half häufig für einen Gotteslohn. Ein Dankeschön genügte ihm.

Und Norbert glaubt, auf seinen Vater herabschauen zu können, nur weil er studiert hat, dachte Frau Ina. Dabei müsste er stolz auf ihn sein. Es war doch nicht leicht, ihn studieren zu lassen. Aber das galt jetzt nichts mehr. Jetzt war er ein feiner Mann geworden und schämte sich, dass sein Vater nur Heilpraktiker war.

Als Kind hatte er seinen Vater vergöttert. Das Studium musste ihn verändert haben, diese gelehrten Professoren. Mochten die Ärzte und Professoren ruhig die Achseln über ihren Johannes zucken, andere liebten und verehrten ihn.

Aber in einem Winkel ihres Herzens wünschte sich Frau Ina, dass ihr Mann auch vor der Welt die Anerkennung fände, die ihm ihrer Meinung nach gebührte.

♥♥♥

„Das Essen ist fertig“, empfing Frau Ina ihren Mann, als er völlig ausgepumpt ins Wohnzimmer trat. Sanft drückte sie ihn in den Sessel.

„Lass das doch“, wehrte der Mann ab. „Das kann ich gut allein, du darfst mich nicht so verwöhnen, Inchen.“

„Ich tu es gern.“ Die Frau warf ihm einen liebevollen Blick zu. „Du bist ja der Einzige, der mir zum Verwöhnen übrig geblieben ist. Unsere Kinder sind selbstständig, sie brauchen keine Mutter mehr.“

„Solange du lebst, werden unsere Kinder dich brauchen“, fiel Johannes Witten ihr ins Wort. „Was gibt es denn heute Schönes zu essen?“

„Ich habe für dich ein Kotelett gebraten. Binchen und ich, wir essen Bratkartoffeln.“

„Hat dein Haushaltsgeld nicht für drei Koteletts gereicht?“, fragte der Mann. Seufzend fuhr er sich über die Stirn. „Ich sorge nicht gut für euch.“

„Aber Vater, wie kannst du nur so etwas sagen“, fuhr Frau Ina empört hoch. „Du bist doch der beste Ehemann der Welt.“

Johannes Witten schüttelte den Kopf.

„Nein“, sagte er gepresst. „Ich bin kein guter Ehemann. Ich denke viel zu wenig ans Geld. Wenn mir einmal etwas zustößt …“