Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 558 - Yvonne Uhl - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 558 E-Book

Yvonne Uhl

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Beschreibung

Die bildhübsche Komtess Dinah von Trest ist nicht gewillt, sich länger den angestaubten Moralvorstellungen ihres adelsstolzen und standesbewussten Vaters zu beugen. Kurzerhand verlässt sie das Familienschloss und mietet sich ein kleines Apartment in der Stadt. Sie feiert ausgiebig Feste und umgibt sich mit Freunden von zweifelhaftem Ruf. Als Daniel von Hombach, mit dem Dinah eine Beziehung unterhält, wegen Unterschlagung verhaftet wird, gibt es einen Skandal.
Heinrich Graf von Trest befiehlt Dinah die sofortige Rückkehr ins Schloss, und er stellt ihr ein Ultimatum: Innerhalb von fünf Monaten soll seine Tochter ihm einen vernünftigen Ehemann präsentieren, oder aber er verheiratet sie - gegen ihren Willen - mit einem Kandidaten seiner Wahl. Das gilt es um jeden Preis zu verhindern ...


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Inhalt

Cover

Sie verleugnete ihr Herz

Vorschau

Impressum

Sie verleugnete ihr Herz

Warum ihr Vater eine sofortige Heirat befahl

Die bildhübsche Komtess Dinah von Trest ist nicht gewillt, sich länger den angestaubten Moralvorstellungen ihres adelsstolzen und standesbewussten Vaters zu beugen. Kurzerhand verlässt sie das Familienschloss und mietet sich ein kleines Apartment in der Stadt. Sie feiert ausgiebig Feste und umgibt sich mit Freunden von zweifelhaftem Ruf. Als Daniel von Hombach, mit dem Dinah eine Beziehung unterhält, wegen Unterschlagung verhaftet wird, gibt es einen Skandal.

Heinrich Graf von Trest befiehlt Dinah die sofortige Rückkehr ins Schloss, und er stellt ihr ein Ultimatum: Innerhalb von fünf Monaten soll seine Tochter ihm einen vernünftigen Ehemann präsentieren, oder aber er verheiratet sie – gegen ihren Willen – mit einem Kandidaten seiner Wahl. Das gilt es um jeden Preis zu verhindern ...

Armgard Gräfin Trest kam mit der Zeitung in das Büro ihres Gatten.

»Heinrich, weißt du es schon?«

Der Schlossherr und Gestütsbesitzer Heinrich Graf Trest blickte von seinen Akten auf.

Sein Blick umfasste Armgard liebevoll. Sie war achtzehn Jahre jünger als er und seine zweite Frau. Er liebte sie ganz anders als Sigrid, seine erste Frau, die ihn vor fünfzehn Jahren zum Witwer gemacht hatte.

Lächelnd blickte er zu seiner Frau auf.

»Du bist ja ganz außer dir, Armgard.«

»Es tut mir so leid«, stammelte die blonde Gräfin. »Aber ich muss es dir doch zeigen. Hier!«

Der Graf griff nach der aufgeschlagenen Zeitung und las den angekreuzten Artikel.

»Gestern wurde im Werk ›Hombach & Schneider‹, das Uhren und Feinmessgeräte herstellt, der Sohn des Seniorchefs Hombach, Daniel Baron Hombach, festgenommen. Von Hombachs Kompagnon Ulf Schneider hat gegen ihn Anzeige wegen Unterschlagung erstattet. Er soll durch Fälschen der Bücher über eine halbe Million Mark in seine eigene Tasche gewirtschaftet haben.

Zum Zeitpunkt der Verhaftung befand sich im Büro des Juniorchefs seine derzeitige Begleiterin Dinah von Trest, ebenfalls Spross einer alten Adelsfamilie. Sie stammt aus der ersten Ehe des Gestütsleiters und Schlossherrn Heinrich Graf Trest. Der Staatsanwalt hat gegen Daniel von Hombach Anklage erhoben.«

Als Heinrich Graf Trest die Zeitung sinken ließ, zitterten seine Hände.

»Diese Schande«, flüsterte er und rang nach Luft.

»Was wirst du jetzt tun?«, fragte Armgard.

»Ich weiß es nicht. Ich werde Dinah möglicherweise enterben. Ich werde eine einstweilige Verfügung erlassen, dass sie meinen guten, ehrlichen Namen nicht mehr führen darf ...«

Die Gräfin hatte Mitleid mit ihrem Gatten.

»Bitte, rege dich nicht auf. Von Enterben kann gar keine Rede sein. Vergiss nicht, dass deine erste Frau Sigrid fast eine Million für das Gestüt zur Verfügung gestellt hat. Du kannst Dinah nicht um dieses Geld bringen.«

»Du hast recht. Es ist ja auch testamentarisch von Sigrid geregelt worden, dass Dinah zu etwa siebzig Prozent Anteile des Gestüts erhält.«

»Siehst du«, murmelte Armgard. »Es muss eine andere Lösung geben. Dinah hat ihre ganze gute Erziehung vergessen und sich mit diesem haltlosen jungen Baron eingelassen! Die ganze Stadt spricht schon darüber.«

»Seit Langem schon«, stimmte der Graf zu. »Aber was werden sich die Leute nun erst die Münder zerreißen! Wenn wir uns jetzt in der Öffentlichkeit zeigen, Armgard, wird es wie ein Spießrutenlauf sein!«

Die Ehegatten schwiegen eine Weile.

»Es hilft alles nichts«, stöhnte Graf Trest. »Dinah muss heimkommen und darf sich vorläufig nicht sehen lassen, bis Gras über die Sache gewachsen ist.«

»Wirst du sie anrufen?«

»Nein!« Seine Antwort kam viel zu schnell. »Würdest du bitte in meinem Namen ...« Seine Stimme brach ab. »Nein, das kann ich nicht von dir verlangen, Armgard.«

»Doch.« Armgard Gräfin Trest griff nach dem Telefonhörer und wählte die Nummer von Dinahs Apartment.

Sie wartete eine Weile und wollte schon wieder auflegen, als endlich abgehoben wurde.

»Hallo, Dinah?«, sagte die Gräfin. »Hier spricht Armgard.«

»Hallo«, antwortete ihre zweiundzwanzigjährige Stieftochter.

»Dein Vater bittet dich, umgehend heimzukommen«, erklärte die Gräfin ruhig. »Sollen wir dir einen Wagen schicken?«

»Jetzt wollt ihr mir wohl eine Gardinenpredigt halten, nicht wahr?«, fragte Dinah. »Ich bin ziemlich fertig, Armgard. Ich wollte zu Rolande.«

»Zu deiner Freundin? Augenblick, Dinah ...« Die Gräfin ließ den Hörer sinken. »Heinrich, sie will zu ihrer Freundin Rolande fahren.«

Der Schlossherr nahm seiner Frau den Hörer aus der Hand.

»Dinah«, sagte barsch, »ich bitte dich nicht, nach Hause zu kommen, sondern ich befehle es dir. Nachdem du über unseren guten Namen Schande gebracht hast, wirst du diesem Befehl sofort Folge leisten, sonst wirst du meine ganze Wut zu spüren bekommen. Hast du mich verstanden?«

Was wird sie tun?, fragte sich die Gräfin bang. Sie kannte das wilde Temperament ihrer Stieftochter zur Genüge.

»Also gut«, hörte sie ihren Mann sagen, »dann komm mit deinem Wagen, den dieser Betrüger dir wohl von dem unterschlagenen Geld geschenkt hat. Ein Wunder, dass die Staatsanwaltschaft den Wagen noch nicht beschlagnahmt hat. Ich erwarte dich bis heute Abend. Adieu.« Er knallte den Hörer auf. »Sie besitzt ein Auto und wird damit zu uns kommen. Was sagst du jetzt? Ich wusste gar nicht, dass sie einen Führerschein hat.«

»Was sagt sie, Heinrich?«, erkundigte sich die Gräfin.

»Nicht viel. Sie sagte: ,Du hast mir gar nichts zu befehlen, Papa. Aber wenn du solchen Wert drauf legst, kann ich ja mal vorbeikommen'!«

»Unglaublich!«

»Sie ist renitent und frech«, murmelte der Graf. Er war vor Ärger blass geworden. »Gib nur acht, dass unsere kleine Gitti nicht ebenso wird, Armgard.«

Ihre gemeinsame siebenjährige Tochter war der Augapfel ihres Vaters.

»Keine Angst«, beruhigte sie ihn. »Bitte, sei nicht so böse auf Dinah. Sie ist jung, und vielleicht hat sie diesen Mann wirklich geliebt.«

»Dass ich nicht lache. Vor ihm war ein Kommilitone ihre große Liebe. Wie hieß er doch gleich? Dieter oder so ähnlich. Sie hat kein Rückgrat, lässt sich treiben und benimmt sich schamlos.«

Wenn es in ihrer Ehe Ärger gab, dann handelte es sich immer nur um Dinah. Armgard verteidigte ihre Stieftochter stets, so gut es ging. Dinah war nur acht Jahre jünger als sie und war nicht wirklich schlecht, sondern nur haltlos und ohne Ziel.

»Du glaubst, dass sie ihre Zusage einhält?«, fragte die Gräfin leise.

»Ja, sie wird kommen. Allerdings nur auf einen Sprung, aber da mache ich nicht mit. Ich werde in Zukunft die Kontrolle über sie haben.«

»Und wenn sie sich nichts von dir sagen lässt?«

»Dann bekommt sie keinen Heller aus dem Erbteil, solange ich lebe. Und natürlich sperre ich ihr dann auch den monatlichen Scheck«, brummte der Graf. »Es ist höchste Zeit, dass Dinah ihr Leben endlich in geordnete Bahnen lenkt. Sie braucht einen Mann.«

»Aber ...«

»Einen Ehemann«, verbesserte er sich. »Mit den Ausschweifungen ist jetzt ein für alle Mal Schluss. Das wäre ja gelacht, wenn ich nicht noch genug Autorität über Dinah besäße, um das durchzusetzen.«

Armgard Gräfin Trest blieb skeptisch. Ihre Stieftochter war ein eigensinniges Mädchen und hatte einen Dickkopf, der ihrem Vater schon viel zu schaffen gemacht hatte.

♥♥♥

Dinah von Trests Profil war kühn und rassig, und sie hatte seidiges dunkelblondes Haar.

Lässig umklammerte sie das Lenkrad, als sie nach Schloss Trest fuhr.

Immer wieder wanderten ihre Gedanken zu Daniel. Würde er sich gegen eine Kaution loskaufen können? Dans Vater hatte schon vor Jahren alle Beziehungen zu ihm abgebrochen. Und dieser Ulf Schneider war schon längst nicht mehr gut auf den Juniorchef der Firma zu sprechen gewesen.

Dan hat den Bogen überspannt, dachte Dinah. Die Vorstellung, er könnte allein in einer primitiven Gefängniszelle sitzen, war absurd. Daniel von Hombach war verwöhnt und liebte den Luxus.

Dinah von Trest verbannte Daniel aus ihren Gedanken und dachte an ihren Vater. Eigentlich war es völlig überflüssig, zu ihm hinauszufahren und sich seine Gardinenpredigt anzuhören. Sie wusste ohnehin schon im Voraus, was er sagen würde.

»Mit diesem liederlichen Leben muss Schluss sein. Du lässt dich treiben und führst ein schamloses Leben.«

Oh weh, dachte das schöne Mädchen aufseufzend. Was kann ich bloß dafür, dass Papa so hoffnungslos rückständig ist und dass dieses ganze kleine Städtchen Rottwerder an der Ilz so ein Provinznest ist? Sie war in Rottwerder zur Schule gegangen, es war ihre Heimatstadt, aber es lebten, nach ihrer Meinung, nur engstirnige Spießbürger dort.

In der Ferne sah sie das Schlossgebäude auftauchen. Zu Lebzeiten ihrer Mutter hatte es das angegliederte Gestüt Trest noch nicht gegeben. Sigrid Gräfin Trest hatte auf dem Sterbebett bestimmt, dass eine Million aus ihrem Vermögen für dieses Gestüt abgezweigt werden sollte.

Dinahs Vater war ein Pferdenarr, und dieses Gestüt war zu seiner Lebensaufgabe geworden.

»Du hast über unseren guten Namen Schande gebracht«, hörte sie ihren Vater in Gedanken sagen.

Sie bog von der Hauptstraße ab und lenkte ihren Wagen die Zufahrt zum Schloss entlang.

Pah, was heißt das schon? Schande?, dachte sie gereizt. Ja, sie war Daniels Freundin gewesen, aber dass er so viel Geld in seiner Firma unterschlagen hatte, das hatte sie nicht geahnt.

Als Dinah um eine Kurve bog, musste sie scharf bremsen. Entgeistert blickte sie auf den jungen Mann in Ledermontur, der mitten auf dem Fahrdamm saß und sein Motorrad in seine Einzelteile zerlegte.

»Sind Sie eigentlich noch zu retten?«, rief sie aus dem offenen Wagenfenster. »Wie können Sie sich so dicht hinter der Kurve mitten auf die Straße setzen?«

»Haben Sie einen Schraubenschlüssel dabei?«, fragte der Fremde statt einer Antwort.

»Nein. Und wenn ja, würde ich Ihnen nicht aushelfen. Verschwinden Sie.«

Der junge Mann hatte blondes Haar, ein glattes, gut geschnittenes Gesicht und leuchtend grüne Augen.

»Hat Ihnen schon einmal jemand gesagt, dass Sie humorlos sind?«, erkundigte er sich seelenruhig.

»Geben Sie endlich die Straße frei«, rief sie erzürnt. »Wer sind Sie eigentlich?«

»Kersten Born, wer sonst?«

»Ich kenne Sie nicht. Und ich fordere Sie das letzte Mal auf, mir den Weg freizugeben.«

Um ihre Worte noch gebührend zu unterstreichen, hupte sie anhaltend.

Sekundenlang sah der Mann zu ihr hin, dann zuckte er die Schultern und betrachtete ein winziges Ersatzteil, das wie ein Ventil aussah.

Außer sich vor Zorn lenkte Dinah das Fahrzeug ein Stück zurück, schaltete den Vorwärtsgang wieder ein und raste nach vorn, direkt auf den Mann zu. Er schien eiserne Nerven zu haben, denn er blickte nicht einmal auf, als sie heranjagte.

Wenige Zentimeter von ihm entfernt riss Dinah das Steuer herum, weil sie um ihn herumfahren wollte. Doch es kam, wie sie es befürchtet hatte: Der linke Vorder- und der linke Hinterreifen rutschten in den Straßengraben.

Dinah kletterte zornig heraus und besah sich den Schaden. Dann eilte sie auf den Fremden zu.

»Herr Born«, keuchte sie, »daran sind Sie allein schuld! Sie sind ein Flegel und Spötter. Ich werde das nicht auf sich beruhen lassen ...«

Er betrachtete immer noch das Ersatzteil, das er in den ölverschmierten Händen hielt, und blieb stumm.

Dinah notierte sich die Zulassungsnummer des Motorrades und ging zu Fuß weiter.

Sie hatte Glück. Herr Poll, ein Mitarbeiter ihres Vaters aus dem Gestüt, kam gerade mit dem Wagen aus einem der Waldwege.

»Nehmen Sie mich bitte mit, Herr Poll«, bat sie.

Als sie neben ihm saß, berichtete sie empört von ihrem Erlebnis mit dem jungen Mann.

»Hat er Ihnen denn seinen Namen nicht genannt?«, fragte Gunter Poll neugierig. »Für gewöhnlich gibt es keine Fremden auf dem Schlossbesitz.«

»Kersten Born oder so ähnlich.«

»Kersten von Born? Aber gnädiges Fräulein, auf den warten wir ja.«

»Wieso? Wer ist das?«

»Ja, lesen Sie denn nicht die Sportberichte in den Zeitungen? Er ist Turnierreiter und hat schon zweimal im großen Rennen die Goldene gemacht.«

Jetzt dämmerte es Dinah von Trest, diesen Namen schon einmal gehört zu haben.

»Er will sich nach einem neuen Pferd bei uns umschauen«, berichtete Gunter Poll stolz. »Das wäre für unser Gestüt eine großartige Werbung, wenn der berühmte Kersten von Born auf einem Trest-Pferd von Sieg zu Sieg ritte. Ihr Herr Vater will ihm den zweijährigen Parzival anbieten.«

Die Zeit, in der sich Dinah für Pferde und für den Reitsport interessiert hatte, war längst vorbei.

»Was geht mich das an?«, fragte sie. »Er hat sich unmöglich benommen.«

Das Schloss kam in Sicht. Früher war Dinah sehr stolz gewesen, hier zu leben, doch sie wohnte jetzt lieber in ihrem Apartment in der Stadt, das sie vor drei Jahren bezogen hatte.

Poll hielt vor dem Hauptportal und ließ Dinah aussteigen.

»Ich kümmere mich sofort darum, dass Ihr Wagen aus dem Straßengraben gezogen wird«, versprach er ihr.

»Wenn Sie diesen Herrn von Born treffen, machen Sie ihm klar, dass er sich in mir eine Feindin gemacht hat!«

♥♥♥

Dinah stieg aus und ging langsam die Treppe zum Hauptportal hinauf.

Armgard Gräfin Trest erwartete sie in der Schlosshalle.

»Guten Tag, Dinah.« Sie küsste ihre Stieftochter auf die Wange. »Bist du ohne Wagen gekommen?«

»Das Auto liegt im Straßengraben.« Dinah zuckte die Achseln. »Poll kümmert sich darum. Wo ist Papa, Armgard?«

»Ich soll dich gleich zu ihm ins Arbeitszimmer bringen!« Die Gräfin sah sie bekümmert an. »Er hat sich schrecklich aufgeregt. Dinah, vermeide bitte eine ernste Auseinandersetzung. Er muss sich sehr schonen.«

Komtess Dinah war der Meinung, dass ihre Stiefmutter immer ein wenig übertrieb, wenn es um die Gesundheit ihres Vaters ging.

Die Gräfin öffnete die Tür zum Arbeitszimmer.

»Heinrich, Dinah ist gekommen«, meldete sie ihrem Gatten. Sie nickte Dinah zu. »Bis nachher.« Sie ging hinaus und zog die Tür von außen zu.

Es erstaunte Dinah, dass ihre Stiefmutter bei der Unterredung nicht anwesend war. Sie trat auf den Schreibtisch zu.

»Guten Abend, Papa.«

»Guten Abend. Setze dich da hin, Dinah. Ich habe mit dir zu reden.«

Die blitzenden hellgrauen Augen unter den starken Brauen verrieten die Erregung des Grafen.

»Du wirst noch vor Ablauf dieses Jahres heiraten«, erklärte er ihr.

Dinah hielt das für einen Scherz und lachte laut auf.

»Wie bitte?«

»Du hast mich ganz gut verstanden, Dinah. Du wirst heiraten. Es geht nicht an, dass du unsere ganze Familie zum Gespött der Leute machst. Du bist zweiundzwanzig Jahre alt, also gerade im richtigen Alter, um zu heiraten.«

»Aber Papa«, erwiderte Dinah hitzig, »ich denke gar nicht daran, mit irgendeinem Mann vor den Traualtar zu treten. Was bildest du dir ein?«

»Ich bilde mir ein, dass ich dich endlich meine ganze Strenge fühlen lassen muss«, donnerte er. »Du bist gewöhnt, das Geld mit vollen Händen aus dem Fenster zu werfen. Dem werde ich einen Riegel vorschieben, meine liebe Dinah. Entweder du heiratest so schnell wie möglich, oder ich sperre dir sämtliche Geldmittel. Dazu habe ich nämlich das Recht. Sigrid, meine erste Frau und deine Mutter, vertraute mir, Dinah. Sie überließ es mir, dir aus ihrem Vermögen die nötigen Mittel zuzuteilen. Ich kann sie dir auch sperren, wenn ich der Meinung bin, dass du einmal völlig aufgerüttelt werden musst.«

»Papa!« Dinah war fassungslos. »Soll das heißen, dass du mir ein Ultimatum stellst?«

»Genauso ist es. Dein Umgang missfällt mir schon lange. Du glaubst, dass ich nie etwas von deinem ausschweifenden Leben mitbekommen habe, weil du eine kleine Wohnung in Rottwerder zu deinem Domizil ernannt hast? Da irrst du dich. Du hast dich maßlosen Leuten angeschlossen, und den allerübelsten Ruf hat der junge Hombach. Von dem nimmt doch keiner ein Stück Brot mehr. Er hat Geld unterschlagen und sitzt im Gefängnis. Wie fühlst du dich als seine Komplizin?«

»Du glaubst doch wohl nicht, dass ich Daniels Mittäterin bin? Erst als sie ihn verhaftet haben, erfuhr ich, auf welche Weise er sich das Geld beschafft hatte. Ich fiel aus allen Wolken, Papa.«

»Ob du nun informiert warst oder nicht: Alle Welt weiß jetzt, wie du quasi unter meinen Augen über die Stränge geschlagen hast. Ich schäme mich vor unseren Verwandten und Bekannten, vor meinen Freunden und Nachbarn.«

»Du schämst dich deiner ungeratenen Tochter, ja?«

»Das tue ich. Und so lange ich meine Hand auf dein Geld halten kann, werde ich versuchen, Einfluss über dich zu gewinnen.«

»Ich lasse mich nicht so einfach verheiraten, Papa«, protestierte sie.

»Du kannst dir deinen Mann selbst aussuchen«, schlug der Graf schwer atmend vor, »aber er muss Gnade vor meinen Augen finden. Wenn du mir bis zum fünfzehnten Oktober keinen annehmbaren Vorschlag gemacht hast, werde ich dir einen Mann nennen, mit dem du dich umgehend verloben wirst.«

Dinah begann zu ahnen, dass es ihrem Vater ernst war.

»Darf ich fragen, ob du schon einen Mann für mich in Aussicht hast?«, erkundigte sie sich mit leichtem Spott.

»Du brauchst es gar nicht von der lächerlichen Seite zu nehmen«, ermahnte er sie schroff. »Es gibt zwei Männer, die ich ins Auge gefasst habe. Der eine ist Felix von Tylsen ...«

»Papa! Der ist schon dreimal Witwer geworden«, unterbrach Dinah ihn, »und er dürfte fast fünfzig sein.«

»Ich bin sein Gläubiger. Er ist mir einen hohen Betrag schuldig. So übel sieht er doch nicht aus!«

»Ich kann ihn nicht ausstehen. Wie kommst du dazu, ihn für mich als Mann auszusuchen, Papa?«