Die Zeitpfanne: Episode I - Martin Busse - E-Book

Die Zeitpfanne: Episode I E-Book

Martin Busse

0,0
14,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Geschmiedet aus Kupfer und Eisen, wieder zum aktiven Leben geweckt, stand sie da, von Spinnweben und Zeitenstaub gerahmt. Fühlen Sie die Vibrationen der Zeitpfanne auf Ihrer Brust, wenn Sophie und Mark mit der Pyramide und dem Kupferadler in die Vergangenheit reisen. Geheimnisvolle Pergamente und unglaubliche Werkzeuge helfen den beiden, mit Hinweisen und geheimen Formeln sich selbst und die Pfanne auf abenteuerlichen und gefährlichen Reisen durch verschiedene Menschheitsepochen nicht in der Zeit verloren zu gehen. Edle Zutaten zeigen Ihnen die Wege in dramatischen, liebenswerten und lebensgefährlichen Situationen. Finden Sie Freunde, Geheimnisträger, aber auch nicht wohlgesinnte Zeitgenossen auf diesen spektakulären Reisen. Beratend und unterstützend, mit dem Wissensschatz der besten Koryphäen ihrer Zeit, was das Thema Menschheitsgeschichte angeht. Protagonisten und Antagonisten werden Ihnen mit Sicherheit ans Herz wachsen und lassen Sie tief in diese Geschichten eintauchen. Das ist ein Buch für Freunde von packenden Abenteuern, ergreifenden Hintergrundgeschichten, mit dramatisch durchzogenen Erzählungen und gespickt mit spektakulären Schicksalen. Lassen Sie sich faszinieren und tauchen Sie tief in die fesselnden Geschichten der Zeitpfanne ein. Geschichten enden nicht, sie folgen ihrem Weg.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.


Ähnliche


Kapitel 1 - Zeitenstaub
Kapitel 2 - Pergament
Kapitel 3 - Entschlossenheit
Kapitel 4 - Versuch
Kapitel 5 - Kloster
Kapitel 6 - Analyse
Kapitel 7 - 20 Löffel
Kapitel 8 - Fragen
Kapitel 9 - Bastion
Kapitel 10 - Schriftrollen
Kapitel 11 - Ekstase
Kapitel 12 - Rückfahrt
Kapitel 13 - Tombelaine
Kapitel 14 - Bunker

 

 

Die Zeitpfanne

 

Episode I

 

Martin Busse

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

1. Auflage

Hardcoverbuchausgabe bei Tolino Media 2025

© 2025 Alle Rechte vorbehalten.

Annett & Martin Busse

Titelbild-Adobe Stock-Datei Nr.: 923687361

Text, Buch- und Umschlaggestaltung:

Martin Busse

[email protected]

ISBN 9783759284525

 

 

 

 

 

Die Zeitpfanne

 

Episode I

 

Martin Busse

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Geschmiedet aus Kupfer und Eisen,

wieder zum Leben erweckt stand sie da,

von Spinnweben und Zeitenstaub gerahmt.

Fühlen Sie die Vibrationen der Zeitpfanne

auf ihrer Brust, wenn Sophie und Mark mit

der Pyramide und dem Kupferadler in die

Vergangenheit reisen. Geheimnisvolle Pergamente helfen den beiden mit Hinweisen und geheimen

Formeln, die abenteuerlichen und gefährlichen Reisen zu bestehen. Beratend und unterstützend,

mit dem Wissensschatz von den besten Koryphäen unserer Zeit, was das Thema Menschheitsgeschichte angeht. Protagonisten und Antagonisten werden Ihnen mit Sicherheit ans Herz wachsen und lassen Sie tief in diese Geschichten eintauchen.

 

Das ist ein Buch für Freunde von packenden

Abenteuern, ergreifenden Hintergrundgeschichten mit dramatisch durchzogenen Erzählungen gespickt.

 

Lassen Sie sich faszinieren und tauchen Sie tief in die nicht endenden Geschichten der Zeitpfanne ein.

 

Martin Busse, 1971 geboren.

Mit stets nach vorn schauenden Inspirationen, die durch die Kulinarik der letzten Jahrzehnte geprägt wurden, begleiten ihn seine Arbeit, Poesie

und Lyrik in der Familiengastronomie.

 

Ein ganz besonderer Dank geht an meine liebe Frau Annett und meine beiden Kinder Beatrice und René. Sie haben es ermöglicht, dass diese und weitere spannende Geschichten, gespickt mit kulinarischen Eingebungen, das Licht der literarischen

Welt erblicken dürfen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kapitel 1 - Zeitenstaub

Von Spinnweben und geschichtenerzählenden Staub verhüllt stand sie da. Seit Jahrzehnten unbeachtet und ignoriert. Mit ihrem breiten Rand und dem geschmiedeten langen Eisengriff lehnte sie kraftstrotzend an den Stufen einer sieben Meter hohen Steinpyramide. Ein ausschweifender Kupferadler auf der Spitze spannte seine Flügel weit und schützend über diesen Ort, unserer Zeit hier an der Algarve im Süden Portugals.

Kaum zu erkennen vom Zeitenstaub und dem Sand des nahe liegenden Atlantikstrandes, lehnte sie am Fuße der Pyramide.

Ich packte unter den Augen meiner Frau in voller Anmut den massiven Eisengriff der Pfanne, mit dem geschmiedeten Loch am Ende.

Erschrocken und beeindruckt über das Gewicht nahm ich die andere Hand zu Hilfe.

Sophie staunte mit offenem Mund. Der Durchmesser der Pfanne hatte die Breite eines Unterarms und einen Griff der zwei Fuß Länge hat, was diese antike Kupferpfanne gewaltig aussehen ließ. Befreit von der Staubschicht offenbarte sich diese Rarität ohne Gleichen und brachte ihre beeindruckende Schönheit ans Tageslicht.

Karl, unser langjähriger Freund, begnadeter Künstler und Wächter dieses voller Kreativität und Geheimnis umwobenen Anwesens, sah uns erstaunt an. Ihm war nicht klar, dass die Pfanne weiterhin in seinem Besitz war. Anhand einer Familienchronik tauchte diese ab und zu wieder auf. Die letzten Aufzeichnungen liegen 120 Jahre zurück und stammen von einem Schloss in Süddeutschland. Die Kupferpfanne erhalten nur Personen, die der Kulinarik von ganzem Herzen zugewandt sind.

Karl war in seiner Jugend Koch aus Leidenschaft. Heute, im hohen Alter, ist er nur noch ein lustvoller Genießer edler Speisen und Aromen.

Mit der geheimnisvollen Pfanne in den Händen fragte ich Karl, was es mit der Pyramide und dem Adler auf sich hat. Er erwiderte aufgeregt mit zitternder Stimme und vollem Temperament.

„Diese drei Objekte müssen gemeinsam aufbewahrt werden.

Egal, in welcher Größenordnung sie sich darstellen.

Es gehört eine Steinpyramide und ein mit Flügeln aufgespannter Kupferadler zur Pfanne.“

Diese wunderschöne, mit kräftigen Gebrauchsspuren gezeichnete Kupferpfanne lag voll mit Geheimnissen in unseren Armen. Karl stand vor uns und sah Sophie und mich mit weit aufgerissenen und Tränen anlaufenden Augen staunend von oben bis unten musternd an. In diesem Moment wollte ich ihm die Pfanne wiedergeben, doch er hob seinen mit einem Kupferadler verkleideten Gehstock in die Höhe und trat drei Schritte zurück.

„Nein“, sagte er energisch mit erhobener Stimme und streckte uns den Adler auf seinem Stock mit voller Wucht entgegen.

„Sie gehört ab heute euch.

Folgt mir in den Salon!“

Das taten wir, ohne zu widersprechen. Angekommen nahm Karl eine alte Holzschatulle aus seinem Tresor. Platzierte sie auf dem Tisch und bat uns, die Kupferpfanne neben die Schatulle zu stellen.

Auf einmal verschwand er und hing seinen Gehstock an den Griff der Pfanne in das Loch, das wir als Aufhängung analysiert hatten. Nach fünf Minuten erschien Karl wieder in seinem historisch ausgekleideten Salon.

Vor Aufregung sahen wir mit dem zweiten Blick, dass dieser Raum unglaublich liebevoll geschmückt war. Mit zahlreichen, erst unscheinbar wirkenden Utensilien aus verschiedenen Zeitepochen. Uns fiel auf, dass es sich um Objekte aus der Kulinarik handelte. Viele dieser Exponate kamen in unserer Zeit nicht mehr vor. Ein paar waren uralt, so dass wir sie nur anhand von Fantasie zuordnen konnten.

Karl hatte einen Kupferschlüssel, dessen Bart einem Adlerkopf ähnelte. Er führte ihn hingebungsvoll zum verschlossenen Kästchen.

Steckte den Schlüssel in das Schlüsselloch und drehte ihn dreimal nach rechts, bis der Deckel aufsprang.

Mit Spannung erwartet nahm er eine abgegriffene und gut verknotete Ledertasche aus der Schatulle.

Es sah aus wie eine Lederart aus längst vergangenen Zeiten und ist heute sicher nicht mehr zu finden. Er löste mit seinen zitternden Händen, einer Geduld und Beharrlichkeit, die uns vor Neugier wahnsinnig werden lies, die mit einer Schleife und einem Doppelknoten verschnürte Tasche.

Das Lederband hielt die Ledertasche zusammen und war auf der Rückseite mit einem elegant verarbeiteten Medaillon vernietet. Die ovale Erscheinung des Kupfermedaillons, mit der Größe eines Daumens, bildete eine eingearbeitete Pfanne ab. Sicher von einem Schmied stilvoll und edel bearbeitet. Ähnlich wie die Kupferpfanne, die wir von Karl erhalten hatten.

An den beiden Endstücken des Lederbandes hingen zwei filigran gearbeitete Anhänger, die fest am Leder verankert waren.

Im Zuge unserer Beobachtung erkannten wir, dass es sich auf der linken Seite um eine Kupferpyramide handelt. Am anderen Ende befand sich ein Adler mit gespannten Flügeln.

Nach einer gefühlten Ewigkeit präsentierte Karl ohne Worte den Inhalt der Tasche. An das Tageslicht trat ein altes Pergament mit Zeichnungen, das er augenblicklich in seine Westentasche steckte.

Auch verschiedene bemalte Stofffetzen, vergilbte und abgegriffene, schwarz-weiß Fotografien mit einem, wie zur damaligen Zeit üblichen, geriffelten Rand und neuzeitliche Farbfotos.

Alle Motive ähneln sich.

Auf den Bildern war unser Freund mit der auf dem Tisch befindlichen Pfanne zu erkennen und diverse Speisen und Zutaten, sowie Personen, mit denen er freundschaftlich oder familiär gesinnt war. Wir schauten Karl verwundert an und sagten nichts.

Nachdem wir den Eindruck hatten, die Schatulle sei leer, nahm er sie und verschob geheimnisvoll ein paar Scharniere, bis es Klick machte.

Der scheinbare Boden öffnete sich und zum Vorschein kamen zwei Päckchen in altes Wachs Papier gewickelt.

Karl gab uns jedem eines der Pakete.

Er verschloss unsere Hände mit den Worten:

„Sophie und Mark, die Prophezeiung hat sich erfüllt!

Ihr seid die neuen Wächter der Zeitpfanne. Haltet euch, den Adler, die Pyramide und die Pfanne zusammen!“

Er nahm seine Bilder aus der Ledertasche und schob sie ohne Beachtung auf die Seite.

Die bemalten Stofffetzen legte er sorgfältig wieder in das Holzkästchen und verschloss sie mit seinem Adlerschlüssel dreimal.

Die Kiste stellte er schweigsam in seinen Tresor zurück, als ob die Schatulle ein weiteres Geheimnis bewahrt hätte.

Aus seiner Westentasche zog er die Rolle mit dem alten Pergament. Er rollte sie in die lederne Tasche und verschnürte diese mit einem Doppelknoten und einer Schleife.

Der Ablauf ähnelte einem Ritual. Er legte die Ledertasche in meine linke Hand und drückte sie mir kräftig ans Herz.

In diesem Moment verabschiedete sich Karl mit den Worten:

„Passt auf euch auf!“ Er ging Richtung Pyramide, ohne zurückzublicken.

In diesem Moment kam ich an die Reihe. Beim behutsamen Auswickeln meines Päckchens kam eine von Grünspan belegte Brosche zum Vorschein, wie man sie aus historischen Filmen kannte. Von der Größe einer Handfläche, mit einer langen Nadel und einem eleganten Verschluss zu befestigen an einer Jacke, Bluse, Hemd oder einem Umhang.

Besetzt war dieses Schmuckstück mit einem wunderschönen grünen Kupferadler, der seine Flügel weit ausbreitete und den Kopf erhaben in die Höhe hielt.

Ein unglaubliches Gefühl der Faszination durchdrang unsere beiden Körper vor Anmut dieser Objekte. Nachdem wir uns von der ersten Euphorie wieder beruhigt hatten, fragten wir uns.

Was kann man damit tun?

Ich sagte zu Sophie, sie solle die Kette, die durch den Grünspan alt aussah, um den Hals legen.

Nun war ich an der Reihe, schnappte mir einen alten Mantel, der einem Umhang ähnelte und verband mit der Kupferbrosche die oberen Kragenseiten. Ein Schauer von Gänsehaut und Schüttelfrost ließ uns nach den Händen greifen. Beide schauten wir ängstlich in den Flurspiegel und staunten beim Anblick der Kette und der Brosche.

Sie hatten sich verändert. Die grüne Farbgebung des Kupfers war verschwunden.

Kupferkette sowie die Adlerbrosche erstrahlten im Leuchtenden kupferrot. Unglaublich, was da passiert ist.

Wir waren begeistert und gleichzeitig erschrocken über dieses Phänomen. Erklären konnten wir uns diesen Vorgang jedoch nicht.

Nachdem Sophie und ich uns beruhigt hatten, wollten wir die Kupferpfanne, genannt Zeitpfanne, reinigen.

Angekommen in unserer Außenküche glaubten wir nicht, was zu sehen war. Sie strahlte mit ihrem kupferrot, als ob sie nie benutzt wurde, oder verstaubt mit Spinnweben überzogen im Eck rumstand.

Das geht nicht mit rechten Dingen zu, dachten wir und nahmen die Kette und die Brosche ab und legten sie zur Pfanne.

Der Zustand blieb der gleiche. Alles war rot und sah aus wie neu. Beunruhigt gingen wir zu Bett und wollten eine Nacht darüber schlafen und schauen, was am nächsten Tag passiert.

Den kommenden Morgen voller Spannung erwartend, sind wir früher aufgestanden als üblich.

Die Pfanne, die Adlerbrosche und die Pyramidenkette strahlten genauso wie am Vortag.

Wir dachten uns nichts weiter dabei und folgten dem täglichen Tun. Ein paar Tage später, in denen wir uns wieder konzentriert hatten, stellten wir fest, dass die lederne Tasche von Karl fehlte.

Wo ist sie geblieben?

Nach langer Suche fanden wir sie im Auto unter dem Beifahrersitz. Sie muss in der Aufregung darunter gerutscht sein.

Sophie öffnete die Tasche mit einem außergewöhnlichen Leder, das sicher aus einer anderen Zeit stammte.

Die Papyrusrolle, die sie entnahm, war mit einem grünen kupfernen Band, das zwei Symbole trug, verschnürt. Es ließ sich nicht öffnen, nicht zerschneiden und nach mehrmaligem Probieren nicht von der Rolle schieben. Wir sahen uns das Kupferband genauer an und stellten fest, dass es sich bei den Abbildungen um einen Adler und eine Pyramide handelte, die nebeneinander abgebildet waren.

Ich lief in die Außenküche und holte unsere Adlerbrosche und die Pyramidenkette.

Die Pergamentrolle platzierten wir zwischen den beiden Objekten.

Unglaublich! Es wechselte augenblicklich seine Farbe von Grün ins Kupferrot. Ein Knall ertönte und das Band öffnete sich. Das Pergament rollte sich mit einem fließenden und knisternden Geräusch vor uns auf.

Kapitel 2 - Pergament

Durch das Knistern und Rascheln des alten Pergaments zog sich uns, vor Vorfreude und Aufregung, der Bauch zusammen. Das Gefühl ist wie das am Weihnachtstag in unserer Kindheit. Mit der rauen Oberfläche und dem muffigen Geruch, ähnlich wie wenn man ein Antiquariat betritt, spürten wir, dass hier unerwartet Geheimnisse auf dem Tisch lagen.

Zu erkennen waren verschiedene Textabschnitte in altdeutscher Sprache, die über die Jahrhunderte ständig ausgebessert wurden.

Schwarze und rote Tinte wurden zum Schreiben verwendet.

Anzunehmen, mit einer Feder oder einem frühzeitlichen Federhalter.

Der Text war mit römischen Zahlen gegliedert. Ecken, Kopf und Fußende sind mit filigranen Ornamenten verkleidet gewesen. Links und rechts am Rand waren nachgetragene Notizen zu erkennen. Aufgebaut und strukturiert, wie Rezepte, mit Zutaten und detailgenauen Zubereitungsanweisungen.

Manche Absätze haben den Schein mit Informationen zu mahnen.

Die mit Kräutern verzierte Überschrift, geschrieben im wunderhübschen alten Deutsch, bestand aus den folgenden Worten:

„Die Zeitpfanne.“

Wir schauten uns beide mit weit aufgerissenen Augen an und drehten die Köpfe in Richtung Ausgang zur Außenküche und holten im Laufschritt die schwere Kupferpfanne ins Haus und stellten sie neben das, aufgerollte Papyrus.

Die Blicke schweiften mehrfach von Pfanne zu Pergament und wieder zurück. Vor Neugier platzend nahmen wir die traditionellen typischen Algarvestühle, die Sophie vor Jahren mit original Bast liebevoll restauriert hatte, setzen uns zu diesem alten Dokument und richteten das goldgelbe Licht der antiken Messinglampe auf unserem Esstisch über dem Papyrus aus.

Ich eilte ins Büro, um eine Lupe zu holen.

Die ersten Zeilen begannen wie folgt:

,,Wächter der Pfanne!

Ihr seid gefunden und berufen worden!

Seid euch bewusst, wer das Pergament liest, geht einen Pakt ein! Durch diese Verbindung seid ihr die Köche der Zeitpfanne!

Nutzt euer Wissen, um die richtige Kombination zu berechnen!

Wer diese Stärken nicht hat, wird in der Zeit verloren gehen! Passt auf was ihr, tut und wegt alle Kreationen und Beilagen ab! Das Geheimnis und die Aufgabe dieser Zeitpfanne ist es, so oft und weit in die Vergangenheit zu reisen. Trage deinen Beitrag zur Weltgeschichte der Pfannenwächter bei. Finde und schütze historische Rezepte und Zutaten.

Archiviere Hintergrundgeschichten und lass dich vom Wissensschatz der Kulinarik begeistern.

Schützt die Liebsten, indem ihr gemeinsam in die heutige Zeit zurückfindet! Haltet Pfanne, Adler und Pyramide zusammen. Das Geschriebene prägt euch fest in euren Köpfen ein. Das Pergament darf nie mit auf Zeitreisen genommen werden!

Gebt Acht auf diesen Reisen!

Sie können Gefahren beinhalten!“

Sophie wurde auf einmal blass um die Nase und ich holte eilig ein Glas ihres Lieblings Champagner, um ihren Blutdruck wieder in Griff zu bekommen. Was super geklappt hatte. Uns beiden stand Schweiß auf der Stirn.

Bedenklich schauten wir auf das Pergament und dachten nur. Auf was haben wir uns hier nur eingelassen?

Ungewissheit, Angst und Neugier, die alles überragten, gingen uns durch die Köpfe.

Wir atmeten kräftig durch und ich genehmigte mir ebenfalls ein Glas Champagner, nachdem er bei Sophie Wunder bewirkte.

Die Neugier trieb uns rasend an. Wir folgten den Instruktionen des Pergaments.

„Die Küchen der Epochen sind das Ziel. Trage ständig einen silbernen Löffel, Knoblauch, Salz und Olivenöl bei dir!“

Dies stand oben unter der Hauptüberschrift in dicken Buchstaben geschrieben.

Diese Worte sollten sich in Zukunft als lebenswichtig herausstellen.

Wir eilten zu unserer Besteckschublade, wo sich über Jahre durch zahlreiche Flohmarktbesuche eine Sammlung an wunderhübschen, teilweise antiken und neuzeitlichen, sowie nützlichen Besteckteilen angesammelt hatten. In der Schublade war ein Paar identische alte glanzlose Silberlöffel, mit wunderschönen Verzierungen, die wie Blätter aussehen.

Am Ende des Griffs befand sich an jedem Löffel ein Loch.

Wir nahmen die beiden silbernen Teile zur Hand und polierten sie kräftig, bis sie den ursprünglichen herrlichen Glanz zurückerlangten und widmeten uns anschließend wieder dem Pergament.

Folgendes stand geschrieben;

„Ihr braucht für eine Zeitreise einen Löffel, um die Zutaten zu dosieren und der andere sollte als Reserve-Löffel gut am Körper verstaut werden.“

Dick unterstrichen war zu lesen;

„Bleibt immer beisammen und gebt den Löffel nie ab, sonst geht ihr in der Zeit verloren! Ihr könnt in die Vergangenheit reisen, egal in welche Epoche und wie weit zurück!“

So stand es mahnend in diesem Text.

Aufgebracht und angespannt hielten wir beide unsere silbernen Esslöffel in der Hand und betrachteten sie mit rasenden Herzen.

Wir folgten den Anweisungen der Zutatenliste, die in roter Tinte geschrieben stand.

„Nimm von deiner Zeitrechnung aus, für jedes Jahrhundert, das du in die Vergangenheit reist, jeweils einen Löffel mit Knoblauchzehen, einen Esslöffel Salz, sowie einen mit Olivenöl.

Die Kupferpfanne muss auf einer heißen Kochstelle stehen, ob im Freien oder im geschlossenen Raum!“

Weiter steht mit angsteinflößenden Zeichen markiert; „Nur das Jahrhundert kann gewählt werden, jedoch nicht das Jahrzehnt und nicht das korrekte Jahr!

Bestimme die Landung, in der von dir festgelegten Zeit, mit der Zugabe von weiteren Zusatzzutaten.

Du wirst immer in einem Zeitfenster der gewählten Epoche landen, wo die Beigabe, die du zusätzlich erwählt hast, am begehrtesten ist.

Ob aus Mangel oder Überfluss.

Den Ort der Landung kannst du nicht festlegen.“

Mahnend standen dick und unterstrichen die folgenden Worte:

„Wähle mit Bedacht!“

Angst machte uns die Ungewissheit, wo und wann wir landen würden.

Als sich uns die nächste Frage stellte, wie kommen wir wieder in die jetzige Zeit zurück, entdeckten wir in der vorletzten Zeile des Pergaments, post Skriptum:

„Um zurückzufinden, braucht ihr die drei Grundzutaten mit der jeweils multiplizierten Anzahl der zu reisenden Jahrhunderte, bis hin zum Heimatjahrhundert. Ihr landet immer dort, von wo aus ihr eure Reise begonnen habt.

Achtet darauf, dass die Kupferpfanne gut gereinigt ist, sonst kann es zu unerwarteten und schicksalhaften Zeitsprüngen kommen!“

Durch das Zusammenrollen des Pergaments war die letzte Schriftzeile kaum zu erkennen.

Am linken und am rechten Rand des Dokuments waren vereinzelt Zeilen und Textabschnitte zu finden. Manche waren kaum mehr lesbar und andere von einer charismatischen Handschrift geprägt. Wir mussten mehrfach verschiedene Textpassagen nachlesen, um den Sinn zu verstehen. Es waren Zeichnungen zu sehen, wie zum Beispiel:

Nadel und Faden in einem Kreis.

Dieses Symbol war am oberen Rand eines verzierten Rechteckes zu erkennen. Was dort zu lesen war, konnten wir nicht glauben.

Mit roter und schwarzer Tinte stand:

„Auf dem Weg in eine neue Zeit wird sich eure Kleidung verändern. Sie wird zeitgemäß sein in der von euch gewählten Epoche.“

Verwundert und schmunzelnd sahen wir uns ungläubig fragend an.

Direkt unter den Notizen zum Thema Kleidung fanden wir ein weiteres Symbol, das wie ein Säckchen aussah, an den Geldstücke lehnten. Kaum mehr lesbar in dicker Schrift stand:

„Tragt einen Lederbeutel mit ausreichend Münzgeld. Das Geld verwandelt sich wie die Kleidung auf der Reise in das aktuelle Zahlungsmittel der gewählten Zeit.“

Beim knisternden Zusammenrollen des Pergaments stand auf der Rückseite etwas, was vorher noch nicht zu sehen war.

„Findet das Messer der Persönlichkeit!“

Kapitel 3 - Entschlossenheit

Nachdem wir bis spät in die Nacht hinein über das neue Ereignis in unserem Leben gesprochen hatten, schliefen wir ein paar Stunden tief und fest. Die ersten wärmenden Sonnenstrahlen lockten uns aus den Betten und so genossen wir eine schöne Tasse Kaffee auf unserer Terrasse.

Konzentriert und ausgeschlafen nahmen wir das vor uns liegende, leere, mit weichem Leder gebundene, dunkelbraune Notizbuch.

Wir lösten das daumenbreite Lederband, öffneten das Buch und schrieben mit dem angeknabberten gelbgrünen Bleistift die Notizen der angehenden Reise auf.

Für uns war klar, dass wir nach den aufschlussreichen Informationen und Erlebnissen der letzten Tage, die Möglichkeit, die uns gegeben war, mit voller Hingabe nutzen sollten. Den Aufgaben und Zeitreisen werden wir uns stellen.

Nachdem wir den breiten Esstisch in unserer rustikalen Küche frei gemacht hatten, planten wir eine Aufstellung für die erste Reiseausstattung. Jeder von uns sollte nach Angaben des Pergaments die gleiche Ausstattung mit auf Reisen nehmen.

Wir teilten den Tisch in zwei Hälften.

Anhand der Liste brauchen wir Notizbücher mit Lederetui zum Verschließen und ein paar Bleistifte. Jeweils eine Umhängetasche aus Leder, die eine Elle breit ist mit Verschlusskappen, sowie verschiedene Ablagefächer hat.

Die wichtigsten Dinge sind für Sophie die Pyramidenkette und ich benötige die Brosche mit dem Kupferadler.

Die Zeitpfanne trage ich, auf Grund des Gewichtes. Sie wurde mit einem dicken ledernen Band und dem fingergroßen Metallhaken versehen, um problemlos über der Schulter, auf dem Rücken transportiert zu werden.

Die Silberlöffel sind mit einem Lederband verknotet und gebunden, so dass wir sie um den Hals tragen können.

Jeweils eine Schachtel Zündhölzer und ein Feuerzeug zur Sicherheit sollten uns die Möglichkeit geben, ein offenes Feuer zu entzünden. Jeder nahm sich eine antike Taschenuhr mit einer Kette aus der langjährig zusammengetragenen Sammlung.

Zusätzlich fanden wir auf dem Dachboden zwei alte Analogkameras, die seit Jahren von uns nicht benutzt wurden. Wir packten sie mit jeweils drei Filmrollen in unsere Taschen.

Im örtlichen Fotoladen bei Carlos bekamen wir die kleinsten und wasserdichten Digitalkameras mit Speicherkarten und Batterien.

Das wird sicher reichen.

Das Pergament empfiehlt!

Die Reisezutaten sowie eine ausreichende Vielzahl von Gewürzen mitzuführen. Wie war das logistisch zu meistern? Uns kam die Idee, wie wir die Zutaten trocken am Körper mit auf Reisen nehmen könnten.

Im Hinterland der Algarve, in der Serra de Monchique, lebten Freunde von uns, die regelmäßig zur Jagd gehen.

Bei einem kurzen Besuch freuten sich Paula und João, uns wieder zu sehen.

Wir fanden im Fundus des jagdverliebten Paares zwei Patronengürtel, die zur Nutzung von Patronenhülsen für Schrotflinten geeignet waren.

Filigrane Ornamente schmückten diese eleganten Jagdgürtel.

Die Einsteckfächer waren handvernäht und aus altem hochqualitativen Leder gefertigt. Beide Jägergürtel versprühten den Charme von Jahrzehnten, mit einer glänzenden Patina aus unzähligen Jagdabenteuern. Sie hatten jeweils zweiundzwanzig Fächer mit Pflanzenmotiven.

Die Gürtel werden um die Hüfte getragen.

Die Größe des Hüftumfangs kann mit Abstandslöchern angepasst werden. Nachdem Sophie und ich die Gürtel angelegt hatten, sahen wir wirklich schick aus.

Während eines Gesprächs mit dem Apotheker Ricardo zeigten wir ihm die Patronengürtel.

Nach kurzer Suche im Lager kamen aus Aluminium bestehende Behälter zum Vorschein mit wasserdichten Schraubverschluss. Diese 44 runden Miniaturdosen waren perfekt. Sie passten akkurat in die Einsteckfächer unserer Gürtel und die Höhe mit fünf Zentimetern war ideal.

Ricardo, der seine Tätigkeit akribisch ausführte, kam hinkend aus dem hinteren Lager seiner Apotheke ohne Unterstützung seines Gehstocks.

Seit dem schweren Autounfall vor sieben Jahren lebt er nach dem schrecklichen Unfalltod seiner über alles geliebten Frau Maria Antonia, einzig für sein tägliches Tun.

Er liebt diese Art, sein Leben zu gestalten. Jeden Tag übt er mit absoluter Hingabe seine Arbeit aus.

Er schob sich durch seine Behinderung schwerfällig mit einer Schuhkartonkiste die Wand entlang. Sophie reichte ihm seinen Stock und nahm Ricardo die Kiste ab.

„Ich habe eure Dosen komplett.

Ihr könnt die Gürtel damit bestücken.“

Beim Besuch des hiesigen Campingausstatters fanden wir die auf unserer Liste stehenden Metallflaschen für Wasser und Olivenöl.

Auch vier Taschenlampen aus Aluminium mit ausreichend Batterien, sowie Kerzen packten wir für jeden ein.

Zum Schluss fehlten ein Paar Stofftaschentücher, zwei Taschenmesser mit hölzernen Griff, 2 Gabeln und 2 Esslöffel.

Für Notproviant passte in beide Taschen eine wasserdichte Metalldose mit Zwieback. Sophie zeigte mit dem Finger aufgeregt auf den schweren, aus Messing bestehenden Schiffskompass hinter mir an der Wand.

Diesen Kompass konnten wir auf keinen Fall mit auf Reisen nehmen, denn er war zu schwer.

Wir schauten auf dem Dachboden nach und fanden in den Sammelboxen unserer Kinder Susann und Robert die Kompen, die wir ihnen zum ersten Schultag geschenkt hatten. Handgroße Messingkompen in einem Lederetui und einer festen Schnalle, die auf einen Gürtel gezogen werden konnte. Das war das Richtige für die Reise. Sämtliche Ablagefächer der Umhängetaschen wurden effektiv mit den zusammengestellten Utensilien bestückt. Größere Objekte platzierten wir im Innenbereich. Alles war perfekt sortiert. Jedes Teil hatte seinen Platz.

Es gab einen Reserveplatz auf einer der Seiten im Inneren und ein kaum zu erkennendes Einschubfach, das jeweils mit einem Knopf zum Verschließen gesichert wurde. Dies ist gut geeignet für Papiere und Dokumente. Das Fach nutzen wir, um abgegriffene, nicht bedruckte Papierreste mitzunehmen, die sich zum Entzünden von Feuer eigneten und gleichzeitig als Polstermaterial für andere Gegenstände dienten. Sophie stellte fest, dass wir keine Werkzeuge zum Verrühren für die Pfanne eingepackt hatten.

Auf dem Sims unseres Küchenkamins stand ein wunderschöner antiker Tontopf, der von ihren Großeltern stammte.

Zahlreiche Küchenutensilien zum rühren, kratzen, schaben oder greifen waren hier zu finden.

Nach einem kurzen Blick fanden wir einen rustikalen, handgeschnitzten Pfannenschaber aus Olivenholz und eine mit einer faszinierenden Astmaserung versehenen Olivenholzkelle. Der Kopf der Kelle war abgeflacht und beanspruchte kaum Platz.

Beide Küchenwerkzeuge hatten jeweils die Länge einer Elle und passen akkurat in unsere Taschen. Am Stielende war ein Loch zu sehen, perfekt für ein Band, um diese Werkzeuge aufzuhängen.

Sophie wurde in ihrem Nähzimmer fündig und stattete die Sachen mit einem Lederband und einem festen Doppelknoten aus.

Nachdem wir uns sicher waren, dass alles gut sortiert ist, kam sie auf die Idee, nochmals auf dem Dachboden eine Runde zu machen. Vielleicht finden wir Dinge, die für das Abenteuer brauchbar sind. Eine eingestaubte Ritterburg und ein Puppenhaus von unseren Kindern hielten uns auf. Wir schwelgten in der Vergangenheit, anstatt weiterzumachen.

Ich schaute nach oben zum Dachträger, wo ein handgeflochtenes Lederseil hing. Mit einer Länge von 5 bis 7 Metern, inklusive Schlaufen und Griffen, ist dieses Seil perfekt für uns.

Unter ihm befand sich eine antike Kiste aus Holz, die nicht verschlossen war.

Das Symbol, das diese Holzkiste verzierte, erinnerte uns an Großvater Alfred.

Ich hatte diese schöne alte und kräftig abgegriffene Truhe von meinem Opa zum 10. Geburtstag mit seinem ersten Werkzeug bekommen. Beim Öffnen sahen wir verrostete Schraubenzieher, einen Kinderhammer und niedliche Zangen für Kinderhände, die sich nicht bewegen ließen. Alles Erinnerungswerte, die kaum mehr Verwendung haben.

In einem zusammengefalteten Öltuch fanden wir ein Set mit Karabinerhaken. Das sind 2 Haken mit der Größe einer Handfläche, 2 mittelgroße und 2 mit 5 Zentimeter Breite. Keiner war rostig. Das Lederseil können wir in Zukunft gut gebrauchen.

Sophie hat es mit einem nach Leder duftenden Sattlerfett und beiden Händen kräftig eingefettet, bis es wieder beweglich und geschmeidig wurde.

Die Haken und das Seil bewahren wir zusammen in einem Leinensack auf und packten es in meine Tasche.

Vorbei an Faschingskostümen und mittelalterlichen Sammlerstücken, stolperten wir über trockene, gut erhaltene Lederbeutel mit einer Schnur.

Sophie nahm abermals das Sattlerfett und massierte die Beutel, bis sie wieder weich wurden. Die kleinsten Karabinerhaken waren ideal geeignet, um die Beutelchen an unseren Gürteln zu befestigen. Beide bestückten wir mit jeweils 100 Euro Münzgeld.

Gemischt von 1 bis 50 Cent Münzen sowie ausreichend 1 und 2 Euromünzen.

Wir konnten die ledernen Geldbeutel unter der Kleidung am Gürtel tragen, sodass man sie nicht sieht.

Die letzte Phase der Vorbereitungen widmete sich unseren Gürteln und den 44 Metalldosen.

Es wurden 22 Dosen Sophie zugeschrieben und 22 für mich aufgestellt. Beim Sortieren der Gürtel achteten wir auf Mengenangaben und der Größenordnung der Döschen.

Wir befüllten sie sorgfältig mit Knoblauchzehen, Salz, trockenen Kräutern, wie Oregano, Zucker, schwarze Pfefferkörner, Reiskörner, Lorbeerblätter, Thymian, Paprikapulver, Estragon, Chilipulver und gemahlener Zimt. Muskatnüsse, sowie getrocknete Steinpilze und Trüffel, Dill, Ingwer, Basilikum, Kümmelsamen, Salbei und Miniatur Nudeln, wie man sie für Suppen nimmt, und Mehl durften nicht fehlen.

Nach der Befüllung des jeweiligen Behälters werden diese fest verschraubt und mit Hand beschriftet. Sie wurden hintereinander von links, parallel in die Einsteckfächer eingeschoben, so dass nichts herausfallen konnte. Um die Vorbereitungen abzuschließen, befüllten wir die vier Metallflaschen, 2 mit Wasser und 2 mit Olivenöl der Algarve.

Fixieren konnten wir die Flaschen in jeder Umhängetasche.

Kapitel 4 - Versuch

Ein sportlicher Freizeitlook sollte für die kommende Reise ausreichen.

Unsere Silberlöffel trugen wir um den Hals. Jeder half dem anderen beim Befestigen der Gürtel und schaute nach, ob alles festsaß. Es ist gewöhnungsbedürftig, einen bestückten Jagdgürtel zu tragen, da dieser ein gewisses Gewicht hat, das sich durch das Anhängen der Geldbeutel erhöht.

Sophie hatte eine Freizeitjacke an, die zur Jahreszeit passte. Hosen und festes Schuhwerk waren unsere Wahl für das bevorstehende Abenteuer. Die Pyramidenkette, die sie um den Hals trug, leuchtet weiterhin in den Farben, genauso, wie ab dem Moment, wo wir das Pergament öffneten.

Ich legte den Umhang um und verschloss den oberen Teil mit der Adlerbrosche. Das Papyrusdokument hatten wir versucht, uns bildlich einzuprägen, da es nach Karls Worten hieß, es dürfte nicht mitgenommen werden.

Jeder hing seine Umhängetasche über die linke Schulter und schlüpfte mit dem rechten Arm hindurch, bis die Taschen am Körper anlagen.

Die Pfanne stellte ich auf den Elektroherd, der die Funktion der Selbstabschaltung besaß.

Mit bebenden Herzen schauten wir uns zwei an und wussten nicht, auf was wir uns hier eingelassen haben.

Gemeinsam beschlossen wir, auf unserer ersten Zeitreise 500 Jahre in die Vergangenheit zu reisen. Sophie hatte, ohne dass ich es mitbekommen habe, eine offene Kupferschale in ihrer Tasche verstaut. Raffiniert wie sie ist, nahm sie diese und den Silberlöffel, füllte 5 gehäufte, der folgenden Zutaten in die Schale, Knoblauch, Salz und Olivenöl, sowie es im Pergament geschrieben steht. Ein Löffel für jeweils ein Jahrhundert Reisezeit. Für die Zusatzzutat wählten wir 5 Silberlöffel schwarze Pfefferkörner und verrührten es in der Schale.

Diese wurde ausgewischt, nachdem wir alles in die Pfanne gegeben haben. Sophie verstaubte sie gleich wieder in die Umhängetasche. Ich schaltete die Herdplatte auf die höchste Stufe an.

Wir hielten uns so kräftig fest, dass die Arme schmerzten. Ich packte den Eisengriff der Zeitpfanne mit der rechten Hand. Sie verhielt sich stabil auf dem Herd. Der Kochvorgang fing langsam an und es duftete lecker nach Knoblauch und würzig schmorenden Pfeffer.

Jeder von uns spürte im Brustkorb, mit zunehmender Steigerung Vibrationen, die von der Pyramide und der Brosche ausgingen. Mit Zunahme des Vorganges wurden die bebenden Gefühle heftiger, so dass wir beide Schmerzen auf der Brust bekamen.

Wir waren nicht in der Lage die Hände zu lösen oder die Pfanne loszulassen. Es herrschte eine mystische Verbindung, die es uns nicht erlaubte eine Aktion durchzuführen und einen Abbruch tätigen zu können. Pyramidenkette und Adlerbrosche, die sich auf unseren Brüsten befanden, waren nicht erreichbar.

Der Knoblauchduft wurde heftiger und die Vibrationen waren nur noch mit geschlossenen Augen zu ertragen.

Auf einmal, das Beben auf der Brust hörte von einem Moment zum anderen schlagartig auf. Vom Duft war nichts mehr wahrzunehmen.

Wir fühlten beide unsere schmerzenden Hände wieder, an denen wir uns festhielten.

Ringsherum war ein Gemurmel zu hören, wie man es von einem Markt kannte. Wir öffneten die Augen und sahen uns beide von oben bis unten verwundert an und bekamen den Mund vor Staunen nicht mehr zu.

Wir standen auf einem Platz mit 10 bis 15 Personen zur Mittagszeit und es duftete verführerisch und lecker nach gegrilltem Fleisch und frischen Kräutern. Es lagen Gerüche in der Luft, die auf Tierhaltung deuteten, wie Ziegen und Geflügel.

Wir hörten Geklapper und Gehämmer rings um uns herum. Das Leben pulsierte und wir waren mittendrin.

Angekommen sind wir in einer anderen Epoche. Nach Kleidung und Architektur zu urteilen, sind wir in der von uns gewählten Zeit, sprich 500 Jahre zurück gelandet und müssten uns in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts befinden. In der Übergangszeit vom Mittelalter zur Neuzeit.

Sophie trug ein langes bis zum Boden reichendes grünes Hauskleid mit einer dunkelroten Borte aus einem festen Stoff dieser Zeit. Die meisten Damen an diesem Ort waren mit solch einem Kleid bekleidet, manche in Rot, Grau oder in Braun.

Hellere Farben waren in unserem Umfeld nicht zu sehen. Das Dekolletee war von einer schalförmigen Bluse in Weinrot, Gelb und Hellbraun bedeckt. Eine bestickte Knopfleiste wurde am oberen Ende mit einem broschenartigen schön verzierten Knopf verschlossen. Ihre Pyramidenkette trug Sophie unter der Bluse. Die Farbauswahl fand man an den schmalen, bis in die Hände laufenden Ärmeln wieder. Ihre Taille war höher angesetzt, sicher ein Trend dieser Zeit.

Eine längere hellgraue Schürze schmiegte sich bis zum Boden und um das halbe Kleid. Sie brachte ihre femininen Kurven in ein verführerisches Antlitz. Eine Ledertasche an der Hüfte wirkte wie ein modisches Zubehör, was sicher seine Berechtigung und eine Aufgabe hatte.

Die Leinenhaube, mit einem nach vorne abgerundeten Schild, dass sich in die Stirn hinein zog, sah ähnlich aus wie eine Kochmütze aus unserer Zeit, nur weiblicher und eleganter. Ihr Gürtel und die Umhängetasche, wird durch die weit auslaufende Schürze retuschiert. Das Schuhwerk ist geschnürt und nach vorne über die Zehen spitz auslaufend. Sophie schaute schick und flott aus.

Mit meinem viereckigen Hut, der nach Überlieferungen Barett genannt wurde, sah ich außergewöhnlich für unsere Zeit aus. In dieser Epoche war es eine zeitliche Modeerscheinung. Das Beinkleid bestand aus einer erdfarbenen mit Grün verfeinerten Trikothose, die eng anlag und sehr gewöhnungsbedürftig war. Ein, hüftlanger Wams, den ich über meinem mit Gold bestickten Hemd trug, ließ auf Brusthöhe die glänzenden Stickereien markant erkennen.

Der grüngelbe Umhang, der hinunter zur Hüfte hing, war am Hals mit meiner kupfernen Adlerbrosche verschlossen.

Umhängetasche und der von uns mit Zutaten bestückte Patronengürtel waren kaum zu sehen.

Die zeitgemäßen Bundschuhe mit einer festen Ledersohle sind elegant anzusehen. Mein Umhang war weit auswerfend, dass die Zeitpfanne die ich wieder auf dem Rücken trug, auf den ersten Blick nicht zu erkennen war. Am Griff befestigt hing das Lederseil an der Pfanne und wird uns in Zukunft sicher helfen. Das Seil verlief von der rechten Schulter über die Brust, bis hin zur linken Seite und wurde an dem gleichen Karabinerhaken eingeklinkt, wie die Kupferpfanne auf der Rückenseite.

Kapitel 5 - Kloster

Der Klosterhof, in dem wir standen, war von allen Seiten bebaut, mit zweistöckigen Wohn und Arbeitsräumen. Links und rechts befanden sich Torbögen. Der Eingangsbereich hatte einen mächtigen verzierten offenen Bogen. An der Klosterrückseite war zur Hofinnenseite ein Bereich mit drei Schmuckbögen zu sehen, die jeweils mit einem Tor geöffnet werden konnten. Über dem linken Tor auf der Rückseite des Hofes, reckte sich ein stattlicher Klosterturm mit einer opulenten Turmkuppel in den azurblauen Himmel hinauf.

In der Mitte des Platzes befand sich ein mit Holz überdachter Brunnen, mit einer Kurbel für den Holzwassereimer. Er wurde regelmäßig von einem kräftigen Mann hinabgelassen, um den vollen Eimer mit einem Kraftaufwand und mit zwei Händen wieder befüllt mit Wasser nach oben aus dem tiefen Brunnenschacht zu kurbeln.

In der hinteren Hälfte des belebten Hofes befand sich eine Art Feuerstelle mit einem für diese Zeit fortschrittlichen Herdofen. Aus Eisen geschmiedet mit 4 spektakulär gebogenen Beinen stand der zwei Meter breite ovale Ofen vor uns. Mit einer Eisenplatte, die in der Mitte unter der Kochfläche mit 4 Ketten an ihrem Rand und an der, darüberliegenden Koch und Grillplatte befestigt war.

Auf dieser hängenden Plattform loderte ein Feuer. Das trockene Holz brachte die heiße Metallplatte auf hohe Temperaturen.

Man kann sagen, dass es sich hier um eine Art Vorgängergrill handelte.

Der Begriff Grillen war zu dieser Zeit nicht geläufig.

Am Rand der oberen Platte ragten Eisenstangen mit Haken, die nach oben zeigten in die Höhe. Ein Spieß mit einem verführerisch duftenden und knusprig aussehenden Zicklein, schwebte drehend zwischen den Stangen über der Kochstelle.

Es duftete schmackhaft und lecker nach geröstetem Fleisch, das immer wieder von einem korpulenten Mann, der einem Koch ähnelte, gedreht wurde.

Am Rand standen heiße Eisenpfannen, die auf ihren Einsatz warteten. Für uns als Freunde des guten Geschmacks war diese faszinierende Kochkonstruktion beeindruckend.

Rings herum wuselte das klösterliche Hofleben. Blecherne Klänge drangen an unsere Ohren.

Das vieren von Pferden und rufen von Eseln vermischte sich kräftig mit metallischen Geräuschen, die aus der klostereigenen Schmiede kamen.

Unter einer Überdachung waren 3 Frauen lautstark zu hören. Wir verstanden erst mal nicht, was sie sagten, da sie kontinuierlich ihre Wäsche auf den rauen Waschbrettern vor sich hin schrubbten. Mit der linken Hand hielten sie das Wäschestück und mit der rechten ein rundes, handgroßes Stück Seife.

Jede rubbelte besser als die Andere. Ihre weiten, wunderschönen Oberweiten und die ausschweifenden Hüften kamen durch die schrubbenden Bewegungen massiv und rhythmisch in Wallung.

Alle Damen hatten lautstarke Tagesgeschichten aus ihrer Familie zu erzählen. Bei der einen kam der Mann betrunken heim, den sie dann kaum ins Bett bekommen hat. Bei der anderen rauften sich die Kinder und zerschlugen das gute Geschirr im Haus. Die dritte Waschfrau berichtete teils mit emotionaler Stimme und mächtig aufgebracht über die Eigenschaften der Verehrer, die ihrer Tochter den Hof machten. Dem Töchterchen gefiel es der Mutter sichtlich nicht. Das ließ sie lautstark und bildlich erkennen. Sie ist aufgeregt, sodass ihr ständig die glitschige Seife aus der Hand glitt. Ihre Schürzen waren nass und die langen Haare hingen Schweiß und Wasserdampf durchdrängt in ihre rot angelaufenen Gesichter.

Mit ihren seifigen Unterarmen schoben sie immer wieder die vor die Augen fallenden triefenden Haarsträhnen nach hinten.

Die Wäscheleinen außerhalb der Überdachung waren voll behangen, als ein weiterer Holzkarren den Waschfrauen gebracht wurde. Diese Frauen waren in der Klosteranlage sichtlich verantwortlich für die gesamte Wäsche der Bewohner.

Uns wehte ein bekannter Duft entgegen, der uns das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ.

Es roch lecker nach frisch gebackenem Brot. In der Ferne auf der anderen Seite des Hofes sahen wir einen Holzwagen mit vier Rädern, vor dem ein Esel eingespannt war.

Auf der Ladefläche stand eine Art Backofen aus gebranntem Ton, der sich zur Heckseite des Wagens öffnen ließ.

In einer weißen, angegrauten Kleidung und einer staubigen Kappe erkannten wir einen Bäcker, der fertig gebackene Brote aus seinem Ofen nahm. Wir gingen unverzüglich zu ihm hinüber und sprachen ihn an. Das Backwerk sah schön aus und duftete verführerisch und lecker.

„Wie ist euer Name? “

„Johann Eberle. Ich bin Reisebäcker und ziehe mit diesem Bäckerwagen durch die Lande und backe auf Höfen, Klöstern, Burgen und Marktplätzen für die Leute vor Ort.“

Er bot uns an zu probieren und wir waren begeistert von diesem Haferbrot.

Wir unterhielten uns weiterführend mit dem Reisebäcker und stellten fest, dass es sich um schwere körperliche Arbeit handelte, die Johann täglich zu leisten hatte.

Es ist schwierig, mit dem Holzwagen über das Land zu ziehen. Seitdem er seinen Esel hat, ist alles besser als zuvor, wo er den Backwagen selber zog.

„Ab dem Moment, wo die Räte das Recht zu backen von den Zunftregeln abhängig gemacht haben, bin ich jeden Tag mit dem Wagen unterwegs. Es gab Bauern, die hatten ihre eigenen Backöfen und backten selber. Andere nehmen regelmäßig diese Dienste in Anspruch.“

Als Großvater Franz Eberle anno 1490 die erste Bäckerfahrt mit seiner dreirädrigen Holzschubkarre und einem Lehmbackofen antrat, wurde diese Arbeit auf den Märkten und Höfen in Süddeutschland ein fester Bestandteil in unserer Familie. Nachdem mein Papa Karl diese Tätigkeit nach einer langen Bäckerausbildung bei seinem Vater Franz Eberle übernahm und Großvater nicht mehr über die Lande zog, wurde der Backwagen ausgebaut.

Papa konnte den Wagen mit seinen vier Rädern von vorne selber ziehen.

Nach einer Pause setzte sich Johann auf das rechte hölzerne Vorderrad des Bäckerwagens.

Er schaute uns mit einem traurigen Blick an und schnaufte kräftig, als ob ihn was bedrückt.

Mit Tränen anlaufenden Augen sah er uns an und fing an zu erzählen.

„Großvater, Vater, Mutter Maria und meine jüngere Schwester Elisabeth, die kurz davor war zu heiraten, sowie unser Bruder Gustav, sein Wunsch war es ebenfalls mit voller Leidenschaft Reisebäcker zu werden, starben alle im Bauernkrieg 1525 während der Aufstände.“

Mit erhobener Stimme und bebenden Brustkorb schaute er uns an und fiel unter seinen schweren Schultern, die die ganze Last trugen in sich zusammen und sagte:

„Sie sind Opfer geworden, ohne selber zu kämpfen. Der Hof wurde von den Truppen der Obrigkeit überrannt. Das gesamte Anwesen ist zerstört.“

Wir setzten uns links und rechts auf einen Strohballen und versuchten Johann zu beruhigen. Er holte Luft und erzählte weiter.

„Sie sperrten alle in unser Haus und blockierten den Ausgang von außen und zündeten es an. Die Verbrecher blieben lachend und spottend stehen und ergötzten sich auf ihren Pferden am Geschrei.

Sie blieben noch eine Weile, um sicherzugehen, dass keiner überlebte.“

Mit schluchzender Stimme und sichtlich berührt, sah er wieder zu uns und wischte sich die Tränen, mit der vor Mehl staubenden Bäckermütze aus dem Gesicht. Seine Wangen waren von mehligen Tränenflüssen gezeichnet.

Wir sagten nichts und schauten ihn mit tränenden Augen an.

„Ich schäme mich bis heute und in alle Ewigkeit am Leben zu sein.“

Johann schüttelte seinen Kopf, um Unverständnis auszudrücken.

„Es war ein Sonntagnachmittag, nachdem sämtliche Familien aus der Kirche vom Gottesdienst nach Hause gingen, um Mittag zu essen. Wie immer wurde sich dann ausgeruht.“

Wir fragten ihn mit feuchten Augen und schniefenden Nasen, wie er überlebt hatte? Er schaute uns mit weit aufgerissenen Augen und klarer Stimme an.

„Vater schickte mich in den umliegenden Wald, um Beeren zu sammeln für unser Kuchen Backwerk der kommenden Woche.

Johann, sagte er mit seiner erhobenen und rauen Stimme immer liebevoll. Schau, ob du Pilze findest, die können wir dann trocknen.“

„Ja das mach,“

„rief Mutter mit ihrer sanften Stimme Vater zu. Sie fädelte die Pilzauswahl ständig auf eine Schnur und hing sie an die flachen Dachbalken in die Nähe des Kamins unseres Bauernhauses.

Das waren die letzten Worte meiner Eltern.

Ich war mittlerweile ein paar Stunden im Wald unterwegs, als auf einmal die Erde angsteinflößend bebte. Es hörte nicht auf zu vibrieren.

Ich war nicht weit von der Waldstraße und dem Elternhaus, als mit einer enormen Gewalt die Truppen der Obrigkeit auf ihren monströsen Pferden durch dieses Gebiet ritten, zielgerichtet auf das Dorf zu.

Unser Haus war eines, das am Waldrand lag, auf das die Berittenen als Erstes treffen würden. Es waren sicher hundert oder mehr schwer bewaffnete Soldaten.

Ich überlegte, was würden Vater und Großvater an meiner Stelle tun?

Sie sagten mir immer. Wenn Gefahr droht, renn um dein Leben Junge. Lauf, solange dich deine Beine tragen.

Ich versteckte mich in einer Höhle, die aus mächtigen Steinen bestand. Trotz der Entfernung hörte ich Schreie von Menschen, die dem Tode nahe sind und hielt mir die Ohren zu.

Am kommenden Morgen verließ ich das Waldgebiet in Richtung Dorf. Die Rauchschwaden legten sich wie ein schwarzes gigantisches Leichentuch über die gesamte Siedlung. Es lag ein stechender und beißender Geruch in der Luft, der nach verbrannten und verkohlten Fleisch roch.

Kein Haus, Stall oder Scheune und Schuppen stand mehr.

Da, wo gestern unser Zuhause war, befand sich nur noch ein einzelner Steinkamin.“

Johann griff zitternd mit der rechten Hand von oben durch den Kragen in sein Bäckerhemd und zog ein Christuskreuz aus seiner Brust.

„Dieses Kreuz ist das einzige, was ich in der Asche meines Elternhauses gefunden habe.

Mama Maria trug es täglich bei sich. Sie hatte es von ihrer Mutter und die von ihrer. Das Jesuskreuz wird immer bei der Hochzeit der ersten Tochter weitergegeben.

Schwester Elisabeth sollte es vier Wochen später zu ihrer Vermählung erhalten.

Ich hielt mich ein paar Tage im Dorf auf und hoffte, dass jemand überlebt hatte. Es gab keine Hoffnung mehr. Nachdem ich mehrfach über unser Anwesen gegangen bin und einen verabschiedenden Blick zurückwarf, ging ich zum Wald.

Dort stand am Wegesrand Vaters Bäckerwagen.

Er hatte ihn jeden Tag unter den Bäumen abgestellt, um ihn vor Regen zu schützen. Ich nahm mir den Wagen und machte mich auf den Weg Richtung Osten, der aufgehenden Sonne entgegen.

Dieses Unglück ist heute, am 16. September 1537, auf den Tag 12 Jahre und 3 Tage her. Ich denke jeden einzelnen Tag daran zurück.

Das wird sicher immer so bleiben.“

Mit einer bemerkenswerten Fassung stand Johann auf. Hängte sich das Kreuz um und stopfte es unter sein Bäckerhemd. Er schnaufte heftig durch, bis sich sein Brustkorb hochschob, und kreuzigte sich. Seine Bäckermütze setzte er akkurat wieder auf seinen strubbeligen Kopf, wie es sich für einen Bäcker gehört und streckte seine Arme nach hinten über den Rücken, um kräftig Luft zu holen.

Mit ein paar Schritten war er an der Ofentür, um nach den Broten zu sehen.

Wir waren schockiert, was Johann uns aus seinem Leben erzählte. Sophie und ich schauten uns an und taten es ihm gleich. Nach ein paarmal tief Luft holen ging es wieder etwas besser und so freuten wir uns auf seine duftenden Backwaren.

In Gedanken versunken, was dem Gespräch mit unserem Bäcker geschuldet war, bemerkten wir erst später, dass sich ein Junge, drei, bis vier Jahre alt am Heck des Bäckerwagens zu schaffen machte.

Johann fing an zu schwitzen, während er die Backofentür öffnete.

Er nahm mit dem mächtigen hölzernen, nach vorne breit auslaufenden Bäckerbrett das fertige Brot aus dem Ofen, wo die Holzkohle gefährlich vor sich hin glühte.

Er konnte den Knaben unter dem breiten Schieber nicht erkennen. Die Hände des Jungen waren schon auf dem Weg zur heißen Ofentür, die offen stand.

Ich rief mit bebender Stimme, dass Johann aufpassen solle. Der Bäcker sah hinunter, zog den Brotschieber samt Brotlaib aus dem dampfenden Backofen und schleuderte ihn in die Höhe.

Er stolperte während des Rückwärtslaufens über seine eigenen Füße nach hinten und fiel in eine Pfütze. Dort versammelten sich zahlreiche Hennen und ihre Küken, um an der Wasserpfütze zu saufen. Die Tiere erschraken beim Einschlag vom Bäcker in das Wasser und rannten mit Geschrei und Getöse auseinander. Johann verschaffte sich mit ausgestreckten Armen und seinem breiten Hinterteil Platz in der trüben Wasserlache.

Der Bub lief spielend weiter mit seinen Händen Richtung Ofentür. Sophie schaute aufmerksam in die Höhe und rief aus voller Kehle.

„Mark, schau dort, der Junge!“

Der heiße qualmende Brotlaib kam von oben direkt auf den Kleinen zu. Ich sprang zu ihm hin, riss ihn vom Ofen weck und warf mich beschützend auf ihn. Beide lagen wir unterhalb der Tür, als das schwere Brot mir auf den Rücken krachte. Es verursachte einen Knall, bei dem der heiße Laib in unzählige knusprige Stücke dampfend zersprang und sich auf dem gesamten Hof verteilte.

Hühner, Gänse und Enten machten sich sofort an die Arbeit und pikten die Brotreste in Windeseile auf.

Ich erhob mich und stellte fest, dass die Pfanne auf meinem Rücken Schlimmes verhindert hatte.

Der Kleine war sichtlich erschrocken und rannte auf einmal mit ausgestreckten und wedelnden Armen zu einer gut aussehenden, elegant gekleideten Dame mit einer hochgesteckten Frisur, die durch ein, mit glänzenden Fäden durchzogenes Haarnetz gehalten wurde. Der silberne orangefarbene Haarreif über der Stirn gab dem schmückenden Netz einen festen Sitz. Sie kam weinend auf uns zu und der Kleine sprang an ihrer Schürze hinauf, direkt in ihre Arme.

Johann der Bäcker kam durch die Hilfe von den drei korpulenten und temperamentvollen Waschweibern, triefend nass und verdreckt aus der Pfütze.

Sie kamen rasch mit ihren seifigen Händen und den nach vorne fallenden, feuchten Haaren aus dem Waschhaus herbeigelaufen, von wo aus sie das Treiben, was wir hier veranstalteten, beobachtet haben.

Sie packten den Bäcker an den Armen, um ihn aus der Wasserlache zu ziehen. Das klappte nicht sofort und sah komisch aus, denn Johann rutschte immer wieder zurück in das Schmutzwasser.

Es platschte und klatschte mit jedem Fall von ihm, wenn er in das Wasser zurückfiel.

Sophie lief zu den Wäscherinnen und half ihnen, indem sie mit den Schürzen der Frauen ihre seifigen Arme abrieb. Mit den trockenen Damenhänden stand Johann gleich wieder auf den Beinen.

Eine der Waschfrauen ging auf die Dame mit dem Kleinen zu und rief mit einer herrischen Stimme.

„Käthe, Käthe, die Fremden haben deinem Jüngsten das Leben gerettet.“

Zeigte voller Emotionen und einem roten Kopf, der ein liebevolles Lächeln zu Tage trug mit beiden Händen auf uns. Im ganzen Hof schalte das Echo der hallenden Rufe, dass die Bewohner im Inneren des Klosters zu den Fenstern liefen und vor Aufregung hinaus riefen, was passiert sei! Das Quietschen, Klappern der Fensterläden, gemischt mit dem Murmeln der Hofleute und dem Geschrei der Menschen, die aus den Gebäuden schauten, verschmolz mit dem Gackern der Hühner und das Meckern der Ziegen zu einer eigenen Sinfonie.

Dies verpasste uns schier eine Gänsehaut. Katharina streckte den Kleinen mit beiden Händen in die Höhe, um den Anwohnern im Hof und an den Fenstern zu zeigen, dass es ihm gut ging. Sie zeigte mit ihrem linken Arm auf uns und rief den Menschen zu, dass wir ihrem Söhnchen das Leben gerettet haben. Auf einmal kamen aus allen Richtungen des Hofes Bewohner auf uns zu und bedankten sich mit schluchzenden Stimmen und frohen Gesichtern.

Wir standen wie angewurzelt da und hatten damit nicht gerechnet, als in diesem Moment die weinende Mutter zu uns kam.

„Mein Geburtsname ist Katharina von Bora, heutige Luther. Ich bin hier die Hausherrin, Herbergsmutter und Hof-Organisatorin. Wir stehen in eurer Schuld!

Vielen Dank, dass ihr das Leben unseres Sohnes gerettet habt.“

„Wir taten das, was jeder andere getan hätte. Ihr Kleiner hatte Glück. Wir waren zur rechten Zeit am richtigen Ort. Das ist Sophie und mich können sie Mark nennen.“

„Schön, dass ihr da seid.

---ENDE DER LESEPROBE---