Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 531 - Katja von Seeberg - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 531 E-Book

Katja von Seeberg

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Beschreibung

Anne Leonhard ist ein temperamentvolles, liebreizendes Mädchen, das trotz seiner Jugend schon feste Vorstellungen vom Leben. Anne ist fleißig und ehrgeizig, Nichtstuer sind ihr ein Gräuel.
So kommt es, dass sie den attraktiven Werner Franken, der sich sehr um sie bemüht, von Vornherein ablehnt. Werner ist zwar ein charmanter Gesellschafter, aber leider auch ein arbeitsscheuer Müßiggänger, der nichts anderes im Sinn, als sich auf Kosten seines reichen Vaters ein angenehmes Leben zu machen und durch die Welt zu gondeln.
Doch Annes Haltung beeindruckt ihn, und er tut alles, um sie für sich zu gewinnen. Ob die Liebe es jedoch vermag, aus einem reichen Nichtsnutz einen ernsthaften, arbeitswilligen Mann zu machen, muss sich erst herausstellen ...


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Inhalt

Cover

Impressum

Eine Lektion für den Charmeur

Vorschau

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Goran Bogicevic / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7517-0715-2

www.bastei.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Eine Lektion für den Charmeur

Wie Anne einen wilden Salonlöwen zähmte

Anne Leonhard ist ein temperamentvolles, liebreizendes Mädchen, das trotz seiner Jugend schon feste Vorstellungen vom Leben hat. Anne ist fleißig und ehrgeizig, Nichtstuer sind ihr ein Gräuel.

So kommt es, dass sie den attraktiven Werner Franken, der sich sehr um sie bemüht, von Vornherein ablehnt. Werner ist zwar ein charmanter Gesellschafter, aber leider auch ein arbeitsscheuer Müßiggänger, der nichts anderes im Sinn, als sich auf Kosten seines reichen Vaters ein angenehmes Leben zu machen und durch die Welt zu gondeln.

Doch Annes Haltung beeindruckt ihn, und er tut alles, um sie für sich zu gewinnen. Ob die Liebe es jedoch vermag, aus einem reichen Nichtsnutz einen ernsthaften, arbeitswilligen Mann zu machen, muss sich erst herausstellen ...

Beschwingt lief Anne die Treppe hinunter. Sie war jung und bildhübsch. Auf ihrem Gesicht spiegelte sich große Freude. Das war kein Wunder, denn sie stand im Begriff, zum ersten großen Abenteuer ihres Lebens aufzubrechen.

Nun trat Dr. Curd Leonhard in den Flur und nahm seine Tochter in die Arme.

»Ich muss mich beeilen, Papa! Georg hupt schon recht ungeduldig. Er hat Angst, ich könnte den Zug verpassen.«

Der Arzt hielt seine Tochter ein wenig von sich ab und musterte sie liebevoll.

»Deine Mutter wusste, was sie kaufte, als sie dich einkleidete«, sagte er schmunzelnd. »Man wird dir in der Großstadt die Landpomeranze nicht auf den ersten Blick ansehen.«

»Und wenn man es tut, Papa – mir ist es gleich«, erwiderte Anne lachend. »Ich habe mir nie viel aus dem gemacht, was die Menschen von mir halten.«

Aus einem anderen Raum trat nun Frau Ingrid in den Flur. Sie war in den besten Jahren, früher recht schlank, mit der Zeit ein wenig rundlich geworden, aber das tat ihrer Erscheinung keinen Abbruch. Die Patienten ihres Mannes hatten sie gern.

»Vergiss nicht, Frau von Rüttingen von uns allen zu grüßen, Anne«, mahnte sie ein letztes Mal. »Sei nett zu ihr. Du weißt, sie ist herzkrank. Betreue sie ein bisschen. Deine Einladung gilt für sechs Wochen. Aber du darfst ruhig länger bleiben, wenn sie dich dazu auffordert. Bei den Rüttingens bist du gut aufgehoben. Sie führen ein gastliches Haus.«

»Ich freue mich, in die Großstadt zu kommen, Mama.« Anne drückte ihre Mutter an sich. »Nett von deiner Jugendfreundin, mich einzuladen. Jetzt muss ich aber wirklich fort! Morgen rufe ich euch von den Rüttingens aus an.«

»Heute machst du noch den Abstecher zu deiner Schulfreundin?«, wollte Frau Leonhard wissen.

»Es liegt ja auf dem Weg, Mama. Ich unterbreche die Fahrt. Jutta erwartet mich auf dem Bahnhof. Wir verbringen einen Nachmittag und Abend zusammen, ich übernachte bei ihr. Genau vierundzwanzig Stunden später fahre ich mit dem gleichen Zug weiter.«

»Dann fahre mit Gott, Kind!« Frau Leonhard seufzte und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Gleich darauf küsste sie ihre Tochter so innig, als ginge Anne auf eine Weltreise.

Dr. Leonhard machte die Prozedur kürzer.

»Mach's gut, Frechdachs!«, wünschte er, küsste seine Tochter auf die Stirn und schüttelte ihr die Hand.

In diesem Augenblick wurde die Haustür geöffnet. Ein schlaksiger junger Mann, Annes Bruder, steckte den Kopf herein.

»Wenn ihr die Abschiedszeremonien nicht erheblich verkürzt, erreichen wir den Zug nicht mehr«, mahnte er.

Anne verabschiedete sich mit einem letzten Kuss von Vater und Mutter, um anschließend ihren Bruder freundschaftlich in die Seite zu boxen.

»Komm, Scheusal! Es wird dir bestimmt langweilig werden, wenn du sechs Wochen lang niemanden hast, den du ärgern kannst.«

Zwei Minuten später fuhren sie ab.

♥♥♥

Frau Ingrid Leonhard zog sich in das große Wohnzimmer im ersten Stock zurück. Aber erst nachdem sie sich vergewissert hatte, dass noch sechs Patienten im Wartezimmer ihres Mannes saßen. Sie war also die nächste Stunde vor jeder Störung sicher.

Als täte sie etwas Verbotenes, schlich sie an den Telefontisch und ließ sich in dem danebenstehenden Sessel nieder. Gleich darauf wählte sie.

Es dauerte nicht lange, bis sich eine weibliche Stimme am anderen Ende der Leitung meldete.

»Hier Ingrid!«, flüsterte Frau Leonhard mit Verschwörerstimme. »Liebste Selma, sie ist abgefahren.«

»Fein, ich habe eine Art Plan aufgestellt. Es müsste sonderbar zugehen, wenn wir unser Ziel nicht erreichten, Ingrid.«

Frau Leonhard wurde eifrig. Dabei bemerkte sie nicht, dass sich die Tür öffnete und ihr Mann eintrat und abwartend stehen blieb.

»Ich bin froh, dass uns das Schicksal vor einem halben Jahr wieder zusammenführte, Selma«, hörte er seine Frau jetzt sagen. »Wir wohnen hier doch sehr abgelegen und haben kaum Umgang mit gebildeten Menschen, das kannst du dir denken. In unserem Dorf findet Anne bestimmt keinen Mann. Und eine alte Jungfer soll sie unter keinen Umständen werden.«

Dr. Leonhard schmunzelte, doch er ließ seine Frau ihr Gespräch ruhig beenden.

»Kann ich ein reines Handtuch für die Praxis bekommen, Ingrid?«, fragte er, nachdem sie aufgelegt hatte.

»Ich hörte dich gar nicht hereinkommen!«, rief Frau Ingrid erschrocken. Plötzlich überzog leichte Röte ihr Gesicht. »Stehst du schon lange an der Tür, Curd?«

»Lange genug, um zu begreifen, was es mit der Herzkrankheit deiner Freundin auf sich hat, Ingrid.«

Sie sprang auf und fasste nach seinen Händen.

»Und jetzt bist du mir böse, Curd?«

Er schüttelte lächelnd den Kopf.

»Warum sollte ich? Ich bin genau wie du der Überzeugung, dass ein junges Mädchen einen Mann braucht, um glücklich zu sein. Und darin, dass in unserem Dorf kein passender Mann für Anne zu finden ist, hast du recht.«

»Nicht nur im Dorf – in der ganzen Umgebung.«

»Bei den Rüttingens wird großes Haus gehalten. Eine Menge Menschen gehen dort aus und ein. Du meinst, Anne findet dort jemanden, für den sich ihr Herz erwärmt?«

»Ich hoffe es, Curd.«

♥♥♥

Anne erreichte den Zug im allerletzten Augenblick. Schon zwei Stunden später verließ sie in dem kleinen Städtchen, in dem ihre Freundin wohnte, den Bahnhof.

Jutta erwartete sie auf dem Vorplatz. Vergnügt lachend liefen die jungen Mädchen aufeinander zu.

Sie hatten sich viel zu erzählen. Immerhin hatten sie sich zwei Jahre nicht gesehen.

»Das ist dein Zimmer«, erklärte Jutta eine halbe Stunde später und stieß die Tür des hübsch eingerichteten Mansardenzimmers auf, in dem Anne diese Nacht schlafen sollte.

»Sehr schön«, freute Anne sich. »Und was machen wir jetzt?«

»Zunächst wird Kaffee getrunken. Mutti wartet schon darauf, dich kennenzulernen. Hinterher fahren wir zur Eresburg.«

»Ich wusste gar nicht, dass ihr hier eine Burg habt.« Anne staunte.

»Es handelt sich um keine richtige Burg«, erklärte Jutta. »Die Eresburg ist ein Ausflugslokal mitten im Wald. Sehr romantisch. Dort essen wir heute Abend.«

»Das ist wunderbar. Und wie kommen wir dorthin?«

»Mit meinem Auto natürlich.«

»Du bist Autobesitzerin? Seit wann denn das? Das macht dich wohl sehr stolz?«

»Autobesitzerin seit sechs Wochen. Stolz würde ich nicht gerade sagen. Warte ab, bis du Emil siehst, dann begreifst du alles.«

»Emil?«, fragte Anne verdutzt.

»So heißt mein Auto. Er sieht nicht sehr feudal aus, mein guter Emil. Aber der Motor tut's noch, und das ist die Hauptsache.«

»Ich bin gespannt. Hoffentlich kannst du auch fahren!«

»Den Führerschein habe ich. Kostete mich manchen Tropfen Schweiß, ihn zu erwerben. Und jetzt gehen wir nach unten. Mutti wartet mit dem Kaffee auf uns.«

Frau Perchy war eine kleine, ungemein lebendige Frau, lebhafter als ihre Tochter. Sie sah aus vergnügten Augen in die Welt.

Es wurde ein nettes Plauderstündchen.

»Wenn wir jetzt nicht bald fahren, sehen wir nicht mehr viel von unseren herrlichen Wäldern«, drängte Jutta schließlich »Emil steht im Hof, geputzt, geschniegelt und gebügelt.«

Anne musste jetzt erst einmal Juttas Emil bewundern. Er sah wirklich nicht attraktiv aus, aber Jutta erklärte stolz, ihr habe nie viel an Äußerlichkeiten gelegen. Innere Qualitäten seien die Hauptsache, und Emil sei das beste Auto, das es je gegeben habe.

Nach diesem Lobgesang setzte sie sich hinter das Steuer. Erwartungsvoll nahm Anne neben ihr Platz.

Das Getriebe kreischte gemartert, als Jutta den ersten Gang einlegte. Sonst aber ging alles gut. Bald hatten sie die kleine Stadt hinter sich gelassen und kutschierten den Wäldern entgegen.

Sie brauchten fast eine Stunde, um die Eresburg zu erreichen. Sie gefiel Anne auf den ersten Blick.

»Habe ich zu viel versprochen?«, fragte Jutta.

»Einfach toll!«, begeisterte sich die Freundin.

Sie durchquerten die große, fast bis an die Decke mit Holz getäfelte Gaststube und betraten ein kleines, entzückendes Stübchen. Tische und Stühle darin waren alt, aber gediegen. Vor den Fenstern hingen bunte Vorhänge.

Anne und Jutta nahmen Platz. Anscheinend waren sie bisher die einzigen Gäste.

Eine junge Serviererin legte ihnen die Speisekarte vor. Sie studierten sie lange und eifrig, ehe sie sich entschieden.

Sie mussten eine Zeit lang warten, bis ihr Essen serviert wurde. Aber das machte nichts. Sie hatten einander viel zu erzählen.

»Ich denke, wir treten gegen sieben Uhr den Rückweg an«, schlug Jutta mit einem Blick auf die Uhr vor, nachdem sie gegessen hatten. »Dann sind wir um acht Uhr daheim. Zeitig genug, noch einen langen Abend miteinander verplaudern zu können.«

»Einverstanden.« Anne nickte zustimmend.

In diesem Augenblick wurde es vor der Eresburg laut. Zwei große Autos hielten bei dem Haus. Männerstimmen waren zu hören, lustig, vergnügt, großspurig. Jutta, die in der Nähe eines Fensters saß, warf einen Blick ins Freie.

»Großinvasion junger Männer«, berichtete sie. »Mindestens acht. Sehen alle ausgezeichnet aus. Scheinen aus Bevölkerungsschichten zu kommen, die wir nur vom Hörensagen kennen, weil es uns am nötigen Kleingeld mangelt.«

Gleich darauf betraten die Herren die große Gaststube. Sie benahmen sich laut und ungeniert. Die jungen Mädchen konnten in ihrem Nebenstübchen jedes Wort verstehen, das gesprochen wurde.

Die Unterhaltung der jungen Männer drehte sich um Reisen in aller Herren Länder, um Luxushotels, Segeljachten, Motorboote und teure Autos.

»So etwas gibt es also doch«, sagte Anne seufzend. »Und ich bin froh, dass ich für einige Wochen zu den Rüttingens darf, um eine herzkranke Frau zu pflegen.«

»Wobei es sich fragt, ob diese blasierten jungen Herren bei ihren luxuriösen Urlauben zufriedener sind als du bei der Familie Rüttingen«, erwiderte Jutta lächelnd.

»Du hast recht«, pflichtete Anne ihr bei. »Ich stelle mir nichts furchtbarer vor, als ein Leben ohne Arbeit zu führen und mich von einem Vergnügen ins nächste zu stürzen.«

In der Gaststube ging es indessen lebhaft weiter. Nachdem das Thema Reisen durchgehechelt war, wandte sich das Gespräch der Damenwelt zu.

»Übrigens, Horst, wie weit bist du mit Gisela?«, fragte einer der jungen Männer. »Natürlich frage ich verkehrt herum und wollte sagen: Wie weit ist Gisela mit dir? Hat sie dich nun endgültig eingefangen, oder versuchst du immer noch, dich aus ihrem Netz zu befreien?«

»Lass mich mit Gisela zufrieden«, erwiderte der Angesprochene geringschätzig. »Wenn ich ihr nur endlich klarmachen könnte, dass sie nicht mein Typ ist. Die Mädchen heutzutage werden einem zur Last. Kaum wittern sie Geld, hängen sie wie die Kletten an einem. Alle sind nur darauf aus, eine gute Partie zu machen, um sich ins gemachte Nest zu setzen. Es ist ein Jammer! Da macht keine eine Ausnahme.«

»Seit wann so skeptisch?«, fragte der erste Sprecher. »Das ist doch sonst nicht deine Art.«

»Ich haben eben inzwischen meine Erfahrungen gesammelt. Ob du es glaubst oder nicht: Sie sind alle hinter nichts anderem als hinter dem Geld her. Liebe? Altmodische Nebensache! Wenn der Mann nur reich genug ist, dem hübschen Lärvchen alles zu Füßen zu legen, was es sich wünscht.«

»Dem möchte ich ganz gern einmal gehörig meine Meinung sagen!«, empörte sich Jutta.

»Du würdest auf wenig Verständnis stoßen«, meinte Anne lachend. »Sein Kopf ist wahrscheinlich noch leerer als der jener Mädchen, von denen er eben sprach.«

In diesem Augenblick plärrte die in der Gaststube stehende Musikbox los, und die beiden jungen Damen konnte von dem Gespräch nichts mehr verstehen.

»Auch das noch«, stöhnte Jutta. »Verschwinden wir schnellstens. Das ist ja ein furchtbares Geplärre.«

Sie sah sich nach der Glocke um und läutete. Ehe die Bedienung erschien, ging die Tür von der Gaststube her auf, und einer der jungen Herren trat herein.

Verblüfft hielt er inne, als er sah, dass der Raum nicht leer war.

»Verzeihung, ich suche nur den Zigarettenautomaten«, erklärte er.

Rasch ging er auf den Automaten zu. Anne und Jutta beobachteten ihn unauffällig. Er machte eine gute Figur und konnte sich sehen lassen, stellten sie fest.

Als er sich auf den Rückweg machte, ließ er seine Blicke auf den beiden jungen Damen ruhen. Ein anerkennendes Lächeln legte sich um seinen Mund.

Mit einem plötzlichen Entschluss trat er an ihren Tisch und verbeugte sich.

»Falls Sie nichts dagegen hätten, mein Fräulein, wie wäre es mit einem kleinen Tanz?«, fragte er Anne.

Anne blickte ihn überrascht an. Sie empfand seine Aufforderung als Frechheit, denn er kannte weder sie noch Jutta.

»Danke«, erwiderte sie kühl. »Ich tanze nicht.«

»Warum nicht, wenn ich fragen darf?«

»Weil ich mit Herren, die ich nicht kenne, grundsätzlich nicht tanze«, entgegnete Anne schnippisch.

»Wenn es weiter nichts ist – dem Übel kann abgeholfen werden«, sagte er schmunzelnd. Wieder eine Verbeugung, diesmal noch ein bisschen gekonnter. »Ich heiße Werner Franken. Damit wäre der Stein des Anstoßes beseitigt. Jetzt kennen Sie mich.«

»Leider mache ich weder Straßen- noch Lokalbekanntschaften.« Annes Augen blitzten, und um ihren Mund lag ein mutwilliger Zug. Dass beides sie besonders schön machte, wusste sie nicht.

Er musterte sie fasziniert.

»Wenn Sie mir jetzt Ihren Namen nennen, ist allen Formen der Etikette Genüge getan.«

»Ich sehe nicht ein, warum ich das tun sollte«, entgegnete Anne. »Mir liegt nichts daran, Ihre Bekanntschaft zu machen.«

»Warum denn nicht?«, fragte er hartnäckig. »Ich bin weder aussätzig noch giftig.«

»Wenn Sie durchaus wissen wollen, warum, sollen Sie es hören«, sagte sie in spöttischem Ton.

»Gern. Ich bin wirklich neugierig.«

»Also gut. Die jungen Herren heutzutage imponieren mir nicht. Sie werden einem zur Last. Kaum wittern sie Geld, hängen sie an einem wie die Kletten. Jeder Einzelne ist darauf aus, sich eine reiche Frau zu angeln, damit er, der bisher nie im Leben etwas getan hat, weiterhin keinen Finger krumm zu machen braucht.«

Er blickte sie so verblüfft an, dass sie vergnügt auflachte.

»Ich habe meine Erfahrungen diesbezüglich schon gemacht«, belehrte sie ihn. »Nichts anderes als das Geld zählt noch. Liebe? Altmodische Nebensache! Wenn nur die Frau reich genug ist, ihm alles zu bieten, was sich sein markanter, aber sonst recht leerer Kopf ausheckt.«

Er starrte sie sprachlos an. So hatte noch nie jemand zu ihm gesprochen. Ein weibliches Wesen schon gar nicht.

»Entschuldigen Sie«, erwiderte er schließlich lahm, »aber was Geld anbelangt ...«

»Ich habe nicht die Absicht, Ihnen mitzuteilen, wie groß mein Vermögen ist«, sagte sie hoheitsvoll. »Männer, die mein Bankguthaben mehr interessiert als ich, sind indiskutabel für mich. Und nun schlage ich vor, Sie begeben sich zu Ihren Freunden zurück. Die Herren werden Sie sicher bereits vermissen.«

»Gnädiges Fräulein ...« Er versuchte es noch einmal. Etwas war eingetreten, was ihm bisher noch nie passiert war: Er fühlte sich hilflos.

»Danke«, unterbrach sie ihn. Dann wandte sie sich der Freundin zu.

In diesem Augenblick erschien die Bedienung.

»Wir möchten zahlen«, bat Jutta und bemühte sich, so hoheitsvoll auszusehen wie ihre Freundin. Und da sie nicht hinter Anne zurückstehen wollte, fügte sie hinzu: »Es eilt. Wir dürfen die Party bei Gräfin Boddenlohe nicht versäumen.«

Werner Frankens Blick suchte den Annes. Aber sie vermied es, ihm in die Augen zu sehen. Um ihren Mund geisterte ein Lachen, das sie nur mit Mühe zurückhalten konnte. Er sah wie ein begossener Pudel aus. Das freute sie außerordentlich.

Als er feststellen musste, dass er für die Damen nicht mehr vorhanden war, machte er verlegen eine Verbeugung und ging. Wenig später fiel die Tür hinter ihm ins Schloss.

Wie auf Kommando prusteten Anne und Jutta los.

»Dem hast du's ordentlich gegeben«, stellte Jutta vergnügt fest.

»Mir wäre lieber, er dächte einmal darüber nach«, erwiderte Anne und wandte sich dann der Serviererin zu. »Kennen Sie die Herren?«

»Das war Werner Franken. Ein sehr netter junger Mann. Sein Vater besitzt die großen Hüttenwerke in der Nähe der Landeshauptstadt. Die jungen Damen fliegen nur so auf ihn. Er kann an jedem Finger zehn haben.«

»Was ist er von Beruf?«, wollte Anne wissen.

»Beruf? Der hat doch keinen Beruf! Sein Vater ist viele Millionen schwer. Wahrscheinlich weiß er selbst nicht genau, wie viel Geld er besitzt. Ein junger Mann wie Werner Franken braucht nichts zu tun. Er kann reisen und sich amüsieren.«

Anne lachte spöttisch.