Dieses makellose Blau - Sarah Raich - E-Book

Dieses makellose Blau E-Book

Sarah Raich

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Beschreibung

Eine Frau sucht ihre Katze in ihrer Vorstadtnachbarschaft. Zwei Freundinnen tragen einen Tisch durch den Garten. Ein Mutter schiebt ihr schreiendes Kind durch den Wald. Ein Mann ärgert sich über den nicht aufheulenden Motor seines Miet-Automatik-Autos und darüber, dass er bei einer jungen Frau nicht gelandet ist, obwohl er ihre Titten kneten durfte. Ja, und? Was ist jetzt? Im Zentrum der genau gearbeiteten Erzählungen von Sarah Raich stehen Frauen, manchmal als Objekt, meist als emotional ausmanövrierte, ratlose Protagonistinnen, die alles wollen, nur nicht mehr weiter so wie bisher. Es sind psychologische Kammerspiele mit starken Bildern, deren Figuren und Szenen lange im Kopf nachhallen. „Junge literarische Avantgarde.“ Karoline Knappe, Deutschlandfunk Kultur „Sarah Raichs Kurzgeschichten sind Blicke in den Abgrund, von denen ich gar nicht genug bekommen kann.“ Nicole Seifert, Nachtundtag.blog „Kurzgeschichten sind hierzulande eine vernachlässigte Textgattung. Wer die Texte von Sarah Raich gelesen hat, kann über diese Tatsache nur verwundert den Kopf schütteln.“ Magda Birkmann, Buchhändlerin Sarah Raich wurde 1979 geboren und ist im ländlichen Niedersachsen mit viel Leere und Natur aufgewachsen. Sie studierte in Berlin Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaften und arbeitete danach als Kreative in Agenturen. Im Herbst 2021 erscheint bei Piper Ivi ihr Jugendroman „Die Welt von Morgen“ (Arbeitstitel). „Dieses makellose Blau“ ist ihr Prosadebüt.

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Seitenzahl: 119

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Inhalt

Eine Frau sucht ihre Katze in ihrer Vorstadtnachbarschaft. Zwei Freundinnen tragen einen Tisch durch den Garten. Ein Mutter schiebt ihr schreiendes Kind durch den Wald. Ein Mann ärgert sich über den nicht aufheulenden Motor seines Miet-Automatikautos und darüber, dass er bei einer jungen Frau nicht gelandet ist, obwohl er ihre Titten kneten durfte. Ja und? Was ist jetzt? 

Im Zentrum der genau gearbeiteten Erzählungen von Sarah Raich stehen Frauen, manchmal als Objekt, meist als emotional ausmanövrierte, ratlose Protagonistinnen, die alles wollen, nur nicht mehr weiter so wie bisher. Es sind psychologische Kammerspiele mit starken Bildern, deren Figuren und Szenen lange im Kopf nachhallen.

„Sarah Raichs Kurzgeschichten sind Blicke in den Abgrund, von denen ich gar nicht genug bekommen kann.“Nicole Seifert, Nachtundtag.blog

„Kurzgeschichten sind hierzulande eine vernachlässigte Textgattung. Wer die Texte von Sarah Raich gelesen hat, kann über diese Tatsache nur verwundert den Kopf schütteln.“Magda Birkmann, Buchhändlerin

Sarah Raich

Dieses makellose Blau

Geschichten

ein mikrotext

Erstellt mit Booktype

Coverfoto: Luca Iaconelli, unsplash

Cover: Inga Israel

Covertypo: PTL Attention, Viktor Nübel

www.mikrotext.de – [email protected]

978-3-948631-07-9

© mikrotext 2021, Berlin

Dieses makellose Blau

Inhalt

Impressum

Titelseite

Widmung

Gin Tonic

Dorothy Parker

Die Hand

Die Kröte

Dieses makellose Blau

Abfahrt

Das Schattenmal

Das Tier

Das Versteck

Der Fund

Autobahn

Über die Autorin

Über mikrotext

Lesetipp: Anaïs Meier

Sarah Raich

Dieses makellose Blau

Geschichten

Für Malte. You and me, it’s real.

Gin Tonic

Das Licht färbte den Raum in ein tiefes Orange. Bis in die Schatten drang das Licht, als seien sie alle übergossen von zu hellem Blut. Die Musik sagte ihr nichts, aber sie mochte das Dröhnen des Beats.

Er lehnte neben ihr an der Theke. Sie wusste, was jetzt kommen würde.

„Das Bier hier ist total mies, oder?“ Er zeigte auf das Glas in ihrer Hand. Sie nahm einen weiteren Schluck und zuckte mit den Schultern. In seiner Hand hielt er ein schimmerndes Glas mit klarer Flüssigkeit, Gin Tonic vermutlich.

Er beugte sich über den Tresen und sagte etwas zum Barkeeper. Sie musterte ihn aus dem Augenwinkel. Er hatte ein fast zartes Gesicht, blonde, aber dichte Wimpern. Sommersprossen. Nur der Knochen seiner Nase war in der Mitte etwas breiter und brach die Feinheit der Züge auf. Das gefiel ihr.

Er drehte sich zu ihr und lächelte. Seine Schneidezähne waren etwas schief, als hätte jemand sie mit dem Finger in der Mitte nach innen gedrückt.

„Hier, probier das mal“, sagte er und drückte ihr auch eines der hellschimmernden Gläser mit Strohhalm in die Hand. Sie stellte den Drink auf den Tresen. „Danke“, sagte sie.

„Hab’ dich noch nie hier gesehen.“

„Nein“, antwortete sie und nahm noch einen Schluck von ihrem Bier.

„Schade“, sagte er. „Aber jetzt bist du ja hier.“ Er zwinkerte leicht und sein Blick glitt ab, die Augen verengt.

Sie atmete ein. „Junge, jetzt lass das mal“, sagte sie.

Als sie rausging, eine rauchen, folgte er ihr. Der Wind aus der Lüftungsanlage strich an ihrem Gesicht vorbei, warm und etwas feucht.

Sie lehnte an der Mauer, einen Fuß an die Wand gestellt, so dass ihr Oberschenkel gespannt war. Das Gefühl eines Startblocks. Jeden Moment könnte sie sich abstoßen und in die Nacht schießen.

Sie zog an ihrer Zigarette, der Rauch kratzte ihren Hals hinab und hinterließ im Kopf diese Leichtigkeit, die sie so mochte.

Er stand vor ihr, die Hände in den Taschen.

„Na?“, sagte sie und reichte ihm die Schachtel mit den Zigaretten.

Er schüttelte den Kopf.

„Dann komm“, sagte sie und gemeinsam gingen sie durch das Gittertörchen in die Altstadtgassen. Nur ein roter Schimmer, der auf die Straße fiel, erinnerte an die Bar dahinter.

Vor dem Hotel kramte sie nach ihrer Schlüsselkarte.

„Machst du hier Urlaub, oder was?“, sagte er und lachte.

„So ähnlich“, antwortete sie, und sie gingen durch die beleuchteten Flure. Im Zimmer ließ sie das Licht aus. Die Straßenlaterne warf lange Schatten, alles hatte seine Farbe verloren in ihrem Schein.

Sie merkte gleich beim ersten Kuss, dass es nichts helfen würde, und der Schmerz, gerade noch zusammengerollt zu einer kleinen schwarze Kugel in ihrer Brust, breitete sich zwischen ihren Rippen aus wie eine Explosion. Sie schob ihn für einen Moment von sich, um Luft zu holen. Er betrachtete sie, wartend, und als sie nichts sagte, küsste er sie von neuem.

Er war umsichtig und fasste sie vorsichtig an, so als wüsste er nicht ganz, was er nun mit ihr anfangen sollte, jetzt wo er am Ziel war. Sie versuchte, das Gefühl zu genießen, wenn er sie berührte, bemühte sich, doch noch etwas für sich rauszuholen aus diesem Moment, aber dann gab sie auf und ließ ihn einfach machen.

Er schien es nicht zu merken und sie entschied sich, den Dingen ihren Lauf zu lassen. Sie hätte sich erklären müssen, vielleicht würde er quengeln und wahrscheinlich würde er nicht gleich gehen. Würde verstehen wollen. Nein, es war besser, es einfach laufen zu lassen. Sicherlich würde er in ein paar Minuten einschlafen. 

Sie schob ihn an den Rand des Bettes. Er war schwer, aber schließlich gewann sie ein paar Zentimeter. Für ein paar Augenblicke ruhte ihr Blick auf seinem nackten Körper, unbewegt und schutzlos lag er vor ihr, die Haut weiß wie Schnee, dann deckte sie ihn zu. Sie nahm sich die Ersatzdecke aus dem Schrank mit dem glatten Furnierholz und legte sich auf die andere Seite des Bettes. 

Sie träumte von ihm. Wie so oft. Sie ging durch eine Wohnung, die ihr unbekannt war, aber sie wusste gleich, dass es seine war. Sie war ihr so vertraut. Schummrig beleuchtete Räume schlangen sich umeinander, vollkommen leer bis auf die getrockneten Blumen, die von allen Decken hingen und ein mattes Licht verströmten. Schließlich fand sie sich in einem Bad wieder, in dessen Ecke ein Bett stand, umgeben von wächsernen Calla-Pflanzen. An der Decke schwebten nun Kerzen. Sie versuchte zu erkennen, wie sie befestigt waren, aber sie konnte keine Fäden erkennen. Sie schienen vollkommen frei im Raum zu schweben.

„Jana?“, hörte sie seine Stimme. „Bist du hier?“

Sie tastete sich durch einen verwinkelten Gang, und plötzlich standen sie voreinander in einem viel zu engen Flur, dessen Decke der Himmel war. Ein Wind kam auf, und sie spürte, dass sie einen breitkrempigen Hut aufhatte. Sie hielt ihn fest, damit er ihr nicht davonwehte. Nur die Sterne schienen über ihnen, aber sie hätte auch in absoluter Schwärze erkannt, dass er es war.

Er lächelte sie an.

„Woher hast du gewusst, dass ich hier bin?“, fragte sie und spürte, dass sie sich nicht darüber freuen konnte.

„Es hat so weh getan“, antwortete er. Sein Lächeln schmolz zu einer Grimasse. Er streckte ihr seinen Arm hin. Sie nahm ihn sachte in die Hände und blickte auf das feine Geflecht aus Blutgefäßen und Sehnen. Das, was sie für den Hemdärmel gehalten hatte, war seine Haut, die am Ellenbogen hing und sanft in der Brise flatterte. Und als sie ihm sagen wollte, dass sie einen Verband suchen würde, war er nicht mehr da, nur noch sein Arm lag in ihren Händen. Und auch die Wohnung war verschwunden, sie stand in völliger Leere. 

Es war noch Nacht, aber der Beginn des Tages war schon zu erahnen. Der junge Mann atmete still und gleichmäßig, das Gesicht im Kissen verborgen. Sie roch ausgeschwitzten Alkohol und altes Nikotin.

Sie drückte sich hoch von der Matratze und zog sich an. Sie hielt die Schnalle ihres Gürtels fest, damit ihn das Klappern nicht aufweckte, dann schlich sie, die Schuhe noch in ihren Händen, hinaus.

Die Luft in der Straße war feucht. Das Hotel lag in der Nähe des Flusses, den er immer so gemocht hatte. Sie folgte dem feinen Nebel, der von dort in die alten Gassen zog. Der Alkohol pochte in ihren Schläfen, aber sie hatte gelernt, das Gefühl zu ignorieren. Dieser Schmerz war nur die logische Folge ihrer Handlungen. Er würde vorüberziehen, wie alles immer vorüberging.

Schwarz lag das Wasser vor ihr, wie ein breites Samtband zwischen den Böschungen. Ihre Seite gepflastert und aufgeräumt. Auf der anderen Seite konnte sie das wilde Gestrüpp sehen. Sie wusste, dass es auch dort einen Weg gab, im Unterholz, aber zu erkennen war er von hier aus nicht.

Er wirkte ganz friedlich, der Fluss, fast, als würde er auf der Stelle stehen. Doch jeder in der Stadt kannte die gefährlichen Strömungen. Nur die Neuangekommenen, die Urlaubsgäste und Studierenden, waren oft unvorsichtig. Jedes Jahr ertranken ein paar von ihnen.

Sie presste ihre Finger gegen die Schläfen. Sie konnte spüren, wie der Schmerz sich in ihr wand, sich langsam wieder zusammenrollte zu einem festen Ball.

Wenn sie wusste, warum etwas wehtat, ließ es sich aushalten. Es ließ sich packen und ordnen. Nur alles andere. Wohin nur mit all dem anderen.

Dorothy Parker

„Meine Kinder wollten ja unbedingt, dass ich mir einen Hund anschaffe.“ Nora zog ihr Lächeln in die Breite. „Eine Katze“, sagte sie. „Ich habe eine Katze.“

„Jaja“, antwortete Frau Ritter. „Das ist natürlich auch nett. Eine Katze. Da hat man nicht so viel Verantwortung. Ich habe meinen Kindern auch gleich gesagt, ein Hund kommt mir nicht ins Haus. Die bellen ja auch immer so.“ Sie legte den Kopf schief und schaute in den Himmel hinauf, als könnte sie den Hund, den sie nicht hatte, irgendwo hinter sich kläffen hören. „Seit wann ist Ihre Katze denn abgängig?“

„Seit einer Woche“, sagte Nora. Sie mochte nicht zugeben, dass sie es eigentlich nicht so genau wusste. Die Katze kam und ging, wie es ihr passte. Aber als sie vorgestern den Futterspender hatte auffüllen wollen, hatte sie bemerkt, dass gar nichts fehlte.

„Hmmm“, sagte Frau Ritter. „Ich lese ja lieber Bücher. Mein Mann hat auch so viel gelesen. Meine Tochter sagt immer, der Papa, der hat so viel Wissen mit ins Grab genommen, das ist eine Tragödie.“ Ihre schmale Brust hob sich unter einem schweren Seufzer. „Sie hat auch gesagt, mit dem Papa ist eine ganze Welt gestorben.“

Und was stirbt mit dir, dachte Nora und lächelte weiter. „Also, schauen Sie mal nach, ob die Katze irgendwo bei Ihnen eingesperrt ist?“ Frau Ritter machte einen Schritt zurück in ihren Flur. „Warum sollte ich denn Ihre Katze einsperren?“, in ihren Augen flackerte etwas. Nora konnte nicht entscheiden, ob es Zorn oder Angst war. „Nicht absichtlich. Aus Versehen, meine ich“, antwortete Nora. „Ich habe gelesen, dass Katzen oft aus Versehen in Garagen oder Kellern eingesperrt werden.“ Sie fragte sich, ob man ihrer Stimme die Müdigkeit anhören konnte. Sie träumte so schlecht in letzter Zeit. Frau Ritter spitzte ihre faltigen Lippen: „Also, ich sperre doch keine Katzen ein!“ Noras Handy brummte.

„Entschuldigung, das ist dringend.“ Sie hielt das Gerät in die Höhe, so dass Frau Ritter das Leuchten sah, dann hielt sie es sich ans Ohr und ging fort. Die Tür klackte hinter ihr ins Schloss, und sie nahm ihr Handy runter, damit sie die Nachricht lesen konnte. Haben sie schon nachgeflyert? Schleppen legen nicht vergessen! Immer zur selben Zeit, morgens oder abends. Gab es noch Sichtungen?!? Die Fellnasenfreundin.

Die Nachrichten machten Nora jedes Mal sauer. Obwohl sie ja um Hilfe gebeten hatte. Wie sucht man eine verschwundene Katze? Nach einem Hund rief man. Aber eine Katze? Sie hatte keine Ahnung. Deshalb hatte sie das Silberpaket dieser Beraterin für verschwundene Tiere gebucht. 79 Euro für eine enge Betreuung per WhatsApp und Telefon. Suchhunde und Lebendfallen kosteten extra.

Was sagen die Nachbarn?, flammte eine neue Nachricht auf dem Bildschirm auf. Nora schob das Handy in die Tasche ihrer Regenjacke. Sie blickte noch einmal zurück zum Haus von Frau Ritter. An der geschlossenen Tür hing ein Weidenkranz. WILLKOMMEN hatte jemand mit Filzbuchstaben draufgeklebt. Es war schwer zu lesen. Die Buchstaben brauchten fast den ganzen Kreis, um das Wort zu formen.

Das Haus gegenüber stand leer. Seit Jahren schon. Vielleicht sogar seit Jahrzehnten. Die Fassade war grau und bröckelig. In den Fenstern hingen fadenscheinige Vorhänge wie ermattete Geister. Manchmal kam eine ältere Dame und kümmerte sich um die Blumen im Garten. Zu jeder Jahreszeit blühte dort etwas. Selbst im Winter. Da gab es Christrosen und den gelben Winterginster.

Das Haus betrat die Frau nie. Im Sommer hatte sie hellweiße Blusen an, unter denen ihr großer Büstenhalter zu erkennen war. Im Winter trug sie einen Mantel, der die Farbe von unreifen Brombeeren hatte. Nora balancierte ein paar Sekunden auf der Bordsteinkante, dann ging sie über die Straße, die ihr für einen Moment wie ein graugefrorener Fluss vorkam. 

Sie klopfte an die Garage. Vorsichtig. Und doch war das Knallen ihrer Knöchel auf dem Metall so laut, dass sie zusammenzuckte. „Doro?“, flüsterte sie. „Doro? Bist du hier?“ Eigentlich hieß die Katze Dorothy Parker. Sie hatte sie mit Champagner getauft. Aber der Name wollte ihr danach nie so recht über die Lippen kommen. „Miezmiez!“ Sie rief mit einer hohen Stimme, von der sie sich vorstellte, dass sie der Katze gefallen könnte und raschelte mit der Packung Trockenfutter.

Die Garagentür stand einen Spalt auf. Sie war nur durch einen davorgelegten Betonstein blockiert. Sie schob den Stein beiseite und öffnete die Tür. Staubiges Licht fiel durch ein vergittertes Wandfenster. Davor stand Gerümpel, ineinander verkeilte Stühle, Stapel von Zeitungen, ein altes Mofa, aus dessen zerfetztem Sitz urinfarbener Schaumstoff quoll. Ein zusammengerollter Teppich klemmte in dem Durcheinander.

Auf der linken Seite saß auf einer Matratze die Frau, die den Garten pflegte, und schaute sie an. Die Augenbrauen hatte sie etwas hochgezogen. Sonst zeigte ihr Gesicht keine Regung.

„Entschuldigen Sie“, sagte Nora. „Ich suche meine Katze.“ Ihr Herz klopfte. Sie konnte das Gefühl nicht abschütteln, ein Liebespärchen überrascht zu haben.

„Die Glückskatze?“ Die Frau bewegte sich nicht. Es schien ihr nichts auszumachen, dass Nora plötzlich hier war. Sie verhielt sich nicht anders als jemand, den man an der Bushaltestelle nach der richtigen Verbindung fragte. An der Wand hing der beerenfarbene Mantel.

„Die Glückskatze?“ Noras Handy brummte mitten in ihre Frage hinein. Die Schleppen bitte mit Eigenurin legen. Die Fellnasenfreundin.

Nora schob das Handy in ihre Tasche zurück. Eigenurin. Sie überlegte, ob sie wirklich bereit war, für Dorothy Parker auf einen Lappen zu pinkeln, ihn an eine Schnur zu binden und damit durch die Straßen zu gehen. Vielleicht würde sie die Fellnasenfreundin auch einfach anlügen. Es kam ihr irgendwie niederträchtig vor, die Katze so zurückzulocken. Als würde sie einem Heroinabhängigen nach seinem Entzug eine aufgezogene Spritze hinhalten.

„Dreifarbige Katzen nennt man Glückskatzen.“