Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 536 - Helga Winter - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 536 E-Book

Helga Winter

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Beschreibung

Mit klopfendem Herzen macht sich Michaela Andresen an diesem Tag auf den Weg nach München. Ihr Verlobter, der berühmte Schauspieler Gernot Trauberg, hat dort ein Engagement übernommen und wird vom Publikum gefeiert. Auf der Fahrt gehen ihr tausend Gedanken durch den Kopf. Heute will sie ihm sagen, dass sie sein Kind unter dem Herzen trägt. Wie er wohl reagieren wird?
Dann steht Michaela vor seinem Hotelzimmer. Zaghaft klopft sie an, doch Gernot öffnet nicht. Ob er vielleicht schon schläft? Abermals klopft sie, diesmal energischer. Da ertönt von innen seine unwirsche Stimme: "Wer ist da? Wir wollen jetzt nicht gestört werden!"


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Inhalt

Cover

Impressum

Ein Herz als Pfand

Vorschau

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

© 2021 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Oleg Samoylov / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7517-0859-3

www.bastei.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Ein Herz als Pfand

Meisterlicher Roman um ein großes Versprechen

Mit klopfendem Herzen macht sich Michaela Andresen an diesem Tag auf den Weg nach München. Ihr Verlobter, der berühmte Schauspieler Gernot Trauberg, hat dort ein Engagement übernommen und wird vom Publikum gefeiert. Auf der Fahrt gehen ihr tausend Gedanken durch den Kopf. Heute will sie ihm sagen, dass sie sein Kind unter dem Herzen trägt. Wie er wohl reagieren wird?

Dann steht Michaela vor seinem Hotelzimmer. Zaghaft klopft sie an, doch Gernot öffnet nicht. Ob er vielleicht schon schläft? Abermals klopft sie, diesmal energischer. Da ertönt von innen seine unwirsche Stimme: »Wer ist da? Wir wollen jetzt nicht gestört werden!«

»Gut, dass Sie endlich kommen«, empfing Frau Rosenau die junge Ärztin. Sie bewohnte die angrenzenden Zimmer auf derselben Etage. »Sie sollen sofort in die Klinik fahren. Ein Unfall auf der Autobahn. Sie werden dringend gebraucht.«

Eine knappe Viertelstunde später stieg Dr. Michaela Andresen vor dem Krankenhaus aus ihrem Wagen. Der Pförtner öffnete ihr dienstbeflissen die Tür.

»Wie gut, dass Sie kommen, bei uns ist Hochbetrieb. Melden Sie sich im OP-Saal, Arbeit finden Sie genug.«

Auf den Fluren herrschte ungewohnte Geschäftigkeit.

»Endlich!«, empfing der Oberarzt Michaela nervös. »Beeilen Sie sich, Kollegin. Sie nehmen den letzten Tisch dort hinten. Der nächste Patient!«

Er sah bereits abgekämpft aus, sein Kittel war mit Blut bespritzt.

Michaela war froh, dass die ruhige Schwester Luise bei ihr instrumentierte. Es war kein großer Eingriff nötig, aber das Aussehen des Mannes machte Michaela Sorgen.

»Haben Sie schon Blutkonserven bereitstellen lassen?«, fragte sie.

»Ja. Wäre schade um ihn. Ich mache mir sonst nichts aus Klassikern, aber wenn er spielt, dann gehe ich immer hin. Sie sollten ihn nur einmal als Franz Moor sehen ...«

»Wen?«, fragte Michaela, die ganz mit der Untersuchung beschäftigt war.

»Den Trauberg. Ein zu netter Mensch. Wenn er spielt, ist das Theater immer ausverkauft. Und auch seine Filme finde ich großartig. ›Lied der Liebe‹. Haben Sie den Film gesehen? Da spielte er einen Arzt, einfach himmlisch.«

»So, Schauspieler ist er.« Michaela begann zu operieren, während Luise beim Instrumentieren weiterredete.

»Ich hätte es mir niemals träumen lassen, ihn so von Nahem zu sehen«, sagte sie. »Ein wirklich schöner Mann, finden Sie nicht auch? Ich habe gedacht, er wäre noch jünger, auf der Bühne wirkt er nämlich sehr jung. Wahrscheinlich hängt das mit seinem Temperament zusammen. Wenn er richtig loslegt, spielt er alle anderen an die Wand.«

Sie reichte Michaela das Katgut.

»Das haben Sie gut hingekriegt«, lobte sie Michaela, als diese den letzten Stich genäht hatte. »Die kleine Narbe wird seine Schönheit nicht beeinträchtigen. Sie sitzt ja an einer Stelle, wo man sie nicht sieht.«

Geschickt legte die Schwester den Verband an, während Dr. Andresen sich mit dem nächsten Verletzten beschäftigte. Sie war als letzte Ärztin gekommen und hatte deshalb die leichteren Fälle.

»Es soll fünf Tote gegeben haben, und einige von den Schwerverletzten werden auch noch sterben. Dass die Menschen auf der Autobahn immer so rasen müssen. Schade um das hübsche Mädchen«, fuhr Schwester Luise fort, als sie sich über die nächste Verletzte beugte. »Ausgerechnet so ein langer Schnitt im Gesicht.«

Es war eine gezackte Schnittwunde, und es würde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine entstellende Narbe zurückbleiben. Michaela arbeitete mit äußerster Konzentration.

»Wie jung sie noch ist. Bestimmt nicht älter als achtzehn.« Mitleidig strich Luise über das blonde Haar des Mädchens. »Einen Ring trägt sie nicht, sie ist also weder verlobt noch verheiratet. Eigentlich schade, dass sie noch keinen Mann hat. Mit ihrem neuen Gesicht wird sie so leicht keinen finden.«

Dr. Andresen nickte automatisch, ohne recht zugehört zu haben.

Mitternacht war vorbei, als die junge Ärztin fertig war. Sie sehnte sich nach einer Tasse Kaffee, aber dafür würde Luise schon sorgen.

»Den Trauberg haben wir auf unserer Station«, erzählte sie wichtig, als sie bald darauf mit zwei Tassen Kaffee in Michaelas Zimmer kam. »Bin ja gespannt, wie er so privat ist. Manchmal haben diese Schauspieler Launen, aber ihm traue ich es eigentlich nicht zu.«

»Für uns ist er ein Patient wie alle anderen auch.« Michaela lächelte über Luises ungewohntes Interesse an diesem Mann.

»Lohnt sich kaum noch, sich ins Bett zu legen«, meinte Michaela nach dem Kaffee seufzend. »Ich werde mich gleich hier auf den Diwan legen.«

»Und diese Überstunden werden nicht einmal bezahlt.« Luise holte das Bettzeug aus dem Schrank. »Wenn man sich vorstellt, was der Chef verdient und was wir bekommen, und dabei tut er doch nicht mehr als wir. Er lässt sich jeden Händedruck bezahlen.«

Es war ein altes Lied, das Luise anstimmte, und es interessierte Michaela nicht im Geringsten. Sie spürte jetzt die Müdigkeit nach der langen schweren Arbeit. Sie lag kaum, da fielen ihr auch schon die Augen zu.

♥♥♥

Michaela wachte morgens aus bleischwerem Schlaf auf. Unmutig stellte sie den Wecker ab, dann gähnte sie herzhaft und reckte sich.

Es versprach ein schöner Tag zu werden, stellte sie fest, nachdem sie einen Blick aus dem Fenster geworfen hatte.

Heute gibt es viel zu tun, dachte sie, denn die frisch Operierten machten mehr Arbeit als andere Patienten. Die Ärztin freute sich, dass sie diesen herrlichen Beruf ergriffen hatte, und kleidete sich an. So schwer und entsagungsvoll er manchmal auch sein mochte, sie hätte ihn gegen keinen anderen eintauschen mögen.

»Er ist schon wach, fühlt sich aber noch sehr elend«, erzählte ihr Schwester Luise.

»Wer ist wach?«

»Trauberg natürlich. Er möchte Sie bald sprechen. Er hat Theaterverpflichtungen, wissen Sie, und am liebsten würde er sofort aufstehen. Ich habe ihm gesagt, dass er wenigstens vier Wochen bei uns bleiben muss. Aber mir will er das nicht glauben.«

»Er wird warten müssen bis zur Visite. Auch ihm braten wir hier keine Extrawürste.«

»Prinzipien sind ja gut und richtig«, erwiderte Schwester Luise, »aber Ausnahmen müssen auch sein. Ich habe ihm versprochen, dass ich Sie hole.«

»Luise, was ist nur mit Ihnen los?«, sagte Michaela seufzend. »Sie machen Ausnahmen, das hat es sonst noch nie gegeben.«

»Wir hatten auch noch keinen Trauberg auf unserer Station. Hoffentlich holt der Chef ihn nicht weg. Ob er viel Geld hat? Der Chef hat eine Nase für Leute mit Geld. Und auf seiner Privatstation darf kein Bett leer stehen.«

»Also gut, dann gehe ich zu Trauberg.«

»Und seien Sie nett zu ihm, Fräulein Doktor. Sie können ihm ja vorsichtig beibringen, dass er nach den vier Wochen noch Ruhe braucht.«

»Ich weiß nicht, wie man einem Patienten so etwas vorsichtig beibringen soll. Er kann froh sein, dass für ihn alles so glimpflich abgelaufen ist.«

Michaela schmunzelte über Luises Eifer. Und dieses Lächeln lag auch noch auf ihrem Gesicht, als sie zu Trauberg ins Zimmer ging.

♥♥♥

»Was wollen Sie bei mir?«, herrschte Gernot Trauberg die eintretende junge Dame an. »Ich verlange, den diensthabenden Arzt zu sprechen. Mein Gott, kann man sich denn hier überhaupt nicht verständlich machen? Nun gehen Sie schon und holen ihn! Ich habe nicht so viel Zeit wie Sie, Schwester.«

Michaela betrachtete ihn amüsiert.

»Sie haben sogar sehr viel mehr Zeit. Ich wüsste nicht, was Sie den ganzen Tag hier tun wollen. Und das vier Wochen lang. Wenigstens. Unter der Voraussetzung nämlich, dass Ihre Verletzungen gut heilen.«

»Ich habe Sie nicht um Ihre Meinung gefragt. Ich möchte den Arzt sprechen.« Er benahm sich wie ein verwöhntes Kind, und seltsamerweise wurde Michaela nicht einmal wütend. Er besaß wirklich einen unbestreitbaren Charme.

»Ich bin Ärztin und habe Sie behandelt, Herr Trauberg. Deshalb weiß ich zufällig genau, wie es um Sie steht. Wie fühlen Sie sich?«

»Miserabel! Ich muss heute Abend zur Vorstellung. Ich bleibe hier nicht! Die Leute wollen mich sehen!«

»Es wird auch ohne Sie gehen müssen, Herr Trauberg. Ich werde Ihnen ein paar Beruhigungstabletten geben.«

»Ich will mich aber nicht beruhigen!«, widersprach Gernot Trauberg mit der geschulten Stimme eines Schauspielers. »Ich will mich aufregen, und ich tue es.«

»Bitte schön, aber dann allein. Ich habe nämlich noch mehr zu tun, als mir Ihre Tiraden anzuhören. Sie sollten Gott im Himmel danken, dass Sie noch leben.«

»Bin ich sehr schwer verletzt?« Von einer Sekunde zur anderen wechselte der Ausdruck des Mannes. Er sah jetzt ernsthaft besorgt aus. »Sagen Sie mir die Wahrheit, ich werde sie ertragen, mag sie auch noch so schlimm sein.«

Er spielt eigentlich immer, dachte Michaela. Er fällt von einer Rolle in die andere.

»Ihre Verletzungen sind keineswegs lebensgefährlich, aber Sie dürfen sie auch nicht auf die leichte Schulter nehmen. Zwei Wochen wenigstens müssen Sie im Bett liegen bleiben, dann dürfen Sie einige Stunden am Tag aufstehen.«

»Und meine Theaterverpflichtungen? Ich soll in Salzburg gastieren. Die Proben beginnen bald. Es war immer mein Traum, einmal in Salzburg aufzutreten. Ich muss schneller gesund werden.«

»Ich bin Ärztin und keine Zauberin, tut mir leid. Kann ich noch etwas für Sie tun?« Michaela warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. »Sie sind nicht der einzige Verletzte, der gestern eingeliefert wurde.«

»Was ist eigentlich aus der kleinen Brombach geworden? Sie war bei mir im Wagen, als wir auf den Laster brummten. Und Sie sind ganz sicher, dass ich wenigstens vier Wochen bleiben muss?«, sprach er weiter, ohne eine Antwort abzuwarten.

»Ja. Und nach Fräulein Brombach werde ich mich erkundigen. Eine Bekannte von Ihnen?«

»Ja. So gut wie verlobt. Ihr Vater hat furchtbar viel Geld.« Er brachte es so naiv heraus, dass Michaela schmunzeln musste.

»Bis zur Visite dann. Wenn Sie Wünsche haben, klingeln Sie nach der Schwester. Schwester Luise ist eine große Verehrerin Ihrer Kunst.«

»Ist sie jung und hübsch?«, fragte Trauberg hoffnungsvoll.

»Jetzt nicht mehr. Vor dreißig Jahren war sie es aber bestimmt einmal. Bis nachher dann.« Michaela ging hinaus.

»Haben Sie die Krankenblätter fertig?«, fragte sie Schwester Luise. »Ich möchte mit der Visite beginnen.«

»Noch nicht ganz, Fräulein Doktor. Der Zustand von Fräulein Brombach macht mir Sorgen. Sie hat hohes Fieber. Eigentlich merkwürdig bei solch einer kleinen Sache.«

»Brombach. Richtig, nach der hat Trauberg gefragt. Sie ist so etwas Ähnliches wie seine Verlobte, hat er mir klargemacht, weil ihr Vater sehr viel Geld besitzt.«

»Es gibt schlechtere Heiratsgründe als Geld«, knurrte Schwester Luise, der es nicht behagte, etwas Ungünstiges über Gernot Trauberg zu hören. »Er ist jung und sieht blendend aus, weshalb sollte er da nicht ein reiches Mädchen nehmen. Und sie kann überhaupt froh sein, wenn ein Mann wie Trauberg sie haben will.«

Das Befinden der Patienten auf Michaelas Station war ziemlich zufriedenstellend. Neben Kirsten Brombachs Bett blieb sie stehen und lächelte der jungen Dame freundlich zu, deren eine Gesichtshälfte unter einem dicken Verband verschwand.

»Wie fühlen Sie sich?«

»Was ist mit meinem Gesicht?« Das Mädchen tastete mit den Fingerspitzen über den Verband. »Es tut mir weh. Was ist mit meinem Gesicht?«, wiederholte sie drängender und voller Angst.

Als Ärztin war es Michaela gewohnt, tröstend zu lächeln.

»Eine Schnittverletzung. Sie haben viel Blut verloren, Fräulein Brombach. In vierzehn Tagen können wir wahrscheinlich die Fäden ziehen, und dann entlassen wir Sie auch. Eine Zeit lang müssen Sie dann noch ein Pflaster tragen.«

»Wird eine Narbe zurückbleiben?«, fragte das Mädchen bang. »Wie groß, Frau Doktor?«

»Wie groß? Solch eine Narbe sieht im ersten Moment schrecklich aus, aber ich versichere Ihnen, dass sie im Laufe der Zeit immer mehr verschwindet. Später sieht man sie kaum noch.«

»Wie groß ist die Narbe?« Kirsten wollte sich nicht durch allgemeine Bemerkungen abspeisen lassen. »Sagen Sie es mir schon.«

»Sieben Zentimeter.«

»Wie, sieben ...?« Entsetzt schloss Kirsten die Augen. Ein paar Tränen quollen zwischen den geschlossenen Wimpern hervor. »Ich werde hässlich aussehen. Belügen Sie mich nicht, ich weiß es. Warum gerade ich? Kann man die Narbe nicht wegoperieren?«

»So etwas ist vielleicht möglich, aber darüber brauchen Sie sich jetzt noch keine Gedanken zu machen, Fräulein Brombach.«

Merkwürdig, dachte Michaela, dass sie nicht nach dem Mann fragte, mit dem sie zusammen im Auto gesessen hat.

»Herr Trauberg ist übrigens gleichfalls verletzt worden. Innere Verletzungen.«

»Er lebt also. Seitdem ich zu mir gekommen bin, muss ich an ihn denken. Und er? Ist er auch im Gesicht ... Als Schauspieler wäre es das Ende für ihn.«

»Nein, er hat keine äußerlich sichtbaren Verletzungen. Er hat gefragt, wie es Ihnen geht. Ich soll Sie recht herzlich von ihm grüßen. Nun, Sie werden ihn ja bald einmal besuchen.«

»Mit dem Ding da?« Ihre Hand legte sich über den Verband, als wolle sie ihn vor der Welt verbergen. »Ob er mich noch lieben kann, wenn ich so entstellt bin?«

»Die Narbe macht Sie höchstens interessant, Fräulein Brombach. Glauben Sie mir, ein bisschen glatte Haut ist gar nicht einmal so wichtig. Und vernünftige Männer wissen das auch.«

»Das sagen Sie, aber es stimmt nicht. Ein schönes Gesicht ist sehr wichtig. Wie gut, dass wenigstens meine Figur in Ordnung ist. Wird er in Salzburg auftreten können?«

»Wahrscheinlich nicht. Er muss unbedingt liegen, er hat ziemlich viel Blut verloren. Wie ist es eigentlich zu dem Unfall gekommen?«

»Ich weiß es auch nicht mehr genau. Gernot fuhr ziemlich schnell. Auf der rechten Fahrbahn war ein Wagen. Gernot wollte ihn überholen, aber der Wagen stand, verstehen Sie, und auf der Überholspur war auch ein Wagen. Ein Laster. Seine Rücklichter waren kaputt. Es war entsetzlich. Gernot hat gebremst, aber es war zu spät.«

»Sie haben noch Glück gehabt, Fräulein Brombach. Soll ich Herrn Trauberg etwas von Ihnen ausrichten?«

»Wollen Sie ihm sagen, dass ich immer an ihn denke?«

»Soll ich ihm sagen, dass Sie ihn lieben?«, schlug Michaela mit verständnisvollem Lächeln vor. »Einer Ärztin können Sie alles sagen, Fräulein Brombach. Wir sind wie Beichtväter, die nicht über das sprechen, was sie hören und sehen.«

»Ich danke Ihnen. Ja, ich liebe ihn. Er ist ein wundervoller Mann und ein großartiger Schauspieler.«

♥♥♥

»Sie haben mich lange warten lassen«, empfing Gernot Trauberg die Ärztin vorwurfsvoll, als sie sein Zimmer als letztes betrat, gefolgt von Schwester Luise. »Sie sind sehr schön. Ich habe immer gedacht, Ärztinnen wären alt, trügen eine Brille und wollene Strümpfe. Sie haben schöne Beine.«

»Herr Trauberg!« Michaela war entrüstet.

»Darf man das nicht sagen?«, fragte er lachend. »Dann nehme ich also alles zurück. Wie oft machen Sie Visite?«

»Einmal am Tag, und nachmittags gehe ich noch ein zweites Mal zu den schweren Fällen.«

»Und wann darf ich Sie heute Nachmittag erwarten?«

»Gar nicht. Sie sind kein schwerer Fall.«

Schwester Luise räusperte sich.

»Unser Fräulein Doktor wird selbstverständlich noch einmal vorbeikommen, Herr Trauberg.« Sie schenkte dem Mann ein liebevolles Lächeln.

Empört drehte Michaela sich um. Es war allerhand, was Schwester Luise sich da herausnahm. Aber ihr zorniger Blick war verschwendet, denn die gute Luise bemerkte ihn nicht. Sie schaute nur auf Gernot Trauberg.

Und der Kerl brachte es glatt fertig, mit einer alten Schwester zu flirten, die gut seine Mutter hätte sein können.

»Haben Sie noch irgendwelche Wünsche?«, erkundigte Michaela sich.

»Ja, sehr viele. Mein wichtigster Wunsch ist, dass Sie heute Nachmittag wiederkommen. Schließlich bin ich nicht irgendwer, sondern immerhin Gernot Trauberg.«

»Wie mir das imponiert.«

»Sie machen sich nichts aus Theater?«, fragte er. »Schade. Wenn ich gesund bin, dann schicke ich Ihnen Freikarten.«

»Danke. Aber ich kann meine Karten selbst bezahlen.«

»Aber ich will, dass Sie mich auf der Bühne sehen.«

»Es gibt für eine Ärztin Wichtigeres als Schauspieler, Herr Trauberg. Für mich sind Sie als Patient interessant.«

»Tatsächlich. Sie sind ein Phänomen, Fräulein Doktor. Alle wollen Autogramme von mir. Was meinen Sie, was ich täglich an Verehrerpost bekomme. Waschkörbeweise werden mir die Briefe und Karten nach einer Filmpremiere ins Haus gebracht. Und Sie lässt das alles kalt?«

»Mich interessiert vor allem, wie Ihre Verletzungen verheilen, Herr Trauberg. Aber ich verspreche Ihnen, mir gelegentlich einen Film mit Ihnen anzusehen.«

»Das freut mich. Wenn ich wieder gesund bin, möchte ich einmal mit Ihnen ausgehen. Eine Ärztin als Begleiterin von Gernot Trauberg ist mal etwas anderes. Der dankbare Patient mit der Ärztin, die ihm durch eine geniale Operation das Leben gerettet hat! Dann werden Sie auch berühmt.«

»Ich danke für die Ehre, als Ihre Freundin durch die Klatschspalten aller möglichen Blätter geschleift zu werden.«

»Das Fräulein Doktor wird es sich noch überlegen, Herr Trauberg«, mischte sich Schwester Luise rasch ein. »Ich bringe Ihnen nachher die neue Filmillustrierte mit dem großen Bericht über Sie mit den vielen Bildern. Sie müssen ja ein reizendes Baby gewesen sein.«

»Ich war schon als Kind fotogen. So, der Bericht gefällt Ihnen also? Ist schon Post für mich gekommen?«