9,99 €
"Die Wunscherfüller" ist eine fantastische Geschichte, die sich dennoch jederzeit genauso an jedem Ort der Welt ereignen könnte. Heiner steckt fest. In einem Beruf, den er nicht mag, in einer lieblosen Ehe, in einer Familie ohne Nähe und in einem Haus, das ihn finanziell überfordert. Für einen Neuanfang fehlt ihm der Mut - bis er die Wunscherfüller trifft und sich sein Leben und das seiner Familie vollständig verändert.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 134
Veröffentlichungsjahr: 2022
DevaDé Keßlau
DieWunscherfüller
Für alle Menschen,
die die Hoffnung
niemals aufgeben.
DevaDé Keßlau
DieWunscherfüller
Impressum:
©DevaDé Keßlau, 2022
Foto Autorin: ©Martin Stockberg, Aachen
Umschlag: tredition coverdesign
ISBN
978-3-347-75737-0
(Softcover)
978-3-347-75739-4
(E-Book)
Druck und Distribution im Auftrag der Autorin: tredition GmbH, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Germany
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist die Autorin verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne ihre Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag der Autorin, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Deutschland.
Über dieses Buch:
„Die Wunscherfüller“ ist eine fantastische Geschichte, die sich dennoch jederzeit genauso an jedem Ort der Welt ereignen könnte.
Wir alle haben Hoffnungen und Träume. Einige können zur Wirklichkeit werden. Einige sind Illusionen. Mit einer Ausnahme: Sie treffen einen der Wunscherfüller …
Über die Autorin:
DevaDé Keßlau folgt mit viel Freude verschiedenen Berufungen. Sie ist Autorin und Kunstmalerin (devade.de) und die Inhaberin von MENSCH individuell® (mensch-individuell.de). Sie lebt mit ihrer Familie in Dortmund.
Bereits im tredition-Verlag erschienen:
„Liebe – Wegweiser der geistigen Welt“, 2020
1.
Als ich aufwache, bin ich zwölf Jahre alt.
Meine Augen schauen nach oben und sehen eine helle, leicht schimmernde Decke mit vielen kleinen Lämpchen.
Verwundert reibe ich mir über das Gesicht. Eine schimmernde Decke mit Lämpchen? Gewünscht habe ich mir so etwas oft.
Ich schließe die Augen. Nun, ich träume wohl. Schöner Traum.
Ich schaue erneut nach oben. Über mir glitzert es. Mein Blick gleitet zum Fenster. Die Sonne scheint ins Zimmer. Riesige Fenster – offen – keine Gardine. Das Licht flutet den Raum. Schöner Traum.
Meine Hände fühlen einen angenehm kühlen Stoff. Das Gewebe knistert und fühlt sich zugleich leicht und wattig an. So ein schöner Traum.
„Laurin? Willst Du denn heute gar nicht aufstehen?“ Eine Frauenstimme, hell und klar. Sie hört sich dennoch an, als sei sie weit weg. „Laurin? Bist Du wach?“
Ich beschließe, weiter zu träumen, und drehe mich mit geschlossenen Augen auf die Seite.
Das Letzte, was ich jetzt brauche, ist eine Unterbrechung meines angenehmen Schlummers. Das Kopfkissen raschelt leicht unter meinem Haar, und in der herrlich üppigen Bettdecke kann ich mich ganz vergraben.
„Laurin? Du kommst zu spät zur Schule, wenn Du jetzt nicht sofort aufstehst.“
Dass Träume immer so realitätsnah sein müssen. Ich grummele vor mich hin und beschließe, weiter liegen zu bleiben. Als die Tür auffliegt und eine resolut wirkende Dame mit auf den Hüften aufgestützten Händen im Türrahmen steht, werde ich ebenso schlagartig wie unsanft wach.
„Laurin! Wie oft muss ich Dich denn heute rufen? Es ist kurz vor sieben. Du kommst zu spät in die Schule.“
Meine Verblüffung kann nicht größer sein. Eine Dame im mittleren Alter, hübsch anzuschauen, mit mittellangen, leicht rötlichen Haaren und funkelnden hellen Augen steht mitten im Raum. Sie holt tief Luft. „Laurin! Hallo! Wann gedenkst Du aufzustehen?“ Ihre Finger trommeln leicht auf der perfekt sitzenden, hellen Jeans.
Mit einem Ruck sitze ich senkrecht. Was ist hier los? Ich kenne keinen Laurin, kenne diese Frau nicht. Und dass diese Person schon wieder zu einer neuen Bemerkung anzusetzen scheint, treibt mich in die hinterste Stelle des Bettes. In meinem Kopf rasen die Gedanken.
Habe ich gestern getrunken, habe ich einen Blackout, wie komme ich hierher, habe ich meine Ehefrau betrogen? Wo bin ich? Was ist geschehen? Wer ist diese Frau?
Und schon steht sie direkt vor mir. Mit einer entschlossenen Bewegung zieht sie meine Decke an sich und wirft diese zur Seite auf das Sofa.
„Laurin, das ist meine letzte Warnung. Seit zehn Minuten rufe ich Dich. Mir reicht es langsam. Steh jetzt endlich auf!“
Ich schlinge schutzsuchend meine Arme um meine Beine und fühle verwirrt, dass ich überall Stoff spüre. Stoff? Ich trage nachts kaum etwas. Das ist mir zu warm, zu unbequem. Ich gehe mit einer Unterhose schlafen. Und jetzt habe ich eine Hose und ein Shirt an? Was ist hier los?
Das Gesicht der Frau ist auf einmal sehr nah. Sie beugt sich über mich.
„Frühstück in zehn Minuten, mein Freund!“
Und raus ist sie. Ihr leicht blumiges Parfüm hängt in der Luft wie ein Hauch vergessener Zeiten und erinnert mich daran, dass ich mich an nichts erinnere.
Ich sitze starr in einem mir fremden Bett, werde von einer mir unbekannten Frau geweckt und trage offenbar so etwas wie einen Schlafanzug.
Ich bin über Nacht verrückt geworden. Ja, das muss es sein. Ich bin verrückt geworden und nun sitze ich in einem Zimmer in der Nervenheilanstalt und - weil ich ja verrückt bin - denke ich, dass ich in einem fremden Bett mit einem Schlafanzug liege. Gute Erklärung.
Ich beginne zu frieren. Die fehlende Decke macht mir bewusst, wie kühl es in dem Raum ist.
Ein sehr großer Raum, wie mir nun auffällt. Ein heller Schrank, glänzend, aus Holz, sehr gepflegt, unverkennbar eine Antiquität. Soll das etwa ein Kleiderschrank sein?
Ein Tisch, ebenfalls ein altes Stück. Ein breites Sofa mit vielen Kissen. Und dann diese großen, bodentiefen Fenster. Ohne Gardinen, nur mit Vorhängen, die weit zurückgezogen sind. Vor dem Fenster sehe ich nur Weite. Ein Stück Himmel, ein Stück Grün, Sträucher und Bäume.
Meine Schlafstatt ist breit, sehr breit, offenbar eine einzige große Matratze. Hell, fast weiß. Vorsichtig beginne ich sitzend leicht auf und ab zu hopsen. Kein Geräusch, kein Ton, keine quietschenden Stahlfedern. Absolut kein Geräusch.
„Frühstück in zehn Minuten“, das waren ihre Worte. Das „mein Freund“ klang nicht sehr freundschaftlich, es hatte einen drohenden Unterton.
Wie viel Zeit ist schon vergangen? Eine Minute, drei Minuten? Erst jetzt wird mir bewusst, wie schnell mein Herz schlägt. Es hämmert von innen gegen meinen Brustkorb und treibt mich im Stakkato vor sich her.
Mit einem Satz bin ich aus den Federn. Verblüfft stelle ich fest, dass ich gesprungen bin und nun an der Längsseite des Bettes stehe. Völlig schmerzlos bin ich von der Matratze gehüpft. Das gab es seit über zehn Jahren nicht mehr. Die Arthritis hat beide Knie fast völlig zerstört. Mein Tag beginnt mit Schmerztabletten und er endet mit Schmerztabletten. Und nun stehe ich hier und mir tut nichts weh.
Vorsichtig setze ich einen Fuß vor den anderen. Kein Knacken, kein Knirschen. Nichts, absolut nichts. Ich bewege mich völlig schmerzfrei. Fantastisch. Was immer ich gestern getrunken habe, was immer diesen Blackout erzeugt hat, die Nachwirkungen sind sensationell.
Entfernt höre ich Geschirr klappern und mehrere Stimmen. Wie viel Zeit ist vergangen?
Hektisch schaue ich mich um. Wo sind meine Sachen?
Auf einem Stuhl liegen einige Kleidungsstücke, achtlos hingeworfen, der Größe nach zu urteilen von einem Kind.
Wo aber sind meine Sachen und zu wem gehören diese vielen Stimmen vor der Tür? Laufe ich gleich einem betrogenen Ehemann über den Weg?
Die Begeisterung über meine Schmerzfreiheit lässt nach. Wo bin ich hier?
Ich spüre den Teppich unter meinen Füßen. Ein dicker, flauschiger Teppich. Und meine nackten Füße. So jung und so gerade.
Jung und gerade?
Ich bin vierundfünfzig Jahre alt. Meine Füße sind weder jung noch gerade. Zwei meiner Zehen sind leicht geknickt, die rechten Großzehen weichen nach außen ab. Aber die Füße, auf die ich nun von oben schaue, sind jung und erscheinen vollständig gesund.
Von oben schaue?
Die Füße, auf die ich schaue, sind ziemlich nah. Viel näher als sonst. Ich versuche, den Abstand zu meinen Augen abzumessen.
Ich bin geschrumpft über Nacht, kein Zweifel, und ich bin ganz sicher völlig verrückt, weil ich auf zwei gesunde Füße schaue.
Auf einmal zieht sich alles in mir zusammen.
Mein Herz, mein Magen, mein Kopf – alles scheint gleichzeitig völlig aus dem Takt zu kommen.
2.
Es ist einer dieser Montage, an denen ich schon morgens weiß, dass es kein guter Tag, ja nicht mal eine gute Woche für mich werden wird.
Frederik ist mit starkem Husten aufgewacht, meine Frau hat kaum geschlafen und Natalie ist in letzter Zeit eh meistens unausstehlich.
Der Montag ist der schlimmste Tag der Woche.
Das frühe Aufstehen setzt mir ebenso zu wie die ständigen Auseinandersetzungen mit meiner pubertierenden Tochter und die üblicherweise endlosen Diskussionen mit meinem Sohn.
Wenigstens bleiben mir heute die Gespräche mit Frederik über den Weltfrieden und über diverse Konzernmachenschaften erspart. Ein kleiner Lichtblick.
Margot schaut müde aus, zu müde für den ersten Tag nach dem Wochenende. Sie schlürft ihren Kaffee und sagt kein Wort. Sie sagt selten etwas und wenn, dann sind es Belanglosigkeiten über das Haus, das Auto oder das Wetter.
Wir sind seit über achtzehn Jahren ein Paar, seit fünfzehn Jahren verheiratet, haben zwei gemeinsame Kinder. Und doch sind wir uns fremd geblieben oder uns fremd geworden.
Montag ist der schlimmste Tag der Woche.
Immer montags gibt es in der Firma die Konferenzen. Immer montags wird der ganze Unmut der Firmenleitung über uns ausgeschüttet. Immer montags. Seit fünfundzwanzig Jahren immer montags. Nicht einmal dienstags oder donnerstags. Immer montags.
Meistens bin ich daher schon ab Sonntagmittag schlecht gelaunt und ziehe mich in den Werkzeugkeller zurück.
Diese Montage. Kann nicht mal jemand Wochen ohne Montage erfinden? Das würde ich mir etwas kosten lassen. Bei dem Gedanken muss ich schmunzeln.
„Wie Du lächeln kannst, wenn Frederik so krank ist, verstehe ich nicht“, nörgelt Margot.
Das kann sie gut. Kaum habe ich einen kleinen Grund zur Freude, kommt eine verbale Attacke. Darauf ist Verlass. Sie lässt keine Chance vorüberziehen.
War das eigentlich schon damals so, als wir uns kennengelernt haben? Ich kann mich nicht erinnern.
Frederik hustet und spuckt zum wiederholten Mal quer über den Tisch. In mir macht sich leichte Übelkeit breit.
Schon wieder Montag, ein hustender Teenager, eine pubertierende Tochter und eine attackierende Ehefrau.
Ich habe das alles so satt. Ist das hier mein Leben? Ist das hier das Ende?
Gedankenverloren trinke ich meinen Kaffee.
Montag - vor meinem inneren Auge erscheint Dr. Lindenau. Der Dr. Lindenau, der mir jeden Montag sagt, dass ich ein Versager bin und ich es in der Vorwoche wieder nicht geschafft habe, meine Zahlen zu erreichen. Der gleiche Dr. Lindenau, der unserer Sekretärin immer wieder an den Po greift und selbst am lautesten über seine immer gleichen schlechten Witze lacht.
Wenn ich noch einmal auf die Welt komme, haue ich ihm die Faust ins Gesicht. Ein leichtes Lächeln umspielt mein Gesicht.
„Ich verstehe nicht, warum das Auto immer noch nicht repariert ist. Seit drei Wochen lässt es sich schlecht starten“, insistiert meine Frau.
Am besten lächele ich nur noch nach innen, dann bleiben mir wenigstens diese Nörgeleien erspart.
Ich könnte ja einfach gehen. Meine Ehe beenden, die Scheidung einreichen, das Haus verkaufen, den Montagen auf Dauer entfliehen und ein neues Leben anfangen. Doch ich bin feige und ängstlich.
Natalie will Geld von mir für die Klassenfahrt. Schon wieder eine Klassenfahrt? War die nicht schon letzten Monat? Ich zücke mein Portemonnaie und strecke ihr die einhundertzwanzig Euro hin. Kommentarlos nimmt sie das Geld, steht auf und geht.
Wohin geht meine Tochter morgens um 7.20 Uhr, wenn die Schule erst um 8.00 Uhr beginnt? Bei Gelegenheit muss ich das mal überprüfen.
Frederik befindet sich mittlerweile in intensiven Diskussionen mit Margot, dass er mit diesem Husten auf keinen Fall in die Schule gehen könne.
Ich kenne die Alternative, von früh bis spät irgendwelche Computerspiele spielen. Am liebsten noch weltweit. Wie das mit seinen Friedensmissionen zusammenpasst, wird sich mir wohl nie erschließen.
Margot lässt sich erweichen. Montags hat auch sie keine Kraft, um mit unserem Sohn zu diskutieren.
Was würde ich anders machen, wenn ich noch einmal neu anfangen dürfte? Würde ich etwas anders machen?
3.
Wo ist hier ein Spiegel? Gibt es hier denn keinen Spiegel? Ich schaue mich hektisch um.
In der Mitte des großen Schrankes auf der Querseite des Zimmers – da ist er. Glänzend und groß. Mir scheint, als warte er auf mich.
„Heiner, dreh jetzt nicht durch! Es ist nur ein Spiegel.“
Ich beginne zu zittern. Von einer Sekunde zur anderen wird mir heiß und kalt zugleich. Meine Hände werden feucht, die Knie weich.
Ich taste mich an der Wand entlang zum Schrank. Drücke mich ganz dicht an eine Tür. So dicht, damit ich auch ja nichts von mir sehen kann.
Was oder wen würde ich im Spiegel erblicken? Mein Herz schlägt bis zum Hals und darüber hinaus. Meine Rippen können es kaum noch an seinem Platz halten.
Mit fest geschlossenen Augen schiebe ich mich langsam vor den Spiegel. Nichts geschieht. Ich kann meine Augen nicht öffnen. Sie gehorchen mir nicht.
Als die Zimmertür plötzlich aufgeht, erschrecke ich mich so sehr, dass ich zur Seite springe. Abwechselnd schaue ich zu dem kleinen Mädchen, das im Türrahmen steht und zu der Gestalt, die mir aus dem Spiegel entgegenschaut.
„Mensch, Laurin! Mama ist schon voll sauer auf Dich. Wie lange brauchst Du denn noch?“
* * *
Ich wache im Bett wieder auf.
Die Frau mit den hellen Augen über mich gebeugt, das kleine Mädchen mit verheulten Augen dahinter und ein Mann, der ihr beruhigend die Hand auf die Schulter legt.
„Keine Sorge, Sandrine. Laurin ist nur ohnmächtig geworden. Das kann in seinem Alter schon mal passieren.“
„Ich habe nur die Tür aufgemacht und ihm gesagt, dass Mama sauer ist und dann hat er mich angestarrt und ist umgekippt.“
Ihr ist die Bestürzung noch deutlich anzumerken und ich spüre, dass es mir leidtut, sie so sehr erschreckt zu haben.
„Wir müssen Dr. Pauli anrufen und ihn herbitten.“
Die Frau klingt bestimmt. Mit einer Hand auf meinem Unterarm und der anderen an ihrem Mobiltelefon ruft sie Dr. Pauli an, der verspricht, noch vor der Öffnung seiner Praxis vorbeizukommen. Er wohnt in der Nähe.
Der Kinderarzt ist ein heiterer Mann, der mit einer bunten Tasche mit allerlei Gerätschaften darin, wenig später mein Zimmer betritt. Stocksteif liege ich da und werde von ihm untersucht.
„Na Laurin, Du Racker“, sagt er in vertraulichem Ton und kneift dabei ein Auge zu. Dabei streckt er mir eine geöffnete Handfläche hin und erwartet offenbar, dass ich abklatsche.
Müde hebe ich meinen rechten Arm und schon klatscht er ab.
„Na, geht doch, mein Junge.“
„Muss Laurin jetzt sterben?“, höre ich die schrille Stimme von dem kleinen Mädchen.
„Nein, Laurin muss ganz sicher nicht sterben“, beruhigt sie Dr. Pauli.
„Deinem Bruder geht es schon wieder viel, viel besser.“
Bruder? Wieso Bruder? Welchem Bruder? Wem geht es schon wieder viel besser?
Ich lasse alles über mich ergehen. Das Fiebermessen, das Abtasten meines Bauches, das Abhören meines Herzschlages. „Ganz schön schnell für so einen jungen Burschen“, murmelt Dr. Pauli. Weiter geht es mit Abklopfen und dem Messen des Blutdruckes. Mir ist alles egal.
Mit ernstem Gesicht richtet sich Dr. Pauli schließlich auf. „Ihr Sohn hat ganz offensichtlich so etwas wie einen Schock erlitten. Alle Anzeichen deuten darauf hin. Können Sie sich das erklären?“
Die Frau und der Mann schütteln sich fragend anschauend den Kopf. Das kleine Mädchen beginnt wieder zu weinen. „Ich habe ihn doch nur zum Frühstück holen wollen“, wimmert sie, während ihr dicke Tränen über das Gesicht laufen.
„Wir lassen den kleinen Patienten nun ein wenig zur Ruhe kommen und sprechen draußen weiter“, sagt Dr. Pauli.
Kurze Zeit später bin ich allein im Raum.
Vor dem Zimmer höre ich flüsternde Stimmen.
4.
Ich höre Stimmen.
So weit ist es jetzt schon mit mir gekommen. Fassungslos liege ich im Bett. Zarte, sanfte Stimmen, die mich rufen:
„Laurin! Laurin, aufwachen! Wir sind es.“
Ich öffne langsam die Augen, kann aber niemanden sehen.
„Laurin, hallo!“
Ich versuche, die Stimmen im Raum zu orten, jedoch gelingt es mir nicht.
„Laurin?“
Egal wie ich mich drehe und wende, ich kann keine Menschenseele entdecken, höre allerdings weiterhin die Stimmen, die mich rufen.
„Hey da“, rufe ich. „Ich kann Euch nicht sehen. Wo seid ihr?“
Stille.
„Hallo? Wo habt ihr Euch versteckt?“
Stille.
„Heute … erfüllen wir Dir Deinen Wunsch.“
„Welchen Wunsch?“
„Deinen Wunsch nach einem anderen Leben.“
„Nach einem anderen Leben?“
„Ja, nach einem anderen Leben.“
„Ich verstehe nicht.“
„Du hast es Dir so oft gewünscht - ein anderes Leben. Nun, heute erfüllen wir Dir diesen Wunsch.“
Ich bin völlig perplex und starre vor mich hin. Offenbar sind ein paar Stunden vergangen. Die Sonne steht sichtbar hoch am Himmel und es ist noch heller in meinem Zimmer.